Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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der Schweiz. Dieses wurde Frauen bis 1971 „mit dem Hinweis vorenthalten, daß im<br />
Gesetz von Schweizern und nicht von Schweizerinnen die Rede war“ (s. Braun et al:<br />
1998: 266).<br />
Die Ursache der Problematik ist weniger in der Grammatik der <strong>Sprache</strong> zu suchen,<br />
als vielmehr bei den Sprecher/inne/n selbst. Empirische Untersuchungen auf<br />
kognitiver Ebene belegen, „daß das generische Maskulinum tatsächlich nicht<br />
geschlechtsneutral interpretiert wird“ (s. Irmen/Köhncke 1996: 163):<br />
Auch wenn das Konzept „Frau“ prinzipiell verfügbar ist, braucht seine Aktivierung nach<br />
einem GM [generischen Maskulinum; J.W.] mehr Zeit als die des Konzepts „Mann“. Ein<br />
„generisches“ Maskulinum – wenn es überhaupt auf beide Geschlechter bezogen wird<br />
– bewirkt also den Aufbau einer mentalen Repräsentation, die den Mann als das<br />
typischere Exemplar beinhaltet (s. Irmen/Köhncke 1996: 163).<br />
Die Hypothese der Benachteiligung der Frau durch das generische Maskulinum<br />
erscheint in einem kognitiv-semantischen Theorierahmen also durchaus sinnvoll (s.<br />
Klein 2004: 296). 19 Demnach ist es nicht die <strong>Sprache</strong> per se, „sondern deren<br />
Wahrnehmung durch die Sprachbenutzer und der Sprachgebrauch, die den Eindruck<br />
des Sexismus bzw. des Vorherrschens des Männlichen bei den<br />
Personenbezeichnungen entstehen lassen“ (s. Klann-Delius: 2005: 31).<br />
3.4 Die Movierung auf „-in“<br />
Unter Movierung wird ein Wortbildungsprozess verstanden, „der explizit Substantive<br />
des anderen Geschlechts von einer Basis ableitet, die eine Personen- oder<br />
Tierbezeichnung darstellt“ (s. Doleschal 1992: 22). Mit Movierungssuffixen lassen<br />
sich im Deutschen Substantive einer Geschlechtsklasse in eine andere movieren,<br />
wobei diese Movierung in der Regel nur mit den Genera feminin und maskulin<br />
stattfindet (s. Castillo-Diaz 2003: 24).<br />
Ein Movierungstyp ist die „Bildung der weiblichen Entsprechung zu einem Substantiv<br />
männlichen Geschlechts“ (s. Klann-Delius 2005: 31). Wo Frauen im Deutschen<br />
sichtbar werden, geschieht dies grammatikalisch vornehmlich, indem die feminine<br />
Bezeichnung von der maskulinen Bezeichnung, dem Grundwort, abgeleitet wird<br />
19 Mit der Frage, welche Vorstellungen primär oder sekundär mit bestimmten Ausdrücken<br />
verknüpft sind, befasst sich vor allem die Prototypentheorie. Vgl. dazu Rosch (1973).<br />
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