DPMA - Erfinderaktivitäten 2006/2007
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Thixogießen – ein Urform- oder ein Umformverfahren?<br />
Martina Hensel, Abt. 1.24<br />
Seit mehr als 30 Jahren sind neben den klassischen Urformverfahren „Gießen“ und den klassischen<br />
Umformverfahren wie dem „Pressen“ Herstellungsverfahren für metallische Bauteile bekannt, genannt<br />
„Thixocasting“ und „Squeeze-Casting“, die als Gießverfahren bezeichnet werden, aber mit denen sich<br />
Bauteile herstellen lassen, deren Eigenschaften denen der klassischen Umformverfahren näher kommen<br />
als denen der Gusswerkstoffe ( „wie geschmiedet“).<br />
1. Der Unterschied zwischen Gießen,<br />
Thixocasting und Squeeze-Casting<br />
Zum Urformen gehören nach [1] die Verfahren, die einer<br />
formlosen Materie, wie Gasen, Flüssigkeiten, Fasern,<br />
Granulaten oder Spänen, Zusammenhalt und eine erste,<br />
feste Gestalt geben. Zu diesen Verfahren gehört damit<br />
neben der Pulvermetallurgie auch das Gießen, bei dem<br />
ein flüssiger oder breiiger Stoff in eine geometrische und<br />
feste Form gebracht wird. Das Umformen dagegen ist<br />
nach [1] das plastische Formen eines Körpers im festen<br />
Zustand. Masse und Volumen bleiben dabei konstant. Am<br />
bekanntesten sei neben dem Walzen, das Schmieden,<br />
Pressen, Ziehen und Biegen genannt.<br />
Die Phasenzusammensetzung eines Materials<br />
(fest/flüssig) wird in einem Zustandsdiagramm in<br />
Abhängigkeit von Temperatur und Zusammensetzung<br />
dargestellt. Für Metalle und Legierungen ergibt sich in der<br />
Regel dabei ein Bereich zwischen Solidus- und<br />
Liquiduslinie (Erstarrungsintervall), in dem flüssige neben<br />
festen Phasen vorhanden sind (Metallphase+Liquid), vgl.<br />
Figur 1. Dieser Bereich, der in Figur 1 schraffiert<br />
dargestellt ist, wird in der Urform- und Umformtechnik<br />
Thixo- oder Semi-Solid-Bereich genannt.<br />
Wird in diesem Bereich der koexistierenden Flüssig-/Fest-<br />
Phasen umgeformt, spricht man von Thixoforming und es<br />
wurden die verschiedensten Ur- und Umformverfahren<br />
weiterentwickelt, um Materialien in diesem Bereich zu<br />
verarbeiten und zwar sowohl ausgehend von den<br />
Urformverfahren, wie Gießen, Thixocasting und Squeeze-<br />
Casting, als auch von den Umformverfahren ausgehend,<br />
wie Heißisostatisches Pressen (HIP), Thixoforging<br />
(Schmieden thixotropen Materials) oder Thixomolding<br />
(Extrudieren thixotropen Materials). Eine genaue<br />
Zuordnung der Verfahren zu Ur- oder Umformverfahren ist<br />
daher allein nach dem Aggregatzustand der vorliegenden<br />
Phasen (flüssig, fest oder halbfest) nicht mehr möglich.<br />
Figur 1: Schematisches eutektisches Phasendiagramm einer<br />
Zweistofflegierung, WO 01/52323 A2.<br />
Auch wird den Metallen und Legierungen nicht<br />
zwangsläufig eine erste feste Gestalt verliehen, wie in [1]<br />
als Kennzeichen des Urformens definiert, wenn sie durch<br />
Thixocasting oder Squeeze-Casting hergestellt werden.<br />
Vielmehr kann das thixotrope Ausgangsmaterial einerseits<br />
zwar durch Abkühlen aus der Schmelze (Urformen), aber<br />
auch durch Wiedererwärmen eines bereits durch ein<br />
anderes Urformverfahren hergestellten Materials<br />
bereitgestellt werden, z.B durch Wiedererwärmen eines<br />
Strangpressbolzens (Umformen). Somit ist bei der<br />
Verarbeitung halbfesten/halbflüssigen Materials eine<br />
Unterscheidung nach Urformtechnik und Umformtechnik<br />
im herkömmlichen Sinne nicht möglich.<br />
Da thixotropes Material aber mit herkömmlichen Verfahren<br />
und Vorrichtungen verarbeitet werden kann, ist eine<br />
Unterscheidung nach diesen herkömmlichen Verfahren<br />
möglich. Hierbei ist beispielsweise das Thixocasting ein<br />
<strong>Erfinderaktivitäten</strong> <strong>2006</strong>/<strong>2007</strong> 23