05.12.2012 Aufrufe

E&W Mai 2005 - GEW

E&W Mai 2005 - GEW

E&W Mai 2005 - GEW

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

BILDUNGSPOLITIK<br />

Bund-Länder-<br />

Streit um Förderung<br />

der Spitzenforschung:<br />

nur<br />

noch ein Machtspiel.<br />

32<br />

E&W 5/<strong>2005</strong><br />

Die Herren pokern weiter<br />

„Exzellenzinitiative“ wird Prüfstein für Föderalismusreform<br />

Es wird weiter um die 1,9 Milliarden<br />

Euro „Exzellenzinitiative“ zur Förderung<br />

der Spitzenforschung gefeilscht.<br />

Dabei geht es weniger um die Sache<br />

selbst als um das Machtspiel zwischen<br />

Bund und Ländern in der Föderalismusreform.<br />

Die Initiative gilt inzwischen<br />

als Prüfstein für die Einigungsfähigkeit<br />

von Bund und Ländern über<br />

eine Neuverteilung ihrer Aufgaben.<br />

Die Nachricht über eine Wiederaufnahme<br />

der Ende des<br />

vergangenen Jahres abgebrochenenFöderalismusgespräche<br />

war erst wenige<br />

Stunden alt, als das erneute<br />

Veto der Unions-Ministerpräsidenten<br />

zur Exzellenzinitiative folgte. In einem<br />

über einjährigen, bislang beispiellosen<br />

Verhandlungstauziehen hatten sich die<br />

Wissenschaftsminister von 15 Ländern<br />

(ohne Hessen) und der Bund über die<br />

drei Förderlinien des Programms (siehe<br />

Kasten) verständigt. Ziel ist die Förderung<br />

und der Aufbau von international<br />

anerkannter Spitzenforschung an den<br />

Hochschulen bis 2011. Zweimal zuvor<br />

schon hatten die Ministerpräsidenten einen<br />

unterschriftsreifen Vertrag über das<br />

Programm, bei dem der Bund 75 Prozent<br />

der Kosten übernehmen will, zurückgewiesen.<br />

Bestürzt über Blockade<br />

Öffentlich stehen die Unions-Regierungschefs<br />

jetzt als Blockierer da. Die<br />

Allianz der sieben großen deutschen<br />

Forschungsorganisationen einschließlich<br />

der Hochschulrektorenkonferenz<br />

zeigte sich über „bestürzt“ das erneute<br />

Stoppsignal für den dringend erwarteten<br />

Fördersegen. Die konservativen älteren<br />

Herren der erlauchten Allianz-Runde<br />

waren zutiefst empört über das Spiel der<br />

Union und marschierten stracks zur<br />

Beschwerde bei CDU-Chefin Angela<br />

Merkel auf.<br />

Die <strong>GEW</strong> warnte davor, dass mit der<br />

Blockade das gerade „wieder aufkeimende<br />

Pflänzchen Föderalismusreform“<br />

zertreten wird. Bundesforschungsministerin<br />

Edelgard Bulmahn (SPD) will um<br />

das Programm weiter kämpfen – geht es<br />

dabei nicht zuletzt auch grundsätzlich<br />

um die weiteren Mitgestaltungsrechte<br />

des Bundes bei Forschung und Bildung.<br />

Streit um die dritte Säule<br />

Die ersten beiden Förderlinien des Programms,<br />

also neue Graduiertenkollegs<br />

für die Nachwuchsförderung und Aufbau<br />

von 30 Spitzenforschungszentren,<br />

gelten inzwischen als unstrittig, zumindest<br />

was ihre inhaltliche Ausrichtung<br />

angeht. Der Streit konzentriert sich jetzt<br />

auf die dritte Säule des Programms, die<br />

Entwicklung von Strukturen zum Aufbau<br />

so genannter Spitzen- oder Elitehochschulen<br />

– mit Hilfe zusätzlicher Investitionen<br />

in die Forschung. Auslöser<br />

der Initiative war die von dem früheren<br />

SPD-Generalsekretär Olaf Scholz im<br />

Januar 2004 überraschend ausgelöste<br />

Debatte über den Aufbau von so genannten<br />

Elite-Hochschulen in Deutschland.<br />

Das Wort Elite ist anschließend<br />

zwar nie in den verschiedenen Programmentwürfen<br />

des Bundes aufgetaucht,<br />

hat der Initiative aber doch den öffentlichen<br />

Stempel aufgedrückt. Bulmahn<br />

Fotomontage: z plus z<br />

Die drei Förderlinien der<br />

„Exzellenzinitiative“:<br />

1.) Unstrittig: Förderung von weiteren<br />

40 Graduiertenschulen mit je<br />

zirka einer Million Euro pro Jahr für<br />

Bewerber aus dem In- und Ausland.<br />

Nachwuchsforscher sollen dort früh<br />

eigenständig arbeiten. Bund und<br />

Länder fördern heute schon 304 Graduiertenschulen.<br />

2.) Unstrittig: Förderung von etwa<br />

30 international angesehenen Spitzen-Forschungszentren(Exzellenzcluster)<br />

in verschiedenen Disziplinen<br />

mit je zirka 6,5 Millionen Euro pro<br />

Jahr. Die Mittel werden im Wettbewerb<br />

vergeben. Bund und Länder<br />

fördern bereits heute über die Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />

272 Sonderforschungsbereiche.<br />

3.) Strittig: Etwa zehn Universitäten,<br />

die schon erfolgreich beim Aufbau<br />

von Graduiertenschulen (1.) und<br />

Clustern (2.) sind, können als „i-Tüpfelchen“<br />

noch einmal Fördergeld<br />

obendrauf bekommen, insgesamt<br />

bis zu 21 Millionen Euro pro Jahr.<br />

Ziele: Entwicklung einer „Gesamtstrategie“<br />

zur Förderung der Spitzenforschung;<br />

Schärfung ihres naturwissenschaftlichen<br />

Profils – z. B. TH<br />

Aachen – oder ihrer geisteswissenschaftlichen<br />

Ausrichtung – z. B. Berliner<br />

Humboldt-Universität; Förderung<br />

von fachübergreifendem Arbeiten<br />

auch in Kooperation mit Forschungsinstituten<br />

außerhalb der Universitäten.<br />

spricht heute von „Leuchttürmen“, die<br />

die Leistungen der deutschen Forschung<br />

international sichtbar machen sollen. Als<br />

schärfster Kritiker der dritten Säule gilt<br />

Hessens Regierungschef Roland Koch<br />

(CDU), dem es beim letzten Treffen der<br />

Ministerpräsidenten gelang, seine bereits<br />

unterschriftswilligen Unionskollegen<br />

wieder auf seine harte Blockadelinie einzuschwören.<br />

Kochs Plädoyer gegen eine<br />

Sonderbehandlung von zehn ausgewählten<br />

Universitäten trifft sich auf den ersten<br />

Blick auch mit den inhaltlichen Bedenken<br />

der Gewerkschaft gegen das Elitekonzept.<br />

Doch äußerste Vorsicht ist bei<br />

dieser nur vermeintlichen Argumentations-Identität<br />

angebracht. Denn Koch<br />

verfolgt letztlich ein völlig anderes Ziel.<br />

Er will, dass der Bund seine Finger aus<br />

Bildung und Forschung gänzlich herauslässt<br />

– zumindest solange in Berlin<br />

Rot-Grün regiert und mit solchen Programmen<br />

öffentlich punkten kann.<br />

Max Loewe

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!