Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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eziehen, das Neutrum zu verwenden (das Professor statt die Professorin oder der<br />
Professor) (s. Pusch 1984: 61-66).<br />
„Sie ist eine gute Student. Ihre Leistungen sind beachtlich und ihre Professor ist<br />
sehr zufrieden mit ihr. Früher war sie übrigens Sekretär bei einer Architekt“ (s.<br />
Pusch 1984: 62).<br />
Dass sich eine derartige Umstrukturierung der deutschen <strong>Sprache</strong> kaum<br />
durchsetzen lässt, war Pusch bewusst. Ihr Anliegen bestand vorwiegend darin, die<br />
Öffentlichkeit für die Problematik der androzentrischen Sprachverwendung zu<br />
sensibilisieren (s. Häberlin et al. 1992: 102).<br />
4.3 Tauglichkeit der Alternativen<br />
Nicht jede der einzelnen „Heilungsvarianten“ erweist sich als tauglich für die<br />
deutsche <strong>Sprache</strong>. Die strukturellen Vorgaben der deutschen <strong>Sprache</strong>, wie z.B. die<br />
Existenz eines intakten grammatischen Genussystems sowie unbegrenzt produktiver<br />
femininer Wortbildungsmuster, legen die Strategie der Feminisierung nahe (s.<br />
Hellinger 2004: 278f.). Innerhalb der Feminisierung erweist sich die Beidnennung<br />
bzw. das Lange Splitting als am ehesten geeignet, eine gedanklich symmetrische<br />
Geschlechterverteilung zu erzeugen. Die Verwendung des Binnen-I hingegen kann<br />
zu einer übermäßigen mentalen Repräsentanz von Frauen führen, wofür die formale<br />
Nähe zum Femininum verantwortlich sein könnte (s. Hellinger 2004: 289).<br />
Das Prinzip der Neutralisierung eignet sich insbesondere für <strong>Sprache</strong>n wie das<br />
Englische, welches „weder über grammatische Genera noch über produktive<br />
morphologische Prozesse zur Bildung weiblicher Personenbezeichnungen verfügt“<br />
(s. Hellinger 2004: 278f.). Dass die Neutralisierung nur partiell anwendbar ist, da sie<br />
sich z.B. bei Wörtern wie „Bürger“ oder „Passagier“ als unmöglich erweist, zählt zu<br />
den Kritikpunkten an dieser Strategie. Kritik wird zudem insofern geübt, als die<br />
Neutralisierung dem Ziel der sprachlichen Sichtbarmachung von Frauen nicht<br />
gerecht werde. Sie führe oftmals sogar zu einer Verschleierung, was erneut<br />
negative Auswirkungen für Frauen habe (s. Sieburg 1997: 27f.). Zudem vermöge es<br />
die Neutralisierung nicht, eine symmetrische Geschlechterverteilung zu erreichen.<br />
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