Postamt - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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20 HOHEN Ol, I, ERISCHE HEIMAT Jahrgang 1958<br />
hange gestreut liegen. In dieser Gegend benutzten die Bewohner<br />
das bodenreiche Gelände südöstlich für Landwirtschaft<br />
und Weidewirtschaft.<br />
3. Der Hügelgräberfriedhof im Waldteil<br />
Katzensteig.<br />
Am malerischen Neckental entlang zieht sich ein Höhenzug<br />
mit dem Waldbezirk Katzensteig. Der prächtige Mischwald<br />
birgt den 3. Hügelgräberfriedhof, der nicht wie die andern<br />
ein geschlossenes Bild bietet, vielmehr ganz weit gestreut ist.<br />
Auch die Größe der Grabhügel bleibt hinter den besprochenen<br />
Gräbern der Blaize zurück. Vielleicht haben den Friedhof<br />
im Katzensteig mehrere Sippen angelegt. Die meisten<br />
Gräber sind noch völlig unversehrt und haben daher ihre<br />
Geheimnisse noch niemanden preisgegeben. Nach meiner<br />
Schätzung dürften etwa 80 Hügelgräber zu diesem Friedhof<br />
gehören<br />
4. Der Hügelgräberfriedhof auf Altenburg.<br />
In den Waldteilen auf Altenburg, mit der herrlichen Sicht<br />
auf die weiträumige Gammertinger Mulde, lagern etwa 30<br />
große (einige über 10 m lange) moosbewachsene Grabhügel.<br />
Da diese Gegend schwer zugänglich ist, blieben alle Gräber<br />
unbeschädigt. Auch ein längerer Steinwall ragt gut erhalten<br />
aus dem Waldboden.<br />
5. Der Hügelgräberfriedhof im Waldteil<br />
S t o 11 b e c k rechts der Fehla.<br />
Das malerisch schönste Tal der Gammertinger Gemarkung<br />
ist das Tal der Fehla. Ein vom Albverein markierter Weg<br />
führt steil zum Birkhof hinauf, im Mittelalter Birkach genannt.<br />
Bevor der Weg den Wald verläßt, beginnt rechts eine<br />
kleine Hochfläche, auf der ein fünfter Hügelgräberfriedhof<br />
liegt. Wer diesen Friedhof zum ersten Male betritt, wird tief<br />
beeindruckt von der großen Zahl der Gräber, die aber nicht<br />
weiträumig gestreut, sondern nahe beieinander liegen. Der<br />
Friedhof erstreckt sich auch auf einen Waldteil der Gemeinde<br />
Neufra. Es dürften etwa 200 große und kleine Grabhügel<br />
sein, die seit Jahrtausenden im Schatten des Waldes geborgen<br />
sind. Einige liegen auf waldfreier Fläche, die zur Do-<br />
mäne Birkhof gehört. Die Steine, mit denen die Grabhügel<br />
aufgebaut sind, übertreffen an Größe die der andern Friedhöfe.<br />
Ein Hügelgrab liegt geöffnet da; es ist aufgewühlt und<br />
durchsucht wprden. Freilich hat der einstige Forscher nicht<br />
bedacht, daß bei Nachbestattungen die Urnen auch seitlich<br />
zugesetzt wurden. Ein 50 m langer Steinwall durchzieht das<br />
große Gräberfeld. Die weite, ebene Fläche des Birkhofes bot<br />
den Urbewohnern überaus günstige Gelegenheit für Ackerbau<br />
und Weidewirtschaft. Der Weg aus dem Tal der Fehla<br />
bis zur Höhe führt steil ohne Kurven aufwärts und dürfte<br />
so alt wie der Friedhof sein.<br />
Rückblick und Mahnung. Wenn wir die Anlagen<br />
der 5 Friedhöfe miteinander vergleichen, zeigt sich bei allen<br />
die gleiche Form der Grabhügel. Meistens sind sie oval bis<br />
kreisrund, nur wenige rechteckig. Alle dürften in der mittleren<br />
Broncezeit, also etwa 1500 Jahre vor Christi Geburt<br />
entstanden sein. Doch darüber müssen uns die Fachleute<br />
durch Probegrabungen Auskunft geben. Die vielen Grabhügel<br />
zeigen, daß die Hochflächen beiderseits der Lauchert und der<br />
Fehla während vieler Jahrhunderte dicht besiedelt waren.<br />
Weiträumige Felder boten ausreichenden Weidegrund, Lauchert<br />
und Fehla deckten auch in Trockenzeiten den Wasserbedarf.<br />
Vielleicht geht der Ursprung der uralten Höfe Stollbeck,<br />
Lieshöfe und Birkhof auf diese Ansiedler zurück. Die<br />
pietätvolle Bestattung der Toten deutet an, daß die Sippen<br />
der Broncezeit an ein Fortleben nach dem Tode glaubten.<br />
Den Forstbeamten, die unsere Wälder hegen und pflegen,<br />
obliegt die Pflicht, um die Erhaltung der alten Friedhöfe<br />
besorgt zu sein. Beim Holzfällen und bei der Holzabfuhr<br />
sollten keine Hügel beschädigt oder zerstört werden. Nur<br />
durch den schützenden Wald blieben die Friedhöfe bis jetzt<br />
erhalten. Den Gemeindeverwaltungen verbleibt die<br />
Aufgabe, die Steinabfuhr zu verbieten, damit alle Grabhügel<br />
und Wälle auch für die Zukunft erhalten werden. Jeder<br />
Grabhügel-Friedhof bildet ein geschichtlich wertvolles Kulturdenkmal,<br />
das jeden stillen Besucher in seinen Bann zieht<br />
und an die Vergänglichkeit alles Irdischen erinnert. Wiest.<br />
Die großen Grabhügelfelder links der Lauchert<br />
Wohl kaum sonst in süddeutschen Landen finden wir so<br />
zahlreiche und guterhaltene Hügelgräber wie gerade auf den<br />
Höhen der Alb, die im 3. Jahrtausend vor Chr. begehrtes<br />
Siedlungsland wird. Die Erhaltung dieser Gräber verdanken<br />
wir den ausgedehnten Wäldern und Heiden, die nie der Pflug<br />
berührte. Gammertinger und Zwiefalter Alb, also der flache<br />
Höhenrücken zwischen Lauchert einer- und Lauter und Zwiefalter<br />
Aach anderseits, bergen im Schutz ihrer Wälder und<br />
Oedungen ausgesprochene Gräbhügelfelder, nicht bloß einzelne<br />
Hügel, die ja auf jeder Gemarkung anzutreffen sind.<br />
Sie haben von jeher die Aufmerksamkeit Berufener und Unberufener<br />
auf sich gezogen, und besonders am Ende des<br />
vorigen Jahrhunderts haben gelehrte und ungelehrte Maulwürfe<br />
hier eine eifrige Wühltätigkeit entfaltet. Neben dem<br />
beutelüsternen Schatzgräber, der hastig alles durcheinander<br />
warf, mühte sich der ernste Forscher behutsam und pietätvoll<br />
im Dienste der Wissenschaft. Namen wie G f r ö r e i s,<br />
Hedinger, Führ, Sautter und schließlich auch Jon.<br />
Dorn seien mit Ehren genannt; Dorn verdankt sein ausgedehntes<br />
Wissen besonders seiner langjährigen, praktischen Erfahrung<br />
und Tätigkeit, die indessen in erster Linie der Bergung<br />
von Schätzen galt. Literarisch ausgewertet wurden die<br />
Forschungsergebnisse von Professor G o e ß 1 e r, dem Leiter<br />
der staatlichen Altertumssammiungen in Stuttgart.<br />
Aber auch im Volke sind diese Grabfelder nie ganz in<br />
Vergessenheit geraten; man nannte die Gräber fälschlich<br />
Römergräber, und die allzeit geschäftige Phantasie hat um<br />
diese Totenmale der Vorzeit oft üppige Ranken geschlungen.<br />
Meist ist es dort nicht ganz geheuer; namentlich auf der<br />
Zwiefalter Alb spukt es an allen Ecken und Enden. Sautter<br />
berichtet darüber Ergötzliches: In dem Felde zwischen Hundersingen<br />
und Bremelau wollen viele Leute zur Nachtzeit<br />
einen großen Mann gesehen haben, der den Kopf unter dem<br />
Arm trug, in den 60er Jahren kamen bei hellem Tage zwei<br />
Dienstmägde von dort in atemlosem Lauf ins Dorf und sagten,<br />
sie hätten diesen Mann, der den Kopf unter dem Arm<br />
trage, gesenen, und waren nicht mehr zu bewegen, wieder<br />
aufs Feld an die Arbeit zu gehen. Das Merkwürdigste an der<br />
Sache ist nun freilich, daß Sautter, durcn die Sage veranlaßt,<br />
das Gelände dort absuchte und Grabhügel fand, die er öffnete,<br />
und siehe da!, ein Skelett trug dc-n Schädel unter dem rech-<br />
Von Hans H a n n e r t<br />
ten Armknochen. — Auf der Zwiefalter Alb wollte ihn ein<br />
80jähriges Mütterlein vor Geisterspuk schützen. Als er mit<br />
Grabwerkzeug bewaffnet zum Dorf hinausging, warnte ihn<br />
das Mütterlein eindringlich und sagte wörtlich: „Oh laud Sie<br />
doch dees Ding bleiba, ih hau schau ghairt, Sie häbet au<br />
Weib und' Kinder dahoim, und Se wearet seah, Sie komme<br />
nemme hoim, Dui Stell hott man schaun gfürcht, mo-n-ih<br />
noh a kleins Mädle gsei bi. Ih hau schaun a Vaterunser für<br />
uih beatet."<br />
Die Sitte der vorgeschichtlichen Völker, über der Stätte<br />
ihrer Toten noch lange sichtbare Hügel zu errichten, stammt<br />
her von nomadisierenden Horden, von Wandervölkern, die<br />
nach ihrem Abzüge ihre Töten nicht der völligen Vergessenheit<br />
überantwortet wissen wollten. Ausgesprochene Ackerbauern<br />
wölben keine Hügel; aber schon die steinzeitlichen<br />
Jäger kennen und üben diesen Brauch. Nichts anderes ist<br />
der Grabhügel als „des Toten Behausung", nachgebildet den<br />
Rundhütten des Stammes. Daher sorgfältiger Aufbau, daher<br />
Grabgewölbe bei Reicheren und Führern; Waffen und Wagen,<br />
Schmuck und geliebte Tiere folgen dem Herrn ins Grab,<br />
auch Sklaven. Bronce- und Hallstattzeit sind die beiden<br />
Epochen, die für unsere Alb bezeichnet sind. Zweitausend<br />
Jahre vor Chr. beginnt die Bronce-, 500 vor Chr. endigt die<br />
Hallstattzeit. Träger dieser Kulturen waren Hirten und Jäger;<br />
sie wurden angezogen von den günstigen Weide- und<br />
Jagdverhältnissen und stiegen auf heute noch erkennbaren<br />
Wegen einst auf die Albhöhen.<br />
Dem Leser bekannt ist jene weitgedehnte „Heide", die gar<br />
keine ist, zwischen Trochtelfingen und Kleinengstingen. Jetzt,<br />
nachdem die Jungviehweide dort untergebracht ist, verschwand<br />
der letzte Rest des „Heidezaubers". Man durcheilt<br />
das ganze Gebiet heute mit der Hohenzollerischen Landesbahn<br />
in wenig mehr als einer halben Stunde. In diesem weiten<br />
Raum befinden sich Hunderte von Grabhügeln, meist der<br />
Broncezeit angehörig. Auf Weiler Haid starb vor Jahrzehnten<br />
der oben erwähnte Grabhügelforscher Dorn, der hier<br />
wie anderwärts reiche Ausbeute aus aiten Gräbern schaufelte.<br />
Er fand auch den Gammertinger Goldhelm und erfuhr<br />
die ersten Anregungen zu seinen Ausgrabungen in unmittelbarer<br />
Nähe seiner Heimat, wo sich in dem nördlich anschließenden<br />
Wald „H u m m e 1 b e r g" die Hügelgruppen