Schriftenreihe Verkehrssicherheit 14: „Risiko raus“ – Fachliche - DVR
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Sichtbarkeit Um die Sichtbarkeit von Personen, Fahrzeugen und Objekten im Straßenverkehr beurteilen und verbessern zu können, soll zunächst ein Verhaltensmodell (Abbildung 1) vorangestellt werden, in dem die innerpsychischen Faktoren dargestellt werden, die einer Handlung im Verkehrsraum zugrunde liegen. Abbildung 1: Modell des Verhaltens in Straßenverkehrssituationen Die äußere Verkehrsumwelt mit den darin enthaltenen Reizobjekten muss zunächst einmal wahrgenommen werden. Die Vorausbedingung einer Reizwahrnehmung ist dabei allerdings zunächst in einer Aufmerksamkeitsleistung zu sehen. 150 Aufmerksamkeit Aufmerksamkeit kann als Auswahlverfahren bzw. Filter gesehen werden. Es wird durch Aufmerksamkeitsprozesse folglich ausgewählt, was ein Verkehrsteilnehmer wahrnimmt und was nicht. Nicht alle Reize aus der Umwelt gelangen in sein Bewusstsein. Genau genommen sind es die wenigsten Sinnesreize, die einem Verkehrsteilnehmer bewusst zugänglich werden. Fährt ein sportlicher Fahrradfahrer beispielsweise durch eine bergige und kurvige Landschaft, ist seine Aufmerksamkeit auf die vor ihm liegende Strecke gerichtet. Das Ertönen einer Kirchturmglocke, eine grasende Kuh, ein beeindruckendes Denkmal oder ein fulminantes Panorama bleiben unentdeckt. Die Aufmerksamkeit kann bewusst, sozusagen von innen, gesteuert werden. Es ist folglich von den Bedürfnissen, Wünschen und Motiven der Person abhängig, wohin sie ihre Aufmerksamkeit lenkt. Diese selektive Aufmerksamkeit kennzeichnet, dass sich der Mensch zielorientiert verhält und trotz Widerständen oder Schwierigkeiten bei der Sache bleibt. Er konzentriert sich demgemäß ganz auf seine Tätigkeit und ist in der Lage andere, konkurrierende Handlungen, Gedanken oder Außenreize auszublenden.
Andererseits reagiert das Aufmerksamkeitssystem automatisch, wenn beispielsweise am Außenrand (Peripherie) des visuellen Gesichtsfeldes ein Reiz auftaucht. Ein Fußgänger tritt beispielsweise auf die Straße. Gleichzeitig werden im übrigen Gesichtsfeld die Wahrnehmungsschwellen von anderen, konkurrierenden Reizen erhöht. Ein solcher, konkurrierender Reiz (z.B. ein sich von vorn näherndes Fahrzeug) muss folglich stark und auffällig sein, um eine neuerliche Hinwendungsreaktion nach vorne zu verursachen. Die Reaktion auf periphere Reize besteht in der Regel in einer Blickzuwendung. Je nach Orientierungsdauer und gefahrener Geschwindigkeit bewegt sich der Fahrer einerseits blind gegenüber eventuellen Reizen aus dem zentralen Gesichtsfeld, und andererseits besteht die natürliche Tendenz, in die Richtung zu fahren, in die er schaut. Oft ist es so, dass mehrere Informationen auf einen Verkehrsteilnehmer einwirken oder er es versucht, seine Aufmerksamkeit auf zwei oder mehr Dinge zu lenken. Das kann gleiche oder verschiedenartige Sinneseindrücke betreffen. Meistens werden Auge und Ohr simultan angesprochen, was wohl den wenigsten Fahrern Schwierigkeiten bereitet, wenn es beispielsweise das visuelle Verkehrsgeschehen und Unterhaltungsmusik im Radio betrifft. Im Zeitalter der mobilen Kommunikation (Handy) wird die Aufmerksamkeitsleistung allerdings oft stark strapaziert. Die Konzentration auf die Fahrtstrecke und das gleichzeitige Erfassen und Verarbeiten von auditiven Informationen stellen dann hohe Herausforderungen dar. Die gesamte Aufmerksamkeitsleistung ist folglich insgesamt in ihrer Kapazität beschränkt. Man kann das Aufmerksamkeitssystem durchaus mit einem (älteren) PC vergleichen, in dem gleichzeitig mehrere Programme geöffnet sind. Man wird dann feststellen, dass sich die Programme in einer Art Wettstreit befinden. Jedes zusätzliche Programm geht zu Lasten anderer Programme. Wenn eines noch im Vordergrund läuft, haben die anderen Programme ihre Funktion schon weitgehend eingestellt. Beim Fahren wird man häufig allgemein sehr aufmerksam und wach sein (alertness). Die Reizschwellen sind dann in etwa alle gleich hoch. Äußere Reize gelangen dann nur noch nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip ins Bewusstsein. Man glaubt zwar, dass man sich bewusst einem Außenreiz zugewandt hat. In Wirklichkeit kommt dann aber eher der „augenscheinlich“ wahrscheinlichste oder intensivste Reiz zum Zug, unabhängig davon, ob dieser Reiz für eine angemessene Entscheidung geeignet ist oder nicht. Unsere Aufmerksamkeit unterliegt – von uns fast unbemerkt – ständigen physiologisch bedingten Schwankungen in einem Rhythmus von ca. 14 Sekunden, ohne dabei jedoch auf den Nullpunkt zu sinken. Dieses Phänomen kann man leicht selbst überprüfen, wenn man sich vollends auf das Ticken einer Uhr konzentriert; das Ticken wird allmählich leiser, um dann in der Intensität wieder zu steigen. Allerdings ist die maximale Daueraufmerksamkeit ungeachtet der 14-Sekunden-Schwankungen unter optimalen Bedingungen auf ca. 20 Minuten begrenzt. Da die Aufmerksamkeit aber nicht gleich erkennbar dramatisch abnimmt oder auf den Nullpunkt sinkt, sondern zunächst noch auf einem akzeptablen durchschnittlichen Niveau bleibt, werden solche Vorgänge von uns nicht registriert. Die Gegenwartsdauer von Informationen beträgt ca. fünf Sekunden, danach sind Informationen, wenn sie nicht weiterverarbeitet werden, wieder aus dem Kurzzeitspeicher 151
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Andererseits reagiert das<br />
Aufmerksamkeitssystem automatisch,<br />
wenn beispielsweise<br />
am Außenrand (Peripherie)<br />
des visuellen Gesichtsfeldes<br />
ein Reiz auftaucht. Ein Fußgänger<br />
tritt beispielsweise auf die<br />
Straße. Gleichzeitig werden<br />
im übrigen Gesichtsfeld die<br />
Wahrnehmungsschwellen von<br />
anderen, konkurrierenden<br />
Reizen erhöht. Ein solcher,<br />
konkurrierender Reiz (z.B.<br />
ein sich von vorn näherndes<br />
Fahrzeug) muss folglich stark<br />
und auffällig sein, um eine neuerliche<br />
Hinwendungsreaktion<br />
nach vorne zu verursachen.<br />
Die Reaktion auf periphere<br />
Reize besteht in der Regel<br />
in einer Blickzuwendung. Je<br />
nach Orientierungsdauer und<br />
gefahrener Geschwindigkeit<br />
bewegt sich der Fahrer<br />
einerseits blind gegenüber<br />
eventuellen Reizen aus dem<br />
zentralen Gesichtsfeld, und<br />
andererseits besteht die natürliche<br />
Tendenz, in die Richtung<br />
zu fahren, in die er schaut.<br />
Oft ist es so, dass mehrere<br />
Informationen auf einen Verkehrsteilnehmer<br />
einwirken oder<br />
er es versucht, seine Aufmerksamkeit<br />
auf zwei oder mehr<br />
Dinge zu lenken. Das kann<br />
gleiche oder verschiedenartige<br />
Sinneseindrücke betreffen.<br />
Meistens werden Auge und<br />
Ohr simultan angesprochen,<br />
was wohl den wenigsten Fahrern<br />
Schwierigkeiten bereitet,<br />
wenn es beispielsweise das<br />
visuelle Verkehrsgeschehen<br />
und Unterhaltungsmusik im<br />
Radio betrifft. Im Zeitalter<br />
der mobilen Kommunikation<br />
(Handy) wird die Aufmerksamkeitsleistung<br />
allerdings oft stark<br />
strapaziert. Die Konzentration<br />
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gleichzeitige Erfassen und<br />
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hohe Herausforderungen dar.<br />
Die gesamte Aufmerksamkeitsleistung<br />
ist folglich insgesamt<br />
in ihrer Kapazität beschränkt.<br />
Man kann das Aufmerksamkeitssystem<br />
durchaus mit einem<br />
(älteren) PC vergleichen, in<br />
dem gleichzeitig mehrere Programme<br />
geöffnet sind. Man<br />
wird dann feststellen, dass<br />
sich die Programme in einer<br />
Art Wettstreit befinden. Jedes<br />
zusätzliche Programm geht zu<br />
Lasten anderer Programme.<br />
Wenn eines noch im Vordergrund<br />
läuft, haben die anderen<br />
Programme ihre Funktion<br />
schon weitgehend eingestellt.<br />
Beim Fahren wird man häufig<br />
allgemein sehr aufmerksam<br />
und wach sein (alertness). Die<br />
Reizschwellen sind dann in<br />
etwa alle gleich hoch. Äußere<br />
Reize gelangen dann nur noch<br />
nach dem Wahrscheinlichkeitsprinzip<br />
ins Bewusstsein.<br />
Man glaubt zwar, dass man<br />
sich bewusst einem Außenreiz<br />
zugewandt hat. In Wirklichkeit<br />
kommt dann aber eher der<br />
„augenscheinlich“ wahrscheinlichste<br />
oder intensivste<br />
Reiz zum Zug, unabhängig<br />
davon, ob dieser Reiz für eine<br />
angemessene Entscheidung<br />
geeignet ist oder nicht.<br />
Unsere Aufmerksamkeit unterliegt<br />
– von uns fast unbemerkt<br />
– ständigen physiologisch<br />
bedingten Schwankungen in<br />
einem Rhythmus von ca. <strong>14</strong><br />
Sekunden, ohne dabei jedoch<br />
auf den Nullpunkt zu sinken.<br />
Dieses Phänomen kann man<br />
leicht selbst überprüfen, wenn<br />
man sich vollends auf das<br />
Ticken einer Uhr konzentriert;<br />
das Ticken wird allmählich leiser,<br />
um dann in der Intensität<br />
wieder zu steigen. Allerdings<br />
ist die maximale Daueraufmerksamkeit<br />
ungeachtet der<br />
<strong>14</strong>-Sekunden-Schwankungen<br />
unter optimalen Bedingungen<br />
auf ca. 20 Minuten begrenzt.<br />
Da die Aufmerksamkeit<br />
aber nicht gleich erkennbar<br />
dramatisch abnimmt oder<br />
auf den Nullpunkt sinkt,<br />
sondern zunächst noch auf<br />
einem akzeptablen durchschnittlichen<br />
Niveau bleibt,<br />
werden solche Vorgänge<br />
von uns nicht registriert.<br />
Die Gegenwartsdauer von<br />
Informationen beträgt ca.<br />
fünf Sekunden, danach sind<br />
Informationen, wenn sie nicht<br />
weiterverarbeitet werden, wieder<br />
aus dem Kurzzeitspeicher<br />
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