Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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Initiatorinnen gleichwohl Auswirkungen auf den privaten Sprachgebrauch (s. Hellinger 2004: 275). Mit der Frage, ob die Bereitschaft besteht, geschlechtergerechte Sprachmuster in den privaten Sprachgebrauch zu übernehmen, oder ob dies vielleicht schon geschehen ist, setzt sich die dritte Leitfrage der Untersuchung auseinander. Hellinger/Schräpel (1983) kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Einstellung zur Veränderung des öffentlichen Sprachgebrauchs deutlich von der Einstellung zur Veränderung des eigenen Sprachverhaltens unterscheidet. Demnach befürwortete ein Großteil ihrer Proband/inn/en einen Sprachwandel im Sinne der „Richtlinien zur Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs“ für den öffentlichen Sprachgebrauch. In den privaten Sprachgebrauch wollte jedoch die überwiegende Mehrheit die geschlechtergerechte Sprache nur teilweise übernehmen (s. Hellinger/Schräpel 1983: 60-62). 39 Dieses Ergebnis bildet die Grundlage für die folgende Hypothese, wobei ich von einer deutlicheren Diskrepanz zwischen der Akzeptanz der geschlechtergerechten Sprache für den öffentlichen und für den privaten Sprachgebrauch ausgehe: Die Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert die geschlechtergerechte Sprache zwar für den öffentlichen Sprachgebrauch, ist jedoch nicht bereit, diese in den eigenen Sprachgebrauch zu übernehmen. 3 Methodisches Vorgehen 3.1 Wahl der Methode Methodisch habe ich mich für eine Stichprobenerhebung mittels einer schriftlichen Befragung mit persönlicher Unterstützung entschieden, da sich dieses klassische Instrument der Sozialforschung besonders für Einstellungsuntersuchungen eignet (s. Schlieben-Lange 1991: 122). Wichtig ist hierbei, sich darüber bewusst zu sein, dass „die Antworten auf der Ebene der Repräsentation angesiedelt sind und nicht ohne weiteres als Aussagen über reales Sprachverhalten gelesen werden können“ (s. Schlieben-Lange 1991: 122). 39 Vgl. dazu auch Hellinger (1985), S. 259. 37
Ein Vorteil der schriftlichen Befragung besteht darin, dass die Proband/inn/en den Erhebungsbogen selbständig ausfüllen (s. Hafermalz 1976: 7). Auf diese Weise minimiert sich zwar die Beeinflussung durch die Forscher/innen, da die Proband/inn/en nach „Gutdünken“ antworten und sich nicht von einer vermuteten Erwartungshaltung der Forscher/innen leiten lassen; der Nachteil der schriftlichen Befragung besteht jedoch darin, dass das Verständnis des Fragebogens nicht durch Rückfragen gesichert werden kann (s. Schlieben-Lange 1991: 122f.). Um diesen Nachteil weitgehend zu minimieren, habe ich die schriftliche Befragung mit persönlicher Unterstützung gewählt. Durch meine Anwesenheit während des Ausfüllens des Fragebogens ist für die Proband/inn/en die Möglichkeit für etwaige Rück- oder Verständnisfragen jederzeit gegeben. Bei dieser Erhebungsmethode kann die Auskunftsperson zusätzlich bei der Übergabe des Fragebogens, wie bei einem mündlichen Interview, über den Grund der Untersuchung informiert werden. Ein derartiges Einleitungsgespräch wirkt sich möglicherweise zusätzlich positiv auf die Bereitschaft zur Mitarbeit aus (s. Hafermalz 1976: 7f.). 3.2 Fragebogenaufbau und Formulierung der Fragen Der Fragebogen gliedert sich in drei, den Leitfragen der Untersuchung entsprechende Themenkomplexe. Bereits die Verteilung der im Fragebogen gestellten Fragen auf die einzelnen Leitfragen weist darauf hin, dass der Fokus der Erhebung auf der zweiten Leitfrage, welche sich auf die Akzeptanz einer geschlechtergerechten Sprache bezieht, liegt. Von den 22 einzelnen Fragen sind einige zu einem Fragenkomplex zusammengefasst, so dass sich insgesamt 16 Fragenkomplexe ergeben. Die Fragen 2A und 4A, B und C dienen der Beantwortung der ersten Leitfrage, die Fragen 1, 2B sowie 6 bis 16 der Beantwortung der zweiten Leitfrage und die Fragen 3 und 5 der Beantwortung der dritten Leitfrage. 40 Beim Aufbau des Fragebogens habe ich versucht, die Fragen so zu platzieren, dass die Proband/inn/en zunächst anhand verschiedener praktischer Beispiele einen Einblick in die Thematik erhalten. Denn erst dann, wenn sichergestellt ist, dass alle zumindest über ein einheitliches Grundwissen verfügen, können die im weiteren Verlauf gestellten Einstellungsfragen vergleichend bewertet werden. 40 Welche Ziele die einzelnen Fragen jeweils verfolgen wird in III 4 ausführlich dargestellt. 38
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geschlechtergerechte Sprachmuster in den privaten Sprachgebrauch zu<br />
übernehmen, oder ob dies vielleicht schon geschehen ist, setzt sich die dritte<br />
Leitfrage der Untersuchung auseinander.<br />
Hellinger/Schräpel (1983) kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Einstellung zur<br />
Veränderung des öffentlichen Sprachgebrauchs deutlich von der Einstellung zur<br />
Veränderung des eigenen Sprachverhaltens unterscheidet. Demnach befürwortete<br />
ein Großteil ihrer Proband/inn/en einen Sprachwandel im Sinne der „Richtlinien zur<br />
Vermeidung sexistischen Sprachgebrauchs“ für den öffentlichen Sprachgebrauch. In<br />
den privaten Sprachgebrauch wollte jedoch die überwiegende Mehrheit die<br />
geschlechtergerechte <strong>Sprache</strong> nur teilweise übernehmen (s. Hellinger/Schräpel<br />
1983: 60-62). 39 Dieses Ergebnis bildet die Grundlage für die folgende Hypothese,<br />
wobei ich von einer deutlicheren Diskrepanz zwischen der Akzeptanz der<br />
geschlechtergerechten <strong>Sprache</strong> für den öffentlichen und für den privaten<br />
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Die Mehrheit der Bevölkerung akzeptiert die geschlechtergerechte <strong>Sprache</strong> zwar für<br />
den öffentlichen Sprachgebrauch, ist jedoch nicht bereit, diese in den eigenen<br />
Sprachgebrauch zu übernehmen.<br />
3 Methodisches Vorgehen<br />
3.1 Wahl der Methode<br />
Methodisch habe ich mich für eine Stichprobenerhebung mittels einer schriftlichen<br />
Befragung mit persönlicher Unterstützung entschieden, da sich dieses klassische<br />
Instrument der Sozialforschung besonders für Einstellungsuntersuchungen eignet (s.<br />
Schlieben-Lange 1991: 122). Wichtig ist hierbei, sich darüber bewusst zu sein, dass<br />
„die Antworten auf der Ebene der Repräsentation angesiedelt sind und nicht ohne<br />
weiteres als Aussagen über reales Sprachverhalten gelesen werden können“ (s.<br />
Schlieben-Lange 1991: 122).<br />
39 Vgl. dazu auch Hellinger (1985), S. 259.<br />
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