Postamt - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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40 HOHENZOL E 1SCH EIMAT Jahrgang<br />
er einst, dieses Manuskript als ein Denkmal seiner Verehrung<br />
gegen Gottes Wort auf sein erblaßtes Herz gelegt, im Sarge<br />
zu ruhen wünsche.<br />
Ein tiefer Einschnitt im Lebensgang Mercy's bedeutet seine<br />
Predigeranstellung bei dem katholischen Herzog Karl Eugen<br />
in Stuttgart 1787, an dessen Hof die religiöse Aufklärung<br />
eine hervorragende Heimstätte hatte, ja durch den Herzog<br />
selber in jeder Art und Weise gefördert wurde. Im ersten<br />
Jahr trägt er noch das weiße Ordenskleid; dann wird für<br />
ihn, wie es schon für andere Hofprediger geschehen ist, die<br />
Säkularisation in Rom erwirkt, und zwei Jahre später wird<br />
er vom Bischof in Konstanz in den Weltklerus aufgenommen<br />
mit der Berechtigung, sich um eine Pfarrstelle bewerben zu<br />
können. Einige seiner Mitarbeiter seien erwähnt: Benedikt<br />
Werkmeister, früher Benediktiner in Neresheim,<br />
Eulogius Schneider, einst Franziskaner in Bamberg<br />
(er bleibt nur 2 Jahre am Hofe, jagt dann unstet allen Irrlichtern<br />
nach und findet in Paris ein trauriges Ende), weiterhin<br />
Gorgoni Frey, einst Kapuziner in Biberach, und<br />
U1 r i ch Mayer, ehemals Zisterzienser in Kaisheim. Sie<br />
alle sind hellklingende Namen von Männern, die versammelt<br />
sind in Stuttgart unter den schützenden Fittichen des reformfreudigen<br />
Herzogs und nun nach Lust und Laune wühlen<br />
können im bisher wohlgepflegten Garten der kirchlichen<br />
Satzungen und des kirchlichen Brauchtums. Unter ihnen ist<br />
nun auch Mercy, der jetzt die vielfältigen Bestrebungen seines<br />
Geistes zu verwirklichen und als glänzender Stern am<br />
Aufklärungshimmel zu leuchten imstande ist. — Was ist zu<br />
halten von seiner Tätigkeit? Eine Stimme sagt: „Auf der<br />
Kanzel entwickelte er ein überragendes Talent; er riß seine<br />
Zuhörer im Strome einer beredten Darstellung mit sich fort."<br />
Und Staatsminister von Reischach schreibt ihm: „Ihre salbungsvollen<br />
Worte dringen zu Herzen und befruchten wie<br />
Himmelstau ein dürres Erdreich."<br />
Als die Lebenstage des Herzogs sichtlich dem Ende zugingen,<br />
sieht sich Mercy um eine anderweitige Stellung um.<br />
1794 wird er auf seine Bitten hin aus dem Hofamte entlassen;<br />
dann übt er noch eine Zeitlang die Seelsorge in Stuttgart<br />
aus und verbringt mehr als ein Jahr in seiner Heimat Ueberlingen.<br />
1798 erhält er von Fürst Anton Aloys von Hohenzollern-Sigmaringen<br />
die Pfarrei Gruol, den er in Krauchenwies<br />
kennen gelernt hatte. Hier lebte und wirkte er inmitten<br />
seiner Pfarrkinder bis zum Eintritt in den Ruhestand im<br />
Jahre 1819. Im dortigen Frauenkloster stirbt er als Pensionär<br />
1825. Seinen Grabplatz hat er sich selber ausgewählt; nur<br />
ein bescheidenes Holzkreuz soll seine Ruhestätte bezeichnen.<br />
Beim Kirchenneubau 1848/50 sind Grab und Kreuz verschwunden.<br />
In kirchlicher Beziehung erhoffte er alles Heil von der<br />
Aufklärung; den Gottesdienst will er von allen Ueberladungen<br />
reinigen und alle Nebenandachten verschwinden lassen.<br />
Wilhelm Mercy<br />
In sozialer Hinsicht ist er äußerst rührig und tätig, besonders<br />
auf dem Gebiet des Armen- und Schulwesens.<br />
— 3 —<br />
Im Pfarrarchiv zu Gruol finden sich noch 59 Briefe, die<br />
einstmals Generalvikar Wessenberg seinem Gesinnungsfreunde<br />
Pfarrer Mercy schrieb, dem er in allen Amtsfragen<br />
sein volles Vertrauen schenkt und den er in allen Lebenslagen<br />
um einen guten Rat angeht. Er zählt ihm eine ganze<br />
Reihe von Gegenständen auf, die er im „Archiv für Pastoralconferenzen"<br />
behandeln sollte: „Ueber die Mittel, Klöster<br />
nützlich zu machen", „über die Mängel unseres Katechismus",<br />
„über die Liturgie nach dem Geiste des Apostels Paulus",<br />
„über Wallfahrten und Prozessionen" (1803). — Im November<br />
desselben Jahres schreibt er ihm: „Ihr Aufsatz über<br />
Priesterbildung enthält viele geistreiche Bemerkungen; vielleicht<br />
wird man hie und da in die Notwendigkeit versetzt<br />
werden, zur Privatbildung seine Zuflucht zu nehmen. Diese<br />
wäre sehr erwünscht, wenn es viele Seelsorger gäbe wie<br />
Pfarrer Mercy." — Sehr verübelt hat er dem Pfarrer von<br />
Gruol, daß er an Veitstag 1804 den bisher üblichen Gottesdienst<br />
bei der Friedhofskapelle hielt. Und er schreibt ihm:<br />
„Folgende Nachricht hat mich sehr befremdet. Man schreibt<br />
mir: Euer Hochwürden hat das Patrozinium des hl. Vitus<br />
am Tage selbst mit feierlichem Gottesdienst und Predigt begangen.<br />
Dieser Vorgang, der geradezu der bischöflichen Anordnung<br />
widerstreitet, hat in der Nachbarschaft die lauteste<br />
Sensation verursacht, muntert die einen zur Uebertretung<br />
auf und schlägt den Mut der anderen nieder; mich aber<br />
hat er ausnehmend betrübt und ohne die Hochachtung und<br />
Freundschaft, welche ich Ihnen wegen Ihrem Geist, Ihrem<br />
Eifer und Ihren Ansichten gewidmet habe, würde ich Ihnen<br />
nicht einen freundschaftlichen Brief schreiben. Aber bei der<br />
guten Sache rufe ich Sie auf, alles anzuwenden, um das<br />
Geschehene wieder gut zu machen und der bischöflichen Verordnung<br />
das entzogene Ansehen in Ihrer Gegend wieder zu<br />
verschaffen" (9. Juli 1804). — Ein großer Stein des Anstoßes<br />
waren für den aufgeklärten Kirchenführer in Konstanz die<br />
Feld-, Weg- und Wallfahrtskapellen. Darum braucht man<br />
sich nicht zu wundern, wenn in der Zeit von 1800—1830 zahlreiche<br />
kleine Heiligtümer (auch in Hohenzollern einem Vernichtungsfeldzug<br />
zum Opfer gefallen sind; ja, es wäre noch<br />
eine größere Zahl verschwunden, wenn nicht die Bürger und<br />
Dorfgemeinden sich ihrer angenommen und in unsere Zeit<br />
gerettet hätten.<br />
Ein Dorn im Auge ist dem Herrn Bistumsverweser Clemens<br />
Hofbauer und seine Genossenschaft, die Redemptoristen-Congregation,<br />
wogegen er mehr als einmal seinen Unwillen<br />
äußert: „Des Herrn Stelzers Predigt habe ich gut gefunden.<br />
Es ist mir schon daran gelegen, daß die jungen Geistlichen<br />
zu Tryberg durch exemplarische Aufführung ihren<br />
Lehrern und ihrem Stande Ehre machen. Dies ist das beste<br />
Mittel, den fatalen Eindruck, den die fanatischen Mönche<br />
aus Polen dort gemacht haben, zu vertilgen. Warum der weltliche<br />
Arm diese Schwärmer, die vom Bischof suspendiert sind,<br />
nicht fortweist, weiß ich nicht. (25. Juni 1806). Kaum war<br />
Hofbauer mit seinen Genossen 14 Tage an der Wallfahrtskirche<br />
zu Triberg tätig, da erweckte er schon den Neid und<br />
Zorn aufklärungstüchtiger Priester, die ihm den Aufenthalt<br />
und das Wirken unmöglich machten. — Auch anderen Orden<br />
war Wessenberg nicht gewogen. So schreibt er an Mercy im<br />
August 1808: „Die Franziskaner in Hechingen bedürfen wesentlich<br />
der Reform, Es scheint, die Mönche des 19. Jahrhunderts<br />
haben das Gelübde des Gehorsams vergessen Sie<br />
werden mir. liebster Freund, nicht verübeln, wenn ich dem<br />
Eigensinn der Mönche Standhaftigkeit entgegensetze. Sind<br />
einmal die bösen Geister mit Emst ausgetrieben, so werde<br />
ich mit wahrem Vergnügen als Genius der Liebe in dem<br />
Kloster einkehren." — Auch an den Frauenklöstern findet er<br />
Unvollkommenheiten: „An den Eigensinn der Nonnen solle<br />
man sich bei der Einführung des deutschen Breviers nicht<br />
kehren. Sie schmähen, was sie nicht kennen" (1805),<br />
„Ich fühle das Bedürfnis, daß unser Vclk nach und nach<br />
immer mehr mit der hl. Schrift bekannt gemacht werde. Ich<br />
ersuche Sie dringend, mir in Kürze anzuzeigen, welche<br />
Bruchstücke des Evangeliums Sie für die Fastenzeit passend<br />
finden." (1806V — Jahr für Jahr bekommt Mercy den Entwurf<br />
des künftigen Fastenhirtenbriefes zur Korrektur zugesandt;<br />
und jedesmal mit ungefähr denselben Worten: „Im<br />
Vertrauen teile ich Ihnen, mein wertester Freund, den Entwurf<br />
des Fastendekretes mit und ersuche Sie, Sie möchten<br />
mir recht offen und freimutig eröffnen, was Sie daran geändert,<br />
hinzugesetzt und verbessert wünschen" (1806). —<br />
„Was die Holzweihe am Charsamstag betrifft, die nur geeignet<br />
ist, schiefe Begriffe zu unterhalten, glaube *ch, daß es unbedenklich<br />
wäre, sie durch ein schriftliches Zirkular einzu-