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DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007

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der Evolution konservierten Regulationsmechanismen<br />

handelt. Es konnte u. a. gezeigt werden, dass<br />

Transposone (mobile, parasitäre DNA-Einheiten, die in<br />

das Genom der Wirtszelle insertieren und wichtige<br />

Abschnitte des Genoms unterbrechen und zerstören<br />

können) über einen RNAi-Mechanismus stillgelegt werden<br />

können und somit eine erhöhte Genomstabilität bewirken<br />

[48]. Auch bei der Vervielfältigung von RNA-Viren entsteht<br />

intermediär dsRNA, welche einen RNAi gesteuerten<br />

Abwehrmechanismus auslösen kann [49]. Der RNAi-<br />

Mechanismus kann die Virusvermehrung in einem<br />

Organismus u. a. durch Injektion exogener<br />

doppelsträngiger (chemisch synthetisierter) siRNA<br />

inhibieren, wobei dadurch das virale RNA-Genom als Ziel<br />

für RNA-Interferenz erkannt wird („genetische<br />

Immunisierung“) [30] [47]. Diesbezüglich könnten<br />

beispielsweise die Erreger von Aids, Kinderlähmung und<br />

Hepatitis C mittels von Tuschl et al. entwickelten,<br />

synthetisch hergestellten, 21 Basenpaare langen<br />

doppelsträngigen siRNAs (Agentien zum Genesilencing)<br />

[34] [47] prinzipiell bekämpft werden. Die neue RNAi-<br />

Technik [50][51][52][53][54], welche anderen<br />

Ausschaltexperimenten deutlich überlegen ist [28], ist<br />

neben der Virenabwehr auch bei anderen Erkrankungen<br />

denkbar, bei denen die Ursache in einer „falschen“ RNA<br />

liegt, was bei verschiedensten Krebsarten der Fall ist. Auf<br />

dem Weg zum Wirkort ist jedoch die Degradation der<br />

Nukleasen für den therapeutischen Einsatz der siRNAs<br />

derzeit ein Hindernis. Verschiedene experimentelle<br />

Ansätze versuchen dieses Problem zu lösen. Die direkte<br />

Einspritzung der synthetisch hergestellten siRNAs an den<br />

Wirkort ist ein Lösungsansatz. Hierbei sollten die<br />

entsprechenden siRNAs der besseren Haltbarkeit wegen<br />

chemisch modifiziert werden [55][68][69]. Andere<br />

Lösungswege um die siRNAs gezielt an ihren Wirkort zu<br />

bringen, bestehen darin, diese in geeigneten<br />

Kohlenstoffnanoröhren [56] oder Liposomen bzw.<br />

humanem Serumalbumin [70] zu transportieren. Auch<br />

nicht- pathogene Viren werden als siRNA-Transporter im<br />

Hinblick auf eine systemische Anwendung in Betracht<br />

gezogen [57]. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der<br />

Entwicklung von RNAi-Therapeutika berücksichtigt werden<br />

muss, ist die Tatsache, dass bei der Applikation größerer<br />

Mengen an siRNAs [58] prinzipiell auch ein Einfluß auf<br />

endogene Mechanismen möglich ist. Beispielsweise wenn<br />

der RISC-Komplex im Rahmen einer Therapie mit siRNAs<br />

besetzt ist, könnten viele wichtige regulatorische,<br />

endogene RNAs (z.B. miRNAs) nicht mehr genügend<br />

prozessiert werden, sodass bei einer möglichen<br />

medizinischen Applikation mit verschiedensten<br />

Nebenwirkungen gerechnet werden muss.<br />

Ein Großteil der RNAi-Forschung befasst sich mit der<br />

Identifizierung von Onkogenen bzw. mit den Ursachen von<br />

Krebserkrankungen. Ein bedeutendes Tool ist hierbei der<br />

Einsatz umfangreicher RNAi-Bibliotheken, die das Genom<br />

verschiedener Modellorganismen abbilden sollen<br />

[59][60][64][65]. Durch RNAi-vermittelte Ausschaltung<br />

spezieller Gene im Hochdurchsatzverfahren (High-<br />

Throughput Screening) und durch Vergleich mit dem<br />

humanen Genom verspricht man sich neue Erkenntnisse<br />

v. a. über Ursachen und Therapiemöglichkeiten humaner<br />

Krebserkrankungen [61] [62].<br />

Verschiedene Forschergruppen versuchen weltweit auch<br />

Arzneimittelresistenzen, die häufig während<br />

Chemotherapien auftreten, durch die RNAi-Technik zu<br />

verhindern [67]. Ferner sind viele andere Krankheitsbilder<br />

sowie genetische Defekte im Blickpunkt der RNAi-<br />

Wissenschaftler. So wird mittlerweile in mehreren Phase II<br />

Studien die Behandlung altersbedingter<br />

Makuladegeneration mittels siRNA-Technik erprobt [71].<br />

Hierbei appliziert man eine siRNA-Lösung direkt in das<br />

Auge [72]. Bei der Makuladegeneration (MD) handelt es<br />

sich um eine Augenerkrankung, die zum Verlust der<br />

Sehkraft im Bereich des schärfsten Sehens, der Makula<br />

(auch "gelber Fleck" genannt) führt. Auch bei der<br />

Behandlung des Humanen Respiratorischen Synzytial-<br />

Virus (RSV), welcher Symtome im oberen<br />

Atmungsapparat (Respirationstrakt) verursacht und<br />

bevorzugt bei Kindern auftritt, werden mit einem RNAibasierten<br />

inhalativ zu applizierenden Therapeutikum<br />

mehrere klinische Phase I Studien durchgeführt [73].<br />

Literatur<br />

[1] http://genome.wellcome.ac.uk/node30058.html<br />

[2] http://www.genome.gov/HGP/<br />

[3] http://www.sanger.ac.uk/Info/Press/<strong>2006</strong>/060517.shtm<br />

l<br />

[4] GREGORY, S.G. et al.: The DNA sequence and<br />

biological annotation of human chromosome 1. – In:<br />

Nature <strong>2006</strong>, Band 441, S. 315-321.<br />

48 <strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2006</strong>/<strong>2007</strong>

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