E&W Mai 2005 - GEW
E&W Mai 2005 - GEW
E&W Mai 2005 - GEW
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
18<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
aufgefordert, das Berufsverbot für<br />
Michael Csaszkóczy (Heidelberg) zurückzunehmen.<br />
Sie verurteilten das Vorgehen<br />
des Kultusministeriums, das den<br />
Realschullehrer Csaszkóczy aus politischen<br />
Gründen im vergangenen Jahr<br />
nicht in den Schuldienst übernommen<br />
hatte (s. E&W 3/<strong>2005</strong>). Es dürfe keine<br />
Diskriminierung von Kolleginnen und<br />
Kollegen geben, die ihr Grundrecht auf<br />
Meinungs- und Vereinigungsfreiheit<br />
ausüben, begründeten die Delegierten<br />
ihren Vorstoß. Die <strong>GEW</strong> bekräftigte damit<br />
noch einmal ihre bereits gefassten<br />
Beschlüsse gegen Berufsverbote.<br />
Auf gleicher Augenhöhe<br />
Mit ungewöhnlich großer Mehrheit für<br />
eine „Lehrer“gewerkschaft – und ohne<br />
Änderungen! – haben die Delegierten in<br />
Erfurt die Kooperation von Jugendhilfe<br />
und Schule beschlossen.<br />
Die Gesellschaft, so begründet die<br />
<strong>GEW</strong> ihre Forderung, müsse „sich stärker<br />
als bisher der öffentlichen Verantwortung<br />
für das Aufwachsen von Kindern<br />
stellen“. Eine gute Kindheit zu haben,<br />
sei „keine private Angelegenheit<br />
der einzelnen Familien“, stellen die Antragssteller,<br />
die Fachgruppe Sozialpädagogische<br />
Berufe und der Hauptvorstand,<br />
fest. Schule allein könne diese<br />
Aufgabe nicht bewältigen. Sie brauche<br />
dazu die Unterstützung durch und die<br />
Verzahnung mit der Jugendhilfe.<br />
Die Bildungsgewerkschaft hat daher in<br />
einem Elf-Punkte-Programm gefordert,<br />
„dass sich Jugendhilfe und die Schule<br />
systematisch weiterentwickeln, zu einem<br />
konsistenten, d. h. aufeinander bezogenen<br />
und miteinander verschränkten<br />
Gesamtsystem von Bildung, Erziehung<br />
und Betreuung“.<br />
So sollen Angebote von Schule und Jugendhilfe<br />
„zu den jeweiligen Lebenssituationen<br />
und Bildungsbedürfnissen<br />
der Kinder und Jugendlichen passen“.<br />
Damit dies gelingt, sollen z. B. in der<br />
Ausbildung gemeinsame pädagogische<br />
Grundlagen vermittelt und in gemeinsamen<br />
Studienanteilen und Fortbildungsangeboten<br />
verankert werden. In der Praxis<br />
fordert die <strong>GEW</strong>, dass „die Zusammenarbeit<br />
von Schule und Jugendhilfe<br />
partnerschaftlich auf gleicher Augenhöhe“<br />
stattfindet.<br />
Sonderprogramm<br />
Weiterbildung<br />
Für ein „Sonderprogramm Weiterbildung“<br />
hat sich die <strong>GEW</strong> während ihres<br />
Gewerkschaftstages eingesetzt. Das Programm<br />
müsse zwischen Bundesagentur<br />
für Arbeit, Bund, Ländern und Kommunen<br />
abgestimmt sein. Auf über drei<br />
Milliarden Euro bezifferte Ursula Herdt,<br />
ehemaliges <strong>GEW</strong>-Vorstandsmitglied für<br />
Berufliche Bildung und Weiterbildung,<br />
die Kosten des Programms. Insbesondere<br />
Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen,<br />
Arbeitslose, allein erziehende<br />
Frauen, Einwanderer und junge<br />
Menschen unter 25 Jahren sollten gezielt<br />
gefördert werden. Die berufliche<br />
Weiterbildung dürfe „nicht länger vor<br />
Alarmierend: An Thüringens Schulen<br />
greifen viele Jugendliche zur Bierflasche<br />
oder zum alkoholischen Mixgetränk,<br />
dem „Alkopop“. Zigaretten-<br />
und Haschisch-Konsum sind<br />
dagegen in den letzten beiden Jahren<br />
zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt eine brandaktuelle Studie<br />
der TU Dresden im Auftrag der<br />
<strong>GEW</strong>. Sie ist zum Auftakt des Gewerkschaftstags<br />
in Erfurt im Rahmen<br />
einer Podiumsdiskussion vorgestellt<br />
worden.<br />
Beim Alkoholkonsum<br />
nimmt Thüringen im<br />
bundesweiten Vergleich<br />
eine Spitzenstellung ein.<br />
Kinder und Jugendliche<br />
an 35 Schulen der Klassen<br />
5, 7 und 9 sind <strong>2005</strong> zu ihrem Alkohol-,<br />
Zigaretten- und Cannabis-<br />
Konsum von Wolfgang Melzer, TU<br />
Dresden, in einer Repräsentativuntersuchung<br />
befragt worden. Immerhin<br />
gaben elf Prozent der Schülerinnen<br />
und Schüler dabei an, in den vergangenen<br />
zwölf Monaten mindestens<br />
dreimal betrunken gewesen zu sein.<br />
Eigentliches Problem sind die „Alkopops“,<br />
1,7 Prozent der Schüler konsumieren<br />
sie täglich, 13,3 Prozent jede<br />
Woche und 13,5 Prozent jeden Monat.<br />
Bei Bier greifen immerhin 1,2 Prozent<br />
täglich zur Flasche. Am liebsten<br />
wird bei Freunden zu Hause getrunken,<br />
jeder Vierte trinkt auch im eigenen<br />
Elternhaus. Und: Die Einsteiger<br />
werden immer jünger: Bereits in Klasse<br />
fünf geben 1,4 Prozent der Jungen<br />
die Wand gefahren“ werden, betonte die<br />
Gewerkschafterin. Seit Januar 2003 sei<br />
die Zahl der Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen<br />
um 60 Prozent<br />
zurückgegangen. „Für die Weiterbildungsbranche<br />
ist das eine Katastrophe.<br />
Bis zu 40.000 Weiterbildner sind bereits<br />
arbeitslos, andere werden bei drastisch<br />
sinkenden Löhnen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
gezwungen“, sagte<br />
Herdt.<br />
Helga Ballauf, Stefanie Eßwein,<br />
Helga Haas-Rietschel, Ulf Rödde,<br />
Matthias Schneider<br />
Jugend, Drogen und Schule<br />
Ergebnisse einer aktuellen Studie im Auftrag der <strong>GEW</strong><br />
und 0,8 Prozent der Mädchen an, über<br />
den Durst getrunken zu haben.<br />
„Drogenkonsum macht vor Schule<br />
nicht Halt“ – so die ehemalige <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzende Eva-Maria Stange. Vor allem<br />
aber zeigte die Podiumsdiskussion,<br />
dass es Lehrerinnen und Lehrern<br />
bei auftauchenden Problemen an professionellerUnterstützungmangelt.Ebenso,<br />
dass das<br />
Thema in<br />
den Schulenverdrängt<br />
wird. Lehrkräfte,<br />
die<br />
sich engagieren<br />
oder<br />
engagieren wollen, weil sie mit Suchtverhalten<br />
von Schülern konfrontiert<br />
werden, fühlen sich häufig alleine gelassen.<br />
Wohin sollen sie sich auch<br />
wenden? Präventions- und Suchtberatungen<br />
mussten schließen, weil ihnen<br />
die Kommunen, mangels knapper<br />
Kassen, den Geldhahn zugedreht hatten.<br />
Melzer wies in der Diskussion auf<br />
den Zusammenhang von Suchtverhalten<br />
und Schule hin: Drogenkonsum<br />
sei – zwar nicht nur – aber auch eine<br />
Strategie der Jugendlichen, um Leistungsversagen<br />
zu kompensieren. Was<br />
kann Schule also tun? Eva-Maria<br />
Stange: „Wir brauchen eine den<br />
Schülern zugewandte Pädagogik und<br />
für die pädagogische Arbeit unterstützende<br />
Maßnahmen.“ Doch bislang<br />
stellt die Politik kein Geld dafür bereit.<br />
Helga Haas-Rietschel