Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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I Einleitung<br />
Ende der 1970er Jahre entbrannte im Zuge der Frauenbewegung in Deutschland 1<br />
die Diskussion um die Benachteiligung der Frau auf sprachlicher Ebene.<br />
Feministinnen kritisierten die Asymmetrien im Sprachsystem der deutschen <strong>Sprache</strong><br />
und den daraus resultierenden androzentrischen Sprachgebrauch. Gleichzeitig<br />
entwickelten sie zu den aus ihrer Sicht „sexistischen“ 2 Sprachformen Alternativen<br />
und versuchten mit Hilfe sprachpolitischer Maßnahmen, einen Sprachwandel hin zu<br />
einem „geschlechtergerechten“ Deutsch zu initiieren. Begleitet wurde dieser Versuch<br />
durch einen häufig emotional geführten öffentlichen Diskurs, in dem der Sinn und<br />
Nutzen dieses feministischen Anliegens kontrovers diskutiert wurden.<br />
Heute, über 25 Jahre nach Beginn der Diskussion, hat sich auf sprachlicher Ebene<br />
einiges verändert. Viele der von Feministinnen geforderten Veränderungen, wie z.B.<br />
die Einführung weiblicher Berufsbezeichnungen oder die Abschaffung der<br />
Anredeform „Fräulein“, sind umgesetzt worden. Es stellt sich nun die Frage, wie die<br />
Öffentlichkeit diese Entwicklungen beurteilt, ob diese, auch rückblickend, als<br />
nützlich oder völlig überflüssig empfunden werden. Mit ebendieser Frage befasst<br />
sich die vorliegende Arbeit.<br />
Vorab werden die theoretischen Grundlagen der Thematik erörtert. Dabei wird<br />
zunächst aufgezeigt, wie sich im Zuge der Frauenbewegung der Fokus der<br />
feministischen Kritik auch auf die <strong>Sprache</strong> richtete, wie aufgrund dessen die<br />
Feministische Linguistik entstand und sich im Laufe der Zeit zur eigenständigen<br />
Teildisziplin der Linguistik entwickelte. Anschließend werden die inhaltlichen<br />
Schwerpunkte der Feministischen Linguistik, nämlich die Erforschung<br />
geschlechtsspezifischen Kommunikationsverhaltens und die Kritik an Sprachsystem<br />
und Sprachgebrauch, näher betrachtet, wobei der Fokus der Arbeit auf der<br />
feministischen Sprachsystem- und Sprachgebrauchskritik liegt. Anschließend wird<br />
erläutert, worauf sich diese Kritik gründet und welche Vorschläge daraus für ein<br />
1 Sämtliche Ausführungen, welche sich auf die Zeit vor 1990 beziehen, gelten nur für die<br />
BRD. Auf die Entwicklungen in der damaligen DDR wird nicht eingegangen.<br />
2 „Sexistisch“ wird im weiteren Verlauf der Arbeit nur dann in Anführungszeichen gesetzt,<br />
wenn besonders hervorgehoben werden soll, dass es sich um die Ansicht der Feministinnen<br />
handelt.<br />
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