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Schriftenreihe Verkehrssicherheit 14: „Risiko raus“ – Fachliche - DVR

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scheinlichkeit schätzen können.<br />

Dabei gilt im Straßenverkehr:<br />

� Die Entdeckungswahrscheinlichkeit<br />

(werde ich<br />

erwischt?) wird meist als<br />

bedeutsamere Einflußgröße<br />

auf die Regelbefolgung<br />

angesehen als die Strafhärte<br />

(z.B. Bjornskau & Elvik,<br />

1992). Sie wird subjektiv<br />

jedoch fast immer als gering<br />

eingeschätzt. Wird sie als<br />

hoch angesehen, so erfolgt<br />

eine momentane und lokale<br />

Verhaltensanpassung (z.B.<br />

bei ortsfesten Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen,<br />

„Starenkästen“). Ein Überwachungsverfahren,<br />

das<br />

eine nicht nur punktuelle Verhaltensanpassung<br />

nahelegt,<br />

kann section control sein.<br />

� Die wahrgenommene Wertigkeit<br />

der angedrohten Strafen<br />

folgt einer klaren Abstufung:<br />

Geldbuße – Punkteeintrag<br />

im Verkehrszentralregister<br />

– Fahrverbot – Fahrerlaubnisentzug.<br />

Geldbußen<br />

werden dabei häufig in Kauf<br />

genommen 1 . So wird verbreitet<br />

ein Geschwindigkeitsverhalten<br />

bevorzugt, bei dem<br />

man im ungünstigen Entdeckungsfall<br />

unterhalb eines<br />

Punkteeintrags bleibt. Dies,<br />

bspw. bis zu 20 km/h über<br />

der Vorschrift zu fahren, hat<br />

1 Der neue Bußgeldkatalog findet sich unter:<br />

http://www.bmv.de/Verkehr-,<strong>14</strong>05.<strong>14</strong>94/<br />

Bussgeldkatalog.htm<br />

26<br />

sich als wirksame informelle<br />

Norm neben der formellen<br />

rechtlichen Norm etabliert.<br />

Die Wirksamkeit von Bestrafungen<br />

wurde vielfach belegt,<br />

so u.a. in einer großzahligen<br />

Case-Crossover-Studie in<br />

Kanada (Redelmaier, Tibshirani<br />

& Evans, 2003). Waren<br />

Kraftfahrer wegen Verkehrsübertretungen<br />

belangt worden,<br />

so lag für diese im Folgemonat<br />

die Wahrscheinlichkeit eines<br />

tödlichen Unfalls um 35 %<br />

niedriger als für dieselben Fahrer<br />

in vergleichbaren Monaten<br />

ohne vorangegangene Auffälligkeit.<br />

Dieser Effekt verringerte<br />

sich nach 2 Monaten<br />

und war nach 3-4 Monaten<br />

nicht mehr vorhanden. Er war<br />

unabhängig von allen persönlichen<br />

Charakteristika der<br />

Fahrer, aber besonders stark<br />

für Übertretungen, die mit<br />

Punkten geahndet wurden. Zur<br />

Evaluation unterschiedlicher<br />

Maßnahmen zur Erhöhung der<br />

<strong>Verkehrssicherheit</strong> vergleiche<br />

weiter auch Elvik et al. (2009)<br />

sowie VESIPO (2002). Eine<br />

Schwachstelle bei Überwachungsmaßnahmen<br />

liegt auf<br />

der Sanktionsseite in der meist<br />

fehlenden Unmittelbarkeit der<br />

Bestrafung. Die Bestrafung für<br />

Verkehrsvergehen erfolgt häufig<br />

erst Wochen nach der Tat,<br />

es fehlt regelmäßig eine enge<br />

Kontingenz von Vergehen<br />

und Strafe, die für Lerneffekte<br />

wichtig ist (vgl. Schlag, 2009).<br />

Eine Motivation über internalisierte<br />

Normen, und nicht<br />

allein über die Furcht vor<br />

Bestrafung, würde nachhaltiger<br />

wirken können, da der<br />

Verkehrsteilnehmer die Regeln<br />

nicht nur bei ungünstiger Folgenerwartung<br />

beachtet. Selbst<br />

„crowding out“-Phänomene<br />

sind bekannt. Auch deshalb<br />

wäre eine Erhöhung der Regelakzeptanz<br />

im Straßenverkehr<br />

ein sehr wirkungsvoller Schritt<br />

zur Erhöhung der <strong>Verkehrssicherheit</strong><br />

(vgl. Pfeiffer & Gelau,<br />

2002). Fehlende Akzeptanz ist<br />

nicht gänzlich durch verstärkte<br />

Repression zu ersetzen.<br />

Gesellschaftliche Regelakzeptanz,<br />

nicht zuletzt über Medien<br />

vermittelt, bestimmt über soziale<br />

Normen und Verhaltenserwartungen<br />

die individuelle<br />

Regelakzeptanz mit – wie<br />

umgekehrt auch die kumulierte<br />

individuelle Akzeptanz die<br />

gesellschaftlichen Normen mitbegründet.<br />

Dieser Wechselwirkungsprozess<br />

sich ändernder<br />

gesellschaftlicher Normen und<br />

individueller Verhaltensweisen<br />

lässt sich am Beispiel Alkohol<br />

und Fahren eindrucksvoll<br />

nachzeichnen. Im Einklang mit<br />

rechtlich kodifizierten Normen<br />

zeigen informelle soziale Normen<br />

gegenüber Alkohol und<br />

Fahren, dass dieses Verhalten<br />

in der Gesellschaft keineswegs<br />

mehr als Kavaliersdelikt<br />

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