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Quartiershäuser - Deutsche Fernsehlotterie

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eine geschützte Kommunikation, die nach Westin (1967) zur Privatsphäre<br />

gehört. Die Privatsphäre erlaubt, Vertrauliches nur vertrauenswürdigen Personen<br />

mitzuteilen. Vieles, was KlientInnen und/oder ihre Betreuer mit der<br />

Hausleitung und dem Hausarzt besprechen, ist nicht für die Ohren anderer<br />

bestimmt.<br />

Kontrolle über das Appartement als unverwechselbarer persönlicher Ausdruck<br />

der eigenen Welt<br />

Grundlage, um dies zu erreichen, ist eine Kontrolle über die persönlichen<br />

Sachen und ein Gefühl von Eigentum. Der Soziologe Erving Goffmann<br />

(1961) beschreibt als ein Merkmal totaler Institutionen, wie z. B. Psychiatrien,<br />

Heime jeglicher Couleur, Gefängnisse, den Verlust von persönlichem<br />

Eigentum. Dieser Verlust wird als ein Verlust des Selbst erlebt. Eine Klientin<br />

stellte dies so dar: „Ich habe meine Ausstattung zur Hochzeit, nämlich die<br />

gute Bettwäsche und einen Teil des Familiensilbers, durch den 2. Weltkrieg<br />

gebracht. Wir waren ausgebombt, mussten flüchten, lebten im Lager und<br />

mussten nächtelang im Bunker schlafen. Immer habe ich diese geliebten<br />

Dinge geschützt und gerettet. Dann komme ich ins Altenheim und alles ist<br />

weg.“ Je mehr persönliche Dinge jemand in seinem Wohnraum hat, desto<br />

mehr erleben die Menschen dies als ihre Heimat. Auch Menschen mit Demenz<br />

erkennen ihr Zimmer oder besser noch ihr Appartement besser, wenn<br />

sie vertraute liebgewonnene Dinge um sich haben.<br />

Viele KlientInnen haben in stationären Wohnformen Angst, dass „jemand<br />

an ihre Sachen geht“. Ein eigenes abschließbares Appartement nimmt ihnen<br />

diese Angst und ihre persönlichen Sachen sind sicher. Gerade Menschen, die<br />

den 2. Weltkrieg erlebt haben, empfinden das Gefühl, keine Kontrolle über<br />

Eigentum und ihre persönlichen Sachen zu haben, als besonders belastend.<br />

Dies ist ein nicht unerheblicher Stressfaktor in stationären Wohnformen.<br />

Mitarbeitende müssen sehr häufig Eigentumsfragen klären: „Frau X. hat mir<br />

meine Jacke weggenommen und sie dann bekleckert. Jetzt ekele ich mich<br />

davor. Das ist doch unerhört.“<br />

In der Vergangenheit wurde viel zu wenig beachtet, dass mit Eigentum sozialer<br />

Status verbunden ist. Wenn ältere Menschen vor die Frage gestellt<br />

werden, ob sie umziehen wollen, kommt als erstes Argument oft: Wo soll<br />

ich dann mit meinen ganzen Sachen hin? Das ist doch furchtbar, wenn ich<br />

dann nichts mehr habe, dann bin ich arm wie eine Kirchenmaus. Der soziale<br />

Status ist auch abhängig von Symbolen. Nicht ohne Grund werden Autos,<br />

teure Uhren und Markenkleidung als Ausdruck des sozialen Rangs gesehen.<br />

In stationären Wohnformen drehen sich Probleme und Konflikte oft um Eigentum.<br />

„Ich bin doch nichts, ich habe kein Geld mehr, alles ist weg.“<br />

Im BMG-Leuchtturmprojekt Demenz „Evaluation von Potentialen der Betreuung<br />

und Begleitung von Menschen mit Demenz in Wohn- und Hausgemeinschaften<br />

durch die Implementation von Benchmarkingprozessen“

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