Julia Wesian - Forschungslabor Gesprochene Sprache ...
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6.2 Anmerkungen der Proband/inn/en<br />
Frage 12 sollte den Proband/inn/en die Möglichkeit eröffnen, ihnen wichtige<br />
Aspekte, die sie durch den Fragebogen bislang nicht angesprochen sahen, zum<br />
Ausdruck bringen zu können. Ein Großteil der Proband/inn/en nahm dieses Angebot<br />
auch wahr.<br />
Neben wenigen sehr negativen Aussagen, in der die Thematik z.B. als „pure<br />
Zeitverschwendung“ oder „überflüssige Diskussion, die Texte lächerlich und<br />
gekünstelt erscheinen lässt“, deklariert wurde, äußerte sich ein Großteil der<br />
Proband/inn/en zwar verhalten, aber doch offen zur Thematik. Viele bewerteten das<br />
Bestreben um eine geschlechtergerechte <strong>Sprache</strong> grundsätzlich als „gut“ –<br />
allerdings unter der Einschränkung, dass die Bemühungen „nicht übertrieben“<br />
würden. Ein „überspitzter geschlechtergerechter Sprachgebrauch“ wirke schnell<br />
„lächerlich und albern“. Auch die Umsetzung der geschlechtergerechten <strong>Sprache</strong><br />
veranlasste einige Proband/inn/en zur Kritik. Ihrer Ansicht nach seien manche<br />
geschlechtergerechten Formulierungen derart „ungeschickt und absurd“, dass sie<br />
hofften, „sie werden nie umgesetzt“.<br />
Manchen gelang es nicht, einen Zusammenhang zwischen der Gleichberechtigung<br />
der Frau auf gesellschaftlicher und sprachlicher Ebene herzustellen, so dass es zu<br />
folgender Aussage kam: „Man sollte versuchen, Frauen nicht auf sprachlicher,<br />
sondern gesellschaftlicher Ebene gleichzustellen. Die sprachliche Gleichstellung ist<br />
daher meiner Meinung nach nur oberflächlich und hilft der Sache nicht weiter“.<br />
Einige Probandinnen äußerten ihren Unmut über die ablehnende Haltung so<br />
mancher ihrer Geschlechtsgenossinnen bezüglich geschlechtergerechter <strong>Sprache</strong>.<br />
Eine Probandin kritisierte z.B., dass viele Frauen der Ansicht seien,<br />
geschlechtergerechter Sprachgebrauch sei „Kleinkrämerei“ und dabei vergessen<br />
würden, „was eigentlich der Hintergrund ist“. So könne „<strong>Sprache</strong> Denkmuster<br />
aufbrechen“, weshalb eine geschlechtergerechte <strong>Sprache</strong> auch eine Form von<br />
„Erziehung“ sei.<br />
Auch die Gewöhnung an diese Art der Sprachverwendung beurteilten einige als<br />
schwierig, doch glaubten sie ebenfalls, dass „diese Reform [...] mit der Zeit jedem<br />
Bürger zur Selbstverständlichkeit“ werde.<br />
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