Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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in welcher Weise er den Frauen zum Vor- oder Nachteil gereicht (s. Trömel-Plötz<br />
1978: 50f.).<br />
Die erste Phase der Betrachtung der „Frauensprache“ leitete Robin Lakoff (1975)<br />
mit ihrem Buch „Language and women’s place“ ein. Darin attestiert sie den Frauen<br />
einen weiblichen Gesprächsstil, durch welchen diese ihren gesellschaftlich niederen<br />
Status signalisieren. Diesen Gesprächsstil definiert sie anhand verschiedener<br />
Merkmale. Hierzu zählen unter anderem ein spezifischer, auf weibliche Interessen<br />
wie Kinderpflege, Haushalt oder Mode bezogener Wortschatz sowie das vermehrte<br />
Verwenden von Frageformen und angehängten Fragepartikeln (tag-questions) zur<br />
Abschwächung der eigenen Aussage (s. Lakoff: 1975: 53-56).<br />
Nach Ansicht der Forscherinnen dieser ersten Phase trug die „Frauensprache“ dazu<br />
bei, dass Frauen in Gesprächen nicht ernst genommen und in ihrer machtlosen<br />
Position verharren würden. Um diese machtlose Stellung zu überwinden, wurde den<br />
Frauen geraten, sich den männlichen Gesprächsstil anzueignen. Die Ablehnung der<br />
„Frauensprache“ als defizitär wurde in eine Defizithypothese gefasst. Diese hatte<br />
zuvor bereits Otto Jespersen in ähnlicher Weise aufgestellt. 7 Der Unterschied zu<br />
Jespersen besteht darin, dass Lakoff und in Deutschland insbesondere Trömel-Plötz<br />
als Ursache für die defizitäre <strong>Sprache</strong> die soziale Situation der Frau sahen und nicht<br />
das Wesen der Frau. Abgelöst wurde die Defizithypothese später durch die<br />
Differenzhypothese, welche die <strong>Sprache</strong> der Frauen nicht mehr als defizitär<br />
bewertete, sondern als eine andere eigenständige Sprechweise, die nicht verändert<br />
zu werden braucht. In den 1990er Jahren vollzog sich in der Feministischen<br />
Linguistik nochmals ein Paradigmenwechsel fort von der Differenzhypothese hin zur<br />
sozialen Konstruktion von Geschlecht. Die Begriffe „Frauen- und Männersprache“<br />
wurden vom Begriff des „sozialen Geschlechts“ (gender) abgelöst (s. Samel 2000:<br />
35-39).<br />
2.2 Kritik an Sprachsystem und Sprachgebrauch<br />
Der zweite große Bereich der Feministischen Linguistik ist die Forschung zum<br />
Sexismus 8 in Sprachsystem und Sprachgebrauch (s. Samel 2000: 45). Der Begriff<br />
7 Vgl. dazu das Kapitel „Die frau“ bei Jespersen (1925), S. 220-238.<br />
8 Hierzu ausführlich: Janssen-Jurreit (1976).<br />
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