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Ratgeber Mediation vom ISUV.pdf

Mediation im familienrechtlichen Prozess

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2VorwortSehr geehrte Leserin, sehr geehrter Leser,wir freuen uns, dass Sie sich für die Streitschlichtung durch das <strong>Mediation</strong>sverfahreninteressieren.Der Interessenverband Unterhalt und Familienrecht (<strong>ISUV</strong>) tritt schon seit vielen Jahren fürdie einvernehmliche Lösung der Partner und Eheleute bei Trennung oder Scheidung ein.Daher stehen wir auch vorbehaltlos zu einer außergerichtlichen Konfliktbearbeitung bzw.Konfliktlösung, denn die Wahrscheinlichkeit, mit dieser Methode zu einer Einigung zukommen, mit der alle Beteiligten „leben“ können, ist sehr groß.Ganz wichtig ist hierbei, dass jede einvernehmliche Lösung, welche die Streitbeteiligtenselber finden, jeder von außen herbeigeführten Regelung der Streitpunkte vorzuziehen ist.Bitte bedenken Sie auch: In diesem <strong>Ratgeber</strong> wird hauptsächlich auf die Streitschlichtung beifamilienrechtlichen Angelegenheiten eingegangen.Allerdings lassen sich fast alle im Folgenden aufgeführten Aussagen und Hinweise im Hinblickauf die Grundlagen der <strong>Mediation</strong> auch auf andere Streitfälle des täglichen Lebensübertragen: auf Konflikte im Arbeits‐ und Wirtschaftsleben, bei Erbstreitigkeiten,Nachbarschaftsstreitigkeiten, Konflikte in der Schule u.v.a.m.Wir wünschen Ihnen beim Lesen dieses Heftes viele gute Anregungen und Erfolg bei derDurchführung Ihres <strong>Mediation</strong>sverfahrens.IhrInteressenverband Unterhalt und Familienrecht e.V. (<strong>ISUV</strong>)


3InhaltsverzeichnisA) Vorüberlegung: Verschiedene Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung0. Wahlmöglichkeiten auch bei Trennung und Scheidung?1. Ausgangssituation bei Trennung und Scheidung2. Verschiedene Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung im Vergleich2.1. Das juristische, rechtliche und/oder gerichtliche Verfahren2.2. Die interessenorientierte Konfliktbearbeitung in der <strong>Mediation</strong>2.3. Psychologische Beratung und therapeutische Begleitung in Konfliktsituationen2.4. Unterschiede zwischen psychologischer, juristischer und interessenorientierterKonfliktbearbeitung2.5. ZusammenfassungB) Informationen über außergerichtliche Konfliktlösung mit <strong>Mediation</strong>1. Allgemeine Informationen über <strong>Mediation</strong>2. Die Ursprungsidee von <strong>Mediation</strong>3. Das <strong>Mediation</strong>sverfahren3.1. Ablauf3.2. Konzept3.3. Dauer4. Aufgaben des Mediators5. Voraussetzungen für die Durchführung von <strong>Mediation</strong>5.1. <strong>Mediation</strong>stauglichkeit des Konflikts5.2. Einstellung der Konfliktparteien5.3. Kenntnisse über <strong>Mediation</strong>6. Mögliche Themen in einer Trennungs‐ und Scheidungsmediation7. <strong>Mediation</strong> und Gesetze8. Rechtswirkung des <strong>Mediation</strong>svertrags9. Folgen einer vorzeitigen Beendigung der <strong>Mediation</strong>10. Kosten10.1. Honorar von MediatorInnen10.2. Rechtsanwalts‐ und Gerichtskosten10.3. Verfahrenskosten‐ bzw. Beratungshilfe10.4. Kostendeckung durch Rechtsschutzversicherungen11. Co‐<strong>Mediation</strong>12. Gesamtbetrachtung: Vor‐ u. Nachteile der außergerichtlichen Konfliktlösung mit <strong>Mediation</strong>


4C) Ähnliches ist nicht dasselbe ‐ Gerichtliche <strong>Mediation</strong> als eigenständige Variante dereinvernehmlichen Konfliktlösung nach Klageerhebung1. Begriffsklärung: Gerichtliche / gerichtsnahe / außergerichtliche <strong>Mediation</strong>2. Besonderheiten der gerichtsinternen / gerichtlichen <strong>Mediation</strong>2.1. Beginn der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>2.2. (Richter‐)Mediatoren2.3. Arbeitsweise von Richter‐Mediatoren – ein Spagat zwischen verschiedenen Rollenund Erwartungen2.3. Dauer der gerichtlichen <strong>Mediation</strong>2.4. Struktur der gerichtlichen <strong>Mediation</strong>3. <strong>Mediation</strong> im Kontext mit dem anhängigen Scheidungsverfahren3.1. Folgen einer abgeschlossenen gerichtlichen <strong>Mediation</strong>3.2. Folgen einer abgebrochenen gerichtlichen <strong>Mediation</strong>4. Kosten der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>5. Schlussbetrachtung


5SCHEIDEN TUT WEH ‐ MIT MEDIATION ETWAS WENIGER?INTERESSENORIENTIERTE UND RECHTSORIENTIERTE KONFLIKTBEARBEITUNG IM VERGLEICHScheiden tut meistens weh, dem einen mehr, dem anderen weniger. Verletzte Gefühle, veränderteLebensbedingungen, ... immer prägen viele Fragen und einige Unsicherheiten die Trennungssituation.Eine erste wichtige Frage kann sein: Welchen Weg wählen wir, um unsere konflikthafte Situation amidealsten aufzulösen?‐ Ist eine streitige Auseinandersetzung wünschenswert, sinnvoll, vielleicht gar der einzige Wego d e r‐ ist eine außergerichtliche Konfliktbearbeitung , mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung,für uns eine möglicherweise gangbare und passendere Alternative?Der folgende Überblick soll Sie in die Lage versetzen, den für Sie persönlich passenden Weg einfacherauswählen zu können.A) Vorüberlegung: Verschiedene Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung0. Wahlmöglichkeiten auch bei Trennung und Scheidung?Bei allen Konflikten des Lebens gibt es immer mehrere Alternativen, diesen zu begegnen:Zwischen dem wortlosen Aushalten von belastenden Situationen, endlosen Streitigkeiten, die immerweiter eskalieren und schließlich vor Gericht enden, gibt es auch die Möglichkeit, gemeinsam nacheinvernehmlichen Lösungen zu suchen.In Trennungs‐ und Scheidungskonflikten mag diese Möglichkeit auf den ersten Blick für manchenunvorstellbar sein. Doch lohnt es sich, sowohl kurz‐ wie langfristig, alle Alternativen derKonfliktbehandlung und ihre möglichen Konsequenzen für die eigene Situation zu überdenken.1. Die Ausgangssituation bei Trennung‐ und ScheidungDie Besonderheit bei der Trennungs‐ und Scheidungssituation ergibt sich daraus, dass sehrweitreichende Fragen für viele Lebensbereiche aufgeworfen und beantwortet werden müssen.Eine Neuordnung der Verhältnisse steht an. Viele zukunftsweisende Entscheidungen müssengetroffen werden, die im Prinzip einen kühlen Kopf erfordern. Gleichzeitig befinden sich dieBetroffenen (Ex‐Partner wie Kinder) aber in einer emotional sehr vielschichtigen Lage, die körperlicheund psychische Reserven intensiv beansprucht.In einer solchen Situation ist die Kommunikation der ehemaligen Partner häufig gestört. GemeinsameAbsprachen erscheinen undenkbar oder sind zumindest stark erschwert. Nicht selten geraten dieParteien immer wieder in Missverständnisse und Streitereien. Häufig führt dies auch dazu, dass dieKommunikation über den Umgang mit den Kindern problematisch ist und die Durchführung vonKontakten zwischen Eltern und Kindern zu neuen belastenden Erlebnissen werden.Und dennoch ‐ bei all diesen Schwierigkeiten gibt es Gründe, die für den Versuch einergemeinsamen Verständigung sprechen:


6• Es ist zwar nachvollziehbar, dass Menschen in Krisen gerne die Regelung ihrerAngelegenheiten anderen übertragen möchten, um sich selbst zu entlasten. Die Folge istjedoch, dass sie bei der Übertragung von Entscheidungen vieles aus der Hand geben: zumeinen den Einfluss im Prozess der Lösungsfindung, zum anderen den Einfluss auf den Ausgangdes Prozesses.• Des weiteren kann es bedeuten, dass bei Einschlagen des streitigen Rechtswegs die Situationweiter eskaliert, was einen noch größeren Scherbenhaufen hinterlässt, der auch längerfristigein unbelastetes und sorgenfreies Leben belastet.• Abgesehen davon, dass eine streitige Auseinandersetzung am Ende immer einen Gewinnerund einen Verlierer hinterlässt und keiner dabei ein gutes Gefühl entwickeln kann, gibt es fürviele Ihrer persönlichen Bedürfnisse und Wünsche schlichtweg keine eindeutigen juristischenRegelungen. Dies hat zur Folge, dass Fachanwälte für Familienrecht ihre Mandantinnen2 undMandanten an Mediatoren oder Beratungsstellen verweisen. Ebenso ergeht es Richtern anden Familiengerichten.• Eine gemeinsame Verständigung ist im übrigen insbesondere dann wichtig, wenn Sie Kinderhaben. Auch wenn Ihre Partnerschaft beendet ist, die Elternschaft besteht trotz Trennungund Scheidung ein Leben lang weiter. Das Gesetz geht von einem gemeinsamen Sorgerechtaus und damit ist eine Verständigung über bestimmte Angelegenheiten Ihrer Kinderweiterhin erforderlich. Zahlreiche Studien belegen es: Für das Wohl Ihrer Kinder ist es sehrförderlich, wenn Sie sich in diesen Punkten nicht streiten.Fazit:Es spricht also einiges dafür, sich bewusst zu machen, dass Sie trotz der Krise, die Sie durchleben,immer noch Wahlmöglichkeiten haben und es auch Wege jenseits von streitigenAuseinandersetzungen gibt.Wichtig:Viele Betroffene wissen nicht, dass es zulässig und auch machbar ist, die meisten Aspekte einerTrennung und Scheidung selbst zu regeln. Nur die Ehescheidung an sich sowie (grundsätzlich) dieRegelung zum Versorgungsausgleich (Aufteilung der Rentenanwartschaften) bedarf einesrichterlichen Beschlusses.Gesetzliche Bestimmungen im Scheidungsrecht sind nicht generell zwingend, sondern vielfach fürFälle gedacht, in denen es den Parteien eben nicht möglich ist, selbst eine einvernehmliche Lösungzu erarbeiten.2Für eine bessere Lesbarkeit wurde teilweise auf die geschlechtsgerechte Doppelnennung aller Personen undBerufsbezeichnungen verzichtet und eine neutral zu verstehende Form verwendet.


72. Verschiedene Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung im Vergleich2.1. Das juristische, rechtsorientierte und /oder gerichtliche VerfahrenUnser Rechtssystem bietet die Möglichkeit, Konflikte z.B. mittels anwaltlicher Vertretung und /oder ineinem gerichtlichen Verfahren anzugehen, d.h. die Konfliktbearbeitung wird einem Drittenübertragen.Voraussetzung dafür ist natürlich, dass es sich um rechtlich relevante Tatsachen handelt, die anhandvon Rechtsnormen bewertet werden können, was eben nicht immer der Fall ist.Beispiel:Es gibt z.B. keine Rechtsnorm, die von vornherein bestimmt, wo Ihr Kind seinen Bedürfnissenund Interessen entsprechend idealerweise nach Ihrer Scheidung lebt und wie der Umgang beiderElternteile idealerweise stattfinden kann.Ziel in rechtsorientierten Verfahren ist es regelmäßig, dass eine Partei ihr Recht gegenüber demanderen durchsetzt. Es geht nicht darum, Verständnis für Konfliktursachen oder die Sichtweise desanderen zu entwickeln.Vor Gericht wird nach der sog. Anspruchsmethode entschieden, d.h. ein Kläger macht einengesetzlichen Anspruch geltend, der Beklagte bestreitet dies.Die juristische Konfliktlösung richtet sich also allein an der bestehenden Gesetzeslage aus und an derFrage, wer Recht hat: der Kläger oder der Beklagte. Bei unklarer /streitiger Rechtslage ist derAusgang des Verfahrens ungewiss (Prozessrisiko).Fazit:Beispiel:Wenn die Rechtsanwälte bzw. die Parteien nicht zu einer Vereinbarung kommen, werden diverseAnträge bei Gericht gestellt (z.B. zum Umgangsrecht, zum Kindesunterhalt, Zugewinnausgleich,Versorgungsausgleich etc.). In der Regel wird von Seiten des Gerichts zwar weiterhin einVergleich angestrebt, wenn dies jedoch nicht gelingt, muss eine gerichtliche Entscheidunggetroffen werden. Im Hinblick auf kinderbezogene Themen kann hierzu eine Stellungnahme desJugendamtes notwendig werden oder die Hinzuziehung eines Umgangs‐ und / oderVerfahrenspflegers (sog. „Anwalt des Kindes“), was für die Kinder zu einer extremen Belastungwerden kann.Die Möglichkeit, einen Konflikt rechtsorientiert behandeln zu können, ist eine Errungenschaft unsererZivilisation und Kultur, aber nicht automatisch für jede Konfliktlage der einzige und ideale Weg, umeinen Konflikt einer Lösung zuzuführen.


82.2. Die interessenorientierte Konfliktbearbeitung in der <strong>Mediation</strong>In interessenorientierten Verfahren versuchen die Beteiligten, unter der Leitung von neutralenFachpersonen , ein einvernehmliches Ergebnis zu erzielen.Ein grundlegender Ansatzpunkt für die interessenorientierte Konfliktbearbeitung ist die Überzeugung,dass die Betroffenen als „Experten in eigener Sache“ am ehesten eine für sie selbstmaßgeschneiderte Lösung erarbeiten können. Da, wie oben dargestellt, es Scheidungsparteien inihrer emotional angespannten Situation häufig nicht gelingt, allein miteinander konstruktiv zuverhandeln, erscheint eine Art Dolmetscher oder Lotse, der ihnen hierbei Unterstützung leistet,hilfreich und sinnvoll. Diese Funktion übernehmen MediatorInnen (s.u. „Aufgabe vonMediatorInnen“).Das Recht steht bei dieser Art der Konfliktbearbeitung nicht im Mittelpunkt, wird aber im Blickbehalten.Merke:In der <strong>Mediation</strong> geht es nicht vorrangig um die Prüfung und Durchsetzung von gesetzlichenAnsprüchen, sondern um die Herausarbeitung und Klärung der wahren Ziele der Parteien, umdarauf angepasste interessengerechte und individuelle Lösungen zu finden.Unter Berücksichtigung der vorhandenen Rahmenbedingungen in Ihrer persönlichen Lebenssituationwird nach Möglichkeiten gesucht, wie die streitigen Themen in der Zukunft optimal für beide Parteiengeregelt werden können. Dabei kann es sich sowohl um rechtlich relevante wie auch rechtlich nichterfasste Themen handeln.2.3. Psychologische Beratung und therapeutische Begleitung in KonfliktsituationenIn der psychologischen Beratung oder Therapie stehen die Gefühle der Personen im Mittelpunkt.Dreh‐ und Angelpunkt ist hier die Bearbeitung tieferer Persönlichkeitsprobleme, deren Ursprungmeist in der Vergangenheit liegt.Ziel einer therapeutischen Begleitung in einer Trennungssituation ist die Wiederherstellung desinneren Gleichgewichts der Betroffenen über ein besseres Eigenverständnis und das Erlernen vonbewusstem und eigenverantwortlichem Handeln in bestimmten Situationen.Die Erfahrung zeigt, dass im Trennungs‐ und/oder Scheidungsfall immer auch der gefühlsmäßigeBereich der Ex‐Partner eine große Bedeutung hat.Hinweis:Die psychologische Beratung von Scheidungsparteien hilft den Betroffenen vor allem, um mitihrem Trennungsschmerz besser fertig zu werden.Rechtsanwälte wie auch Mediatoren können in ihrer berufsspezifischen Rolle den Mandantenkeine Hilfe bei der Lösung emotionaler Belastungssituationen anbieten.


92.4. Unterschiede zwischen psychologischer, juristischer und interessenorientierterKonfliktbearbeitung:Die Aufgabe eines Rechtsanwalts besteht nicht darin, auf die emotionale Seite eines Konfliktseinzugehen. Sein Augenmerk richtet sich auf die juristische Einordnung des vorliegenden Konflikts.Auch der Ansatz von <strong>Mediation</strong> ist ein anderer: In der <strong>Mediation</strong> wird nicht die Vergangenheit oderUrsachen von psychischen Befindlichkeiten einzelner beleuchtet, sondern die verschiedenenInteressen und Bedürfnisse der Betroffenen in der Gegenwart. Es wird versucht, die Kommunikationder Menschen miteinander zu verändern. In der psychologischen Beratung ist es das Ziel, Teilaspektedes einzelnen Menschen oder dessen Verhalten zu verändern.2.5. Zusammenfassung:Jedes Verfahren – ob juristischer oder nicht rechtsorientierter Art ‐ ist für sich genommen ein Gewinnunserer Kultur und bietet je nach Konfliktsituation den Betroffenen ganz eigene Vorteile. Es istinsofern auch immer eine Überlegung wert, die Möglichkeiten der einzelnen Verfahren als Ergänzungparallel (z.B. <strong>Mediation</strong> / Rechtsberatung und Therapie) oder zeitversetzt (z.B. Therapie / <strong>Mediation</strong>und Rechtsberatung) zu nutzen.Um sich als Betroffener für das jeweils passende Verfahren entscheiden zu können, ist es hilfreich,sich über die unterschiedlichen Ansätze zu informieren.Die vorliegende Broschüre gibt Ihnen im folgenden detaillierte Informationen zum Thema <strong>Mediation</strong>/ interessenorientierte Konfliktbearbeitung bei Trennung und Scheidung zur Hand.B) Informationen über die außergerichtliche Konfliktlösung mit <strong>Mediation</strong>1. Allgemeine Informationen über <strong>Mediation</strong><strong>Mediation</strong> bedeutet „Vermittlung in Konfliktsituationen unter Beteiligung eines neutralen Dritten“.Es handelt sich um eine eigenständige Methode der Konfliktklärung und –bearbeitung.Die spezielle Methodik und die besondere Struktur des Verfahrens beruhen auf Erkenntnissen derKommunikations‐ und Verhandlungsforschung sowie der Psychologie.In England und den USA ist <strong>Mediation</strong> bereits seit vielen Jahren neben der juristischenKonfliktbearbeitung etabliert. In Deutschland wurde diese Idee vor ca. 20 Jahren aufgegriffen.Mittlerweile hat <strong>Mediation</strong> auch in Deutschland ihren festen Platz gefunden.Das Bundesjustizministerium hat am 05.08.2010 den Referentenentwurf des deutschen<strong>Mediation</strong>sgesetzes veröffentlicht. Es folgt damit der Vorgabe des Europäischen Parlaments bzw. derEuropäischen <strong>Mediation</strong>srichtline von 2008.


10Danach waren die Mitglieder der Europäischen Union gehalten waren, bis zum Mai 2011entsprechende nationale Gesetze zu erlassen. Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung ist dieStärkung der außergerichtlichen Konfliktbeilegung.32. Die Ursprungsidee von <strong>Mediation</strong>Weil es den Konfliktbeteiligten oft unmöglich erscheint, allein zu einer einvernehmlichen Lösung zugelangen, landen viele Konflikte traditionell in einem streitigen Verfahren und vor Gericht.An Rechtsanwälte und Richter wird häufig der Anspruch erhoben, sie mögen mit ihrerFachkompetenz entscheiden, was das Beste für die Parteien wäre. Doch auch und gerade inScheidungsverfahren können weder juristische Erfahrung noch Autorität den Vorteil einereinvernehmlichen Konfliktlösung der Parteien ersetzen.Zeit‐ und Kostenintensive Verfahren und die Tatsache, dass selbst bei einem gerichtlichen Vergleichdie Parteien oft ihre Bedürfnisse nicht zufriedenstellend berücksichtigt sehen, sprechen für einenVersuch, sich außergerichtlich zu einigen.Dies gelingt den Beteiligten i.d.R. nicht ohne entsprechende fachliche Unterstützung, weil dieKonflikte meist emotional ausgetragen werden. Die eigene Wahrnehmung ist verengt auf deneigenen Standpunkt. Jeder sieht sich im Recht und versteht die Welt, insbesondere denKonfliktpartner, nicht mehr.Hier knüpft die Idee der <strong>Mediation</strong> an. Das Verfahren unter der Leitung eines Vermittlers ermöglichtes den Beteiligten, gleichberechtigt ihre Sicht der Dinge im Zusammenhang darzustellen. Sie werdenals Experten in eigener Sache angesehen und darin unterstützt, sich auf Augenhöhe zu begegnen.3. Das <strong>Mediation</strong>sverfahren3.1. AblaufEinleitung des VerfahrensMeist wird der Mediator von einem der Konfliktbeteiligten kontaktiert und der Wunsch nachweitergehenden Informationen bzw. der Einleitung eines <strong>Mediation</strong>sverfahrens geäußert. Es findet3 Informationen des Bundesjustizministeriums im Internet:Allgemeine Informationen über <strong>Mediation</strong>:http://www.bmj.de/cln_093/DE/Recht/Rechtspflege/<strong>Mediation</strong>SchlichtungInternationaleKonflikteKindschaftssachen/_doc/mediation_was_ist_das.html?nn=1469876Referentenentwurf der Bundesregierung “Gesetz zur Förderung der <strong>Mediation</strong> und anderer Verfahren deraußergerichtlichen Konfliktbeilegung“:http://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/<strong>pdf</strong>s/GE_<strong>Mediation</strong>_Zuleitungsexemplar.<strong>pdf</strong>?__blob=publicationFile


11bei diesem Erstkontakt kein Gespräch über Details des Konflikts statt, sondern es werden lediglich dieEckdaten (Art des Konflikts, die weiteren Beteiligten) geklärt.Haben sich die Parteien im Vorfeld auf die Einleitung eines <strong>Mediation</strong>sverfahrens geeinigt, kann direktein Termin zu einem gemeinsamen Informationsgespräch vereinbart werden.Ist zunächst nur eine Konfliktpartei an dem Verfahren interessiert, stellt auf besonderen Wunsch derMediator den Kontakt zu der anderen Partei her und erläutert diesem die Möglichkeiten eines<strong>Mediation</strong>sverfahrens.Informationsgespräch / AuftragsklärungKommt es zu einem gemeinsamen ersten Termin, so wird in diesem zunächst das Verfahren unddessen Regeln erläutert. Einigen sich die Parteien, das Verfahren aufzunehmen, so wird einArbeitsbündnis zwischen den Parteien und dem Mediator geschlossen, in welchem Ablauf und Regelnschriftlich vereinbart werden.Möchten die Parteien in diesem Stadium noch nicht gemeinsam an einem Tisch sitzen, so könnenvorübergehend Einzelgespräche im Rahmen einer sog. „Pendelmediation“ geführt werden, bis dieParteien sich vorstellen können, einander persönlich zu begegnen, was immer oberstes Ziel ist.Phasen der KonfliktbearbeitungAn das Informationsgespräch schließt sich das eigentliche <strong>Mediation</strong>sverfahren an, welches 4 weiterePhasen umfasst. Die einzelnen Sitzungen und die jeweilige Phase der <strong>Mediation</strong> sind nichtgleichzusetzen, d.h. in einer Sitzung kann eine Phase abgeschlossen werden, muss es aber nicht. ImÜberblick durchläuft jede <strong>Mediation</strong> nach der Auftragsklärung diese 4 Stufen: Themensammlung Konflikterhellung (Hintergründe) Sammlung und Prüfung von Lösungsoptionen Abschlussvereinbarung3.2. Konzept• <strong>Mediation</strong> ist ein Verfahren, welches auf der freiwilligen Teilnahme der Konfliktbeteiligtenberuht.• Ein fachlich speziell ausgebildeter, neutraler und schweigepflichtiger Vermittler fördert dieKommunikation zwischen den Betroffenen, mit dem Ziel, dass die Parteien selbst eine für ihreganz persönliche Konfliktlage passende Lösung finden.• Den Rahmen bietet ein klar strukturiertes, 5‐phasiges Verfahren• Grundlegende Regeln sind ein respektvolles Miteinander sowie das gegenseitige Zuhören undAusreden lassen. Über die Einhaltung dieser Regeln wacht der Mediator.


12• Während des Verfahrens werden bisher nicht sichtbare tieferliegende Interessen derParteien deutlich.• Auf dieser Ebene wird in 70% aller Fälle eine das Auffinden von neuen Lösungsmöglichkeitenmöglich. Die Parteien entwickeln mit Unterstützung des Mediators möglichst viele Optionen,wie der künftige Umgang mit ihren Problemen aussehen könnte. Diese Ideen werden aufihre Umsetzbarkeit überprüft.• Leitgedanke bei der Lösungssuche ist nicht ein „Entweder – Oder“, sondern „Sowohl – alsauch“. Beide Parteien sollen sich mit dem Ergebnis zufrieden erklären können; beideParteien sollen Gewinner sein (sog. Win‐Win‐Situation).• Die Parteien sind nicht auf ggf. <strong>vom</strong> Gesetzeber vorgeschlagene Lösungen begrenzt, sondernkönnen die Palette von Möglichkeiten um ihre eigenen Ideen erweitern und dann die für siebeste Alternative auswählen.• Das Ergebnis ist eine Lösung , die auf die persönliche Situation maßgeschneidert ist. Unterder Mitwirkung beider Parteien wird ein Lösungspaket möglich, das bezogen auf diepersönliche Alltags‐und Lebenswirklichkeit auch realistisch, d.h. umsetzbar ist.• Wenn für alle streitigen Themen Lösungen gefunden worden sind, mit denen sich beideParteien einverstanden erklären können, wird eine entsprechende abschließendeVereinbarung getroffen (<strong>Mediation</strong>svertrag) und die <strong>Mediation</strong> ist beendet.Dass dies funktionieren kann, zeigen die Erfolgszahlen aus der Praxis sowie das nachfolgende,vereinfachte, aber sehr anschauliche Beispiel:Das Apfelsinenbeispiel ‐ Alles eine Frage der Wahrnehmung !?Jede Sache hat drei Seiten:eine, die ich sehe,eine, die du siehstund eine, die wir beide nicht sehen.(chinesisches Sprichwort)..... Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie sind Mutter / Vater und backen mit ihren zweiKindern am Wochenende gerne zusammen einen Kuchen. Plötzlich bricht ein Streit zwischenden Kindern aus. Es geht um die einzige Apfelsine in der Küche: Beide Kinder wollen die Fruchtganz für sich haben. Bevor der Streit eskaliert, schlagen Sie vor, die Apfelsine doch einfachhälftig zu teilen. Ihre Kinder sind aber damit nicht einverstanden. Sie wollen schon fast dieDiskussion mit einem Machtwort beenden und verstehen nicht, wo das Problem liegt, wenndoch jeder eine Hälfte bekommt. Diese Frage stellen Sie jetzt auch Ihren nörgelnden Kindernund plötzlich wird alles klar: Es stellt sich heraus, dass beide etwas ganz anderes mit der Fruchtwollen: Der eine ist an der Schale interessiert und der andere an dem Saft. Hinter den vonbeiden vehement vertretenen Positionen (ganze Frucht für einen allein) standen ganzunterschiedliche Bedürfnisse (Schale oder Saft). Plötzlich wird klar, dass es eine Lösung gibt, diebeide Streithähne 100%ig zufriedenstellen kann (einer die Schale, einer den Saft), ohne dassman einen Kompromiss schließen muss (für jeden nur halbe Frucht), der keinen wirklichzufrieden stellt. Ihre Frage nach den eigentlichen Interessen hat es ermöglicht, mehr als nureine Option für die Lösung eines Problems zu finden.


133.3. Optimaler Zeitpunkt für eine <strong>Mediation</strong>Ein <strong>Mediation</strong>sverfahren sollte idealerweise möglichst frühzeitig, d.h. vor Klageerhebung / vorEinreichen eines Scheidungsantrags durchgeführt werden, weil die Fronten weniger verhärtet sind alsnach Beginn eines eventuell streitigen Gerichtsverfahrens. <strong>Mediation</strong> kann aber auch zu jedemspäteren Zeitpunkt noch begonnen, ja sogar <strong>vom</strong> Gericht nahegelegt werden (s.o.).3.4. Dauer des Verfahrens<strong>Mediation</strong>en in Trennungs‐ und Scheidungssituationen werden i.d.R. nach 6‐10 Sitzungen (à 90Minuten) abgeschlossen. Die konkrete Dauer ist abhängig von der Zahl der zu klärendenStreitpunkte, den zu bearbeitenden Dokumenten und Unterlagen sowie der Anzahl der Beteiligten.Der Mediator informiert Sie laufend, in welcher Phase des Verfahrens Sie sich befinden.Ob ein Streitpunkt endgültig für Sie geklärt ist, entscheiden letztendlich Sie selbst. Der Mediatorachtet aber gleichzeitig auf eine wirksame und wirtschaftliche Arbeitsweise.4. Aufgaben des Mediators• Er organisiert die erste Kontaktaufnahme und den Ablauf des Verfahrens.• Er sorgt dafür, dass die Gesprächsanteile ausgewogen sind und achtet auf die Einhaltung vonvorher vereinbarten Gesprächsregeln.• Er fällt kein Urteil und keinen Schiedsspruch. Er wertet nicht und ergreift nicht Partei füreinzelne Sichtweisen, sondern ist Vertrauensperson beider Parteien.• Er hilft den Parteien, trotz ihrer Verständigungsschwierigkeiten, einander zu verstehen.Verstehen heißt in diesem Fall, „nachvollziehen können“, nicht „befürworten“.• Er achtet auf eine wirksame und wirtschaftliche Arbeitsweise.• Er hilft Ihnen, den Überblick zu behalten und erarbeitet zu diesem Zweck jeweils ein Protokollüber die abgelaufenen Sitzungen.5. Unter welchen Voraussetzungen kann <strong>Mediation</strong> durchgeführt werden?5.1. <strong>Mediation</strong>stauglichkeit des KonfliktsBis auf wenige Ausnahmen ist jeder Konflikt geeignet, im Rahmen eines <strong>Mediation</strong>sverfahrensbearbeitet und einer Lösung zugeführt zu werden. Besonders sinnvoll ist eine <strong>Mediation</strong> inSituationen, in denen die Streitparteien in engen persönlichen oder wirtschaftlichen Verbindungenzueinander stehen und/oder wenn die Parteien auch künftig in irgendeiner Form miteinander zu tunhaben werden und sich miteinander verständigen müssen bzw. wollen. Letzteres ist ganz besondersin Fällen gegeben, in denen getrennt lebende Eltern wegen ihrer Kinder weiterhin miteinander inKontakt stehen und für diese Regelungen treffen müssen.


145.2. Persönliche EinstellungUnverzichtbar für eine erfolgreiche <strong>Mediation</strong> ist, dass Sie und Ihr Gegenüber sich auf diesen Wegeinlassen wollen.5.3. Kenntnisse über <strong>Mediation</strong>Damit Sie einschätzen können, worauf Sie sich einlassen, sollten Sie sich selbst über das Verfahrenerkundigen und dann möglichst gemeinsam mit Ihrem Konfliktpartner an einem persönlichenInformationsgespräch über das Verfahren teilnehmen.Tipp:Ein persönliches Informations‐Gespräch mit einem Mediator / einer Mediatorin in Ihrer Nähe istin jedem Fall empfehlenswert.Informationsgespräche sind unverbindlich und regelmäßigkostenfrei. Sie sollten möglichst gemeinsam mit Ihrem Konfliktpartner an diesem Gesprächteilnehmen. Die Themen Ihres Konfliktes sind nicht Inhalt eines solchen Gesprächs, sondernwerden es erst mit Beginn des <strong>Mediation</strong>sverfahrens. Der Verband <strong>ISUV</strong> bietet Ihnen hier eineListe von möglichen Anlaufstellen.In bereits laufenden Gerichtsverfahren kann das Familiengericht die Teilnahme an einemInformationsgespräch über <strong>Mediation</strong> anordnen, d.h. nur die Teilnahme an einem solchen Gespräch,nicht die Teilnahme an dem Verfahren selbst. Dies macht deutlich, welch großen Stellenwert diebeiderseitige Informiertheit der Parteien über ein bzw. in einem <strong>Mediation</strong>sverfahren hat.Hinweis:Gerichtliche Anordnung zur Teilnahme an einem Informationsgespräch über <strong>Mediation</strong>• § 135 FamFG – Außergerichtliche Streitbeilegung über Scheidungsfolgesachen• § 156 FamFG‐ Gerichtliches Hinwirken auf Einvernehmen in KindschaftssachenSeit dem 1.9.2009 kann gemäß § 135 FamFG das Familiengericht anordnen, dass Ehegatteneinzeln oder gemeinsam an einem kostenfreien Informationsgespräch über <strong>Mediation</strong> odereiner sonstigen Möglichkeit der außergerichtlichen Streitbeilegung scheidungsbedingterFolgesachen (z. B. Unterhalt, elterliche Sorge) teilnehmen. Die beratenden MediatorInnen habeneine Schweigepflicht über die Inhalte des Gespräches, auch gegenüber dem Gericht. Über dieTeilnahme wird eine Bescheinigung ausgestellt, die im Anschluss dem Gericht vorgelegt wird. DieTeilnahme an dem Gespräch kann nicht mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden, ist aber nichtgänzlich sanktionslos. Die Nichtteilnahme kann gem. § 150 Abs. 4 Satz 2 FamFG bei derVerteilung der Verfahrenskosten berücksichtigt werden (§ 150 Abs. 4 Satz 2 FamFG). Es handeltsich um Fälle, bei denen richterliche Vergleichsbemühungen scheitern und das Gerichtverantworten kann, keine richtungsweisende und verbindliche Entscheidung zu treffen.Betrachten Sie den Vorschlag von Seiten des Gerichts, an einer <strong>Mediation</strong> teilzunehmen, alsChance, Ihre Streitpunkte doch noch einvernehmlich und zeitnah zu regeln. Die Fortführungdes Rechtsstreites könnte für Sie unangenehmer werden.


156. Welche Themen können in einer Trennungs‐ und Scheidungsmediation bearbeitet werden?Für folgende Themen können die Parteien in einer Trennungs‐ / Scheidungsmediation eine eigeneLösung miteinander entwickeln :• Zeitpunkt des Scheidungsantrags• Aufenthaltsort der Kinder (Aufenthaltsbestimmungsrecht) und Umgang Eltern‐Kinder(Umgangsrecht)• Kindesunterhalt• Ehegattenunterhalt bzw. Unterhalt des nicht verheirateten, betreuenden Elternteils(Partnerunterhalt)• Auseinandersetzung über eine gemeinsame Immobilie• Hausrat• Weitere Nutzung der ehelichen Wohnung (Verbleib oder Auszug)• ZugewinnausgleichDie Scheidung der Ehe als solche wird in Deutschland nach entsprechendem Antrag und nachmindestens einem Trennungsjahr von einem Familiengericht verfügt.Hinsichtlich der elterlichen Sorge geht der Gesetzgeber davon aus, dass diese weiterhin von denEltern gemeinsam ausgeübt wird, es sei denn, es wird ein ausdrücklicher Antrag auf alleinigesSorgerecht gestellt.Hinweis:Der Versorgungsausgleich (Ausgleich der Rentenanwartschaften) ist die einzige Folgesache ineinem Scheidungsverfahren, welche zwingend im Verbund <strong>vom</strong> Gericht entschieden wird.Zwar können die Parteien innerhalb eines bestimmten Rahmens versuchen, einvernehmlichandere Lösungen für die Durchführung des Versorgungsausgleichs zu finden, die von ihnenentwickelten Ergebnisse müssen aber in diesem Fall notariell beurkundet und <strong>vom</strong>Familiengericht genehmigt werden.7. <strong>Mediation</strong> und GesetzeIn der <strong>Mediation</strong> geht es um die Klärung und Berücksichtigung der persönlichen, sozialen undwirtschaftlichen Interessen.Die für den jeweiligen Konfliktfall einschlägigen Gesetze stehen dabei zwar nicht im Vordergrund, siewerden aber nicht ausgeblendet.


16Hinweis:Im Arbeitsbündnis zwischen MediatorIn und Parteien wird bereits vor Beginn der <strong>Mediation</strong>die Berücksichtigung des Rechts vereinbart: bereits anhängige Gerichtsverfahren ruhen während des <strong>Mediation</strong>sverfahrens die Parteien informieren ihre bereits beauftragten parteilich beratenden Anwälte überdas <strong>Mediation</strong>sverfahren die Parteien weisen die bereits beauftragten Anwälte an, bis auf Widerruf keineweiteren Schriftsätze herauszugeben die Parteien stimmen einer rechtlichen Beratung in einer späteren Phase zu Zeitpunkt und Verantwortliche für die rechtlichen Information werden nachgemeinsamer Abstimmung der Parteien und des Mediators bestimmtDer Mediator führt keine individuelle, parteiliche Rechtsberatung durch. Er wird ausschließlich inseiner Rolle als neutraler, allparteilicher Vermittler tätig. Seine Aufgabe ist es, eininteressenorientiertes Verfahren zur Konfliktbeilegung durchzuführen und zu helfen, den Fokus derParteien zu erweitern – auch über eventuelle gesetzlichen Regelungen hinaus. Zu diesem Zweck ist eswichtig, dass er die Parteien ausdrücklich darin unterstützt , ihre eigenen Lösungen für den Konfliktzu finden. Daher findet gemäß dem Sinn und Zweck des Verfahrens eine parteiliche Rechtsberatung inAbsprache mit dem Mediator außerhalb der <strong>Mediation</strong> statt bzw. es können die beratenden Anwältezu einzelnen <strong>Mediation</strong>ssitzungen eingeladen werden.Die Beratung erfolgt durch Rechtsanwälte Ihrer Wahl, welche idealerweise mit <strong>Mediation</strong>sverfahrenvertraut sind.Über zwingend einzuhaltende Rechtsvorschriften ist jeder Mediator aufgrund seiner Ausbildunginformiert, so dass sich die <strong>Mediation</strong>sverhandlungen immer im Rahmen des gesetzlich Erlaubtenbewegen!8. Rechtswirkung des <strong>Mediation</strong>svertragsEin erfolgreiches <strong>Mediation</strong>sverfahren wird mit einem <strong>Mediation</strong>svertrag abgeschlossen.Erweist sich der Vertrag in der Zukunft aufgrund veränderter Umstände oder Einstellungen als nicht(mehr) tauglich, kann er jederzeit kurzfristig und im gegenseitigen Einvernehmen an die neuenGegebenheiten angepasst werden.Eine notarielle Beurkundung oder gerichtliche Protokollierung der Trennungs‐ undScheidungsfolgenvereinbarung ist möglich, aber nicht generell erforderlich. Gewissheit hierübererhalten Sie in der Rechtsberatung vor Abschluss und Unterzeichnung des <strong>Mediation</strong>svertrages.


17Hinweis:Bei Regelungen über Grundstücksangelegenheiten und zum Versorgungsausgleich vorRechtskraft der Ehescheidung muss die Scheidungsfolgenvereinbarung notariell beurkundetwerden.Bei Regelungen über den nachehelichen Unterhalt, Kindesunterhalt sowie bei Vereinbarungenüber güterrechtliche Fragen wird ebenfalls die notarielle Beurkundung oder gerichtlicheProtokollierung dringend empfohlen, weil nur dadurch bei Nichterfüllung der getroffenenVereinbarungen diese per Vollstreckungsmaßnahmen durchsetzbar sind.Erweist sich der Vertrag in der Zukunft aufgrund veränderter Umstände oder Einstellungen als nicht(mehr) tauglich, kann er jederzeit kurzfristig und im gegenseitigen Einvernehmen an die neuenGegebenheiten angepasst werden.<strong>Mediation</strong>svereinbarungen können unter den beschriebenen Voraussetzungen für vollstreckbarerklärt werden und haben damit die gleichen Rechtswirkungen wie ein rechtskräftiges Urteil, einBeschluss oder ein Vergleich.9. Folgen einer vorzeitigen Beendigung der <strong>Mediation</strong>Kommentar [1]: ACHTUNG:bzgl. der Vollstreckbarkeit wirdes aller Wahrscheinlichkeit mitdem Gesetz zur Förderung der<strong>Mediation</strong> eine neuegrundlegende Änderunggeben! Unbedingt abwarten biszum spätestens 20.05.2011!Bitte ggf. um Überprüfung vonExperten i.S. Gerichtskosten.Da die Parteien freiwillig an der <strong>Mediation</strong> teilnehmen, können sie diese jederzeit ohne Angaben vonGründen wieder beenden. Dies ist auch im Hinblick auf die Kostentransparenz und ‐kontrolle einwichtiger Aspekt. Sie bezahlen nur die Dienstleistung des Mediators in den bisher durchgeführtenSitzungen auf der Basis der anfänglichen Honorarvereinbarung.Wird in der außergerichtlichen <strong>Mediation</strong> keine Einigung erreicht, ist die Beschreitung desRechtswegs weiterhin möglich.Alles, was in der <strong>Mediation</strong> mitgeteilt wird, unterliegt der Schweigepflicht des Mediators, auch überdas <strong>Mediation</strong>sverfahren hinaus.Tipp:Wenn Sie glauben, dass Sie bei bestimmten Themen leichter eine Einigung finden werden als inanderen, so empfiehlt es sich diese Themen vorrangig zu bearbeiten, so dass bei einemeventuellen späteren Scheitern an anderen Punkten immerhin schon eine einvernehmlicheLösung erzielt wurde, die dann aus dem ggf. doch streitig weitergeführten Verfahrenausgeklammert werden kann und somit nicht noch einmal Kosten entstehen lässt.In der <strong>Mediation</strong> bereits gefundene Lösungen können im Gerichtsverfahren vollumfänglichberücksichtigt werden, so dass keine doppelten oder zusätzlichen Kosten anfallen müssen.Wenn Sie eine <strong>Mediation</strong> ohne Schlussvereinbarung abbrechen und sich im Anschlussentscheiden alle (!) Scheidungsfolgen streitig weiter zu verfolgen, können unnötige Kostenentstehen, die vermeidbar sind.


1810. Welche Kosten kommen auf Sie zu?10.1. Honorar von MediatorInnenDie Kosten eines <strong>Mediation</strong>sverfahrens sind unabhängig <strong>vom</strong> Wert des Streitgegenstand; sie werdenmit den MediatorInnen frei vereinbart.Zwischen den Parteien und dem Mediator wird in der außergerichtlichen <strong>Mediation</strong> zumeist eineHonorarvereinbarung auf Stundenbasis getroffen. Die Stundensätze variieren im Bereich zwischenca. 80‐300 Euro zzgl. MwSt. Die Unterschiede lassen sich nicht auf Qualifikationsunterschiedezurückführen; vielmehr sind häufig Lage der Büro‐Räumlichkeiten, Grundberuf der MediatorInnen,haupt‐ oder nebenberufliche Tätigkeit etc. für die Honorargestaltung ausschlaggebend.Die entstehenden Kosten werden von den Parteien anteilig getragen. Die Verteilung kann hälftigerfolgen, es sind allerdings – bezogen auf unterschiedliche Einkommensverhältnisse – durchaus auchandere Regelungen möglich und üblich.10.2. Rechtsanwalts‐ und Gerichtskosten für die EhescheidungMeist ist nicht bekannt, dass die Scheidung der Ehe durch das Gericht für sich genommen nicht teuerist. Hohe Kosten entstehen erst durch streitige Auseinandersetzungen bei der Regelung derFolgesachen.Den Ehescheidungsantrag formuliert ein Rechtsanwalt. Hierfür ist bei der einvernehmlichenScheidung nur noch die die anwaltliche Vertretung einer Partei erforderlich. (Ausnahme: Bei derProtokollierung der Folgesachen durch das Familiengericht müssen beide Parteien anwaltlichvertreten sein). Die Kosten für den / die Rechtsanwälte bemessen sich nach demRechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).Für die Bearbeitung und Durchführung der einvernehmlichen Scheidung bei Gericht fallen wesentlichgeringere Kosten als bei streitigen Verfahren an. Der Gegenstandswert, welcher für die Berechnungder Rechtsanwalts‐ und Gerichtskosten maßgeblich ist, wird bei einer einvernehmlichen Scheidunghäufig auf ein Minimum gesenkt. Teilweise senken die Gerichte – ermessensabhängig – dieGerichtskosten bis zu 25%.Kommentar [2]: Bitte ggf. umÜberprüfung von Experten i.S.Gerichtskosten.Wichtig:Im Falle einer erfolgreich abgeschlossenen <strong>Mediation</strong> mit einer entsprechendenAbschlussvereinbarung sind alle sog. Folgesachen geregelt und damit auch dieScheidungskosten erheblich geringer.10.3. Verfahrenskosten‐ bzw. BeratungshilfeVerfahrenskosten‐ und/oder Beratungshilfe werden in <strong>Mediation</strong>sverfahren bislang noch nichtgewährt. Bedenken Sie aber, dass eine <strong>Mediation</strong> letztlich immer noch günstiger ist als eine streitigeVerhandlung der Trennungsfolgen vor Gericht. Zudem ist die Verfahrenskostenhilfe auch nur einDarlehen, das Sie zurückzahlen müssen, sobald sich nach der Scheidung Ihre finanzielle Lage ändert.


1910.4. Kostendeckung durch eine RechtsschutzversicherungZahlreiche Rechtsschutzversicherer haben die Übernahme der <strong>Mediation</strong>skosten in ihreVersicherungsbedingungen mit aufgenommen, da sie es als ihre Aufgabe ansehen, streitschlichtendzu wirken.Das Angebot der Rechtsschutzversicherungen ist unterschiedlich: Teilweise wird eine Art Beratungs‐Rechtsschutz erteilt, andere Versicherungsunternehmen leisten auch anteilmäßige Kostenerstattungfür das Verfahren. Dies aber immer nur im Bereich der vertraglich versicherten Leistung, d.h.ausschließlich bei Auseinandersetzungen in der Trennungszeit bzw. bei der Scheidungsfolgenregelung.Die Scheidungskosten an sich sind i.d.R. nicht rechtsschutzversichert.Hinweis:Kostenerstattung für <strong>Mediation</strong>sverfahren in der Trennungszeit bestehen je nach Versicherungz.B.für eine begrenzte Anzahl von Sitzungenbei einer maximalen Höhe von z.B. € 180,00 pro Stunde;wenn nicht versicherte Personen am Verfahren beteiligt sind, anteilig;der/die MediatorIn muss kein/e Rechtsanwalt/anwältin seinFragen Sie bei Ihrer Rechtsschutzversicherung vorher nach und passen Sie ggf. Ihren Vertragfrühzeitig an. Achten Sie auf eine etwaige Selbstbeteiligung im Falle der Inanspruchnahme vonLeistungen.11. Co‐<strong>Mediation</strong>Teilweise bieten Mediatoren mit unterschiedlichen Grundberufen Co‐<strong>Mediation</strong>en an, was zugegenseitiger Bereicherung und Ausgewogenheit in der Arbeitsweise beiträgt.Die Ursprungsberufe von Mediatoren sind sehr unterschiedlich: Viele Juristen, Psychologen,Sozialpädagogen, Theologen u.a. bieten im Rahmen einer freiberuflichen Tätigkeit in eigener Praxisoder auch in sozialen Einrichtungen Familienmediation an. Auch Jugendämter arbeiten vielfach mitden Methoden der <strong>Mediation</strong>.<strong>Mediation</strong> soll eine Alternative zu rechtsorientierter Konfliktbearbeitung sein. Daher sindRechtsanwältInnen im Rahmen eines <strong>Mediation</strong>sverfahrens entweder als parteilich beratendeAnwältInnen oder als MediatorInnen tätig.Scheidungsmediationen werden häufig auch mit einem männlichen und einem weiblichen Part aufder Mediatorenseite durchgeführt. Der Vorteil liegt dann darin, dass sich Mann und Frau bei derWiedergabe der teilweise recht unterschiedlichen männlichen und weiblichen Sichtweisengleichberechtigt verstanden fühlen und repräsentiert sehen.Die Kosten für eine Co‐<strong>Mediation</strong> sind i.d.R. nicht die doppelten einer Einzelmediation, sondernwerden gesondert kalkuliert. Vergleichen Sie die unterschiedlichen Angebote.


2012. Gesamtbetrachtung:Vor‐ und Nachteile der außergerichtlichen Konfliktlösung mit <strong>Mediation</strong>Ob und welche Nach‐ bzw. Vorteile der <strong>Mediation</strong> im Vergleich zu gerichtlichen oder anderenVerfahren bestehen, hängt davon ab, welche Ziele Sie persönlich verfolgen und auf welche Weise SieIhre Ziele am ehesten verwirklichen können.Im Allgemeinen werden häufig folgende Vor‐ bzw. Nachteile genannt:Vorteile‣ Ersparnis von Zeit und Kosten‣ Win‐win‐Situation (keine Schuldigen, keine Verlierer)‣ Beziehungserhaltend (wichtig für getrennt lebende Eltern) und zukunftsweisend‣ Deeskalierend, langfristig entspannend‣ Stärkung der Eigenverantwortung‣ Abbau von Ängsten‣ Synergie‐Effekte durch Kooperationen von MediatorInnen mit anderen BerufsgruppenNachteile‣ Teilweise wird es als emotional belastend angesehen, sich mit dem anderen an einen Tisch zusetzen (dieser Befürchtung kann durch anfängliche Einzelgespräche und Pendelmediationbegegnet werden).‣ dem Bedürfnis nach psychologischer Bewältigungshilfe wird in der <strong>Mediation</strong> nichtentsprochen (hier kann die parallele Nutzung von Angeboten psychologischer Beraterabhelfen)C) Ähnliches ist nicht dasselbe ‐ Gerichtliche <strong>Mediation</strong> als eigenständige Variante dereinvernehmlichen Konfliktlösung nach KlageerhebungZu einem modernen Verständnis des Zivilprozesses gehört es, dass die Gerichte neben der rechtlichenBearbeitung des Falles auch nach Möglichkeiten der gütlichen Einigung suchen.Im deutschen Recht (ZPO § 278 Abs. 1) werden die Gerichte hierzu ausdrücklich aufgefordert. Dasimpliziert für die Tätigkeit eines Richters fast zwangsläufig auch einen Blick über die Rechtslage hinausauf den Kontext des Konflikts und auf die Interessen und Bedürfnisse der Streitparteien.Diese Situation ist allerdings nicht mit einem <strong>Mediation</strong>sverfahren zu verwechseln, bei dem dieParteien selbst die Bearbeitung des Konflikts und den Ausgang des Verfahrens in den Händen halten.Aufgrund der diversen Vorteile einer solchen Einigung bieten inzwischen einzelne Familiengerichte inDeutschland auch die sogenannte gerichtsinterne <strong>Mediation</strong> an. Es handelt sich hierbei um eineeigenständige Variante von <strong>Mediation</strong>. Die Eigenart des Verfahrens ergibt sich aus der Situation, dass


21<strong>Mediation</strong> hier nach Klageerhebung durchgeführt wird und unter anderen Rahmenbedingungen alsbei der außergerichtlichen <strong>Mediation</strong>.An einzelnen deutschen Gerichten wurden im Jahr 2002 in manchen Bundesländern diversePilotprojekte gestartet, in welchen gerichtliche <strong>Mediation</strong> angeboten wird. Dabei stellen sich diejeweiligen Angebote im Detail unterschiedlich dar.1. Begriffsklärung: Gerichtliche / gerichtsnahe / außergerichtliche <strong>Mediation</strong>Wichtig:Es ist wichtig, die verschiedenen Begrifflichkeiten in diesem Zusammenhang genau zu fassen unddie Unterschiede zu verstehen (entsprechend den Begriffsbestimmungen in § 1 Referentenentwurfzum <strong>Mediation</strong>sG <strong>vom</strong> 04.08.2010):Gerichtsinterne bzw. gerichtliche <strong>Mediation</strong>:Ist die richterliche <strong>Mediation</strong> nach Klageerhebung.Gerichtsnahe <strong>Mediation</strong>:Ist die nicht‐richterliche <strong>Mediation</strong> nach Klageerhebung.Außergerichtliche <strong>Mediation</strong>:Ist die nicht‐richterliche <strong>Mediation</strong> vor Klageerhebung.Die nachfolgenden Erläuterungen betreffen die gerichtsinterne bzw. gerichtliche <strong>Mediation</strong>.2. Besonderheiten der gerichtsinternen / gerichtlichen <strong>Mediation</strong>:2.1. Einleitung der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>Eine gerichtsinterne <strong>Mediation</strong> kann nur in einem bereits anhängigen Verfahren, d.h. nachKlageerhebung, stattfinden.Meist schlägt der entscheidungsbefugte Richter den Parteien eine <strong>Mediation</strong> vor. Es kann aber aucheine <strong>Mediation</strong> auf Wunsch der Parteien begonnen werden (dies fließt aus dem Grundsatz der sog.Parteimaxime im Zivilprozessrecht).Sind die Parteien mit der Durchführung einer <strong>Mediation</strong> einverstanden, leitet derentscheidungsbefugte Richter die Akten an einen Richterkollegen weiter, welcher am gleichen Gerichtbeschäftigt ist, allerdings in der konkreten Situation die Aufgabe eines Mediators übernimmt.Während der <strong>Mediation</strong> ruht das Gerichtsverfahren (§ 278 Abs. 5, S. 2, 251 ZPO).Ein Rechtsanspruch auf die Durchführung einer gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> lässt sich nicht herleiten.Zum einen kann aus organisatorischen Gründen nicht jedes Gericht die gerichtliche <strong>Mediation</strong>anbieten. Zum anderen gibt es keine klare gesetzliche Regelung, die diesen Anspruch begründet.


22Zum anderen könnte man die Begründung eines Rechtsanspruchs als einen Eingriff in die richterlicheUnabhängigkeit ansehen. Jede/r Richter/in muss selbst entscheiden dürfen, ob er das Verfahren in„klassischer Weise“ gestaltet und zum Abschluss bringt oder auf Wunsch der Streitenden es in diegerichtliche <strong>Mediation</strong>, also in die Hände eines/r anderen richterlichen Kollegen/in, verweist.Etwas anderes gilt, wenn beide Parteien eine außergerichtliche <strong>Mediation</strong> anstreben. Dann muss aufAntrag der Parteien nach der bisherigen Gesetzeslage das Verfahren zum Ruhen gebracht werden.Dies folgt wiederum unmittelbar aus dem Gesetz i.V.m. der sog. „Parteimaxime“.42.1. (Richter‐)MediatorenTätig wird bei der gerichtlichen <strong>Mediation</strong> immer ein im anhängigen Verfahren nichtentscheidungsbefugter Richter des zuständigen Familiengerichts, also ein besonders geschulter<strong>Mediation</strong>srichter (§ 278 Abs. 5, Satz 1 ZPO; sog. „ersuchter Richter“).2.2. Arbeitsweise von Richter‐Mediatoren –ein Spagat zwischen verschiedenen Rollen und ErwartungenObwohl Richter‐MediatorInnen mit der Streitsache nicht persönlich befasst sind, werden sie aufgrundihrer Position und ihrer Tätigkeit am Gericht von den Parteien häufig trotzdem als RichterInnenwahrgenommen und es wird eine rechtliche Einschätzung von ihnen erwartet.Diese (un)bewusste Sichtweise und Erwartungshaltung der Parteien kann die Betroffenen daranhindern, in eigener Verantwortung und Kreativität eigene Lösungsideen zu entwickeln.Die Übernahme der Eigenverantwortung ist jedoch Kernstück der <strong>Mediation</strong> und Grundlage für dasFinden, Entwickeln und Erreichen einer für alle zufriedenstellenden, nachhaltigen Lösung.Wird <strong>vom</strong> Richter eine Bewertung erwartet, so wird die Verantwortung an einen Dritten abgegebenund die Chance für das Auffinden einer eigenen, dauerhaften Lösung vertan.Hinzu kommt, dass RichtermediatorInnen, welche eine rechtliche Bewertung in der <strong>Mediation</strong>vornehmen würden, Gefahr laufen, die für einen Mediator wichtige neutrale Stellung zu verlieren.2.3. Zeitlicher Umfang der gerichtlichen <strong>Mediation</strong>Aufgrund von personellen Kapazitätsgrenzen, steigendem Arbeitsdruck und der Bedeutung von Fall‐Erledigungszahlen sowie teilweise auch ausdrücklich begrenzten Zeitvorgaben für Richtermediatoren,ist die Dauer von gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>en im Vergleich zu außergerichtlichen <strong>Mediation</strong>sverfahrenhäufig von vornherein sehr knapp bemessen.Beispiel:Gerichtsinterne <strong>Mediation</strong>sverfahren werden aufgrund der o.g. Situation häufig in knappbemessener Zeit (teilweise 2‐4 Stunden) durchgeführt (z.B. 2,5 h beim AG Göttingen; bis ca. 4Std. AG Magdeburg).4 Die sog. „Parteimaxime“ gehört zu den Grundsätzen, nach denen ein Verfahren in bürgerlichrechtlichenAngelegenheiten abzulaufen hat: Im Gegensatz zum strafrechtlichen Verfahren bestimmen die Parteiengrundsätzlich selbst über Beginn, Gegenstand und Ende des Verfahrens („Wo kein Kläger, da kein Richter“).


23Die Besonderheit eines <strong>Mediation</strong>sverfahrens liegt allerdings in der tiefergehenden Bearbeitung einesKonflikts. Nur eine sorgfältige Bestandsaufnahme und Darstellung dieser Punkte ermöglicht dasAuffinden einer nachhaltigen Lösung. Gerade bei der Komplexität von Konflikten in Trennungs‐ undScheidungssituationen kann die Bearbeitung aller Folgesachen in einem <strong>Mediation</strong>sverfahren mitzwei <strong>Mediation</strong>s‐Sitzungen als nicht sach‐ und interessengerecht bezeichnet werden.Hinweis:Wenn Sie sich nach Klageerhebung für eine <strong>Mediation</strong> entscheiden möchten, aber nichtwissen, ob Sie eine gerichtsinterne oder eine gerichtsnahe, außergerichtliche <strong>Mediation</strong>bevorzugen, gehen Sie folgendermaßen vor: Werden Sie sich darüber klar, welche Punkte Ihrer Ansicht nach noch ungeklärt undumstritten sind. Notieren Sie die Themen, die für Sie wichtig sind und überlegen Siesich, wie viel Zeit Sie allein für die Darstellung und Erläuterung Ihrer Interessenbenötigen werden und wie viel Ihr Gegenüber. Fragen Sie beim zuständigen Gericht bzw. dem ersuchten <strong>Mediation</strong>srichter nach, obein zeitliches Limit besteht oder welches Zeitbudget für eine gerichtsinterne <strong>Mediation</strong>in Ihrem Fall zur Verfügung steht.Stellt sich innerhalb der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> heraus, dass die Aufarbeitung des zugrundeliegendenKonflikts voraussichtlich einen höheren zeitlichen Bedarf erfordert, kann von Seiten desGerichts immer noch die <strong>Mediation</strong> durch einen externen Anbieter empfohlen werden (§ 278 Abs. 5Satz 2 ZPO).2.4. Struktur des gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>sverfahrensDer Ablauf der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> ist – nicht nur bedingt durch die teilweise beschränktenZeitbudgets an den Gerichten ‐ häufig insgesamt ein anderer als bei der außergerichtlichen<strong>Mediation</strong>. 5• Es werden meist nicht alle Phasen der <strong>Mediation</strong> durchlaufen• die besonderen Gesprächstechniken, die <strong>Mediation</strong> ausmachen, werden nur teilweiseeingesetzt5 Hierzu wurden Untersuchungen an zwei Amtsgerichten durchgeführt (s. Warwel, D.: Gerichtsnahe <strong>Mediation</strong>– Empirische Untersuchung der Verhaltens‐ und Vorgehensweisen von Richtermediatoren in gerichtsnahen<strong>Mediation</strong>sverfahren; Diss., Berlin 2007)


24• Schwerpunkt liegt meist auf sachlichen Erwägungen; Gefühle, Interessen und tieferliegendeBedürfnisse werden wenig bis gar nicht berücksichtigt• die rechtliche Betrachtung nimmt einen großen Stellenwert ein, wodurch wenig Raum für dieEntwicklung eigener, an die persönliche Situation angepasster kreativer Lösungen bleibt• das Erzielen überhaupt einer Einigung ist wichtiger als das Ausfeilen der Details3. <strong>Mediation</strong> im Kontext mit dem anhängigen Scheidungsverfahren3.1. Folgen der erfolgreichen gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>Während der Dauer des gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>sverfahrens wird das Gerichtsverfahrenausgesetzt (§ 278 Abs. 5 ZPO). Wenn sich die Parteien einigen, war die <strong>Mediation</strong> erfolgreich undendet mit einer schriftlichen und gegebenenfalls auch vollstreckbaren Vereinbarung. Das gerichtlicheVerfahren wird dann ‐ je nachdem was die Parteien vereinbart haben ‐ beendet, indem die Parteienihre Vereinbarung als gerichtlichen Vergleich abschließen, übereinstimmende Erledigungserklärungenabgeben oder indem die Klage zurückgenommen wird.Die rechtliche Bewertung bzw. eine auf Rechtsansprüche orientierte Beratung findet im gerichtlichenVerfahren und nicht in der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> statt.3.2. Folgen bei Scheitern der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>Kommt es im Rahmen der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> nicht zu einem abschließenden Ergebnis, wirddie Sache wieder zurück verwiesen an die/den originär zuständige/n streitentscheidenden Richter/inmit dem Hinweis, dass die <strong>Mediation</strong> nicht zu einer Beendigung des Verfahrens geführt hat. In derSache äußert sich der/die richterliche MediatorIn nicht.Dann läuft das klassische Verfahren weiter. Der Umstand, dass zwischendurch eine <strong>Mediation</strong>durchgeführt wurde, wird "ausgeblendet", so dass das <strong>Mediation</strong>sverfahren, auch wenn es ohneErfolg geblieben ist, keinerlei nachteilige Auswirkungen auf das dann weiter notwendige gerichtlicheVerfahren hat.4. Kosten der gerichtsinternen <strong>Mediation</strong>Im Rahmen der bisherigen Pilotprojekte für gerichtsinterne <strong>Mediation</strong> sind die Kosten hierfür durchdie Gerichtskosten gedeckt, d.h. die <strong>Mediation</strong> an sich ist kostenfrei.Bedenken Sie:Eine gerichtsinterne <strong>Mediation</strong> ist erst nach Klageerhebung möglich, d.h. in dieKostenberechnung müssen auch die anfallenden Gerichts‐ und evtl. Anwaltsgebühren beiderParteien einbezogen werden.


255. Schlussbetrachtung:Eine gerichtliche <strong>Mediation</strong> findet erst statt, wenn Sie bereits Klage erhoben haben. EineKlageerhebung führt meist zu einer Eskalation des Konflikts bzw. einer Verhärtung der Fronten undsomit wird eine Annäherung oder gar Kommunikation, die schon vor Erhebung der Klage kaumvorstellbar war, nicht unbedingt erleichtert.Befassen Sie sich also möglichst frühzeitig, d.h. vor Einleitung eines Gerichtsverfahrens, mit der Idee,eine außergerichtliche <strong>Mediation</strong> durchzuführen, wenn Sie einen Gerichtsprozess abwendenmöchten.Die gerichtliche <strong>Mediation</strong> gleicht i.d.R. eher einem erweiterten Vergleichsverfahren mitTeilelementen der <strong>Mediation</strong>. Eine umfassende Konflikt‐ und Interessenklärung, wie sie das Ziel undCharakteristikum einer außergerichtlichen <strong>Mediation</strong> ist, findet tendenziell, d.h. an manchenGerichten nicht statt. Genaueres können Sie erfahren, wenn Sie sich über die Rahmenbedingungenan Ihrem Gericht direkt erkundigen.Eine Alternative zur gerichtsinternen <strong>Mediation</strong> bleibt auch bei laufendem anhängigen Verfahrenimmer noch die gerichtsnahe <strong>Mediation</strong>, d.h. die <strong>Mediation</strong> mit einem nicht‐richterlichen Mediator.Ob Sie sich jedoch nach Klageerhebung für eine gerichtsinterne oder außergerichtliche <strong>Mediation</strong>entscheiden – es ist in jedem Fall eine gute Entscheidung eine einvernehmliche Lösung über deneinen oder anderen Weg zu suchen und allemal besser, als den Prozess streitig zu Ende zu führen.Denn die Zufriedenheit beider Parteien mit einem gemeinsam gefundenen Ergebnis wird eher erzieltals mit einem Beschluss in einem streitigen Verfahren.Anders ausgedrückt und wie es das Bundesverfassungsgericht formulierte:„Eine zunächst streitige Problemlage durch eine einverständliche Lösung zu bewältigen, ist auch ineinem Rechtsstaat grundsätzlich vorzugswürdig gegenüber einer richterlichen Streitentscheidung“,Beschluss des Bundesverfassungsgerichts <strong>vom</strong> 14.02.2007

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