DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Tumortherapie mit Röntgenstrahlen<br />
Dr. Bernhard Steinbauer, Abt. 1.54<br />
Die Strahlentherapie gehört mittlerweile zum Standardrepertoire bei der Behandlung zahlreicher Tumore;<br />
dabei bezeichnet der Begriff Strahlentherapie heute vor allem die örtlich eng begrenzte Anwendung<br />
hochenergetischer Strahlen, meist Röntgenstrahlen, auf den Tumor. Durch Schädigung der Erbsubstanz<br />
(DNS) werden bösartige Zellen zum Absterben oder um ihre Fortpflanzungsfähigkeit gebracht. Die<br />
apparativen Fortschritte, wie sie sich auch in den Patentanmeldungen der letzten Jahre am <strong>DPMA</strong> im IPC-<br />
Bereich A61N 5/10 widerspiegeln, liegen dabei in einer möglichst genauen Begrenzung des Strahls auf<br />
das Tumorgewebe, insbesondere bei benachbarten Risikostrukturen wie Nervenbahnen, in der<br />
rechnergestützten Bestrahlungsplanung sowie in einer möglichst genauen Erfassung und<br />
Berücksichtigung möglicher Positionsänderungen des Patienten.<br />
1. Definition, Abgrenzung<br />
Strahlentherapie umfasst die Verwendung ionisierender,<br />
hochenergetischer elektromagnetischer Strahlung bei<br />
gutartigen und bösartigen Erkrankungen. Typische<br />
Beispiele gutartiger Erkrankungen sind Fersensporn,<br />
Tennisellenbogen oder Gelenkarthrosen. Unter den<br />
bösartigen Erkrankungen werden Tumoren sehr häufig<br />
bestrahlt, hierbei etwa gleich häufig palliativ<br />
(schmerzlindernd) und kurativ (heilend); bei kurativem<br />
Einsatz oft auch unterstützend (adjuvant) zu anderen<br />
Behandlungen wie Operation und Chemotherapie [1].<br />
Die Anwendung legt die eingebrachte Gesamtdosis fest:<br />
bis zu 10 Gy bei gutartigen Erkrankungen [2] (1 Gy = 1<br />
Gray = 1 J Strahlungsenergie / kg bestrahltes Gewebe),<br />
45-60 Gy adjuvant bei Tumoren bzw. 60-80 Gy in<br />
Teilbehandlungen (Fraktionen) zu 1,8-2 Gy bei reinen<br />
Strahlenbehandlungen von Tumoren.<br />
Der vorliegende Artikel beschränkt sich auf die<br />
Teletherapie, d.h. die Bestrahlung des Körpers mit einer<br />
entfernt liegenden Quelle; im Gegensatz dazu wird bei der<br />
Brachytherapie ein Strahler (ein radioaktives Präparat<br />
oder eine miniaturisierte Röntgenquelle, vgl. DE 10 2005<br />
056 066 B3) direkt in die Nähe der krankhaften Stelle in<br />
den Körper eingebracht. Von den verschiedenen<br />
Realisierungen der Teletherapie wird wiederum nur die<br />
Verwendung von Gamma-Strahlung, d.h. energiereicher<br />
Röntgenstrahlung behandelt. Eine Übersicht über die<br />
Teletherapie mit Teilchenstrahlen (Ionen- oder<br />
Protonenstrahlen) findet sich in der letzten Ausgabe der<br />
<strong>Erfinderaktivitäten</strong> des <strong>DPMA</strong> [3].<br />
2. Funktionsweise der Röntgenbestrahlung<br />
2.1. Absorptionsmechanismen<br />
Der Absorptionsmechanismus und damit mittelbar die<br />
Wirkungsweise von photonischer Strahlung in<br />
biologischem Gewebe hängt stark von der Energie der<br />
Strahlung ab (Figur 1; vgl. auch [6], Kap. 1.4.9).<br />
Figur 1: Linearer Schwächungskoeffizient µ(E) von photonischer<br />
Strahlung in Wasser als Näherung für die Wechselwirkung mit<br />
biologischem Gewebe. Für Energien bis etwa 50 keV dominiert<br />
der Photoeffekt, über ca. 5 MeV die Paarbildung; dazwischen liegt<br />
ein Bereich, in dem Photonen vor allem durch den Compton-<br />
Effekt absorbiert werden (nach [6]).<br />
Für Energien bis etwa 50 keV überwiegt der<br />
photoelektrische Effekt, d.h. die Ionisierung von Atomen<br />
über eine Anregung von Elektronen aus inneren Schalen.<br />
Bei über 5 MeV trägt hauptsächlich die Paarbildung zur<br />
62 <strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2006</strong>/<strong>2007</strong>