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Schriftenreihe Verkehrssicherheit 14: „Risiko raus“ – Fachliche - DVR

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Obwohl beide Linien objektiv<br />

gleich lang sind, erscheint die<br />

untere Linie länger, weil sie in<br />

ein anderes Umfeld eingebettet<br />

ist. Ein entgegenkommendes<br />

Fahrzeug, welches links abbiegen<br />

will, wird anders interpretiert,<br />

wenn es allein auf der<br />

Abbiegespur steht, als wenn<br />

es als drittes an der Kreuzung<br />

steht und bereits zwei Fahrzeuge<br />

vor ihm abgebogen<br />

sind. So wird die Abbiegewahrscheinlichkeit<br />

im zweiten<br />

Fall u.U. höher eingeschätzt<br />

(Mitzieheffekt) als im ersten<br />

Fall, wo man fälschlicherweise<br />

annehmen könnte, der Fahrer<br />

hätte uns gesehen. Im Grunde<br />

funktioniert Wahrnehmung<br />

nach einem Ökonomieprinzip<br />

und gestaltet sich in Verbindung<br />

mit den Kenntnissen und<br />

Erfahrungen über die Umwelt<br />

unwillkürlich so, dass sich mit<br />

möglichst geringem Energieaufwand<br />

ein in sich geschlossenes<br />

Bild der Außenwelt ergibt.<br />

Einige markante Details genügen,<br />

und Personen sind in der<br />

Lage ein Objekt zu erkennen,<br />

ohne dessen Einzelheiten vollständig<br />

identifiziert zu haben.<br />

Demgegenüber ist es allerdings<br />

durchaus möglich, dass<br />

real existierende Objekte überhaupt<br />

nicht wahrgenommen<br />

werden. Ein Verkehrszeichen<br />

geht beispielsweise in einem<br />

optisch beherrschenden<br />

Umfeld einfach unter, weil es<br />

sich vom Hintergrund nicht<br />

mehr genügend abhebt. Das<br />

so genannte Figur – Grund –<br />

Verhältnis lässt sich sehr gut<br />

durch die bekannte Kipp –<br />

Figur (Rubinscher Becher) in<br />

Abbildung 3 verdeutlichen.<br />

Abbildung 3:<br />

Rubinscher Becher<br />

In mehrdeutigen Wahrnehmungssituationen<br />

kann sich<br />

das Gesamtbild plötzlich<br />

ändern, wenn sich die Aufmerksamkeit<br />

von der Figur auf<br />

den Hintergrund verschiebt<br />

und damit den Hintergrund<br />

zur Figur werden lässt.<br />

Bei ungünstigen Lichtverhältnissen<br />

wie z. B. in der Dämmerung,<br />

in der Nacht oder beim<br />

Befahren von dunklen Tunnels,<br />

macht die Verminderung der<br />

so genannten Unterschiedsempfindlichkeit<br />

erheblich zu<br />

schaffen. Gegenstände, die<br />

sich tagsüber deutlich vom<br />

Hintergrund abheben, sind<br />

in der Dunkelheit kaum noch<br />

zu erkennen. Beträgt die<br />

Unterschiedsempfindlichkeit<br />

am Tag ca. 1:10, kann man<br />

unter ungünstigen Bedingungen<br />

(z.B. nachts) mit lediglich<br />

1:1,1 rechnen. Dies hat erhebliche<br />

Konsequenzen für die<br />

„Entdeckung" eines dunkel<br />

gekleideten Fußgängers auf<br />

einer nächtlichen Landstraße<br />

oder des Kurvenverlaufs<br />

in einem dunklen Tunnel.<br />

Entdeckt man im Dunkel des<br />

Tunnels einen Lichtreiz und<br />

fixiert diesen, gerät er möglicherweise<br />

plötzlich außer Sicht.<br />

Dies hängt u. a. auch mit der<br />

unterschiedlichen Lichtempfindlichkeit<br />

der Sinneszellen<br />

im Auge zusammen: Im Punkt<br />

des schärfsten Sehens (Fovea<br />

centralis) befinden sich ausschließlich<br />

die weniger lichtempfindlichen,<br />

aber dafür für<br />

das Farbsehen verantwortlichen<br />

Zapfen. Bei sternenklarer Nacht<br />

kann man die Verhältnisse selbst<br />

testen. Fixiert man einen sehr<br />

schwach leuchtenden Stern, den<br />

man eben noch gesehen hat, ist<br />

er plötzlich verschwunden, weil<br />

er gerade auf der lichtschwachen<br />

„Fovea centralis" gelandet<br />

ist. Schaut man nur wenig an<br />

seinem vermeintlichen Standort<br />

vorbei, ist er plötzlich wieder<br />

zu sehen, weil er von den nur<br />

für das Schwarz-Weiß-Sehen<br />

konzipierten, aber lichtempfindlicheren<br />

Stäbchenzellen „eingefangen“<br />

wird, die sich über<br />

die ganze Netzhaut verteilen.<br />

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