Schriftenreihe Verkehrssicherheit 14: „Risiko raus“ – Fachliche - DVR

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05.12.2012 Aufrufe

➢ Die Wahrnehmung der anderen Verkehrsteilnehmer und die direkte Interaktion haben vermutlich stärkere und direktere Auswirkungen auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer: Man darf davon ausgehen, dass man sich in einer sozialen Umgebung, in der Regeln eingehalten werden, auch selber eher an diese hält; umgekehrt kann frustrierende Kommunikation mit anderen Verkehrsteilnehmern durchaus zu Regelbrüchen auf unterschiedlichen Ebenen führen: Verkehrsregeln, Höflichkeitsregeln, Schutz von Leib und Leben � Ebenso darf man davon ausgehen, dass die Verkehrsinfrastruktur und die Eigenschaften des Verkehrsmittels eine unmittelbare Auswirkung auf das Verhalten haben. Breite und gerade Straßen haben die Tendenz die Geschwindigkeit in die Höhe zu treiben. Fahrzeuge, die hohe Geschwindigkeiten erlauben, werden die Wahrscheinlichkeit, dass solche gefahren werden, erhöhen. Fortbewegungsarten, die das Zurücklegen nur kürzerer Strecken erlauben, werden nicht für lange Strecken verwendet werden, Fahrzeuge, die hohen Komfort bieten, werden auch dann verwendet werden, 10 wenn es z.B. umweltfreundlichere Alternativen gibt, etc. Die folgende Darstellung 2 („Diamant“) gibt einen Überblick über jene Bereiche, aus denen Impulse für das Verhalten der Verkehrsteilnehmer kommen. Diese kommen klarerweise auch aus der Person selber: den vorhandenen Einstellungen, Meinungen, Gewohnheiten etc. Sie befinden sich in einem ständigen Austausch mit Impulsen aus der Umwelt, die ihrerseits untereinander interagieren. Politik Planung Verkehrsteilnehmer (Individuen) Gesellschaft Darstellung 2: Der Diamant (Haindl 2006 3 adaptiert nach Risser 2004 4 ) 3 Haindl G. 2006, Studie zur infrastrukturellen Situation für Fußgänger und Radfahrer, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Fakultät für Sozialwissenschaften der Universität Wien 4 Risser R. 2004, Philosophy of Traffic Calming, in: The Asian Journal. Journal of Transport and Infrastructure 11/1, pp 1-9 Nun aber zu der Frage, wie denn verantwortliches Handeln entsteht, im Sinne von Verhalten in der erwünschten Richtung welches aus eigenem Antrieb bzw. auf eigene Initiative zustande kommt: Kurz gesagt hat der/die Einzelne die Möglichkeit, sich reflexartigem Verarbeiten und Umsetzen all der oben genannten Reize aus der Umgebung zu entziehen und aus eigenem Überlegen heraus, im Sinne eigener Verantwortlichkeit, zu handeln. Internalisierung Infrastruktur Fahrzeugindustrie/ Technik

ichtigen Verhaltens in der Kindheit, bzw. von Werten, die zu schützen mit eigenverantwortlichem Handeln verbunden ist, wird eine solche Emanzipation erleichtern. Kognitive Prozesse beim Älterwerden bestehen z.B. im Einsehen, dass verantwortliches Handeln relevant ist. Gleichzeitig ist ein solches Verhalten auch gut für das Selbstbild: Man wird damit zu einem Menschen, der sich selbst für das Richtige entscheidet und der dafür nicht auf Einflüsse von außen angewiesen ist und der sich auch durch negative Einflüsse nicht leicht verunsichern lässt. Eine ausführliche Auseinandersetzung damit, wie Verhalten im erwünschten Sinn denn aussehen soll, ist dafür allerdings Voraussetzung. Weiter oben wurde diskutiert, wie man richtiges Verhalten bestimmen kann. Im folgenden Abschnitt wird darauf eingegangen, welche motivationalen Probleme an die Bestimmung richtigen Verhaltens bei der Teilnahme am Straßenverkehr geknüpft sind. Auch verantwortungsbewusste Personen verstehen das System nicht immer richtig Der Ausgangspunkt für diese Diskussion ist die Frage danach, inwieweit Personen sich aktiv darum bemühen, das Richtige zu tun. Darin enthalten ist das Bestreben, in allen unklaren Situationen herauszufinden, was das Richtige ist. Dies hat unter Berücksichtigung der Verkehrsbedingungen, also – gemäß Darstellung 1 oben – entsprechend der zur Verfügung stehenden Zeit zu erfolgen. Lassen wir hier einmal die Diskussion beiseite, wie man feststellen kann, ob jemand aus eigenem Antrieb handelt, oder ob z.B. äußerer Zwang – soziale Kontrolle, Überwachung durch Exekutive – ihn/sie dazu veranlasst, sich korrekt zu verhalten; mit anderen Worten, wie man feststellen kann, ob Verhalten im erwünschten Sinn aus intrinsischer oder extrinsischer Motivation erfolgt. Stellen wir uns einfach eine Person vor, die aus eigenem Antrieb korrekt handeln will. Welche Eigenschaften muss eine solche Person haben? Mit Sicherheit muss eine Eigenschaft die Kenntnis des Charakters von Verhalten im erwünschten Sinn sein, oder aber von Wegen, wie man bestimmen kann, welches Verhalten denn in bestimmten Situationen erwünscht ist. Letzteres muss wohl an ein Ziel geknüpft sein, bzw. an einen Wert, den man beschützen will. Es ist aber denkbar, dass es Situationen gibt, in denen viele Personen irrtümlich meinen, dass sie das Richtige bzw. nichts Falsches tun, also verantwortlich handeln. Im Straßenverkehr muss nämlich nicht notwendigerweise ein Bewusstsein für die wirklichen Probleme entstehen, und was richtiges Verhalten ist kann falsch eingeschätzt werden, selbst von Personen mit einer hohen Bereitschaft zu verantwortlichem Handeln. Dies soll am Beispiel Geschwindigkeit illustriert werden: Unangepasste und überhöhte Geschwindigkeit sind in den meisten Ländern, wo es Unfallstatistiken gibt, Hauptunfallursachen, insbesondere bei schweren und tödlichen Unfällen (siehe Fußnote 5 ). Als Ergänzung dazu gibt es hochqualitative Forschung, die gezeigt 5 Stefan C. 2008, Tiefenanalyse tödlicher Verkehrsunfälle, Wien: Zeitschrift für Verkehrsrecht 2008/163, Seite 366-368, ISSN: 0044- 3662; UVEK & ASTRA 2002, Erarbeitung der Grundlagen für eine Straßenverkehrssicherheitpolitik (VESIPO) des Bundes, Schlussbericht, Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung bfu, Bern, Schweiz; Vorndran I. 2007, Unfallgeschehen im Straßenverkehr 2006, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 11

➢ Die Wahrnehmung der<br />

anderen Verkehrsteilnehmer<br />

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haben vermutlich stärkere<br />

und direktere Auswirkungen<br />

auf das Verhalten der<br />

Verkehrsteilnehmer: Man<br />

darf davon ausgehen, dass<br />

man sich in einer sozialen<br />

Umgebung, in der Regeln<br />

eingehalten werden, auch<br />

selber eher an diese hält;<br />

umgekehrt kann frustrierende<br />

Kommunikation mit anderen<br />

Verkehrsteilnehmern<br />

durchaus zu Regelbrüchen<br />

auf unterschiedlichen Ebenen<br />

führen: Verkehrsregeln,<br />

Höflichkeitsregeln, Schutz<br />

von Leib und Leben<br />

� Ebenso darf man davon<br />

ausgehen, dass die Verkehrsinfrastruktur<br />

und die<br />

Eigenschaften des Verkehrsmittels<br />

eine unmittelbare Auswirkung<br />

auf das Verhalten<br />

haben. Breite und gerade<br />

Straßen haben die Tendenz<br />

die Geschwindigkeit in die<br />

Höhe zu treiben. Fahrzeuge,<br />

die hohe Geschwindigkeiten<br />

erlauben, werden die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass<br />

solche gefahren werden,<br />

erhöhen. Fortbewegungsarten,<br />

die das Zurücklegen<br />

nur kürzerer Strecken erlauben,<br />

werden nicht für lange<br />

Strecken verwendet werden,<br />

Fahrzeuge, die hohen Komfort<br />

bieten, werden auch<br />

dann verwendet werden,<br />

10<br />

wenn es z.B. umweltfreundlichere<br />

Alternativen gibt, etc.<br />

Die folgende Darstellung 2<br />

(„Diamant“) gibt einen Überblick<br />

über jene Bereiche,<br />

aus denen Impulse für das<br />

Verhalten der Verkehrsteilnehmer<br />

kommen. Diese kommen<br />

klarerweise auch aus der Person<br />

selber: den vorhandenen<br />

Einstellungen, Meinungen,<br />

Gewohnheiten etc. Sie befinden<br />

sich in einem ständigen<br />

Austausch mit Impulsen aus<br />

der Umwelt, die ihrerseits<br />

untereinander interagieren.<br />

Politik<br />

Planung<br />

Verkehrsteilnehmer<br />

(Individuen)<br />

Gesellschaft<br />

Darstellung 2: Der Diamant (Haindl 2006 3 adaptiert nach Risser 2004 4 )<br />

3 Haindl G. 2006, Studie zur infrastrukturellen<br />

Situation für Fußgänger und<br />

Radfahrer, Diplomarbeit zur Erlangung<br />

des Magistergrades der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften<br />

an der Fakultät für<br />

Sozialwissenschaften der Universität Wien<br />

4 Risser R. 2004, Philosophy of Traffic<br />

Calming, in: The Asian Journal. Journal of<br />

Transport and Infrastructure 11/1, pp 1-9<br />

Nun aber zu der Frage, wie<br />

denn verantwortliches Handeln<br />

entsteht, im Sinne von<br />

Verhalten in der erwünschten<br />

Richtung welches aus eigenem<br />

Antrieb bzw. auf eigene Initiative<br />

zustande kommt: Kurz<br />

gesagt hat der/die Einzelne<br />

die Möglichkeit, sich reflexartigem<br />

Verarbeiten und Umsetzen<br />

all der oben genannten<br />

Reize aus der Umgebung zu<br />

entziehen und aus eigenem<br />

Überlegen heraus, im Sinne<br />

eigener Verantwortlichkeit,<br />

zu handeln. Internalisierung<br />

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