E&W Mai 2005 - GEW
E&W Mai 2005 - GEW
E&W Mai 2005 - GEW
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 5/<strong>2005</strong><br />
25. Gewerkschaftstag in Erfurt<br />
Demos • Debatten • Denkanstöße
KOMMENTAR<br />
Die Herausforderungen selbstbewusst annehmen<br />
Gesellschaftlicher Aufbruch für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bildung<br />
Ulrich Thöne,<br />
neuer <strong>GEW</strong>-Vorsitzender<br />
2<br />
Foto: Christian von Polentz<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Seit den Äußerungen des<br />
SPD-Parteivorsitzenden<br />
Franz Müntefering über die<br />
schädlichen Auswirkungen<br />
einer entfesselten Marktwirtschaft<br />
reißt die Kritik an unsozialen<br />
Zuständen nicht<br />
mehr ab. Was vorher zwar<br />
von vielen wahrgenommen,<br />
aber nur von wenigen ausgesprochen<br />
wurde, wird thematisiert.<br />
1,5 Millionen Kinder und<br />
Jugendliche unter 15 Jahren<br />
sind in Deutschland von Armut<br />
betroffen! Weit über 15<br />
Prozent aller Kinder wachsen<br />
in Armut auf! Gegenüber<br />
1998 ist das ein Anstieg<br />
von über 30 Prozent! Dabei<br />
hatte die rot-grüne Bundesregierung<br />
bei ihrem Amtsantritt<br />
versprochen, besonders<br />
die Armut von Kindern zu<br />
bekämpfen!<br />
Eine Umkehr der staatlichen<br />
Wirtschafts-, Sozial- und vor<br />
allem Finanzpolitik ist dringend<br />
notwendig. Wir brauchen<br />
keine Senkung des<br />
Spitzensteuersatzes, sondern<br />
endlich eine Umverteilung<br />
des vorhandenen Reichtums<br />
von oben nach unten! Wir<br />
brauchen einen Staat, der in<br />
der Lage ist, tatsächlich auch<br />
mehr für eine bessere Bildung<br />
für alle auszugeben!<br />
Wir sollten nicht zulassen,<br />
dass die aktuelle Debatte im<br />
Sande verläuft. Es geht hier<br />
nicht darum, wer Recht hat.<br />
Für uns geht es ganz konkret<br />
um die Frage, welche Pflichten<br />
der Staat zu erfüllen hat,<br />
um ein sozial gerechtes und<br />
zukunftsfähiges Bildungssystem<br />
für alle sicherzustellen.<br />
Wir sind die Fachleute für<br />
Bildung. Von uns wird zu<br />
Recht erwartet, dass wir den<br />
Mut aufbringen und uns engagieren<br />
für den notwendigen<br />
Um- und Ausbau unserer<br />
Bildungseinrichtungen.<br />
Aber an uns liegt es auch, eine<br />
dringend notwendige<br />
Verbesserung der Arbeits-<br />
und Lebensbedingungen für<br />
die Pädagoginnen und<br />
Pädagogen einzufordern.<br />
Wir müssen raus aus der Defensive.<br />
Nicht wir Pädagoginnen<br />
und Pädagogen<br />
klammern uns an veraltete,<br />
falsche Strukturen im Bildungssystem.<br />
Es liegt nicht<br />
an uns, dass seit vielen Jahren<br />
zu wenig Mittel bereitgestellt<br />
werden und sich die<br />
Schere zwischen Anspruch<br />
und Wirklichkeit ständig<br />
weiter öffnet. Bei aller lobenswerten<br />
Bereitschaft zur<br />
Selbstkritik gehören wir<br />
nicht auf die Anklagebank,<br />
wenn von den PISA-Ergebnissen<br />
die Rede ist. Da müssen<br />
andere Platz nehmen.<br />
Es war nun wirklich nicht<br />
unser Wille, z. B. die Fördermittel<br />
für Kinder nicht<br />
deutscher Herkunftssprache<br />
zu kürzen, statt auszuweiten.<br />
Thulas Nxesi, der Präsident<br />
der Bildungsinternationale,<br />
hat uns ein schönes Bild für<br />
die große Aufgabe mit auf<br />
den Weg gegeben. Wie soll<br />
man einen großen Elefanten<br />
essen? Ja klar, am besten<br />
Stück für Stück! Auch für<br />
uns geht es darum, Schritt<br />
für Schritt die Wirklichkeit<br />
verändern zu wollen. Dabei<br />
können wir uns stützen auf<br />
die hohe Wertschätzung, die<br />
der Bildung entgegengebracht<br />
wird.<br />
Es geht um ganz konkret benennbare<br />
Ziele. Wir wollen<br />
die für viele Kindertagesstätten<br />
mittlerweile entwickelten<br />
Bildungspläne umsetzen.<br />
Das geht aber nicht ohne<br />
zusätzliche Zeiten für die<br />
Vor- und Nachbereitung sowie<br />
für Fortbildung und kollegiale<br />
Absprachen.<br />
Selbstverständlich brauchen<br />
wir dringend mehr Ganztagsschulen.<br />
Aber dazu müssen<br />
nicht nur die räumlichen<br />
Voraussetzungen geschaffen<br />
werden. Notwendig ist ein<br />
pädagogisches Konzept für<br />
den ganzen Tag und das ist<br />
weit mehr als Unterricht<br />
und Mittagessen. Hier wird<br />
mehr Personal gebraucht,<br />
Personal, das besser aus- und<br />
fortgebildet ist und die bisherigen<br />
Barrieren zwischen<br />
den Professionen überwindet.<br />
Denn schließlich wollen<br />
wir alle Kinder, ob benachteiligt<br />
oder hochbegabt, individuell<br />
fordern und fördern!<br />
Das geht nicht zum<br />
Nulltarif.<br />
Alle Jugendlichen brauchen<br />
einen qualifizierten Ausbildungs-<br />
oder Studienplatz.<br />
Wenn die Wirtschaft ihren<br />
Teil trotz aller Versprechungen<br />
nicht dazu beiträgt,<br />
müssen die schulischen Angebote<br />
samt einer Ausbildungsförderung<br />
ausgeweitet<br />
werden. Das Studium darf<br />
kein Privileg von Kindern<br />
aus begüterten Elternhäusern<br />
sein. Studiengebühren<br />
und wachsende Privatisierung<br />
sind der falsche Weg,<br />
um die Gesellschaft für die<br />
Zukunft zu rüsten.<br />
Und schließlich brauchen<br />
wir ein Weiterbildungssystem,<br />
das alle befähigt, mit<br />
der Weiterentwicklung in<br />
Wirtschaft und Gesellschaft<br />
Schritt halten zu können.<br />
Wir Pädagoginnen und<br />
Pädagogen können beschreiben,<br />
wie ein sozial gerechtes<br />
und zukunftsfähiges Bildungssystem<br />
aussehen<br />
könnte. Wir können aufzählen,<br />
mit welchen Maßnahmen<br />
ein gesellschaftlich<br />
gewünschter Erfolg erreicht<br />
werden kann. Sicher, das<br />
nähme auch uns noch einmal<br />
ganz anders in die<br />
Pflicht, aber schließlich ist<br />
unsere Arbeitskraft das einzig<br />
wirkliche Pfund, das wir<br />
einbringen können.<br />
Wir fordern mehr Personal,<br />
die Aufhebung der Zwangsteilzeit<br />
im Osten und die<br />
Senkung der Pflichtstunden<br />
sowie Klassen- und Gruppenfrequenzen.<br />
Wir fordern nachdrücklich,<br />
die Bezahlung der Dozentinnen<br />
und Dozenten in der<br />
Weiterbildung endlich spürbar<br />
zu erhöhen. Das alles<br />
kostet Geld.<br />
Aber diese Gesellschaft wird<br />
ständig reicher, nur fließt der<br />
Reichtum in immer weniger<br />
Taschen und wird so zu einer<br />
Bremse weiteren Wachstums.<br />
Seit 1990 sind die Einkommen<br />
aus Unternehmertätigkeit<br />
und Vermögen in<br />
Deutschland um rund 40<br />
Prozent gestiegen. Trotzdem<br />
wurden gerade sie mehrfach<br />
und nachhaltig steuerlich<br />
entlastet. Das Arbeitnehmereinkommen<br />
dagegen ist seit<br />
1990 um ein Prozent gesunken!<br />
Das ist der Kern der Debatte.<br />
Wir wollen einen Staat,<br />
der über ausreichend Steuereinnahmen<br />
verfügt, um eine<br />
gute Bildung für alle auch<br />
bezahlen zu können. Deswegen<br />
verlangen wir z. B.<br />
die Wiedereinführung der<br />
Vermögenssteuer, die Erhöhung<br />
der Erbschaftssteuer<br />
und ein umfangreiches Programm<br />
zur Steuergerechtigkeit.<br />
Wir wollen, dass jährlich<br />
mindestens 25 Milliarden<br />
Euro mehr für Bildung<br />
ausgegeben werden!<br />
Wir wollen Lösungen, wir<br />
wollen Ergebnisse. Wir werden<br />
kämpfen, aber auch den<br />
Mut haben, auf unserem<br />
Weg Kompromisse einzugehen.<br />
Viele Hindernisse stehen<br />
uns im Weg und manchmal<br />
ist es klüger, rückwärts<br />
zu gehen, um eine Sperre gezielt<br />
umgehen zu können.<br />
Aber wir werden uns nicht<br />
abfinden mit den Klagen.<br />
Wir wollen die Verbesserung<br />
und einen gesellschaftlichen<br />
Aufbruch für bessere Arbeitsbedingungen<br />
und eine<br />
bessere Bildung für alle –<br />
von Anfang an und ein Leben<br />
lang!<br />
Ulrich Thöne<br />
<strong>GEW</strong>-Vorsitzender
Kommentar<br />
Auf einen Blick<br />
Impressum<br />
Titel: 25. Gewerkschaftstag<br />
auch im Internet unter www.gew.de<br />
Seite 2<br />
Seite 4<br />
Seite 4<br />
1. Die rote Karte gezeigt Seite 6<br />
2. Impressionen aus Erfurt Seite 10<br />
3. Stimmen zum Gewerkschaftstag Seite 12<br />
4. Zur künftigen Programmatik Seite 14<br />
5. „Die Zivilgesellschaft stärken“:<br />
Interview mit Ernst-Ulrich von Weizsäcker Seite 19<br />
6. „Unterstützung mit Augenmaß“:<br />
Interview mit Renate Schmidt Seite 20<br />
7. Die Lehre aus Buchenwald Seite 21<br />
8. <strong>Mai</strong><br />
1. Essay: Wie gehen wir mit den Opfern um? Seite 22<br />
2. „Demokratie ohne Demokraten“:<br />
Interview mit Claus Leggewie Seite 24<br />
Gesellschaftspolitik<br />
<strong>GEW</strong>-Kongress zur neuen EU-Verfassung Seite 27<br />
Tarif- und Beamtenpolitik<br />
1. Tarifrunde gescheitert Seite 28<br />
2. DGB: Aufruf zu Sozialwahlen Seite 29<br />
Bildungspolitik<br />
1. Mehr Abiturienten? Mehr Schulabbrecher! Seite 30<br />
2. Hans-Günter Rolff emeritiert Seite 31<br />
3. Föderalismus: Die Herren pokern weiter Seite 32<br />
Recht und Rechtsschutz<br />
Landesverbände<br />
Seite 33<br />
Schlechte Noten für Berliner „Bildungsreformen“ Seite 34<br />
Berufliche Bildung<br />
Azubis produzieren für die <strong>GEW</strong> Seite 36<br />
Leserforum<br />
Anschlagtafel<br />
Marktplatz<br />
Diesmal<br />
Seite 38<br />
Seite 41<br />
Seite 42<br />
Seite 48<br />
Foto: dpa<br />
INHALT<br />
Demos · Debatten · Denkanstöße<br />
– 25.Gewerkschaftstag<br />
in Erfurt: „Die Würfel sind<br />
gefallen“! Die <strong>GEW</strong> hat mit<br />
dem ehemaligen Berliner<br />
Landesvorsitzenden Ulrich<br />
Thöne einen neuen Vorsitzenden<br />
(siehe auch Kommentar<br />
auf S. 2) und mit Anne Jenter<br />
(Frauen), Stephanie Odenwald<br />
(Berufliche Bildung/Weiterbildung)<br />
und Ilse Schaad (Tarif- und Beamtenpolitik) drei weitere neue Mitglieder in<br />
den Geschäftsführenden Vorstand gewählt. Den Wahlen folgte die inhaltliche Arbeit.<br />
Quo vadis <strong>GEW</strong>? In den Debatten zeigten sich die politischen Konfliktlinien,<br />
z. B. in den Diskussionen um die „selbstständige Schule“ oder das „Bildungspolitische<br />
Reformkonzept“. Der Beitrag „Dem Neoliberalismus die rote Karte gezeigt“<br />
zieht ein Fazit des Gewerkschaftstages. Unter dem Titel „Zwischen Markt und Demokratie“<br />
berichten wir über die wichtigsten Beschlüsse. Nicht zuletzt kommen<br />
Delegierte selbst zu Wort. Interviews mit politischen Gästen, mit Bundesfamilienministerin<br />
Renate Schmidt (SPD) über „Bildung und Familienpolitik“ sowie mit dem<br />
SPD-Bundestagsabgeordneten und Wissenschaftler Ernst-Ulrich von Weizsäcker über<br />
„Bildung und Sozialstaat“ runden die Berichterstattung ab. Seite 6ff.<br />
8.<strong>Mai</strong> 1945: Mit<br />
dem Essay von<br />
Micha Brumlik „Holocaust<br />
und Krieg:<br />
Wie gehen wir mit<br />
den Opfern um?“<br />
und einem Interview<br />
mit Claus Leggewie<br />
„Demokratie ohne<br />
Demokraten“ erinnern<br />
wir an den 60.<br />
Jahrestag der Befreiung<br />
von Faschismus<br />
und Krieg. „60 Jahre<br />
nach der Befreiung von Auschwitz“, schreibt Micha Brumlik, „rücken die dort und<br />
anderswo begangenen Verbrechen unwiderruflich in den Bereich des Historischen,<br />
des Gewesenen.“ Eine gemeinsame Erinnerung wird schwieriger. Bei den Heranwachsenden<br />
gilt es, ein historisches Bewusstsein zu entwickeln, das vor dem Hintergrund<br />
des Nationalsozialismus an der Würde des Menschen orientiert ist. Pädagogisch<br />
und didaktisch keine leichte Aufgabe. Seite 22<br />
Im Interview kritisiert Claus<br />
Leggewie mit Rückblick auf<br />
die deutsche Vergangenheit,<br />
dass wir „gelegentlich eine<br />
falsch verstandene Pädagogik<br />
erleben, die auf den Nationalsozialismus<br />
und das Auftreten<br />
der NPD manchmal<br />
nur mit einer Schuld- und<br />
Schocktherapie reagiert“.<br />
Leggewie setzt eher auf eine<br />
„politische Bildung und Pädagogik, die jungen Menschen Chancen und Wege aufzeigt,<br />
wie sie am demokratischen System partizipieren können“. Seite 24<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 3<br />
Foto: Christian v. Polentz<br />
Foto: Alex Knaus
AUF EINEN BLICK<br />
Auch der DeutscheIndustrieundHandelskammertag<br />
(DIHK)<br />
dringt inzwischen<br />
auf eine rasche<br />
Reform der Lehrerausbildung.<br />
Sie soll sich künftig<br />
nicht mehr an<br />
den Schulformen,<br />
sondern am Alter<br />
der Kinder orientieren.<br />
4<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Licht und Schatten: <strong>GEW</strong> zum DIHK-Konzept<br />
zur Lehrerausbildung<br />
Die Ausbildung von Lehrern in Deutschland soll sich nach<br />
Vorstellungen der Wirtschaft künftig nicht mehr an den verschiedenen<br />
Schularten, sondern am Alter der Kinder orientieren.<br />
Das ist einer der Kernpunkte des Konzepts für eine umfassende<br />
Reform der Lehrerausbildung, die der Deutsche Industrie-<br />
und Handelskammertag (DIHK) vorgestellt hat.<br />
DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun drang auf eine rasche<br />
Realisierung.<br />
Braun behauptete, dass etwa 20 Prozent der Jugendlichen<br />
nach Verlassen der Schule als nicht ausbildungsreif eingeschätzt<br />
werden müssten. Fast zehn Prozent schafften zudem<br />
erst gar keinen Schulabschluss. „Wer das ändern will, muss für<br />
gut ausgebildete Lehrer sorgen“, so Braun.<br />
Die <strong>GEW</strong> sieht ebenso wie der DIHK dringenden Handlungsbedarf<br />
bei der Reform der Lehrerausbildung. „Vorschläge<br />
etwa der <strong>GEW</strong>, der Kultusministerkonferenz oder der OECD<br />
liegen auf dem Tisch: Jetzt muss gehandelt werden“, sagte die<br />
ehemalige <strong>GEW</strong>-Vorsitzende Eva-Maria Stange. Sie warnte<br />
aber davor, Ausbildung und Aufgaben der Lehrkräfte auf die<br />
„passgenaue Eingliederung von Schülerinnen und Schülern in<br />
den wirtschaftlichen Produktionsprozess“ zu verkürzen. „Fehlende<br />
Ausbildungsstellen und nicht die mangelnde Qualifikation<br />
junger Menschen sind in erster Linie der Grund dafür,<br />
dass diese den Sprung ins Berufsleben nach der Schule nicht<br />
schaffen“, betonte Stange. „Bei allen gesellschaftlichen Gruppen<br />
müssen die Alarmglocken schrillen: Schon jetzt zeichnet<br />
sich ab, dass das Angebot an betrieblichen Ausbildungsplätzen<br />
in <strong>2005</strong> um weitere acht Prozent zurückgehen wird.“<br />
Die bisherige Diskussion um die Reform der Lehrerbildung sei<br />
zu stark von strukturellen Fragen wie der Einführung von Bachelor-Master-Studiengängen<br />
geprägt, kritisierte die Gewerkschafterin.<br />
Sie unterstrich die Notwendigkeit, die Ausbildung<br />
inhaltlich neu zu justieren. Stange begrüßte ausdrücklich den<br />
Vorschlag des DIHK, die Lehrerbildung nicht länger nach<br />
Schulformen zu organisieren und die Erzieherinnenausbildung<br />
auf Hochschulniveau aufzuwerten.<br />
Foto: David Ausserhofer<br />
Demos gegen Bildungsabbau<br />
15 000 Menschen haben in Dresden gegen den Abbau von<br />
Lehrerstellen und Schulschließungen in Sachsen demonstriert.<br />
Anlass für die von der <strong>GEW</strong> initiierte Protestaktion war<br />
der Beginn der Tarifverhandlungen über Teilzeitregelungen<br />
für die mehr als 17000 Lehrkräfte an Mittelschulen und<br />
Gymnasien im Land.<br />
Die CDU/SPD-Regierung will wegen des anhaltenden Schülerrückgangs<br />
bis 2009 rund 7500 Lehrerstellen abbauen<br />
(s. E&W 3/<strong>2005</strong> und 4/<strong>2005</strong>). Die <strong>GEW</strong> zweifelt diese Prognose<br />
der Schülerzahlentwicklung an. Die Bildungsgewerkschaft<br />
wolle die Zahl der abzubauenden Stellen bei den Verhandlungen<br />
mindestens halbieren, sagte <strong>GEW</strong>-Landesvorsitzende<br />
Sabine Gerold.<br />
In Schwerin protestierten rund tausend Menschen gegen die<br />
Schul- und Hochschulpolitik der SPD/PDS-Regierung in<br />
Mecklenburg-Vorpommern. Bei einer Anhörung von gesellschaftlichen<br />
Organisationen, Verbänden und Experten im<br />
Landtag wurde der Schulgesetzentwurf von Bildungsminister<br />
Hans-Robert Metelmann (parteilos) überwiegend kritisiert.<br />
<strong>GEW</strong>-Hallenfußballturnier<br />
in Gera<br />
Zum traditionellen <strong>GEW</strong>-<br />
Hallenfußballturnier lädt der<br />
Landesverband Thüringen<br />
für Samstag, 5. November<br />
<strong>2005</strong>, nach Gera ein. Jeder<br />
Landesverband und der<br />
Hauptvorstand können mit<br />
einer oder mehreren Mannschaften<br />
teilnehmen. Gespielt<br />
wird mit einem Torhüter<br />
und fünf Feldspielern<br />
und/oder -spielerinnen.<br />
Die Anreise ist für Freitag,<br />
4. November, bis 18.45 Uhr<br />
im Hotel „Zum Galgenberg“<br />
in Gera geplant. Die Veranstaltung<br />
beginnt mit einem<br />
Abendprogramm ab 19.00<br />
Uhr. Um eine reibungslose<br />
Organisation zu gewährleisten,<br />
bittet der Kreisverband<br />
Gera bis zum 17. Juni um<br />
Anmeldung unter folgender<br />
Adresse: Klaus Gerstner,<br />
Beethovenstraße 16, 07548<br />
Gera, E-<strong>Mai</strong>l: KGerstner@<br />
t-online.de<br />
Impressum<br />
Erziehung und<br />
Wissenschaft<br />
Allgemeine Deutsche Lehrerzeitung ·<br />
57. Jg.<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung<br />
und Wissenschaft im Deutschen Gewerkschaftsbund.<br />
Vorsitzender:<br />
Ulrich Thöne. Redaktion: Ulf Rödde<br />
(verantwortlich), Helga Haas-Rietschel.<br />
Redaktionsassistenz: Renate Körner<br />
Gestaltung: Werbeagentur Zimmermann<br />
Postanschrift der Redaktion:<br />
Postfach 900409, 60444 Frankfurt a. M.,<br />
Telefon (0 69) 7 89 73-0,<br />
Telefax (0 69) 7 89 73-202.<br />
E-<strong>Mai</strong>l: Renate.Körner@gew.de<br />
Internet: http://www.gew.de<br />
Redaktionsschluss ist der 10. eines<br />
jeden Monats.<br />
Erziehung und Wissenschaft erscheint<br />
elfmal jährlich, jeweils am 5. des Monats<br />
mit Ausnahme der Sommerferien.<br />
Für die Mitglieder ist der Bezugspreis im<br />
Mitgliedsbeitrag enthalten. Für Nichtmitglieder<br />
beträgt der Bezugspreis jährlich<br />
€ 7,20 zuzüglich € 11,30 Zustellgebühr<br />
inkl. MwSt. Für die Mitglieder der<br />
Landesverbände Bayern, Berlin, Brandenburg,<br />
Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern,<br />
Rheinland-Pfalz,<br />
Saar, Sachsen, Schleswig-Holstein und<br />
Thüringen werden die jeweiligen Landeszeitungen<br />
der E&W beigelegt.<br />
Für unverlangt eingesandte Manuskripte<br />
und Rezensionsexemplare wird keine<br />
Verantwortung übernommen. Die<br />
mit dem Namen des Verfassers gekennzeichneten<br />
Beiträge stellen nicht unbedingt<br />
die Meinung der Redaktion oder<br />
des Herausgebers dar.<br />
Verlag mit Anzeigenabteilung: Stamm<br />
Verlag GmbH, Goldammerweg 16,<br />
45134 Essen;<br />
Verantw. f. Anzeigen: Mathias Müller,<br />
Tel. (0201) 84300-0,<br />
Telefax (0201) 472590,<br />
anzeigen@stamm.de; z. Z. gültige<br />
Anzeigenpreisliste Nr. 35<br />
vom 1. 1. <strong>2005</strong>; Anzeigenschluss<br />
am 5. des<br />
Vormonats. Druck:<br />
apm AG, Kleyerstraße 3<br />
64295 Darmstadt.<br />
E&W wird auf<br />
chlorfrei gebleichtem<br />
Papier gedruckt.<br />
ISSN<br />
0342-0671
In den neuen Ländern verringerte<br />
sich die Schülerzahl um<br />
vier Prozent.<br />
Schülerzahlen gehen<br />
leicht zurück<br />
Nach ersten vorläufigen Zahlen<br />
der Kultusministerkonferenz<br />
(KMK) besuchen im<br />
Schuljahr 2004/<strong>2005</strong> 12,4<br />
Millionen Schülerinnen und<br />
Schüler die Schulen in der<br />
Bundesrepublik. Damit sank<br />
die Zahl der Schüler gegenüber<br />
2003 um 67 100 (minus<br />
0,5 Prozent).<br />
9,6 Millionen (78 Prozent)<br />
Kinder und junge Menschen<br />
gehen in allgemeinbildende,<br />
2,8 Millionen (22 Prozent) in<br />
berufliche Schulen. An den<br />
allgemeinbildenden Schulen<br />
ging die Zahl der Schüler um<br />
104200 (minus 1,1 Prozent)<br />
zurück, an den beruflichen<br />
Schulen erhöhte sie sich dagegen<br />
um 37100 (1,4 Prozent).<br />
In den alten Bundesländern<br />
stieg die Schülerzahl<br />
um 23 500 (0,2 Prozent), in<br />
den neuen Ländern verringerte<br />
sie sich um 90600 (minus<br />
vier Prozent).<br />
Erfolgreich: BLK-<br />
Hochschulprogramm<br />
Das Programm „Entwicklung<br />
eines Leistungspunktsystems“<br />
der Bund-Länder-Kommission<br />
(BLK) ist erfolgreich<br />
abgeschlossen. An 33 Hochschulen<br />
in sechs Verbünden<br />
sind die Einführung von Leistungspunkten<br />
und die Modularisierung<br />
von Studiengängen<br />
gefördert worden. Das<br />
Projekt wurde mit 7,6 Millionen<br />
Euro Bundesgeldern und<br />
Mitteln aus den am Programm<br />
beteiligten elf Ländern<br />
finanziert. Die Abschlussberichte<br />
der Verbünde<br />
sind im Internet unter www.<br />
blk-bonn.de/mo dellversuche/leistungspunktsys<br />
tem.htm und auf<br />
der Homepage der Abschlusstagung<br />
unter www.blk-lps.<br />
hs-bremen. de/Internet/Verbuende/<br />
abzurufen.<br />
Foto: David Ausserhofer<br />
BAföG-Debatte: Merkel pfeift Schavan zurück<br />
CDU-Parteichefin Angela Merkel ist in der<br />
von Baden-Württembergs Kultusministerin<br />
Annette Schavan (CDU) ausgelösten neuen<br />
BAföG-Debatte um Schadensbegrenzung<br />
bemüht: „Ich sage für die CDU: Niemand hat<br />
die Absicht, das BAföG abzuschaffen.“<br />
Schavan, die auch bildungspolitische Koordinatorin<br />
der unionsgeführten Länder ist, hatte<br />
mit einem Interview in der „Welt“ die Debatte<br />
losgetreten. Für einen Wahlsieg der Union auf<br />
Bundesebene 2006 hatte die Baden-Württembergerin<br />
erklärt, dass Studiengebühren und<br />
Studienfinanzierung zusammen gesehen werden<br />
sollten, dabei „muss das BAföG noch so<br />
lange erhalten bleiben, bis es einen tatsächlich<br />
attraktiven Markt der Bildungsfinanzierung<br />
gibt“.<br />
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn<br />
(SPD) nannte die Äußerungen Merkels<br />
„Wahlkampfheuchelei“. Die Pläne der Union<br />
Aachen: Wiege<br />
des DGB<br />
Mit einem Festakt hat der<br />
Deutsche Gewerkschaftsbund<br />
(DGB) in Aachen an<br />
die Gründung der Einheitsgewerkschaft<br />
vor 60 Jahren<br />
erinnert. Im Oktober 1944<br />
war Aachen von US-Truppen<br />
befreit worden. Für den 18.<br />
März 1945 erhielt eine Gruppe<br />
von Gewerkschafterinnen<br />
und Gewerkschaftern um<br />
den Weber Matthias Wilms<br />
von den US-Truppen die<br />
Erlaubnis, ihre Gründungsveranstaltung<br />
abzuhalten.<br />
DGB-Vorsitzender Michael<br />
Sommer würdigte die Akteure<br />
der ersten Stunde: „Sie und<br />
ihre Mitstreiter im ganzen<br />
Land haben maßgeblich dazu<br />
beigetragen, dass die Entwicklung<br />
der Bundesrepublik<br />
eine Erfolgsgeschichte<br />
geworden ist.“<br />
Viele der 13 Richtlinien der<br />
Aachener Gründungsversammlung<br />
seien im Laufe<br />
der Jahre realisiert worden –<br />
von der „Wiedereinführung<br />
des Arbeitsrechts und des<br />
Acht-Stunden-Tages bis hin<br />
zum 1. <strong>Mai</strong> als gesetzlichem<br />
Feiertag“. Die Gewerkschaften<br />
stünden auch heute<br />
durch soziale Krise und<br />
Globalisierung vor großen<br />
Herausforderungen, sagte<br />
Sommer.<br />
Hessens Antrag<br />
scheitert vor BVG<br />
Das Bundesverfassungsgericht<br />
(BVG) hat den Antrag des<br />
Landes Hessen einstimmig<br />
zurückgewiesen, die Bundesförderung<br />
von 4,4 Milliarden<br />
Euro für das Kompetenzzentrum<br />
zur Unterstützung<br />
der Bologna-Reformen nicht<br />
zu zahlen. Das Kompetenzzentrum,<br />
das mit dem Geld<br />
20 Universitäten fördert, ist<br />
ein Projekt der Hochschulrektorenkonferenz<br />
(HRK).<br />
3,7 Milliarden für<br />
Berliner Unis<br />
Das Land zahlt den Berliner<br />
Hochschulen für die Jahre<br />
2006 bis 2009 3,75 Milliarden<br />
Euro. Auf diese Summe<br />
haben sich Senat und die drei<br />
großen Universitäten nach<br />
langen Verhandlungen im<br />
Rahmen der Hochschulverträge<br />
geeinigt. Damit haben<br />
die Hochschulen für diesen<br />
Zeitraum auf eine Gesamtsumme<br />
von 75 Millionen<br />
Euro verzichtet. Der Sparkurs<br />
des Senats hatte heftige<br />
Proteste der Studierenden<br />
hervorgerufen und zu Haushaltsumschichtungen<br />
der<br />
Hochschulen sowie Neustrukturierungen<br />
von Fächergruppen<br />
geführt.<br />
für eine neue Form der Studienfinanzierung<br />
über private Bankkredite seien „bekannt und<br />
in ihrer Wirkung verheerend“. „Damit werden<br />
junge Menschen in die Verschuldung getrieben“,<br />
sagte Bulmahn. Eine Umleitung der<br />
staatlichen BAföG-Mittel zur Subventionierung<br />
privater Kredite für Studiengebühren<br />
und Lebensunterhalt werde die SPD nicht<br />
mitmachen. Die ehemalige <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />
Eva-Maria Stange kritisierte, das Studium solle<br />
künftig „offenbar zum Ausnahmefall für gut<br />
Betuchte und Intelligente werden“. Die Verantwortung<br />
für die Zukunft der jungen Menschen<br />
könne nicht „dem Markt und den Banken“<br />
übertragen werden. Der Vorstoß aus der<br />
Union sei ein weiterer Schritt, Chancengleichheit<br />
im Bildungssystem endgültig abzuschaffen,<br />
betonte das studentische Aktionsbündnis<br />
gegen Studiengebühren (ABS). Das ABS kündigte<br />
für den Sommer scharfe Proteste an.<br />
„Generation<br />
good-bye“<br />
Deutschlands künftige Akademiker<br />
könnten der Traum<br />
einer jeden Personalabteilung<br />
sein: Sie sind pragmatisch,<br />
realistisch, leistungsbereit<br />
und verantwortungsbewusst.<br />
Die Sache hat nur einen Haken:<br />
Mehr als die Hälfte der<br />
jungen Hochschüler sieht in<br />
Deutschland keine berufliche<br />
Zukunft. Nach einer<br />
Studie des „manager magazin“<br />
würden 56 Prozent der<br />
Studierenden, die heute kurz<br />
vor ihrem Abschluss stehen,<br />
für einen sicheren Arbeitsplatz<br />
ins Ausland gehen. „Generation<br />
good-bye“ hat die<br />
Zeitschrift die 20- bis 29-<br />
Jährigen deshalb getauft.<br />
AUF EINEN BLICK<br />
Foto: dpa<br />
Künftige Akademiker<br />
sind pragmatisch<br />
und leistungsbereit<br />
–<br />
bloß: Mehr als die<br />
Hälfte von ihnen<br />
sieht in Deutschland<br />
keine beruflichenPerspektiven.<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 5
Dem Neoliberalismus d<br />
25. Gewerkschaftstag macht weitere Schritte auf dem Weg zur Bildungsgewerkschaft<br />
6<br />
E&W 5/<strong>2005</strong>
ie „Rote Karte“ gezeigt<br />
alle Fotos: Christian v. Polentz<br />
Mittwoch, 27. April, 14 Uhr. Fototermin:<br />
In der mächtigen gläsernen<br />
Eingangshalle der Erfurter Messe haben<br />
sich die acht Mitglieder des neuen<br />
<strong>GEW</strong>-Vorstands zum Gruppenbild<br />
mit Dame(n) versammelt. Nebenan,<br />
im lichtdurchfluteten Foyer des Gebäudekomplexes,<br />
hasten eifrige Helfer hin<br />
und her, transportieren Gerüststangen,<br />
Stellwände und Plakate. Knapp<br />
zwei Stunden nach dem Ende des Gewerkschaftstages<br />
erinnern nur noch<br />
letzte Reste von Ausstellungsständen<br />
und die im Wind flatternden <strong>GEW</strong>-<br />
Fahnen an die engagierten Diskussionen<br />
der letzten fünf Tage. Die Halbwertszeit<br />
der Entscheidungen und Beschlüsse,<br />
die die Delegierten gefasst haben,<br />
soll eine höhere sein als die der<br />
Dekoration. Dieser Aufgabe stellen<br />
sich die neuen Vorstandsmitglieder –<br />
in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden,<br />
Gliederungen, Fach- und<br />
Personengruppen. Beim Fototermin<br />
sind sie dafür schon eng genug zusammengerückt.<br />
Zeitsprung. Sonntag, 24.<br />
April, früher Abend: Im<br />
schwarzen Bauch der Messehalle<br />
ist die angespannte<br />
Stimmung der Delegierten<br />
mit Händen zu greifen. Warten<br />
auf das Wahlergebnis für den Vorsitz<br />
der <strong>GEW</strong>. Punkt 19 Uhr verkündet<br />
Wahlleiter Kai Niemann: „Habemus<br />
Vorsitzender: Ulrich Thöne.“ Die Spannung<br />
löst sich, Delegierte gratulieren<br />
dem Neuen, der Mitteldeutsche Rundfunk<br />
(mdr) fordert das erste Interview.<br />
64,3 Prozent der Delegierten votierten<br />
für Ulrich Thöne (53). Der neue Vorsitzende<br />
ist zufrieden. In der rund zweistündigen<br />
Kandidaten-Aussprache hatte<br />
er sich engagiert für seine Positionen<br />
eingesetzt. „Ich werbe für eine kämpferische<br />
<strong>GEW</strong>, kämpferisch für unsere Arbeitsbedingungen<br />
und für eine bessere<br />
Bildung von Anfang an und ein Leben<br />
lang für alle“, lautete sein Credo. „Ich<br />
setze mich aber auch dafür ein, dass die<br />
öffentlichen Haushalte in die Lage versetzt<br />
werden, dies auch dauerhaft und sicher<br />
finanzieren zu können.“ Dabei betonte<br />
der neue Vorsitzende, dass er sich<br />
in der Tradition der scheidenden Vorsitzenden<br />
Eva-Maria Stange sehe. Eva-Maria<br />
Stange (48) hatte nach acht Jahren<br />
aus persönlichen Gründen nicht wieder<br />
kandidiert. Ulrich Thöne war seit 1999<br />
Landesvorsitzender der <strong>GEW</strong> Berlin.<br />
Kämpferisch zeigten sich auch die Delegierten<br />
in den Personal- und Antragsdiskussionen.<br />
Sie geißelten den Neoliberalismus,<br />
der in unserer Gesellschaft immer<br />
mehr um sich greife. Die <strong>GEW</strong>-Vertreter<br />
kritisierten die Steuerpolitik der<br />
Bundesregierung, die Konzerne und<br />
Großverdiener entlaste und die öffentlichen<br />
Kassen schröpfe. Deshalb fehlten<br />
dringend für die Bildung benötigte Gelder.<br />
Die Folgen seien die zunehmende<br />
Ökonomisierung des Bildungsbereiches<br />
und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen<br />
der Beschäftigten. Gleichzeitig<br />
würden sozial Schwächeren und<br />
Arbeitslosen immer mehr Lasten aufgebürdet.<br />
Sie würden mit den Hartz IV-<br />
Gesetzen an die Kandare genommen,<br />
müssten nach kurzer Zeit der Arbeitslosigkeit<br />
jeden Job annehmen und würden<br />
mit Ein-Euro-Jobs ausgebeutet –<br />
meist ohne dass damit für sie eine berufliche<br />
Perspektive verbunden wäre. Die<br />
soziale Spaltung der Gesellschaft werde<br />
weiter vorangetrieben. Mit mehreren<br />
Anträgen positionierte sich die <strong>GEW</strong><br />
deutlich gegen die Politik der Bundesregierung.<br />
Mut zur Gerechtigkeit<br />
Insbesondere die Vertreterinnen und<br />
Vertreter der Vorstandsbereiche Jugendhilfe<br />
und Sozialarbeit, Berufliche Bildung/Weiterbildung<br />
sowie Hochschule<br />
und Forschung mahnten an, dass sich<br />
die <strong>GEW</strong> schneller und konsequenter in<br />
Richtung Bildungsgewerkschaft weiterentwickeln<br />
müsse. Ein wichtiger Schritt<br />
in diese Richtung ist mit der Verabschiedung<br />
der „Bildungspolitischen Reformpositionen“<br />
getan. Mit diesem Papier<br />
hat die <strong>GEW</strong> nach 20 Jahren wieder<br />
eine programmatische Grundlage. Der<br />
außerordentliche Gewerkschaftstag in<br />
Würzburg, der sich 1999 für die Selbstständigkeit<br />
der <strong>GEW</strong> und gegen den Zusammenschluss<br />
zur Dienstleistungsgewerkschaft<br />
ver.di ausgesprochen hatte,<br />
gab damals die Erarbeitung des Konzepts<br />
in Auftrag. In den vergangenen<br />
sechs Jahren ist über die bildungspolitische<br />
Positionierung der <strong>GEW</strong> unter der<br />
Federführung von Norbert Hocke, ehemaliger<br />
stellvertretender <strong>GEW</strong>-Vorsitzender,<br />
auf vielen Ebenen unter Einbezug<br />
internen und externen Sachverstands<br />
viel und auch kontrovers diskutiert worden.<br />
Das Ergebnis fand die große Mehrheit<br />
der Delegierten – aber auch einen<br />
harten Kern von Gegnern, der es vor allem<br />
wegen der Aussagen zur Eigenverantwortung<br />
und Eigenständigkeit von<br />
Bildungseinrichtungen ablehnt. Die<br />
Programmarbeit soll nach dem Gewerkschaftstag<br />
fortgesetzt werden.<br />
Das neue<br />
Führungsteam<br />
der <strong>GEW</strong><br />
❞ Ich werbe<br />
für eine<br />
kämpferische<br />
<strong>GEW</strong>, kämpferisch<br />
für<br />
unsere<br />
Arbeitsbedingungen<br />
und für eine<br />
bessere<br />
Bildung. ❝<br />
Ulrich Thöne<br />
Der neue<br />
<strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />
Ulrich Thöne<br />
mit seiner Vorgängerin<br />
Eva-Maria Stange<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 7
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
❞ Die <strong>GEW</strong><br />
ist die einzigeOrganisation,<br />
die<br />
ein in sich<br />
geschlossenes<br />
und alle<br />
Bildungsbereicheübergreifendes<br />
Konzept<br />
hat. ❝<br />
600 Kolleginnen<br />
und Kollegen demonstrierten<br />
in<br />
Erfurt spontan gegen<br />
die Blockadepolitik<br />
der Länderarbeitgeber,<br />
die die Tarifverhandlungen<br />
vor<br />
die Wand gefahren<br />
haben.<br />
8<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
„Mut zur Gerechtigkeit – Bildung als<br />
Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe“<br />
ist laut Norbert Hocke die zentrale<br />
Botschaft der Positionsbestimmung (s.<br />
S. 14). Die <strong>GEW</strong> ist damit die einzige<br />
Organisation, die ein in sich geschlossenes<br />
und alle Bildungsbereiche übergreifendes<br />
Konzept hat. Im Vergleich zu<br />
vorangegangenen Fassungen stellt der<br />
jetzt verabschiedete Text einen deutlicheren<br />
Bezug zu gesellschaftlichen Interessenkonflikten<br />
her und benennt klarer<br />
das neoliberale Umfeld, in dem sich<br />
die <strong>GEW</strong> für eine grundlegende Reform<br />
des Bildungswesens stark macht. Ulrich<br />
Thöne bezeichnete das Konzept als einen<br />
wichtigen Schritt in Richtung eines<br />
„integrierten Bildungsverständnisses“.<br />
Ganz in diesem Sinne hat der Beschluss<br />
zur Kooperation von Jugendhilfe und<br />
Schule, den beide Vorstandsbereiche gemeinsam<br />
entwickelt hatten, wegweisende<br />
Bedeutung (s. S. 18). Demnach sollen<br />
Jugendhilfe und Schule systematisch<br />
ein gemeinsames Verständnis ihrer<br />
Funktion und Aufgaben für Bildung,<br />
Erziehung und Betreuung junger Menschen<br />
entwickeln – trotz der unterschiedlichen<br />
Konstruktion der beiden<br />
Systeme. Erster Schritt der Zusammenarbeit<br />
werde die Kooperation beim<br />
Übergang der Jungen und Mädchen von<br />
der Kindertagesstätte zur Grundschule<br />
sein. Künftig werde die Ganztagsschule<br />
das größte Feld, das Jugendhilfe und<br />
Schule gemeinsam beackern, heißt es in<br />
dem Beschluss.<br />
Zukunftsweisende Beschlüsse<br />
Mit dem Beschluss zur „Selbstständigkeit<br />
von Schule“ haben die Delegierten<br />
eine weitere zentrale Entscheidung getroffen<br />
und das Thema zu einem<br />
Schwerpunkt künftiger Auseinandersetzungen<br />
gemacht (s. S. 15): In neun Punkten<br />
hat die <strong>GEW</strong> konkretisiert, unter<br />
welchen Prämissen sie die Selbstständigkeit<br />
von Schule unterstützt. So<br />
müssten den Schulen große Handlungsspielräume<br />
bei pädagogischen und<br />
organisatorischen Fragen eingeräumt<br />
und Grundsatzentscheidungen bewusst<br />
nach pädagogischen Gesichtspunkten<br />
getroffen werden. Der Beschluss macht<br />
aber auch deutlich, welche Fehlentwicklungen<br />
„selbstständige Schule“ nehmen<br />
kann, wenn sie als „Teil einer umfassenden,<br />
neoliberalen Verwaltungsmodernisierung“<br />
geplant wird: den Einzug einer<br />
alles dominierenden Betriebswirtschaft,<br />
ausgeprägtere Hierarchien sowie<br />
schlechtere Arbeitsbedingungen und<br />
den Abbau demokratischer Mitbestimmungsrechte<br />
der Beschäftigten. Eine solche<br />
Schule werde die Chancenungerech-<br />
tigkeit weiter verschärfen. Deshalb wolle<br />
die <strong>GEW</strong> mit ihren Alternativvorstellungen<br />
in die Diskussion eingreifen.<br />
Programmatischen Charakter hat auch<br />
der Beschluss zur Bildungsfinanzierung<br />
(s. S. 16). Unter dem Motto „Bildung ist<br />
keine Ware“ wird festgestellt, dass die zunehmende<br />
Privatisierung von Bildung<br />
im scharfen Widerspruch zur öffentlichen<br />
Verantwortung für das Bildungswesen<br />
stehe. Die <strong>GEW</strong> hat ein Konzept<br />
entwickelt, wie der Prozess des „Lebenslangen<br />
Lernens“ unterstützt und finanziert<br />
werden kann. Die Vorschläge reichen<br />
dabei von der gebührenfreien KiTa<br />
über eine elternunabhängige Ausbildungs-<br />
und Studienfinanzierung für alle<br />
jungen Menschen, die älter als 18 Jahre<br />
sind, bis hin zu einem neuen System der<br />
Familienfinanzierung. Das Steuersystem<br />
soll umgestellt werden, um Gelder<br />
für diese Vorhaben zu bekommen.<br />
Trillerpfeifenkonzert<br />
Dass die Tarif- und Beamtenpolitik in<br />
der <strong>GEW</strong> künftig eine noch größere<br />
Rolle spielen soll, machte nicht nur eine<br />
Reihe von Anträgen deutlich (s. S. 28).<br />
Parallel zu den Beratungen in Erfurt liefen<br />
die Tarifverhandlungen für den öffentlichen<br />
Dienst auf Länderebene in<br />
Berlin. Die Arbeitgeber, angeführt von<br />
den Hardlinern aus Bayern und Hessen,<br />
fuhren die Verhandlungen gegen die<br />
Wand: Sie wollten auf Teufel komm<br />
raus die Arbeitszeiten auf bis zu 42 Wochenstunden<br />
erhöhen und den Bildungsbereich<br />
von dem Gesamtpaket abkoppeln.<br />
Die ver.di-Bundestarifkommission,<br />
in der Vertreter der <strong>GEW</strong> sitzen,<br />
entschied daraufhin, die Verhandlungen<br />
für gescheitert zu erklären. Der<br />
„Alea iacta est“*<br />
Wahlergebnisse<br />
Gewerkschaftstag unterbrach seine Beratungen.<br />
Mit einem rot-weißen Fahnenmeer<br />
und einem Trillerpfeifenkonzert<br />
machten 600 Delegierte gemeinsam<br />
mit Kolleginnen und Kollegen aus den<br />
umliegenden <strong>GEW</strong>-Kreisen ihrem Unmut<br />
gegenüber der kompromisslosen<br />
Haltung der Arbeitgeber lautstark Luft.<br />
„Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder<br />
ist am Ende. Einige Länder haben<br />
deutlich gemacht, dass sie nicht länger<br />
am Flächentarifvertrag festhalten wollen“,<br />
sagte Heiko Gosch, der die <strong>GEW</strong> bei<br />
den Verhandlungen vertrat, während<br />
der Kundgebung auf dem Erfurter Anger.<br />
Er kündigte an, dass die Gewerkschaften<br />
bereit seien, die Auseinandersetzungen<br />
in den Ländern zu führen.<br />
Europäischer Hochschulraum<br />
Nicht zuletzt spielten internationale<br />
Aspekte auf dem Gewerkschaftstag, wie<br />
mit dem Motto „Bildung in Europa. Bildung<br />
für die Welt“ programmatisch vorgegeben,<br />
eine wichtige Rolle. Dabei ist<br />
die Entwicklung im Wissenschaftsbereich<br />
am weitesten vorangeschritten. Die<br />
<strong>GEW</strong> beschloss, sich für einen „europäischen<br />
Hochschul- und Forschungsraum“<br />
einzusetzen. Wichtig bei der Internationalisierung<br />
der Hochschul- und<br />
Forschungspolitik seien etwa die weitere<br />
Öffnung des Zugangs zu den Hochschulen,<br />
die Einführung so genannter „konsekutiver<br />
Studiengänge“ (Bachelor/Master)<br />
und die Schaffung guter und vergleichbarer<br />
Arbeitsbedingungen an den<br />
Einrichtungen.<br />
Internationales Flair verbreiteten aber<br />
auch die zahlreichen Gäste befreundeter<br />
Bildungsgewerkschaften aus aller Welt.<br />
An der Spitze: Thulas Nxesi (Südafrika),<br />
Die Delegierten wählten in den Geschäftsführenden Vorstand der <strong>GEW</strong>:<br />
Vorsitzender: Ulrich Thöne 64,3 Prozent<br />
Stellvertretende Vorsitzende und Marianne Demmer 66,6 Prozent<br />
Vorstandsbereich Schule: 68,3 Prozent<br />
Arbeitsbereich Finanzen: Petra Grundmann 89,9 Prozent<br />
Arbeitsbereich Frauenpolitik: Anne Jenter 62,5 Prozent<br />
Arbeitsbereich Angestellten-<br />
und Beamtenpolitik: Ilse Schaad 56,9 Prozent<br />
Vorstandsbereich Jugendhilfe<br />
und Sozialarbeit: Norbert Hocke 79,2 Prozent<br />
Vorstandsbereich Hochschule<br />
und Forschung: Gerd Köhler 55,5 Prozent<br />
Vorstandsbereich Berufliche<br />
Bildung/Weiterbildung: Stephanie Odenwald 81,5 Prozent<br />
*„Der Würfel ist gefallen.“
Vorsitzender der Bildungsinternationalen<br />
(BI), und BI-Generalsekretär Fred<br />
van Leeuwen (Niederlande). Nxesi stellte<br />
die Globale Bildungskampagne „Education<br />
for all“ vor. Er warb für das Ziel der<br />
Aktivitäten, allen Menschen auf der<br />
Welt bis 2015 eine Grundbildung zu ermöglichen.<br />
„Insbesondere Frauen wird<br />
das Recht auf Bildung immer noch verweigert“,<br />
sagte der BI-Vorsitzende (s.<br />
auch nebenstehenden Kasten).<br />
Last but not least verabschiedete der Gewerkschaftstag<br />
mehrere Anträge zum<br />
Weiterbildungsbereich. Die Beschlüsse<br />
entwickeln die Positionen des Lübecker<br />
Gewerkschaftstags von 2001 weiter und<br />
tragen der aktuellen Situation in der<br />
Weiterbildung Rechnung, einer Branche,<br />
die sich im freien Fall befindet. Bis<br />
zu 40 000 Weiterbildner haben ihre Arbeit<br />
in den letzten beiden Jahren verloren,<br />
andere sind Lohndumping und Arbeitsverdichtung<br />
ausgesetzt. Die bisherige<br />
Leiterin des Vorstandsbereiches,<br />
Ursula Herdt, schlug ein „Sonderprogramm<br />
Weiterbildung“ vor, das jetzt<br />
umgesetzt werden soll (s. S. 18).<br />
Zeitmangel<br />
Einige Anträge hat der Gewerkschaftstag<br />
aus Zeitmangel nicht abarbeiten können.<br />
So entschieden die Delegierten beispielsweise<br />
nicht darüber, wie der Transformationsprozess<br />
vom gegliederten<br />
Schulsystem in ein integriertes Schulwesen<br />
konkret gestaltet werden soll. Das Tabu<br />
für die Schulstrukturdebatte, so die<br />
Begründung des Antrags, sei gebrochen.<br />
In Bundesländern wie Berlin, Mecklenburg-Vorpommern,Nordrhein-Westfalen,<br />
Sachsen und Schleswig-Holstein habe<br />
ein Umdenkungsprozess begonnen.<br />
Die „Eine Schule für alle“ stehe auf der<br />
politischen Tagesordnung. Auch die Zukunft<br />
der Organisationsentwicklung<br />
(OE), in diesen Prozess ist die <strong>GEW</strong><br />
1999 eingestiegen, ist nicht geklärt. Die<br />
Vorschläge der Steuerungsgruppe wurden<br />
nicht behandelt. Über die Fortsetzung<br />
von Projekten wie der Weiterbildungszeitung<br />
„prekär“ oder der Hotline<br />
für Honorarkräfte ist damit noch nicht<br />
entschieden. Die OE hat für die Zukunftsfähigkeit<br />
der <strong>GEW</strong> zentrale Bedeutung.<br />
Mit dem Beschluss, zwei Millionen<br />
Euro für Mitgliederwerbung und<br />
-bindung bereit zu stellen, hat der Gewerkschaftstag<br />
ein wichtiges Signal zur<br />
Sicherung der materiellen Basis der Organisation<br />
gesetzt. Jetzt braucht es konkrete<br />
Konzepte, wie das Geld sinnvoll<br />
einzusetzen ist. Diese Fragen muss nun<br />
der Hauptvorstand, das höchste beschlussfassende<br />
Gremium der <strong>GEW</strong> zwischen<br />
den Gewerkschaftstagen, klären.<br />
Bildung für alle<br />
Grußwort des Präsidenten der Bildungsinternationalen<br />
In seinem Grußwort an den 25.Gewerkschaftstag in Erfurt<br />
ging BI-Präsident Thulas Nxesi (Südafrika) auf einige<br />
Fragen im Rahmen der BI-Kampagne „Education<br />
for all“ ein: Zu den Nord-Süd-Herausforderungen gehörten,<br />
so Nxesi, die Bedrohung durch AIDS in Afrika, der<br />
weltweite Kampf für ein öffentliches Bildungswesen von<br />
hoher Qualität, die drängende Diskussion um eine globa-<br />
Thulas Nxesi le Ordnung, die von sozialer Gerechtigkeit und dem Engagement<br />
für die Menschenrechte geprägt ist, sowie die gewerkschaftliche<br />
Geschlossenheit als Voraussetzung für bessere Arbeitsbedingungen<br />
in den Bildungseinrichtungen.<br />
Die Gewerkschaften, so der BI-Präsident selbstkritisch, müssten sich in diesem<br />
Zusammenhang fragen, ob sie ausreichend vorbereitet sind, um auf diese<br />
Herausforderungen Antworten zu haben. Nxesi wies auf die Doppelaufgabe<br />
der Mitgliedsgewerkschaften der BI hin: Sie kämpften als Gewerkschaft für<br />
die Interessen und Rechte der Beschäftigten. Zugleich seien sie leidenschaftliche<br />
Anwälte für die Bildung aller Kinder.<br />
Das Programm der Delegierten ging weit<br />
über die Antrags- und Personaldebatten<br />
hinaus. Mit dem Besuch der Gedenkstätte<br />
Buchenwald und der Verabschiedung<br />
der Resolution „Nie wieder Faschismus.<br />
Nie wieder Krieg“ hat der Gewerkschaftstag<br />
mit Blick auf den 60. Jahrestag<br />
der Befreiung vom Faschismus am 8.<br />
<strong>Mai</strong> ein politisches Zeichen gesetzt und<br />
sich in der gesellschaftlichen Diskussion<br />
positioniert (s. S. 21). Viele Delegierte sahen<br />
sich die Buchenwald-Ausstellung<br />
„Es gibt hier keine Kinder“ an, die im<br />
Rahmenprogramm gezeigt wurde.<br />
Am 26. April hat der Gewerkschaftstag<br />
des 3. Jahrestages des Amoklaufs von<br />
Erfurt gedacht. Bei der Bluttat wurden<br />
16 Menschen ermordet, der Täter tötete<br />
sich selber.<br />
Große Presseresonanz<br />
Dass die <strong>GEW</strong> eine „gute Adresse“ in<br />
der Bundesrepublik ist, zeigt die illustre<br />
Gästeliste: Hauptrednerin Familienministerin<br />
Renate Schmidt (SPD) und Bundestagsmitglied<br />
Prof. Dr. Ernst Ulrich von<br />
Weizsäcker (SPD) sowie Reinhard Bütikofer,<br />
Vorsitzender von Bündnis 90/Die<br />
Grünen, die DGB-Spitze mit Michael<br />
Sommer und Ursula Engelen-Kefer, IG-<br />
Metall-Vize Berthold Huber und der<br />
thüringische Kultusminister Prof. Dr.<br />
Jens Goebel (CDU) gaben ihre Visitenkarte<br />
in Erfurt ab.<br />
Auch die Presseresonanz auf den 25. Gewerkschaftstag<br />
war groß. Die Nachrichtenagenturen<br />
dpa und AP, alle überre-<br />
gionalen Zeitungen (Frankfurter Rundschau,<br />
Süddeutsche Zeitung, Frankfurter<br />
Allgemeine Zeitung, Die Welt) waren<br />
vor Ort und berichteten ausführlich,<br />
ebenso wie etwa taz, Neues Deutschland,<br />
Junge Welt und viele Regionalzeitungen<br />
wie die Thüringische Landeszeitung<br />
oder die Thüringer Allgemeine.<br />
Der mdr (TV und Hörfunk) informierte<br />
regelmäßig über den Gewerkschaftstag,<br />
aber auch Bayerischer Rundfunk, Hessischer<br />
Rundfunk und Deutschlandradio<br />
sendeten Beiträge über den Äther. Nicht<br />
zu vergessen das Gewerkschaftstag-Radio,<br />
das jeden Tag bis zu zwei Stunden<br />
auf Sendung war – allerdings mit begrenzter<br />
Reichweite in Thüringen. Die<br />
<strong>GEW</strong> hat mit Unterstützung der Medien<br />
in der Öffentlichkeit viele inhaltliche<br />
Akzente gesetzt: Masterplan Bildung,<br />
Sonderprogramm Weiterbildung, Eine<br />
Schule für alle, Tarifpolitik, die gemeinsame<br />
Grundausbildung für alle Pädagogen<br />
sowie Themen mit internationalen<br />
Aspekten wie die Globale Aktionswoche<br />
„Schick meine Freundin, meinen<br />
Freund zur Schule“ oder – gemeinsam<br />
mit terre des hommes – die Forderung<br />
nach dem Recht auf Schul- und Kindergartenbildung<br />
auch für statuslose und<br />
Flüchtlingskinder. Es soll aber auch<br />
nicht verschwiegen werden, dass sich einige<br />
Medien (sehr) kritisch mit der<br />
<strong>GEW</strong> auseinander gesetzt haben. Das<br />
ist uns Ansporn. Jetzt gilt es, auch die<br />
Kritiker von der <strong>GEW</strong> und ihren Qualitäten<br />
zu überzeugen. Ulf Rödde<br />
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
❞ Der Gewerkschaftstag<br />
hat ein<br />
Signal Richtung<br />
Zukunft<br />
gesetzt! Er<br />
hat zwei Millionen<br />
Euro<br />
für Mitgliederwerbung<br />
und -bindung<br />
bereitgestellt.<br />
❝<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 9
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
10<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Zu den Wurzeln zurückgekehrt<br />
Impressionen von der Eröffnung des Gewerkschaftstages in Erfurt<br />
Beim musikalisch umrahmten Auftakt<br />
kamen Kinder und Jugendliche<br />
ebenso zu Wort wie Bildungsgewerkschafter<br />
aus anderen Ländern. Zu<br />
ihrem 25. Gewerkschaftstag ist die<br />
<strong>GEW</strong> in die Stadt zurückgekehrt, in<br />
der ihre ältesten Wurzeln liegen: 1848<br />
war in Erfurt der Allgemeine deutsche<br />
Lehrerverein gegründet worden. Die<br />
Palette der Gäste aus dem politischen<br />
und gewerkschaftlichen Spektrum war<br />
breit – von der DGB-Spitze Michael<br />
Sommer und Ursula Engelen-Kefer<br />
über IG Metall-Vize Berthold Huber<br />
bis zum Vorsitzenden von Bündnis<br />
90/Die Grünen, Reinhard Bütikofer.<br />
In ihrer Eröffnungsrede spannte<br />
die scheidende <strong>GEW</strong>-Vorsitzende<br />
Eva-Maria Stange den internationalen<br />
Bogen, der dem Gewerkschaftstag<br />
sein Motto gibt: „Bildung<br />
in Europa. Bildung für die<br />
Welt.“ Sie stellte fest: „Bildungspolitik<br />
hat längst den engen Rahmen nationaler<br />
Politik verlassen – auch wenn es einige<br />
Ministerpräsidenten in Deutschland<br />
nicht wahr haben wollen.“<br />
Ähnliche Probleme weltweit<br />
Stange begrüßte Gäste aus 19 ausländischen<br />
Gewerkschaften und verwies auf<br />
das gemeinsame Dach, die Bildungsinternationale<br />
(BI), die 29 Millionen Mitglieder<br />
vertritt und damit die „größte<br />
globale Gewerkschaftsvereinigung“ ist.<br />
Als eines der weltweit vergleichbaren<br />
Probleme führte Stange den Rückzug<br />
des Staates aus der Verantwortung für<br />
Bildung und die Privatisierung der Einrichtungen<br />
an. Dagegen kämpfe die BI<br />
an, ebenso wie gegen die Gefahr, dass<br />
Bildung in die Mühlen der Liberalisierung<br />
des Dienstleistungssektors bei den<br />
GATS-Verhandlungen gerate. Vertreter<br />
und Vertreterinnen der Bildungsgewerkschaft<br />
in Israel, der Slowakei und den<br />
Niederlanden machten deutlich, wie<br />
sehr sich die akuten Probleme ähneln:<br />
Dezentralisierung des Bildungswesens,<br />
Mittelkürzungen und Privatisierung.<br />
Ein gemeinsames, weltweites Vorgehen<br />
sei unerlässlich, betonten sie, vom Informationsaustausch<br />
bis zur Entwicklung<br />
politischer Gegenstrategien.<br />
Sommer stützt <strong>GEW</strong>-Politik<br />
Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer<br />
dankte Eva-Maria Stange für ihren politischen<br />
Beitrag im Dachverband: Sie habe<br />
sehr früh und unablässig darauf gedrungen,<br />
dass die deutschen Gewerkschaften<br />
die Bildungspolitik als zweites<br />
wichtiges Zukunftsthema neben der<br />
Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit<br />
in den Blick nehmen. Sommer forderte<br />
mehr Geld für die Bildung und ein Bildungssystem,<br />
„das jeden jungen Menschen<br />
mitnimmt“. Es müsse Schluss<br />
sein mit der „Kleinstaaterei in der Bildungspolitik“<br />
in Deutschland und damit,<br />
dass immer noch „die Herkunft<br />
darüber entscheidet, ob jemand Bildungschancen<br />
hat.“<br />
Helga Ballauf<br />
Delegierte und Gäste auf dem Gewerkschaftstag der <strong>GEW</strong>: Anstehen beim Einchecken und entspannte Mienen bei der Eröffnungsveranstaltung.<br />
Fotos: Christian v. Polentz
Kinderbilder als<br />
Spiegel der Gesellschaft.<br />
Dr. Heidrun<br />
Richter (Mitte),<br />
Professorin für Kunstpädagogik<br />
an der<br />
Uni Erfurt, mit Kinderkunst<br />
aus dem Birgit-<br />
Dettke-Archiv.<br />
Eine Prozession mit einer Jesusfigur<br />
in Rot- und Blautönen. Kühe<br />
auf einer grünen Wiese. Der<br />
Fluss mit toten Fischen. Szenen,<br />
gemalt von Kindern im Arbeiterund<br />
Bauernstaat – Zeitgeschichte<br />
mit Bleistift und Wasserfarbe festgehalten.<br />
Bilder, die eine andere<br />
DDR zeigen, als sie die Parteifunktionäre<br />
propagiert haben.<br />
Zu sehen waren die Zeitdokumente<br />
und andere Kinderbilder wäh-<br />
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Meine schöne<br />
sozialistische Heimat<br />
Kinderbilder aus dem Birgit-Dettke-Archiv<br />
Ahrens erhält Wolgast-Preis<br />
rend einer Ausstellung des Vereins<br />
Kinderkunst auf dem Gewerkschaftstag.<br />
Den Grundstock für<br />
das Archiv des Vereins, das inzwischen<br />
mehr als zehntausend<br />
Skulpturen und Bilder enthält, legte<br />
die Kunsterzieherin Dr. Birgit<br />
Dettke. Birgit Dettke gehört zu den<br />
Opfern des Amoklaufs von Erfurt,<br />
bei dem am 26. April 2002 16<br />
Menschen getötet wurden. Das<br />
Archiv trägt seitdem ihren Namen.<br />
Mehr Infos zum Verein Kinderkunst<br />
e.V. unter: www.kinderkunstev.de<br />
se<br />
Der Autor Thomas Ahrens (52) hat den Wolgast-Preis <strong>2005</strong> erhalten.<br />
Ahrens bekam die Auszeichnung für sein Textbuch und Materialheft<br />
zum Theaterstück „Der Ball ist rund – Ein Globalisierungskrimi für<br />
Menschen ab zehn“. Die Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien<br />
(AJuM) der <strong>GEW</strong> hat den Preis während des Gewerkschaftstages<br />
in Erfurt verliehen. Der Wolgast-Preis wird alle drei Jahre vergeben. Er<br />
ist mit 4000 Euro dotiert. „Mit unserer Theaterarbeit versuchen wir,<br />
den zunehmend komplexer werdenden Lebensbedingungen in Zeiten<br />
der Globalisierung einen angemessenen künstlerischen Ausdruck zu<br />
verleihen“, sagte Thomas Ahrens während der Preisverleihung (im Bild<br />
mit der ehemaligen <strong>GEW</strong>-Vorsitzenden Eva-Maria Stange, links, und<br />
der AJuM-Juryvorsitzenden Ute Wolters). Das Berliner GRIPS-Theater<br />
führte das Stück während des Gewerkschaftstages auf. ur<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 11
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
12<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Zukunft gew<br />
Impressionen von der Basis: Stimmen zum Gewerkschaftstag<br />
Auf Gewerkschaftstagen wird nicht<br />
nur der Vorstand gewählt, sondern<br />
auch über wichtige politische Positionen<br />
der <strong>GEW</strong> entschieden – und zwar<br />
durch das Votum der Delegierten. Was<br />
sind ihre Eindrücke von den Ereignissen,<br />
mit welchen Erwartungen sind sie<br />
nach Erfurt gekommen? Ein paar Impressionen<br />
dazu:<br />
Farbe bekennen<br />
Ingrid Stude, Sprecherin der Hallenser Hochschulgruppe<br />
der <strong>GEW</strong><br />
Für mich war es wirklich interessant zu<br />
erfahren, dass<br />
es auf diesem<br />
Gewerkschaftstag<br />
mitnichten<br />
nur um Lehrerprobleme<br />
geht.<br />
Was mich<br />
freut, nachdem<br />
ich die Antrittsrede<br />
von Ilse<br />
Schaad, der<br />
Ingrid Stude<br />
neuen Leiterin<br />
für Tarif- und<br />
Beamtenpoli-<br />
tik im Geschäftsführenden Vorstand,<br />
gehört habe, ist die Einsicht in der Organisation,<br />
dass die <strong>GEW</strong> keine neuen<br />
Mitglieder gewinnt, wenn sie schlechte<br />
Ergebnisse in Tarifverhandlungen als<br />
Erfolg verkauft. Mich beruhigt deshalb,<br />
dass die Gewerkschaft jetzt Farbe bekennen<br />
will. Und das scheint – zumindest<br />
verbal – eine herausragende Eigenschaft<br />
auch unseres neuen Vorsitzenden Ulrich<br />
Thöne zu sein. Mich störten allerdings<br />
die allzu ausschweifenden Debattenbeiträge.<br />
Nachwuchsarbeit in den<br />
Fokus rücken<br />
Andrea Marschall, Grundschullehrerin,<br />
Landesverband Hessen, seit sechs Jahren aktiv<br />
im Bereich Junge <strong>GEW</strong>, Gastdelegierte<br />
Erfurt ist mein erster Gewerkschaftstag<br />
und ich bin sehr beeindruckt von der<br />
Größe und Bedeutung der Veranstaltung,<br />
auch wie der Gewerkschaftstag<br />
von der Presse wahrgenommen wurde.<br />
Was mir auf dem Gewerkschaftstag<br />
nicht gefallen hat: Es war einfach viel zu<br />
wenig Zeit für<br />
die inhaltliche<br />
Arbeit.<br />
Stattdessen hat<br />
man sehr viel<br />
Zeit darauf verwendet,<br />
mit<br />
den Gästen<br />
über ihre Vorträge<br />
zu diskutieren.<br />
Das soll-<br />
Andrea Marschall<br />
te in diesem<br />
Ausmaß nicht<br />
auf einem Ge-<br />
werkschaftstag, sondern eher in einem<br />
anderen Rahmen geschehen.<br />
Aber: Durch den neuen Vorstand, den<br />
neuen Vorsitzenden, wird sicher einiges<br />
in Bewegung geraten. Als Junge <strong>GEW</strong>lerin<br />
habe ich besonderes Interesse daran,<br />
die Nachwuchsarbeit viel, viel stärker in<br />
den Fokus innerhalb der Organisation<br />
zu rücken. Ich hoffe dabei auf die Unterstützung<br />
durch den neuen Vorstand.<br />
Es hat sich was bewegt<br />
Ernie Schaaf-Peitz, Erzieherin in Rheinland-Pfalz<br />
Ich muss sagen, dass ich mit einem sehr<br />
unguten Gefühl<br />
nach Erfurt<br />
gekommen<br />
bin in Anbetracht<br />
dessen,<br />
was sich der<br />
Gewerkschaftstag<br />
alles vorgenommen<br />
hat.<br />
Erfreulich: Wir<br />
als Sozial-<br />
Ernie Schaaf-Peitz<br />
pädagoginnen<br />
und -pädagogen<br />
haben<br />
mittlerweile innerhalb der <strong>GEW</strong> mehr<br />
an Gewicht und Akzeptanz gewonnen.<br />
Darin sehe ich schon mal einen wesentlichen<br />
Schritt der <strong>GEW</strong> in Richtung Bildungsgewerkschaft.<br />
Da hat sich seit<br />
1997, meinem ersten Gewerkschaftstag,<br />
doch etwas bewegt.<br />
Meine Erwartung an die <strong>GEW</strong> ist ganz<br />
klar: Sie muss sich noch stärker als bisher<br />
in Richtung Bildungsgewerkschaft<br />
entwickeln – und sie muss dafür personelle<br />
und materielle Ressourcen bereitstellen,<br />
damit wir dieses Ziel wirklich erreichen<br />
können.<br />
Bald nur noch Seniorenpolitik?<br />
Juliane Drews, im Berliner LASS-Vorstand<br />
Berlin, Gastdelegierte<br />
Leider konzentrierte sich der Gewerkschaftstag<br />
zu wenig auf die inhaltliche<br />
Arbeit. So spannend ich es gefunden habe,<br />
mit Herrn Weizsäcker zu diskutieren<br />
– die Antragsberatung hätte vorgehen<br />
müssen. Als Studierende möchten wir<br />
beispielsweise<br />
bei den ThemenNachwuchsgewinnung<br />
und Aktivierung<br />
junger<br />
Mitglieder<br />
deutlich machen<br />
können:<br />
Die Idee „Zukunftgewin-<br />
Juliane Drews<br />
nen“ geht alle<br />
an – sonst kann<br />
die <strong>GEW</strong> bald<br />
nur noch Seniorenpolitik betreiben.<br />
Toll war es, auf dem Gewerkschaftstag<br />
mit vielen Leuten aus der ganzen Republik<br />
ins Gespräch zu kommen und zu sehen:<br />
Wir sind viele.<br />
Am Rande des Erträglichen<br />
Hans Clauser engagiert sich in der Seniorenpolitik<br />
im Landesvorstand Baden-Württemberg<br />
Seit 1971 war ich auf jedem Gewerkschaftstag<br />
der <strong>GEW</strong>. Hier in Erfurt fällt<br />
mir das niveauvolleBeiprogramm<br />
auf –<br />
vom GRIPS-<br />
Theater bis<br />
zum Thüringen-Abend.<br />
Wichtig ist mir<br />
auch immer die<br />
Möglichkeit,<br />
mit Delegierten<br />
aus ande-<br />
Hans Clauser ren Bundes-
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
innen<br />
ländern Erfahrungen auszutauschen<br />
und soziale Kontakte zu<br />
pflegen. Negativ empfinde ich die<br />
unendlichen Personalbefragungen<br />
vor den Wahlen; auch die Art,<br />
wie gefragt wird, ist am Rande des<br />
Erträglichen. So extrem habe ich<br />
es noch auf keinem Gewerkschaftstag<br />
erlebt, dass auf diese<br />
Weise für die Antragsdebatte<br />
kaum Zeit bleibt. Bezogen auf die<br />
Seniorenpolitik der <strong>GEW</strong> ist das<br />
schade, weil denjenigen, die vor<br />
Ort die Arbeit machen, die Unterstützung<br />
durch das „Parlament“<br />
der <strong>GEW</strong> gut täte.<br />
Weg bleibt umstritten<br />
Fred Schell, aktiv im Bereich Erwachsenenbildung<br />
im Landesvorstand<br />
Bayern<br />
Aktiv bin ich bei der <strong>GEW</strong> seit 28<br />
Jahren – dies ist aber mein erster<br />
Gewerkschaftstag als Delegierter.<br />
Ich finde die Auseinandersetzung<br />
mit einer Politikerin wie Renate<br />
Schmidt (SPD) in diesem Rahmen<br />
wichtig. Auch die Kandidatenbefragung<br />
vor Wahlen ist für mich ei-<br />
Alle statuslosen und Flüchtlingskinder<br />
sollen Schulen und Kindertageseinrichtungen<br />
besuchen<br />
können. Dafür haben sich die<br />
<strong>GEW</strong> und terre des hommes<br />
während des Gewerkschaftstages<br />
stark gemacht. Die Kultus- und<br />
Jugendminister der Länder sollen<br />
sich auf gemeinsame Regelungen<br />
verständigen und den<br />
Schulbesuch mindestens bis zur<br />
zehnten Klasse garantieren. Tausende<br />
Kinder in der Bundesrepublik<br />
sind von der allgemeinen<br />
Schulpflicht ausgeschlossen. Ihre<br />
Eltern warten auf politisches<br />
Asyl, die Familien sind in<br />
Deutschland nur geduldet oder<br />
sie haben keinerlei Aufenthaltsstatus.<br />
„Jedes Kind hat das Recht auf Bil-<br />
ne notwendige inhaltliche Auseinandersetzung.<br />
Dennoch bedauere<br />
ich, dass kaum Zeit für die Anträge<br />
blieb. Ich habe hier auf eindringliche<br />
Weise etwas live erlebt, was ich<br />
eigentlich<br />
schon<br />
weiß: Es<br />
gibt in der<br />
<strong>GEW</strong> unterschiedlicheStrömungen,<br />
die<br />
in manchenFra-<br />
gen zu gemeinsamenPosi-<br />
Fred Schell<br />
tionen finden – etwa in der Tarifpolitik.<br />
Aber der Weg, wie man die<br />
Ziele umsetzt, bleibt umstritten.<br />
Als Fortschritt betrachte ich es,<br />
dass der Bereich Erwachsenenbildung<br />
inzwischen im Vorstand<br />
auch von jenen mitgedacht wird,<br />
die nicht ausdrücklich dafür zuständig<br />
sind. Das ist wichtig für<br />
uns.<br />
hbf/hari<br />
Jedes Kind hat das Recht auf Bildung!<br />
dung. Dabei ist egal, wo das Kind<br />
lebt und welchen Aufenthaltsstatus<br />
es hat“, sagten die Juristen Jörg<br />
Harmening, terre des hommes,<br />
und Ralf Fodor für die <strong>GEW</strong>. Sie<br />
stellten das aktuelle <strong>GEW</strong>-Gutachten<br />
„Das Recht des statuslosen<br />
Kindes auf Bildung“ und die<br />
terre des hommes-Studie „Wir<br />
bleiben draußen. Schulpflicht und<br />
Schulrecht von Flüchtlingskindern<br />
in Deutschland“ vor.<br />
Die beiden Expertisen weisen<br />
nach, dass die bisherige Praxis<br />
mehrerer Bundesländer gegen<br />
das Recht aller Kinder auf Bildungschancen<br />
und gegen den<br />
Gleichheitsgrundsatz verstoße.<br />
Die Rechtsgutachten finden Sie<br />
im Internet unter: www.gew.de<br />
und www.tdh.de ur<br />
H aus G eld<br />
Vo rsorge<br />
Mit Durchblick<br />
flexibel<br />
BauSparen!<br />
Für meine Zukunft seh’ ich blau.<br />
Darlehen ab<br />
2,25% *<br />
Guthaben bis<br />
3,50% **<br />
* Effektiver Jahreszins des Bauspardarlehens ab 2,43%.<br />
** Bei einer Vertragslaufzeit von 7 Jahren und Verzicht<br />
auf das Bauspardarlehen. Nicht bei Vertragsänderungen,<br />
Vor- und Zwischenfinanzierungen und Abtretungen.<br />
Ihr BHW Berater weiß, wie’s geht:<br />
01802 - 244 411 oder www.bhw.de<br />
(0,06 Euro pro Gespräch)<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 13
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Gespannte Aufmerksamkeit<br />
während der Programmdebatte.<br />
14<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Zwischen Markt<br />
und Demokratie<br />
Zur zukünftigen Programmatik der <strong>GEW</strong><br />
Neben der Vorstandswahl ist die Antragsberatung<br />
wichtigster Bestandteil<br />
des Erfurter Gewerkschaftstages gewesen.<br />
Kontroversen haben dabei vor<br />
allem die Anträge zum Bildungspolitischen<br />
Reformkonzept, zur selbstständigen<br />
Schule sowie zu den Ein-<br />
Euro-Jobs ausgelöst. Wir haben diesen<br />
deshalb in der Berichterstattung<br />
mehr Raum gegeben. Außerdem berichten<br />
wir über weitere wichtige<br />
Beschlüsse: zur Bildungsfinanzierung,<br />
zum Berufsverbot, zur Kooperation<br />
Jugendhilfe und Schule, zur<br />
Weiterbildung, zum europäischen<br />
Hochschulraum sowie zur Mitgliedergewinnung.<br />
Über Beschlüsse zur<br />
Tarif- und Beamtenpolitik berichten<br />
wir im Rahmen des <strong>GEW</strong>-Beitrags<br />
zum Scheitern der Tarifrunde<br />
(s. auch Seite 28).<br />
Reformkonzept:<br />
Bildung ist der Kern der<br />
sozialen Frage<br />
Die <strong>GEW</strong> hat ihre bildungspolitische<br />
Programmatik runderneuert (E&W berichtete<br />
kontinuierlich über den langen<br />
und schwierigen Diskussionsprozess).<br />
Dieser Aufgabe hatte sich die Gewerkschaft<br />
1999 gestellt, als Konsequenz auf<br />
den Beschluss, nicht in ver.di aufzugehen.<br />
„Mut zur Gerechtigkeit – Bildung<br />
als Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe“<br />
sei die zentrale Botschaft dieses<br />
Reformkonzepts, sagte Norbert Hocke,<br />
der als Vizevorsitzender für die Erarbeitung<br />
des Papiers politisch verantwortlich<br />
zeichnet.<br />
Mit großer Mehrheit billigten die Delegierten<br />
einen Text, der die ursprünglich<br />
vorliegende „Göttinger Fassung“ in einigen<br />
Punkten erweitert und verändert.<br />
Ausdrücklich enthält das Papier eine<br />
Selbstverpflichtung, die Programmarbeit<br />
fortzusetzen und Punkte wie die de-<br />
mokratische Beteiligung<br />
der Beschäftigten<br />
in den<br />
Bildungseinrichtungen<br />
oder Kriterien<br />
und Verfahren<br />
zur Qualitätsentwicklungpädagogischer<br />
Arbeit<br />
zu konkretisieren.<br />
Norbert Hocke<br />
legte dar, wie sich<br />
die bildungspolitischenReformpositionen<br />
der <strong>GEW</strong><br />
von anderen Konzeptenunterscheiden,<br />
die derzeit<br />
die aktuelle Diskussion<br />
in Deutschland<br />
bestimmen.<br />
So trete die <strong>GEW</strong><br />
für das verbriefte<br />
Recht jedes Einzelnen<br />
auf Bildung<br />
ein, sagte er:<br />
„Bildung ist der<br />
Kern der sozialen<br />
Frage.“ Die <strong>GEW</strong><br />
sei die einzige Organisation, die nun ein<br />
konsistentes Gesamtsystem für alle Bildungsbereiche<br />
vorgelegt habe. Sie definiere<br />
Inklusion, demokratische Beteiligung<br />
und Nachhaltigkeit als Gestaltungsbedingungen<br />
für alle pädagogischen<br />
Einrichtungen und setze auf die<br />
„Beschäftigten als Motor der Reformen“.<br />
In der Debatte hieß es, die jetzt gefundene<br />
Textform berücksichtige viele der<br />
vorher vorhandenen Bedenken, weil sie<br />
beispielsweise einen klareren Bezug zu<br />
gesellschaftlichen Interessenskonflikten<br />
herstelle und deutlicher das neoliberale<br />
Umfeld benenne, in dem die <strong>GEW</strong> zu<br />
einer grundlegenden Reform aufrufe.<br />
Dennoch blieb die ablehnende Haltung<br />
eines Teils der Delegierten bestehen, vor<br />
allem gegenüber den Aussagen zu Eigenverantwortung<br />
und Eigenständigkeit<br />
von Bildungseinrichtungen.<br />
So wurde in einem Änderungsantrag aus<br />
Nordrhein-Westfalen gefordert, der<br />
noch ausstehenden Diskussion über eine<br />
Position der <strong>GEW</strong> zur selbstständigen<br />
Schule nicht vorzugreifen und auf<br />
allgemeine Aussagen im Reformkonzept<br />
zu Beteiligung und Mitbestimmung<br />
zu verzichten. Er blieb erfolglos.<br />
<strong>GEW</strong>-Vorsitzender Ulrich Thöne bat abschließend<br />
darum, das bildungspolitische<br />
Reformkonzept „nicht zu überfrachten“<br />
und gemeinsam den wichtigen<br />
Schritt hin zu einem integrierten<br />
Bildungsverständnis zu gehen.
Selbstständige Schule:<br />
Thema mit Zündstoff<br />
Mit großer Mehrheit haben die Delegierten<br />
in Erfurt entschieden, die Frage<br />
nach der Selbstständigkeit der Einzelschule<br />
zum wesentlichen Bestandteil ihrer<br />
Programmatik zu machen. In einigen<br />
Bundesländern wie in NRW existieren<br />
bereits Modellversuche zu einer selbstständigen<br />
Schule, andere Bundesländer<br />
führen Elemente davon flächendeckend<br />
ein. Zur Diskussion stand in Erfurt, wie<br />
die <strong>GEW</strong> mit dem Phänomen der<br />
Selbstständigkeit künftig umgeht. Wird<br />
durch sie Deregulierung eingeleitet?<br />
Steht sie für Mängelverwaltung und<br />
Verbetriebswirtschaftlichung oder verschafft<br />
sie den Schulleitern und dem<br />
Kollegium zunächst einmal mehr<br />
Handlungsspielraum? Ein Thema mit<br />
Zündstoff.<br />
Zur Abstimmung stand längst nicht<br />
mehr der Antrag des Hauptvorstandes<br />
„Demokratie verwirklichen“, in dem<br />
sich dieser für größere Eigenverantwortung<br />
der Einzelschule ausgesprochen<br />
hatte, sondern der Antrag des Landes-<br />
verbandes Niedersachsen und der Fachgruppe<br />
Gesamtschulen. Die Mehrheit<br />
der Delegierten teilte die Befürchtung,<br />
dass sich ungleiche Bildungschancen<br />
durch die Einführung der selbstständigen<br />
Schule verschärfen würden. Die<br />
<strong>GEW</strong> müsse deshalb „die Frage der<br />
selbstständigen Schule als Bestandteil<br />
einer Verwaltungsmodernisierung jetzt<br />
zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen,<br />
sich positionieren und mit ihren<br />
Alternativvorstellungen zu einer demokratischen<br />
(....) und gerechten Bildung<br />
verpflichteten Schule in die Auseinandersetzung<br />
eingreifen“.<br />
Der Abstimmung war eine heftige Debatte<br />
vorausgegangen: „Welches Steuerungssystem<br />
setzt sich im Bildungsbereich<br />
durch? Markt oder Demokratie?“,<br />
fragte Andreas Meyer-Lauber, <strong>GEW</strong>-Chef<br />
in NRW, zu Beginn der Debatte. Markt<br />
und Demokratie stünden als Steuerungsfaktoren<br />
beim Weg in die Selbstständigkeit<br />
in Konflikt miteinander: Der eine<br />
Weg führe dahin, öffentliche Dienstleistungen<br />
zu privatisieren. Die Konsequenz<br />
wäre: Wohlhabende könnten sich<br />
gute Bildung kaufen, ökonomisch<br />
��������������������<br />
�������������������������<br />
����������������������<br />
������������������<br />
�����������<br />
���������������������<br />
����������������������<br />
�����<br />
Schwächere seien dagegen die „Looser“.<br />
Die Landesregierung von NRW versuche<br />
bereits, „den Schulmarkt betriebswirtschaftlich<br />
zu steuern“, so Meyer-<br />
Lauber. Sein Einwand: „Wer öffentliche<br />
Dienstleistung über den Weg der ,Selbstständigkeit‘<br />
privatisieren will, ist neoliberal.“<br />
Und: „Mit der <strong>GEW</strong> sei solch<br />
eine marktförmige Form der Selbstständigkeit<br />
von Schule nicht zu machen.“<br />
Damit traf Meyer-Lauber wohl die<br />
Stimmung vieler Delegierter. Eberhardt<br />
Brandt, <strong>GEW</strong>-Vorsitzender von Niedersachsen,<br />
begründete seine Kritik so: In<br />
Niedersachsen gehe das Modell mit<br />
größerer Hierarchisierung und Verschlechterung<br />
der Arbeitsbedingungen<br />
einher.<br />
Es war nur eine Minderheit, die sich in<br />
Erfurt zu Wort meldete, wie der Leiter<br />
einer Hauptschule, die sich pragmatisch<br />
und klar für die Erprobung größerer<br />
Eigenverantwortung aussprach. Er<br />
verband damit z. B. die Hoffnung,<br />
nicht mehr von der Schulaufsicht<br />
gegängelt zu werden und so mehr<br />
pädagogischen Handlungsspielraum<br />
zu gewinnen.<br />
����������������������<br />
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
�������������������<br />
������������<br />
����������������<br />
������������������<br />
�������������������<br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
���������������������������������������������������������������<br />
����������������� �� ��������������������������������<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 15
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
16<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Bildung ist keine Ware<br />
Mit großer Mehrheit hat der Gewerkschaftstag<br />
die Forderungen der <strong>GEW</strong> an<br />
die künftige Bildungsfinanzierung in<br />
Deutschland beschlossen. Das Konzept<br />
unter dem Motto „Bildung ist keine Ware“<br />
geht von der Vorstellung aus, dass es<br />
staatliche Aufgabe ist und bleibt, das<br />
Recht auf Bildung für alle zu garantieren.<br />
In der Analyse der aktuellen Situation<br />
wird festgehalten, dass die zunehmende<br />
Privatisierung von Bildungsbereichen<br />
im scharfen Widerspruch zur öffentlichen<br />
Verantwortung steht. Im Einzelnen<br />
wird aufgelistet, welche – aus Sicht<br />
der <strong>GEW</strong> notwendigen – Aufgaben die<br />
deutsche Bildungspolitik nicht erfüllt.<br />
So liegt etwa die Bundesrepublik bei<br />
den öffentlichen Mitteln für Bildung<br />
unter dem Schnitt der OECD-Länder.<br />
Mit Folgen für die Qualität: Unter der<br />
Praxis in der Jugendarbeit beispielsweise,<br />
zunehmend nur noch zeitlich befristete<br />
Projekte zu finanzieren, leidet die<br />
Fachlichkeit des Personals.<br />
Das Konzept der <strong>GEW</strong> beschreibt, wie<br />
lebenslanges Lernen in den einzelnen<br />
Lebensphasen finanziell unterstützt<br />
werden sollte. Die Palette reicht vom<br />
freien Zugang zur gebührenfreien und<br />
qualitativ guten Kita bis zur elternunabhängigen<br />
Ausbildungs- und Studienfinanzierung<br />
für alle über 18-Jährigen.<br />
Verlangt wird aber auch ein neues System<br />
der Familienfinanzierung, um der<br />
Armut von Eltern und ihren Kindern<br />
vorzubeugen.<br />
Schließlich macht die Gewerkschaft<br />
auch Vorschläge, woher das Geld kommen<br />
kann für eine sozial gerechte Bil-<br />
„Hier geblieben!“<br />
Der Erfurter Gewerkschaftstag unterstützt<br />
die Bleiberechtskampagne<br />
„Hier geblieben!“. Mit der Aktion<br />
fordern der Flüchtlingsrat Berlin, das<br />
GRIPS-Theater und die <strong>GEW</strong> die Innenministerkonferenz<br />
auf, den über<br />
200000 in Deutschland nur „geduldeten“<br />
Flüchtlingen endlich ein Bleiberecht<br />
zu geben und damit eine Abschiebung<br />
zu verhindern. Kinder und<br />
Jugendliche würden sogar aus dem<br />
Unterricht geholt, um sie in Gewahrsam<br />
zu nehmen und später abzuschieben,<br />
begründeten die Antragsteller<br />
ihr Anliegen. Alle weiteren Infos<br />
unter: www.hier.geblieben.net<br />
dung für alle. Gefordert wird vor allem<br />
ein grundsätzliches Umdenken, das<br />
Ausgaben für Bildung und Forschung<br />
als Investition und nicht als Verbrauchsausgaben<br />
begreift.<br />
Jede Arbeit muss anständig<br />
bezahlt werden<br />
Der Gewerkschaftstag lehnte die Verpflichtung<br />
von Arbeitslosen zu Ein-<br />
Euro-Jobs ab. Diese sei eine neue Form<br />
von Arbeitszwang und ein Verstoß gegen<br />
das Grundgesetz. So genannte „Arbeitsgelegenheiten“<br />
gegen eine bloße<br />
Mehraufwandsentschädigung würden,<br />
so die <strong>GEW</strong>, reguläre Arbeitsplätze vernichten.<br />
Ein falscher Weg sei es, im Bildungsbereich<br />
Ein-Euro-Jobber einzusetzen. Reguläre<br />
Stellen würden so vernichtet. Es<br />
entstehe ein Niedriglohnsektor. „Jede<br />
Arbeit gehört anständig bezahlt“, so die<br />
einhellige Meinung der Delegierten.<br />
Gefahren sieht die <strong>GEW</strong> auch für die<br />
Qualität der pädagogischen Arbeit. Stabile,<br />
kontinuierliche Beziehungen zwischen<br />
Kindern und Pädagogen könnten<br />
nicht aufgebaut werden, wenn Beschäftigte<br />
lediglich für einen begrenzten Zeitraum<br />
eingesetzt würden. Die <strong>GEW</strong> fordert<br />
hingegen mehr reguläre Arbeitsplätze<br />
für die pädagogische Arbeit.<br />
Die <strong>GEW</strong> macht darüber hinaus Vorschläge,<br />
unter welchen Bedingungen<br />
Ein-Euro-Jobs geschaffen werden können.<br />
So sollten die Arbeitslosen in die<br />
Maßnahme einwilligen und vorher beraten<br />
werden. Für die pädagogische Arbeit<br />
müssten die Ein-Euro-Jobber eine<br />
entsprechende Ausbildung haben und<br />
gegebenenfalls nachqualifiziert werden.<br />
Hartz-Gesetze sollen<br />
revidiert werden<br />
Der Gewerkschaftstag hat eine grundlegende<br />
Revision der Hartz-Gesetze gefordert.<br />
Die Gesetze sind nach Meinung der<br />
<strong>GEW</strong> in ihrer Grundausrichtung falsch,<br />
da sie die Arbeitslosen nur disziplinieren<br />
und keine zusätzlichen Arbeitplätze<br />
schaffen.<br />
Eine beschäftigungsorientierte Wirtschaftspolitik<br />
beinhalte den Ausbau des<br />
öffentlich geförderten Beschäftigungssektors<br />
und mehr Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.<br />
Die <strong>GEW</strong> forderte, die<br />
Maßnahmen mit der Wiedereinführung<br />
der Vermögenssteuer gegenzufinanzieren.<br />
Hohe Latte: 320.000<br />
320.000 <strong>GEW</strong>-Mitglieder sind das Ziel.<br />
In roten Ziffern war das zumindest auf<br />
den Buttons der Jungen <strong>GEW</strong> während<br />
des Gewerkschaftstages zu lesen.
Die Delegierten haben mit<br />
ihrem Beschluss, zwei Millionen<br />
Euro für die Mitgliederwerbung<br />
und -bindung zur Verfügung zu<br />
stellen, die finanzielle Grundlage<br />
dafür geschaffen. Die zusätzlichen<br />
Mittel sollen „allen Gliederungen,<br />
unabhängig von<br />
ihren finanziellen Möglichkeiten<br />
Wege eröffnen, geeignete<br />
Maßnahmen (…) umzusetzen“,<br />
heißt es im Beschluss des Gewerkschaftstages.<br />
Jetzt wird in<br />
der <strong>GEW</strong> daran gearbeitet, was getan<br />
werden muss, um mehr junge<br />
Menschen für die <strong>GEW</strong> zu begeistern<br />
und Austritte zu verhindern.<br />
2009, auf dem nächsten Gewerkschaftstag<br />
der <strong>GEW</strong>, wird gezählt.<br />
Ob es dann 320.000 sind? Die Latte<br />
der Jungen <strong>GEW</strong> ist hoch gelegt.<br />
Hilfe aus einem Guss<br />
Der Gewerkschaftstag hat in einem<br />
Dringlichkeitsantrag beschlossen,<br />
wie jungen Menschen unter 25 Jahren<br />
ohne Arbeit und Ausbildung<br />
geholfen werden soll. Er schlägt<br />
ein Sofortprogramm zur Bekämpfung<br />
der Jugendarbeitslosigkeit<br />
vor, das auch die Arbeitslosengeld<br />
(ALG) II-Empfängerinnen und<br />
-empfänger einschließt. Qualifizierung<br />
und berufliche Integration<br />
müssten im Mittelpunkt stehen.<br />
Dafür sollen gesetzliche Vorgaben<br />
und Verwaltungspraxis vor Ort aufeinander<br />
abgestimmt werden. Darüber<br />
hinaus fordert die <strong>GEW</strong>, das<br />
Hartz IV-Programm für junge<br />
Menschen zu verbessern. Dies gelte<br />
sowohl für die rechtlichen Ansprüche<br />
als auch deren praktische<br />
Manchmal sind<br />
gewerkschaftliche<br />
Debatten auch<br />
ermüdend<br />
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Umsetzung. Erneut appelliert die<br />
<strong>GEW</strong> an die Wirtschaft, endlich<br />
genügend betriebliche Ausbildungsplätze<br />
– insbesondere für die<br />
so genannten „marktbenachteiligten<br />
jungen Menschen“ zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
Zurzeit sind 610.000 junge Menschen<br />
unter 25 Jahren arbeitslos.<br />
Davon sind rund 250.000 ALG II-<br />
Empfänger. In dieser Gruppe haben<br />
30 Prozent keinen Hauptschulabschluss,<br />
66 Prozent keinen<br />
Berufsabschluss. Trotz gesetzlicher<br />
Vorgaben sind erst für 50 Prozent<br />
der jungen Menschen in Ostdeutschland<br />
und für 20 Prozent in<br />
den westlichen Bundesländern<br />
Eingliederungspläne erstellt worden.<br />
Arbeitsagenturen, ARGEN<br />
(Arbeitsgemeinschaften aus Arbeitsagenturen<br />
und Kommunen)<br />
und Kommunen sind hierfür verantwortlich.<br />
Weg mit dem<br />
Berufsverbot<br />
Die Delegierten des Gewerkschaftstages<br />
in Erfurt haben die baden-württembergischeKultusministerin<br />
Annette Schavan (CDU)<br />
www.somnia-kliniken.de<br />
Neue Kraft<br />
Wir geben Ihnen individuelle Hilfe bei:<br />
Angst- und Zwangsstörungen,<br />
Belastungsreaktionen,<br />
Depressionen, Essstörungen,<br />
Erschöpfungsreaktionen,<br />
Entgiftungen, organischen<br />
Störungen, Schlafstörungen.<br />
Privatkassen, Beihilfen,<br />
keine Kur- und Sanatoriumsbehandlung.<br />
Horst 48, 41238 Mönchengladbach<br />
Anmeldung/Info: Tel: 02166/8685-0<br />
Friedrich-Ebert-Straße 11a, 50354 Hürth<br />
Anmeldung/Info: Tel: 02233/9723-0<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 17
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
18<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
aufgefordert, das Berufsverbot für<br />
Michael Csaszkóczy (Heidelberg) zurückzunehmen.<br />
Sie verurteilten das Vorgehen<br />
des Kultusministeriums, das den<br />
Realschullehrer Csaszkóczy aus politischen<br />
Gründen im vergangenen Jahr<br />
nicht in den Schuldienst übernommen<br />
hatte (s. E&W 3/<strong>2005</strong>). Es dürfe keine<br />
Diskriminierung von Kolleginnen und<br />
Kollegen geben, die ihr Grundrecht auf<br />
Meinungs- und Vereinigungsfreiheit<br />
ausüben, begründeten die Delegierten<br />
ihren Vorstoß. Die <strong>GEW</strong> bekräftigte damit<br />
noch einmal ihre bereits gefassten<br />
Beschlüsse gegen Berufsverbote.<br />
Auf gleicher Augenhöhe<br />
Mit ungewöhnlich großer Mehrheit für<br />
eine „Lehrer“gewerkschaft – und ohne<br />
Änderungen! – haben die Delegierten in<br />
Erfurt die Kooperation von Jugendhilfe<br />
und Schule beschlossen.<br />
Die Gesellschaft, so begründet die<br />
<strong>GEW</strong> ihre Forderung, müsse „sich stärker<br />
als bisher der öffentlichen Verantwortung<br />
für das Aufwachsen von Kindern<br />
stellen“. Eine gute Kindheit zu haben,<br />
sei „keine private Angelegenheit<br />
der einzelnen Familien“, stellen die Antragssteller,<br />
die Fachgruppe Sozialpädagogische<br />
Berufe und der Hauptvorstand,<br />
fest. Schule allein könne diese<br />
Aufgabe nicht bewältigen. Sie brauche<br />
dazu die Unterstützung durch und die<br />
Verzahnung mit der Jugendhilfe.<br />
Die Bildungsgewerkschaft hat daher in<br />
einem Elf-Punkte-Programm gefordert,<br />
„dass sich Jugendhilfe und die Schule<br />
systematisch weiterentwickeln, zu einem<br />
konsistenten, d. h. aufeinander bezogenen<br />
und miteinander verschränkten<br />
Gesamtsystem von Bildung, Erziehung<br />
und Betreuung“.<br />
So sollen Angebote von Schule und Jugendhilfe<br />
„zu den jeweiligen Lebenssituationen<br />
und Bildungsbedürfnissen<br />
der Kinder und Jugendlichen passen“.<br />
Damit dies gelingt, sollen z. B. in der<br />
Ausbildung gemeinsame pädagogische<br />
Grundlagen vermittelt und in gemeinsamen<br />
Studienanteilen und Fortbildungsangeboten<br />
verankert werden. In der Praxis<br />
fordert die <strong>GEW</strong>, dass „die Zusammenarbeit<br />
von Schule und Jugendhilfe<br />
partnerschaftlich auf gleicher Augenhöhe“<br />
stattfindet.<br />
Sonderprogramm<br />
Weiterbildung<br />
Für ein „Sonderprogramm Weiterbildung“<br />
hat sich die <strong>GEW</strong> während ihres<br />
Gewerkschaftstages eingesetzt. Das Programm<br />
müsse zwischen Bundesagentur<br />
für Arbeit, Bund, Ländern und Kommunen<br />
abgestimmt sein. Auf über drei<br />
Milliarden Euro bezifferte Ursula Herdt,<br />
ehemaliges <strong>GEW</strong>-Vorstandsmitglied für<br />
Berufliche Bildung und Weiterbildung,<br />
die Kosten des Programms. Insbesondere<br />
Menschen mit niedrigen Bildungsabschlüssen,<br />
Arbeitslose, allein erziehende<br />
Frauen, Einwanderer und junge<br />
Menschen unter 25 Jahren sollten gezielt<br />
gefördert werden. Die berufliche<br />
Weiterbildung dürfe „nicht länger vor<br />
Alarmierend: An Thüringens Schulen<br />
greifen viele Jugendliche zur Bierflasche<br />
oder zum alkoholischen Mixgetränk,<br />
dem „Alkopop“. Zigaretten-<br />
und Haschisch-Konsum sind<br />
dagegen in den letzten beiden Jahren<br />
zurückgegangen. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt eine brandaktuelle Studie<br />
der TU Dresden im Auftrag der<br />
<strong>GEW</strong>. Sie ist zum Auftakt des Gewerkschaftstags<br />
in Erfurt im Rahmen<br />
einer Podiumsdiskussion vorgestellt<br />
worden.<br />
Beim Alkoholkonsum<br />
nimmt Thüringen im<br />
bundesweiten Vergleich<br />
eine Spitzenstellung ein.<br />
Kinder und Jugendliche<br />
an 35 Schulen der Klassen<br />
5, 7 und 9 sind <strong>2005</strong> zu ihrem Alkohol-,<br />
Zigaretten- und Cannabis-<br />
Konsum von Wolfgang Melzer, TU<br />
Dresden, in einer Repräsentativuntersuchung<br />
befragt worden. Immerhin<br />
gaben elf Prozent der Schülerinnen<br />
und Schüler dabei an, in den vergangenen<br />
zwölf Monaten mindestens<br />
dreimal betrunken gewesen zu sein.<br />
Eigentliches Problem sind die „Alkopops“,<br />
1,7 Prozent der Schüler konsumieren<br />
sie täglich, 13,3 Prozent jede<br />
Woche und 13,5 Prozent jeden Monat.<br />
Bei Bier greifen immerhin 1,2 Prozent<br />
täglich zur Flasche. Am liebsten<br />
wird bei Freunden zu Hause getrunken,<br />
jeder Vierte trinkt auch im eigenen<br />
Elternhaus. Und: Die Einsteiger<br />
werden immer jünger: Bereits in Klasse<br />
fünf geben 1,4 Prozent der Jungen<br />
die Wand gefahren“ werden, betonte die<br />
Gewerkschafterin. Seit Januar 2003 sei<br />
die Zahl der Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen<br />
um 60 Prozent<br />
zurückgegangen. „Für die Weiterbildungsbranche<br />
ist das eine Katastrophe.<br />
Bis zu 40.000 Weiterbildner sind bereits<br />
arbeitslos, andere werden bei drastisch<br />
sinkenden Löhnen in prekäre Beschäftigungsverhältnisse<br />
gezwungen“, sagte<br />
Herdt.<br />
Helga Ballauf, Stefanie Eßwein,<br />
Helga Haas-Rietschel, Ulf Rödde,<br />
Matthias Schneider<br />
Jugend, Drogen und Schule<br />
Ergebnisse einer aktuellen Studie im Auftrag der <strong>GEW</strong><br />
und 0,8 Prozent der Mädchen an, über<br />
den Durst getrunken zu haben.<br />
„Drogenkonsum macht vor Schule<br />
nicht Halt“ – so die ehemalige <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzende Eva-Maria Stange. Vor allem<br />
aber zeigte die Podiumsdiskussion,<br />
dass es Lehrerinnen und Lehrern<br />
bei auftauchenden Problemen an professionellerUnterstützungmangelt.Ebenso,<br />
dass das<br />
Thema in<br />
den Schulenverdrängt<br />
wird. Lehrkräfte,<br />
die<br />
sich engagieren<br />
oder<br />
engagieren wollen, weil sie mit Suchtverhalten<br />
von Schülern konfrontiert<br />
werden, fühlen sich häufig alleine gelassen.<br />
Wohin sollen sie sich auch<br />
wenden? Präventions- und Suchtberatungen<br />
mussten schließen, weil ihnen<br />
die Kommunen, mangels knapper<br />
Kassen, den Geldhahn zugedreht hatten.<br />
Melzer wies in der Diskussion auf<br />
den Zusammenhang von Suchtverhalten<br />
und Schule hin: Drogenkonsum<br />
sei – zwar nicht nur – aber auch eine<br />
Strategie der Jugendlichen, um Leistungsversagen<br />
zu kompensieren. Was<br />
kann Schule also tun? Eva-Maria<br />
Stange: „Wir brauchen eine den<br />
Schülern zugewandte Pädagogik und<br />
für die pädagogische Arbeit unterstützende<br />
Maßnahmen.“ Doch bislang<br />
stellt die Politik kein Geld dafür bereit.<br />
Helga Haas-Rietschel
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Die Zivilgesellschaft stärken<br />
Interview mit Ernst-Ulrich von Weizsäcker<br />
Ebenso differenziert wie politisch<br />
engagiert: die Globalisierungskritik<br />
des SPD-Bundestagsabgeordneten<br />
und Wissenschaftlers<br />
Dr. Ernst-Ulrich von Weizsäcker<br />
auf dem Gewerkschaftstag in Erfurt.<br />
Weizsäckers originäres Thema<br />
ist nicht die Bildung. Dennoch<br />
hat er in Erfurt klar und<br />
überzeugend auf die aufklärerische<br />
Rolle der Bildung in Bezug<br />
auf Globalisierung und deren soziale<br />
Folgen hingewiesen. E&W<br />
sprach mit dem Parlamentarier.<br />
E&W: „Bildung und Sozialstaat“<br />
war das Thema<br />
Ihrer Rede, wieso?<br />
Ernst-Ulrich von Weizsäcker:<br />
Man muss Bildung<br />
und Sozialstaat gerade<br />
heute zusammendenken.<br />
Zunächst einmal der<br />
Blick auf den Sozialstaat:<br />
In den letzten 15 Jahren<br />
hat sich dieser dramatisch<br />
verändert. Was ist passiert?<br />
Nach 1990 ist für die<br />
Reichen im Land der<br />
Grund weggefallen zu beweisen,<br />
dass die Marktwirtschaft<br />
auch für finanziell Schwächere<br />
die bessere Alternative zum Kommunismus<br />
ist. Der Kapitalismus<br />
braucht heute keine soziale Legitimation<br />
mehr. Seit der Wende erfahren<br />
wir eine systematische Verminderung<br />
der Steuerlast für Firmen<br />
und Reiche und eine Erhöhung der<br />
Abgabenlast für die Normalbürger.<br />
So ist die weltweite Situation und<br />
das hat in den Folgen auch mit Bildung<br />
zu tun.<br />
E&W: Warum?<br />
von Weizsäcker: Der Staat hat für<br />
öffentliche Aufgaben tendenziell<br />
immer weniger Geld zur Verfügung,<br />
weil er die Steuersenkungen bei den<br />
Unternehmen finanzieren muss.<br />
Daher ist die Versuchung, den öffentlichen<br />
Bereich zunehmend zu<br />
privatisieren, sehr groß. Doch Privatisierung<br />
von Bildung – das hat man<br />
in Chile, in Kasachstan oder in Tansania<br />
beobachten können – führt<br />
hauptsächlich dazu, dass die Angebote<br />
für die Reichen besser und für<br />
die Armen eher schlechter werden.<br />
E&W: Geht der Abbau von Sozialstaat<br />
notwendigerweise mit dem Abbau<br />
von Bildung einher?<br />
von Weizsäcker: Nicht zwangsweise.<br />
Ein Gegenbeispiel ist Finnland.<br />
Dort hat man in der wirtschaftlichen<br />
Krise nach 1990 in der Sozialpolitik<br />
deutlich gekürzt und zugleich<br />
die Bildung für alle zum obersten<br />
gesellschaftlichen Ziel gemacht.<br />
Die Lehrer haben inzwischen<br />
dort das höchste Ansehen,<br />
höher als Ärzte oder Generäle. Heute<br />
ist Finnland nicht nur bei der<br />
PISA-Studie an der Spitze, sondern<br />
auch im Ranking der internationalen<br />
Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Ernst-Ulrich von Weizsäcker: „Privatisierung<br />
von Bildung führt dazu, dass die Angebote<br />
für die Reichen besser werden.“<br />
E&W: Wie lässt sich Globalisierung<br />
begrenzen und damit zum Beispiel verhindern,<br />
dass Bildung zur Ware wird?<br />
von Weizsäcker: Die Globalisierung<br />
ist nicht zu begrenzen, aber ihre<br />
negativen Auswirkungen. Wir<br />
brauchen auf jeden Fall eine Stärkung<br />
des Staates. Der Staat ist in den<br />
letzten 20 Jahren weltweit schlecht<br />
geredet und geschwächt worden. Er<br />
muss die demokratische Kontrolle<br />
über Bildung und soziale Gerechtigkeit<br />
behalten und finanziell in der<br />
Lage sein, die öffentlichen Aufgaben<br />
auch zu bezahlen.<br />
E&W: Was verlangt die Globalisierung<br />
von unserer Gesellschaft und wie<br />
können wir sie mit demokratischen<br />
Mitteln kontrollieren?<br />
von Weizsäcker: Erstens: Deutschland<br />
muss natürlich ebenso wie die<br />
Finnen international konkurrenzfähig<br />
bleiben und wieder stärker<br />
werden. Deshalb sollte der Staat Bildung<br />
und Forschung höchste Priorität<br />
geben. Zweitens muss die Politik<br />
Einfluss darauf gewinnen, dass<br />
Habichtswald-Klinik · Wigandstr. 1 · 34131 Kassel · www.habichtswaldklinik.de · info@habichtswaldklinik.de<br />
In Mitten Deutschlands am Fuße des<br />
größten Bergparks Europas mit Herkules<br />
und Schloss Wilhelmshöhe<br />
sowie in direkter Nachbarschaft zu<br />
einer der schönsten Thermen liegt die<br />
In ihrem Selbstverständnis als<br />
Klinik für Ganzheitsmedizin<br />
arbeitet die Habichtswald-Klinik<br />
auf der Ebene einer integrativen<br />
Betrachtung von Körper, Seele<br />
und Geist in einer Synthese aus<br />
Schulmedizin, Naturheilverfahren<br />
und komplementärer Therapien.<br />
Die Klinik hat einen Versorgungsvertrag<br />
nach § 111 und ist nach<br />
§ 30 GWO als beihilfefähig anerkannt.<br />
Bei den Gesetzlichen<br />
Krankenkassen ist die Habichtswald-Klinik<br />
als Rehabilitationsklinik<br />
anerkannt, bei den privaten<br />
Krankenversicherungen als „Gemischte<br />
Einrichtung“ die auch<br />
Akutbehandlungen gemäß OPS<br />
301 durchführt. Die Beihilfestellen<br />
rechnen mit der Klinik den<br />
allgemeinen niedrigsten mit den<br />
Sozialversicherungsträgern vereinbarten<br />
pauschalen Pflegesatz<br />
ab.<br />
Ihre Aufnahme<br />
kann kurzfristig erfolgen<br />
Kostenloses Service-Telefon:<br />
0800 / 8 90 11 00<br />
Telefon Aufnahmebüro:<br />
0561 / 3108 - 186, - 622<br />
Habichtswald-<br />
Klinik<br />
Fachklinik für Psychosomatik,<br />
Onkologie und Innere Medizin<br />
Kassel - Bad Wilhelmshöhe<br />
�� Psychosomatik<br />
�� Burnout<br />
�� Tinnitus<br />
�� Onkologie<br />
�� Innere Medizin<br />
�� Ayurveda-<br />
Medizin<br />
Neue Wege zur Gesundheit<br />
Tinnitus - Hyperakusis - Hörsturz<br />
Burn-Out-Symptome<br />
Chronische Schmerzen<br />
Depression<br />
Sinn- und Lebenskrise<br />
Gezeiten Haus Klinik<br />
Fachkrankenhaus für psychosomatische Medizin und<br />
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM)<br />
Ärztlicher Direktor: Dr. med. Manfred Nelting<br />
Venner Straße 55, 53177 Bonn<br />
Tel : 0228-7488-101 Fax: 0228-7488-109<br />
www.gezeitenhaus.de E-<strong>Mai</strong>l: info@gezeitenhaus.de<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 19
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong><br />
Alle Infos und die<br />
aktuelle Berichterstattung<br />
über<br />
den Gewerkschaftstag<br />
finden<br />
Sie unter:<br />
www.gew.de<br />
„Es wird in<br />
Deutschland<br />
keine Schmalspur-Qualifizierung<br />
für<br />
Jugendliche<br />
geben.“<br />
20<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
die Konzerne ihre Standortentscheidungen<br />
nicht mehr danach treffen, in welchem<br />
Land, welcher Region der Sozialstaat<br />
am schwächsten ist oder wo der geringste<br />
Umweltschutz besteht. Und drittens<br />
müssen wir die Zivilgesellschaft stärken,<br />
denn Parlamente und Regierungen<br />
sind ja geografisch auf den Nationalstaat<br />
beschränkt und daher wohl zu schwach,<br />
um dem internationalen Kapital alleine<br />
die Stirn zu bieten. Wir brauchen<br />
Ihr Auftritt ist von Pfiffen und gelben<br />
Karten mit der Aufschrift „Weg mit<br />
Hartz IV“ begleitet worden; sie musste<br />
sich kritischen Fragen und Vorwürfen<br />
stellen: Bundesfamilienministerin<br />
Renate Schmidt (SPD) hatte als Vertreterin<br />
der rot-grünen Bundesregierung<br />
keinen leichten Stand auf dem<br />
Gewerkschaftstag in Erfurt. <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzender Ulrich Thöne glättete am<br />
Ende die Wogen: Trotz Differenzen in<br />
Einzelfragen sehe er „viele Ansatzpunkte<br />
für die Zusammenarbeit“.<br />
Das gemeinsame Ziel heiße: „Vorrang<br />
für die frühkindliche Bildung“.<br />
E&W: Seit 1. Januar<br />
gilt das Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG), mit dessen<br />
Hilfe die Kommunen<br />
bis 2010 für<br />
unter Dreijährige<br />
230 000 Plätze neu<br />
schaffen sollen. Die<br />
<strong>GEW</strong> wollte mehr.<br />
Renate Schmidt:<br />
Richtig, aber einen<br />
individuellen<br />
Rechtsanspruch<br />
für jedes Kind –<br />
das können die<br />
Kommunen derzeit nicht leisten. Unser<br />
Ziel ist, bis 2010 den westeuropäischen<br />
Standard zu erreichen. Der Bund übernimmt<br />
den Löwenanteil der Finanzierung.<br />
Wir haben zugleich sichergestellt,<br />
dass 1,5 Milliarden Euro jährlich für den<br />
Ausbau der Kinderbetreuung bereit<br />
stehen, selbst wenn die Einsparung aus<br />
der Zusammenlegung von Arbeitslosenund<br />
Sozialhilfe geringer als geplant ausfallen<br />
sollte. Eine Unsicherheit gibt es<br />
trotzdem: Der Bund kann die Mittel<br />
nicht selbst zielgenau an die Kommu-<br />
Bündnispartner aus Gewerkschaften und<br />
Nicht-Regierungs-Organisationen, die<br />
über die Strategien der Konzerne und Finanzlöwen<br />
weltweit wachen.<br />
E&W: Was wäre hier die Rolle der Akteure<br />
des Bildungssystems?<br />
von Weizsäcker: Zunächst einmal ist<br />
Aufklärung eine zentrale Aufgabe von<br />
Bildung. Zur Zeit Kants und Voltaires durfte<br />
ein Adam Smith noch annehmen, dass<br />
die Entfaltung des Marktes ein Akt der<br />
„Unterstützung mit Augenmaß“<br />
Interview mit Bundesfamilienministerin Renate Schmidt<br />
nen geben – das geht nur über die Länder.<br />
E&W: Sie wollen wohnortnahe Elternarbeit<br />
fördern, kümmern sich um Schulverweigerer<br />
und ihre Familien. Was passiert, wenn die<br />
jeweiligen Modellprojekte zu Ende sind?<br />
Können Sie nachhaltige Wirkungen sicherstellen?<br />
Schmidt: So gerne wir viele gelungene<br />
Modellprojekte nach drei Jahren weiter<br />
finanzieren würden – uns sind durch die<br />
föderale Verfassung unseres Landes die<br />
Hände gebunden. Der Bund nutzt aber<br />
seine Kompetenz, Anstöße mit Modellprojekten<br />
zu geben – den Rahmen ausfüllen<br />
müssen Länder und Kommunen.<br />
E&W: Sie plädieren ausdrücklich für Ganztagsschulen,<br />
die „nicht einfach den alten<br />
Halbtagsunterricht verlängern“. Tatsächlich<br />
gibt der Bund Zuschüsse zum Ausbau von<br />
Ganztagsschulen, qualitative Ansprüche<br />
ans pädagogische Konzept blieben allerdings<br />
nach den Verhandlungen mit den Ländern<br />
unverbindlich.<br />
Schmidt: In der Bildungspolitik haben<br />
die Länder bekanntermaßen für eine zukunftsweisende<br />
Schulpolitik zu sorgen<br />
und für Konsequenzen aus PISA. Das<br />
tun sie auf höchst unterschiedliche Weise.<br />
Ich bin stolz darauf, dass der Bund<br />
vier Milliarden Euro bereitstellt für den<br />
Ausbau von Ganztagsschulen, denn ich<br />
halte Ganztagsangebote für wegweisend.<br />
Wichtig ist, dass es dort eine Verzahnung<br />
von Lern- und Lebenswelten<br />
gibt, Jugendhilfe und Schule also eng<br />
kooperieren. Leider gibt es Länder, die<br />
dieses Geld zweckentfremden und beispielsweise<br />
damit alleine die schnelle<br />
Realisierung des G 8* finanzieren.<br />
E&W: Sie können also nur zuschauen, wenn<br />
es schief läuft?<br />
Schmidt: Der Bund entwickelt – z. B.<br />
gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft<br />
für Jugendhilfe und dem Bundesjugendkuratorium<br />
– Visionen, wie sich<br />
Bildung und Jugendhilfe unter dem<br />
Aufklärung und Befreiung (von den autoritären<br />
Fürstenstrukturen) war. Damals<br />
entstand die angelsächsische Vorstellung,<br />
dass Markt und Demokratie Hand in<br />
Hand gehen. In den letzten 15 Jahren ist<br />
eine Situation entstanden, in der mehr<br />
Markt fast immer mit weniger demokratischer<br />
Mitbestimmung einhergeht. Über<br />
diesen Bruch müssen wir uns selber und<br />
die anderen Völker aufklären.<br />
Interview: Helga Haas-Rietschel<br />
Dach der Ganztagsschule ergänzen können.<br />
Wir werden gute Beispiele an die<br />
Öffentlichkeit geben. In einem anderen<br />
Feld, bei unserem Aktionsprogramm gegen<br />
Rechtsradikalismus, Fremdenfeindlichkeit<br />
und Antisemitismus dagegen<br />
bin ich überzeugt, dass es auch nach<br />
2006 seine Fortsetzung finden wird und<br />
dafür Mittel zur Verfügung stehen.<br />
E&W: Auf dem Gewerkschaftstag wurde die<br />
Sorge laut, dass mit dem Arbeitslosengeld<br />
(ALG) II bei jungen Arbeitslosen unter 25<br />
Jahren der berufliche Qualifizierungsaspekt<br />
zugunsten kostengünstigerer Maßnahmen<br />
vernachlässigt wird. Wie kann Ihr Ministerium<br />
darauf Einfluss nehmen?<br />
Schmidt: Wir wollen sicherstellen, dass<br />
diese jungen Menschen nicht nur irgend<br />
etwas machen, sondern in ein vernünftiges<br />
Qualifizierungsprogramm kommen.<br />
Es wird in Deutschland keine<br />
Schmalspur-Qualifizierung für Jugendliche<br />
geben, dafür stehe auch ich ein.<br />
E&W: Sie haben beschrieben, wo die Grenzen<br />
einer Bundesministerin im föderalen<br />
Staat liegen: Hilft Ihnen Druck von außen?<br />
Schmidt: Ich wünsche mir die Unterstützung<br />
von Elternverbänden und Organisationen<br />
wie der <strong>GEW</strong>: Auf den<br />
Anfang kommt es an, in den ersten Lebensjahren<br />
wird über die Lebenschancen<br />
entschieden. Eltern und Familien<br />
bilden eine schwache Lobby. Es ist traurig,<br />
dass andere Lobbygruppen stärker<br />
vertreten sind. Ich wünsche mir mehr<br />
„Power“ von den Eltern. Davon profitiert<br />
auch die Schule, denn nur starke Eltern<br />
können ihre Kinder stärken.<br />
E&W: Was erwarten Sie von der <strong>GEW</strong>?<br />
Schmidt: Unterstützung mit Augenmaß<br />
für bessere Bildung, Betreuung<br />
und Erziehung unserer Kinder: Anwalt<br />
von Kindern sein.<br />
Interview: Helga Ballauf<br />
*Anm. der Red: G8 bezeichnet die verkürzte Gymnasialzeit,<br />
also das Abitur nach zwölf Jahren.
„Nie wieder Faschismus – nie wieder<br />
Krieg!“: Den 60. Jahrestag der<br />
Befreiung des KZ Buchenwald am<br />
11. April um 15.15 Uhr hat der<br />
<strong>GEW</strong>-Vorstand vor der Eröffnung des<br />
Gewerkschaftstages zum Anlass genommen,<br />
der ermordeten Opfer mit<br />
einer Kranzniederlegung am Obelisk<br />
zu gedenken.<br />
In einer von den Delegierten verabschiedeten<br />
Entschließung am<br />
Eröffnungstag heißt es nachdrücklich,<br />
es dürfe nicht bei der Erinnerung<br />
bleiben. Die <strong>GEW</strong> ruft am<br />
8. <strong>Mai</strong> <strong>2005</strong> alle Beschäftigten in<br />
Bildung und Forschung auf, sich am 60.<br />
Gedenktag zur Befreiung von Faschismus<br />
und Krieg an Aktionen zu beteiligen.<br />
Zur Erinnerung: Eine Viertelmillion<br />
Menschen sind in Buchenwald ums Leben<br />
gekommen. Das Lager selbst wurde<br />
erst 1937 errichtet. Zu Buchenwald<br />
gehörten über 127 Nebenlager, in denen<br />
Zwangsarbeiter aus ganz Europa zusammengepfercht<br />
waren. Es wurde zur<br />
Schaltstelle der Gestapo, in der über das<br />
Schicksal der Menschen, über ihre Zuteilung<br />
in Arbeits- oder Krankenlager<br />
oder ihren Abtransport in die Todeslager<br />
entschieden wurde.<br />
„Jedem das Seine“ so lautet die zynische<br />
Inschrift an der Eingangstür zum Lager.<br />
Eine Verhöhnung der Opfer: Ihnen wurde<br />
– nachdem sich die Tür hinter ihnen<br />
schloss – nicht nur alles Persönliche geraubt,<br />
sondern jegliche Würde. Men-<br />
schen existierten nur noch als Nummern.<br />
In den Öfen des Krematoriums<br />
wurden allein über 30 000 Menschen ermordet.<br />
Zunächst waren in Buchenwald<br />
politische Häftlinge, viele Kommunisten,<br />
interniert, am Ende kamen Menschen<br />
aus ganz Europa hierher – und<br />
um ihr Leben. Als die Gefangenen sich<br />
mit Unterstützung der Amerikaner<br />
selbst befreit hatten, gab es noch 21 000<br />
Überlebende. Bei der Befreiung leisteten<br />
sie einen Schwur: „Den Nazismus<br />
mit seinen Wurzeln auszurotten und für<br />
eine Welt des Friedens und der Freiheit<br />
einzustehen.“ Dieser Schwur ist nicht<br />
nur ein Vermächtnis für die Nachkommen<br />
der Opfer, sondern auch eine Herausforderung<br />
für die aktuelle Pädagogik.<br />
Denn auch heute wieder, so die ehemalige<br />
<strong>GEW</strong>-Vorsitzende Eva-Maria<br />
Stange in ihrer Ansprache, folgten junge<br />
Menschen braunen Rattenfängern.<br />
60 Jahre nach der Befreiung vom Hitler-<br />
Faschismus gebe es wieder Gruppen in<br />
der Gesellschaft, so Stange, die die Nazi-<br />
Verbrechen leugneten. Die skandalöse<br />
Wortschöpfung vom „Bomben-Holocaust“<br />
im Dresdener Landtag zeuge davon.<br />
In den letzten beiden Jahren seien<br />
<strong>GEW</strong>ERKSCHAFTSTAG <strong>2005</strong>/8. MAI<br />
Menschenwürde verpflichtet<br />
Die Lehre aus Buchenwald<br />
������������������������������������<br />
���������������������������������������������������<br />
�������������������������������������<br />
außerdem mehr als hundert Menschen<br />
Opfer von rassistischen Angriffen geworden.<br />
Rechte Gewalttäter seien zwar<br />
eine Minderheit, betonte die Ex-<strong>GEW</strong>-<br />
Chefin, aber sie existierten und „wir<br />
müssen sie daher rechtzeitig bremsen“.<br />
Aus diesem Grund verabschiedete der<br />
Gewerkschaftstag in Erfurt eine Entschließung,<br />
in der sich die <strong>GEW</strong> selbst<br />
verpflichtet, aktuelle Lehren aus den<br />
Nazi-Verbrechen zu ziehen: Der Kampf<br />
gegen rassistisches Gedankengut, der<br />
Einsatz für Menschenrechte, die Absage<br />
an kriegerische Auseinandersetzungen,<br />
die Senkung der deutschen Militärausgaben<br />
sowie ein Nein zu der in der<br />
europäischen Verfassung verankerten<br />
Tendenz zur Militarisierung.<br />
„Wir als Erzieherinnen und Lehrer, Wissenschaftler,<br />
Studierende und Erwachsenenbildnerinnen<br />
sind in besonderer<br />
Weise gefordert, die Menschenrechte zu<br />
verteidigen und dem rassistischen Gedankengut<br />
durch Informationen und<br />
aktive Auseinandersetzung den Boden<br />
zu entziehen.“ hari/hbf<br />
Den Text der Entschließung des Gewerkschaftstages finden Sie<br />
unter: www.gew.de/Lehren_aus_der_Vergangenheit.html<br />
������������������������������������������������������������������������������������������������������<br />
�����������������������������������������<br />
��������������<br />
�������������<br />
���������������������������������������������������������������<br />
�����������������������������������<br />
Tod als Alltag:<br />
Bilder dokumentieren<br />
das Leben in<br />
Buchenwald, zeigen<br />
mit einfachen Strichen,<br />
wie es war:<br />
der Alltag in Buchenwald,festgehalten<br />
in den Zeichnungen<br />
von Thomas<br />
Geve. Geve<br />
war als Junge in<br />
Buchenwald interniert.„Kartographisch<br />
hat er das<br />
Leiden, den Tod als<br />
Alltag, dokumentiert“,<br />
sagte Rikola<br />
Gunnar Lüttgenau,<br />
Direktor der<br />
Gedenkstätte<br />
Buchenwald bei<br />
der Einführung in<br />
die Wanderausstellung<br />
„Es gibt<br />
hier keine Kinder“,<br />
die auch in Erfurt<br />
zu sehen war.<br />
Mehr Infos<br />
unter: www.<br />
buchenwald.de<br />
��������������������<br />
����������������������������<br />
���������������������������������������<br />
��������������������������������������������������������<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 21
„60 Jahre nach<br />
der Befreiung<br />
von Auschwitz<br />
rücken die dort<br />
und anderswo<br />
begangenen Verbrechenunwiderruflich<br />
in den<br />
Bereich des Historischen,<br />
des<br />
Gewesenen.“<br />
Wie kann man<br />
bei der jungen<br />
Generation trotzdem<br />
eine Kultur<br />
des Erinnerns<br />
entwickeln?<br />
Der Autor:<br />
Micha Brumlik ist Direktor<br />
des Fritz-Bauer-Instituts<br />
in Frankfurt am <strong>Mai</strong>n<br />
und Professor für Pädagogik<br />
an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität.<br />
22<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Holocaust und Krieg:<br />
Wie gehen wir mit den Opfern um?<br />
Über die Schwierigkeit eines gemeinsamen Erinnerns – ein Essay von Micha Brumlik<br />
Der dem Rechtsradikalismus<br />
zugeneigte Historiker Ernst<br />
Nolte beklagte vor gut<br />
zwanzig Jahren (im so genannten<br />
„Historikerstreit“,<br />
der damals in Deutschland<br />
zu erregten Debatten führte), dass<br />
die nationalsozialistische Vergangenheit<br />
nicht vergehen wolle. Richtig daran war<br />
lediglich, dass Vergangenheit nur soweit<br />
präsent und lebendig ist, als es Menschen<br />
gibt, die sich ihrer erinnern wollen<br />
oder müssen. Dieser Wille zur Erinnerung<br />
– wie auch der Wille zur Verdrängung<br />
– wird in aller Regel umso stärker<br />
sein, je mehr Menschen (noch) leben,<br />
die das, was zu erinnern ist, selbst<br />
miterlebt haben. Zeitzeugen aus der Ära<br />
des Nationalsozialismus, überlebende<br />
Opfer, werden uns noch Jahre begleiten<br />
– auch wenn es immer weniger werden.<br />
Ebenso werden Täter noch länger unter<br />
uns leben – die jüngsten Wehrmachtsoldaten,<br />
die den Nationalsozialismus bis<br />
zum Ende verteidigten, SS-Männer, die<br />
seine Verbrechen exekutierten, gehen in<br />
diesen Jahren auf ihren 80. Geburtstag<br />
zu. Die Schülerinnen und Schüler, die<br />
heute über Auschwitz Kenntnis haben<br />
sollten, sind aber erst um 1990, nach<br />
dem Fall der Berliner Mauer, geboren.<br />
Sie sind mit der Generation der Täter oft<br />
nur noch als Enkel oder Urenkel verwandt<br />
oder – als Kinder aus Einwanderungsfamilien<br />
– überhaupt nicht.<br />
Epochenschwelle markiert<br />
60 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz<br />
rücken die dort und anderswo begangenen<br />
Verbrechen unwiderruflich in<br />
den Bereich des Historischen, des Gewesenen.<br />
Mit der Einweihung des Denkmals für<br />
die ermordeten Juden Europas in Berlin<br />
wird dieser Umstand symbolisch und öffentlich<br />
im Herz der Hauptstadt besiegelt.<br />
Fängt damit für die Bürger der Bundesrepublik<br />
eine neue Zeit an, in der sie<br />
in Frieden mit sich und der Vergangenheit<br />
ihrer Gesellschaft leben können?<br />
Das Gegenteil scheint der Fall zu sein.<br />
Die erneut aufbrechende Debatte über<br />
die deutschen Opfer: des Bombenkrieges,<br />
der Flucht, der Vertreibungen, der<br />
Vergewaltigungen und nicht zuletzt der<br />
von Hitler und seinen Generälen an allen<br />
Fronten des Krieges sinnlos verheizten<br />
Landser – oft genug Täter genauso<br />
wie Opfer – sowie der hinterbliebenen<br />
Familien zeigt eindringlich, dass hier ein<br />
vermeintlich ausführlich debattiertes<br />
Thema in den Gefühlen der Menschen<br />
nach weiterer Auseinandersetzung<br />
drängt. Beispielhaft sei hier eine Äußerung<br />
des bekannten deutschen Publizisten<br />
Joachim Fest zitiert. In einer für diesen<br />
sonst so beherrschten Mann ungewöhnlich<br />
ressentimentgeladenen Weise<br />
gab der Historiker am 9. April der Berliner<br />
Zeitung in einem Interview zu Protokoll:<br />
„Es gibt viele Deutsche, die unablässig jeden<br />
Tag über die Opfer weinen könnten. Meine<br />
Verwandten waren gegen Hitler, schon weil<br />
mein Vater gegen Hitler war. Auch sie waren<br />
Leute, die ihre Heimat verloren haben, die<br />
vergewaltigt worden sind, totgeschlagen wurden<br />
– und zwar mehr als dreißig Personen.<br />
Ich betrauere sie sehr. Als Deutscher darf man<br />
sie eigentlich nicht einmal betrauern. Es gibt<br />
andere Völker, die zwar ein moralisch größeres<br />
Recht haben, ihre von den Nazis umgebrachten<br />
Menschen zu betrauern. Dass aber<br />
unsere unschuldigen Toten dabei vergessen<br />
wurden und aus dem Gedächtnis der Welt<br />
einfach herausgefallen sind, als hätten sie nie<br />
existiert, das ist auch nicht richtig.“<br />
Fotos: dpa
Die gegenwärtige Auseinandersetzung<br />
um die Bedeutung der deutschen Opfer<br />
des Zweiten Weltkriegs ereignet sich in<br />
einem gesellschaftlichen Klima, das<br />
durch wachsenden Antisemitismus gekennzeichnet<br />
ist. Zwar sind judenfeindliche<br />
Einstellungen seit Ende des Zweiten<br />
Weltkriegs bis in die 90er Jahre im<br />
Großen und Ganzen kontinuierlich auf<br />
etwas mehr als 20 Prozent gesunken. Sie<br />
schienen sich vor allem auf bildungsferne<br />
Schichten von Personengruppen<br />
mit ungünstiger Beschäftigungslage zu<br />
konzentrieren. Doch ist – wie aktuelle<br />
Untersuchungen der Bielefelder Forschungsgruppe<br />
um Wilhelm Heitmeyer<br />
nachweisen – spätestens seit der Jahrtausendwende<br />
in Deutschland ein deutliches<br />
Anwachsen antisemitischer Tendenzen<br />
auch und gerade in gebildeten<br />
Mittelschichten aller politischer Couleur<br />
– von konservativ bis linksliberal –<br />
zu verzeichnen. In einer repräsentativen<br />
Umfrage geben 68,3 Prozent der Befragten<br />
Ärger darüber an, dass den Deutschen<br />
auch heute noch die Verbrechen<br />
an den Juden vorgehalten werden. Dieser<br />
neue, auch als so genannte „Israelkritik“<br />
verkleidete Judenhass gefährdet<br />
den Staat Israel überhaupt nicht. Er beunruhigt<br />
indes die hier nach langen inneren<br />
Kämpfen wieder heimisch gewordene<br />
jüdische Gemeinschaft. In erster<br />
Linie stellt jedoch der Antisemitismus<br />
weniger ein Problem für Juden als eine<br />
Bedrohung für die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft<br />
dar, deren demokratische<br />
Grundlagen, zumal in Zeiten<br />
sozialer Krisen, dadurch ausgehöhlt<br />
werden.<br />
Verändertes Geschichtsbild<br />
Zudem verändert sich das Geschichtsbild<br />
der künftigen Staatsbürger, ob es<br />
sich nun um hier Geborene deutscher<br />
Herkunft oder Nachkommen von Immigranten<br />
handelt, aus denen sich mittelfristig<br />
– jedenfalls in den großen Städten<br />
– schon in zwei Jahrzehnten etwa 50<br />
Prozent der Jugend rekrutieren wird.<br />
Während es bei den „ethnischen Deutschen“<br />
der Geburtenjahrgänge ab 1990<br />
immer weniger die Großeltern, sondern<br />
bereits die Urgroßeltern sind, die den<br />
Nationalsozialismus erlebten oder auch<br />
aktiv mittrugen, lassen sich bei Nachkommen<br />
von Immigranten, zumal aus<br />
dem mediterranen Raum, überhaupt<br />
keine familiengeschichtlichen Verbindungen<br />
zum Schicksal europäischer Juden<br />
mehr vorfinden. Geschichtsbilder<br />
haben auch mit unmittelbar erlebten<br />
oder auch selbst verdrängten Erfahrungen<br />
zu tun. Sie können über Generationen<br />
hinweg tradiert werden und gleich-<br />
wohl: Mit wachsendem Abstand zu den<br />
erlebten Ereignissen verbleicht auch die<br />
Erinnerung. Unklar ist darüber hinaus,<br />
ob und in welchem Ausmaß auch in<br />
Deutschland – ähnlich wie in Frankreich,<br />
Skandinavien und den Niederlanden<br />
– Immigrantenkinder aus dem arabischen<br />
oder islamischen Raum für radikal<br />
islamische, antiisraelische und in<br />
Judenhass umkippende „Israelkritik“<br />
anfällig sind. Wie sich diese – kurzfristig<br />
nicht veränderbaren – antisemitischen<br />
Einstellungen angesichts einer mit deutlichen<br />
Entsolidarisierungseffekten einhergehenden<br />
sozialen Krise auf das Geschichtsbild<br />
der deutschen Bevölkerung<br />
auswirken wird, ist derzeit offen. Ebenso,<br />
ob dies möglicherweise zu einer Wiederbelebung<br />
nationalistischer Haltungen<br />
führt.<br />
Beiden Leidensspuren folgen<br />
Umso drängender stellt sich die Aufgabe,<br />
über die Rahmenbedingungen einer<br />
der Würde des Menschen und der Demokratie<br />
verpflichteten nationalen Gedenkkultur<br />
nachzudenken, die vor einer<br />
neuen Herausforderung steht: Jene<br />
beiden – der historischen Sache nach<br />
ebenso zusammengehörenden wie ihrer<br />
moralischen Bedeutung nach so unterschiedlichen<br />
– Leidensspuren, der<br />
Massenvernichtung der europäischen<br />
Juden hier und der verheerenden Folgen<br />
von Krieg und Vertreibung dort –<br />
so in das kollektive Gedächtnis aufzunehmen,<br />
dass daraus die Motivation erwächst,<br />
sich selbst in Zeiten der Krise<br />
für eine stabile Demokratie zu engagieren.<br />
Dazu gehört es indes, das Gedenken<br />
an beide Leidensspuren aus seinem<br />
legitimen, ethnischen Kontext zu lösen.<br />
Das heißt: die politisch historische<br />
Verantwortung, die ja anderes meint als<br />
bloße Haftung sowohl für das historische<br />
Erbe der Massenvernichtung als<br />
auch für das Erbe von Krieg, Flucht und<br />
Vertreibung, grundsätzlich an alle Bürgerinnen<br />
und Bürger heranzutragen.<br />
Die Erfahrungen von Nationalsozialismus,<br />
Holocaust und Krieg gehören unauslöschlich<br />
zur deutschen Geschichte.<br />
An diesen Erfahrungen lässt sich der<br />
Wert von Demokratie und Menschenrechten<br />
verdeutlichen, sie können Anknüpfungspunkte<br />
für eine begründete<br />
universalistische Moral bieten. Für eine<br />
zukünftige politische Kultur des Gedenkens<br />
wird es zwar immer noch eine<br />
Rolle spielen, ob die jungen Staatsbürger<br />
einer verfolgten Minderheit, etwa<br />
Juden oder Roma angehören oder der<br />
durch Krieg und Vertreibung drangsalierten<br />
Mehrheitsbevölkerung entstammen<br />
– am Ende sollte jedoch eine Hal-<br />
tung stehen, die von allen akzeptiert<br />
werden kann: auch und gerade von jenen,<br />
die mit Holocaust und Krieg vermeintlich<br />
nichts zu tun haben, weil ihre<br />
Großeltern in Portugal, Marokko<br />
oder der östlichen Türkei lebten.<br />
Historisch-politische Verantwortung,<br />
in demokratischer Perspektive und der<br />
Würde des Menschen verpflichtet, besteht<br />
gerade darin, dass der zu kurz<br />
gegriffene ethnische Herkunftsbezug<br />
zwar nicht aufgegeben, aber doch aufgehoben<br />
wird. Und zwar so, dass die<br />
diversen historischen Erinnerungen<br />
zum kollektiven Gedächtnis einer in<br />
sich pluralistischen, ganz unterschiedlich<br />
kulturell komponierten Nation<br />
von Staatsbürgern werden, von Mitglieder<br />
einer Gesellschaft, die sich bewusst<br />
dafür entschieden haben, ihr Leben in<br />
einem Staat zu führen, der zwölf Jahre<br />
lang zum Schrecken und Unglück nicht<br />
nur für Europa und die Welt, sondern<br />
auch zum millionenfachen Verhängnis<br />
seiner eigenen Bürger und ihrer Nachkommen<br />
wurde.<br />
Berliner Streit um Werte<br />
Mancher mag den gegenwärtigen Streit<br />
in Berlin um Religionsunterricht, Werteerziehung<br />
oder „LER“ mit Skepsis betrachten<br />
– zudem ist gegenwärtig noch<br />
nicht absehbar, welche Seite letzten<br />
Endes die besseren Argumente hat.<br />
Begrüßenswert ist gleichwohl, dass der<br />
moralisch–politischen Bildung der jungen<br />
Generation endlich ebenso große<br />
Bedeutung zugemessen wird wie den angeblich<br />
den Standort fördernden, leistungsbezogenen<br />
Fächern. Wie allerdings<br />
in Geschichte,Gemeinschaftskunde,<br />
Ethik<br />
und Religion<br />
ein auf die<br />
Würde des<br />
Menschen<br />
bezogenes<br />
Verständnis<br />
der deutschenGeschichte<br />
vor<br />
dem Hintergrund<br />
des Nationalsozialismus nachhaltig<br />
von allen Schülern gelernt werden<br />
kann, ist bisher pädagogisch und didaktisch<br />
noch keineswegs geklärt.<br />
Über die Schwierigkeit, ein solches historisches<br />
Bewusstsein in der Gesellschaft<br />
zu entwickeln, an dem alle Heranwachsenden,<br />
gleich woher sie kommen,<br />
partizipieren können, dürfen wir<br />
uns indes keiner Illusion hingeben.<br />
Micha Brumlik<br />
8. MAI 1945<br />
„Tag der<br />
Demokratie“<br />
Der DGB ruft seine<br />
Mitglieder auf, am<br />
8. <strong>Mai</strong> an Veranstaltungen<br />
zum 60. Jahrestag<br />
der Befreiung<br />
Deutschlands von<br />
der Nazi-Diktatur<br />
teilzunehmen. An<br />
diesem Tag gedenken<br />
die Menschen<br />
dem Ende der verbrecherischenGewaltherrschaft<br />
in<br />
Deutschland und<br />
dem Ende des Massenmordes<br />
an den<br />
europäischen Juden.<br />
Auch Gewerkschafter<br />
leisteten aktiven<br />
Widerstand gegen<br />
den Faschismus und<br />
wurden von den Nationalsozialistenverfolgt<br />
und ermordet.<br />
Im Mittelpunkt der<br />
Veranstaltungen<br />
steht der „Tag der<br />
Demokratie“ in Berlin<br />
am 7. und 8. <strong>Mai</strong>,<br />
der am Brandenburger<br />
Tor stattfindet.<br />
Die erneute Debatte<br />
um die deutschen<br />
Kriegsopfer<br />
zeigt, dass wir<br />
uns weiter intensiv<br />
mit dem Themaauseinandersetzen<br />
müssen.<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 23
8. MAI<br />
Claus Leggewie<br />
war von 1995 bis<br />
1997 der erste Inhaber<br />
des Max-<br />
Weber-Lehrstuhls<br />
der New York University.<br />
Mit Hans<br />
Meyer hat er das<br />
Buch „Verbot der<br />
NPD oder mit<br />
Rechtsradikalen<br />
leben?“, edition<br />
suhrkamp 2003,<br />
veröffentlicht.<br />
❞ Empirische<br />
Forschungen<br />
weisen die<br />
Tradierungen<br />
des Opferressentiments<br />
bei allen<br />
Deutschen<br />
nach. Solche<br />
Ressentimentswerden<br />
von der<br />
NPD aufgegriffen<br />
und<br />
bedient.❝<br />
24<br />
Foto: dpa<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Über ein mögliches NPD-Verbot,<br />
rechtsextremen Bodensatz und antidemokratisches<br />
Potenzial in der Gesellschaft,<br />
über Opferressentiments und<br />
Geschichtsrevisionismus, die auch<br />
nach 1945 in Teilen der Bevölkerung<br />
fortleben, sprach E&W mit dem Politikwissenschaftler<br />
und Direktor des<br />
Zentrums für Medien und Interaktivität<br />
an der Justus-Liebig-Universität<br />
Gießen Prof. Claus Leggewie. Mit<br />
Blick auf die junge Generation kritisiert<br />
Leggewie an den Bildungseinrichtungen,<br />
dass es hier an einer politischen<br />
Bildung und Pädagogik fehle,<br />
die jungen Menschen Chancen und<br />
Wege aufzeigt, wie sie an und in diesem<br />
demokratischen System partizipieren<br />
können.<br />
E &W: Nachdem das NPD-Verbotsverfahren<br />
2002 in Karlsruhe kläglich durch das<br />
V-Mann-Debakel gescheitert ist, hat Bundesinnenminister<br />
Otto Schily (SPD) nach<br />
den Vorfällen im Dresdener Landtag und<br />
wohl auch aus Sorge um die voraussichtlichen<br />
NPD-Aufmärsche zum 8. <strong>Mai</strong> einen<br />
neuen Vorstoß angekündigt. Ist dieser ernst<br />
gemeint?<br />
Claus Leggewie: Wohl nicht. Denn die<br />
Verhältnisse haben sich, was die V-Leute-Problematik<br />
betrifft, nicht wesentlich<br />
verändert. Es ist zu vermuten, dass<br />
mögliches Belastungsmaterial weiterhin<br />
aus derartigen Quellen stammen<br />
könnte. Ein Verbot ist genenell ein mit<br />
Vorsicht zu genießendes Rechtsmittel;<br />
man sollte nur darüber diskutieren,<br />
wenn eine echte Gefahr für die Demokratie<br />
besteht. Die Verbotsgegner haben<br />
darauf hingewiesen, dass ein Verbot<br />
gegen eine Partei oder politische Organisation<br />
akzeptabel ist, wenn sie effektive<br />
Gesetzesverstöße begeht oder zu solchen<br />
aufruft.<br />
E &W: Die NPD verfolgt zweifelsohne verfassungswidrige<br />
Ziele …<br />
Leggewie: Das ist überhaupt keine Frage.<br />
Das wird in den Veröffentlichungen<br />
der NPD bis hin zur Publikumszeitschrift<br />
„Deutsche Stimme“ deutlich.<br />
Nur: Es ist schwierig, solche verfassungswidrigen<br />
Ziele auch justiziabel zu<br />
machen. Die NPD verfolgt eine ethnonationalistische<br />
Säuberungspolitik mit<br />
den Mitteln des parlamentarischen Systems,<br />
aber letztlich in der Absicht, dieses<br />
durch eine autoritäre, exklusiv ausgerichtete<br />
Ordnung zu ersetzen. Das ist<br />
aber noch keine ausreichende Grundlage,<br />
um mit einem Verbot zu operieren.<br />
Demokratie ohne De<br />
E&W-Interview mit dem Gießener Politikwissenschaftler Claus Legge<br />
E &W: Die Verbreitung braunen Gedankenguts<br />
in bestimmten Milieus ist ein größeres<br />
Problem als die NPD?<br />
Leggewie: Vor allem in ostdeutschen<br />
Milieus ist nach der Wende tatsächlich<br />
ein politisches und vor allen Dingen<br />
auch politisch kulturelles Vakuum entstanden,<br />
in dem sich Kräfte der NPD<br />
und mit ihr verbundene außerparlamentarische<br />
Bewegungen ausbreiten. Es<br />
gelingt ihnen, weil kein politisches Gegengewicht<br />
vorhanden ist. Weder von<br />
den lokalen Parteien, die ja ohnehin<br />
massiv an Vertrauen, vor allem in Ostdeutschland,<br />
verloren haben, noch von<br />
Bildungs- und Jugendhilfeeinrichtungen<br />
geht in Gebieten der ehemaligen<br />
DDR, wo Massenarbeitslosigkeit und<br />
Devianz existieren, eine politische Orientierung<br />
aus. In solchen Regionen ist<br />
die NPD auf einen für sie fruchtbaren<br />
Bodensatz von massenhaften Ressentiments<br />
gestoßen. Und – sie wird dabei<br />
von niemandem gehindert, niemand<br />
macht ihr das Terrain streitig.<br />
E &W: Man hat im Kampf gegen Rechts immer<br />
zuerst bestimmte Jugendmilieus im Auge<br />
– zu Recht?<br />
Leggewie: Man fixiert sich meines Erachtens<br />
zu sehr auf Jugendliche. Sicher<br />
sind junge Männer zwischen 16 und 25<br />
für Rechtsaußen anfälliger als andere.<br />
Aber ich bin der Auffassung, dass die<br />
jungen Leute häufig nur die Ressentiments<br />
ihrer Eltern widerspiegeln und<br />
diese mit einem rebellischen, provokanten<br />
Gestus der Jugendsubkultur aufladen.<br />
Doch wir haben es hier kaum mit<br />
einer neuen APO zu tun. Denn die rechte<br />
soziale Bewegung strebt von ihren<br />
Zielen her eher eine konformistische autoritäre<br />
Gesellschaftsordnung an.<br />
E &W: Profitieren die Rechten davon, dass<br />
im Bewusstsein der Deutschen – und da ist<br />
jetzt die ältere Generation gemeint – eine<br />
Kontinuität gewisser Denk- und Verhaltensmuster<br />
aus der Zeit des Nationalsozialismus<br />
auch nach 1945 weiter besteht?<br />
Leggewie: Speziell in Ostdeutschland<br />
hat sich über Jahrzehnte hinweg eine autoritäre<br />
politische und kulturelle Ordnung<br />
erhalten. Auch war die Art und<br />
Weise, wie sich die DDR mit der NS-<br />
Vergangenheit beschäftigt hat, problematisch,<br />
weil sich die DDR-Gesellschaft<br />
gewissermaßen kollektiv auf die<br />
Seite der Sieger gestellt hat. Dadurch<br />
haben die Ostdeutschen vermieden,<br />
sich mit ihrer nationalsozialistischen<br />
Vergangenheit auseinander zu setzen<br />
und diese selbstkritisch zu reflektieren.<br />
Zum anderen wurde in der DDR nach
wie<br />
mokraten<br />
dem Zusammenbruch der alten faschistisch<br />
autoritären Staatsordnung sofort<br />
ein neues autoritäres System aufgebaut.<br />
Im Grunde war es eine gesellschaftliche<br />
Ordnung, die den Autoritarismus, den<br />
Massenkonformismus, das Spitzeltum<br />
und Denunziantentum unter anderen<br />
politischen Vorzeichen fortgeführt hat.<br />
E &W: Nicht nur autoritäre Denkmuster<br />
leben in den Köpfen der Deutschen fort …<br />
Leggewie: Empirische Forschungen<br />
weisen die Tradierungen des Opferressentiments<br />
bei allen Deutschen nach.<br />
Diese sind von den Großeltern auf die<br />
Eltern und von ihnen auf die Enkel<br />
und Urenkel übertragen worden. Solche<br />
Ressentiments werden in der Propaganda<br />
der NPD aufgegriffen und bedient.<br />
E &W: Sind diese Ressentiments die Grundlage<br />
für einen wieder auflebenden Geschichtsrevisionismus?<br />
Leggewie: Jenseits der offiziellen Memorial-<br />
und Erinnerungskultur existiert<br />
in der Gesellschaft als Unterstrom ein revisionistischer<br />
Diskurs, der die Deutschen<br />
als Kriegsopfer darstellt. Eine solche<br />
Betrachtungsweise kann sich rasch<br />
in eine emotionale Abwehrhaltung gegen<br />
die teilweise unglückliche Praxis<br />
der Erinnerungskultur umwandeln. Der<br />
Geschichtsrevisionismus, zu dem Teile<br />
Foto: dpa<br />
der Bevölkerung neigen, ist sicherlich<br />
eines der stärksten Mobilisierungsmomente<br />
für die Rechten. Das haben wir<br />
im sächsischen Landtag mit der mittlerweile<br />
berühmt-berüchtigten Wortschöpfung<br />
„Bomben-Holocaust“ erlebt,<br />
die durch die mediale Verbreitung ins<br />
öffentliche Bewusstsein gerückt worden<br />
ist.<br />
E &W: Die Partei der ewig Gestrigen greift<br />
nicht nur in die Mottenkiste des Geschichtsrevisionismus,<br />
sie tritt zugleich aggressiver<br />
und systemfeindlicher als früher auf.<br />
Leggewie: Man darf nicht vergessen,<br />
dass die NPD heute eine der stärksten<br />
globalisierungskritischen Bewegungen<br />
in Deutschland ist: Antimoderne, antikapitalistische,<br />
antiamerikanische Strömungen,<br />
die die deutsche Rechte insbesondere<br />
in ihren radikalen Auswüchsen<br />
immer gekennzeichnet haben, geben<br />
der neuen Rechten einen sozialrevolutionären<br />
Anstrich.<br />
E &W: Welche braune Suppe verbirgt sich<br />
hinter der Globalisierungskritik der Rechten?<br />
Leggewie: Die Globalisierungskritik der<br />
Rechten vermengt, genauso wie die Islamisten<br />
übrigens, Antizionismus mit Antiamerikanismus.<br />
Und Rechtspopulisten<br />
suggerieren: Wir sagen Dinge, die<br />
sonst niemand zu sagen wagt – mit solchen<br />
Parolen sind Jörg Haider und Jean<br />
Marie Le Pen erfolgreich geworden – und<br />
unterstellen, es bestehe eine Art Allianz<br />
zwischen dem „Weltjudentum“ und der<br />
etablierten politischen Klasse. Sie verhindere,<br />
dass die Politik Israels kritisiert<br />
werde und sei Grundlage für die Entschädigungspolitik<br />
Deutschlands und<br />
Europas gegenüber Holocaust-Opfern.<br />
Dieser ideologische Mix aus Globalisierungsängsten<br />
mit Geschichtsrevisionismus<br />
und „Politikverdrossenheit“ ist in<br />
der Tat eine brisante Mischung, die in<br />
Zeiten wirtschaftlicher Verunsicherung<br />
und politischer Destabilisierung noch<br />
Schwerwiegenderes bewirken könnte als<br />
den Einzug der NPD in den sächsischen<br />
Landtag.<br />
E&W: Ökonomische Verunsicherung, Angst<br />
vor Verlust des Arbeitsplatzes, verbunden<br />
mit den von Ihnen erwähnten Ressentiments,<br />
schafft das alles zusammen ein nicht unerhebliches<br />
antidemokratisches Potenzial quer<br />
durch die Gesellschaft?<br />
Leggewie: In Kreisen des Managements,<br />
der Selbstständigen oder des Beamtenund<br />
Angestelltentums – und hier reden<br />
wir über die Gruppen, die in der Weimarer<br />
Republik stark antidemokratisch eingestellt<br />
waren – besitzt der Rechtsextremismus<br />
kaum Einfluss. Sicherlich haben<br />
wir ein rechtsradikales, rassistisches<br />
und antisemitisches Potenzial von etwa<br />
20 Prozent, vor allem in abstiegsbedrohten<br />
sozialen Schichten, aber nicht in der<br />
gesellschaftlichen Mitte. Oder dort nur<br />
insofern, als inzwischen auch hier Abstiegsängste<br />
eine größere Rolle spielen<br />
als noch vor zehn Jahren.<br />
E &W: Verharmlosen Sie nicht zu sehr?<br />
Leggewie: Was ist an einem solchen<br />
„Bodensatz“ harmlos? Das rechtsradikale<br />
Potenzial ist auch einer Krisenwirkung<br />
der deutschen Vereinigung zu verdanken,<br />
da es nicht zu einer echten politischen<br />
Integration Ost- und Westdeutschlands<br />
gekommen ist. Die NPD<br />
nutzt dieses Versäumnis aus. Zum anderen<br />
haben wir es bei rechten Sympathisanten<br />
mit so genannten Globalisierungsverlierern<br />
zu tun, deren ethnonationalistische<br />
Ressentiments von der<br />
NPD entsprechend bedient werden.<br />
E &W: Und die Politik schaut zu?<br />
Leggewie: Die demokratischen Parteien<br />
kontern zumindest nicht und lassen<br />
sich zum Teil auch vorführen. Ein Beispiel<br />
ist die ungeschickte Reaktion der<br />
Parlamentarier im sächsischen Landtag<br />
auf den so genannten „Bomben-Holocaust“.<br />
Parlamentarier übrigens – und<br />
darin sehe ich Heuchelei –, die sich zwar<br />
kollektiv über die NPD aufregen, von<br />
denen einige aber, als es um die Wahl<br />
nicht unbedeutender Posten ging – vom<br />
Ministerpräsidenten bis zum Integrationsbeauftragten<br />
–, selbst NPD-Vertreter<br />
gewählt haben!<br />
E &W: Von dieser Heuchelei profitiert die<br />
NPD . . .<br />
Leggewie: Als dann ein junger Amateurhistoriker<br />
aus dem Westen das Wort<br />
vom „Bomben-Holocaust“ fallen ließ,<br />
verließen sie empört den Saal, statt dass<br />
einer von ihnen aufgestanden wäre und<br />
eine zündende Gegenrede gehalten hätte.<br />
Solche Reaktionen aber machen die<br />
NPD erst recht stark.<br />
Dass man einen Rechtsradikalen nicht<br />
in offener Auseinandersetzung stellt<br />
und möglichen Sympathisanten signalisiert,<br />
„die reden Unsinn!“, das ist in<br />
meinen Augen das größte Versagen von<br />
Politik und Medien.<br />
E &W: Versagen auch die Lehrer?<br />
Leggewie: Den Ausdruck „versagen“<br />
möchte ich nicht verwenden, aber wir<br />
erleben gelegentlich eine falsch verstandene<br />
Pädagogik, die auf den Nationalsozialismus<br />
und das Auftreten der NPD<br />
nur mit einer Schock- und Schuldtherapie<br />
reagiert. Pädagogen sollten sich darüber<br />
im Klaren sein, dass jeder Sympathisant<br />
der Rechten, mit dem sie eine<br />
KZ-Gedenkstätte besuchen, sich danach<br />
in seinem Weltbild eher bestärkt<br />
fühlen wird, denn er hält alles für eine<br />
Inszenierung und erlebt es als aufge-<br />
Fotos: Alex Kraus<br />
8. MAI<br />
In bestimmten<br />
ostdeutschen<br />
Milieus ist nach<br />
der Wende ein politisch-kulturelles<br />
Vakuum entstanden,<br />
in dem sich<br />
die NPD und ihr<br />
nahestehende<br />
Bewegungen<br />
ausbreiten.<br />
❞ Für manche<br />
jungen<br />
Leute ist<br />
das System<br />
der Bundesrepublik<br />
ein<br />
Fremdkörper.<br />
Sie haben<br />
nicht das<br />
Gefühl, dass<br />
sie eingreifen<br />
können. Das<br />
ist der Skandal<br />
und zugleich<br />
die<br />
Herausforderung<br />
an<br />
die Pädagogik.<br />
❝<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 25
www.gew-shop.de<br />
NEU: Red Line<br />
Exklusiv für <strong>GEW</strong>-Mitglieder<br />
Du bist in der Schule, im Kindergarten oder an der<br />
Uni engagiert. Und du bist <strong>GEW</strong>-Mitglied*. Zeig es!<br />
Bestellcoupon – bitte vollständig ausfüllen und per Post oder Fax senden an:<br />
<strong>GEW</strong>-SHOP, c/o CALL A GIFT Service, Schafgasse 23, D-63225 Langen<br />
Tel.: 0180-5050400,Fax:0180-5050401,E-<strong>Mai</strong>l: gew-shop@callagift.de<br />
___ Iso-Becher „Wissensdurstig” (Art.-Nr. 1002) € 9,95<br />
___ Lorry Bag „Kulturtasche” (Art.-Nr. 1003) € 29,95<br />
___ Taschenrechner „Erbsenzähler” (Art.-Nr. 1011) € 9,95<br />
___ Regenschirm „Ich bin trocken” (Art.-Nr. 1012) € 17,95<br />
___ Leselampe (Art.-Nr. 1004) € 9,95<br />
___ T-Shirt Ladies „Klassenbeste”, One Size (M), (Art.-Nr. 1005) € 16,95<br />
___ Langarm-Shirt „Respektperson” € 16,95<br />
Größe: S (Art.-Nr. 1006) M (Art.-Nr. 1007) L (Art.-Nr. 1008)<br />
___ Raglan-Jacke „Vorbild” € 29,95<br />
Größe: S/M (Art.-Nr. 1009) L (Art.-Nr. 1010)<br />
(Zuzüglich € 6,21 für Verpackung und Versand)<br />
Liefer- und Rechnungsadresse:<br />
Vorname, Name<br />
Straße, Nr.<br />
PLZ, Ort<br />
Telefon Fax<br />
E-<strong>Mai</strong>l<br />
Unterschrift<br />
* Als <strong>GEW</strong>-Mitglied<br />
hast du viele Vorteile.<br />
Mehr dazu: www.gew.de<br />
Gewerkschaft<br />
Erziehung und Wissenschaft<br />
✁<br />
zwungenes Event. Natürlich ist es nicht<br />
verkehrt, Gedenkstätten zu besuchen.<br />
Aber ich halte es für falsch, dies in der<br />
Absicht zu tun, Rechtsradikale „bekehren“<br />
zu wollen.<br />
E &W: Sind Lehrer argumentativ zu wenig<br />
gerüstet, um sich mit den ideologischen Weltbildern<br />
der Rechten auseinander zu setzen?<br />
Leggewie: Viele Lehrer neigen dazu,<br />
beim Auftritt eines Rechtsradikalen in<br />
ihrer Klasse nur mit Empörung und<br />
Abscheu, also moralisch zu reagieren.<br />
Sie kennen die Argumentationsmuster<br />
der Rechten nicht gut genug und sind<br />
deshalb nicht in der Lage, sie spontan zu<br />
widerlegen. Zur inhaltlichen Auseinandersetzung<br />
gehört allerdings auch, gewisse<br />
Themen nicht mehr zu tabuisieren.<br />
Also: auch nicht die deutschen Opfer<br />
bei der Vertreibung oder die Massenvergewaltigung<br />
im Zuge des Einrückens<br />
der Roten Armee zu verschweigen, weil<br />
man dann Beifall von der falschen Seite<br />
bekommen könnte.<br />
E &W: Was vermissen Sie in den Schulen?<br />
Leggewie: Was in den meisten Bildungseinrichtungen<br />
eher fehlt, ist eine<br />
politische Bildung und Pädagogik, die<br />
jungen Menschen Chancen und Wege<br />
aufzeigt, wie sie an und in diesem demokratischen<br />
System partizipieren, Widerspruch<br />
anmelden und auch Protest<br />
artikulieren können.<br />
Die Vergangenheit der heutigen Jugend<br />
ist nicht der Nationalsozialismus. Ihre<br />
Vergangenheit ist die der Bundesrepublik<br />
vor 1989. Und das ist ein ausgesprochen<br />
erfolgreiches politisches System<br />
gewesen, was aber, wie wir aus vielen<br />
Umfragen wissen, auf Jugendliche<br />
nachlassenden Eindruck macht. Hierin<br />
und nicht im Erstarken einer rechtsextremen<br />
Bewegung sehe ich eine ernsthafte<br />
Krise der Demokratie und des demokratischen<br />
Bewusstseins.<br />
E &W: Was läuft verkehrt?<br />
Leggewie: Für manche jungen Leute ist<br />
das politische System der Bundesrepublik<br />
ein Fremdkörper. Sie bringen ihm<br />
kein Vertrauen entgegen und haben<br />
nicht das Gefühl, dass sie eingreifen<br />
können, um gesellschaftliche Verhältnisse,<br />
die ihnen nicht passen, zu verändern.<br />
Und dieses Gefühl reicht bis in die<br />
Kreise von Politikstudierenden hinein.<br />
Das ist der Skandal und zugleich die<br />
Herausforderung an die Pädagogik,<br />
ganz ungeachtet dessen, ob wir acht<br />
Prozent Neonazis im sächsischen Parlament<br />
oder sonstwo haben. Wenn Lehrer<br />
präventiv eine Rechtsorientierung junger<br />
Leute verhindern wollen, müssen sie<br />
zunächst einmal verhindern, dass wir<br />
eine Demokratie ohne Demokraten<br />
werden. Interview: Helga Haas-Rietschel<br />
8. MAI
Europa Macht Frieden<br />
Friedenspolitische Konferenz der <strong>GEW</strong><br />
„Wer hat die Macht in Europa? Das<br />
Volk über die demokratisch gewählten<br />
Parlamente oder die Wirtschafts- und<br />
Rüstungslobby über den Weg der<br />
Brüsseler Bürokratie?“, fragte Eva-<br />
Maria Stange, die damalige <strong>GEW</strong>-<br />
Vorsitzende, zur Eröffnung der friedenspolitischen<br />
Konferenz ihrer Gewerkschaft.<br />
Der Vertragstext für die<br />
europäische Verfassung stand bei der<br />
Tagung , die am 18. und 19. März in<br />
Berlin stattgefunden hat, im Mittelpunkt.<br />
Im Herbst <strong>2005</strong> soll die europäische<br />
Verfassung, Grundlage des<br />
künftigen Zusammenlebens in Europa,<br />
in Kraft treten. Veränderungen<br />
am Vertragswerk sind nicht<br />
mehr möglich – es kann von den<br />
Mitgliedsstaaten entweder angenommen<br />
oder abgelehnt werden. Der Ausgang<br />
des Referendums ist in Frankreich<br />
noch ungewiss.<br />
EU-Parlament ausgehebelt?<br />
Der einschlägige Artikel I-41,5 des Verfassungsentwurfs<br />
lasse vermuten, dass<br />
die Macht des gewählten EU-Parlaments<br />
ausgehebelt wird, befürchtet Eva-<br />
Maria Stange. Hier werde die Entscheidung<br />
über militärische Einsätze demnach<br />
allein dem Ministerrat ohne Beteiligung<br />
des EU-Parlaments übertragen.<br />
Wenn Fragen von Krieg und Frieden sowie<br />
der Menschenrechte tangiert sind,<br />
sollten Gewerkschafter und Pädagogen<br />
Stellung beziehen, appellierte die Ex-<br />
<strong>GEW</strong>-Chefin an die rund 120 Gäste.<br />
Doch die Einmischung setzt Kenntnis<br />
der Materie voraus: Und diese wird<br />
allein schon dadurch erschwert, dass das<br />
400-seitige Gesetzeskonvolut von der<br />
EU nur gegen eine Gebühr von 25 Euro<br />
zu beziehen ist.<br />
Macht Europa Frieden, wie der Titel der<br />
Konferenz verspricht? Tobias Pflüger, lin-<br />
ker Europa-Abgeordneter und Rüstungskritiker,<br />
meldet Bedenken an,<br />
wenn die EU laut Artikel I-41 der neuen<br />
Verfassung zu „auf militärische Mittel<br />
gestützte Operationen“ befähigt werden<br />
soll. Solche Operationen schlössen die<br />
Bekämpfung des Terrorismus, und zwar<br />
auch in Drittstaaten, wie es im Abschnitt<br />
III, Artikel 309, heißt, mit ein.<br />
Der Militäreinsatz sei nicht mehr strikt<br />
an die Verteidigung gebunden, wie etwa<br />
im deutschen Grundgesetz, bemängelt<br />
auch der Hamburger Staatsrechtler<br />
Norman Paech, und vor allem nicht mehr<br />
an einen Beschluss des EU-Parlaments.<br />
Außerdem verpflichte die neue Verfassung<br />
die Mitgliedsstaaten, „ihre militärischen<br />
Fähigkeiten regelmäßig zu verbessern“,<br />
d. h. aufzurüsten. Darüber wachen<br />
soll die „europäische Verteidigungsagentur“.<br />
Pflügers Urteil: „Es geht<br />
um eine Militärverfassung.“ Bestärkt<br />
fühlt er sich in seiner Einschätzung<br />
durch den Verfassungsartikel, der ausdrücklich<br />
eine „ständige strukturierte<br />
Zusammenarbeit“ einzelner Mitgliedsstaaten<br />
auf militärischer Ebene vorsieht.<br />
Damit werde ein Sonderbündnis eines<br />
kriegsbereiten Kerneuropas ermöglicht.<br />
Angelika Beer, für die Grünen im Europäischen<br />
Parlament, liest den Entwurf<br />
anders, und sie wird unterstützt von<br />
Prof. Jürgen Meyer, der als Vertreter des<br />
Deutschen Bundestags im Verfassungskonvent<br />
der EU mitgearbeitet hat:<br />
Friedliche Mittel zur Konfliktlösung seien,<br />
so Beer und Meyer, darin gleichberechtigt<br />
zu den militärischen verankert.<br />
Die Charta der Grund- und Menschenrechte<br />
werde ausdrücklich anerkannt.<br />
Nach Beers Lesart: eine Friedensverfassung.<br />
In einer multilateralen Welt, so die<br />
Parlamentsabgeordnete, müsse die EU<br />
auch zu „militär-polizeilichen Aktionen“<br />
wie im Kosovo fähig sein, sonst<br />
könne sie keine glaubwürdige Außenpolitik<br />
betreiben. Und wie solle die EU<br />
ihren Beistandsverpflichtungen nachkommen,<br />
auch im Rahmen der UNO,<br />
wenn sie keine effizienten militärischen<br />
Fotos: imago<br />
Strukturen habe? Der Bundestag müsse<br />
nach wie vor die Entscheidung über<br />
Krieg und Frieden treffen können, das<br />
Grundgesetz werde in diesem Punkt<br />
nicht durch die EU-Verfassung außer<br />
Kraft gesetzt, hält Angelika Beer den<br />
Kritikern des Vertragswerks entgegen.<br />
Doch auch die Gäste aus anderen europäischen<br />
Bildungsgewerkschaften bleiben<br />
skeptisch gegenüber dem Gesetzentwurf.<br />
Er erhebe die Förderung des<br />
freien Wettbewerbs zum Verfassungsziel,<br />
kritisiert z. B. Raol Alonso von der<br />
französischen Lehrergewerkschaft SNES.<br />
Während die Verfassungen etwa Frankreichs<br />
und Deutschlands Spielraum<br />
ließen für unterschiedliche Wirtschaftsformen,<br />
erhalte die neoliberale Wettbewerbsideologie<br />
in dem Brüsseler<br />
Vertragswerk Verfassungsrang, meint<br />
Alonso. Seine Gewerkschaft gebe zwar<br />
keine Empfehlung für das Referendum<br />
ab, aber die Ablehnung überwiege.<br />
Frederico Mayor, ehemaliger Generalsekretär<br />
der UNESCO, jetzt Vorsitzender<br />
der Stiftung Kultur des Friedens, spart als<br />
Hauptreferent der Tagung ebenfalls<br />
nicht mit Kritik: „Die neoliberale<br />
Marktwirtschaft schafft sich ihre Verfassung“,<br />
stellt er fest. Die Unterwerfung<br />
von Kultur, Bildung und Medien unter<br />
die Bedingungen des Marktes führe dazu,<br />
so Mayors Einwand, dass Menschen<br />
bloß als Konsumenten betrachtet werden<br />
– dies stehe im Widerspruch zu einer<br />
Bildung, die ein sinnerfülltes Leben<br />
zum Ziel hat.<br />
Skepsis auch im Ausland<br />
Viele Fragen bleiben offen. Nicht zuletzt:<br />
Soll man mehr den friedenspolitischen<br />
Grundsätzen des Entwurfs trauen<br />
oder steckt der Pferdefuß im Kleingedruckten,<br />
in dem es heißt, dass die<br />
Entscheidung über Krieg und Frieden<br />
ausschließlich den Regierungen überantwortet<br />
wird? Und: Ist es ein Unglück,<br />
wenn die Verfassung an den Referenden*,<br />
etwa in Frankreich, scheitert<br />
oder kann man auch mit dem bisher geltenden<br />
Vertrag von Nizza weiterleben,<br />
bis ein akzeptablerer Verfassungsentwurf<br />
vorliegt? Die Zeit sei noch nicht<br />
reif für eine abschließende Stellungnahme,<br />
glaubt Stange. Sie will die Debatte<br />
im DGB und im Europäischen Gewerkschaftsbund<br />
weiter führen.<br />
Karl-Heinz Heinemann<br />
*Anm. der Red.: Neben Frankreich findet noch in acht weiteren<br />
Mitgliedsstaaten ein Referendum über den Verfassungsentwurf<br />
statt (darunter: Dänemark, Großbritannien, Spanien<br />
und die Niederlande). In den anderen EU-Staaten entscheidet<br />
das Parlament über den neuen Verfassungsvertrag.<br />
Wenn nur ein Staat den Entwurf ablehnt, ist das neue Vertragswerk<br />
geplatzt.<br />
GESELLSCHAFTSPOLITIK<br />
Umstritten: der<br />
Entwurf für eine<br />
neue europäische<br />
Verfassung.<br />
Gewinnen Wirtschafts-<br />
und<br />
Rüstungslobby<br />
mehr Einfluss in<br />
Brüssel?<br />
EU global fatal?! –<br />
der Reader mit den<br />
Ergebnissen der<br />
Europa-Konferenz<br />
von attac Stuttgart<br />
im März <strong>2005</strong> ist<br />
erschienen. Er<br />
kommt genau zur<br />
rechten Zeit: Die<br />
heiße Phase der<br />
Auseinandersetzung<br />
um die EU-<br />
Verfassung hat begonnen<br />
und die so<br />
genannte Dienstleistungs-Richtlinie<br />
bewegt die Öffentlichkeit.<br />
Der Reader<br />
kostet 7,50 Euro<br />
und kann bestellt<br />
werden bei:<br />
„Verein für gerechte<br />
Weltwirtschaft“ e.V.,<br />
Steinkopfstraße 13,<br />
70184 Stuttgart,<br />
E-<strong>Mai</strong>l:<br />
vfgww@gmx.net<br />
Die Texte der<br />
<strong>GEW</strong>-Konferenz in<br />
Berlin stehen ab<br />
Mitte <strong>Mai</strong> auf der<br />
<strong>GEW</strong>-Homepage:<br />
www.gew.de<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 27
LESERFORUM<br />
Kurzsichtig<br />
(E&W 2/05, Seite 30: „Perspektivenwechsel:<br />
nicht nur eine Opfergeschichte“)<br />
Herr Heuberger hat Recht, wenn er<br />
moniert, dass eine ausschließliche<br />
Betrachtung des Antisemitismus<br />
„vor der Folie des Holocaust“ alte<br />
Klischees wieder aufwärmt. Allerdings<br />
ist eine Reduktion der Ursa-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
chen des Antisemitismus auf eine<br />
Frage der Toleranz einer Minderheit<br />
durch die Mehrheit genauso<br />
kurzsichtig. Betrachtet man die<br />
profunde und scharfsinnige Analyse<br />
der „Elemente des Antisemitismus“<br />
in Adornos und Horkheimers<br />
„Dialektik der Aufklärung“,<br />
so werden hier Ursachen für<br />
den Antisemitismus genannt, die<br />
gerade heutzutage wieder eine erschreckende<br />
Verbreitung finden.<br />
Es heißt dort zu den obskurantistischen<br />
Wahnsystemen Anthroposophie<br />
(Eurhythmie), Naturheilverfahren<br />
und fernöstlichem Okkultismus:<br />
„Sie waren, im Angesicht<br />
der Bildung, apokryph und<br />
unrespektabel. Heute aber, wo Bildung<br />
überhaupt aus ökonomischen<br />
Gründen abstirbt, sind in<br />
ungeahntem Maßstab neue Bedingungen<br />
für die Paranoia der Massen<br />
gegeben.“<br />
Dirk Weber, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Für blöd gehalten<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 24: „Verhandlungserfolg<br />
bei Bund und<br />
Gemeinden“)<br />
Als Verhandlungserfolg kann ich<br />
den jüngsten Tarifabschluss beim<br />
besten Willen nicht sehen. Im Gegenteil:<br />
Das sind die härtesten<br />
Verschlechterungen für die Be-<br />
38<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Macht-Zocker<br />
Bund-Länder-<br />
Poker um<br />
die Bildung<br />
schäftigten des öffentlichen Dienstes,<br />
die die Gewerkschaften –<br />
noch dazu ohne jede Gegenwehr –<br />
seit langem eingesteckt haben.<br />
Dieser Abschluss bringt langfristige<br />
Reallohnverluste, neue Niedriglöhne,<br />
Leistungslöhne aus dem<br />
bisherigen Lohn- und Gehaltsvolumen,<br />
Arbeitszeitflexibilisierung,<br />
Abschaffung von Familienzuschlägen,<br />
Reduzierung von Überstundenzuschlägen,<br />
jede Menge Öffnungsklauseln<br />
und außerdem die<br />
„Meistbegünstigungsklausel“. Das<br />
heißt, kommt es in einem Bundesland<br />
zu einem für die Arbeitgeber<br />
günstigeren Abschluss, kann dieser<br />
für alle Beschäftigten auch bei<br />
Bund und Kommunen übernommen<br />
werden. Die Tarifrunde geht<br />
also bei den traditionell am<br />
schlechtesten organisierten Beschäftigten<br />
der Länder weiter mit<br />
voller Rückwirkung auf die Beschäftigten<br />
von Bund und Gemeinden,<br />
aber ohne deren Möglichkeiten<br />
zum Arbeitskampf. Es<br />
bleibt der Eindruck, wir Gewerkschaftsmitglieder<br />
werden von unseren<br />
Gewerkschaftsspitzen für<br />
blöd gehalten.<br />
Dieter Behringer, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Kleinigkeit vergessen<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 23: „Schande<br />
für den Rechtsstaat“)<br />
Der Kommentar von Heiko Gosch<br />
ist wirklich lobenswert, nicht zuletzt<br />
wegen des Hinweises auf die<br />
Einmaligkeit deutscher Repression<br />
vor 33 Jahren unter Federführung<br />
von „Willy Mehr-Demokratie-wagen“.<br />
Er hat (hoffentlich<br />
nur) eine Kleinigkeit vergessen:<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich damals an der<br />
Hetze gegen die „staatlich anerkannten<br />
Staatsfeinde“ aktiv betei-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 3/<strong>2005</strong><br />
Demokratie lernen und leben<br />
Mutig gegen Rechts<br />
ligt mit ihren so genannten „Unvereinbarkeitsbeschlüssen“<br />
und<br />
„Ausschluss statt Rechtsschutz“.<br />
Ich bin gespannt, ob das Redaktionsteam<br />
die politische Weitsicht<br />
hat, Fehler der eigenen Organisation<br />
öffentlich einzugestehen,<br />
indem es diesen Leserbrief<br />
veröffentlicht. Eine öffentliche<br />
Selbstkritik könnte auch die Mitglieder<br />
der <strong>GEW</strong> für potenzielle<br />
gewerkschaftlich falsche Entwicklungen<br />
in der Zukunft sensibilisieren.<br />
Rudi Behn, Frankfurt a. M.<br />
Amateurheft?<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 22: „Schavan<br />
auf Hexenjagd“)<br />
Als geschichtsinteressierter und<br />
politikbegeisterter Abiturient habe<br />
ich bis jetzt recht gerne in Ihrer<br />
Zeitung gelesen, da sie viele kritische<br />
Artikel, gerade zu unserem<br />
maroden Bildungssystem,<br />
enthielt. Doch als ich den Artikel<br />
„Schavan auf Hexenjagd“ in Ihrer<br />
Zeitung las, traf mich fast der<br />
Schlag. Ich frage mich wirklich, ob<br />
dieser Artikel Ergebnis amateurhaften<br />
Journalismuses ist oder, was<br />
viel schlimmer wäre, die tatsächliche<br />
politische und ideologische<br />
Gesinnung Ihrer Zeitung widerspiegelt!<br />
Falls das erstere der Fall sein sollte,<br />
kann ich Ihnen mitteilen, dass<br />
man mit geringstem Aufwand hätte<br />
herausfinden könne, dass die<br />
„Antifaschistische Initiative Heidelberg“<br />
nicht, wie von Ihnen vermittelt,<br />
eine brave Organisation<br />
ist, die gegen Rechtsextremismus<br />
kämpft, sondern eine „Initiative“,<br />
in welcher „radikale Linke verschiedener<br />
Strömungen zusammen<br />
arbeiten“, sprich Kommunisten,<br />
Anarchisten und Autonome.<br />
Carsten Lenk, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Heikle Begriffe<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 32: Leserbrief<br />
„Politik mit Militanz“)<br />
Ernst C. Lerche kritisiert in seinem<br />
Leserbrief, die antifaschistische<br />
Initiative, der das Berufsverbotsopfer<br />
Michael Czaszkozy angehört,<br />
akzeptiere Militanz. Dabei wurde<br />
vermutlich übersehen, dass er unter<br />
Militanz „eine entschlossene,<br />
kämpferische Haltung, die<br />
nicht vor Konfrontationen zurückscheut“,<br />
versteht sowie mehr-<br />
fach betont hat, Gewalt gegen<br />
Menschen und Sachen abzulehnen.<br />
Ein typisches Beispiel für eine<br />
militante Aktion ist eine Sitzblockade.<br />
Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen, lasst euch durch heikle<br />
Begriffe nicht verunsichern.<br />
Ingo Schwarze, Karlsruhe<br />
Kuckucksei<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 12: „Wider<br />
die Stoppuhrpädagogik“)<br />
„Auf Initiative der <strong>GEW</strong>“ sollen in<br />
Baden-Württemberg 30 Versuchsschulen<br />
ein Zeitbudget bekommen,<br />
um der „Stoppuhrpädagogik“<br />
zu begegnen. Was sich nach Erfolg<br />
anhört, ist eher ein Kuckucksei.<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 4/<strong>2005</strong><br />
25.Gewerkschaftstag • Erfurt • 23.–27.April <strong>2005</strong><br />
Antworten auf Fragen,<br />
die heute bewegen.<br />
Das Kultusministerium besteht<br />
nämlich auf Kostenneutralität,<br />
was nur ganz Blauäugige überrascht<br />
haben dürfte. Man hat<br />
schon vor Jahren nachgewiesen,<br />
dass die berufliche Belastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer unverantwortliche<br />
Ausmaße angenommen<br />
hat – die extrem hohe Anzahl von<br />
Frühpensionierungen belegt das.<br />
Seither sind weitere Verschlechterungen<br />
hinzugekommen: u.a. größere<br />
Klassen und Deputatserhöhungen.<br />
Eine bloße Umverteilung<br />
innerhalb eines Zeitbudgets<br />
kann dann unmöglich zu einer<br />
Verbesserung des Zuwendungsfaktors<br />
für die einzelnen Schülerinnen<br />
und Schüler führen. Viel<br />
wahrscheinlicher ist eine Entsolidarisierung<br />
in den Kollegien. Aus<br />
gewerkschaftlicher Sicht halte ich<br />
es jedenfalls für mehr als riskant,<br />
an neuen Arbeitszeitmodellen<br />
mitzuwirken, ohne zuvor Zusagen<br />
für eine generelle Entlastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer erhalten<br />
zu haben. Peter Schild, Böblingen
Extrafrage:<br />
Sozialwahl – was ist das?<br />
DGB ruft auf: „Mitmachen und Gestalten“<br />
Auch für die Sozialversicherungen<br />
ist <strong>2005</strong> Wahljahr. Am<br />
1. Juni finden die Sozialwahlen<br />
statt. Gewählt werden die so genannten<br />
Sozialparlamente, die<br />
Gremien der Selbstverwaltung in<br />
der Sozialversicherung. Eine<br />
wichtige Wahl, an der sich der<br />
DGB unter dem Motto „Mitmachen<br />
und Gestalten“ beteiligt.<br />
Sozialwahlen finden<br />
alle sechs Jahre statt.<br />
Und jedes Mal muss<br />
erneut zuerst die<br />
Hürde genommen<br />
werden, ihre Existenz<br />
und ihre Bedeutung bekannt<br />
zu machen. Dabei sind die Selbstverwaltungsorgane<br />
alles andere als<br />
bedeutungslose Akklamationsgremien.<br />
In der Vertreterversammlung<br />
(bei Renten- und Unfallversicherungsträgern)<br />
bzw. im Verwaltungsrat<br />
(bei Kranken- und<br />
Pflegeversicherung) können die<br />
Beitragszahler Einfluss auf die<br />
Verwendung ihrer Gelder nehmen.<br />
Die Selbstverwaltungsgremien<br />
wählen die hauptamtlichen<br />
Vorstände, überwachen deren Arbeit<br />
oder überprüfen in den WiderspruchsausschüssenLeistungsbescheide.<br />
Der Grundgedanke dahinter: Diejenigen,<br />
die die Sozialversicherungsbeiträge<br />
aufbringen müssen,<br />
sollen bei ihrer Verwendung auch<br />
mitentscheiden können. Deshalb<br />
setzen sich die Selbstverwaltungsgremien<br />
in der Regel auch zur<br />
Hälfte aus Vertretern der Versicherten<br />
und der Arbeitgeber zusammen.<br />
Nur bei den Ersatzkassen<br />
werden ausschließlich Versicherte<br />
in die Verwaltungsräte gewählt.<br />
Tatsächlich gewählt wird bei<br />
der Bundesversicherungsanstalt für<br />
Angestellte und bei vier Ersatzkassen<br />
– der BARMER, der<br />
Deutschen Angestelltenkrankenkasse<br />
(DAK), der Kaufmännischen Krankenkasse<br />
(KKH) und der Techniker<br />
Krankenkasse (TK). Bei diesen Ur-<br />
SOZIALPOLITIK Was tun Sie, damit die Welt näher<br />
zusammenrückt?<br />
wahlen kandidieren überall Gewerkschaftsvertreter:<br />
Neben der<br />
DGB-Liste – auf der die <strong>GEW</strong><br />
mit den Spitzenkandidaten Petra<br />
Grundmann und Reinhard Marckwald<br />
vertreten ist – gibt es Listen<br />
von ver.di und IG Metall.<br />
In der Selbstverwaltung werden<br />
sich der DGB und die Gewerkschaften<br />
dafür einsetzen, dass<br />
die Organisationsreform zur Deutschen<br />
Rentenversicherung Bund auch<br />
tatsächlich mehr Bürgernähe, besseren<br />
Service und ein höheres politisches<br />
Gewicht für die deutsche<br />
Rentenversicherung bringt. In den<br />
Verwaltungsräten der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung wird es darauf<br />
ankommen, die mit der letzten<br />
Gesundheitsreform neu geschaffenen<br />
Voraussetzungen für<br />
mehr Qualität in der Versorgung<br />
zu nutzen.<br />
Dabei geht es vor allem darum,<br />
neue Versorgungsformen wie integrierte<br />
Versorgung, Hausarztmodell<br />
oder Gesundheitszentren zu<br />
stärken. Die Vertreter des DGB<br />
und der Gewerkschaften in den<br />
Verwaltungsräten setzen sich dafür<br />
ein, dass diese Versorgungsformen<br />
möglichst vielen Versicherten angeboten<br />
werden können.<br />
Wie wird gewählt?<br />
Gewählt wird per Briefwahl. Dazu<br />
versenden die Sozialversicherungsträger<br />
seit Mitte April die Unterlagen<br />
an alle Wahlberechtigten.<br />
Gezählt werden alle Stimmzettel,<br />
die bis zum 1. Juni <strong>2005</strong> beim jeweiligen<br />
Sozialversicherungsträger<br />
eingegangen sind.<br />
Wer kann wählen?<br />
Bei den Kranken- und Pflegekassen<br />
können alle Kassenmitglieder<br />
wählen. Mitversicherte Angehörige<br />
haben kein Stimmrecht. Bei<br />
der BfA wählen diejenigen, die<br />
eine Versichertennummer erhalten<br />
oder beantragt haben, und alle<br />
Bezieher einer Rente aus eigener<br />
Anwartschaft. Nicht wahlberechtigt<br />
ist, wer eine Hinterbliebenenrente<br />
erhält. Jürgen Sendler<br />
Flugzeug, Telefon, Internet: Für Menschen<br />
wird die Welt immer kleiner. Für Missverständnisse<br />
wird sie jedoch immer größer.<br />
Denn in jedem Land leben andere Völker<br />
mit eigenen Kulturen und Religionen –<br />
was leider zu Konflikten führen kann.<br />
Darum engagieren wir uns seit mehr als<br />
20 Jahren für die Völkerverständigung.<br />
Und unterstützen Menschen, die sich mit<br />
Ideen, Projekten und viel Enthusiasmus<br />
dafür einsetzen, dass die Unterschiede<br />
zwischen den Völkern nicht verschwinden.<br />
Sondern besser verstanden und akzeptiert<br />
werden.<br />
BMW Group<br />
Auch dieses Jahr wird eine internationale<br />
Jury die besten theoretischen und<br />
praktischen Ideen mit dem BMW Group<br />
Award für Interkulturelles Lernen<br />
auszeichnen. Mit 5.000 Euro dotierte<br />
Preise in zwei Kategorien, die wir zum<br />
Beispiel an Schulen, Akademiker oder<br />
verschiedene Institutionen vergeben.<br />
Interessiert? Dann schicken Sie uns bitte<br />
bis zum 15. September <strong>2005</strong> Ihre<br />
Projektdokumentation.<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.bmwgroup.com/award-life<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 29
Auch für <strong>2005</strong> keine<br />
Entwarnung:<br />
Nach wie vor<br />
machen im deutschenSchulsystem<br />
viel zu wenig<br />
junge Menschen<br />
Abitur.<br />
30<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Im Schneckentempo voran<br />
Mehr Abiturienten? Mehr Schulabbrecher! Im Schulsystem bewegt sich wenig<br />
Ein Viertel mehr Abiturienten verlassen<br />
heute im Vergleich zu vor zehn Jahren<br />
die Schulen – meldete Ende März<br />
das Statistische Bundesamt. Also geht<br />
es endlich aufwärts mit der seit Jahren<br />
im internationalen Vergleich dahindümpelnden<br />
deutschen Bildungsbeteiligung?<br />
Mitnichten. Denn es gibt zugleich<br />
auch mehr Schulabbrecher. Der<br />
Abiturienten-Zuwachs ist im Wesentlichen<br />
demographisch bedingt. Eine<br />
positive Entwicklung weisen nur berufliche<br />
Schulen auf.<br />
<strong>GEW</strong>-Vorstandsmitglied<br />
Marianne Demmer ging<br />
der Sache auf den Grund<br />
und analysierte nicht nur<br />
die absoluten Abgängerzahlen,<br />
sondern auch die<br />
Jahrgangsquoten bei der Bildungsbeteilung.<br />
Das heißt: Wie viele von 100<br />
Schülern einer bestimmten Schulform<br />
machen welchen Abschluss? Nur diese<br />
Quoten der Bildungsbeteiligung geben<br />
einen klaren Hinweis auf die bildungspolitische<br />
Entwicklung. Demmer: „Es<br />
besteht auch <strong>2005</strong> kein Grund zur Entwarnung.<br />
Die Kultusminister aller Bundesländer<br />
müssen sich nach wie vor dem<br />
Problem stellen, dass das deutsche<br />
Schulsystem im internationalen Vergleich<br />
viel zu wenige Menschen mit Studienberechtigung<br />
hervorbringt.“<br />
Das Statistische Bundesamt nennt für<br />
2004 rund 385700 Schülerinnen und<br />
Schüler, die in Deutschland an allgemeinen<br />
und beruflichen Schulen die Fachhochschulreife<br />
(FHR) oder die allgemeine<br />
Hochschulreife (AHR) erworben haben.<br />
Das entspricht, gemessen an der<br />
ABI <strong>2005</strong><br />
gleichaltrigen Bevölkerung, einer Absolventenquote<br />
(FHR plus AHR) von<br />
41,6 Prozent. Die Quote liegt damit 5,8<br />
Prozentpunkte höher als 1995 und rund<br />
zwei Prozentpunkte höher als 2003 –<br />
aber immer noch weit entfernt vom<br />
OECD-Durchschnitt von knapp 60<br />
Prozent (Frauen: 60 Prozent, Männer:<br />
54 Prozent.). Ganz zu schweigen von<br />
Ländern wie Australien, Finnland oder<br />
Schweden, die Anteile von nahezu 80<br />
Prozent erreichen.<br />
Seit 1995 ist somit durchschnittlich eine<br />
jährliche Steigerung von zirka 0,6 Prozentpunkten<br />
zu verzeichnen. Ginge es<br />
in diesem „Tempo“ weiter, so rechnet<br />
Demmer vor, wäre der Anschluss an den<br />
internationalen Standard erst in etwa 30<br />
Jahren erreicht – vorausgesetzt, die anderen<br />
Länder stagnieren und „warten<br />
auf Deutschland“. Selbst wenn die Steigerung<br />
ab jetzt jährlich zwei Prozentpunkte<br />
betrüge, wäre ein Gleichstand<br />
erst in zehn Jahren erreicht.<br />
Demmer: „Wir brauchen Pläne, wie<br />
die Quote der Studienberechtigten in<br />
Deutschland ohne Qualitätsverlust erhöht<br />
werden kann. Ansonsten droht der<br />
Republik, dauerhaft den Anschluss an die<br />
internationale Entwicklung zu verlieren.“<br />
Der geringe Zuwachs der Abiturientenquote<br />
ist in den vergangenen zehn Jahren<br />
zudem kaum den Gymnasien, sondern<br />
vor allem den beruflichen Schulen zu verdanken,<br />
die mehr junge Leute zur Fachhochschulreife<br />
führen. Der Rest verteilt<br />
sich auf Abendschulen, Kollegs, Waldorfschulen<br />
und Externenprüfungen.<br />
Übergangsquoten konstant<br />
Grundlegendes wird sich in den Klassenstufen<br />
7 bis 10 der allgemein bildenden<br />
Schulen in den nächsten Jahren<br />
nicht verändern. In ihrer Prognose geht<br />
die Kultusministerkonferenz (KMK)<br />
davon aus, dass die Übergangsquoten<br />
zu den Schulformen bis 2020 nahezu<br />
konstant bleiben.<br />
Während der Zuwachs bei den absoluten<br />
Abiturientenzahlen dem Statistischen<br />
Bundesamt eine optimistische Pressemitteilung<br />
wert ist, wird eine andere Zahl leider<br />
nicht gemeldet: die der Abgänger ohne<br />
Hauptschulabschluss. Hier liegen der<br />
Öffentlichkeit derzeit nur die Angaben<br />
bis 2003 vor. Die absolute Zahl der<br />
Schulabbrecher ist zwischen 1995 und<br />
2003 um 10,6 Prozent gestiegen und<br />
entspricht damit in etwa dem demographischen<br />
Zuwachs. Das heißt: Zwischen<br />
1995 und 2003 haben pro Jahr zwischen<br />
8,8 und 9,9 Prozent eines Abgängerjahrgangs<br />
ihre Schule ohne Abschluss verlassen.<br />
Das soll entgegen den Beteuerungen der<br />
Kultusminister offensichtlich weiter so<br />
bleiben. Nach der noch druckfrischen<br />
KMK-Schülerprognose soll zwar die absolute<br />
Abbrecherzahl von 84000 (2003)<br />
auf 66000 (2020) sinken. Doch dies ist<br />
wiederum nur demographisch bedingt.<br />
Zieht man den erwarteten Schülerrückgang<br />
ab und vergleicht das Ergebnis mit<br />
der Anzahl der Schüler pro Jahrgang, so<br />
werden nach der KMK-Prognose auch<br />
im Jahr 2020 noch immer 8,6 bis 8,7 Prozent<br />
einer Altersgruppe über keinen Abschluss<br />
verfügen.<br />
In Lissabon haben die EU-Staatschefs<br />
zugesichert, die Zahl der Jugendlichen<br />
ohne Schulabschluss bis 2010 zu halbieren.<br />
Die deutschen Kultusminister haben<br />
ihr Votum dazu gemeinsam mit der<br />
Bundesregierung abgegeben. Und im<br />
Herbst noch haben sie dies in einem<br />
neuen Vertrag mit der Bundesagentur<br />
für Arbeit besiegelt. Doch Papier ist offenbar<br />
geduldig. Max Loewe<br />
Foto: David Ausserhofer
„Flagge“ gezeigt<br />
Bildungsforscher Hans-Günter Rolff wird emeritiert<br />
Hans-Günter Rolff hat mehr<br />
als 30 Jahre lang die Diskussion<br />
um Schulforschung,<br />
-theorie, -enwicklung und<br />
Bildungspolitik an vorderster<br />
Front mitgestaltet. 1970<br />
– gerade 31 Jahre alt – wurde er aus der<br />
Berliner Schulbehörde auf einen Lehrstuhl<br />
an die damalige Pädagogische<br />
Hochschule Dortmund berufen. Dort –<br />
an der Universität Dortmund – wird er<br />
jetzt nach 35-jähriger Hochschullehrertätigkeit<br />
emeritiert. Seine wissenschaftlichen<br />
Beiträge zur schulischen Sozialisationstheorie,<br />
zur Ungleichheitsforschung,<br />
zur Theorie und Praxis der<br />
Schulentwicklung gehören seit langem<br />
zum Grundbestand einer sozialwissenschaftlich<br />
orientierten Schulpädagogik:<br />
von „Sozialisation und Auslese durch<br />
die Schule“ (1967) bis hin zu den von<br />
ihm herausgegebenen „Jahrbüchern der<br />
Neuheiten zur Schulentwicklung<br />
Friedrich Jahresheft <strong>2005</strong>:<br />
Standards<br />
Unterrichten zwischen Kompetenzen,<br />
zentralen Prüfungen und Vergleichsarbeiten<br />
Bestell-Nr. 90023, € 10,– (€ 16,50 )<br />
„Bildungsstandards“ – ein neues Zauberwort? Bildungsstandards werden<br />
nicht mehr nur gefordert, sondern es gibt sie bereits für einige Bereiche<br />
des deutschen Schulwesens und es wird mehr von ihnen geben. Sie<br />
wird vermutlich vor allem interessieren, was diese Standards eigentlich<br />
für die Arbeit der einzelnen Lehrerin, des einzelnen Lehrers bedeuten.<br />
Es geht nicht darum, ob der jeweilige Lehrplan scheinbar „erfüllt“ ist, sondern<br />
darum, dass die Schülerinnen und Schüler tatsächlich Können und<br />
Wissen erwerben. Und zwar jenes Können und Wissen, das sie benötigen,<br />
um sich in der Welt zu orientieren, begründete Entscheidungen zu<br />
treffen und dann auch „Aufgaben und Situationen zu bewältigen“, die<br />
ihnen nicht die Schule sondern das Leben stellt.<br />
@Besuchen Sie uns auch im Internet:<br />
www.friedrichonline.de<br />
E-<strong>Mai</strong>l: leserservice@friedrich-verlag.de<br />
Schulentwicklung“ (1980-2004). „HaGü“<br />
Rolff hat mit seinen Publikationen die<br />
jeweiligen Diskussionen stark beeinflusst,<br />
und er hat auch die Lehrerschaft<br />
erreicht. Zu seinen großen Verdiensten<br />
gehört vor allem die Gründung des<br />
Dortmunder „Instituts für Schulentwicklungsforschung“<br />
(IFS) 1972. Über<br />
viele Jahre hat „HaGü“ das Institut geleitet<br />
und zu fruchtbarer Arbeit geführt. Er<br />
hat es verstanden, mit interessanten Projekten<br />
auch junge Mitarbeiter in die<br />
Forschungsarbeit einzubinden. Dort, in<br />
Dortmund, habe ich ihn in vielen Arbeitssitzungen<br />
erlebt – kreativ und anregend,<br />
fordernd, Kontroversen nicht<br />
scheuend.<br />
Nie im Elfenbeinturm<br />
Mit Hans-Günter Rolff geht ein Erziehungswissenschaftler<br />
in Pension, der<br />
seine Forschung nie im praxisfernen „El-<br />
fenbeinturm“ betrieben hat. Vielmehr<br />
hat er über viele Jahre mit großem Engagement<br />
immer auch bildungspolitisch<br />
„Flagge“ gezeigt – und zwar in Phasen<br />
der Reformeuphorie genauso wie in Zeiten<br />
politischer Stagnation. Dazu gehört<br />
sein kontinuierlicher, durch Forschung<br />
gestützter Nachweis der sozialen Benachteiligungen<br />
im Schulwesen ebenso<br />
wie sein dauerhafter Einsatz für ein integriertes<br />
Schulsystem. Weil er sich mit<br />
solchen Positionen immer wieder in öffentliche<br />
Auseinandersetzungen begeben<br />
hat, weil er in der Sache „streitbar“<br />
war und ist, hat er manchen politischen<br />
Angriff überstehen müssen.<br />
Alles spricht dafür, dass er – von seinen<br />
professoralen Pflichten entbunden –<br />
sich umso stärker um die internationalen<br />
Projekte kümmern kann, die ihm in<br />
den letzten Jahren ans Herz gewachsen<br />
sind. Dazu zählt vor allem die Qualitätsentwicklung<br />
an deutschen Auslandsschulen.<br />
Wer also demnächst einen Interkontinental-Flieger<br />
besteigt, hat gute Chancen,<br />
auf Hans-Günter Rolff zu treffen.<br />
Klaus-Jürgen Tillmann<br />
REINHOLD MILLER<br />
99 Schritte zum<br />
professionellen Lehrer<br />
BILDUNGSPOLTIK<br />
Erfahrungen – Impulse – Empfehlungen<br />
Auf Basis persönlicher Erfahrungen hat Reinhold Miller – vielen bekannt<br />
als Lehrerfortbildner, Schulberater und Autor zahlreicher pädagogischer<br />
Bücher – mit 99 Schritte zum professionellen Lehrer einen Leitfaden<br />
für Lehrer jeden Alters und jeder Schulform entwickelt. Miller bietet<br />
Ihnen Anregungen, Anstöße und Instrumente, wie Sie in Ihrem Beruf über<br />
Information, Reflexion, Training und Evaluation zu einer höheren Professionalität<br />
und damit auch Zufriedenheit gelangen können.<br />
Der „99-Schritte-Weg“ besteht aus drei Etappen:<br />
• Selbstkompetenz: Mit sich beruflich klarkommen<br />
• Beziehungskompetenz: Mit anderen gut auskommen<br />
• Sachkompetenz: Erfolgreich unterrichten<br />
Für Ihre Bestellung wenden Sie sich bitte an unseren<br />
Leserservice. Telefon: 05 11 /4 00 04-150, Fax: -170<br />
Preise zzgl. Versandkosten, Stand <strong>2005</strong>.<br />
(Preise in Klammern für Nicht-Abonnenten)<br />
Buch und CD-ROM<br />
Bestell-Nr. 4938, € 19,90<br />
Prof. Hans-Günter<br />
Rolff, langjähriger<br />
Leiter des<br />
Dortmunder Instituts<br />
für Schulentwicklung.<br />
FRIEDRICH VERLAG<br />
Pädagogische Zeitschriften in Zusammenarbeit mit Klett<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 31<br />
Foto: privat
BILDUNGSPOLITIK<br />
Bund-Länder-<br />
Streit um Förderung<br />
der Spitzenforschung:<br />
nur<br />
noch ein Machtspiel.<br />
32<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Die Herren pokern weiter<br />
„Exzellenzinitiative“ wird Prüfstein für Föderalismusreform<br />
Es wird weiter um die 1,9 Milliarden<br />
Euro „Exzellenzinitiative“ zur Förderung<br />
der Spitzenforschung gefeilscht.<br />
Dabei geht es weniger um die Sache<br />
selbst als um das Machtspiel zwischen<br />
Bund und Ländern in der Föderalismusreform.<br />
Die Initiative gilt inzwischen<br />
als Prüfstein für die Einigungsfähigkeit<br />
von Bund und Ländern über<br />
eine Neuverteilung ihrer Aufgaben.<br />
Die Nachricht über eine Wiederaufnahme<br />
der Ende des<br />
vergangenen Jahres abgebrochenenFöderalismusgespräche<br />
war erst wenige<br />
Stunden alt, als das erneute<br />
Veto der Unions-Ministerpräsidenten<br />
zur Exzellenzinitiative folgte. In einem<br />
über einjährigen, bislang beispiellosen<br />
Verhandlungstauziehen hatten sich die<br />
Wissenschaftsminister von 15 Ländern<br />
(ohne Hessen) und der Bund über die<br />
drei Förderlinien des Programms (siehe<br />
Kasten) verständigt. Ziel ist die Förderung<br />
und der Aufbau von international<br />
anerkannter Spitzenforschung an den<br />
Hochschulen bis 2011. Zweimal zuvor<br />
schon hatten die Ministerpräsidenten einen<br />
unterschriftsreifen Vertrag über das<br />
Programm, bei dem der Bund 75 Prozent<br />
der Kosten übernehmen will, zurückgewiesen.<br />
Bestürzt über Blockade<br />
Öffentlich stehen die Unions-Regierungschefs<br />
jetzt als Blockierer da. Die<br />
Allianz der sieben großen deutschen<br />
Forschungsorganisationen einschließlich<br />
der Hochschulrektorenkonferenz<br />
zeigte sich über „bestürzt“ das erneute<br />
Stoppsignal für den dringend erwarteten<br />
Fördersegen. Die konservativen älteren<br />
Herren der erlauchten Allianz-Runde<br />
waren zutiefst empört über das Spiel der<br />
Union und marschierten stracks zur<br />
Beschwerde bei CDU-Chefin Angela<br />
Merkel auf.<br />
Die <strong>GEW</strong> warnte davor, dass mit der<br />
Blockade das gerade „wieder aufkeimende<br />
Pflänzchen Föderalismusreform“<br />
zertreten wird. Bundesforschungsministerin<br />
Edelgard Bulmahn (SPD) will um<br />
das Programm weiter kämpfen – geht es<br />
dabei nicht zuletzt auch grundsätzlich<br />
um die weiteren Mitgestaltungsrechte<br />
des Bundes bei Forschung und Bildung.<br />
Streit um die dritte Säule<br />
Die ersten beiden Förderlinien des Programms,<br />
also neue Graduiertenkollegs<br />
für die Nachwuchsförderung und Aufbau<br />
von 30 Spitzenforschungszentren,<br />
gelten inzwischen als unstrittig, zumindest<br />
was ihre inhaltliche Ausrichtung<br />
angeht. Der Streit konzentriert sich jetzt<br />
auf die dritte Säule des Programms, die<br />
Entwicklung von Strukturen zum Aufbau<br />
so genannter Spitzen- oder Elitehochschulen<br />
– mit Hilfe zusätzlicher Investitionen<br />
in die Forschung. Auslöser<br />
der Initiative war die von dem früheren<br />
SPD-Generalsekretär Olaf Scholz im<br />
Januar 2004 überraschend ausgelöste<br />
Debatte über den Aufbau von so genannten<br />
Elite-Hochschulen in Deutschland.<br />
Das Wort Elite ist anschließend<br />
zwar nie in den verschiedenen Programmentwürfen<br />
des Bundes aufgetaucht,<br />
hat der Initiative aber doch den öffentlichen<br />
Stempel aufgedrückt. Bulmahn<br />
Fotomontage: z plus z<br />
Die drei Förderlinien der<br />
„Exzellenzinitiative“:<br />
1.) Unstrittig: Förderung von weiteren<br />
40 Graduiertenschulen mit je<br />
zirka einer Million Euro pro Jahr für<br />
Bewerber aus dem In- und Ausland.<br />
Nachwuchsforscher sollen dort früh<br />
eigenständig arbeiten. Bund und<br />
Länder fördern heute schon 304 Graduiertenschulen.<br />
2.) Unstrittig: Förderung von etwa<br />
30 international angesehenen Spitzen-Forschungszentren(Exzellenzcluster)<br />
in verschiedenen Disziplinen<br />
mit je zirka 6,5 Millionen Euro pro<br />
Jahr. Die Mittel werden im Wettbewerb<br />
vergeben. Bund und Länder<br />
fördern bereits heute über die Deutsche<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG)<br />
272 Sonderforschungsbereiche.<br />
3.) Strittig: Etwa zehn Universitäten,<br />
die schon erfolgreich beim Aufbau<br />
von Graduiertenschulen (1.) und<br />
Clustern (2.) sind, können als „i-Tüpfelchen“<br />
noch einmal Fördergeld<br />
obendrauf bekommen, insgesamt<br />
bis zu 21 Millionen Euro pro Jahr.<br />
Ziele: Entwicklung einer „Gesamtstrategie“<br />
zur Förderung der Spitzenforschung;<br />
Schärfung ihres naturwissenschaftlichen<br />
Profils – z. B. TH<br />
Aachen – oder ihrer geisteswissenschaftlichen<br />
Ausrichtung – z. B. Berliner<br />
Humboldt-Universität; Förderung<br />
von fachübergreifendem Arbeiten<br />
auch in Kooperation mit Forschungsinstituten<br />
außerhalb der Universitäten.<br />
spricht heute von „Leuchttürmen“, die<br />
die Leistungen der deutschen Forschung<br />
international sichtbar machen sollen. Als<br />
schärfster Kritiker der dritten Säule gilt<br />
Hessens Regierungschef Roland Koch<br />
(CDU), dem es beim letzten Treffen der<br />
Ministerpräsidenten gelang, seine bereits<br />
unterschriftswilligen Unionskollegen<br />
wieder auf seine harte Blockadelinie einzuschwören.<br />
Kochs Plädoyer gegen eine<br />
Sonderbehandlung von zehn ausgewählten<br />
Universitäten trifft sich auf den ersten<br />
Blick auch mit den inhaltlichen Bedenken<br />
der Gewerkschaft gegen das Elitekonzept.<br />
Doch äußerste Vorsicht ist bei<br />
dieser nur vermeintlichen Argumentations-Identität<br />
angebracht. Denn Koch<br />
verfolgt letztlich ein völlig anderes Ziel.<br />
Er will, dass der Bund seine Finger aus<br />
Bildung und Forschung gänzlich herauslässt<br />
– zumindest solange in Berlin<br />
Rot-Grün regiert und mit solchen Programmen<br />
öffentlich punkten kann.<br />
Max Loewe
Recht und<br />
Rechtsschutz<br />
5/<strong>2005</strong><br />
Kindergeldanspruch<br />
Freiwilligenarbeit von<br />
Kindern im Ausland<br />
Leisten Kinder ein freiwilliges soziales<br />
oder ökologisches Jahr in Europa ab,<br />
erhalten Eltern weiterhin Kindergeld.<br />
Nach einem Urteil des Finanzgerichts<br />
(FG) Sachsen gilt dies auch für Freiwilligenarbeit<br />
außerhalb Europas.<br />
Eltern bekommen für Kinder zwischen<br />
18 und 27 Jahren Kindergeld, wenn die<br />
Voraussetzungen stimmen: Das Kind ist<br />
etwa in der Ausbildung, arbeitslos,<br />
schwer erkrankt oder befindet sich in einer<br />
Phase zwischen Ausbildungsgängen.<br />
Das Gesetz berücksichtigt Umstände,<br />
in denen Eltern trotz der Volljährigkeit<br />
unterhaltspflichtig sind. Denn der<br />
Familienlastenausgleich ist ein Ziel des<br />
Einkommensteuergesetzes. In diesem<br />
Zusammenhang ist ein freiwilliges soziales<br />
Jahr anerkannt. Es muss sich dabei<br />
um unentgeltliche, am Gemeinwohl<br />
orientierte Arbeit handeln, vergütet<br />
höchstens mit einem Taschengeld, freier<br />
Kost und Logis.<br />
Vor diesem Hintergrund beantragte eine<br />
Klägerin Kindergeld für ihre 21-jährige<br />
Tochter, die ein Jahr lang in Israel soziale<br />
Arbeit leistete. Träger war ein deutsches<br />
Sozialwerk mit Mitarbeitern vor<br />
Ort. Die Tochter pflegte fünf Tage pro<br />
Woche Senioren, besuchte Seminare,<br />
erhielt Verpflegung, Unterkunft und ein<br />
Taschengeld. Doch der zuständige Träger<br />
lehnte den Kindergeldantrag und<br />
den Widerspruch ab, da das Jahr nicht in<br />
Europa abgeleistet werde.<br />
Das FG Sachsen erkannte den Kindergeldanspruch<br />
an, jedoch nicht auf<br />
Grundlage der Bestimmung für ein soziales<br />
Jahr. Der Israel-Aufenthalt sei damit<br />
in der Tat nicht vereinbar. Es gebe<br />
Bestimmungen im Einkommensteuergesetz<br />
(§ 32 Abs. 4 Abs. 1 Nr. 2), die man<br />
analog anwenden könne und die den<br />
Kindergeldanspruch begründeten: soziales<br />
Engagement oder der Erwerb von<br />
Informationen der <strong>GEW</strong>–Bundesstelle<br />
für Rechtsschutz.<br />
Verantwortlich: Paul Michel,<br />
Volker Busch, Gerhard Jens<br />
57. Jahrgang<br />
Kompetenzen im Rahmen einer Ausbildung.<br />
Das Gesetz nenne nicht alle Unterhaltssituationen,<br />
die anerkannt würden,<br />
sondern grenze sinnvolle Arbeit gegenüber<br />
Müßiggang ab. Übergeordnet<br />
sei dann der Anspruch der Eltern auf Familienlastenausgleich.<br />
(FG Sachsen, Urteil vom 26. Februar 2004<br />
– AZ 5-K-9/01)<br />
Überstundenvergütung<br />
Teilzeitlehrkräfte nicht<br />
länger benachteiligt<br />
Nach einer eigens eingeholten Vorabentscheidung<br />
des Europäischen Gerichtshofes<br />
(EuGH) hat das Verwaltungsgericht<br />
(VG) Minden rechtskräftig<br />
entschieden: Ab der ersten Überstunde<br />
haben Teilzeitlehrkräfte Anspruch<br />
auf Besoldung, und zwar anteilig<br />
gemäß ihrer aktuellen Vergütungsgruppe.<br />
Geklagt hatte eine Beamtin, die als teilzeitbeschäftigte<br />
Lehrerin an einer Gesamtschule<br />
unterrichtete. Die von ihr<br />
während eines Monats geleisteten 2,5<br />
Überstunden waren nicht vergütet worden,<br />
da die entsprechende beamtenrechtliche<br />
Regelung in Nordrhein-Westfalen<br />
(nach § 78 a LBG NW) erst ab der<br />
vierten Unterrichtsstunde Mehrarbeit<br />
(für andere Beamte ab der sechsten Arbeitsstunde)<br />
eine Vergütung vorsah. Da<br />
das VG Minden in dieser Regelung einen<br />
Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht<br />
vermutete, setzte es im Jahr 2002 das<br />
Verfahren aus (Beschluss vom 26. Juli<br />
2002 – 4 K 123/01), um zu dieser Rechtsfrage<br />
eine EuGH-Vorabentscheidung<br />
einzuholen. Erwartungsgemäß urteilte<br />
der EuGh (Urteil vom 27. <strong>Mai</strong> 2004 –C-<br />
285/02), dass die nordrhein-westfälische<br />
Regelung über die Vergütung von Mehrarbeit<br />
für Beamte Gemeinschaftsrecht<br />
verletze: Sie benachteilige Teilzeitbeschäftigte<br />
gegenüber Vollzeitkräften,<br />
denn die Überstunden von Vollzeitlehrern<br />
würden anteilig nach ihrer Besoldungsgruppe<br />
bezahlt, während für<br />
Teilzeitkräfte ein geringerer Stundensatz<br />
nach der Mehrarbeitsvergütungsverordnung<br />
(MVergV) gelte. Darüber hinaus<br />
seien drei unbezahlte Überstunden für<br />
Teilzeitkräfte eine im Verhältnis größere<br />
Zusatzbelastung als für Vollzeitlehrkräfte.<br />
Außerdem wirke die MVergV mittelbar<br />
diskriminierend, falls mehr Frauen<br />
in Teilzeit beschäftigt seien. Die endgültige<br />
Ausgestaltung der Überstundenvergütung<br />
wurde vom EuGH zurück an das<br />
VG Minden verwiesen.<br />
Die Verwaltungsrichter stellten fest, dass<br />
von landesweit 40000 Teilzeitkräften in<br />
allen Schulformen 37000 Frauen seien.<br />
Damit war hinsichtlich der alten<br />
MVergV der Tatbestand der mittelbaren<br />
Diskriminierung erfüllt. Das VG Minden<br />
entschied, dass sich die Höhe des<br />
Vergütungsanspruchs ab der ersten<br />
Überstunde nicht nach den Stundensätzen<br />
der MvergV zu richten habe,<br />
sondern anteilig nach der aktuellen<br />
Besoldung. Im Falle der Klägerin liegt<br />
die Vergütung der Überstunden damit<br />
um rund ein Drittel höher.<br />
Umsetzung des Landes gefordert<br />
Überstundenvergütung von Teilzeitkräften<br />
treibt die <strong>GEW</strong> und ihre Rechtsschutzstellen<br />
seit Jahren um. Für Angestellte<br />
erreichte die <strong>GEW</strong> in NRW bereits<br />
vor Jahren eine Klärung im Sinne<br />
der Betroffenen (Bundesarbeitsgericht, Urteil<br />
vom 21. April 1999 – 5 AZR 200/98).<br />
Auch für teilzeitbeschäftigte Beamtinnen<br />
wurde ein Urteil erstritten (Oberverwaltungsgericht<br />
Münster vom30. Juni 2003<br />
– 6 A 4424/01), das eine anteilige Besoldung<br />
ab der ersten Überstunde vorsah.<br />
Das Land wollte jedoch zunächst eine<br />
höchstrichterliche Klärung abwarten,<br />
die spätestens mit dem EuGH-Urteil<br />
(s.o.) vorliegt. Die <strong>GEW</strong> erwartet jetzt<br />
Konsequenzen, damit den berechtigten<br />
Ansprüchen der Beamten endlich entsprochen<br />
wird. Bis dahin rät die <strong>GEW</strong><br />
den teilzeitbeschäftigten (verbeamteten)<br />
Lehrkräften, die Vergütung von<br />
Mehrarbeit schriftlich einzufordern.<br />
Dazu gibt es ein Musterschreiben der<br />
<strong>GEW</strong> im Internet:<br />
www.gew-nrw.de/Recht&Gesetz/<br />
Beamtenrecht/Besoldung.<br />
(VG Minden, Urteil vom 16. Februar <strong>2005</strong><br />
– AZ 4 K 123/01)<br />
Kindergeldanspruch<br />
Überstundenvergütung<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 33
LANDESVERBÄNDE<br />
Eine der vielen<br />
unausgegorenen<br />
Berliner „Bildungsreformen“:<br />
Alle Lehramtsstudiengänge<br />
wurden im<br />
WS 2004/<strong>2005</strong><br />
auf Bachelor-<br />
Master umgestellt.<br />
Doch was<br />
soll ein „Lehrer<br />
light“ à la Bachelor<br />
anfangen –<br />
und was die Schulen<br />
mit ihm?<br />
Finanzsenator<br />
Thilo Sarrazin<br />
(SPD)<br />
Bildungssenator<br />
Klaus Böger<br />
(SPD)<br />
34<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Auf die Schnelle umgekr<br />
Schlechte Noten für „Bildungsreformen“ in Berlin<br />
Die Nachricht schreckte Mitte 2002<br />
kaum noch einen Hauptstädter auf.<br />
Als das Berliner Max-Planck-Institut<br />
für Bildungsforschung die Ergebnisse<br />
der nationalen PISA-Studie (PISA-<br />
E) veröffentlichte, fehlte neben Hamburg<br />
auch Berlin in der Tabelle. Statt<br />
der erforderlichen 80 Prozent hatte in<br />
Berlin an den untersuchten Schulen lediglich<br />
die Hälfte der Schüler am Test<br />
teilgenommen. Bildungssenator Klaus<br />
Böger (SPD) war’s peinlich. Doch er<br />
selbst ließ unausgegorene „Bildungsreformen“<br />
folgen.<br />
Böger ging daran, das Berliner<br />
Bildungswesen im Eiltempo<br />
umzukrempeln. Den<br />
Anfang machten die Kindergärten.<br />
Die sollten, so<br />
das Versprechen des Senators,<br />
zu Bildungseinrichtungen werden.<br />
Mag der Geist noch willig gewesen sein,<br />
der Rotstift von Finanzsenator Thilo Sarrazin<br />
(SPD) war stärker. Zunächst hob<br />
der rot-rote Senat im Herbst 2003 die<br />
Kita-Gebühren an. Die zum Teil drastischen<br />
Erhöhungen wurden hinter einer<br />
neuen Staffelung der Beiträge und einer<br />
Abkoppelung des Essenbeitrages versteckt.<br />
Eingeschränkt wurde zu Beginn<br />
des Schuljahres 2003/2004 auch die<br />
Lernmittelfreiheit an den Schulen. Um<br />
den Landeshaushalt um sieben Millionen<br />
Euro jährlich zu entlasten, müssen<br />
Eltern jetzt bis zu 100 Euro pro Kind<br />
und Schuljahr für Bücher berappen.<br />
Die Mehrbelastungen würden ausschließlich<br />
Bezieher höherer Einkommen<br />
treffen, rechtfertigt die haushaltspolitische<br />
Sprecherin der SPD-Fraktion<br />
im Abgeordnetenhaus, Iris Spranger, den<br />
Griff in die Geldbeutel der Bürger. „Für<br />
immerhin 50 Prozent der Eltern werden<br />
die Kita-Gebühren um keinen Cent erhöht“,<br />
erklärte sie. Elternverbände und<br />
<strong>GEW</strong> machen jedoch eine andere Rechnung<br />
auf. Schon für eine Familie mit einem<br />
Einkommen von knapp 26000<br />
Euro erhöhten sich die Beiträge pro<br />
Kind von 71 auf 91 Euro im Monat.<br />
Elternproteste<br />
Es gab heftige Elternproteste gegen die<br />
neuen Kita-Gebühren. Insbesondere<br />
Spandauer Eltern initiierten ein Volksbegehren.<br />
Rund 26000 Unterschriften<br />
wurden in den folgenden Monaten ge-<br />
sammelt. Doch die Mühe war umsonst.<br />
Wegen vieler ungültiger oder doppelter<br />
Unterschriften erkannte der Landeswahlleiter<br />
weit weniger als die erforderlichen<br />
25000 Unterschriften an. Die<br />
Quittung präsentierten die Berliner Eltern<br />
Böger und Sarrazin dennoch. Im<br />
vergangenen Jahr stieg in den Kitas die<br />
Zahl der Abmeldungen; aus den erwarteten<br />
Mehreinnahmen von zehn Millionen<br />
Euro wurde nichts – lediglich fünf<br />
Millionen Euro flossen in die Berliner<br />
Stadtkasse.<br />
Versprechen nicht eingelöst<br />
Den höheren finanziellen Belastungen<br />
für die Eltern steht ein schlechteres Angebot<br />
gegenüber. Zwar wurden 388 neue<br />
Erzieherinnenstellen in den kommunalen<br />
Kindereinrichtungen geschaffen,<br />
doch nach Schätzungen der Berliner<br />
<strong>GEW</strong> fehlen allein in diesem Bereich<br />
rund 800 Erzieherinnen. Und auch die<br />
neu geschaffenen Stellen existieren vielfach<br />
nur auf dem Papier, kritisiert Christiane<br />
Weißhoff, Fachgruppenleiterin Kindertageseinrichtungen<br />
bei der Berliner<br />
<strong>GEW</strong>. So seien in ihrer Kita im Bezirk<br />
Mitte statt Neueinstellungen Kindergartenplätze<br />
abgebaut worden. „Im Ergeb-
empelt<br />
nis haben wir heute genau so viel Personal<br />
wie vorher“, berichtet die Erzieherin.<br />
Gleichzeitig müssen sie und ihre<br />
Kolleginnen seit 2004 mit weniger Geld<br />
auskommen. Durch den Berliner Anwendungstarifvertrag<br />
erhalten die Beschäftigten<br />
zwischen acht und zwölf<br />
Prozent weniger Vergütung. Dafür wird<br />
die Arbeitszeit entsprechend reduziert.<br />
Diese Einschnitte bei den Beschäftigten<br />
wurden möglich, weil Berlin Anfang<br />
2003 aus der Tarifgemeinschaft deutscher<br />
Länder (TdL) austrat. Erst am<br />
1. August 2003 wurde der tariflose Zustand<br />
beendet – allerdings nicht für die<br />
angestellten Lehrkräfte. Entsprechend<br />
der Verlängerung der Arbeitszeit der Beamten<br />
von 40 auf 42 Stunden, wurde<br />
den Lehrern das Deputat um bis zu vier<br />
Unterrichtsstunden erhöht. Später war<br />
der Berliner Senat nicht bereit, sein Versprechen<br />
einzulösen, diese Erhöhung<br />
zurückzunehmen, wenn eine Einigung<br />
erzielt worden ist. Folge war der Ausschluss<br />
aus dem Berliner Anwendungstarifvertrag<br />
– und damit auch von den Einkommenssteigerungen<br />
2003 und 2004.<br />
Einschneidend sind auch die Veränderungen<br />
in der Ausbildung der Pädagogenzunft.<br />
Zum Wintersemester<br />
Foto: imago<br />
2004/<strong>2005</strong> wurden alle Lehramtsstudiengänge<br />
auf die Abschlüsse Bachelor<br />
und Master umgestellt. Berufsbezogener<br />
soll das neue Lehrerstudium sein.<br />
Bereits während der dreijährigen Bachelor-Ausbildung<br />
sind Schul-Praktika von<br />
Anfang an Pflicht. Doch auch hier<br />
steckt der Teufel im Detail, respektive in<br />
der Praxis. Ein „richtiger“ Lehrer wird<br />
man nämlich nur nach dem auf den<br />
Bachelor-Abschluss aufbauenden zweijährigen<br />
Master-Studiengang – bis heute<br />
ist allerdings nicht entschieden, wie die<br />
Zulassung zu diesem Studiengang geregelt<br />
werden soll. Zumindest an der<br />
Humboldt-Universität wurde laut darüber<br />
nachgedacht, eine Art Numerus<br />
clausus für frisch gebackene Bachelor-<br />
Absolventen einzuführen.<br />
„Lehrer light“<br />
Welche Tätigkeit die Pädagogen ausüben<br />
sollen, die lediglich über einen Bachelor-Abschluss<br />
verfügen, steht noch<br />
in den Sternen. Böger entwarf das neue<br />
Berufsbild des „Schulassistenten“, der<br />
den gestandenen Pädagogen im Unterricht<br />
zur Seite stehen soll. Eine genauere<br />
Tätigkeitsbeschreibung fehlt bis heute.<br />
Ungeklärt ist auch die Zukunft der<br />
so genannten Seiteneinsteiger in den<br />
Lehrerberuf. Um den Lehrermangel zu<br />
beheben, sollen künftig auch Absolventen<br />
von nicht-pädagogischen Studiengängen<br />
an Berlins Schulen unterrichten<br />
können. Ein berufsbegleitender Vorbereitungsdienst<br />
soll für die entsprechende<br />
pädagogische Nachschulung sorgen.<br />
Während Siglinde Schaub vom Koalitionspartner<br />
PDS dieses Modell als „zukunftsweisend,<br />
nicht nur für Berlin“<br />
pries, bekam Böger von den Lehrerorganisationen<br />
Schelte. Die Qualität von<br />
Ausbildung und Unterricht drohten<br />
durch den „Lehrer light“ auf der Strecke<br />
zu bleiben, stellten unisono <strong>GEW</strong> und<br />
der Verband Bildung und Erziehung<br />
(VBE) fest.<br />
Dabei gäbe es in Berlin durchaus genug<br />
Junglehrer, mit denen dem Lehrermangel<br />
beizukommen wäre. Doch rund 80<br />
Prozent der Bewerberinnen und Bewerber<br />
für die zu Beginn dieses Jahres frei<br />
werdenden Referendariatsplätze wurden<br />
abgelehnt. In absoluten Zahlen:<br />
von rund 1300 Junglehrern haben weniger<br />
als 300 eine Stelle in Berlin gefunden.<br />
Besonders drastisch ist das Missverhältnis<br />
zwischen Angebot und Nachfrage<br />
an den Grundschulen. Nur 26 Referendare<br />
seien hier neu eingestellt worden,<br />
kritisiert die <strong>GEW</strong>.<br />
Damit hat sich der Berliner Senat einen<br />
weiteren Bärendienst erwiesen. Gerade<br />
der Grundschulbereich müsste perso-<br />
nell massiv ausgebaut werden. Das neue<br />
Schulgesetz – seit knapp einem Jahr in<br />
Kraft – sieht unter anderem ab dem<br />
Schuljahr 2006/2007 eine flexible Schuleingangsphase<br />
vor. In der ersten und<br />
zweiten Klasse soll jahrgangsübergreifend<br />
unterrichtet werden. Kinder können<br />
dann ein, zwei oder drei Jahre in der<br />
Schulanfangsphase bleiben, je nach<br />
ihrem individuellen Entwicklungs- und<br />
Lernstand. Ab dem neuen Schuljahr<br />
sind zudem alle Kinder in dem Jahr<br />
schulpflichtig, in dem sie sechs werden.<br />
Eine Zurückstellung vom Schulbesuch<br />
ist nicht mehr möglich. Das wird zu steigenden<br />
Schülerzahlen führen. Auf ein<br />
Plus von zirka 13000 Kindern ab dem<br />
Schuljahr <strong>2005</strong>/2006 schätzt die Berliner<br />
Senatsschulverwaltung den zu bewältigenden<br />
Anstieg. Ursprünglich sollten<br />
dafür 750 neue Lehrer und Lehrerinnen<br />
eingestellt werden. Anfang <strong>2005</strong> hat<br />
Senator Böger die Zahl jedoch auf 140<br />
reduziert (s. E&W 2/<strong>2005</strong>).<br />
Deutsch für einen Euro<br />
Aber schon vor dem eigentlichen Einschulungstermin<br />
beginnen für die Berliner<br />
Schulen in diesem Jahr die Probleme.<br />
Im November 2004 wurden alle<br />
Fünfjährigen erstmals einem Sprachtest<br />
unterzogen. Über ein Drittel dieser Kinder<br />
hat laut Testergebnis Sprachförderbedarf.<br />
Für diese „große pädagogische<br />
Herausforderung“ stehen allerdings<br />
kaum Mittel zur Verfügung. Lediglich<br />
550 Kinder, bei denen Defizite im Erwerb<br />
der deutschen Sprache diagnostiziert<br />
wurden und die weder einen Kindergarten<br />
noch ein Vorschule besuchten,<br />
können nun an einem so genannten<br />
Sprachförderkurs in einer Schule<br />
teilnehmen. Unklar bleibt, was mit den<br />
anderen geschieht. Für diese Kinder stehen<br />
keine zusätzlichen Mittel bereit.<br />
Dafür gibt es aber eine Menge Gerüchte,<br />
die Böger auf einer Pressekonferenz<br />
selbst mit in die Welt gesetzt hat: Menschen<br />
mit qualifizierten Sprachkenntnissen<br />
sollten auf Ein-Euro-Job-Basis<br />
die Arbeit in den bisherigen Einrichtungen<br />
unterstützen. Nach heftigen Protesten<br />
brachte er Ende des vergangenen<br />
Jahres schließlich die künftigen Schulassistenten<br />
ins Gespräch. Bachelor-Absolventen<br />
aber gibt es frühestens in zweieinhalb<br />
Jahren, die Sprachkurse sollen<br />
jedoch schon jetzt beginnen.<br />
Der Vorschlag, Lehrer für einen Euro<br />
unterrichten zu lassen, brachte Böger<br />
immerhin eine Auszeichnung ein: Der<br />
Senator erhielt „für den bildungspolitischen<br />
Tiefschlag des Jahres“ Ende Januar<br />
den „Nassen Schwamm 2004“.<br />
Jürgen Amendt<br />
LANDESVERBÄNDE<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 35
PRAXIS: BERUFLICHE BILDUNG<br />
Produktive Zusammenarbeit:<br />
Angehende<br />
Mediendesigner<br />
haben für die gewerkschaftliche<br />
Weiterbildung<br />
eine CD-ROM gestaltet.<br />
36<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Werkzeugkoffer für Moderatoren<br />
Azubis produzieren für die <strong>GEW</strong><br />
Im Auftrag der <strong>GEW</strong>: 26 Schüler des<br />
Oberstufenzentrums Druck- und Medientechnik<br />
in Berlin-Wittenau haben<br />
innerhalb ihrer Berufsausbildung eine<br />
CD-ROM für die Gewerkschaftliche<br />
Bildungsarbeit (gb@) gestaltet. Der<br />
virtuelle Werkzeugkoffer mit umfassenden<br />
Informationen über Organisation<br />
und Methoden der Weiterbildung<br />
soll den bundesweit eingesetzten Moderatoren<br />
als Handwerkszeug dienen.<br />
Auf dem Gewerkschaftstag in Erfurt<br />
haben die angehenden Mediendesigner<br />
das virtuelle Gepäckstück ihren<br />
Auftraggebern überreicht.<br />
Manchmal muss Farhan<br />
Indra noch auf seine<br />
„Spickzettel“ mit den<br />
Befehlen der Programmsprache<br />
Action-<br />
Skript schauen. Das<br />
Programmieren der Suchfunktion für<br />
Dokumente auf der CD-ROM hat es in<br />
sich. Schließlich soll es der Nutzer später<br />
leicht haben. Farhan möchte erreichen,<br />
dass nach der Eingabe des Suchbegriffs<br />
per Mausklick auf dem Bildschirm<br />
die Textpassagen erscheinen, in<br />
denen das gesuchte Wort fett markiert<br />
ist. „Das wirkt auf den ersten Blick so<br />
einfach. Aber dafür braucht man eine<br />
anspruchsvolle Programmiertechnik“,<br />
meint der Azubi, „und viel Mathematikkenntnis<br />
gehört auch dazu.“ Nach<br />
zwei Arbeitstagen hat er die Lösung gefunden.<br />
Für den angehenden Mediendesigner<br />
„ein super Erfolgserlebnis“,<br />
denn damit ist ein weiterer Teil des Projekts<br />
„Werkzeugkoffer“ vollendet worden,<br />
an dem seine ganze Berufsschulklasse<br />
mitgearbeitet hat.<br />
Am 26. Oktober 2004 fand das erste<br />
Treffen zwischen einer Projektgruppe<br />
der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit<br />
und den Berliner Azubis statt. Insgesamt<br />
blieb den jungen Produzenten nur<br />
ein halbes Jahr Zeit, um die CD-ROM<br />
fertig zu stellen. „Das war eine richtige<br />
Herausforderung, zumal wir parallel<br />
unsere Zwischenprüfung vorbereiten<br />
mussten“, betont Berufsschülerin Stephanie<br />
Rohr. Aber es reizte die Klasse, einmal<br />
ein Projekt gemeinsam von Anfang<br />
bis Ende „durchzuziehen“.<br />
Freie Hand bei der Konzeption<br />
Die Anfrage der <strong>GEW</strong> kam gerade zum<br />
richtigen Zeitpunkt. Die Gestaltung einer<br />
CD-ROM steht ohnehin im Rahmenplan<br />
des zweiten Lehrjahres der<br />
Foto: Fischer/report<br />
Mediendesigner. Eigentlich war vorgesehen,<br />
dass jeder Azubi seine Bewerbungs-CD-ROM<br />
gestaltet. Auch die<br />
Selbstdarstellung der Klasse war im Gespräch.<br />
Schließlich entschieden sich<br />
Schüler und Lehrer jedoch für das Projekt<br />
aus der Praxis, den gb@-Werkzeugkoffer.<br />
Mit gutem Grund: Denn alle<br />
für das zweite Lehrjahr vorgesehenen<br />
Lernfelder konnten bei der Kreation<br />
des virtuellen Gepäckstücks geübt werden.<br />
Die <strong>GEW</strong> hatte klare Vorstellungen, was<br />
der „Koffer“ enthalten sollte, ließ aber<br />
den Azubis freie Hand bei Konzeption<br />
und Gestaltung der CD-ROM. An gewisse<br />
Vorgaben waren die Jugendlichen<br />
allerdings gebunden: Sie sollten die<br />
„Styleguides“ einhalten, das heißt, die<br />
optischen Wiedererkennungsmerkmale<br />
mit der <strong>GEW</strong>. Kollegen aus den Landesverbänden<br />
steuerten die inhaltlichen<br />
Komponenten bei.<br />
Auf dieser Grundlage arbeitete zunächst<br />
jeder Auszubildende an seinem eigenen<br />
Entwurf. Die besten fünf wählten die<br />
Schüler aus und entwickelten diese in<br />
Arbeitsgruppen weiter. „Wir waren begeistert,<br />
wie professionell die Jugendlichen<br />
arbeiten können“, sagt Monika<br />
Rebitzki vom Berliner Landesvorstand<br />
der <strong>GEW</strong> über die Zusammenarbeit mit<br />
den Schülern.<br />
In vier Arbeitsgruppen – Programmierung,<br />
Screen Design Organisation,<br />
Kommunikation und Inhalt – teilten<br />
sich die angehenden Mediendesigner<br />
das Projekt auf. Ihnen war schnell<br />
klar, dass alle aufeinander angewiesen<br />
sind, damit am Ende alles zusammenpasst.<br />
Auf der Internetseite www.gew.nonprinter.de<br />
dokumentierten die Schüler regelmäßig<br />
ihre Arbeitsfortschritte. So blieb<br />
die Arbeit transparent. „Es zeigte sich,<br />
dass nicht nur die hohen technischen<br />
Ansprüche gemeistert wurden. Auch im<br />
Umgang mit dem Kunden sind die Jugendlichen<br />
immer sicherer geworden“,<br />
meint Klassenlehrer André Neubert.<br />
Am Ende strengten sich alle an, den<br />
Abgabetermin einzuhalten. Sie wussten,<br />
ihr Produkt wird für die Bildungsarbeit<br />
dringend gebraucht. „Das ist<br />
schon etwas ganz anderes, als wenn<br />
man nur zu Übungszwecken arbeitet“,<br />
so Azubi Corvin Weber.<br />
Die <strong>GEW</strong> kann als „Kundin“ zufrieden<br />
sein. Rechtliche Gründe verhindern es<br />
zwar, dass die Berufsschüler für ihre<br />
Leistungen entlohnt werden. Über eine<br />
kleine „Gegenleistung“ würde sich die<br />
Klasse dennoch freuen: eine Einladung<br />
zu einem der nächsten <strong>GEW</strong>-Weiterbildungsseminare.<br />
Katja Fischer
++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++ NEU +++<br />
✂<br />
Kalenderprogramm 2006<br />
Familienkalender 2006<br />
Unser Kalender für die ganze Familie<br />
Ein neuer Kalender für die ganze Familie. Vier Spalten stehen zum Eintragen<br />
zur Verfügung und zusätzlich gibt es noch die Geburtstags-Spalte. Die schönen<br />
Kindermotive<br />
0<br />
sind wieder von Andreas Röckener.<br />
%<br />
Format: 23,9 x 39 cm.<br />
10 %<br />
attraktive<br />
Rechnungs- und Lieferanschrift:<br />
Name, Vorname Straße<br />
PLZ/Ort Telefon<br />
Telefax E-<strong>Mai</strong>l<br />
bis zum 20. <strong>Mai</strong> <strong>2005</strong><br />
Faxbestellung (0 61 51) 86 01-200<br />
Kleyerstraße 3<br />
64295 Darmstadt<br />
Telefon (0 61 51) 86 01-201/202<br />
Telefax (0 61 51) 86 01-200<br />
E-<strong>Mai</strong>l kalender@apm.ag<br />
http://kalender.apm.ag<br />
ab 10 Stück 2,85 ¢/Stück<br />
ab 25 Stück 2,70 ¢/Stück<br />
ab 50 Stück 2,60 ¢/Stück<br />
Bestellmenge:<br />
apm aG – Mehr als nur drucken!<br />
Wir freuen wir uns, Ihnen unser Kalenderprogramm<br />
2006 vorstellen zu dürfen.<br />
Auch in diesem Jahr haben wir wieder für unsere<br />
Kunden interessante Themen aufgegriffen und diese<br />
in eindrucksvolle Bildkompositionen umgesetzt.<br />
So sind die beliebten Streifenkalender sowie die<br />
Bildkalender „Gesundes Leben“ und „Naive<br />
Malerei“ natürlich wieder wichtiger Bestandteil<br />
unseres Programms.<br />
Neu im Programm sind der Familienkalender mit Bildern<br />
von Andreas Röckener und der Streifenkalender<br />
„Fenster – mal etwas anders“ mit Öl- und Acrylmotiven<br />
des Künstlers Charles Steinke mit südländischem<br />
NEU<br />
Touch.<br />
Taschenkalender, Wandplaner und Schreibtischunterlagen<br />
sind auf Anfrage lieferbar.<br />
Und nicht vergessen: Sollten Ihnen unsere<br />
Produkte gefallen, so bestellen Sie bald,<br />
dann erhalten Sie noch den Frühbestellerrabatt<br />
von 6 % (bis 20. <strong>Mai</strong> <strong>2005</strong>)!<br />
Möchten Sie sich weiter informieren oder<br />
bestellen?<br />
• Im Internet unter http://kalender.apm.ag<br />
können Sie sich einen Bestellschein downloaden,<br />
• schicken uns unter kalender@apm.ag<br />
eine E-<strong>Mai</strong>l<br />
• oder rufen uns an (0 61 51) 86 01-201/202.<br />
✂
LESERFORUM<br />
Kurzsichtig<br />
(E&W 2/05, Seite 30: „Perspektivenwechsel:<br />
nicht nur eine Opfergeschichte“)<br />
Herr Heuberger hat Recht, wenn er<br />
moniert, dass eine ausschließliche<br />
Betrachtung des Antisemitismus<br />
„vor der Folie des Holocaust“ alte<br />
Klischees wieder aufwärmt. Allerdings<br />
ist eine Reduktion der Ursa-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 2/<strong>2005</strong><br />
chen des Antisemitismus auf eine<br />
Frage der Toleranz einer Minderheit<br />
durch die Mehrheit genauso<br />
kurzsichtig. Betrachtet man die<br />
profunde und scharfsinnige Analyse<br />
der „Elemente des Antisemitismus“<br />
in Adornos und Horkheimers<br />
„Dialektik der Aufklärung“,<br />
so werden hier Ursachen für<br />
den Antisemitismus genannt, die<br />
gerade heutzutage wieder eine erschreckende<br />
Verbreitung finden.<br />
Es heißt dort zu den obskurantistischen<br />
Wahnsystemen Anthroposophie<br />
(Eurhythmie), Naturheilverfahren<br />
und fernöstlichem Okkultismus:<br />
„Sie waren, im Angesicht<br />
der Bildung, apokryph und<br />
unrespektabel. Heute aber, wo Bildung<br />
überhaupt aus ökonomischen<br />
Gründen abstirbt, sind in<br />
ungeahntem Maßstab neue Bedingungen<br />
für die Paranoia der Massen<br />
gegeben.“<br />
Dirk Weber, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Für blöd gehalten<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 24: „Verhandlungserfolg<br />
bei Bund und<br />
Gemeinden“)<br />
Als Verhandlungserfolg kann ich<br />
den jüngsten Tarifabschluss beim<br />
besten Willen nicht sehen. Im Gegenteil:<br />
Das sind die härtesten<br />
Verschlechterungen für die Be-<br />
38<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Macht-Zocker<br />
Bund-Länder-<br />
Poker um<br />
die Bildung<br />
schäftigten des öffentlichen Dienstes,<br />
die die Gewerkschaften –<br />
noch dazu ohne jede Gegenwehr –<br />
seit langem eingesteckt haben.<br />
Dieser Abschluss bringt langfristige<br />
Reallohnverluste, neue Niedriglöhne,<br />
Leistungslöhne aus dem<br />
bisherigen Lohn- und Gehaltsvolumen,<br />
Arbeitszeitflexibilisierung,<br />
Abschaffung von Familienzuschlägen,<br />
Reduzierung von Überstundenzuschlägen,<br />
jede Menge Öffnungsklauseln<br />
und außerdem die<br />
„Meistbegünstigungsklausel“. Das<br />
heißt, kommt es in einem Bundesland<br />
zu einem für die Arbeitgeber<br />
günstigeren Abschluss, kann dieser<br />
für alle Beschäftigten auch bei<br />
Bund und Kommunen übernommen<br />
werden. Die Tarifrunde geht<br />
also bei den traditionell am<br />
schlechtesten organisierten Beschäftigten<br />
der Länder weiter mit<br />
voller Rückwirkung auf die Beschäftigten<br />
von Bund und Gemeinden,<br />
aber ohne deren Möglichkeiten<br />
zum Arbeitskampf. Es<br />
bleibt der Eindruck, wir Gewerkschaftsmitglieder<br />
werden von unseren<br />
Gewerkschaftsspitzen für<br />
blöd gehalten.<br />
Dieter Behringer, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Kleinigkeit vergessen<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 23: „Schande<br />
für den Rechtsstaat“)<br />
Der Kommentar von Heiko Gosch<br />
ist wirklich lobenswert, nicht zuletzt<br />
wegen des Hinweises auf die<br />
Einmaligkeit deutscher Repression<br />
vor 33 Jahren unter Federführung<br />
von „Willy Mehr-Demokratie-wagen“.<br />
Er hat (hoffentlich<br />
nur) eine Kleinigkeit vergessen:<br />
Die <strong>GEW</strong> hat sich damals an der<br />
Hetze gegen die „staatlich anerkannten<br />
Staatsfeinde“ aktiv betei-<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 3/<strong>2005</strong><br />
Demokratie lernen und leben<br />
Mutig gegen Rechts<br />
ligt mit ihren so genannten „Unvereinbarkeitsbeschlüssen“<br />
und<br />
„Ausschluss statt Rechtsschutz“.<br />
Ich bin gespannt, ob das Redaktionsteam<br />
die politische Weitsicht<br />
hat, Fehler der eigenen Organisation<br />
öffentlich einzugestehen,<br />
indem es diesen Leserbrief<br />
veröffentlicht. Eine öffentliche<br />
Selbstkritik könnte auch die Mitglieder<br />
der <strong>GEW</strong> für potenzielle<br />
gewerkschaftlich falsche Entwicklungen<br />
in der Zukunft sensibilisieren.<br />
Rudi Behn, Frankfurt a. M.<br />
Amateurheft?<br />
(E&W 3/<strong>2005</strong>, Seite 22: „Schavan<br />
auf Hexenjagd“)<br />
Als geschichtsinteressierter und<br />
politikbegeisterter Abiturient habe<br />
ich bis jetzt recht gerne in Ihrer<br />
Zeitung gelesen, da sie viele kritische<br />
Artikel, gerade zu unserem<br />
maroden Bildungssystem,<br />
enthielt. Doch als ich den Artikel<br />
„Schavan auf Hexenjagd“ in Ihrer<br />
Zeitung las, traf mich fast der<br />
Schlag. Ich frage mich wirklich, ob<br />
dieser Artikel Ergebnis amateurhaften<br />
Journalismuses ist oder, was<br />
viel schlimmer wäre, die tatsächliche<br />
politische und ideologische<br />
Gesinnung Ihrer Zeitung widerspiegelt!<br />
Falls das erstere der Fall sein sollte,<br />
kann ich Ihnen mitteilen, dass<br />
man mit geringstem Aufwand hätte<br />
herausfinden könne, dass die<br />
„Antifaschistische Initiative Heidelberg“<br />
nicht, wie von Ihnen vermittelt,<br />
eine brave Organisation<br />
ist, die gegen Rechtsextremismus<br />
kämpft, sondern eine „Initiative“,<br />
in welcher „radikale Linke verschiedener<br />
Strömungen zusammen<br />
arbeiten“, sprich Kommunisten,<br />
Anarchisten und Autonome.<br />
Carsten Lenk, per E-<strong>Mai</strong>l<br />
Heikle Begriffe<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 32: Leserbrief<br />
„Politik mit Militanz“)<br />
Ernst C. Lerche kritisiert in seinem<br />
Leserbrief, die antifaschistische<br />
Initiative, der das Berufsverbotsopfer<br />
Michael Czaszkozy angehört,<br />
akzeptiere Militanz. Dabei wurde<br />
vermutlich übersehen, dass er unter<br />
Militanz „eine entschlossene,<br />
kämpferische Haltung, die<br />
nicht vor Konfrontationen zurückscheut“,<br />
versteht sowie mehr-<br />
fach betont hat, Gewalt gegen<br />
Menschen und Sachen abzulehnen.<br />
Ein typisches Beispiel für eine<br />
militante Aktion ist eine Sitzblockade.<br />
Liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen, lasst euch durch heikle<br />
Begriffe nicht verunsichern.<br />
Ingo Schwarze, Karlsruhe<br />
Kuckucksei<br />
(E&W 4/<strong>2005</strong>, Seite 12: „Wider<br />
die Stoppuhrpädagogik“)<br />
„Auf Initiative der <strong>GEW</strong>“ sollen in<br />
Baden-Württemberg 30 Versuchsschulen<br />
ein Zeitbudget bekommen,<br />
um der „Stoppuhrpädagogik“<br />
zu begegnen. Was sich nach Erfolg<br />
anhört, ist eher ein Kuckucksei.<br />
Erziehung<br />
und Wissenschaft<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft <strong>GEW</strong> 4/<strong>2005</strong><br />
25.Gewerkschaftstag • Erfurt • 23.–27.April <strong>2005</strong><br />
Antworten auf Fragen,<br />
die heute bewegen.<br />
Das Kultusministerium besteht<br />
nämlich auf Kostenneutralität,<br />
was nur ganz Blauäugige überrascht<br />
haben dürfte. Man hat<br />
schon vor Jahren nachgewiesen,<br />
dass die berufliche Belastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer unverantwortliche<br />
Ausmaße angenommen<br />
hat – die extrem hohe Anzahl von<br />
Frühpensionierungen belegt das.<br />
Seither sind weitere Verschlechterungen<br />
hinzugekommen: u.a. größere<br />
Klassen und Deputatserhöhungen.<br />
Eine bloße Umverteilung<br />
innerhalb eines Zeitbudgets<br />
kann dann unmöglich zu einer<br />
Verbesserung des Zuwendungsfaktors<br />
für die einzelnen Schülerinnen<br />
und Schüler führen. Viel<br />
wahrscheinlicher ist eine Entsolidarisierung<br />
in den Kollegien. Aus<br />
gewerkschaftlicher Sicht halte ich<br />
es jedenfalls für mehr als riskant,<br />
an neuen Arbeitszeitmodellen<br />
mitzuwirken, ohne zuvor Zusagen<br />
für eine generelle Entlastung der<br />
Lehrerinnen und Lehrer erhalten<br />
zu haben. Peter Schild, Böblingen
Anzeige<br />
Liebe Kolleginnen,<br />
liebe Kollegen,<br />
seit mehr als 30 Jahren bieten wir<br />
für <strong>GEW</strong>-Mitglieder und deren<br />
Angehörige eine Sterbegeldversicherung<br />
an, die durch einen Gruppenversicherungsvertrag<br />
mit der<br />
DBV-Winterthur kostengünstiger<br />
ist als vergleichbare Einzelversicherungen.<br />
Wer gegenüber Angehörigen Verantwortung<br />
trägt, sollte privat für<br />
den Fall des Todes vorsorgen, auch<br />
wenn der eigene Tod ein sensibles<br />
Thema ist und oftmals tabuisiert<br />
wird. Auch für die Angehörigen ist<br />
ein Sterbefall belastend, zu der Bewältigung<br />
der Trauer kommen organisatorische<br />
Aufgaben hinzu,<br />
die mit erheblichem finanziellen<br />
Aufwand verbunden sind.<br />
Aus Erfahrung wissen wir, dass die<br />
Kosten für eine würdige Bestattung<br />
5000 EUR oft weit übersteigen.<br />
Das bisher von den gesetzlichen<br />
Kranken-versicherungen (GKV)<br />
gezahlte Sterbegeld entfällt mit<br />
Wirkung vom 01.01.2004 genauso<br />
wie das Sterbegeld für Beihilfeberechtigte<br />
für Hinterbliebene<br />
von Beamten.<br />
Finanzielle Vorsorge ist daher<br />
notwendiger denn je.<br />
Wir empfehlen den Abschluss einer<br />
angemessenen BFW-Sterbegeldversicherung.<br />
Durch unseren<br />
BFW-Gruppensondertarif erhalten<br />
Sie Vorzugskonditionen, die<br />
für Einzelne sonst nicht erreichbar<br />
sind. Wenn Sie sich die Beiträge<br />
ansehen, werden Sie feststellen,<br />
dass ausreichender Schutz für die<br />
Familie keine Geldfrage ist. Gerade<br />
in jungen Jahren sind die<br />
Beiträge minimal für einen hohen<br />
Versicherungsschutz und<br />
werden damit auch im Alter nicht<br />
zur Belastung.<br />
Sollten Sie bereits über eine Lebensversicherung<br />
verfügen, so<br />
denken Sie daran, dass diese meist<br />
mit dem 60. Lebensjahr endet und<br />
darüber hinaus dann kein Versicherungsschutz<br />
mehr besteht.<br />
Die BFW-Sterbegeldversicherung<br />
schützt lebenslang!<br />
Die Versicherungsleistung, erhöht<br />
um die Überschussbeteiligung,<br />
wird fällig, wenn die versicherte<br />
Person stirbt.<br />
Für den Abschluss der Sterbegeldversicherung<br />
ist die Mitgliedschaft<br />
im BFW der <strong>GEW</strong> erforderlich,<br />
die zusätzlich zum Versicherungsbeitrag<br />
monatlich 0,05 EUR kostet.<br />
Ihre vertraglich zugesicherten Vorteile:<br />
– niedrigere Beiträge als für Einzelverträge<br />
– Steuerbegünstigung der Beiträge<br />
– keine Gesundheitsfragen<br />
– garantierte Aufnahme bis 80 Jahre<br />
– Mehrleistung durch Überschussbeteiligung<br />
– Schnelle unkomplizierte Auszahlung<br />
– Doppelzahlung bei Unfalltod<br />
– Versicherung auch für Angehörige.<br />
Handeln Sie jetzt: Schicken Sie uns heute<br />
noch Ihren ausgefüllten und unterschriebenen<br />
Antrag zu.<br />
Mit den besten Empfehlungen<br />
Ihr Bildungs- und Förderungswerk<br />
PS: Durch die Zuwendungserklärung<br />
erhalten wir die Mittel, die uns in die<br />
Lage versetzen, Ihnen die vorteilhafte<br />
Gruppen-Sterbegeldversicherung anzubieten<br />
und unsere satzungsgemäßen<br />
Aufgaben zu erfüllen. Wenn Sie dazu<br />
weitere Informationen benötigen, fordern<br />
Sie diese bei uns an.<br />
BILDUNGS- UND FÖRDERUNGSWERK DER <strong>GEW</strong> IM DGB E.V.<br />
BFW der <strong>GEW</strong>, Reifenberger Straße 21, 60489 Frankfurt, Telefon (0 69) 7 89 73-204<br />
I. Ich erkläre zum nächstmöglichen Termin meinen Beitritt zum BFW der <strong>GEW</strong> und erkenne den Mitgliedsbeitrag von monatlich<br />
fünf Cent an.<br />
II. Ich erkläre meinen Beitritt zur Sterbegeldversicherung (Bedingungen s. Rückseite) aufgrund des Gruppenvertrages zwischen<br />
der DBV-Winterthur Lebensversicherung AG und dem BFW der <strong>GEW</strong> und beantrage die nachstehend angekreuzte<br />
Versicherungssumme (bei einer Erhöhung die neue Gesamt-Versicherungssumme).<br />
Name: Name:<br />
Vorname: Vorname:<br />
Geburtsdatum: Geburtsdatum:<br />
■ Neuantrag ■ Erhöhungsantrag auf – bitte ankreuzen – ■ Neuantrag ■ Erhöhungsantrag auf – bitte ankreuzen –<br />
Vers.-Summe: Vers.-Summe:<br />
■ 1 000 Euro ■ 5000 Euro ■ 9000 Euro ■ 1000 Euro ■ 5000 Euro ■ 9000 Euro<br />
■ 2 500 Euro ■ 6500 Euro ■ 10 000 Euro ■ 2500 Euro ■ 6500 Euro ■ 10 000 Euro<br />
■ 4 000 Euro ■ 8000 Euro ■ 12 500 Euro ■ 4000 Euro ■ 8000 Euro ■ 12 500 Euro<br />
PLZ: Ort: Straße/Nr.:<br />
III. Abbuchungsermächtigung (ist grundsätzlich erforderlich)<br />
Ich erkläre mich damit einverstanden, dass die Beiträge (einschl. BFW-Beiträge) bis auf schriftlichen Widerruf entsprechend<br />
der nachstehend angekreuzten Zahlungsweise im Lastschriftverfahren eingezogen werden:<br />
■ monatl. ■ quartalsweise (im Feb., <strong>Mai</strong>, Aug., Nov.) ■ kalenderhalbjährl. (im Feb., Aug.) ■ kalenderjährl. (im <strong>Mai</strong>).<br />
Der Mindestbetrag der Abbuchung muss 5,00 Euro betragen.<br />
Kto-Nr.: BLZ: Institut:<br />
IV. Zuwendungserklärung<br />
Die während meiner Mitgliedschaft auf die Sterbegeldversicherung anfallenden Grund-Überschussanteile<br />
werden mit den von mir zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet. Bis auf meinen jederzeit möglichen<br />
Widerruf wende ich dem BFW der <strong>GEW</strong> laufend Beträge in Höhe der jeweils verrechneten Überschussanteile<br />
zu. Dadurch kommen diese Beträge wirtschaftlich nicht mir, sondern dem BFW der <strong>GEW</strong> zu 64 Prozent<br />
für satzungsgemäß obliegende Aufgaben und zu 36 Prozent zur Förderung der Sterbegeldeinrichtung<br />
(Kostendeckungsmittel) zugute. Über die Höhe der Zuwendung gibt das BFW auf Anfrage jederzeit Auskunft.<br />
Datum Unterschrift 1. Antragsteller Unterschrift 2. Antragsteller Unterschrift des Kontoinhabers<br />
Wichtig<br />
Bevor Sie diesen Antrag unterschreiben, lesen Sie bitte auf der Rückseite die Schlusserklärungen der zu versichernden<br />
Person. Die Schlusserklärungen enthalten u. a. die Einwilligungsklausel nach dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)<br />
und Hinweise zum Widerspruchsrecht;sie sind wichtiger Bestandteil des Vertrages.Sie machen mit Ihrer Unterschrift die<br />
Schlusserklärungen zum Inhalt dieses Antrags.<br />
Wird vom Versicherer ausgefüllt Versicherungssumme Versicherungsbeginn<br />
5 8 6 6 1 1 0<br />
5 8 6 6 1 1 0<br />
0 0<br />
0 0<br />
BFW DER <strong>GEW</strong><br />
Sterbegeldversicherung ohne Gesundheitsprüfung<br />
Niedrige Beiträge durch Gruppenvertrag<br />
1 2 0 0<br />
1 2 0 0<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 39
BFW DER <strong>GEW</strong><br />
Produktbeschreibung<br />
Überschussbeteiligung<br />
Ber.des Eintrittsalters<br />
Beitragszahlung<br />
Unfall-<br />
Zusatzversicherung<br />
Willenserklärungen<br />
Schweigepflichtentbindungserklärung<br />
Widerspruchsrecht<br />
Versicherungsbedingungen<br />
Einwilligungsklausel<br />
nach dem BDSG<br />
Allgemeine Hinweise<br />
Versicherungsträgerin<br />
40<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Die Versicherungsleistung wird beim Tod der versicherten Person fällig. Das Höchsteintrittsalter beträgt 80 Jahre. Der Versicherer verzichtet auf<br />
eine Gesundheitsprüfung; stattdessen gilt beim Tod der versicherten Person im ersten Versicherungsjahr folgende Staffelung der Versicherungsleistung:<br />
Bei Tod im ersten Monat: Rückzahlung des eingezahlten Beitrags; bei Tod im zweiten Monat: Zahlung von 1 ⁄12 der Versicherungsleistung; bei<br />
Tod im 3. Monat: Zahlung von 2 ⁄12 der Versicherungsleistung usw.; allmonatlich um 1 ⁄12 der Versicherungsleistung steigend bis zur vollen Versicherungsleistung<br />
ab Beginn des zweiten Versicherungsjahres.<br />
Stirbt die versicherte Person vor Ablauf des ersten Versicherungsjahres infolge eines im ersten Versicherungsjahr eingetretenen Unfalls, wird stets<br />
die volle Versicherungsleistung erbracht.<br />
Die von der DBV-Winterthur Lebensversicherung AG laufend erwirtschafteten Überschüsse werden in Form von Grund- und Zinsüberschussanteilen<br />
weitergegeben. Die Grundüberschussanteile werden mit den von Ihnen zu zahlenden Versicherungsbeiträgen verrechnet (siehe umstehende<br />
Zuwendungserklärung). Die Zinsüberschussanteile werden verzinslich angesammelt und zusammen mit der Versicherungsleistung ausgezahlt.<br />
Beginnjahr der Versicherung minus Geburtsjahr der zu versichernden Person = Eintrittsalter.<br />
Die Beiträge sind bis zum Ende des Monats zu entrichten, in dem die versicherte Person stirbt; längstens jedoch bis zum Ende des Versicherungsjahres,<br />
in dem die versicherte Person das rechnungsmäßige 85. Lebensjahr vollendet.<br />
Monatsbeiträge in Euro für je 500 Euro Versicherungssumme<br />
Für andere Versicherungssummen ist der Beitrag entsprechend zu vervielfältigen.<br />
Dadurch können sich Rundungsdifferenzen ergeben.<br />
Produkt VG 9/2004<br />
Ein- Ein- Ein- Eintritts-<br />
Frauen Männer tritts- Frauen Männer tritts- Frauen Männer tritts- Frauen Männer<br />
alter alter alter alter<br />
15 0,46 EUR 0,54 EUR 35 0,75 EUR 0,90 EUR 55 1,50 EUR 1,93 EUR 75 5,00 EUR 6,08 EUR<br />
16 0,47 EUR 0,55 EUR 36 0,77 EUR 0,93 EUR 56 1,57 EUR 2,01 EUR 76 5,52 EUR 6,62 EUR<br />
17 0,48 EUR 0,56 EUR 37 0,79 EUR 0,96 EUR 57 1,64 EUR 2,11 EUR 77 6,14 EUR 7,27 EUR<br />
18 0,49 EUR 0,58 EUR 38 0,81 EUR 0,99 EUR 58 1,71 EUR 2,21 EUR 78 6,91 EUR 8,06 EUR<br />
19 0,50 EUR 0,59 EUR 39 0,84 EUR 1,03 EUR 59 1,80 EUR 2,32 EUR 79 7,91 EUR 9,07 EUR<br />
20 0,51 EUR 0,60 EUR 40 0,87 EUR 1,06 EUR 60 1,89 EUR 2,43 EUR 80 9,25 EUR 10,41 EUR<br />
21 0,52 EUR 0,62 EUR 41 0,89 EUR 1,10 EUR 61 1,98 EUR 2,55 EUR<br />
22 0,53 EUR 0,63 EUR 42 0,92 EUR 1,14 EUR 62 2,09 EUR 2,69 EUR<br />
23 0,55 EUR 0,65 EUR 43 0,96 EUR 1,18 EUR 63 2,20 EUR 2,83 EUR<br />
24 0,56 EUR 0,66 EUR 44 0,99 EUR 1,23 EUR 64 2,32 EUR 2,98 EUR<br />
25 0,57 EUR 0,68 EUR 45 1,02 EUR 1,27 EUR 65 2,45 EUR 3,15 EUR<br />
26 0,59 EUR 0,70 EUR 46 1,06 EUR 1,32 EUR 66 2,60 EUR 3,33 EUR<br />
27 0,60 EUR 0,71 EUR 47 1,10 EUR 1,38 EUR 67 2,76 EUR 3,53 EUR<br />
28 0,62 EUR 0,73 EUR 48 1,14 EUR 1,43 EUR 68 2,94 EUR 3,75 EUR<br />
29 0,63 EUR 0,75 EUR 49 1,18 EUR 1,49 EUR 69 3,14 EUR 3,99 EUR<br />
30 0,65 EUR 0,78 EUR 50 1,23 EUR 1,55 EUR 70 3,37 EUR 4,25 EUR<br />
31 0,67 EUR 0,80 EUR 51 1,27 EUR 1,62 EUR 71 3,62 EUR 4,54 EUR<br />
32 0,69 EUR 0,82 EUR 52 1,33 EUR 1,69 EUR 72 3,90 EUR 4,87 EUR<br />
33 0,70 EUR 0,85 EUR 53 1,38 EUR 1,76 EUR 73 4,23 EUR 5,23 EUR<br />
34 0,72 EUR 0,87 EUR 54 1,44 EUR 1,84 EUR 74 4,60 EUR 5,64 EUR<br />
Lt. den Bedingungen für die Unfall-Zusatzversicherung ist diese Zusatzversicherung – außer bei Eintrittsaltern ab 75 Jahren – stets eingeschlossen.<br />
Der Zusatzbeitrag für die Unfall-Zusatzversicherung beträgt je 1000 EUR Sterbegeld monatlich 0,08 EUR; er ist in den entsprechenden Beiträgen<br />
der Tabelle bereits enthalten. Bei Tod infolge eines Unfalles vor dem Ende des Versicherungsjahres, in dem die versicherte Person ihr 75. Lebensjahr<br />
vollendet hat, wird das doppelte Sterbegeld gezahlt. Stirbt die versicherte Person danach, leistet der Versicherer dennoch in folgenden Fällen:<br />
Der Unfall muss bei der Benutzung eines dem öffentlichen Personenverkehr dienenden Verkehrsmittels eingetreten und das Verkehrsmittel muss<br />
diesem Unfall selbst ausgesetzt gewesen sein.<br />
Schlusserklärungen der zu versichernden Person<br />
Mir ist bekannt, dass die Vereinigung Versicherungsnehmerin ist. Sie handelt in meinem Auftrag. Ich bevollmächtige die Vereinigung zur Vertretung<br />
bei der Abgabe und Entgegennahme aller das Versicherungsverhältnis betreffenden Willenserklärungen (einschließlich der Kündigung der<br />
Sterbegeld-Versicherung beim Ausscheiden des Mitglieds aus der Vereinigung); die Vertretungsbefugnis erstreckt sich jedoch nicht auf die Empfangnahme<br />
von Versicherungsleistungen und die Änderung des Bezugsrechts.<br />
Bei höherem Eintrittsalter können die zu zahlenden Beiträge in ihrem Gesamtbetrag die versicherte Leistung unter Umständen übersteigen.<br />
Der Versicherer darf nur bei Freitod innerhalb der ersten drei Versicherungsjahre oder bei einem Unfalltod die Ärztinnen/Ärzte, welche die Todesursache<br />
feststellen werden, und die Ärztinnen/Ärzte und Heilkundigen, die mich im letzten Jahr vor meinem Tod untersuchen oder behandeln<br />
werden, sowie Behörden – mit Ausnahme von Sozialversicherungsträgern – über die Todesursache oder die Krankheiten, die zum Tod geführt haben,<br />
befragen. Insoweit entbinde ich alle, die hiernach befragt werden, von der Schweigepflicht auch über meinen Tod hinaus.<br />
Ich kann dem Versicherungsvertrag bis zum Ablauf von einem Monat nach Zugang des Versicherungsscheins,der Versicherungsbedingungen<br />
und der übrigen Verbraucherinformationen widersprechen.Zur Wahrung dieser Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs.<br />
Für die Versicherung gelten die Allgemeinen Bedingungen für die Gruppen-Sterbegeld-Versicherung nach Sondertarifen (Vertragsgrundlage 260),<br />
die Bedingungen für die Unfall-Zusatzversicherung (Vertragsgrundlage 500) und die Verbraucherinformationen nach § 10 a VAG. Diese werden<br />
mit dem Versicherungsschein und einer Kopie des Antrags übersandt; auf Wunsch können die Allgemeinen Bedingungen auch schon bei Antragstellung<br />
ausgehändigt werden. Maßgeblich für den Versicherungsvertrag sind ausschließlich die bei Policierung ausgehändigten Unterlagen.<br />
Ich willige ein, dass die Versicherer der DBV-Winterthur Gruppe allgemeine Antrags-, Vertrags-, Abrechnungs- und Leistungsdaten in gemeinsamen<br />
Datensammlungen führen, soweit dies der ordnungsgemäßen Durchführung meiner Versicherungsangelegenheiten dient.<br />
Auf diesen Vertrag findet das Recht der Bundesrepublik Deutschland Anwendung. Die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht<br />
(BAFin), Postfach 13 08, 53003 Bonn.<br />
Besondere Vereinbarungen sind nur mit Zustimmung des Versicherers wirksam.<br />
Eine bestehende Versicherung aufzugeben und dafür eine neue Versicherung abzuschließen, ist für die zu versichernde Person im allgemeinen unzweckmäßig<br />
und wird daher von den Versicherungsunternehmen nicht gewünscht.<br />
DBV-Winterthur Lebensversicherung<br />
Aktiengesellschaft<br />
Sitz: Wiesbaden (AG WI – 21 HRB 7501)<br />
Anzeige
Veranstaltungen<br />
Sommeruniversität<br />
für Frauen<br />
Die bundesweite Sommeruniversität für Frauen in<br />
Naturwissenschaft und Technik, die in diesem Jahr<br />
vom 25. bis 29. Juli stattfindet, bietet Schülerinnen<br />
der Jahrgangsstufen 10 bis 13 sowie allen interessierten<br />
Frauen die Gelegenheit zu einer intensiven<br />
Studien- und Berufswahlorientierung<br />
in den Bereichen Naturwissenschaft und Technik.<br />
Die Sommeruni wird gemeinsam für die<br />
Standorte Duisburg und Essen vom Campus<br />
Essen organisiert. Neben Veranstaltungen in<br />
Essen werden auch Laborbesichtigungen in<br />
Duisburg angeboten. Zudem gibt es auch in<br />
diesem Jahr die Möglichkeit, im Rahmen eines<br />
eintägigen „Kontaktstudiums“, Arbeitsplätze<br />
von Ingenieurinnen und Naturwissenschaftlerinnen<br />
hiesiger Industrie- und Wirtschaftsunternehmen<br />
kennen zu lernen.<br />
Anmeldungen an:<br />
Telefon 02 01/1 83-33 62 oder –22 41, Informationen<br />
im Internet unter: www.uni-due.de/sommeruni<br />
Theater- und<br />
Tanzpädagogen<br />
Seit über zehn Jahren führt das Off-Theater<br />
NRW – als bundesweit bekanntes Institut für<br />
Theater- und Tanzpädagogik – berufsbegleitende<br />
Fortbildungen zum Theater- bzw. Tanzpädagogen<br />
durch. Die neuen Lehrgänge beginnen<br />
im Herbst <strong>2005</strong>. Sie umfassen jeweils zwei Jahre<br />
und richten sich an Pädagogen, Lehrer, Erzieher,<br />
Fachkräfte in helfenden und heilenden<br />
Berufen sowie an alle, die Theater oder Tanz in<br />
Gruppen vermitteln wollen. Die neue Basisfortbildung<br />
mit dem Zertifikatsabschluss<br />
„Theaterpädagoge“ beginnt am 10./11. September<br />
(Kurs 20) – der Nachfolgelehrgang beginnt<br />
am 4./5. März 2006. Eine neue Aufbaufortbildung<br />
mit dem Zertifikatsabschluss „Theaterpädage<br />
BuT“ fängt am 22./23. Oktober an. Diese<br />
Fortbildung richtet sich an fortgeschrittene<br />
Teilnehmer, die bereits über theaterpädagogische<br />
Kenntnisse verfügen.<br />
Weitere Informationen:<br />
Off-Theater NRW e.V., Erftstraße 92, 41460 Neuss,<br />
Telefon 0 21 31/8 33 19, Fax 0 21 31/8 33 91,<br />
E-<strong>Mai</strong>l: info@off-theater.de,<br />
Internet: www.off-theater.de<br />
Zertifizierte Coaches<br />
und Moderatoren<br />
„Coaching und Moderation“ heißt der neue Fernstudiengang<br />
an der Universität Bielefeld, der<br />
im Oktober <strong>2005</strong> an den Start geht. Das Fernstudium,<br />
das aus rund 130 Lerneinheiten besteht,<br />
wird durch eine Präsenzphase mit sieben Modulen<br />
und durch die regelmäßige Arbeit in<br />
Peer-Groups ergänzt. Der Studiengang ist interessant<br />
für alle Unternehmen, Einrichtungen<br />
und Personen, die im Bereich Führung, Beratung,<br />
Training, Lehre, Weiterbildung und Personalentwicklung<br />
aktiv sind. Außerdem ist er<br />
offen für Hochschulen und Studierende aller<br />
Fachrichtungen, die sich mit zukunftsfähiger<br />
Personalentwicklung, Weiterbildung oder Beratung<br />
befassen. Weitere Informationen:<br />
Zentrum für Wissenschaftliche Weiterbildung<br />
an der Universität Bielefeld e.V. (ZWW),<br />
Dr. Gernot Graeßner, Universitätsstr. 25,<br />
33615 Bielefeld. Telefon 05 21/1 06 45 65,<br />
E-<strong>Mai</strong>l: gernot.graessner@uni-bielefeld.de,<br />
Internet: www.zww.uni-bielefeld.de/home/<br />
Um Mitarbeit wird gebeten<br />
Schüleraustausch<br />
Auch in diesem Jahr organisiert die Deutsche<br />
Schule in Temuco/Chile wieder einen Schüleraustausch<br />
mit Deutschland. Um alle interessierten<br />
Schüler nach Deutschland schicken zu<br />
können, werden deutsche Gastfamilien gesucht.<br />
Weitere Informationen:<br />
Deutsche Schule Temuco (Chile, S.A.)<br />
i. A. Heidi Rilling, Betreuerin f. d. Schüleraustausch,<br />
E-<strong>Mai</strong>l: hrilling@dstemuco.cl<br />
Erstes Sozialforum<br />
Das erste Sozialforum in Deutschland findet vom<br />
21. bis 24. Juni in Erfurt statt. Um das Forum zu<br />
einem nachhaltigen Erfolg zu machen, wird<br />
noch aktive Mitarbeit benötigt – sowohl für die<br />
Beteiligung an der Programmgestaltung als<br />
auch für die Publizierung des Programms und<br />
die Werbung von teilnehmenden Gruppen und<br />
Organisationen. Ein wichtiges Hilfsmittel für<br />
die Unterstützung ist die Website www.sozialforum<strong>2005</strong>.de.<br />
Unter dieser Adresse können Seminare,<br />
Workshops oder kulturelle Veranstaltungen<br />
angemeldet werden.<br />
Natürlich wird auch finanzielle Unterstützung<br />
benötigt. Der finanzielle Solidaritätsbeitrag<br />
kann auf folgendes Konto überwiesen werden:<br />
Friedens- und Zukunftswerkstatt, Frankfurter Sparkasse,<br />
BLZ 500 502 01, Konto-Nr. 2000 81 292,<br />
Stichwort Sozialforum <strong>2005</strong>. Eine Spendenbescheinigung<br />
(bis 50 Euro genügt der Kontoauszug oder eine<br />
Einzahlungsquittung) ist auf Wunsch möglich.<br />
Weitere Fragen und Informationen:<br />
Friedens- und Zukunftswerkstatt,<br />
Wilhelm-Leuschner-Straße 69-77,<br />
60329 Frankfurt, Telefon 0 69/24 24 99-50,<br />
Fax –51, E-<strong>Mai</strong>l: info@sozialforum<strong>2005</strong>.de<br />
Materialien<br />
Unterrichtsmaterial zum<br />
Film „Sophie Scholl“<br />
Nachdem die Kultusministerkonferenz der<br />
Länder den Film „Sophie Scholl“ erst kürzlich<br />
ausdrücklich für den Unterricht empfohlen<br />
hat, stellt X Verleih ab sofort zusätzliches Filmmaterial<br />
für Schulen und Kinos zur Verfügung.<br />
Allen interessierten Schulen, Kinos und Institutionen<br />
wird eine 19-minütige DVD oder<br />
VHS mit Hintergrund- und Zusatzinformationen,<br />
darunter Interviews mit dem Regisseur<br />
und Zeitzeugen, historisches Bildmaterial und<br />
kommentierte Filmausschnitte, kostenlos zur<br />
Verfügung gestellt. Das Material kann ab sofort<br />
beim X Verleih bestellt werden.<br />
Kontakt: Hermann Lorsbach,<br />
Email: hermann.lorsbach@x-verleih.de;<br />
Fax: 0 30/26 93 37 00<br />
Familienkrankheit Sucht<br />
Alkoholismus in der Familie belastet Kinder.<br />
Lehrer fühlen sich meist hilflos, wenn ihnen<br />
klar wird, dass die Schwierigkeiten von Schülern<br />
mit einem Suchtproblem im Elternhaus<br />
zusammenhängen. Hier will NACOA<br />
Deutschland, Interessenvertretung für Kinder<br />
aus Suchtfamilien e.V. aufklären. Die Website<br />
www.nacoa.de vermittelt Lehrern, wie sich<br />
Sucht im Elternhaus schulisch auswirkt und informiert<br />
über Hilfsmöglichkeiten. Eine Kinderseite,<br />
Informationen für Eltern und ein bundesweites<br />
Verzeichnis von Hilfsangeboten runden<br />
das Informationsangebot ab.<br />
Lesben und Schwule<br />
in der Schule<br />
Der <strong>GEW</strong>-Ratgeber „Raus aus der Grauzone –<br />
Farbe bekennen“ informiert über den Stand der<br />
rechtlichen Gleichstellung von Lesben und<br />
Schwulen in der Gesellschaft und im Schuldienst.<br />
Es wird mit Fallbeispielen zu verschiednen<br />
Konfliktsituationen und ihrer Bewältigung<br />
gearbeitet. Die Autorinnen und Autoren sind<br />
Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft Lesben<br />
und Schwule in der <strong>GEW</strong>, die über langjährige<br />
Erfahrungen in der Beratung und der<br />
politischen Auseinandersetzung verfügen.<br />
Der Ratgeber richtet sich an Personal- und Betriebsräte,<br />
Gleichstellungsbeauftragte, lesbische<br />
Lehrerinnen und schwule Lehrer, Schul-<br />
leitungen, -verwaltungen und gewerkschaftliche<br />
Rechtsschutzstellen.<br />
„Raus aus der Grauzone – Farbe bekennen“ finden<br />
Sie auf der <strong>GEW</strong>-Homepage unter: www.<br />
gew.de/Binaries/Binary8635/Lesch.pdf<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglieder können die Broschüre gegen<br />
Einsendung eines adressierten und mit 1,44 Euro<br />
frankierten DIN A 4-Umschlags beziehen über<br />
<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand, Vorstandsbereich Frauenpolitik,<br />
Postfach 90 04 09, 60444 Frankfurt/<strong>Mai</strong>n.<br />
Buchtipps<br />
Skinhead<br />
Der erste deutschsprachige Skinhead-Roman,<br />
nicht von einem Soziologen, sondern von einem<br />
Skinhead geschrieben.<br />
André Pilz, Jahrgang 1972, hält sich mit diversen<br />
Jobs über Wasser und ist Gitarrist einer Oi!-<br />
Punkband. Wenn André Pilz über den Skinhead<br />
„way of life“, über Gewalt im Stadion,<br />
Stress mit Einwanderergangs oder Neonazis in<br />
der Szene schreibt, weiß er, worüber er spricht.<br />
Aber „No llores, mi querida – Weine nicht, mein<br />
Schatz“ ist keine verkappte Autobiographie,<br />
kein Tagebuch, nicht nur ein Aufklärungswerk<br />
zu einem der brisantesten Themenkomplexe<br />
der Gegenwart – Rechtsextremismus und Jugendgewalt<br />
–, sondern darüber hinaus auch<br />
ein erstklassiges, bis zur letzten Zeile super<br />
spannendes Stück Literatur.<br />
André Pilz: No llores, mi querida – Weine nicht,<br />
mein Schatz. Ein Skinhead-Roman.<br />
Hardcover. 230 Seiten. 18 Euro.<br />
ISBN 3-86546-031-3; www.jugendkulturen.de<br />
Versteckte Kinder<br />
Es hat mehrerer Jahrzehnte bedurft, bis das<br />
Schicksal der „Versteckten Kinder“ hierzulande in<br />
der Öffentlichkeit Beachtung gefunden hat.<br />
Hierunter versteht man die jüdischen Kinder,<br />
die den Nationalsozialismus im Untergrund,<br />
getrennt von ihren Eltern, überlebt haben – in<br />
Klöstern, in Waisenhäusern, auf Bauernhöfen,<br />
in Gastfamilien.<br />
Nun hat Kerstin Muth einen gut lesbaren, knapp<br />
gehaltenen Band vorgelegt, in welchem sie einige<br />
dieser traumatisch belasteten Biographien<br />
nachzeichnet. Grundlage hierfür bilden neun<br />
im Buch dargebotene Interviews, welche Muth<br />
in einer Mischung aus Zitaten und narrativen<br />
Begleittexten einfühlsam nacherzählt.<br />
Muth beschreibt die großen Schwierigkeiten,<br />
überhaupt Kontakt zu Überlebenden der Shoah<br />
herstellen zu können. Überwiegend hatten<br />
sie in den ersten Jahrzehnten nach der Shoah<br />
nicht über ihr traumatischen Trennungserfahrungen,<br />
dem Entrinnen der Todesdrohung, zu<br />
sprechen vermocht. Die gesamte seelische<br />
Energie wurde für den Neuanfang benötigt.<br />
Vielfach wollten sie auch ihre eigenen Kinder<br />
vor ihren zerstörerischen Lebenserfahrungen<br />
schützen.<br />
Kerstin Muth: Versteckte Kinder. Trauma und Überleben<br />
der „Hidden Children“ im Nationalsozialismus,<br />
Gießen 2004, Psychosozial-Verlag, 165 Seiten,<br />
19,90 Euro.<br />
Dyskalkulie<br />
Das meist verkaufte Buch zum Thema Dyskalkulie<br />
„Mein Kind ist rechenschwach!“ hat das<br />
Zentrum für angewandte Lernforschung in der<br />
5. Auflage neu herausgegeben. Das Anliegen<br />
des Elternratgebers ist es, Eltern, Lehrern und<br />
all denjenigen, die nach Erklärungen und Hilfsmöglichkeiten<br />
für betroffene Kinder und<br />
Jugendliche suchen, einen Einblick in die<br />
Problematik und Hilfestellungen für den verständlichen<br />
Umgang mit rechenschwachen<br />
Kindern an die Hand zu geben. Das Buch kann<br />
zum Preis von 6,— Euro bestellt werden bei:<br />
Arbeitskreis des Zentrums für angewandte Lernforschung<br />
Osnabrück, Telefon 05 41/2 05 22 42,<br />
Fax 2 05 22 44,<br />
Internet: www.os-rechenschwaeche-shop.de<br />
ANSCHLAGTAFEL<br />
Auslandslehrer:<br />
Kontakt halten!<br />
Die <strong>GEW</strong> betreut ihre Mitglieder<br />
auch im Ausland. Dabei bitten wir<br />
Kolleginnen und Kollegen, die als<br />
Lehrkräfte ins Ausland gehen, das<br />
Folgende zu beachten:<br />
Teilen Sie bitte ihren Auslandsaufenthalt<br />
unverzüglich dem<br />
Landesverband mit und bitten<br />
Sie um Überweisung Ihrer Mitgliedschaft<br />
an den Hauptvorstand<br />
in Frankfurt; für die Dauer<br />
der Auslandstätigkeit sind Sie<br />
bundesunmittelbares Mitglied.<br />
(Das wird u. a. bei einem Rechtsschutz-<br />
oder Haftpflichtversicherungsfall<br />
bedeutsam.)<br />
Am sichersten: Sie melden sich<br />
selbst persönlich in Frankfurt an.<br />
Vergessen Sie dabei bitte nicht,<br />
Ihre genaue Auslandsadresse anzugeben<br />
– und später Änderungen<br />
mitzuteilen. Am einfachsten<br />
per E-<strong>Mai</strong>l: Die Adressenverwaltung<br />
der Auslandslehrer besorgt<br />
Sabine Quint – sabine. quint@<br />
gew.de (oder auf dem Postweg:<br />
<strong>GEW</strong>-Hauptvorstand, Sabine<br />
Quint, Postfach 90 04 09, 60444<br />
Frankfurt/M). Diese Kollegin ist<br />
auch zuständig, wenn die <strong>GEW</strong>-<br />
Zeitschriften – sowie die Rundbriefe<br />
der AGAL – nur auf Umwegen<br />
oder gar nicht zu Ihnen<br />
gelangen. Bei inhaltlichen Fragen<br />
wenden Sie sich bitte an Karin<br />
Gaines: karin.gaines@gew.de<br />
oder richten Sie ihre Fragen direkt<br />
an die AGAL (Arbeitsgruppe<br />
Auslandslehrerinnen und Auslandslehrer<br />
beim Hauptvorstand<br />
der <strong>GEW</strong>): agal@gew.de<br />
Von vielen Kolleginnen und Kollegen<br />
wird leider immer wieder<br />
übersehen, dass es bei der Rückkehr<br />
erforderlich ist, das umgekehrte<br />
Verfahren anzuwenden:<br />
Rechtzeitig bitte in Frankfurt<br />
ab- und beim Landesverband<br />
wieder anmelden. Adressen finden<br />
Sie im Internet www.gew.de/<br />
Landesverbaende_3.html. Dort<br />
lohnt sich auch ein gelegentlicher<br />
Blick auf die AGAL-Seite:<br />
www.gew.de/AGAL.html. Das<br />
alles gilt natürlich ebenso für mit<br />
ausgereiste Ehegatten, sofern sie<br />
<strong>GEW</strong>-Mitglied sind.<br />
Wolfgang Gotterbarm,<br />
AGAL-Vorsitzender<br />
E&W 5/<strong>2005</strong> 41
MARKTPLATZ<br />
42<br />
www.klinik-wollmarshoehe.de<br />
Hans Weber<br />
Die Wollmarshöhe<br />
Klinik<br />
Wollmarshöhe<br />
Fachkrankenhaus<br />
für psychosomatische<br />
und Innere Medizin<br />
Individuelle Hilfe bei<br />
psychosomatischen,<br />
internistischen und<br />
depressiven Erkrankungen.<br />
Klassische Medizin mit<br />
Verfahren der<br />
Naturheilkunde,<br />
Homöopathie,<br />
Psychotherapie<br />
Akutaufnahme möglich.<br />
EZ-Unterbringung,<br />
persönliche Atmosphäre,<br />
in Bodenseenähe.<br />
Für Privatpatienten und<br />
Beihilfeberechtigte.<br />
Gerne senden wir Ihnen<br />
unser Exposé!<br />
Privatklinik Wollmarshöhe<br />
Tel. 07520/927-0 • Fax 2875<br />
Wollmarshofen 14 • 88285 Bodnegg<br />
info@klinik-wollmarshoehe.de<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Ein halbes Jahrhundert<br />
für die AJuM<br />
Die <strong>GEW</strong> gratuliert<br />
Hans Weber, langjähriger <strong>GEW</strong>-Aktiver<br />
und ehemaliger Rektor einer Sonderschule<br />
in Haiger (Hessen), dessen Name untrennbar<br />
mit der Arbeitsgemeinschaft Jugendliteratur<br />
und Medien (AJuM) verbunden ist,<br />
ist im April 85 Jahre alt geworden.<br />
Foto: privat<br />
Nach seinem Eintritt in die <strong>GEW</strong> 1948<br />
begann Hans Weber 1954 sein gewerkschaftliches<br />
Engagement bei den Vereinigten<br />
Jugendschriften-Ausschüssen<br />
(VJA), der heutigen AJuM der <strong>GEW</strong>.<br />
Diesem Ehrenamt ist er bis heute treu<br />
geblieben. Weber organisierte nicht nur<br />
die Rezensionsarbeit und leitete viele<br />
Fortbildungsseminare, er war auch über<br />
lange Jahre Herausgeber der bekannten<br />
Reihe „Materialien Jugendliteratur und<br />
Medien“. Die <strong>GEW</strong> gratuliert herzlich zum<br />
85. und bedankt sich für mehr als ein halbes<br />
Jahrhundert Engagement.<br />
Verschiedenes<br />
Hamburg - Mannheimer Info 0800 - 101 24 09<br />
Darlehen für Beamte + Öffentlicher Dienst<br />
www.beamtendarlehen-will.de (+ Baufinanzierung) Hamburg-Mannheimer<br />
����������������������������������<br />
��������������������������������������<br />
����������������<br />
���������������������������������<br />
���������������������������<br />
������������������<br />
���������������������������������������<br />
�����������������������<br />
Bundesverdienstkreuz<br />
für Detlef Mücke<br />
Engagement für homosexuelle Lehrkräfte<br />
Dem Gewerkschafter Detlef Mücke<br />
(60) ist das Bundesverdienstkreuz<br />
verliehen worden. Der gelernte<br />
Lehrer erhielt die Auszeichnung<br />
für seine überregionalen Verdienste<br />
um die Gleichberechtigung und<br />
Achtung Homosexueller in Schule<br />
und Gesellschaft.<br />
Detlef Mücke ist Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Lesben und<br />
Schwule in der <strong>GEW</strong> und Leiter der<br />
Rechtsschutzstelle der <strong>GEW</strong> Berlin.<br />
Er setzte sich in den 70er Jahren gegen<br />
Berufsverbote für homosexuelle<br />
Lehrkräfte ein. In Berlin machte<br />
Mücke sich dafür stark, dass der Vorbildcharakter<br />
von offen homosexuell<br />
lebenden Lehrkräften für junge<br />
Menschen in die Richtlinien zur Sexualerziehung<br />
des Landes aufge-<br />
nommenwurde. Der Gewerkschafter<br />
gründete 1978 Detlef Mücke<br />
die AG Schwule<br />
Lehrer in<br />
der <strong>GEW</strong>, seit 1998 ist er Mitglied<br />
der <strong>GEW</strong>-Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Lesben und Schwule. Er<br />
gehört seit 26 Jahren zu den Organisatoren<br />
überregionaler Treffen für<br />
homosexuelle Lehrer. Mücke hat<br />
an der Publikation „Lesben und<br />
Schwule in der Schule – respektiert!?<br />
ignoriert!? Eine Synopse der<br />
<strong>GEW</strong>-Befragung der Kultusministerien“<br />
mitgearbeitet. Aktuelle Veröffentlichung<br />
ist der Ratgeber „Raus<br />
aus der Grauzone – Farbe bekennen.<br />
Lesben und Schwule in der<br />
Schule“ (s. www.schwulelehrer.de und<br />
Anschlagtafel Seite 41). E&W<br />
��������������������������<br />
����������������<br />
�������<br />
● ���������������������<br />
���������������������<br />
�����������������<br />
● ���������<br />
�������������<br />
���������<br />
������������������<br />
��������������<br />
�����������������<br />
������������<br />
● ����������������������������������<br />
�������������������<br />
�����������������������<br />
����������������� ��������������<br />
������� � �������� ������<br />
������������������������������<br />
�����������������������������������<br />
�����������������������<br />
���������������������������������������������������<br />
�����������������������������������������<br />
�������������������������������������������������������<br />
�������������������������������������������������<br />
Foto: privat
Erziehung und Wissenschaft<br />
Diesmal<br />
48<br />
E&W 5/<strong>2005</strong><br />
Münte-Pädagogik<br />
Cartoon: Thomas Plaßmann