DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
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Beobachtung wurde 1992 beim eukaryotischen roten<br />
Brotschimmelpilz Neurospora crassa gemacht [19]. Dieser<br />
Pilz zeigte nach dem Einbringen eines Gens, welches an<br />
der Carotenoidsynthese involviert ist, das Auftreten von<br />
Albinomutanten. Das zusätzlich eingebrachte exogene<br />
Gen unterdrückt hierbei die Expression eines Enzymes,<br />
welches für die Carotenoidsynthese erforderlich ist. Dieser<br />
Befund, welcher den gleichen Ursprung wie die<br />
Cosuppression besitzt, wurde als Quelling bezeichnet [20]<br />
[21]. Schon seit langem ist bekannt, dass Messenger-RNA<br />
durch eine komplementäre (Antisense) RNA ausgeschaltet<br />
werden kann. Da dieser Abbauprozess nach der<br />
Transkription der mRNA erfolgt, wurde dieser als<br />
„posttranskriptionales Gene Silencing“ (PTGS) bezeichnet<br />
[22].<br />
Der Antisense-Begriff wurde 1985 durch Inouye et al.<br />
geprägt, basierend auf der Beobachtung, dass sich in dem<br />
Darmbakterium E. coli bei der Transkription einer<br />
Antisense-RNA (Gegensinn-RNA) die Menge an mRNA<br />
verringerte [23].<br />
Auch bei vielen anderen Modellorganismen wie z.B. in bei<br />
Viren („virus-induced gene silencing" (VIGS)) [22] konnte<br />
bestätigt werden, dass Gene posttranskriptionell dadurch<br />
stillgelegt werden können, indem man eine Abschrift des<br />
Zielgens mit umgekehrter Reihenfolge (komplementäres<br />
exogenes Gen) in die Zelle einschleust. Bei diesem<br />
Verfahren wird vom exogenen Transgen eine<br />
komplementäre Gegensinn-RNA (Antisense-RNA)<br />
abgelesen, währenddessen das normale zelluläre<br />
(endogene) Gen eine translatierbare mRNA synthetisiert.<br />
Zunächst vermutete man, dass sich RNA mit<br />
entsprechender Antisense-RNA hybridisiert und der so<br />
entstandene Doppelstrang den Weg zu den Ribosomen<br />
und damit die Translation zu den entsprechenden<br />
Genprodukten (Proteinen) verhindert. Ein Nachweis eines<br />
„Sense-und Antisense-RNA-Komplexes“ konnte aber nicht<br />
erbracht werden. Vielmehr waren nach der erfolgreichen<br />
Stilllegung eines spezifischen Gens sowohl die mRNA als<br />
auch Antisense-RNA nicht mehr nachweisbar, eine<br />
Beobachtung, die der erwarteten größeren Stabilität von<br />
doppelsträngiger RNA (dsRNA) widersprach. Da weder<br />
Sense- noch Antisense-RNA Reste entdeckt wurden,<br />
musste demzufolge die Menge beider Typen von RNA<br />
exakt identisch sein, sodass der Mechanismus des „Gene<br />
silencing“ basierend auf Antisense-RNA weitgehend<br />
unverständlich blieb [24]. Spezifische Doppelstrang-<br />
RNasen wurden postuliert und auch identifiziert, jedoch<br />
konnte kein direkter Zusammenhang zu Antisense-<br />
Mechanismen bewiesen werden [25]. Trotz fehlender<br />
Kenntnis des Wirkmechanismus, wurde Cosuppression<br />
und Antisense-RNA erfolgreich bei der Herstellung<br />
gentechnisch abgewandelter Nutzpflanzen, wie<br />
beispielsweise der „Anti-Matsch-Tomate“ (Flavr-Savr-<br />
Tomate) [26] eingesetzt.<br />
Bei Experimenten am Fadenwurm Caenorhabditis elegans<br />
(C. elegans), welcher in vielen wissenschaftlichen Arbeiten<br />
als Modellsystem dient [27], entdeckten Andrew Fire und<br />
Craig Mello 1998 [15], dass bei gleichzeitiger Injektion von<br />
Sense- (mRNA) und synthetisch hergestellter Antisense-<br />
RNA (eine zur Ziel-mRNA komplementäre RNA)<br />
überraschenderweise die Proteinproduktion wesentlich<br />
effizienter ausgeschaltet werden konnte als beim reinen<br />
Antisense-Versuch. Die Gen-Blockade funktionierte<br />
mitunter auch, wenn die Organismen als Kontrolle nur<br />
synthetisch hergestellte Sense-RNA, aber keine<br />
Antisense-RNA verabreicht bekamen.<br />
Dies widersprach aber der Theorie, wonach ein<br />
doppelsträngiger Komplex aus Boten-RNA und Antisense-<br />
RNA nicht fähig sein sollte, eine Ziel-RNA (mRNA)<br />
spezifisch zu erkennen, sodass die Bildung des von der<br />
mRNA kodierten Proteins in den Ribosomen verhindert<br />
wird. In weiteren Experimenten konnten Fire und Mello<br />
[15] [28] zeigen, dass auch die Injektion<br />
substöchiometrischer Mengen an doppelsträngiger RNA<br />
(dsRNA) in den Fadenwurm C. elegans einen besseren<br />
Silencing-Effekt zur Folge hatte, als die Injektion großer<br />
Mengen an Antisense-Transkripten. Sämtliche Antisense-<br />
Experimente mit künstlich hergestellter einsträngiger RNA<br />
waren also mehr oder weniger mit doppelsträngiger RNA<br />
verunreinigt. Die Entdecker dieser Art der Geninhibition<br />
prägten in Anlehnung an die physikalische Interferenz, bei<br />
der sich Schallwellen überlagern und auslöschen, den<br />
Ausdruck „RNA-Interferenz“ (RNAi), wonach sich hierbei<br />
Ribonukleinsäuremoleküle gegenseitig Matt setzen. Im<br />
Gegensatz zum „Knock-Out“ durch Genunterbrechung<br />
wurde die Genrepression durch RNAi, welche nicht immer<br />
vollständig verlief, als „Knock-Down“ charakterisiert.<br />
<strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2006</strong>/<strong>2007</strong> 45