Schriftenreihe Verkehrssicherheit 14: „Risiko raus“ – Fachliche - DVR

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05.12.2012 Aufrufe

4. Empfehlungen: Wie lässt sich Regelbefolgung verbessern? 1. Integration der verschiedenen, das Verkehrsverhalten beeinflussenden Maßnahmen (4 E) und ihre Zusammenführung in einer übergreifenden gesellschaftlichen Zielsetzung wie „Vision Zero“ oder „Towards Zero“. 2. Die wahrgenommene Entdeckungswahrscheinlichkeit für Übertretungen erhöhen, durch Kontrollen, Polizeipräsenz und, insbesondere bei Geschwindigkeitsdelikten, technische Überwachung (z.B. x2car communication, ISA, section control). Neben der Intensität und den Strategien der Überwachung sind dabei das Feedback und Begleitmaßnahmen wichtig. 3. Die Strafhöhe verstärkt an den Verkehrssicherheitsfolgen und gleichzeitig an der wahrgenommenen Wertigkeit von Strafen (Geldbuße – Punkteeintragungen – Fahrverbot – Fahrerlaubnisentzug) orientieren. So sind Geschwindigkeitsdelikte in Bezug auf ihre Verkehrssicherheitsfolgen unterbewertet. Neue Formen der Bestrafung sind zu prüfen (in den 36 U.S.A. und in Großbritannien z.B. moderne Formen des medialen „Prangers“). 4. Die Bestrafung sollte möglichst kontingent erfolgen, unmittelbar in Verbindung mit der Übertretung: Wir müssen sehen, welche Folgen unser Handeln hat, wenn wir besser werden wollen. 5. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit: Agenda-Setting pro Verkehrssicherheit und Regelbefolgung. Dies schließt die Schaffung von Problembewusstsein in der Bevölkerung, die Begründung der Maßnahmen und Information und Aufklärung über Strafschwere ein. Auch eine regelmäßige Rückmeldung über den Grad der Zielerreichung, bspw. die Bekanntgabe der Ergebnisse der Überwachung, kann die wahrgenommene Entdeckungswahrscheinlichkeit erhöhen. 6. Den Wunsch nach Schutz durch Verkehrsüberwachung aufgreifen und verstärken: Verkehrsteilnehmer wollen, dass sie und ihre Kinder vor gefährlichem Verhalten Anderer geschützt werden. Dies ist bisher in anderen, im Alltag vergleichsweise ungefährlicheren Lebensbereichen weit verbreiteter (z.B. Terrorismus, Kriminalität). 7. Normative Botschaften zum Sozialverhalten senden: - Deskriptive Normen zurückmelden: Was macht die überwiegende Mehrheit? - Injunktive soziale Normen kommunizieren, informelle Verhaltenserwartungen, was geht und was im sozialen Kontext nicht akzeptiert wird. 8. Psychologische Verstärkung der Regelbefolgung: Die Rahmenbedingungen so gestalten, dass sich Regelbefolgung lohnt. Dies gilt in besonderem Maße für den beruflichen Kraftverkehr. Beispiele sind Bonussysteme für unfallfreies Fahren, aber auch die Kommunikation sozialer Wertschätzung. 9. Falsche Verstärkungen verhindern: Entzug der Vorteile durch Regelübertretungen (wie zu schnelles Fahren, gefährliches Überholen u.a.), die bspw. aus Zeitgewinnen oder sozialen Vergleichen entstehen.

5. Literatur Ajzen, I. (1988). Attitudes, Personality, and Behavior. Chicago: The Dorsey Press. Bjørnskau, T. & Elvik, R. (1992). Can traffic law enforcement permanently reduce the number of accidents. Accident Analysis & Prevention, 24, 507-520. Cauzard, J.-P. & Quimby, A. (2000). The attitudes of European drivers towards the enforcement of traffic regulations (Deliverable 7): The ESCAPE project. Cohen, A. (1999). Zur Konzeption der Straßenverkehrssignalisation. In F. Meyer-Gramcko (Hrsg.), Verkehrspsychologie auf neuen Wegen: Herausforderungen von Strasse, Wasser, Luft und Schiene (II). 37. bdp-Kongress. Bonn: Deutscher Psychologen Verlag. Elvik, R., Hoye, A., Vaa, T., Sorensen, M.: The Handbook of Road Safety Measures. Oxford: Emerald, 2009, 2nd ed. Epp, A. (1998). Divergierende Konzepte von Verfahrensgerechtigkeit. Eine Kritik der Procedural Justice Forschung [WZB discussion paper]. http://skylla. wz-berlin.de/pdf/1998/ii98-302.pdf ESCAPE (2003). Traffic enforcement in Europe: Effects, measures, needs and future. URL: http://ec.europa.eu/transport/ road_safety/projects/doc/escape.pdf ETSC (1999). Police Enforcement Strategies to Reduce Traffic Casualties in Europe. Bruxelles: European Transport Safety Council. Evans, L. (1991). Traffic safety and the driver. New York: Van Nostran Reinhold. Gelau, C. & Pfafferott, I. (2008). Verhaltensbeeinflussung durch Sicherheitskommunikation und Verkehrsüberwachung. In H.-P. Krüger (Hrsg.): Enzyklopädie der Psychologie, Verkehrspsychologie, Band 2, Göttingen: Hogrefe, S. 81-126. Grasmick, H. G. & Bursik, R. J. (1990). Conscience, significant others, and rational choice: Extending the deterrence model. Law and Society Review, 24(3), 8-861. Hautzinger, M. & Pfeiffer, H. (2001). Auswirkungen der Verkehrsüberwachung auf die Befolgung von Verkehrsvorschriften. Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe Mensch und Sicherheit, Heft M 126. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW. Nilsson, G. (1982). The effects of speed limits on traffic crashes and fuel consumption. OECD. Paris. OECD/ITF (2008). Towards Zero – Ambitious road safety targets and the safe system approach. OECD. Østvik, E. & Elvik, R. (1991). The effects of speed enforcement on individual road user behaviour and accidents. Proceedings of the International Road Safety Symposium in Kopenhagen, Dänemark, 19-21 September, 1990. Leidschendam: SWOV. Opp, K.-D. (1971). Einige Bedingungen für die Befolgung von Gesetzen. Kriminologisches Journal, 3, 1-25. Parker, D., Reason, J. T., Manstead, A. S. R. & Stradling, S. G. (1995). Driving errors, driving violations, and accident involvement. Ergonomics, 38(5), 1036-1048. Parker, D. (2001). Influencing driver attitudes and behaviour. Road Safety Research Report No. 17. London: DETR. Pfeiffer, M. & Gelau, C. (2002). Determinanten regelkonformen Verhaltens am Beispiel des Straßenverkehrs: Variablen der Norminternalisierung im Zusammenwirken mit Effekten polizeilicher Überwachungstätigkeit. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 54, 694-713. Reason, J. T. (1994). Menschliches Versagen. Heidelberg: Spektrum. Reason, J. T., Manstead, A., Stradling, S. & Baxter, J. S. 37

4. Empfehlungen: Wie<br />

lässt sich Regelbefolgung<br />

verbessern?<br />

1. Integration der verschiedenen,<br />

das Verkehrsverhalten<br />

beeinflussenden Maßnahmen<br />

(4 E) und ihre Zusammenführung<br />

in einer übergreifenden<br />

gesellschaftlichen<br />

Zielsetzung wie „Vision Zero“<br />

oder „Towards Zero“.<br />

2. Die wahrgenommene Entdeckungswahrscheinlichkeit<br />

für Übertretungen erhöhen,<br />

durch Kontrollen, Polizeipräsenz<br />

und, insbesondere bei<br />

Geschwindigkeitsdelikten,<br />

technische Überwachung<br />

(z.B. x2car communication,<br />

ISA, section control). Neben<br />

der Intensität und den Strategien<br />

der Überwachung sind<br />

dabei das Feedback und<br />

Begleitmaßnahmen wichtig.<br />

3. Die Strafhöhe verstärkt an<br />

den <strong>Verkehrssicherheit</strong>sfolgen<br />

und gleichzeitig an der<br />

wahrgenommenen Wertigkeit<br />

von Strafen (Geldbuße<br />

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orientieren. So sind<br />

Geschwindigkeitsdelikte in<br />

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unterbewertet.<br />

Neue Formen der Bestrafung<br />

sind zu prüfen (in den<br />

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z.B. moderne Formen des<br />

medialen „Prangers“).<br />

4. Die Bestrafung sollte möglichst<br />

kontingent erfolgen,<br />

unmittelbar in Verbindung mit<br />

der Übertretung: Wir müssen<br />

sehen, welche Folgen<br />

unser Handeln hat, wenn<br />

wir besser werden wollen.<br />

5. Medien- und Öffentlichkeitsarbeit:<br />

Agenda-Setting<br />

pro <strong>Verkehrssicherheit</strong> und<br />

Regelbefolgung. Dies schließt<br />

die Schaffung von Problembewusstsein<br />

in der Bevölkerung,<br />

die Begründung der Maßnahmen<br />

und Information und<br />

Aufklärung über Strafschwere<br />

ein. Auch eine regelmäßige<br />

Rückmeldung über den Grad<br />

der Zielerreichung, bspw. die<br />

Bekanntgabe der Ergebnisse<br />

der Überwachung, kann die<br />

wahrgenommene Entdeckungswahrscheinlichkeit<br />

erhöhen.<br />

6. Den Wunsch nach Schutz<br />

durch Verkehrsüberwachung<br />

aufgreifen und verstärken:<br />

Verkehrsteilnehmer wollen,<br />

dass sie und ihre Kinder<br />

vor gefährlichem Verhalten<br />

Anderer geschützt werden.<br />

Dies ist bisher in anderen,<br />

im Alltag vergleichsweise<br />

ungefährlicheren Lebensbereichen<br />

weit verbreiteter (z.B.<br />

Terrorismus, Kriminalität).<br />

7. Normative Botschaften zum<br />

Sozialverhalten senden:<br />

- Deskriptive Normen zurückmelden:<br />

Was macht die<br />

überwiegende Mehrheit?<br />

- Injunktive soziale Normen<br />

kommunizieren, informelle<br />

Verhaltenserwartungen, was<br />

geht und was im sozialen<br />

Kontext nicht akzeptiert wird.<br />

8. Psychologische Verstärkung<br />

der Regelbefolgung:<br />

Die Rahmenbedingungen so<br />

gestalten, dass sich Regelbefolgung<br />

lohnt. Dies gilt in<br />

besonderem Maße für den<br />

beruflichen Kraftverkehr.<br />

Beispiele sind Bonussysteme<br />

für unfallfreies Fahren, aber<br />

auch die Kommunikation<br />

sozialer Wertschätzung.<br />

9. Falsche Verstärkungen verhindern:<br />

Entzug der Vorteile<br />

durch Regelübertretungen (wie<br />

zu schnelles Fahren, gefährliches<br />

Überholen u.a.), die<br />

bspw. aus Zeitgewinnen oder<br />

sozialen Vergleichen entstehen.

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