DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
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Einzelstränge zerlegt (Figur 2, D). Je einer davon<br />
verbindet sich danach mit Proteinen zum RNAinduzierenden<br />
Silencing Complex RISC (Figur 2, E),<br />
welcher unter ATP-Verbrauch mit Hilfe einer Helicase die<br />
siRNAs entwindet und mRNAs mit komplementären<br />
Abschnitten einfängt [39]. Stimmt deren Sequenz fast<br />
perfekt mit der Vorlage überein, wird das gefangene<br />
mRNA-Molekül durch das Enzym SLICER (Hobel) des<br />
RISC-Komplexes mittig durchschnitten und damit<br />
funktionslos gemacht. Das von dieser mRNA kodierte<br />
Protein kann dann nicht mehr synthetisiert werden. Für<br />
den Fall, dass die Ziel-mRNA nur teilweise mit der im<br />
RISC-Komplex eingebundenen siRNA übereinstimmt, hält<br />
der RISC-Komplex die Ziel-mRNA lediglich fest, sodass<br />
die Ribosomen bei der Proteinsynthese auf der mRNA<br />
blockiert werden und ebenfalls kein Protein gebildet<br />
werden kann (Figur 2, F). Dabei basiert die hohe<br />
Effektivität des RNAi-Mechanismus auf weiteren<br />
Vervielfachungsschritten, bei denen die siRNA-Fragmente<br />
als Muster zur Bildung weiterer zusätzlicher dsRNA<br />
dienen. Je nach Eigenschaften der dsRNA bzw. je nach<br />
Organismus kann der RNAi-Mechanismus zusätzliche<br />
Effekte auf Transkriptions- oder auf Translationsebene<br />
haben. Doppelsträngige RNAs mit nichttranskribierenden<br />
Bereichen wie beispielsweise Introns und Promotoren sind<br />
ohne Effekt [15]. Ein etwas detaillierteres molekulares<br />
bzw. zelluläres Modell des RNAi-Mechanismus wird in [66]<br />
beschrieben.<br />
Im Lichte der (weitgehenden) Aufklärung der RNAi-<br />
Mechanismen wurde auch eine Vielzahl neuer<br />
regulatorischer RNA-Spezies identifiziert, die man unter<br />
dem Begriff miRNAs (microRNAs) subsumierte [43] [44]<br />
[45] [46]. Wie in Figur 3 dargestellt, funktionieren diese mit<br />
den Methoden der Bioinformatik nur schwer<br />
nachweisbaren miRNAs in einem zellulären System nach<br />
einem sehr ähnlichen Mechanismus wie bei der RNA-<br />
Interferenz [37] [42], so dass man siRNA und miRNA<br />
gleichsam als „molekulare Geschwister“ bezeichnen kann.<br />
Figur 3: Basismodell der miRNA-Expression und Aktivierung; in<br />
Anlehnung an [42].<br />
miRNA-Gene (Figur 3, G) werden im Zellkern (Nucleus)<br />
von einer bisher nicht näher charakterisierten Polymerase<br />
zu mehreren tausend Nukleotid langen Vorläufer-RNAs<br />
(pri-miRNA) (Figur 3, H) transkribiert, die mit Hilfe der<br />
dsRNA-spezifischen Ribonuklease Drosha<br />
haarnadelförmige, etwa 70 Nukleotid lange Strukturen<br />
ausbilden (pre-miRNA) (Figur 3, K). Diese pre-miRNAs<br />
verlassen den Zellkern und werden im Cytosol durch die<br />
Ribonuclease DICER auf ihre endgültige Länge von ca.<br />
19-23 Nucleotiden zu miRNAs gestutzt. Diese werden wie<br />
auch im Falle der siRNA anschließend in einen RISCartigen<br />
Komplex gebunden (Figur 3, L). Im Gegensatz zu<br />
den siRNAs können miRNAs häufig nicht in ihrer ganzen<br />
Länge mit der Ziel-mRNA hybridisieren, vielmehr bilden sie<br />
mittig, dort wo normalerweise das Enzym SLICER die ZielmRNA<br />
schneiden würde, eine Ausbuchtung von<br />
ungepaarten Nukleotidbasen (Figur 3, M). Dies hat zur<br />
Folge, dass die Ziel-mRNA bei der Translation lediglich<br />
gehemmt wird, während im Fall der siRNAs die Ziel-mRNA<br />
zerschnitten und somit die Translation komplett<br />
ausgeschaltet wird. In Analogie zu den pre-miRNAs<br />
können im Übrigen auch andere haarnadelförmige RNAs<br />
(hairpin-RNAs) synthetisch hergestellt werden [63].<br />
5. Therapeutisches Potential der RNA-<br />
Interferenz<br />
Im Rahmen der Identifizierung bzw. Aufklärung der<br />
verschiedenen siRNAs und miRNAs und weiterer<br />
regulatorischer RNAs in zahlreichen verschiedenen<br />
Organismen kann angenommen werden, dass es sich bei<br />
der RNA-Interferenz um einen der ältesten natürlichen in<br />
<strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2006</strong>/<strong>2007</strong> 47