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E&W Mai 2005 - GEW

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Recht und<br />

Rechtsschutz<br />

5/<strong>2005</strong><br />

Kindergeldanspruch<br />

Freiwilligenarbeit von<br />

Kindern im Ausland<br />

Leisten Kinder ein freiwilliges soziales<br />

oder ökologisches Jahr in Europa ab,<br />

erhalten Eltern weiterhin Kindergeld.<br />

Nach einem Urteil des Finanzgerichts<br />

(FG) Sachsen gilt dies auch für Freiwilligenarbeit<br />

außerhalb Europas.<br />

Eltern bekommen für Kinder zwischen<br />

18 und 27 Jahren Kindergeld, wenn die<br />

Voraussetzungen stimmen: Das Kind ist<br />

etwa in der Ausbildung, arbeitslos,<br />

schwer erkrankt oder befindet sich in einer<br />

Phase zwischen Ausbildungsgängen.<br />

Das Gesetz berücksichtigt Umstände,<br />

in denen Eltern trotz der Volljährigkeit<br />

unterhaltspflichtig sind. Denn der<br />

Familienlastenausgleich ist ein Ziel des<br />

Einkommensteuergesetzes. In diesem<br />

Zusammenhang ist ein freiwilliges soziales<br />

Jahr anerkannt. Es muss sich dabei<br />

um unentgeltliche, am Gemeinwohl<br />

orientierte Arbeit handeln, vergütet<br />

höchstens mit einem Taschengeld, freier<br />

Kost und Logis.<br />

Vor diesem Hintergrund beantragte eine<br />

Klägerin Kindergeld für ihre 21-jährige<br />

Tochter, die ein Jahr lang in Israel soziale<br />

Arbeit leistete. Träger war ein deutsches<br />

Sozialwerk mit Mitarbeitern vor<br />

Ort. Die Tochter pflegte fünf Tage pro<br />

Woche Senioren, besuchte Seminare,<br />

erhielt Verpflegung, Unterkunft und ein<br />

Taschengeld. Doch der zuständige Träger<br />

lehnte den Kindergeldantrag und<br />

den Widerspruch ab, da das Jahr nicht in<br />

Europa abgeleistet werde.<br />

Das FG Sachsen erkannte den Kindergeldanspruch<br />

an, jedoch nicht auf<br />

Grundlage der Bestimmung für ein soziales<br />

Jahr. Der Israel-Aufenthalt sei damit<br />

in der Tat nicht vereinbar. Es gebe<br />

Bestimmungen im Einkommensteuergesetz<br />

(§ 32 Abs. 4 Abs. 1 Nr. 2), die man<br />

analog anwenden könne und die den<br />

Kindergeldanspruch begründeten: soziales<br />

Engagement oder der Erwerb von<br />

Informationen der <strong>GEW</strong>–Bundesstelle<br />

für Rechtsschutz.<br />

Verantwortlich: Paul Michel,<br />

Volker Busch, Gerhard Jens<br />

57. Jahrgang<br />

Kompetenzen im Rahmen einer Ausbildung.<br />

Das Gesetz nenne nicht alle Unterhaltssituationen,<br />

die anerkannt würden,<br />

sondern grenze sinnvolle Arbeit gegenüber<br />

Müßiggang ab. Übergeordnet<br />

sei dann der Anspruch der Eltern auf Familienlastenausgleich.<br />

(FG Sachsen, Urteil vom 26. Februar 2004<br />

– AZ 5-K-9/01)<br />

Überstundenvergütung<br />

Teilzeitlehrkräfte nicht<br />

länger benachteiligt<br />

Nach einer eigens eingeholten Vorabentscheidung<br />

des Europäischen Gerichtshofes<br />

(EuGH) hat das Verwaltungsgericht<br />

(VG) Minden rechtskräftig<br />

entschieden: Ab der ersten Überstunde<br />

haben Teilzeitlehrkräfte Anspruch<br />

auf Besoldung, und zwar anteilig<br />

gemäß ihrer aktuellen Vergütungsgruppe.<br />

Geklagt hatte eine Beamtin, die als teilzeitbeschäftigte<br />

Lehrerin an einer Gesamtschule<br />

unterrichtete. Die von ihr<br />

während eines Monats geleisteten 2,5<br />

Überstunden waren nicht vergütet worden,<br />

da die entsprechende beamtenrechtliche<br />

Regelung in Nordrhein-Westfalen<br />

(nach § 78 a LBG NW) erst ab der<br />

vierten Unterrichtsstunde Mehrarbeit<br />

(für andere Beamte ab der sechsten Arbeitsstunde)<br />

eine Vergütung vorsah. Da<br />

das VG Minden in dieser Regelung einen<br />

Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht<br />

vermutete, setzte es im Jahr 2002 das<br />

Verfahren aus (Beschluss vom 26. Juli<br />

2002 – 4 K 123/01), um zu dieser Rechtsfrage<br />

eine EuGH-Vorabentscheidung<br />

einzuholen. Erwartungsgemäß urteilte<br />

der EuGh (Urteil vom 27. <strong>Mai</strong> 2004 –C-<br />

285/02), dass die nordrhein-westfälische<br />

Regelung über die Vergütung von Mehrarbeit<br />

für Beamte Gemeinschaftsrecht<br />

verletze: Sie benachteilige Teilzeitbeschäftigte<br />

gegenüber Vollzeitkräften,<br />

denn die Überstunden von Vollzeitlehrern<br />

würden anteilig nach ihrer Besoldungsgruppe<br />

bezahlt, während für<br />

Teilzeitkräfte ein geringerer Stundensatz<br />

nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung<br />

(MVergV) gelte. Darüber hinaus<br />

seien drei unbezahlte Überstunden für<br />

Teilzeitkräfte eine im Verhältnis größere<br />

Zusatzbelastung als für Vollzeitlehrkräfte.<br />

Außerdem wirke die MVergV mittelbar<br />

diskriminierend, falls mehr Frauen<br />

in Teilzeit beschäftigt seien. Die endgültige<br />

Ausgestaltung der Überstundenvergütung<br />

wurde vom EuGH zurück an das<br />

VG Minden verwiesen.<br />

Die Verwaltungsrichter stellten fest, dass<br />

von landesweit 40000 Teilzeitkräften in<br />

allen Schulformen 37000 Frauen seien.<br />

Damit war hinsichtlich der alten<br />

MVergV der Tatbestand der mittelbaren<br />

Diskriminierung erfüllt. Das VG Minden<br />

entschied, dass sich die Höhe des<br />

Vergütungsanspruchs ab der ersten<br />

Überstunde nicht nach den Stundensätzen<br />

der MvergV zu richten habe,<br />

sondern anteilig nach der aktuellen<br />

Besoldung. Im Falle der Klägerin liegt<br />

die Vergütung der Überstunden damit<br />

um rund ein Drittel höher.<br />

Umsetzung des Landes gefordert<br />

Überstundenvergütung von Teilzeitkräften<br />

treibt die <strong>GEW</strong> und ihre Rechtsschutzstellen<br />

seit Jahren um. Für Angestellte<br />

erreichte die <strong>GEW</strong> in NRW bereits<br />

vor Jahren eine Klärung im Sinne<br />

der Betroffenen (Bundesarbeitsgericht, Urteil<br />

vom 21. April 1999 – 5 AZR 200/98).<br />

Auch für teilzeitbeschäftigte Beamtinnen<br />

wurde ein Urteil erstritten (Oberverwaltungsgericht<br />

Münster vom30. Juni 2003<br />

– 6 A 4424/01), das eine anteilige Besoldung<br />

ab der ersten Überstunde vorsah.<br />

Das Land wollte jedoch zunächst eine<br />

höchstrichterliche Klärung abwarten,<br />

die spätestens mit dem EuGH-Urteil<br />

(s.o.) vorliegt. Die <strong>GEW</strong> erwartet jetzt<br />

Konsequenzen, damit den berechtigten<br />

Ansprüchen der Beamten endlich entsprochen<br />

wird. Bis dahin rät die <strong>GEW</strong><br />

den teilzeitbeschäftigten (verbeamteten)<br />

Lehrkräften, die Vergütung von<br />

Mehrarbeit schriftlich einzufordern.<br />

Dazu gibt es ein Musterschreiben der<br />

<strong>GEW</strong> im Internet:<br />

www.gew-nrw.de/Recht&Gesetz/<br />

Beamtenrecht/Besoldung.<br />

(VG Minden, Urteil vom 16. Februar <strong>2005</strong><br />

– AZ 4 K 123/01)<br />

Kindergeldanspruch<br />

Überstundenvergütung<br />

E&W 5/<strong>2005</strong> 33

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