7-9/2011 - Leporello
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musik<br />
Open-Air<br />
24 l <strong>Leporello</strong><br />
BAYERISCHES<br />
KAMMERORCHESTER<br />
BAD BRÜCKENAU<br />
Ein Schuss in die Idylle<br />
„Der Wildschütz“ wurde auf der Freilichtbühne in Meiningen heftig beklatscht<br />
Romantische Oper am romantischen<br />
Ort: Albert Lortzings<br />
„Der Wildschütz“ gefiel auf der<br />
Freilichtbühne im Englischen<br />
Garten in Meiningen. Die Inszenierung<br />
von Dominik Wilgenbus<br />
bietet unbeschwertes Vergnügen<br />
mit herrlichen Melodien,<br />
humorvoller Unterhaltung, aber<br />
auch einem Schuss Sozialkritik<br />
und lässt durch allerlei Übertreibungen<br />
erkennen, dass das Ganze<br />
nicht allzu ernstes Theater ist. Auf<br />
die Schippe genommen wird auch<br />
die AntikeBegeisterung überkandidelter<br />
Damen, was das gemeine<br />
Volk nur gähnen lässt.<br />
In dieser Idylle des 19. Jahrhunderts<br />
mit den züchtigen biedermeierlichen<br />
Kostümen stimmt<br />
vieles nicht; da gibt es den adeligen<br />
Schwerenöter samt verbildeter<br />
Gattin, frustrierte Verwitwete<br />
und den armen Schulmei<br />
KLASSIK OPEN-AIR<br />
ITALIENISCHE<br />
NACHT<br />
BAD BRÜCKENAU STAATSBAD<br />
FREITAG 22.07.<strong>2011</strong><br />
20.00 UHR SCHLOSSPARK<br />
www.kammerorchester.de<br />
Die Inszenierung von Dominik Wilgenbus bietet unbeschwertes Vergnügen<br />
mit herrlichen Melodien, humorvoller Unterhaltung.<br />
ster, der für 5000 Taler sogar bereit<br />
ist, seine Braut zu „verhökern“.<br />
Von wegen Herz, Liebe, Stimme<br />
der Natur. Aber schließlich finden<br />
sich trotz aller Verkleidungen die<br />
Richtigen. Der alte Lehrer kriegt<br />
sein Gretchen, der Baron „seine“<br />
Baronin, auch wenn sich beide<br />
zuerst sträuben, und der Graf<br />
muss bei seiner Gräfin bleiben.<br />
Die Geschwisterliebe als anfängliche<br />
Verirrung ist damit ausgestanden.<br />
Über allem aber schwebt<br />
die leichte, melodiengetränkte<br />
Musik Lortzings mit ihren eingängigen<br />
Arien und wunderbaren<br />
Ensembles. Die Meininger Hofkapelle<br />
unter Sierd Quarré ließ<br />
schon in der Ouvertüre gemütvollgemütliche<br />
Klänge hören, bis<br />
dann ein Schuss alles aus dem Lot<br />
bringt: Der biedere Schulmeister<br />
Baculus hat gewildert und wurde<br />
dabei von den gräflichen Jägern<br />
erwischt, und so fällt seine Hochzeit<br />
mit Gretchen vorerst ins Wasser,<br />
weil er seine Stelle verliert.<br />
Die Verwicklungen beginnen,<br />
als zwei angebliche Studenten <br />
verkleidete Damen ihm ins Haus<br />
schneien; da der alte Lehrer seine<br />
junge Braut nicht als Bittstellerin<br />
aufs Schloss zum Grafen, einem<br />
berüchtigten Frauenhelden, schicken<br />
will, soll dies eine(r) seiner<br />
Gäste erledigen. Und so kommen<br />
sich die nahe, die sich eigentlich<br />
nicht nahe kommen wollen. Alles<br />
klärt sich auf nicht ohne geringe<br />
Verluste. Belebt wurde alles durch<br />
die guten SängerDarsteller. Bryan<br />
Rothfuss trat als schneidiger<br />
Graf auf und verstärkte diesen<br />
Eindruck stimmlich mit seinem<br />
angenehm männlich timbrierten<br />
Bariton. Seine in höheren Sphären<br />
schwebende, schwerreiche<br />
Gemahlin wurde von Anja Daniela<br />
Wagner mit schönem Mezzosopran<br />
gesungen.<br />
Die Paraderolle des älteren, etwas<br />
unbeholfenen, aber eigentlich<br />
grundsoliden Baculus füllte<br />
Roland Hartmann sehr glaubhaft<br />
aus, wozu ihm auch sein kräftiger,<br />
ausdrucksvoller Bass verhalf; sein<br />
Gretchen spielte und sang Sybille<br />
Sachs frisch und leicht zickig. Dagegen<br />
verwandelte sich Ute Ziemer<br />
von einer gar nicht traurigen<br />
Witwe über das vermeintliche<br />
„Kind vom Lande“ zur Schwester<br />
des Grafen und seiner Schwägerin,<br />
und ihr heller, in den Höhen<br />
fein glänzender Sopran war dabei<br />
wahrer Hörgenuss. Der künftige<br />
Gatte Baron Kronthal, Rodrigo<br />
Porras Garulo, war zwar äußerlich<br />
recht ansehnlich, sein Tenor aber<br />
klang manchmal etwas gepresst.<br />
Die Lacher auf seiner Seite hatte<br />
Matthias Richter als Pankratius,<br />
wenn er in breitestem Thüringisch<br />
seine Dienste anbot. Und<br />
alle Mitwirkenden, auch Chor<br />
und Kinderchor wurden begeistert<br />
beklatscht. Renate Freyeisen<br />
Fotos: MeiniGer theAter