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Fantasy und Humanismus - Humanistischer Verband Deutschlands

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A 59349; 20. Jahrgang; 3. Quartal, Nr. 76/2006; E 4,-<br />

ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES<br />

<strong>Fantasy</strong><br />

<strong>und</strong><br />

<strong>Humanismus</strong>


ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES<br />

Inhalt<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong><br />

Nr. 76 / September / 06<br />

Editorial Patricia Block 1<br />

Landauf/landab 2<br />

Nachgefragt Rechtschreibreform Nanna Fuhrhop 6<br />

Menschen im Diesseits Patricia Block 7<br />

Aus den Ländern Jugendtreffen in Brandenburg 8<br />

Sommerferien für alle! Ina Herbell 9<br />

Lebensk<strong>und</strong>eprüfung Wilfried Seiring 9<br />

Humanistische Lebensberatung Ines Scheibe 9<br />

50 Jahre Körperschaftsrechte Jürgen Springfeld 10<br />

Frauentreffen Wiebke Berking 12<br />

Forum Interview mit Wilfried Estel – Jugendweihe Deutschland Patricia Block 13<br />

Neuer Patriotismus Armin Pfahl-Traughber 16<br />

Zwischenruf Sich selbst das Gesetz sein Karl-Heinz Gerstner 14<br />

Titel <strong>Humanismus</strong> <strong>und</strong> <strong>Fantasy</strong> Susanne Jahn 17<br />

Eragon oder der Glaube an nichts (Auszug) Christopher Paolini 18<br />

Mittelfoto 20/21<br />

Einblicke / Ausblicke Der Humanistische <strong>Verband</strong> stellt sich für die Zukunft auf Horst Groschopp 22<br />

Magazin Interview mit Bravo-Autorin Eveline von Arx Patricia Block 24<br />

Mensch Mozart Michael Bauer 29<br />

Angehört Trauermusik Michael Bauer 27<br />

Ewige Wahrheiten In nomine domini Rainer Rosenzweig 31<br />

Der Diesseits-Gedanke 33<br />

Auslese 36<br />

Aussprache 38<br />

Adressen 40<br />

Gedicht Robert Gernhardt 41<br />

Humanisten im Internet: http://www.humanismus.de E-Mail: diesseits@humanismus.de<br />

Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im Sinne<br />

des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />

wider. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Jürgen Gerdes, Jürgen Springfeld, Christian John, Jens-<br />

Peter Krüger. Verwaltung: Bettina Kebschull. Titelgestaltung/Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos: Jens Krüger S.2, Frank<br />

Spade S.2; Claudia Gorr S.4, Jürgen Gerdes S.6, Evelin frerk S.7, Frank Spade S.7, Bilderbox S.10, 30, 34, 35; Ines Scheibe S.12, Reinhard<br />

Clemens S. 16, Patricia Block S.20/21 Zeichnungen: Michael Hüter S.33, Solanas S.36 diesseits erscheint vierteljährlich am 1.<br />

März, 1. Juni, 1. September <strong>und</strong> 1. Dezember. Redaktionsschluss ist sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement<br />

12,- E (inklusive Porto <strong>und</strong> Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich Portomehrkosten. Einzelexemplar 4,- E. Satz/Reinzeichnung: Michael<br />

Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10, 10967, Telefon 030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfre<strong>und</strong>lichem,<br />

zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier mit 50 % Recyclingfaseranteilen gedruckt.


Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

haben Sie schon auf Ihre diesseits gewartet? Schulferien <strong>und</strong> Urlaubstermine<br />

haben dazu geführt, dass Sie diese Nummer mit etwas<br />

Verspätung in den Händen halten. Ich hoffe, Sie sehen uns das<br />

nach, denn die Redaktion erfüllt auch mit dieser Ausgabe den Anspruch,<br />

Sie umfassend darüber zu informieren, was sich auf dem<br />

Sektor des organisierten <strong>Humanismus</strong> so tut. Und das ist viel. Die<br />

Erkenntnis hat sich wohl inzwischen überall durchgesetzt: Ohne<br />

praktische Projekte ist kein <strong>Humanismus</strong> zu haben. Entsprechend<br />

widmet sich eine Tagung verschiedener Verbände des säkularen<br />

Spektrums vom 20. bis 22. Oktober in der Technischen Universität<br />

Berlin dem Thema: „Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es!“<br />

<strong>Verband</strong>svertreter werden mit Interessenten die Frage nach dem<br />

spezifischen Profil humanistischer Sozialarbeit diskutieren. Ich<br />

darf Sie im Namen der Veranstalter, dem Internationalen B<strong>und</strong><br />

der Konfessionslosen <strong>und</strong> Atheisten, der Atheistischen Hochschulgruppe,<br />

der Giordano-Bruno-Stiftung <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong> für<br />

Geistesfreiheit München ganz herzlich dazu einladen. Das genaue<br />

Programm finden Sie in unserer Rubrik Landauf/landab <strong>und</strong> in<br />

dem beigelegten Flyer.<br />

Und noch etwas liegt dieser Ausgabe bei: ein Spendenaufruf. Wir<br />

berichteten schon darüber, dass in Mecklenburg-Vorpommern<br />

derzeit große Anstrengungen unternommen werden, einen neuen<br />

Landesverband des HVD zu gründen. Engagierte Menschen gewinnen<br />

Mitstreiter, gehen erste bürokratische Hürden an, damit<br />

am 28. Oktober der offizielle Gründungsakt zu einem Erfolg gerät.<br />

Nur leider sind damit Kosten verb<strong>und</strong>en, die die Aktiven vor Ort<br />

noch nicht aus eigener Kraft aufbringen können. So hat der B<strong>und</strong>esverband<br />

des Humanistischen <strong>Verband</strong>es beschlossen, hier helfend<br />

unter die Arme zu greifen – <strong>und</strong> Sie können das auch! Uns als<br />

Humanisten muss es nicht freuen, wenn Kirchen geschlossen werden,<br />

aber es sollte uns freuen, wenn humanistische Einrichtungen<br />

eröffnet werden. In diesem Sinne bitten wir Sie herzlich um einen<br />

kleinen Beitrag.<br />

Und weiter geht es ums liebe Geld. Vor einiger Zeit kursierte die<br />

Meldung, dass verschiedene Banken damit begonnen hätten, „is-<br />

Editorial<br />

lamverträgliche Aktienfons“ aufzulegen. Der Käufer kann sicher<br />

sein, dass er weder in die Alkoholwirtschaft noch in Schweinefleisch<br />

verarbeitende Betriebe investiert. Nun entstand in der Redaktion<br />

zunächst als Scherz, dann jedoch ganz ernst gemeint die<br />

Frage, ob es vergleichbares für Atheisten gibt. „Grüne Aktien“,<br />

„Frauenaktien“, alles schon erf<strong>und</strong>en, wo aber legt man als Humanist<br />

sein Geld gut an, um für „Geld-Segen“ an richtiger Stelle<br />

zu sorgen?<br />

Wenn man das Buch von Carsten Frerk „Finanzen <strong>und</strong> Vermögen<br />

der Kirchen in Deutschland“ gelesen hat, weiß man um die<br />

wirtschaftliche Tätigkeit kirchennaher Unternehmen. Und nicht<br />

immer erkennt der Laie, hier der Bankk<strong>und</strong>e, wer beispielsweise<br />

hinter bestimmten Medienkonzernen oder Immobilieneigentümern<br />

steckt. Also startete die Redaktion eine Nachfrage bei allen<br />

einschlägig bekannten großen Bankunternehmen. Das Ergebnis?<br />

Gleich null, nicht eine Antwort. So schnell wollten wir uns nicht<br />

geschlagen geben, die Pressesprecher der Institute wurden vorher<br />

per Anruf informiert, um sicherzustellen, dass unsere Mails nicht<br />

im Datenmüllkorb landen. Offenbar war aber unsere Idee so<br />

skurril, dass auch im zweiten Anlauf nur ein Befragter sich zu einer<br />

Antwort bequemte: Die Hypo-Vereinsbank teilte uns mit:<br />

„Leider können wir Ihnen zu diesem<br />

Thema keinen Experten zur<br />

Verfügung stellen.“ Fragen Sie<br />

doch mal bei Ihrer Hausbank nach,<br />

vielleicht können wir dann dieses<br />

Rätsel doch noch eines Tages lösen.<br />

Bis dahin verbleibe ich<br />

mit fre<strong>und</strong>lichen Grüßen<br />

Patricia Block<br />

Verantwortliche Redakteurin<br />

3/2006 1


Ausstellungsbroschüre<br />

Berlin – Der Humanistische <strong>Verband</strong>,<br />

Landesverband Berlin, nahm<br />

das 100-jährige Jubiläum seiner<br />

Gründung zum Anlass, Historie<br />

<strong>und</strong> Aktualität des <strong>Humanismus</strong><br />

durch eine Ausstellung der Öffentlichkeit<br />

vorzustellen. Viele Besucher<br />

des Rathauses Schöneberg hatten<br />

in den letzten Wochen Gelegenheit,<br />

sich über philosophische<br />

Religionskritik von der Antike über<br />

die Renaissance <strong>und</strong> Neuzeit, über<br />

Fehler <strong>und</strong> Irrtümer der Bewegung<br />

bis hin zu den heutigen Arbeitsfeldern<br />

des <strong>Verband</strong>es zu informieren.<br />

Um eine eingehendere Beschäftigung<br />

mit der Materie auch außerhalb<br />

der Ausstellungszeiten gewährleisten<br />

zu können, wurden in<br />

einer Broschüre alle Ausstellungstafeln<br />

versammelt.<br />

<strong>Humanismus</strong><br />

Geschichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />

Der lange Weg zu Toleranz <strong>und</strong><br />

Gleichberechtigung<br />

Begleitheft zur Ausstellung des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es <strong>Deutschlands</strong>,<br />

Landesverband Berlin, über<br />

die Entwicklung des <strong>Humanismus</strong><br />

von seinen Anfängen bis heute<br />

1. Auflage 2006<br />

Preis: 3,00<br />

Bestellungen:<br />

HVD Berlin, Wallstraße 61-65,<br />

10179 Berlin, 030-61390441<br />

hvd-berlin@humanismus.de<br />

oder im Buchhandel: 3-924041-<br />

25-3<br />

2<br />

3/2006<br />

Ekkehard Brand, Bezirksbürgermeister<br />

von Berlin-<br />

Tempelhof/Schöneberg auf der<br />

Eröffnung der Ausstellung im<br />

Rathaus Schöneberg: „<strong>Humanismus</strong><br />

heißt nicht, Illusionen zu<br />

kultivieren.“<br />

Festkonzert in der Philharmonie<br />

Berlin – Weil die Straßen r<strong>und</strong> um<br />

den Potsdamer Platz am 24.Juni<br />

kurz nach Ende des Spiels Deutschland<br />

gegen Schweden „zugefreut“<br />

waren, gab es für etliche Besucher<br />

des zweiten Konzerts „Berlin – Metropole<br />

des <strong>Humanismus</strong>“ in der<br />

Philharmonie keine Chance,<br />

pünktlich zum Konzertbeginn zu<br />

erscheinen. Doch gerade rechtzeitig<br />

zum Höhepunkt des Abends hatten<br />

es dann auch die Letzten geschafft.<br />

Ramiz Tahiris BB Rhapsodie, im<br />

Vorjahr aus Anlass des Kompositionswettbewerbs<br />

„Berlin – Metro-<br />

pole des <strong>Humanismus</strong>“ mit einem<br />

zweiten Preis ausgezeichnet, riss die<br />

Besucher zu wahren Begeisterungsstürmen<br />

hin. Die BB Rhapsodie<br />

entstand im Jahre 2003. Der Titel<br />

steht für Bosnien <strong>und</strong> Berlin, zwei<br />

in jeder Hinsicht unterschiedliche<br />

Abschnitte im Leben Tahiris, die<br />

durch vielseitige Verstrickungen<br />

seinen Alltag <strong>und</strong> seine Lebensvisionen<br />

sowie seinen musikalischen<br />

Ausdruck geprägt haben. Herausragend<br />

auch das Orchester des Musikgymnasiums<br />

„Carl Philipp Emanuel<br />

Bach“.<br />

Ramiz Tahiri: „Vor meinen Augen verschwand eine fast abgöttisch<br />

bew<strong>und</strong>erte Heimat <strong>und</strong> gleichzeitig begann die schmerzhafte aber<br />

auch großartige Geburt einer neuen Weltperspektive, die ich in Berlin<br />

erleben durfte. Mir begegneten unbekannte Menschen, die mir ohne<br />

irgendwelche Gegenleistung ihre Hilfe anboten. Verständnis <strong>und</strong><br />

Mitgefühl, Solidarität <strong>und</strong> Loyalität, Fre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> Anerkennung<br />

waren nicht nur plakative Worte eines humanistischen Pamphlets.<br />

(...) Die BB Rhapsodie möchte ich als Ausdruck meiner tiefsten<br />

Dankbarkeit (...) der Stadt Berlin widmen.


HVD gründet <strong>Humanismus</strong><br />

Stiftung Berlin<br />

Berlin – Mit der offiziellen Anerkennung<br />

durch die Stiftungsaufsicht<br />

bei der Berliner Senatsverwaltung<br />

für Justiz kann die <strong>Humanismus</strong><br />

Stiftung Berlin, beschlossen<br />

auf der Mitgliederversammlung des<br />

HVD Berlin im September letzten<br />

Jahres, ihre Tätigkeit aufnehmen.<br />

Stifter ist der Landesverband Berlin<br />

des HVD, der durch seinen Vorstand<br />

auch in den Gremien der Stiftung<br />

an entscheidender Stelle vertreten<br />

ist.<br />

Die Stiftung hat in erster Linie die<br />

Aufgabe, einen wichtigen Beitrag<br />

zur Finanzierung der unterschiedlichen<br />

Tätigkeitsfelder des HVD zu<br />

leisten. Lebensk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Kindertagesstätten,<br />

soziale Dienstleistungen,<br />

weltliche Feierkultur – in diesen<br />

<strong>und</strong> in weiteren Bereichen wird<br />

die Stiftung ihre Unterstützung zur<br />

Verfügung stellen. Ein Schwerpunkt<br />

dabei wird sicherlich die Anschubfinanzierung<br />

innovativer Projekte<br />

sein.<br />

Aufgabe für die nächste Zeit wird es<br />

sein, das Stiftungsvermögen zu<br />

mehren. Unter Mitgliedern <strong>und</strong><br />

Sympathisanten des HVD wird daher<br />

um Zustiftungen geworben.<br />

Aufgr<strong>und</strong> des dauerhaften Charakters<br />

von Stiftungen kann man damit<br />

gewissermaßen seine Absicht<br />

verewigen, den eigenen <strong>Verband</strong> zu<br />

unterstützen. Die Gründung der<br />

<strong>Humanismus</strong> Stiftung Berlin soll<br />

im Anschluss an die nächste Mitgliederversammlung<br />

am 16. September<br />

2006 mit einer festlichen<br />

Veranstaltung gewürdigt werden.<br />

Weitere Informationen unter 030-<br />

61390415.<br />

Juristische Fragen der<br />

Sterbebegleitung<br />

Berlin – Rechtsanwalt Wolfgang<br />

Putz spricht im Rahmen der Berliner<br />

Hospizwoche beim HVD Berlin<br />

über „Juristische Fragen beim<br />

einwilligungsunfähigen <strong>und</strong> sterbenden<br />

Patienten“. Er steht dem<br />

HVD im Engagement für die<br />

Rechte von Patienten nahe. Er hat<br />

in zahlreichen Fällen das Sterben<br />

von Menschen gemäß ihren Wünschen<br />

juristisch begleitet <strong>und</strong> deren<br />

Angehörige mit juristischer <strong>und</strong><br />

menschlicher Kompetenz unterstützt.<br />

Die Veranstaltung gilt als Fortbildung,<br />

kann jedoch gern von interessierten<br />

Laien besucht werden.<br />

16. Oktober 2006, 16 bis 18 Uhr<br />

Anmeldung erforderlich unter: Email@visite-hospiz.de<br />

oder unter<br />

030-6139041. Es erfolgt eine gesonderte<br />

Einladung.<br />

<strong>Humanistischer</strong> Pressedienst<br />

Mastershausen – Nach der erfolgreichen<br />

Etablierung der Forschungsstelle<br />

Weltanschauungen in<br />

Deutschland (fowid) 2005 startet<br />

die Giordano-Bruno-Stiftung 2006<br />

ein neues, ambitioniertes Projekt:<br />

den Humanistischen Pressedienst<br />

(hpd). Die GBS kooperiert hierbei<br />

eng mit dem Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong>. Das Informationsportal<br />

des Humanistischen<br />

Pressedienstes www.hpd-online. de<br />

ist ab sofort online. Um eine seriöse,<br />

von <strong>Verband</strong>sinteressen unabhängige<br />

Berichterstattung zu ermöglichen,<br />

verfügt der hpd über<br />

eine eigenständig arbeitende, nur<br />

den eigenen Prinzipien verpflichtete<br />

Redaktion, die von Carsten Frerk<br />

geleitet wird. Der hpd soll nach<br />

außen dazu beitragen, dass aufklärerische,<br />

humanistische, freigeistige<br />

Positionen in Medien <strong>und</strong> Politik<br />

größere Beachtung finden. Für die<br />

r<strong>und</strong> 20 verschiedenen Verbände<br />

der säkularen Szene soll der hpd<br />

eine integrierende Wirkung haben<br />

(gemeinsamer Veranstaltungskalender,<br />

Pressemeldungen, die auf<br />

Verlautbarungen der einzelnen<br />

Verbände zurückgreifen etc.). Ergänzend<br />

zu den Meldungen der<br />

hpd-Redaktion werden sich auf<br />

www.hpd-online.de u.a. Pressemappen<br />

finden, die den Verbänden des<br />

freigeistigen Spektrums die Gelegenheit<br />

bieten, ihre spezifischen<br />

Positionen der Öffentlichkeit darzulegen.<br />

Symposium<br />

turmdersinne 2006<br />

Nürnberg – Die Sprache ist der<br />

Schlüssel zum Menschen als Kulturwesen.<br />

Was geschieht im Ge-<br />

hirn, wenn der Mensch spricht?<br />

Wie entwickelt sich das Sprechen<br />

bei Kleinkindern? Welche Auswirkungen<br />

können Hirnschäden auf<br />

die Sprachfähigkeit haben? Von<br />

solchen Fragen spannt sich der thematische<br />

Bogen bis zur Gebärdensprache,<br />

der Sprachverarbeitung bei<br />

Blinden <strong>und</strong> der Verarbeitung von<br />

Musik. Forscher tragen vor, Hörer<br />

fragen nach. Am Ende steht zur<br />

Debatte, ob Sprache die Grenze<br />

zwischen Mensch <strong>und</strong> Tier markiert.<br />

Diskutieren Sie mit!<br />

Alle Infos <strong>und</strong> Anmeldung:<br />

www.turmdersinne.de<br />

Schlaues aus dem<br />

turmdersinne<br />

Nürnberg – „Heiner hirnt –<br />

Schlaues aus dem turmdersinne“ –<br />

unter diesem Motto begleitete<br />

„Heiner“, der sensorische Homunkulus<br />

aus dem Hands-on-Museum<br />

turmdersinne, junge Leser der<br />

Nürnberger Nachrichten durch die<br />

großen Ferien. Unterstützt wurde<br />

das wulstlippige Museumsmaskottchen<br />

von SinnesOrgan-Redakteu-<br />

rin Inge Hüsgen, die in der<br />

wöchentlichen Artikelserie verblüffende<br />

Sinnestäuschungen <strong>und</strong><br />

spannende Forschungsergebnisse<br />

vorstellte. Dabei verriet sie nicht<br />

nur, was „Heiner“ so einzigartig<br />

macht <strong>und</strong> woher die grauen<br />

Flecken im Hermann-Gitter kommen,<br />

sie erklärte auch, wie sehr die<br />

Erfahrung die Wahrnehmung beeinflusst.<br />

Weitere Beiträge stellten<br />

die Thatcher- <strong>und</strong> die Kanizsa-<br />

Täuschung sowie den Stroop-Effekt<br />

<strong>und</strong> „unmögliche“ Figuren<br />

vor. Alle Beiträge der Serie finden<br />

sich unter www.turmdersinne.de.<br />

Die Reihe wird voraussichtlich im<br />

Oktober fortgesetzt.<br />

Vergabe des<br />

<strong>Humanismus</strong>preises 2006<br />

Berlin – Der Ossip-K.-Flechtheim-<br />

Preis in Höhe von 2.500 Euro wird<br />

entsprechend der Juryentscheidung<br />

geteilt <strong>und</strong> an die türkische Rechtsanwältin,<br />

Frauenrechtlerin <strong>und</strong> Autorin<br />

Seyran Ates sowie die vier<br />

Schüler/innen der 9. Klasse an der<br />

Fritz-Karsen-Schule in Berlin-<br />

Neukölln Wanda Lehmann, Marianne<br />

Hachtmann, Robin <strong>und</strong> Patrick<br />

Hering vergeben. Die vier<br />

jungen Leute haben sich aktiv für<br />

3/2006 3


ihre Mitschülerin Tanja Ristic eingesetzt,<br />

die von der Polizei aus dem<br />

Unterricht geholt wurde <strong>und</strong> nach<br />

Bosnien abgeschoben werden sollte.<br />

Mit Mut <strong>und</strong> Zivilcourage haben<br />

sie spontan eine Schülerdemonstration<br />

<strong>und</strong> –initiative organisiert,<br />

Pressetermine wahrgenommen,<br />

Tanjas Familie unterstützt<br />

<strong>und</strong> mit ihrer Aktion nicht nur die<br />

LehrerInnen <strong>und</strong> SchülerInnen ihrer<br />

Schule zum Handeln aufgerufen.<br />

Das Grips-Theater inszenierte<br />

„Hiergeblieben!“ <strong>und</strong> brachte damit<br />

das Thema Bleiberecht für Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendliche sowie deren<br />

Familien auf die Bühne. Die Aktion<br />

von Wanda, Marianne, Robin<br />

<strong>und</strong> Patrick war erfolgreich: Tanja<br />

<strong>und</strong> ihre Mutter konnten bleiben,<br />

ihr Vater konnte vor wenigen Wochen<br />

wieder einreisen.<br />

Seyran Ates, in Istanbul geboren,<br />

lebt seit 30 Jahren in Deutschland<br />

<strong>und</strong> wird ausgezeichnet für ihr Engagement<br />

als Anwältin <strong>und</strong> Menschenrechtsaktivistin,<br />

die sich für<br />

türkische Einwanderinnen einsetzt,<br />

um sie vor Gewalt <strong>und</strong> so genannten<br />

„Ehrenmorden“ zu schützen.<br />

Selbst bedroht <strong>und</strong> gefährdet, artikuliert<br />

sie präzise die Lebensumstände<br />

der Frauen, betreut sie <strong>und</strong><br />

steht ihnen juristisch zur Seite. Die<br />

Jurymitglieder hoben hervor, dass<br />

es nur wenige Menschen gibt, die<br />

sich zu einem so wichtigen Thema<br />

in dieser Weise exponieren, so produktiv<br />

<strong>und</strong> provozierend sind <strong>und</strong><br />

im Interesse der Frauen ein genaues<br />

Hinsehen im Sinne der Differenzierung<br />

fordern.<br />

Die Preise werden überreicht am<br />

Sonntag, dem 22. Oktober 2006,<br />

um 11 Uhr im Berlin-Saal der Zentral-<br />

<strong>und</strong> Landesbibliothek Berlin,<br />

Ribbeck-Haus, 2. Etage, Breite Str.<br />

36, 10178 Berlin-Mitte.<br />

Die Laudatorinnen sind Prof.<br />

Christine Thürmer-Rohr (für Frau<br />

Ates) <strong>und</strong> Lea Rosh.<br />

Um Anmeldung wird gebeten bis<br />

zum 9.10.2006 unter Telefon 030-<br />

61390410.<br />

4<br />

3/2006<br />

Illusionen in Holz<br />

Nürnberg – Nach Malerei <strong>und</strong><br />

Grafik zeigt der turmdersinne im<br />

Rahmen seiner Sonderausstellungsreihe<br />

ab September aus Holz gearbeitete<br />

optische Illusionen. Der<br />

Nürnberger Schreinermeister Dieter<br />

Winge fertigt seit Jahren feine<br />

Intarsienarbeiten an. Diese rufen<br />

selbst beim aufmerksamsten Betrachter<br />

zunächst ein dreidimensionales<br />

Raumempfinden hervor, obwohl<br />

die Intarsien flächig gearbeitet<br />

sind. Jene dreidimensionale Wirkung<br />

entsteht nicht nur durch die<br />

Kombination von Holzarten verschiedener<br />

Farbe <strong>und</strong> Maserung,<br />

sondern ergibt sich ähnlich wie bei<br />

den räumlich unmöglichen Zeichnungen<br />

eines M.C. Escher durch<br />

eine optische Täuschung, die von<br />

unserem Wahrnehmungsapparat<br />

konstruiert wird.<br />

Die Sonderausstellung ist bis Ende<br />

des Jahres im turmdersinne zu sehen.<br />

Athpedia<br />

Hagen – Viele dem atheistischen<br />

Spektrum thematisch nahe stehende<br />

Artikel stehen bei der Internet-<br />

Enzyklopädie Wikipedia unter<br />

enormen Druck. Sie werden bevorzugtes<br />

Opfer von Online-Vandalismus.<br />

Um dem Gebot der Neutralität<br />

Rechnung zu tragen, kann in<br />

ihnen mitunter nicht ausreichend<br />

Stellung bezogen werden. (Auch<br />

der Artikel über diesseits wurde, angeblich<br />

wegen „Eigenwerbung“,<br />

immer wieder gelöscht.)<br />

Im Umfeld des IBKA wurde daher<br />

das Projekt Athpedia ins Leben gerufen.<br />

Athpedia ist eine freie Enzyklopädie,<br />

deren Inhalte von freiwilligen,<br />

unbezahlten Autoren verfasst<br />

werden. Alle Inhalte können von<br />

angemeldeten Benutzern leicht <strong>und</strong><br />

ohne besondere Software direkt im<br />

Browser bearbeitet werden. Primär<br />

richtet sich Athpedia an interessierte<br />

Nutzer, die Informationen r<strong>und</strong><br />

um das Thema Atheismus suchen.<br />

Da der Atheismus keine einheitliche<br />

Weltanschauung darstellt, ist es<br />

Ziel dieser Enzyklopädie, mehrere<br />

sich z.T. widersprechende Positionen<br />

objektiv zu erläutern. Daneben<br />

ist die kritische Auseinandersetzung<br />

mit Inhalt <strong>und</strong> Wirken von Religionen<br />

ein weiterer zentraler Bereich.<br />

Wer an diesem herausfordernden<br />

Projekt aktiv mitarbeiten will,<br />

schicke bitte eine E-Mail an<br />

info@athpedia.de.<br />

Vollständige Herausgabe der<br />

Werke von Ludwig Feuerbach<br />

gesichert<br />

Nürnberg – Wie Georg Batz, Vorsitzender<br />

der Ludwig-Feuerbach-<br />

Gesellschaft, mitteilt, erscheint<br />

dank einer großzügigen Spende einer<br />

vor kurzem in der Schweiz verstorbenen<br />

Deutschen die vollständige<br />

Herausgabe der Werke des<br />

bayerischen Philosophen Ludwig<br />

Feuerbach nunmehr als gesichert.<br />

Die Fertigstellung der Gesamtausgabe<br />

drohte kurz vor Vollendung<br />

zu scheitern, weil die dazu erforderlichen<br />

Mittel nicht mehr zur Verfügung<br />

standen.<br />

Die Spenderin hatte sich aufgr<strong>und</strong><br />

einer schweren Krebserkrankung<br />

entschlossen, ihr Leben mit Hilfe<br />

des schweizerischen Vereins „Dignitas<br />

– Menschenwürdig leben –<br />

Menschenwürdig sterben“ selbst zu<br />

beenden. Zuvor bedachte sie die<br />

„Schweizerische Gesellschaft für die<br />

Europäische Menschenrechts-Konvention“<br />

(SGEMKO) in ihrem<br />

Testament mit der Maßgabe, sich<br />

für die Verwirklichung des Menschenrechts<br />

auf risiko- <strong>und</strong><br />

schmerzfreie Beendigung des eigenen<br />

Lebens einzusetzen, wobei sie<br />

ausdrücklich festhielt, der SGEM-<br />

KO komme dabei ein „weites Ermessen“<br />

zu.<br />

Angesichts der Verdienste Ludwig<br />

Feuerbachs um einen vernunftgemäßen<br />

Umgang mit dem Recht<br />

auf Beendigung des eigenen Lebens,<br />

hat der für den Einsatz der<br />

Mittel zuständige Generalsekretär<br />

der SGEMKO, der Zürcher<br />

Rechtsanwalt Ludwig A. Minelli,<br />

die Ludwig-Feuerbach-Gesellschaft<br />

als Empfängerin eingesetzt. Dadurch<br />

ist es nun dem verdienstvollen<br />

Herausgeber der Gesamtausgabe,<br />

Professor Dr. Werner Schuffenhauer,<br />

möglich, das Werk, dem er<br />

seit fünfzig Jahren einen Großteil<br />

seiner Schaffenskraft gewidmet hat,<br />

einem glücklichen Ende zuzuführen.<br />

Humanisten des Ostseeraums<br />

veranstalten Konferenz<br />

Stockholm – „Wie können wir die<br />

Welt demokratischer machen? Wie<br />

setzen wir einen weltlichen Staat<br />

durch?“ Diese Themen stehen im<br />

Mittelpunkt einer Konferenz von<br />

Humanisten aus den baltischen<br />

Staaten, die vom 10. bis 12. November<br />

in Stockholm stattfinden<br />

soll. Problematisiert werden soll besonders<br />

die Rolle, die dem Staat im<br />

Gemengelage von religiösen <strong>und</strong><br />

weltanschaulichen Organisationen<br />

zufallen soll.<br />

Die vergleichsweise starken humanistischen<br />

Verbände Norwegens<br />

<strong>und</strong> Schwedens wollen mit der<br />

Konferenz vor allem auch Impulse<br />

für eine stärkere Kooperation mit<br />

Humanisten in den baltischen Staaten<br />

Litauen, Lettland <strong>und</strong> Estland<br />

geben. Hier ist der organisierte <strong>Humanismus</strong><br />

bisher nur schwach vertreten.


Die Teilnahme an der Veranstaltung<br />

kostet 60 Euro, das genaue<br />

Programm <strong>und</strong> Anmeldemöglichkeit<br />

findet man im Internet unter<br />

www.humanisterna.se<br />

Monismus <strong>und</strong><br />

Naturwissenschaft<br />

Neustadt am Rübenberge – Zu einem<br />

Seminar über das Verhältnis<br />

von Monismus <strong>und</strong> Naturwissenschaften<br />

lädt die Freigeistige Aktion<br />

für humanistische Kultur e.V. nach<br />

Neustadt am Rübenberge ein. Die<br />

Veranstaltung beginnt am Samstag,<br />

28. Oktober 2006, um 9.30 Uhr<br />

im Schloss Landestrost <strong>und</strong> endet<br />

um ca. 16.30 Uhr. Anmeldungen<br />

bis zum 1. Oktober 2006 bei Arnher<br />

E. Lenz, Fasanenweg 8, 31535<br />

Neustadt, Tel. 05032-66297, Fax<br />

05032-66263, E-Mail: arnher.e.<br />

lenz@t-online.de<br />

Seminar zu Namensfeiern<br />

Nauen – Der Humanistische Freidenkerb<strong>und</strong><br />

Brandenburg e.V.<br />

führt am 17. <strong>und</strong> 18. November<br />

2006 in Bollmannsruh bei Potsdam<br />

einen Workshop über die Gestaltung<br />

von Namensfeiern durch. Die<br />

Beschäftigung mit humanistischen<br />

Gr<strong>und</strong>anliegen <strong>und</strong> den kulturellen<br />

Interessen von konfessionell<br />

nicht geb<strong>und</strong>enen Familien soll zu<br />

einem intensiven Erfahrungsaustausch<br />

über Anliegen, Vorbereitung<br />

<strong>und</strong> Durchführung dieser<br />

weltlichen Feiern führen. Anfragen<br />

<strong>und</strong> Anmeldungen bitte an: <strong>Humanistischer</strong><br />

Freidenkerb<strong>und</strong>,<br />

14641 Nauen, Karl-Thon-Str. 42.<br />

Email: freidenker-brandenburg@<br />

web.de<br />

5. Internationale IHEYO-<br />

Konferenz in Indien<br />

Brüssel – Die IHEYO, die Internationale<br />

Humanistische <strong>und</strong> Ethische<br />

Jugendorganisation, plant ihre<br />

nächste Konferenz für die Zeit vom<br />

28. Oktober bis zum 4. November<br />

2006 in Indien in Zusammenarbeit<br />

mit dem Atheist Centre in Vijayawada/Andhra<br />

Pradesh. Das Thema<br />

lautet „Critical Thinking and Free<br />

Inquiry in Education“.<br />

Die IHEU-Mitgliedsorganisation<br />

IHEYO will auf ihrer Konferenz interkulturelle<br />

Aktivitäten, Ausflüge,<br />

Vorträge von bekannten Humanisten<br />

<strong>und</strong> Arbeitsgruppen anbieten.<br />

Die Veranstalter erwarten über 50<br />

Jugendgruppenleiter aus 20 verschiedenen<br />

Ländern. Weitere Informationen<br />

<strong>und</strong> Anmeldung über:<br />

www.iheyo.org/activities/conferencean.htm<br />

bzw. india2006@iheyo. org<br />

(Silvana Uhlrich and Sara Wastijn).<br />

6. Weltatheismuskonferenz<br />

Vijayawada – Vom 5. bis 7. Januar<br />

2007 findet die 6. Weltatheismuskonferenz<br />

im indischen Vijayawada<br />

statt. Das Thema lautet: „Die<br />

Notwendigkeit des Atheismus“.<br />

Diskutiert werden die Förderung<br />

der Wissenschaften, säkulare Sozialarbeit,<br />

Menschenrechte <strong>und</strong> das<br />

Streben nach einem alternativen<br />

Wertesystem. Eingeladen sind an<br />

Atheismus interessierte Menschen<br />

aus aller Welt. Die Konferenzgebühr<br />

beträgt US $ 150. Unterbringung<br />

in einfachen Unterkünften im<br />

Atheist Centre in Vijayawada,<br />

Andhra Pradesh/Südindien oder<br />

auf Wunsch in Hotels in der Nähe.<br />

Vijayawada ist vom Flughafen Hyderabad<br />

aus gut zu erreichen.<br />

Weitere Informationen <strong>und</strong> Anmeldung<br />

bei: Dr. Vijayam, Atheist<br />

Centre, Benz Circle, Vijayawada<br />

520010, AP, India Phone +91 866<br />

2472330, Fax: +91 866 2484850,<br />

Mobile: +91 9848458220, Email:<br />

atheistcentre@yahoo.com and/or<br />

atheistcentre@rediffmail.com.<br />

„Papst gsehng?“<br />

Religionsfreie Zone 2006<br />

München – Eine „fröhliche Gegenveranstaltung“<br />

zum Papstbesuch<br />

im September in Deutschland<br />

bietet der B<strong>und</strong> für Geistesfreiheit<br />

in Bayern an. Ab dem 10. September<br />

wird es in München „religionsfreie<br />

Zonen“ geben, in die sich<br />

Menschen zurückziehen können,<br />

die dem Rummel um das katholische<br />

Kirchenoberhaupt entgehen<br />

wollen.<br />

Teil I: „Schluss mit lustig? – Nein,<br />

Schluss mit blöde!“<br />

Vorträge <strong>und</strong> Kabarettveranstaltungen<br />

Ort: Kulturzentrum Gasteig, Rosenheimer<br />

Straße, München<br />

Teil II: „Freie Liebe für freie Geister...“<br />

Heidenspaßig unverschämte<br />

Filme<br />

Ort: Maxim Programmkino,<br />

Landshuter Allee 33, München<br />

Teil III: „Heidenspaß statt Höllenqual!“<br />

Die Heidenspaßparty<br />

Näheres unter<br />

www.religionsfreie-zone.de.<br />

Religion – Weltanschauung –<br />

Philosophie<br />

Mainz – Zu einem religionsphilosophischen<br />

Seminar vom 22.–24.<br />

September 2006 laden die Deutschen<br />

Unitarier ins Jugendgästehaus<br />

Mainz, Otto-Brunfels-Schneise<br />

4, ein.<br />

Die drei Begriffe Religion, Weltanschauung,<br />

Philosophie, die aktuell<br />

in der Religionsgemeinschaft der<br />

Deutschen Unitarier diskutiert werden<br />

<strong>und</strong> deren Klärung für ihre Zukunft<br />

von wesentlicher Bedeutung<br />

ist, sollen gemeinsam erörtert werden.<br />

Anmeldung <strong>und</strong> weitere Infos<br />

bei: Christian Karden, Quellhofstr.<br />

72, 34127 Kassel, oder per E-Mail:<br />

Seminar-Mainz@unitarier. de.<br />

IBKA-Tagung 2006 in Berlin<br />

Hagen – Dass säkulare Humanistinnen<br />

<strong>und</strong> Humanisten die bestehenden<br />

Machtverhältnisse mit spitzer<br />

Feder kritisieren <strong>und</strong> ihre hochgesteckten<br />

politischen Ziele stilvoll<br />

aufs Papier bringen können, ist bekannt.<br />

Doch welche Beiträge leisten<br />

sie konkret zum Aufbau einer<br />

menschenfre<strong>und</strong>licheren Gesellschaft?<br />

Im öffentlichen Bewusstsein<br />

werden in dieser Hinsicht fast ausschließlich<br />

die sozialen Aktivitäten<br />

der beiden Großkirchen wahrgenommen.<br />

Allerdings sind auch die<br />

säkularen Kräfte in sozialen Angelegenheiten<br />

keineswegs untätig –<br />

reicht doch das Spektrum humanistischer<br />

Hilfsangebote mittlerweile<br />

ebenfalls „von der Wiege bis zur<br />

Bahre“.<br />

So erfreulich diese Entwicklung<br />

auch ist, so besteht doch weitgehend<br />

Unklarheit darüber, wodurch<br />

sich diese humanistischen Hilfsangebote<br />

gegenüber denen der religiösen<br />

Konkurrenz auszeichnen.<br />

Gibt es ein spezifisches humanistisches<br />

Profil in der Sozial-, Jugend-,<br />

oder Altenarbeit? Und geht es den<br />

praktisch arbeitenden HumanistInnen<br />

tatsächlich um eine reale Ver-<br />

besserung der menschlichen Lebensverhältnisse<br />

oder letztlich doch<br />

nur um den Profit, der mit einem<br />

Engagement auf dem Feld der<br />

„Wa(h)re(n) Nächstenliebe“ erwirtschaftet<br />

werden kann?<br />

Die zweitägige Tagung des Internationalen<br />

B<strong>und</strong>es der Konfessionslosen<br />

<strong>und</strong> Atheisten (IBKA) vom<br />

20. bis 22. 10. 2006 an der Technischen<br />

Universität in Berlin wird<br />

sich mit diesen Fragen auseinandersetzen<br />

<strong>und</strong> dabei einen<br />

Überblick über die vielfältigen sozialen<br />

Aktivitäten von Humanistinnen<br />

<strong>und</strong> Humanisten in Deutschland<br />

geben. So werden humanistische<br />

Ansätze in der Sexual- <strong>und</strong><br />

Schwangerschaftskonfliktberatung,<br />

in Kindertagesstätten, Sozialstationen<br />

<strong>und</strong> Seniorenheimen vorgestellt,<br />

Fragen des schulischen Unterrichts<br />

sowie der außerschulischen<br />

Betreuung Jugendlicher behandelt,<br />

<strong>und</strong> nicht zuletzt soll auch<br />

der spezifisch humanistische Umgang<br />

mit Tod <strong>und</strong> Sterben thematisiert<br />

werden.<br />

Das gesamte Programm entnehmen<br />

Sie bitte dem beiliegenden<br />

Flyer oder Sie informieren sich unter<br />

www.ibka.org!<br />

Hospizkurs<br />

Berlin – Für den neuen Hospizkurs<br />

beim Hospizdienst V.I.S.I.T.E. des<br />

HVD Berlin sind noch Bewerbungen<br />

möglich. Der Gr<strong>und</strong>kurs beginnt<br />

am 22.9.2006 <strong>und</strong> findet bis<br />

Dezember jeweils freitags von<br />

17–20 Uhr statt. Der anschließende<br />

Aufbaukurs mit Kontakten zu<br />

Schwerstkranken umfasst insgesamt<br />

ca.160 St<strong>und</strong>en an 24 Abenden<br />

<strong>und</strong> zwei Wochenendseminare<br />

in Berlin.<br />

Anmeldung unter 030-613904-32;<br />

Gudrun Ott-Meinhold.<br />

3/2006 5


Hannover – Mitglieder der Freien Humanisten Niedersachsen werden im Haus Humanitas in der Anwendung des Content Management<br />

Systems TYPO3 geschult. Es sind die Internetbeauftragten der Ortsgemeinschaften des <strong>Verband</strong>es. Ihr Ziel: Künftig die Ortsseiten ihrer<br />

Gemeinschaft, die in den Internetauftritt des Landesverbandes (www.freie-humanisten.de) nahtlos eingefügt sind, eigenständig zu gestalten.<br />

Linke Seite, von vorne nach hinten: Eckhard Kühl (Emden), Lars Lähn (Lehrte), Wulf Saß (Lehrte), Birger Holz (Oldenburg), Nicolas<br />

Wendisch (Schulungsleiter, Oldenburg). Rechte Seite, von vorn nach hinten: Klaus Brinkmann (Osnabrück), Reinhard Brune (Osnabrück),<br />

Ulrike Döhrel-Janßen <strong>und</strong> Hero Janßen (Göttingen), Ingo Hammer (Delmenhorst) <strong>und</strong> Helmut Jahns (Hannover). Nicht im Bild, weil<br />

gerade hinter der Kamera: Jürgen Gerdes, der Landessprecher der Freien Humanisten.<br />

6<br />

Nachgefragt<br />

3/2006<br />

■ Seit 1. August gilt die neue Rechtschreibung,<br />

besser gesagt die Reform der Reform.<br />

Nur eines stand nie wirklich zur Debatte:<br />

Die Großschreibung der Substantive, eine<br />

Eigenart der deutschen Sprache, die kaum<br />

Nachahmer gef<strong>und</strong>en hat. Der Duden sagt<br />

dazu: „Die Großschreibung der Substantive<br />

nahm im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert ihren Ausgang<br />

von der Großschreibung der Eigennamen<br />

(vor allem bei Personennamen <strong>und</strong> geographischen<br />

Namen). Die Verwendung von<br />

Großbuchstaben diente hier vor allem der<br />

Kennzeichnung von Wörtern, die inhaltlich<br />

als besonders bedeutsam erschienen, beim<br />

Vorlesen hervorgehoben oder betont werden<br />

sollten.“<br />

Was war dieses so Bedeutsame, fragte diesseits<br />

Frau Dr. Nanna Fuhrhop, Dozentin<br />

für deutsche Grammatik am Institut für<br />

Germanistik der Universität Potsdam.<br />

„Die Substantivgroßschreibung ist zuerst<br />

bei sakralen Nomina entstanden. Diese Regelung<br />

geht auf Mönche zurück, die beim<br />

Kopieren religiöser Schriften begannen, aus<br />

Ehrfurcht Ihn, Gott, den Herren großzuschreiben.<br />

Später findet sich dies Schreibform<br />

in den ersten Bibeldrucken wider.“ ●


November um 17.30 Uhr<br />

wird es in der ARD einen halbstündigen<br />

Beitrag in dem Magazin<br />

„Religion <strong>und</strong> Gesellschaft“ geben.<br />

Thema: Lebenssinn ohne Gott: Lebensfreude,<br />

Krisenhilfe, Kultur<br />

<strong>und</strong> Begleitung bis zum Ende aus<br />

weltlich-humanistischer Sicht <strong>und</strong><br />

Praxis. Dies ist ein Arbeitstitel, den<br />

die Redaktion sicher noch „abschleifen“<br />

wird. Im Zentrum dieses<br />

Films vom Redakteur Christian<br />

Modehn stehen Szenen aus dem<br />

beruflichen, verbandlichen <strong>und</strong><br />

privaten Leben der Humanistin<br />

Gita Neumann, Referentin Lebenshilfe<br />

im HVD-Landesverband<br />

Berlin <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esbeauftragte des<br />

HVD für Patientenverfügungen.<br />

Gita Neumann legt Wert auf die<br />

Feststellung, dass sie sich nicht in<br />

dieses Medium gedrängt hat, sondern<br />

vom Berliner Geschäftsführer<br />

Manfred Isemeyer gebeten wurde,<br />

diese „Rolle“ zu übernehmen.<br />

Menschen im DiesseitsAm 19.<br />

Diamantene Hochzeit feierten<br />

Hermann <strong>und</strong> Else Forstmann in<br />

Bottrop.<br />

In seiner Feieransprache zählte Präsident<br />

Jürgen Springfeld einige<br />

Stationen aus dem ereignisreichen<br />

60-jährigen Eheleben der beiden<br />

auf.<br />

Besonders herausragend ist sicherlich<br />

die Tatsache, dass die Eheleute<br />

die schwere Zeit nach dem verheerenden<br />

Weltkrieg gemeistert, sich<br />

politisch <strong>und</strong> gewerkschaftlich engagiert<br />

<strong>und</strong> für den Erhalt der Geistesfreiheit<br />

eingesetzt haben.<br />

Bevor sich die Ortsgemeinschaft<br />

Bottrop mit den Gladbeckern zu-<br />

sammenschlossen, war Hermann<br />

Forstmann 35 Jahre lang Gemeinschaftsvorsteher<br />

<strong>und</strong> Vorsitzender<br />

der Untergliederung.<br />

Neben einigen Wegbegleiterinnen<br />

<strong>und</strong> Wegbegleitern feierten besonders<br />

die beiden Kinder, nebst Ehepartnern,<br />

drei Enkel <strong>und</strong> vier Urenkel<br />

das besondere Ereignis.<br />

Ingrid Z<strong>und</strong>el (Jahrgang 29) ist<br />

ein beredtes Beispiel dafür, dass<br />

man jenseits der 65 noch lange<br />

nicht zum alten Eisen gehört. Im<br />

Gegenteil, sie erfüllte sich erst in<br />

der Zeit ihres Ruhestandes, den<br />

man besser als Ende des Erwerbslebens<br />

bezeichnen sollte, einen lang<br />

gehegten Wunsch. So begann sie<br />

61-jährig mit dem Studium der<br />

Psychologie, das sie 1994 erfolgreich<br />

beendete. Das Thema der Diplomarbeit<br />

war gewissermaßen Vision<br />

<strong>und</strong> ihr auf den Leib geschneidert:<br />

„Muster erfüllten Ruhestands“.<br />

Noch immer ruhelos, begann<br />

sie 1998 mit ihrer Dissertation,<br />

die sie 2005 trotz einiger Hürden<br />

erfolgreich mit 76 Jahren verteidigte.<br />

1997 bewarb sich Ingrid Z<strong>und</strong>el<br />

auf eine Annonce der Berliner Humanisten,<br />

die eine ehrenamtliche<br />

Seniorenkoordinatorin suchten.<br />

Bis September 2000 hat sie hier<br />

wahre Pionierarbeit geleistet.<br />

Dann trennte sie sich von Berlin<br />

<strong>und</strong> zog nach Heidelberg um näher<br />

bei ihren Kindern <strong>und</strong> Enkelkindern<br />

zu sein. Dennoch ist es nicht<br />

ihre Art, so ganz auf Familie zu machen.<br />

Nach wie vor aktiv, mischt sie<br />

im Wohnstift mit <strong>und</strong> fordert die<br />

Selbstbestimmung der Bewohner<br />

ein, ist aktiv in der „Frauenbrücke<br />

Ost-West“, geht auf Vortragsreisen<br />

<strong>und</strong> hat für ein Konzept „Übergang<br />

in den Ruhestand“ einen Preis der<br />

Körber-Stiftung bekommen. Und<br />

weil noch ein wenig Zeit übrig war,<br />

schrieb sie im Centauraus-Verlag<br />

das Buch: „Kommunitarismus in<br />

einer alternden Gesellschaft : Neue<br />

Lebensentwürfe Älterer in Tausch-<br />

systemen“, erhältlich im Buchhandel,<br />

ISBN 3-8255-0602-9.<br />

Das Fazit von Frau Dr. Ingrid Z<strong>und</strong>el:<br />

„Mein Leben reicht gar nicht<br />

für alles, was ich noch tun möchte.“<br />

Aus vier Frauen <strong>und</strong> einem Mann<br />

bestand das Team des HVD, LV<br />

Berlin, dass sich am 31. Mai im<br />

Berliner Tiergarten zum 5x5-km-<br />

TEAM-Staffellauf einfand. 7.000<br />

Läuferinnen <strong>und</strong> Läufer liefen an<br />

diesem Abend um die Wette. 73<br />

Staffeln waren von der Charité am<br />

Start, 70 von der Deutschen Bank<br />

<strong>und</strong> 56 von DaimlerChrysler. Das<br />

Team des HVD bestand aus Thomas<br />

Dornieden, Barbara Vehring,<br />

Katja Schäfer, Edith Wiesenfeld<br />

<strong>und</strong> Carmen Malling<br />

(Startreihenfolge). Wohl wissend,<br />

dass es am Wechsel ein großes Gedränge<br />

geben würde, hatten die Aktiven<br />

einige HVD-Lufballons mit<br />

Helium gefüllt <strong>und</strong> zur Erkennung<br />

mitgenommen. Wenn auch modisch<br />

vielleicht nicht auf dem allerletzten<br />

Stand, halfen doch die extra<br />

angefertigten T-Shirts, während<br />

der etwa dreistündigen Veranstaltung<br />

mit Leuten ins Gespräch zu<br />

kommen. Mit einer Gesamtzeit<br />

von 2:30 St<strong>und</strong>en war das Team<br />

HVD etwa gleich schnell wie die<br />

Läufer der brasilianischen Botschaft,<br />

aber doch immerhin eine<br />

St<strong>und</strong>e langsamer als die Sieger, das<br />

Männerteam des Veranstalterklubs<br />

SC Charlottenburg. Fürs nächste<br />

Jahr haben sie sich vorgenommen,<br />

mit wenigstens zwei Staffeln an den<br />

Start zu gehen. Dafür werden neben<br />

weiteren Läuferinnen <strong>und</strong> Läufern<br />

auch noch gute Ideen gesucht,<br />

was ein origineller humanistischer<br />

Staffelstab sein könnte. Interessenten<br />

können sich bei Katja Schäfer<br />

oder Frank Spade melden oder<br />

eine E-Mail an staffel@hvd-berlin.de<br />

senden.<br />

3/2006 7


8<br />

3/2006<br />

Landesjugendtreffen<br />

der<br />

Brandenburger<br />

Potsdam – Vom 17. bis 19. März 2006 trafen<br />

sich über 100 brandenburgische „Junge Humanisten“<br />

am Werbellinsee zu ihrer jährlichen<br />

Landesversammlung. Sie kamen aus<br />

den Regionalverbänden Havelland, Barnim,<br />

HIBBZ Eberswalde, Dahme-Spreewald <strong>und</strong><br />

Potsdam/Potsdam-Mittelmark.<br />

■ Diesmal fungierten die JuHus vom<br />

HIBBZ Eberswalde als Gastgeber. Viele<br />

kannten sich von früheren Treffen <strong>und</strong> freuten<br />

sich über das Wiedersehen. Für die<br />

„Neuen“ war nach der Begrüßungsdisco am<br />

Freitagabend die zunächst vorhandene<br />

Zurückhaltung verflogen.<br />

Müde, aber gut vorbereitet, trafen sich<br />

alle am Samstag um 10 Uhr zur Mitgliederversammlung.<br />

Als „alte“ Gäste nahmen<br />

Wolfgang Hecht <strong>und</strong> Norbert Weich vom<br />

Humanistischen <strong>Verband</strong> Berlin-Brandenburg,<br />

Dr. Volker Mueller vom Humanistischen<br />

Freidenkerb<strong>und</strong> Brandenburg <strong>und</strong><br />

Günter David vom Humanistischen Regionalverband<br />

Ostbrandenburg teil.<br />

Wolfgang Hecht informierte in einem<br />

Grußwort über die Arbeit <strong>und</strong> Vorhaben<br />

des HVBB <strong>und</strong> forderte die Jugendlichen<br />

auf, sich in den Regionalverbänden, aber<br />

auch auf Landesebene an der Arbeit der Verbände<br />

zu beteiligen.<br />

Der amtierende Landessprecherrat verwies<br />

in seinem Bericht auf die Vielfarbigkeit<br />

der Arbeit der Jungen Humanisten im Land<br />

Brandenburg. Sie reicht von der Mitwirkung<br />

<strong>und</strong> Organisation bei den regionalen<br />

Jugendfeiern über internationale Projekte in<br />

Indien oder Polen bis zu Tanz- <strong>und</strong> Musik-<br />

Projekten, selbstständiger Gestaltung von<br />

Namensfeiern, Trägerschaften von Jugendclubs<br />

<strong>und</strong> vielem mehr.<br />

In der Diskussion zeigten die einzelnen<br />

Berichte aus den Regionen eine außerordentlich<br />

positive Bilanz, die sich mit anderen<br />

erfolgreichen Jugendorganisationen im<br />

Land Brandenburg messen kann.<br />

Darüber hinaus wählte die Mitgliederversammlung<br />

einen neuen Sprecherrat.<br />

Zum neuen ersten Landessprecher wurde<br />

David Driese (Dahme-Spreewald) gewählt.<br />

Am Nachmittag fand das traditionelle<br />

Volleyballturnier um den Wanderpokal der<br />

Landes-JuHus statt, der durch die „Havelländer“<br />

gewonnen wurde.<br />

Das Programm komplettierte eine Diskussionsr<strong>und</strong>e<br />

zum Islam, Präsentationen<br />

aus den Regionen, Bandkonzerte, die übliche<br />

Disco <strong>und</strong> sogar ein Feuerwerk.<br />

Am Sonntag verabschiedete man sich<br />

mit der Verabredung zum nächsten Landestreffen,<br />

das vom 15. bis 17. September<br />

2006 im Landkreis Dahme-Spreewald stattfinden<br />

wird. ●


Ina Herbell<br />

Sommerferienaktion<br />

des<br />

Bündnisses für<br />

Kinder Marzahn-<br />

Hellersdorf<br />

Berlin – Was brauchen Kinder in den großen<br />

Ferien? Abwechslungsreiche <strong>und</strong> bezahlbare,<br />

besser noch kostenlose Angebote <strong>und</strong><br />

Erlebnisse – gerade in Zeiten wachsender<br />

Armut von Kindern <strong>und</strong> ihrer Familien. Das<br />

Kinder- <strong>und</strong> Jugendbüro Marzahn-Hellersdorf<br />

des HVD Berlin koordinierte bereits im<br />

vergangenen Jahr eine Sommerferienaktion,<br />

die wegen des großen Erfolges in diesem<br />

Jahr wiederholt wurde.<br />

■ Immer mehr Kinder erleben keine Urlaubsreisen,<br />

da das Geld fehlt. Eltern kritisieren,<br />

dass sie neben steigenden Hortkosten<br />

regelmäßig Geld für Ferienausflüge berappen<br />

sollen.<br />

Um der Ausgrenzung von Kindern entgegenzuwirken,<br />

entwickelte das Bündnis<br />

für Kinder des Bezirks 2005 die Projektidee,<br />

mit Partnern wie Polizei, Feuerwehr<br />

oder dem Team Grüner Punkt kostenlose<br />

Ferienaktionen in den sechs Sozialräumen<br />

des Bezirks zu organisieren. Nach dem<br />

großen Erfolg der Ferienaktion 2005<br />

konnten die Angebote in diesem Jahr sogar<br />

erweitert <strong>und</strong> neue Partner gewonnen<br />

werden. So ermöglichten ehrenamtliche<br />

Übungsleiter, dass Schulsporthallen in<br />

den Ferien geöffnet bleiben konnten.<br />

Auch das Tierheim lud an sechs Tagen<br />

Kinder zu einem Projekttag ein, unterstützt<br />

von einem Busunternehmen <strong>und</strong> einer<br />

Catering-Firma.<br />

Das Kinder- <strong>und</strong> Jugendbüro des HVD<br />

Berlin ist dabei faktisch die Organisationszentrale,<br />

die alle Akteure <strong>und</strong> Interessierten<br />

vernetzt, das Programm koordiniert, Öffentlichkeitsarbeit<br />

macht, für Kinder <strong>und</strong><br />

Eltern Ansprechpartner ist <strong>und</strong> natürlich<br />

auch eigene Angebote unterbreitet.<br />

Um die Information über dieses zumindest<br />

berlinweit einzigartige Ferienprojekt an<br />

die Kinder <strong>und</strong> ihre Eltern zu bringen, wurden<br />

sämtliche Veranstaltungen aller Partner,<br />

kommunaler <strong>und</strong> freier Träger für Kinder<br />

im Gr<strong>und</strong>schulalter stadtteilbezogen auf<br />

Flyer gedruckt. So entstanden für die Regionen<br />

des Bezirks sechs farbige Informationsblätter,<br />

die in allen 27 Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> neun<br />

Sonderschulen mit dem Zeugnis an die Kinder<br />

verteilt wurden.<br />

Firmen wie Knorr Bremse <strong>und</strong> die Kaufhauskette<br />

C&A spendeten ausdrücklich für<br />

dieses Ferienvorhaben. So konnte der Bedarf<br />

an Eintrittsgeldern für Freibäder, Museen,<br />

den Tierpark <strong>und</strong> vor allem Fahrtkosten<br />

weitgehend gedeckt werden. Der HVD<br />

unterstützte den Druck der r<strong>und</strong> 12.000<br />

farbigen Informationsblätter. ●<br />

Ina Herbell leitet das Kinder- <strong>und</strong> Jugendbüro<br />

Marzahn-Hellersdorf.<br />

Lebensk<strong>und</strong>e-<br />

Prüfung 2006<br />

Berlin – Eine erfolgreiche Bilanz zieht das<br />

Ausbildungsinstitut für Humanistische Lebensk<strong>und</strong>e:<br />

Beim sechsten Durchgang der<br />

Ergänzungsausbildung haben in diesem Jahr<br />

21 Studierende das viersemestrige Studium<br />

mit qualifizierter Benotung abgeschlossen,<br />

darunter erstmalig in Deutschland eine Studienrätin,<br />

die nun berechtigt ist, das Fach<br />

Lebensk<strong>und</strong>e in der Sek<strong>und</strong>arstufe II zu unterrichten.<br />

■ Das Foto vom Prüfungstag, dem 15. Mai<br />

2006, in der Martin-Buber-Oberschule, einer<br />

Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe,<br />

zeigt (von links nach rechts) die Mitglieder<br />

der Prüfungskommission unter Vorsitz<br />

von Wilfried Seiring (Direktor des Ausbildungsinstitutes),<br />

Dr. Petra Caysa, Dr.<br />

Brigitte Wieczorek-Schauerte, Werner<br />

Schultz (Abteilungsleiter Lebensk<strong>und</strong>e),<br />

Oberstudienrat Hans Kulbe (Fachseminarleiter<br />

für Lebensk<strong>und</strong>e) <strong>und</strong> die Lehrervertreterin,<br />

Frau Stoffers.<br />

Unten links: Die glückliche Kandidatin<br />

Chantal Chelli-Zenner. ●<br />

Ines Scheibe<br />

Humanistische<br />

Lebensberatung<br />

Berlin – Der Humanistische <strong>Verband</strong> erweitert<br />

seine Aufgabenpalette<br />

■ Immer dann, wenn Menschen in unerwartete,<br />

gr<strong>und</strong>legend neue Lebenssituationen<br />

geraten oder wichtige Lebensentscheidungen<br />

zu treffen haben, bekommen Fra-<br />

3/2006 9


gen nach dem Lebenssinn, der Lebensperspektive<br />

<strong>und</strong> nach gr<strong>und</strong>legenden Wertorientierungen<br />

eine besondere Bedeutung <strong>und</strong><br />

drängen nach Bearbeitung.<br />

Für solche Situationen gibt es in der<br />

christlichen Kirche die Seelsorge. Es wird in<br />

den Gesprächen von kirchlicher Seite, ausgehend<br />

von religiösen Werten, Zuwendung,<br />

Stütze, Orientierung <strong>und</strong> Stärkung<br />

geboten.<br />

Für konfessionsfreie Menschen fehlt in<br />

Deutschland bisher ein entsprechendes Pendant.<br />

Das Angebot der humanistischen Lebensberatung<br />

soll diese Lücke im Interesse<br />

einer nachhaltigen ges<strong>und</strong>en psychosozialen<br />

Entwicklung der Betroffenen füllen.<br />

In Belgien <strong>und</strong> den Niederlanden sind<br />

bereits humanistische Berater praktisch<br />

tätig, es gibt spezielle Ausbildungen <strong>und</strong><br />

vielfältige Beratungsangebote <strong>und</strong> Erfahrungen.<br />

Auch im HVD wird das Fehlen einer humanistischen<br />

Beratung seit vielen Jahren anerkannt.<br />

Zwar existieren im Rahmen thematischer<br />

Beratungsfelder, wie Beratung<br />

von Kriegsdienstverweigerern, Schwangerschafts-<br />

<strong>und</strong> Paarberatung, Hospiz- <strong>und</strong><br />

Trauerarbeit, beim Mobilitätsdienst sowie<br />

bei der Abfassung von Patientenverfügungen<br />

in Berlin erste Ansätze, die es nun zügig<br />

auszubauen gilt.<br />

10<br />

3/2006<br />

Diese Aufgabe wurde im vergangenen<br />

Jahr von einer Arbeitsgruppe in Angriff genommen.<br />

Es wurden in ehrenamtlicher Arbeit<br />

die konzeptionellen Vorbereitungen für<br />

den Beginn einer humanistischen Beratung<br />

geschaffen. Das Projekt wird aus Spenden<br />

finanziert.<br />

Für den Herbst 2006 ist der Beginn eines<br />

ersten berufsbegleitenden Ausbildungsgangs<br />

zum humanistischen Berater in Berlin<br />

als Pilotprojekt geplant. Die Ausbildung,<br />

für die sich Interessenten bis zum<br />

20.09.2006 bewerben können, wird ca. 120<br />

St<strong>und</strong>en umfassen <strong>und</strong> soll im Jahr 2007<br />

abgeschlossen werden. Parallel dazu gilt es,<br />

mit ausgewählten Einrichtungen (Alteneinrichtungen,<br />

Krankenhäuser u.a.) Kooperationsvereinbarungen<br />

zu schließen <strong>und</strong> die finanzielle<br />

Absicherung dieses neuen weltanschaulich<br />

orientierten Beratungsangebots<br />

auch perspektivisch zu sichern. Dann werden<br />

nicht nur Mitglieder des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es zukünftig von diesem neuen<br />

Dienstleistungsangebot profitieren. ●<br />

Ines Scheibe ist B<strong>und</strong>esbeauftragte des HVD für<br />

humanistische Lebensberatung.<br />

Weitere Informationen, Bewerbungsunterlagen<br />

<strong>und</strong> Spendenmöglichkeit sind zu finden unter:<br />

http://hvd-berlin.de/kontakt/5342009812106<br />

7202.htm#53420098121067203<br />

Jürgen Springfeld<br />

Ein unwirklicher<br />

Geburtstag<br />

Dortm<strong>und</strong> – der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Nordrhein-Westfalen bekam vor 50 Jahren<br />

die Körperschaftsrechte zuerkannt.<br />

■ „Auf Ihren Antrag vom 9.2.1950 sind Ihnen<br />

durch Gesetz vom 5.5.1956 die Rechte<br />

einer Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

verliehen worden“, steht im Schreiben vom<br />

25. Juni 1956 des Kultusministers des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen an die Freireligiöse<br />

Landesgemeinde Nordrhein-Westfalen<br />

im B<strong>und</strong> Freireligiöser Gemeinden<br />

<strong>Deutschlands</strong> e.V.<br />

Nun müssten Verwaltungsjuristen konsultiert<br />

werden, damit der echte Geburtstag<br />

festgelegt werden kann. Ist es der 15. Mai,<br />

der Tag der Beschlussfassung im Landtag?<br />

Oder der 28. Mai, als es im Gesetzesblatt<br />

von NRW veröffentlicht wurde? Oder der<br />

Tag des kultusministeriellen Schreibens?<br />

Das wird sich nötigenfalls klären lassen.<br />

Dennoch ist es nicht die Geburtsst<strong>und</strong>e des<br />

humanistischen Gedankens in NRW.<br />

Hier geht es zu wie bei langjährigen<br />

Eheleuten. An irgendeinem Tag vor Jahrzehnten<br />

lernten sie sich kennen. Irgendwann<br />

funkte es zwischen ihnen. Gemeinschaftliches<br />

Pläne schmieden <strong>und</strong> zielführendes<br />

Handeln folgten. Letztlich<br />

ließen sie sich von einer staatlich bestellten<br />

Person ein Dokument ausstellen, in dem<br />

ihnen bescheinigt wurde, dass sie ab einem<br />

bestimmten Tag Eheleute sind. Diesen<br />

Tag feiern sie üblicherweise jedes Jahr.<br />

Macht es Sinn, eine staatliche Zuweisung<br />

von Rechten <strong>und</strong> Pflichten alljährlich feierlich<br />

zu begehen?<br />

Anfänge im Ruhrgebiet<br />

Vor dem Zweiten Weltkrieg gab es noch<br />

nicht das B<strong>und</strong>esland Nordrhein-Westfalen.<br />

Demnach konnte es auch keine nordrhein-westfälische<br />

Vorläufer-Organisation<br />

geben. Nachweislich wurde 1908 eine Freireligiöse<br />

Gemeinde in Witten-Annen gegründet<br />

<strong>und</strong> 1919 eine in Dortm<strong>und</strong>-Hörde.<br />

Viele andere folgten im Ruhrgebiet. Um<br />

1920 bestand bereits das Kartell der freigeistigen<br />

Vereine in Westfalen mit etwa 5000<br />

Beitrag zahlenden Mitgliedern. Hauptamt-


liche Redner wurden beschäftigt. Weltliche<br />

Schulen wurden initiiert, gegen den hartnäckigen<br />

Kampf der Kirchen. Dies alles<br />

fand ein Ende durch die massive Gewalt der<br />

nationalsozialistisch auftretenden Massen.<br />

Selbst nicht alle unserer früheren Aktiven<br />

zogen eine klare Grenzlinie zwischen den<br />

damals vorherrschenden Gedanken <strong>und</strong><br />

freigeistigen Erwägungen.<br />

Die Suche nach einer brauchbaren Orientierung<br />

im <strong>Verband</strong> <strong>und</strong> in der Gesellschaft<br />

hat hier in den 20er-Jahren des vori-<br />

Vor 50 Jahren: Die Verleihung der Körperschaftsrechte wird gefeiert<br />

gen Jahrh<strong>und</strong>erts irgendwo begonnen. Verbinden<br />

lässt sich das mit den dokumentierten<br />

Auseinandersetzungen im Kartell Westfalen<br />

über die Frage nach dem „richtigen“<br />

Namen der Gemeinschaft. Auf der einen<br />

Seite schien die Hervorhebung des Religiösen<br />

vielen unangemessen. Neue Namen mit<br />

der Betonung des „freien Geistes“ wurden<br />

eingebracht. Nur einzelne freireligiöse Ortsgemeinden<br />

nannten sich fortan „Freigeistige<br />

Gemeinschaft“. Es lässt sich nicht zweifelsfrei<br />

nachprüfen, welche wesentlichen<br />

Gedanken die Namensdiskussion beeinflussten.<br />

Waren es innerverbandliche Suchbewegungen<br />

oder Anpassungen an den<br />

Zeitgeist? Interessant ist immerhin, dass<br />

1933 der B<strong>und</strong>estag des Volksb<strong>und</strong>es für<br />

Geistesfreiheit seinen alten Namen von<br />

1859 „B<strong>und</strong> Freireligiöser Gemeinden“<br />

wieder annahm, um weiteren Repressalien<br />

des Nationalsozialismus zu entgehen. Geholfen<br />

hat es nicht.<br />

Humanisten ohne Würdeträger<br />

Nach dem Krieg sammelten sich die Hinterbliebenen<br />

<strong>und</strong> Zurückgekehrten erneut<br />

unter dem Namen „Freireligiöse Landesgemeinde“.<br />

Diese neuen <strong>und</strong> alten Freireligiösen<br />

warteten immerhin sechs Jahre von<br />

der Antragstellung bis zur Anerkennung als<br />

Körperschaft des öffentlichen Rechts. Erst<br />

Jahrzehnte später änderten sie den Namen<br />

in Freigeistige Landesgemeinschaft. Nach<br />

Gründung des HVD, zu deren Gründungsmitgliedern<br />

NRW gehörte, änderte<br />

der Landesverband Nordrhein-Westfalen<br />

seinen Namen in <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

Nordrhein-Westfalen.<br />

Mit der Ausstellung der staatlichen Urk<strong>und</strong>e<br />

wird eine Körperschaft des öffentlichen<br />

Rechts Träger von besonderen Rechten,<br />

die ursprünglich <strong>und</strong> ausschließlich als<br />

Sonderrechte den Großkirchen eingeräumt<br />

waren. Diese Sonderrechte sind zu einem<br />

großen Teil auf den Firlefanz in den<br />

Großkirchen zugeschnitten: Amtsbezeichnungen,<br />

Titel, Würden, Amtskleidung <strong>und</strong><br />

Amtsabzeichen werden besonders geschützt.<br />

In NRW fehlte bislang die notwendige<br />

Kreativität, diese zugestandenen<br />

Rechte zu nutzen. Die Freistellung von<br />

Gr<strong>und</strong>steuer oder der Erbschafts- <strong>und</strong><br />

Schenkungssteuer hat in den vergangenen<br />

fünf Jahrzehnten keinen bezifferbaren Zugewinn<br />

beschert. Der alljährliche Zuschuss<br />

der Landesregierung wird in etwa durch die<br />

Mietkosten für eine bescheidene Landesgeschäftsstelle<br />

aufgezehrt. Landeszuschüsse<br />

sind an sich nicht von Körperschaftsrechten<br />

abhängig. Es erhalten andere gemeinnützige<br />

<strong>und</strong> mildtätige Organisationen in NRW<br />

ein Mehrfaches.<br />

Immerhin – der Landesverband NRW<br />

ist seit 50 Jahren eine Körperschaft des öffentlichen<br />

Rechts. Das ist völlig korrekt. Es<br />

bleibt jetzt abzuwarten, wie die derzeitige<br />

Schulministerin auf den Antrag zur Erteilung<br />

von Humanistischem Unterricht in öffentlichen<br />

Schulen reagiert. ●<br />

3/2006 11


Wiebke Berking<br />

Wegbereiterinnen<br />

des modernen<br />

<strong>Humanismus</strong><br />

Berlin – Lebensläufe <strong>und</strong> Weltsichten von<br />

Frauen, die die Vielstimmigkeit eines humanistischen<br />

Frauenkanons ausmachen können,<br />

standen im Mittelpunkt eines Wochenendseminars<br />

der Berliner Frauengruppe im<br />

HVD.<br />

■ „Was ist ein Kanon?“ fragt uns die Referentin.<br />

Ist doch klar, denken wir, ein vielstimmiger<br />

Gesang, der bei guter Anleitung<br />

wohlig in den Ohren klingt. „Ja“, sagt die<br />

Referentin, „das ist es auch, aber Vielstimmigkeit<br />

gibt es nicht nur in der Musik.“<br />

„Wir“, das sind acht Frauen, die im Juni an<br />

einem Wochenendseminar der Frauengruppe<br />

des HVD Berlin teilnehmen. Unter<br />

der Leitung von Heike Weinbach verbringen<br />

wir produktive <strong>und</strong> schöne St<strong>und</strong>en<br />

bei herrlichem Wetter in dem kleinen<br />

Ort Reichenow, ca. 60 km nördlich von<br />

Berlin.<br />

12<br />

3/2006<br />

Der Kanon, von dem hier eigentlich die<br />

Rede ist, meint die Zusammenstellung von<br />

Schriften, welche die Lebensauffassung einer<br />

bestimmten Gruppe möglichst umfassend<br />

widerspiegelt. Wir diskutieren die von<br />

Heike Weinbach eingebrachten Thesen.<br />

Wir brauchen einen humanistischen Kanon<br />

für ein humanistisches Selbstverständnis.<br />

Dieser These können wir alle zustimmen,<br />

zumal es hier schon etliche Veröffentlichungen<br />

<strong>und</strong> Diskussionen gibt:<br />

– Ein humanistischer Kanon darf niemanden<br />

ausschließen, er muss gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

ein offenes Projekt sein.<br />

– Ein humanistischer Kanon soll nur die<br />

einschließen, die ein materialistisches/<br />

atheistisches Weltbild haben.<br />

– Der humanistische Kanon soll von denjenigen<br />

herstellt werden, die sich akademisch<br />

mit <strong>Humanismus</strong> beschäftigen.<br />

Diese Thesen forderten Widerspruch<br />

heraus <strong>und</strong> führten uns zu der These, die<br />

uns an diesem Wochenende hauptsächlich<br />

beschäftigte: Wir brauchen einen humanistischen<br />

Frauenkanon!<br />

Die Zustimmung zu dieser Aussage können<br />

wir mit der hinreichend bekannten,<br />

aber immer wieder bitteren Erfahrung begründen,<br />

dass Frauen, die in der Geschich-<br />

te ihrer Zeit eine Rolle gespielt haben, häufig<br />

völlig in Vergessenheit geraten sind.<br />

Außerdem müssen Frauen, zum Teil auch<br />

heute noch, darum kämpfen, dass sie in der<br />

Öffentlichkeit wahrgenommen werden.<br />

Dies gilt auch für deren Veröffentlichungen.<br />

Es ist klar, dass unsere Frauengruppe nur<br />

einen kleinen Beitrag zu diesem Projekt leisten<br />

kann. Wir wollen aber im Laufe der<br />

Zeit Lebensläufe <strong>und</strong> Weltsichten von Frauen<br />

zusammentragen, welche die Vielstimmigkeit<br />

eines humanistischen Frauenkanons<br />

ausmachen können.<br />

An diesem Wochenende beschäftigten<br />

wir uns ausführlich mit vier Wegbereiterinnen<br />

eines modernen <strong>Humanismus</strong>. Emma<br />

Goldmann (1869-1940), Emma Ihrer<br />

(1857-1911), Helene Stöcker (1869-1943)<br />

<strong>und</strong> Agnes Wabnitz (1841-1894). Gemeinsam<br />

ist allen vier Frauen, dass sie sich bew<strong>und</strong>ernswert<br />

mutig <strong>und</strong> konsequent für<br />

die Möglichkeit des freien Denkens <strong>und</strong> die<br />

Gestaltung eines selbstbestimmten Lebens<br />

einsetzten. ●<br />

Wiebke Berking ist Lebensk<strong>und</strong>elehrerin beim<br />

HVD Berlin. Die Autorin freut sich über Hinweise<br />

auf weitere wichtige Frauen <strong>und</strong> über die<br />

Bereitschaft zur Mitarbeit an diesem Projekt. Interessenten<br />

können sich an diesseits@humanismus.de<br />

wenden.


■ Diesseits: Die Teilnehmer der B<strong>und</strong>esdelegiertenkonferenz<br />

waren einhellig verw<strong>und</strong>ert,<br />

dass die Kooperationsvereinbarung<br />

mit Jugendweihe Deutschland so<br />

problemlos „über die Bühne ging“. Was<br />

hat Sie bewogen, dem zuzustimmen?<br />

WILFRIED ESTEL: Der Kooperationsvorschlag<br />

geht zurück auf die Initiative des<br />

HVD. Ihr Vorsitzender Dr. Groschopp ist<br />

mit diesem Vorschlag an uns herangetreten.<br />

Unser Präsidium hat dazu beraten <strong>und</strong> ist zu<br />

der einhelligen Meinung gelangt, dass eine<br />

kooperative Zusammenarbeit mit dem<br />

HVD ausgebaut werden soll. Das liegt nahe,<br />

weil wir ja gemeinsame Betätigungsfelder<br />

haben, die Jugendweihe bzw. Jugendfeier<br />

<strong>und</strong> die offene Jugendarbeit. In diesem Bereich<br />

ist es in der Vergangenheit bekanntermaßen<br />

zu bestimmten Kontroversen gekommen,<br />

konkret in Berlin <strong>und</strong> auch in<br />

Sachsen/Anhalt. Das wollen wir abstellen.<br />

Wir müssen miteinander <strong>und</strong> nicht gegeneinander<br />

arbeiten, wenn uns das Ziel, etwas<br />

für Jugendliche zu tun, wirklich am Herzen<br />

liegt.<br />

Mussten Sie dabei viele Widerstände aus<br />

den eigenen Reihen überwinden?<br />

Widerstände hat es so eigentlich nicht<br />

gegeben, außer im Land Berlin/Brandenburg.<br />

Die Vertreter der Jugendweihe dort<br />

haben ein sehr gespaltenes Verhältnis zum<br />

HVD <strong>und</strong> lehnen es ab, hier eine kooperative<br />

Zusammenarbeit aufzubauen. Im September<br />

wird es beim Berliner <strong>Verband</strong> eine<br />

große Mitgliederversammlung geben, wir<br />

müssen abwarten, was dort beschlossen<br />

wird.<br />

Vielleicht wäre ein erster Schritt in die<br />

richtige Richtung eine Überarbeitung der<br />

Website der Jugendweihe Berlin/Brandenburg(www.jugendweihe-berlin-brandenburg.de)?<br />

Dort wird der HVD in einer<br />

Weise vorgestellt, die nicht unbedingt als<br />

fair zu bezeichnen ist.<br />

Die Jugendweihe Deutschland e.V. hat<br />

nicht den Einfluss, von „oben herab“ eine<br />

Korrektur zu fordern. Jeder Mitgliedsverband<br />

bei uns setzt sich eigenständig seine<br />

FORUM<br />

Ein Schritt in die richtige Richtung<br />

Auf der B<strong>und</strong>esdelegiertenkonferenz Anfang Mai in Hannover beschlossen der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> <strong>und</strong> die Interessenorganisation Jugendweihe Deutschland für die Zukunft eine<br />

kooperative Zusammenarbeit. Erster Meilenstein auf diesem Weg wird der Humanistentag<br />

am 22. bis 24. September in Hamburg sein. Über seine Erwartungen an dieses Treffen<br />

sprach Patricia Block mit Wilfried Estel, Präsident der Jugendweihe Deutschland.<br />

Ziele <strong>und</strong> legt seine Inhalte selbst fest. Aber<br />

es ist klar, dass diese Veröffentlichung uns<br />

nicht gut tut <strong>und</strong> so nicht gemacht werden<br />

sollte.<br />

Auf der Delegiertenkonferenz im Mai ist<br />

ja durch den HVD beschlossen worden,<br />

dass, falls es Streitigkeiten zwischen HVD<br />

<strong>und</strong> Jugendweihe gibt, den beiden Vorsitzenden<br />

die Rolle eines Schlichters zukommt<br />

<strong>und</strong> diese die Probleme intern besprechen.<br />

Da sind wir dran.<br />

Wie könnte eine gelungene Zusammenarbeit<br />

konkret aussehen?<br />

Das ist im Moment noch etwas schwierig,<br />

da wir gemeinsam noch keine konkreten<br />

Schwerpunkte gesetzt haben. Der Humanistentag<br />

wird ein erstes Treffen beider<br />

Verbände sein, wo Funktionäre <strong>und</strong> Mitglieder<br />

miteinander sprechen können. Die<br />

Organisation dieser Veranstaltung ist schon<br />

ein ganz konkretes Vorhaben. Dort wird es<br />

Gelegenheit geben, feste Vereinbarungen in<br />

die Wege zu leiten.<br />

Und es darf nicht bei einem solchen<br />

Treffen bleiben.<br />

Welche Erwartungen haben Sie an den<br />

Humanistentag, der im September in<br />

Hamburg erstmals beide Verbände gemeinsam<br />

tagen lässt?<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollten wir die Erwartungen<br />

nicht zu hoch schrauben. Ich weiß, dass<br />

es auch in den Reihen des HVD hie <strong>und</strong> da<br />

Kritiker gegen die Jugendweihe e.V. gibt.<br />

Wenn wir jetzt erstmals intensiv miteinander<br />

reden, ist das schon ein großer Erfolg.<br />

Daraus resultierend können wir dann die<br />

nächsten Dinge gemeinsam ableiten. Meine<br />

persönlichen Erwartungen: Wir müssen uns<br />

kennenlernen, ein vernünftiges Verhältnis<br />

zueinander aufbauen, wir müssen uns an einen<br />

Tisch setzen <strong>und</strong> miteinander reden,<br />

das ist zunächst das Allerwichtigste. Vor al-<br />

lem die Gespräche am Rande sind ja oft die<br />

entscheidenden Impulsgeber.<br />

Auf Ihrer Website werben Sie für weltliche<br />

humanistische Lebensabschnittsfeiern,<br />

sichern jedoch Ihren K<strong>und</strong>en weltanschauliche<br />

Neutralität zu. Ist das nicht<br />

ein Widerspruch?<br />

Ein Außenstehender mag das als Widerspruch<br />

sehen. Ich sehe dort keinen. In unserer<br />

Satzung steht, dass wir weltanschaulicher<br />

Neutralität verpflichtet sind, wir sind<br />

offen für alles. Es gibt in einzelnen Landesverbänden<br />

jedoch erste Gespräche darüber,<br />

dass die Jugendweihe sich doch als atheistisches<br />

Angebot outen sollte.<br />

In Mecklenburg-Vorpommern wird bald<br />

ein neuer Landesverband des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es <strong>Deutschlands</strong> gegründet<br />

– Wäre das ein Betätigungsfeld für Sie?<br />

Da ich Präsident des Landesverbandes<br />

Jugendweihe in Mecklenburg-Vorpommern<br />

<strong>und</strong> Präsident des B<strong>und</strong>esverbandes<br />

bin, wäre mir persönlich das zuviel. Ich<br />

möchte kein Multifunktionär werden, ich<br />

mache lieber eines richtig. Trotzdem bin ich<br />

gern bereit bei bestimmten Dingen mitzuarbeiten.<br />

Fakt ist, dass wir gemeinsam mit<br />

dem HVD die Gründung des HVD Mecklenburg-Vorpommern<br />

vorbereitet haben.<br />

Wir sind da mit im Boot, das finde ich gut,<br />

<strong>und</strong> wir haben dort auch schon gemeinsame<br />

Betätigungsfelder abgesteckt. ●<br />

Jugend, Schule, <strong>Humanismus</strong><br />

Humanistentag in Hamburg 2006<br />

Am 22./23. September findet im Kulturhaus<br />

Hamburg-Berne ein Treffen humanistischer<br />

Verbände statt. Programm<br />

<strong>und</strong> weitere Informationen siehe diesseits<br />

74, S. 2.<br />

3/2006 13


Zwischenruf<br />

■ Karl-Heinz Gerstner war einer der wenigen<br />

populären Journalisten der DDR.<br />

Gerade weil er sich für die Idee des Sozialismus<br />

engagierte, schrieb er kritisch <strong>und</strong><br />

bürgernah. Um den christlichen Sonntagspredigten<br />

Konkurrenz zu machen, kreierte<br />

der promovierte Jurist 1955 seine 11-Uhr-<br />

Sonntagsbetrachtung. Er hielt diese zehnminütige<br />

„Predigt“ 33 Jahre durch. Sie entwickelte<br />

sich zur meistgehörten Wortsendung<br />

von Radio DDR, mit bis zu fünf Millionen<br />

Hörern jeden Sonntag. Im Laufe<br />

der Jahre gingen etwa 40.000 Hörerbriefe<br />

ein, in denen meist Missstände benannt<br />

14<br />

3/2006<br />

<strong>und</strong> Verbesserungsvorschläge unterbreitet<br />

wurden. Das waren Zeugnisse realer Probleme<br />

<strong>und</strong> Denkweisen in der DDR, die<br />

nach der Wende, bei der Verlagerung des<br />

R<strong>und</strong>funkarchivs, aus Platzgründen weitgehend<br />

vernichtet wurden.<br />

Die Sendung hatte das Motto: „Sachlich,<br />

kritisch <strong>und</strong> optimistisch“. Unter diesem<br />

Titel erschienen 1999 auch die Lebenserinnerungen<br />

von Gerstner. Über<br />

Kindheit <strong>und</strong> Jugend in der Weimarer Republik,<br />

mit einem einjährigen Aufenthalt<br />

an einem amerikanischen College 1928,<br />

erfährt man von seiner Zeit als Referendar<br />

an der Pariser Handelskammer, von wo er<br />

in untergeordneter Position als wissenschaftlicher<br />

Hilfsarbeiter an die Wirt-<br />

schaftsabteilung der deutschen Botschaft<br />

im besetzten Paris gelangte. Helfen konnte<br />

er Verfolgten von hier aus nicht nur<br />

durch das Ausstellen von h<strong>und</strong>erten Passierscheinen<br />

ins unbesetzte Gebiet, sondern<br />

durch Weitergabe von Informationen<br />

an die Résistance, die durch die Vermittlung<br />

des damaligen US-Generalkonsuls<br />

Fullerton nach London <strong>und</strong> New York<br />

weitergeleitet wurden.<br />

Der bekennende Atheist Karl-Heinz<br />

Gerstner, der im Dezember vorigen Jahres<br />

93-jährig verstarb, hatte beim Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong> eine Patientenverfügung<br />

abgeschlossen. Seinen letzten Text hat er<br />

bewusst für die Zeitschrift „diesseits“ geschrieben.


Karl-Heinz Gerstner<br />

■ Die Bibel vermittelt ein Menschenbild,<br />

als seien wir nur Ton in des<br />

Töpfers Hand. Sein Schicksal der Vorsehung<br />

zu entziehen <strong>und</strong> selbst in die<br />

Hand zu nehmen, galt nicht nur als<br />

unnötig, sondern auch als ungehörig.<br />

Deshalb „sollen die Gottlosen zuschanden<br />

werden“, denn sie sind boshaft <strong>und</strong><br />

unbarmherzig. Diese Intoleranz Nichtgläubigen<br />

gegenüber hat viel Unheil in<br />

die Welt gebracht. Gleichzeitig wurden<br />

die lebensweisen Passagen der Bibel gern<br />

übersehen. So heißt es im Römerbrief<br />

(2,14), die Heiden hätten zwar kein geschriebenes<br />

Gesetz, dennoch täten sie<br />

„oft aus natürlichem Empfinden heraus,<br />

was es verlangt. So sind sie sich gleichsam<br />

selbst ein Gesetz geworden“.<br />

In der Tat, die Menschen kämpfen seit<br />

Jahrh<strong>und</strong>erten um wachsenden Einfluss<br />

auf die Gestaltung ihres Lebens. In der<br />

Neuzeit wurde der Paragraf 218 zum<br />

Symbol dieses Kampfes. Ich besuchte als<br />

Primaner das Theaterstück „Zyankali“<br />

von Friedrich Wolf <strong>und</strong> bin seither ein<br />

Verfechter des legalen Schwangerschaftsabbruchs.<br />

Den übrigens schon die alten<br />

Griechen <strong>und</strong> Römer gekannt haben sollen.<br />

Durch Verhütung <strong>und</strong> den gesetzlich<br />

zugelassenen Abbruch ist das Leben der<br />

Frauen freier geworden. Für sie ist jedes<br />

Kind ein Wunschkind.<br />

Inzwischen wünschen sich manche allerdings<br />

perfekt modellierte Kinder. In-<br />

Vitro-Befruchtung, Gen-Module – die<br />

sogenannte positive Eugenik greift in das<br />

Selbstverständnis der programmierten<br />

Person ein, was das Gegenteil von Selbstbestimmung<br />

ist. Ein besonders kühner<br />

Gedankenflug hielt es sogar für möglich,<br />

dass Frauen wählen können, ob sie ein<br />

Mädchen oder einen Jungen zur Welt<br />

Zwischenruf<br />

Sich selbst das Gesetz sein<br />

bringen werden. Mit der Erkenntnis<br />

wächst die Verantwortung.<br />

Wenn es dagegen gelänge, Stammzellen<br />

zu gewinnen, mit denen schwere<br />

Krankheiten geheilt werden könnten, so<br />

wäre dies Therapie auf eigenen Wunsch.<br />

Das würde die Selbstbestimmung stärken.<br />

Überall in der Welt sind Forscherteams<br />

den Rätseln auf der Spur. Schon<br />

ergaben sich Spekulationen, dass bald<br />

Blinde sehen <strong>und</strong> Taube hören werden.<br />

Neue, mitunter umstrittene Möglichkeiten<br />

auf den eigenen Lebensablauf<br />

Einfluss zu nehmen, können wahr werden.<br />

Solche Perspektiven rufen den Protest<br />

der Kirche hervor, die darin einen Eingriff<br />

in die „göttliche Schöpfungskraft“ sieht.<br />

Letztlich werden Bedenken dem Leidensdruck<br />

der Kranken nicht abhelfen. Die<br />

Forschung zum Wohle der Betroffenen ist<br />

nicht aufzuhalten. Der Einfluss der Wissenschaft<br />

auf den Ablauf unseres Lebens<br />

nimmt zu.<br />

Dass die Menschen dank der Fortschritte<br />

der Medizin immer älter werden,<br />

ist erfreulich, doch das immer länger am<br />

Leben Gehaltenwerden wirft neue Probleme<br />

auf. Auch das Ableben ist ein Teil<br />

des Lebens, über den man selbst bestimmen<br />

will. In Deutschland hat der Humanistische<br />

<strong>Verband</strong> in der schriftlichen Patientenverfügung<br />

die geeignete Organisationsform<br />

für ein schmerzloses <strong>und</strong> würdevolles<br />

Lebensende gef<strong>und</strong>en. In dieser<br />

Frage ist nicht nur die Kirche oft erbitterter<br />

Gegner. Auch staatliche Instanzen befürchten<br />

Missbrauch <strong>und</strong> wettern gegen<br />

die Sterbehilfe. Für diese Auseinandersetzung<br />

ist die Entscheidung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs,<br />

in der die fortgesetzte Lebensverlängerung<br />

entgegen einem erklärten<br />

Behandlungsverzicht unlängst für rechtswidrig<br />

erklärt wird, von größter Wichtigkeit.<br />

Doch der Abbruch von Therapien bei<br />

schwersten Krankheiten geht vielen nicht<br />

weit genug. Sie wünschen aktive Sterbehilfe,<br />

einen Eingriff mit tödlichem Ausgang.<br />

Da in Deutschland nur die passive<br />

Sterbehilfe erlaubt ist, hat die Praxis in<br />

den Niederlanden <strong>und</strong> in der Schweiz, wo<br />

aktive Sterbehilfe nicht nur erlaubt ist,<br />

sondern gefördert wird, zu einem „Sterbehilfe-<br />

Tourismus“ in diese Ländern geführt.<br />

Inzwischen hat die Schweizer Sterbehilfsorganisation<br />

„Dignitas“ eine<br />

Zweigstelle in Hannover eröffnet. Ihr Direktor,<br />

Ludwig Minelli, will „das Recht<br />

auf einen selbstbestimmten Tod auch in<br />

Deutschland durchsetzen“. Das wird einem<br />

größeren Kreis von Menschen den<br />

Ausweg in einen würdevollen, schmerzlosen<br />

Tod ermöglichen.<br />

Noch Anfang dieses Jahrh<strong>und</strong>erts herrschte<br />

uneingeschränkte Verurteilung des<br />

„Selbstmordes“, sowohl in ethischer wie<br />

in strafrechtlicher Beziehung. Heute<br />

möchten immer mehr Menschen das<br />

Selbstbestimmungsrecht, einer unheilbaren<br />

Krankheit, einer unstillbaren Verzweiflung,<br />

nicht wehrlos ausgeliefert zu<br />

sein. Sie wagen wohlüberlegt <strong>und</strong> oft über<br />

einen langen Zeitraum ihre Lebenschancen<br />

mit einem „Freitod“ zu vergleichen.<br />

Von der Geburtenplanung über heilsame<br />

Therapien <strong>und</strong> lebensverlängernde<br />

Herzschrittmacher bis zum lebensverkürzenden<br />

Abschalten der Apparate reicht die<br />

Einmischung in unsere ureigensten Angelegenheiten.<br />

Der Herr hat es gegeben, der<br />

Herr hat es genommen – mitnichten! Wir<br />

werden immer souveräner. Wir sind uns<br />

selbst das Gesetz. ●<br />

3/2006 15


Armin Pfahl-Traughber<br />

■ Derartige Fragen haben angesichts einer<br />

allgemeinen Fußball-Euphorie nur wenige<br />

gestellt. Statt einer abstrahierenden Antwort<br />

darauf zunächst weitere Bilder: die türkische<br />

Gemeinde mit dem Transparent „Wir<br />

unterstützen die deutsche Mannschaft“,<br />

eine junge Asiatin mit der Deutschlandfahne<br />

an ihrem Auto, vier junge Muslima mit<br />

schwarz-rot-gold auf der Wange. Oder als<br />

Stimme aus Berlin Yildiray Bastürk, türkischer<br />

Nationalspieler bei Hertha BSC: „Das<br />

ist doch alles Quatsch. Es ist doch völlig<br />

normal, wenn man für sein Land ist <strong>und</strong><br />

auch eine Fahne schwenkt.“<br />

Stärkt so etwas aber nicht in Deutschland<br />

die Rechtsextremisten? Wohl kaum, hatte<br />

doch die NPD ein anderes Objekt der Verehrung.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Holocaust-Verharmlosung<br />

von Ahmadinedschad solidarisierte<br />

man sich mit der Mannschaft des Iran <strong>und</strong><br />

zeigte deren Flagge. Gleichzeitig hetzten<br />

NPD <strong>und</strong> Neonazis gegen die beiden<br />

schwarzen Spieler der deutschen Nationalmannschaft.<br />

Man hätte sich das entscheidende<br />

Tor im Endspiel von Asamoah gewünscht.<br />

Kaum etwas hätte diese Leute<br />

mehr geärgert. Aber immerhin meint ein<br />

Blatt wie die „Junge Freiheit“: „Neue deutsche<br />

Welle. Die Fußball-WM <strong>und</strong> die unerwartete<br />

Leichtigkeit des nationalen Seins“.<br />

Neue Leichtigkeit<br />

Also noch einmal: Wird hier nicht doch ein<br />

problematisches Nationalgefühl belebt? Die<br />

Antwort auf die Frage fällt ambivalent aus:<br />

16<br />

3/2006<br />

FORUM<br />

Aufgeklärter Patriotismus statt<br />

dumpfer Nationalismus<br />

Reflexionen zu schwarz-rot-gold nach der WM<br />

Die Deutschland-Fahne massenhaft auf Autodächern <strong>und</strong> an Fenstern, schwarz-rot-gold auf<br />

Wangen von Erwachsenen <strong>und</strong> Kindern <strong>und</strong> die Nationalhymne mit Inbrunst gesungen – dieses<br />

Bild prägte Deutschland zur Zeit der Fußballweltmeisterschaft. Droht hier ein neuer Nationalismus?<br />

Darf man das als Deutscher bei dieser Vergangenheit?<br />

Einerseits erklärt sich die Verwendung der<br />

Symbolik doch zu großen Teilen als Ausdruck<br />

der „Deutschland-Party“ („Der Spiegel“).<br />

Und der damit verb<strong>und</strong>ene Event-<br />

Charakter hat nun wenig mit einer neuen<br />

nationalen Identität zu tun. Mit einem alten<br />

Miles Davis-Titel gefragt: So what?<br />

Am Patriotismus muss nicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

etwas Falsches sein. Jetzt bedarf es aber<br />

doch etwas „Politologisch-ideologiekritischem“:<br />

Es handelt sich um eine Form kollektiver<br />

Identität, die mit bestimmter Symbolik<br />

dokumentiert wird. Derartiges lässt<br />

sich nur selten rational begründen, kann<br />

mitunter aber enorme emotionale Bedeutung<br />

annehmen. Insofern ist so etwas auch<br />

sozial relevant! Nationalgefühl <strong>und</strong> Patriotismus<br />

gelten daher auch als „Leerformeln“<br />

(Ernst Topitsch), welche unterschiedlich<br />

gefüllt werden können. Und dies dürfte<br />

dann auch der entscheidende Punkt sein:<br />

Es gibt in diesem Land viel zu kritisieren,<br />

aber in der historischen Rückschau lebten<br />

wir noch nie in einer so freien <strong>und</strong> stabilen<br />

Gesellschaftsordnung. Gr<strong>und</strong>rechte <strong>und</strong><br />

Pluralismus prägen sie als Werte <strong>und</strong> verdienen<br />

ein verfassungspatriotisches Bekenntnis.<br />

Man kann so eben auch in deren<br />

Namen gegen kritikwürdige Zustände protestieren.<br />

Die schwarze Bürgerrechtsbewe-<br />

gung in den USA der 1960er-Jahre demonstrierte<br />

mit dem Sternenbanner. Warum<br />

auch nicht?<br />

Als Problemlösung ungeeignet<br />

So unproblematisch ein solcher weltoffener<br />

Patriotismus demokratietheoretisch ist, er<br />

löst allein kein relevantes gesellschaftliches<br />

<strong>und</strong> politisches Problem. Es entstehen dadurch<br />

keine neuen Arbeitsplätze, die Bildungsproblematik<br />

wird so nicht überw<strong>und</strong>en,<br />

die sozialen Krisen bleiben bestehen.<br />

Vielleicht leistet aber der Fußball-Patriotismus<br />

einen Beitrag zur Integrationspolitik,<br />

viele Migranten sind hier in den letzten Monaten<br />

mit ihrem Bekenntnis in Führung gegangen...<br />

Auch zur Bekämpfung des Rechtsextremismus<br />

kann nationale Symbolik dienen.<br />

Schwarz-rot-gold waren <strong>und</strong> sind die<br />

Farben der Republik, nicht von Kaiserreich<br />

<strong>und</strong> Führerstaat. Warum nicht eine Demonstration<br />

gegen NPD <strong>und</strong> Neonazis mit<br />

dieser Fahne <strong>und</strong> der Parole „Ihr seid keine<br />

Patrioten, ihr seid eine Schande für unser<br />

Land“. ●<br />

Dr. Armin Pfahl-Traughber ist Professor an der<br />

Fachhochschule des B<strong>und</strong>es für öffentliche Verwaltung.<br />

Arbeitsschwerpunkte: Antisemitismus,<br />

Extremismus, Politische Ideengeschichte, Religion,<br />

Totalitarismus.


Susanne Jahn<br />

■ <strong>Fantasy</strong>-Lesern wird häufig vorgeworfen,<br />

dass sie auf der Flucht vor der Wirklichkeit<br />

sind. Eine Wirklichkeit, die im schlimmsten<br />

Fall erlebt wird als unübersichtlich, ungerecht,<br />

unverständlich, bestimmt von einer<br />

Logik, die auf den Einzelnen keine Rücksicht<br />

nimmt.<br />

Eine gute <strong>Fantasy</strong>-Geschichte nimmt<br />

den Leser mit in eine andere Welt mit ihren<br />

eigenen Bewohnern, ihrer eigenen Geografie,<br />

mit eigener Kultur <strong>und</strong> Mythologie. Die<br />

Existenz von Magie gehört zu jeder dieser<br />

Welten. Sie hat die Aufgabe, Unbekanntes,<br />

wie „unrealistische“ Ereignisse, Fabelwesen<br />

oder übersinnliche Fähigkeiten zu erklären.<br />

Dabei kann sich der Leser immer darauf<br />

verlassen: Was geschieht, geschieht mit der<br />

der anderen Welt eigenen Logik <strong>und</strong> Notwendigkeit,<br />

es ist verständlich <strong>und</strong> nachvollziehbar.<br />

Weltenrettung leicht gemacht<br />

In der <strong>Fantasy</strong>-Welt tobt ständig der Kampf<br />

zwischen Gut <strong>und</strong> Böse. Und damit bietet<br />

sie Raum für alles, was die Literaturgattungen<br />

hergeben: Liebe, Intrige <strong>und</strong> Mord,<br />

Humor <strong>und</strong> Satire, Gesellschaftskritik,<br />

Sinnsuche. Der Leser begleitet die Hauptfigur<br />

zumeist während ihrer Entwicklung<br />

vom „tumben Tor“ à la Parzival zum erwachsenen,<br />

reifen Menschen, der gelernt<br />

hat, Entscheidungen nach ethischen <strong>und</strong><br />

moralischen Gr<strong>und</strong>sätzen zu treffen. So<br />

kann die Hauptfigur dem Gutem zum Sieg<br />

verhelfen <strong>und</strong> die Welt retten.<br />

TITEL<br />

<strong>Fantasy</strong> <strong>und</strong> <strong>Humanismus</strong> – oder:<br />

Wie kommt der Drache ins diesseits?<br />

Lesen Sie auch gerne <strong>Fantasy</strong>-Literatur? All diese Geschichten von Elfen, Feen, Zwergen,<br />

Trollen <strong>und</strong> Drachen, in denen sich die bekannte Welt mit Fantastischem mischt? Mit einer<br />

rationalen Weltsicht haben diese Figuren natürlich nichts zu tun. Und werden Sie auch immer<br />

wieder gefragt, warum Sie denn Kinderbücher lesen? Viele der Bücher, die sich in den<br />

letzten Jahren als Bestseller erwiesen, erschienen im Bereich der Kinder- <strong>und</strong> Jugendbücher,<br />

aber egal ob Harry Potter, Herr der Ringe oder Tintenblut, die Verkaufszahlen sind<br />

nur durch eine große Menge an erwachsenen Lesen zu erklären.<br />

Susanne Jahn macht sich auf die Suche nach dem Geheimnis dieser Geschichten.<br />

Was erzählt wird ist dem Leser fremd –<br />

spielt es doch in einer eigenen Welt – <strong>und</strong><br />

zugleich vertraut. Denn <strong>Fantasy</strong> ist nicht<br />

nur immer ein Konglomerat aller bislang<br />

geschriebenen <strong>Fantasy</strong>-Geschichten von<br />

Gulliver über Alice im W<strong>und</strong>erland bis zum<br />

Herrn der Ringe, sie verwendet auch Archetypen,<br />

wie sie aus Märchen <strong>und</strong> Mythen<br />

bekannt sind. Dem Psychologen C. G. Jung<br />

zufolge spiegeln Archetypen gewisse Gr<strong>und</strong>muster<br />

<strong>und</strong> -strukturen des menschlichen<br />

Seelenlebens wider. Und für den Religionswissenschaftler<br />

Mircea Eliade hatten Mythen<br />

<strong>und</strong> Märchen die Funktion, exemplarische<br />

Modelle für alle menschlichen Riten<br />

<strong>und</strong> alle bedeutenden menschlichen Tätigkeiten<br />

zu entwickeln, ob es sich nun um<br />

Speisevorschriften, Erziehung, Arbeit,<br />

Kunst oder Welterklärung handelte. Dabei<br />

wird das Besondere mit dem Allgemeinen<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

Als Beispiel soll der Mythos von Persephone<br />

dienen. Die Tochter von Göttervater<br />

Zeus <strong>und</strong> der Fruchtbarkeitsgöttin Demeter<br />

wurde von Hades, dem Herrscher<br />

der Unterwelt, entführt <strong>und</strong> zur Ehe gezwungen.<br />

Der Unterwelt kann Persephone<br />

nicht mehr entkommen, doch gestattet ihr<br />

Zeus, zwei Drittel des Jahres in der Oberwelt<br />

zu verbringen. Bei ihrem Erscheinen<br />

feiert Demeter ein großes Fest <strong>und</strong> die<br />

Erde, die mit der Mutter trauerte, grünt<br />

<strong>und</strong> blüht. Es ist die persönliche <strong>und</strong> individuelle<br />

Anwesenheit der Persephone, die<br />

den Frühling hervorruft, einen ganz bestimmten<br />

Frühling mit bestimmten Blumen<br />

<strong>und</strong> Tieren. Und zugleich ist es der<br />

Frühling an sich, dessen jährliche Wiederkehr<br />

so seine Erklärung findet.<br />

Es ist das Typische von Mythen, dass sich<br />

ein singuläres Ereignis beständig wiederholt.<br />

Naturgesetze verkörpern das Allgemeine.<br />

Mythisches Denken verschmilzt das Allgemeine<br />

mit dem Besonderen. In den Naturgesetzen<br />

erscheint das Besondere als Variable.<br />

Diese Variablen werden in eine funktionale<br />

Beziehung zueinander gesetzt; die<br />

Naturgesetze regeln die Veränderungen <strong>und</strong><br />

die Beziehungen von Gegenständen untereinander.<br />

Die Gegenstände sind bestimmte<br />

Elemente eines gegebenen Bereiches, in welche<br />

dieser Bereich vorher analytisch zerlegt<br />

wurde. Der Mythos hingegen ist eine ganzheitliche<br />

Gestalt, er lässt sich nicht erklären<br />

<strong>und</strong> nicht reduzieren, er ist seine eigene Erklärung.<br />

Mit diesem Wirkmechanismus von Mythen<br />

<strong>und</strong> Archetypen lässt sich vielleicht<br />

auch Faszination <strong>und</strong> Erfolg von <strong>Fantasy</strong>-<br />

Literatur erklären: Wir erleben die Welt zunehmend<br />

in Bruchstücken, mehr Wissen<br />

führt den Wissenschaftslaien nicht zu mehr<br />

Erkenntnis. Das Wissen hilft vor allem<br />

nicht bei der Suche nach Sinn, danach „was<br />

die Welt im Innersten zusammenhält“<br />

[Goethe: Faust I, Vers 382 f.]. Dass der Sinn<br />

von Leben „leben“ ist, ist nicht leicht zu akzeptieren<br />

<strong>und</strong> viele flüchten vor dieser Erkenntnis.<br />

Sie flüchten vielleicht auch in die<br />

Welt der <strong>Fantasy</strong>-Literatur, die mit ihren<br />

Weltentwürfen von Bestimmung <strong>und</strong><br />

Schicksal Sicherheit <strong>und</strong> Sinn zu gewähren<br />

scheint. Diese Weltentwürfe nehmen ihren<br />

Figuren aber auch die Chance der individuellen<br />

Freiheit <strong>und</strong> des selbstverantwortlichen<br />

Handelns.<br />

<strong>Fantasy</strong>-Literatur bietet sowohl die Möglichkeit<br />

zur Flucht aus der ach so kompli-<br />

3/2006 17


zierten Welt als auch die Möglichkeit zur<br />

Reflexion darüber, ob denn ein vorbestimmtes<br />

Leben – wenn es ein solches gäbe<br />

– wirklich eine wünschenswerte Alternative<br />

wäre.<br />

Sinngebung als höchstes Ziel<br />

Es gibt aber auch <strong>Fantasy</strong>-Literatur, die<br />

den Leser damit konfrontiert, dass die eigene<br />

Sinngebung das höchste ist, was der<br />

Einzelne erlangen kann. Markantes Beispiel<br />

dafür sind die beiden Romane des<br />

jungen Autors Christopher Paolini um<br />

Eragon, den Drachenreiter. Den ersten<br />

Band seiner Trilogie „Eragon – Vermächtnis<br />

der Drachenreiter“ schrieb Paolini mit<br />

15 Jahren, bei Erscheinen des zweiten Bandes<br />

„Eragon – Der Auftrag des Ältesten“<br />

war der Autor 21.<br />

Eragon handelt vom Kampf zwischen<br />

Gut <strong>und</strong> Böse. Der junge Eragon findet einen<br />

Stein, aus dem die Drachendame Saphira<br />

schlüpft, er besitzt zudem einen Mantel<br />

der legendären Drachenreiter, die einst<br />

für Frieden sorgten im Land Alagaësia. Die<br />

Drachenreiter gelten jedoch als Mythos <strong>und</strong><br />

Eragon muss den Weg zu seiner Bestimmung<br />

finden, denn der Frieden <strong>und</strong> das<br />

ganze Land sind bedroht durch die Herrschaft<br />

des tyrannischen Königs Galbatorix.<br />

Auch Eragon kann man als Entwicklungsroman<br />

lesen à la Goethes „Wilhelm Meister“,<br />

nur dass Eragon seine Erfahrungen<br />

nicht im Europa des ausgehenden 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

sammelt, sondern im Land Alagaësia,<br />

das auch von Zwergen <strong>und</strong> Elfen bewohnt<br />

wird. Eragon wächst auf bei den<br />

Menschen <strong>und</strong> auch sein erster Lehrer ist ein<br />

Mensch. Anschließend kommt er zu den<br />

Zwergen, wo seine Ausbildung als Drachenreiter<br />

fortgesetzt wird. Die Zwerge sind<br />

ein altes Volk mit festen Regeln, Riten <strong>und</strong><br />

einem fest strukturierten Glaubenssystem.<br />

Das älteste <strong>und</strong> vornehmste Volk ist das<br />

Volk der Elfen, zu denen Eragon im zweiten<br />

Band geführt wird. Bei den Elfen soll<br />

Eragon seine Ausbildung als Drachenreiter<br />

vollenden, sein Lehrer ist der Älteste Oromis.<br />

Ihn fragt Eragon nach der Glaubenswelt<br />

der Elfen, die Antwort, die er erhält, ist<br />

die eines Humanisten.<br />

Kinderliteratur, noch dazu aus den Bestsellerlisten,<br />

die sich so direkt an humanistischem Gedankengut<br />

orientiert, ist rar. Falls Sie, liebe Leser,<br />

ähnliche Texte empfehlen können, teilen Sie<br />

uns diese bitte mit: diesseits@humanismus.de<br />

oder 030-61390441.<br />

18<br />

3/2006<br />

»<br />

Neun Tage später trat Eragon<br />

vor Oromis <strong>und</strong> sagte: „Meister,<br />

gestern Abend ist mir bewusst<br />

geworden, dass in den<br />

h<strong>und</strong>erten von elfischen<br />

Schriftrollen, die ich gelesen habe, nichts<br />

über Eure Religion steht. Woran glauben<br />

die Elfen eigentlich?“<br />

Oromis’ erste Antwort war ein lang gezogenes<br />

Seufzen, dann sagte er: „Wir glauben,<br />

dass der Lauf der Welt unveränderlichen<br />

Gesetzmäßigkeiten folgt <strong>und</strong> dass wir<br />

diese Gesetzmäßigkeiten aufspüren <strong>und</strong><br />

nutzen können, um Ereignisse vorherzusagen,<br />

wenn bestimmte Umstände sich wiederholen.“<br />

Eragon blinzelte. Das war nicht, was er<br />

wissen wollte. „Aber wen oder was betet Ihr<br />

an?“<br />

„Nichts.“<br />

„Ihr betet das Nichts an?“<br />

„Nein, Eragon, wir haben keine Religion.<br />

Wir beten nichts <strong>und</strong> niemanden an.“<br />

Der Gedanke war ihm so fremd, dass<br />

Eragon eine Weile brauchte, um zu begreifen,<br />

was Oromis meinte. Die Menschen in<br />

Carvahall (der Ort, in dem Eragon aufge-<br />

wachsen ist, d. Red.) hatten zwar keine vorherrschende<br />

Glaubensdoktrin, aber immerhin<br />

gewisse abergläubische Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Rituale gehabt, bei denen es überwiegend<br />

darum ging, Unglück fern zu halten.<br />

Während seiner Ausbildung war Eragon<br />

klar geworden, dass viele der Phänomene,<br />

die die Dorfbewohner übernatürlichen<br />

Kräften zuschrieben, in Wirklichkeit ganz<br />

natürliche Vorgänge waren. Zum Beispiel<br />

wusste er jetzt, dass Maden aus Fliegeneiern<br />

schlüpften <strong>und</strong> nicht einfach aus dem Boden<br />

gekrochen kamen, wie er bis dahin geglaubt<br />

hatte. Auch fand er es unsinnig, Opfergaben<br />

darzubringen, damit die Naturgeister<br />

nicht die Milch sauer werden ließen,<br />

denn er wusste nun, dass saure Milch durch<br />

die Vermehrung winziger Organismen in<br />

der Flüssigkeit erstand. Trotzdem war Eragon<br />

nach wie vor davon überzeugt, dass<br />

überirdische Kräfte auf geheimnisvolle Weise<br />

den Lauf der Welt beeinflussten. Besonders<br />

der Glaube der Zwerge hatte ihn in dieser<br />

Annahme bestärkt. „Wie ist dann die<br />

Welt entstanden, wenn sie nicht von den<br />

Göttern erschaffen wurde?“<br />

„Von welchen Göttern, Eragon?“


„Von Euren Göttern, von denen der<br />

Zwerge oder von unseren... irgendjemand<br />

muss die Welt doch erschaffen haben.“<br />

Oromis hob eine Augenbraue. „Ich bin<br />

nicht unbedingt deiner Meinung, Eragon.<br />

Aber wie dem auch sei, ich kann nicht beweisen,<br />

dass es keine Götter gibt. Ich kann<br />

auch nicht beweisen, dass die Welt in ferner<br />

Vergangenheit nicht von einer oder mehreren<br />

Wesenheiten erschaffen worden ist.<br />

Aber ich kann dir sagen, dass in den Jahrtausenden,<br />

in denen wir die Natur studiert<br />

haben, kein einziges Mal etwas geschehen<br />

ist, das nicht mit den Naturgesetzen im Einklang<br />

stand. Anders gesagt, wir haben kein<br />

einziges W<strong>und</strong>er gesehen. Wir können viele<br />

Ereignisse nicht erklären, aber wir sind davon<br />

überzeugt, dass dies an unserem lückenhaften<br />

Wissen liegt <strong>und</strong> nicht daran, dass irgendeine<br />

abstrakte Gottheit die Naturgesetze<br />

verändert hat.“<br />

„Das müsste ein Gott auch gar nicht tun,<br />

um seinen Willen durchzusetzen“, sagte<br />

Eragon. „Er könnte sich innerhalb der bereits<br />

existierenden Gesetzmäßigkeiten bewegen.<br />

Er könnte Magie gebrauchen, um<br />

bestimmte Ereignisse zu beeinflussen.“<br />

Oromis lächelte. „Das stimmt. Aber<br />

überleg einmal, Eragon: Wenn es Götter<br />

gibt, haben sie dann gut über Alagaesia gewacht?<br />

Tod, Krankheiten, Armut, Tyrannei<br />

<strong>und</strong> zahllose andere Plagen suchen das Land<br />

heim. Falls dies das Werk göttlicher Wesen<br />

sein soll, dann müsste man sich gegen sie<br />

auflehnen <strong>und</strong> sie stürzen, statt sie anzubeten<br />

<strong>und</strong> zu verehren.“<br />

„Die Zwerge glauben –“<br />

„Genau! Die Zwerge glauben. Wenn es<br />

um bestimmte Dinge geht, vertrauen sie lieber<br />

ihrem Glauben als der Vernunft. Es ist<br />

weithin bekannt, dass sie bestimmte bewiesene<br />

Tatsachen ignorieren, die nicht im Einklang<br />

mit ihrem Weltbild stehen.“<br />

„Zum Beispiel?“, fragte Eragon.<br />

„Die Zwergenpriester führen Korallen<br />

als Beweis dafür an, dass Steine lebendig<br />

sind <strong>und</strong> wachsen können, <strong>und</strong> dies bestärkt<br />

sie in ihrem Glauben, dass Helvzog<br />

das Volk der Zwerge aus Granit geschaffen<br />

hat. Aber wir Elfen haben herausgef<strong>und</strong>en,<br />

dass eine Koralle in Wahrheit ein Außenskelett<br />

ist, das aus den Ausscheidungen winziger<br />

Tiere besteht, die in der Koralle leben.<br />

Jeder erfahrene Magier kann diese Tiere<br />

wahrnehmen, wenn er seinen Geist öffnet.<br />

Wir haben dies den Zwergen erklärt, aber<br />

sie taten es ab <strong>und</strong> behaupteten vielmehr,<br />

die von uns aufgespürten Tiere würden in<br />

jeder Art von Gestein leben. Allerdings sind<br />

ihre Priester bisher die Einzigen, die meinen,<br />

in Landsteinen Leben aufgespürt zu<br />

haben.“<br />

Eragon starrte eine Weile aus dem Fenster<br />

<strong>und</strong> dachte über Oromis’ Worte nach.<br />

„Dann glaubt ihr also auch nicht an ein Leben<br />

nach dem Tod.“<br />

„Du weißt doch, was Glaedr (Oromis’<br />

Drache, er sagt auf S. 528: „Jeder stirbt für sich<br />

allein, Eragon. Ob man nun König ist oder<br />

Bettler... Niemand kann einen in die große<br />

Leere begleiten.“ d. Red.) dazu gesagt hat.“<br />

„Und an Götter glaubt ihr auch nicht.“<br />

„Wir glauben nur an Dinge <strong>und</strong> Zustände,<br />

deren Existenz wir beweisen können. Da<br />

wir keinen Beleg für die Existenz von Göttern,<br />

W<strong>und</strong>ern <strong>und</strong> anderen übernatürlichen<br />

Erscheinungen haben, machen wir uns<br />

keine Gedanken darüber. Dies würde sich<br />

erst ändern, wenn Helvzog sich uns zeigen<br />

würde. Dann würden wir unsere Meinung<br />

vermutlich überdenken.“<br />

„Eine Welt ohne Glauben scheint mir<br />

eine kalte Welt zu sein.“<br />

„Im Gegenteil“, sagte Oromis, „es ist eine<br />

bessere Welt. Sie ist ein Ort, wo wir für unsere<br />

Taten verantwortlich sind, wo wir gut<br />

zueinander sein können, weil wir es so<br />

möchten <strong>und</strong> weil es das Richtige ist, anstatt<br />

uns durch die Androhung einer göttlichen<br />

Strafe ein bestimmtes Verhalten aufzwingen<br />

zu lassen. Ich sage dir nicht, was du<br />

glauben sollst, Eragon. Es ist besser, wenn<br />

man lernt, kritisch zu denken, <strong>und</strong> sich<br />

dann eine eigene Meinung bildet, als sich<br />

von anderen bestimmte Sichtweisen aufzwingen<br />

zu lassen. Du hast<br />

mich nach unserer Religion<br />

gefragt <strong>und</strong> ich habe dir ehrlich<br />

geantwortet. Mach daraus,<br />

was du willst.“<br />

»<br />

Aus: Paolini, Christopher: Eragon – Der Auftrag<br />

des Ältesten (= Band 2) : München, 2005, 6.<br />

Auflage – Seiten 640-643.<br />

Wir danken dem cbj-Verlag für die fre<strong>und</strong>liche<br />

Genehmigung zum Abdruck.<br />

3/2006 19


22<br />

Horst Groschopp<br />

Flagge zeigen<br />

Dem <strong>Humanismus</strong> Akzeptanz schaffen mit Mut <strong>und</strong> Geduld<br />

Nach der Delegiertenversammlung im Mai<br />

2006 stellt sich der HVD neu auf, um in den<br />

kommenden politischen Entscheidungen der<br />

Stimme des <strong>Humanismus</strong> mehr Gehör zu verschaffen<br />

<strong>und</strong> die Interessen von Konfessionsfreien<br />

mit Courage <strong>und</strong> Besonnenheit zu<br />

vertreten.<br />

■ Tag eins nach dem Aus. Die Sonne<br />

scheint seit Wochen ohne Unterlass. Fußball<br />

ist in diesen Tagen Weltanschauung,<br />

manche sagen Religion, andere Kultur. Jedenfalls<br />

melden Menschen an, was sie wollen:<br />

Leidenschaft, Gemeinschaft, Achtung,<br />

Toleranz, Stolz, Authentizität, Standhaftigkeit,<br />

Leistun g... Wenn der Papst kommt,<br />

werden sich die Bilder gleichen. Wer dopt,<br />

fliegt raus – wie der Ullrich. Wer Versprechen<br />

nicht hält – wie die Kanzlerin – kriegt<br />

Minuspunkte. Die EKD will diesen Pusch<br />

nutzen – <strong>und</strong> kündigt strukturelle Reformen<br />

ihrer Kirche an. Derweil wollen Klinsis<br />

Mannen den dritten Platz. Was möchten<br />

wir?<br />

Das hängt ab von der Einschätzung unserer<br />

Lage. Mir scheint unser Land reif für<br />

eine Änderung seiner Religionsverfassung.<br />

„Multikulti“ <strong>und</strong> „Beliebigkeit“ sind out<br />

<strong>und</strong> Integration ist nicht zu haben ohne Anerkennung<br />

moslemischer, jüdischer, orthodox-christlicher<br />

oder buddhistischer Religiosität.<br />

Doch geht es um Ethik, Medienbeiräte,<br />

„Bündnis für Erziehung“, Religionsunterricht,<br />

Gedenkkultur oder was auch<br />

immer: Platz eins <strong>und</strong> zwei haben die beiden<br />

christlichen Kirchen bereits besetzt wie den<br />

Andachtsraum im Berliner Olympiastadion.<br />

Sie lassen keine Stühle neben sich zu.<br />

Politik fördert dies seit Kaiserzeiten.<br />

Humanisten am Katzentisch?<br />

Das soll sich jetzt ändern. Daneben, aus<br />

kirchlicher Sicht lieber dahinter, werden<br />

Bänke für die Auch-Religiösen montiert.<br />

3/2006<br />

Der Islamunterricht wird kommen. Stoiber<br />

sammelt Bündnispartner gegen Blasphemie.<br />

Die schon aus demographischen Gründen<br />

nötige Zuwanderung wird Deutschland<br />

religiös bunter machen.<br />

Und wir? Wo bleiben die Religionslosen?<br />

Die Humanisten sitzen am Katzentisch oder<br />

nicht einmal dort? Aus diesen Fragen ergibt<br />

sich der Stellenwert unserer B<strong>und</strong>esdelegiertenversammlung.<br />

In den gefassten Beschlüssen<br />

drückt sich nicht nur der Wille zur<br />

Gemeinsamkeit aus. Mehr: Unser HVD<br />

stellt sich neu auf, um in den kommenden<br />

politischen Entscheidungen der Stimme des<br />

<strong>Humanismus</strong> mehr Gehör zu verschaffen<br />

<strong>und</strong> die Interessen von Konfessionsfreien<br />

mit Courage <strong>und</strong> Besonnenheit zu vertreten.<br />

Wir haben uns ein Leitbild gegeben, eine<br />

verständliche Idee, wer wir sind <strong>und</strong> wo wir<br />

hinwollen. Dieses Leitbild ist uns – wenn<br />

man so will – „Leitkultur“, aber so, dass wir<br />

anderen zugestehen, sich von anderen Ideen<br />

leiten zu lassen, auch religiösen. Wir haben<br />

unser Verhältnis zu anderen säkularen Verbänden<br />

geklärt <strong>und</strong> sind hier für Vielfalt<br />

Jürgen Gerdes (l.) gratuliert Dr. Horst Groschopp zur Wiederwahl als B<strong>und</strong>esvorsitzender des<br />

Humanistischen <strong>Verband</strong>es


<strong>und</strong> Bündnisse wo möglich, äußern aber<br />

Skepsis gegenüber einem „Zentralrat“ oder<br />

einem „Dachverband“.<br />

Kampf um Platz drei<br />

Überall bricht in unserem Land der Bekennermut<br />

aus. In dieser Konkurrenz der Sinngebungen<br />

stehen wir zum <strong>Humanismus</strong> als<br />

Weltanschauung, wohl wissend, dass viele<br />

Humanistinnen <strong>und</strong> Humanisten diese<br />

Pointe (noch) nicht verstehen <strong>und</strong> sich<br />

nicht organisieren möchten. Das wird sich<br />

ändern. Jedenfalls ist in der Pluralität der<br />

Werte <strong>Humanismus</strong> unser Signal. Er ist uns<br />

Gewissheit wie die Tatsache, dass Deutschland<br />

weder Weltmeister noch Papst ist, sondern<br />

ein Land, in dem der <strong>Humanismus</strong> einen<br />

Platz hat. Wir wollen – um in den Fußballbildern<br />

dieser Tage zu reden – den dritten<br />

Platz.<br />

Dazu hat unser <strong>Verband</strong>stag schon rein<br />

organisatorisch Wesentliches geleistet. Die<br />

Spanne reicht hier von der neuen Beitragsordnung<br />

über die B<strong>und</strong>esakademie <strong>und</strong> die<br />

B<strong>und</strong>esJuHu’s bis zum Hilfswerk. Wir haben<br />

uns in politischen Forderungen festgelegt.<br />

Hier lauten die Stichworte: „Lebensk<strong>und</strong>licher<br />

Unterricht“ in der B<strong>und</strong>eswehr,<br />

humanistische Beratung, Personenstandsgesetz,<br />

„Bündnis für Erziehung“.<br />

Einige Weichen wurden gestellt:<br />

■ Humanistische Lebensk<strong>und</strong>e ist unsere<br />

Alternative zum christlichen Religionsunterricht<br />

<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esprojekt, weil wir<br />

begriffen haben, dass dieses Vorhaben<br />

die Bündelung all unserer Potenzen erfordert<br />

– auch wenn die Hauptlast immer<br />

vor Ort liegt. Wir müssen uns schon<br />

jetzt über das künftige intellektuelle Gesicht<br />

dieser Lebensk<strong>und</strong>e einen Kopf machen<br />

<strong>und</strong> an unsere Debatten über „Humanistik“<br />

als Hochschulfach anknüpfen.<br />

■ Wir werden das, was wir wollen, nicht allein<br />

<strong>und</strong> nicht auf der Basis der jetzigen<br />

Mitgliederzahl schaffen. Deshalb haben<br />

wir die B<strong>und</strong>essatzung geändert, um<br />

Mitgliedern in Ländern eine Heimat zu<br />

geben, wo es noch keinen HVD gibt.<br />

Wir beginnen die Kooperation mit Jugendweihe<br />

Deutschland trotz des Wissens<br />

um Vorbehalte in einigen Regionen<br />

von beiden Seiten. Mit enormem Aufwand<br />

(siehe Spendenaufruf) wagen wir<br />

die Gründung eines Landesverbandes<br />

Mecklenburg-Vorpommern am 28. Oktober.<br />

Wir überlegen, wie wir Ähnliches<br />

im Westen der Republik anpacken.<br />

■ Die Erkenntnis ist allgemein, dass der erfolgreich<br />

organisierte <strong>Humanismus</strong> den<br />

praktischen <strong>Humanismus</strong> zur Voraussetzung<br />

hat. Ohne Patientenverfügungen –<br />

kein vertrauenswürdiges, professionelles<br />

<strong>und</strong> politisch durchsetzbares Konzept<br />

der Sterbehilfe. Das gilt auch für andere<br />

Felder. Die Frage ist nicht mehr, ob sich<br />

der <strong>Verband</strong> mit „Geschäften“ befasst,<br />

sondern die Fragen sind: Welche <strong>und</strong><br />

welche zuerst. Tollkühnheit ist zwar die<br />

negative Zuspitzung von Tapferkeit,<br />

aber: Wer nicht wagt, der hat schon verloren.<br />

■ Bilder vom <strong>und</strong> Nachrichten über <strong>Humanismus</strong><br />

sind in der Öffentlichkeit rar.<br />

Da hilft kein lamentieren. In dieser Situation<br />

haben sich Giordano-Bruno-<br />

Stiftung (GBS) <strong>und</strong> HVD in einer Humanistischen<br />

Arbeitsgemeinschaft zusammengetan,<br />

um das Projekt einer Forschungsgruppe<br />

Weltanschauungen in<br />

Deutschland (fowid.de), eine Innovation<br />

der GBS sondergleichen, gemeinsam zu<br />

befördern <strong>und</strong> einen Pressedienst ins Leben<br />

zu rufen. Dieser wird nicht zuletzt<br />

davon leben, dass ihn „Volkskorrespondenten“<br />

auch aus den Reihen unseres<br />

<strong>Verband</strong>es unterstützen.<br />

<strong>Humanismus</strong>, das hat unsere Delegiertenversammlung<br />

gezeigt, ist eine seriöse Sache,<br />

für die es sich einzusetzen lohnt. Unser<br />

<strong>Verband</strong> ist kein Verein zur Beförderung<br />

des Kirchenaustritts. Das erledigen die Kirchen<br />

selbst auf w<strong>und</strong>erbare Weise. Wir wollen<br />

für diejenigen da sein, die sich von Religionen<br />

bereits verabschiedet haben, seien<br />

diese frei oder dogmatisch. Hiermit haben<br />

wir übergenug zu tun. Dafür brauchen wir<br />

viel Zeit, jede helfende Hand <strong>und</strong> jeden<br />

Euro – <strong>und</strong> wir fordern von uns Mut <strong>und</strong><br />

Geduld. Flagge zeigen! ●<br />

Hefte für Kultur <strong>und</strong> Weltanschauung<br />

ISBN 3-937265-06-6<br />

Heft 18 diskutiert im<br />

10. Erscheinungsjahr das Thema<br />

Umworbene<br />

„dritte Konfession“<br />

Bef<strong>und</strong>e über die<br />

Konfessionsfreien in Deutschland<br />

Inhalt<br />

Johannes Neumann<br />

<strong>Humanismus</strong> organisieren?<br />

Horst Groschopp<br />

Von den „Dissidenten“ zur „dritten<br />

Konfession“?<br />

Carsten Frerk<br />

Empirie der Weltanschauungen<br />

Christel Gärtner<br />

Krisenbewältigung <strong>und</strong> Religionslosigkeit<br />

Michael Terwey<br />

Empirische Bef<strong>und</strong>e zu Weltanschauungen<br />

der Konfessionsfreien in Deutschland<br />

Uta Karstein<br />

Säkulare Weltsichten in Ostdeutschland<br />

Michael Schmidt-Salomon<br />

„Irgendwie sind wir doch alle Humanisten<br />

...“<br />

Andreas Fincke<br />

Die säkulare Szene – von außen gesehen<br />

Rudolf Ladwig<br />

Die säkulare Szene – von innen gesehen<br />

Ulrich Nanko<br />

Religionen wie Kulturen untersuchen<br />

(Rezension)<br />

Dirk Lange <strong>und</strong> Andreas Lutter<br />

Kein Atheismus im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

(Rezension)<br />

Armin Pfahl-Traughber<br />

Religion <strong>und</strong> Gesellschaft<br />

(Sammelrezension)<br />

Frieder Otto Wolf<br />

Theorien der Kulturentstehung neu denken<br />

(Rezension)<br />

Gudrun Ott-Meinhold<br />

Stationär <strong>und</strong> ambulant organisiertes<br />

Sterben (Rezension)<br />

3/2006 23


■ Diesseits: Ist es das erklärte Ziel Ihrer<br />

Zeitschrift, Anwalt der Jugendlichen zu<br />

sein, oder reicht Ihnen als Anspruch, pure<br />

Unterhaltung zu bieten?<br />

DR. EVELINE VON ARX: Bravo an<br />

sich ist ein Unterhaltungsmagazin. Aber die<br />

Rubrik Dr. Sommer geht eindeutig darüber<br />

hinaus. Wir vermitteln Wissen, bieten<br />

Nutzwert <strong>und</strong> auch Lebenshilfe. Natürlich<br />

schauen wir dabei, dass wir im Heft Probleme<br />

aufgreifen, die von breitem Interesse<br />

sind. Bei singulären Themen steht die di-<br />

Eveline von Arx<br />

rekte Beratung der Jugendlichen per Post<br />

oder per Telefon im Vordergr<strong>und</strong>. Unabhängig<br />

vom Bereich Beratung <strong>und</strong> Aufklärung<br />

hat BRAVO im Frühjahr dieses<br />

Jahres eine Kampagne „Schau nicht weg –<br />

Gegen Gewalt an der Schule“ gemeinsam<br />

mit über 100 Stars initiiert. Diese Staraktion<br />

richtet sich an ein Problem in der unmittelbaren<br />

Lebenswirklichkeit der Jugend-<br />

24<br />

3/2006<br />

MAGAZIN<br />

Selbstbestimmung,<br />

genau das ist unser Thema<br />

Gratulation: Eine alte Zeitschrift für junge Leser wird 50!<br />

Vor 50 Jahren, am 26. August 1956, erschien mit einer Startauflage von 30.000 Exemplaren<br />

das erste Heft einer neuen Zeitschrift: „BRAVO – Zeitschrift für Film <strong>und</strong> Fernsehen“. Seitdem<br />

hat BRAVO wie kein anderes Medium ganze Jugend-Generationen geprägt. Und das<br />

liegt – natürlich – auch an Dr. Sommer alias Dr. Martin Goldstein, „<strong>Deutschlands</strong> Sexualaufklärer<br />

Nr. 1“. Der Mediziner, der mit seiner Sprechst<strong>und</strong>e etwas völlig Neues schuf, ist heute<br />

im Ruhestand, aber ein engagiertes Team von Medizinern <strong>und</strong> Psychologen führt sein<br />

Werk fort. Diesseits wollte von der Leiterin der Arbeitsgruppe, Dr. Eveline von Arx, wissen,<br />

inwieweit die Zeitschrift nicht nur aufklären will, sondern junge Menschen ermuntert, zu ihrer<br />

eigenen Entscheidung zu stehen.


lichen. Hier bezieht BRAVO gemeinsam<br />

mit Stars Stellung für die Jugendlichen, hat<br />

eine Mutdebatte an deutschen Schulen angestoßen<br />

<strong>und</strong> mischt sich ein – mit Aktionen<br />

an Schulen <strong>und</strong> einer regelmäßigen Rubik<br />

im Heft.<br />

Auf welchen ethischen <strong>und</strong> moralischen<br />

Normen basieren ihre Antworten?<br />

Uns schreiben Jugendliche, die ein Problem<br />

haben, die Hilfe brauchen, die sich oft<br />

zum ersten Mal mit ihren Fragen an jemanden<br />

wenden. Es kostet mitunter eine enorme<br />

Überwindung, einen Brief zu schreiben,<br />

zur Post zu gehen oder bei der Telefonsprechst<strong>und</strong>e<br />

anzurufen. Diese Jugendlichen<br />

haben ein individuelles Problem <strong>und</strong><br />

unser Anspruch im Dr. Sommer-Team ist<br />

es, dieses Problem wirklich ernst zu nehmen,<br />

zwischen den Zeilen zu lesen. Wir versuchen<br />

so individuell wie möglich darauf<br />

einzugehen <strong>und</strong> immer diesen Menschen<br />

vor Augen zu haben. Er hat ein Recht darauf,<br />

so informiert zu werden, dass er sich für<br />

den für ihn richtigen Weg entscheiden<br />

kann.<br />

Der HVD tritt für die Selbstbestimmung<br />

des Menschen ein...<br />

… Selbstbestimmung, genau das ist unser<br />

Thema. Wenn ein Mädchen schreibt,<br />

ich weiß nicht, ob ich mit ihm schlafen<br />

soll, dann raten wir nicht, „Tu es!“ oder<br />

„Tu es nicht!“. Wir fordern das Mädchen<br />

auf, ehrlich zu sich sein, in sich hinein zuhorchen<br />

<strong>und</strong> auf seine innere Stimme zu<br />

hören, unabhängig von Gruppendruck<br />

oder Erwartungen des Partners – sprich,<br />

wir fordern zu selbstbestimmter Entscheidung<br />

heraus. Oftmals können wir nicht<br />

mit nur einem Brief helfen, da ist das Problem<br />

schon so schwerwiegend, dass es<br />

mehr unsere Aufgabe ist, diesen Jugendlichen<br />

Mut zu machen, sich an eine Beratungsstelle<br />

zu wenden, um sich professionelle<br />

Hilfe vor Ort <strong>und</strong> eine längerfristige<br />

Begleitung zu holen. Wenn uns das gelingt,<br />

ist uns sehr viel gelungen.<br />

Auf den ersten Blick würde man „Bravo“<br />

nicht mit Werteerziehung verbinden.<br />

Stimmt dieser landläufige Eindruck<br />

überhaupt?<br />

Im Dr.-Sommer-Bereich greifen wir<br />

Themen auf, die neben der unterhaltenden<br />

Welt der Starberichte in BRAVO stehen.<br />

Probleme mit Eltern, Taschengeldfragen<br />

werden zum Beispiel erörtert, Probleme in<br />

der Schule, Drogen, Gewalt, das ganze<br />

Spektrum der jungen Lebenswelt.<br />

Die Bravo gibt es seit 50 Jahren, konnte<br />

denn Dr. Sommer zu dieser Zeit schon<br />

seine offenen Antworten geben?<br />

Die „Dr. Sommer-Sprechst<strong>und</strong>e“ gibt es<br />

erst seit 37 Jahren. Sie entstand 1969, nicht<br />

zufällig zur Zeit der sexuellen Revolution.<br />

Alle Themen r<strong>und</strong> um die sexuelle Aufklärung<br />

waren auf dem Weg, enttabuisiert<br />

zu werden <strong>und</strong> hatten damals noch eine andere<br />

Resonanz in der Öffentlichkeit als heute.<br />

So hat der Beitrag über Onanie 1972<br />

schon Aufsehen erregt. Das Thema ist für<br />

damalige Verhältnisse sehr offen behandelt,<br />

als etwas völlig Normales dargestellt worden.<br />

Jungen erfuhren, dass man davon nicht<br />

krank wird <strong>und</strong> dass auch Polizisten <strong>und</strong><br />

Lehrer onanieren. Das reichte dann, diese<br />

Ausgabe wurde indiziert.<br />

3/2006 25


26<br />

Säkulare Geschichtspolitik in Deutschland<br />

<strong>und</strong> freidenkerisches Erbe<br />

Wissenschaftliche Fachtagung<br />

Akademie der Politischen Bildung der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

Humanistische Akademie Berlin<br />

3/2006<br />

18./19. November 2006 in Berlin<br />

1. Tag: Samstag, 18. November 2006<br />

Politische Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />

in Zusammenarbeit mit der Humanistischen Akademie Berlin<br />

Prof. Dr. Hermann Glaser, Roßtal<br />

<strong>Humanismus</strong> als Kern von Geschichtskultur<br />

Dr. Horst Junginger, Tübingen<br />

Aktuelle Fragen der Vergangenheitspolitik<br />

Prof. Dr. Susanne Lanwerd, Berlin<br />

Zeichen der Säkularität im öffentlichen Raum<br />

Christian G. Langenbach, Nidderau<br />

Freireligiöse <strong>und</strong> Nationalsozialismus – Replik auf eine Debatte<br />

Michael Schmidt, Berlin<br />

Freidenker im antifaschistischen Widerstand<br />

Manfred Isemeyer, Berlin<br />

Freigeistige Bewegungen in der B<strong>und</strong>esrepublik 1945-90<br />

Dr. Horst Groschopp, Berlin<br />

Atheismus <strong>und</strong> Realsozialismus in der DDR 1945-90<br />

2. Tag: Sonntag, 19. November 2006<br />

Humanistische Akademie Berlin in Kooperation<br />

mit Humanistische Akademie Deutschland<br />

(gefördert mit Mitteln von SenWFK Berlin)<br />

Prof. Dr. Günter Kehrer, Tübingen<br />

Warum es kein freidenkerisches Erbe in der Kultur der BRD gibt –<br />

Betrachtung aus religionswissenschaftlicher Sicht<br />

Prof. Dr. Dietrich Mühlberg, Berlin<br />

Welche sozialkulturellen Defizite 1987/89 zur Gründung des Freidenkerverbandes<br />

in der DDR führten –<br />

Betrachtung aus kulturwissenschaftlicher Sicht<br />

Anmeldung ab sofort bei: Humanistische Akademie, Wallstr. 65, 10179 Berlin<br />

Tel. 030-613904-0 (Fax: -50), info@humanistische-akademie.de<br />

Die Materialien der Tagung erscheinen in Nr. 20 von humanismus aktuell<br />

Hat das Dr. Sommer-Team auch heute<br />

noch mit Gegenwind zu kämpfen?<br />

Lange nicht mehr so, wie in den Anfangszeiten.<br />

Heute rufen uns sogar Eltern<br />

an, die Rat brauchen, was ihre Kinder betrifft.<br />

Damals stand man uns wesentlich kritischer<br />

gegenüber, auch von Seiten der Kirchen.<br />

Heute dagegen werden wir vom Evangelischen<br />

Kirchentag eingeladen, quasi als<br />

kompetenter Partner für Fragen der jugendlichen<br />

Seele. Das ist schon ein gewaltiger<br />

Wandel.<br />

Zumal die Fragen doch sicher noch viel<br />

„harmloser“ waren als heute?<br />

Es hat sich gar nicht so viel verändert, wie<br />

man denken würde. Seit es Dr. Sommer<br />

gibt, geht es in darin um Gefühle, Liebe,<br />

Liebeskummer, körperliche Veränderungen<br />

in der Pubertät, erste Sexualität, Verhütung,<br />

Probleme mit Fre<strong>und</strong>en, mit den Eltern, in<br />

der Schule. Erschreckend, aber wahr: die Jugendlichen<br />

heute wissen auch nicht besser<br />

Bescheid.<br />

Kaum vorstellbar, dass es heute noch ein<br />

Informationsdefizit gibt.<br />

Man darf nicht vergessen, in jeder Generation<br />

stellen sich diese Fragen immer wieder<br />

von neuem. Jede Generation verliebt<br />

sich irgendwann zum ersten Mal. Gerade<br />

Informationen über Verhütung sind gar<br />

nicht so präsent, wie man vielleicht denkt.<br />

Natürlich wird in den Vorabendserien wild<br />

geknutscht, zeigt man Petting. Das heißt<br />

noch lange nicht, dass die Jugendlichen danach<br />

auch wissen, wo man ein Kondom herbekommt<br />

<strong>und</strong> wie man es benutzt. Jugendliche<br />

mögen zum Teil eine sehr sexualisierte<br />

Sprache haben, sie mögen bauchfrei rumlaufen<br />

<strong>und</strong> die Strings aus den Hosen blitzen<br />

lassen, ausreichend aufgeklärt sind sie<br />

trotzdem nicht. Das ist die Sicht vieler Erwachsener,<br />

dass sie denken, meinem Kind<br />

kann ich diesbezüglich nichts mehr erzählen.<br />

Das stimmt so leider nicht. ●


angehört<br />

Michael Bauer<br />

Musica et memoria<br />

■ Kuschelrock, Dinerjazz <strong>und</strong> Autofahrmusik<br />

– das alles haben treusorgende Geister<br />

dem geneigten Konsumenten als Klangtapeten<br />

für seine wechselnden Lebenslagen<br />

schon zusammengestellt. Wer aber meint,<br />

dass die jüngst erschienene Anthologie<br />

„Musica et memoria – Trauermusik durch<br />

die Jahrh<strong>und</strong>erte“ nun eine praktische Musik-Vorauswahl<br />

für die Bestattung je nach<br />

persönlichem Gout enthält, der irrt.<br />

Denn diese, immerhin sechs CDs umfassende<br />

Sammlung, die vom Kuratorium<br />

Deutsche Bestattungskultur veröffentlicht<br />

wurde, hat einen weiter reichenden Anspruch.<br />

Sie versammelt in kulturhistorischer<br />

Perspektive Kompositionen, die zwar irgend<br />

etwas mit Trauer zu tun haben, aber nicht<br />

unbedingt „Friedhofsmusik“ sind. Einige<br />

der Werke sind zwar dennoch für den Gebrauch<br />

am Sarge bestimmt oder dort zumindest<br />

vorstellbar, wie z.B. manches aus<br />

der Feder Johann Sebastian Bachs. Die<br />

Mehrzahl aber bilden Musiken zur Erinnerung<br />

an geliebte oder verehrte Menschen, an<br />

schreckliche Ereignisse oder entstammen<br />

allgemein der künstlerischen Auseinandersetzung<br />

mit dem Tod auf musikalischem<br />

Wege. Eingeladen wird also zu nichts weniger<br />

als zum analytischen Hören der kulturellen<br />

Sublimierung des Todes.<br />

Originell ist die Systematisierung der<br />

Tonstücke, die nicht etwa historischen Abfolgen<br />

oder Gattungsmerkmalen folgt, sondern<br />

dem guten Rhetor gleich die Topoi abschreitet:<br />

So werden je CD der sanfte, der<br />

schöne, der beklagte, der marschierende, der<br />

unbeugsame <strong>und</strong> schließlich der verklärte<br />

Tod der Reihe nach vorgestellt.<br />

Dabei sind die Kompilatoren (verantwortlich<br />

dafür <strong>und</strong> ebenso für das kompetente<br />

<strong>und</strong> sehr ausführliche Begleitheft<br />

zeichnet ein Team um den Düsseldorfer<br />

Musikwissenschaftler Volker Kalisch) zu beglückwünschen,<br />

denn ihre Auswahl ist<br />

ebenso exquisit wie überzeugend. Von<br />

großen Orchesterwerken bis zur Kammermusik,<br />

von der Renaissance bis zur neuesten<br />

Moderne wird ein schöner Querschnitt geboten.<br />

Hier kann nur weniges hervorgehoben<br />

werden: Das in seiner archaischen <strong>und</strong><br />

unnachgiebigen Strenge faszinierende Orgelwerk<br />

„pari intervallo“ des lettischen<br />

Komponisten Arvo Pärt etwa, die in ungewohnter<br />

Instrumentierung erfrischt klingenden<br />

„lachrimae“ von John Dowland, die<br />

Motette „Wie liegt die Stadt so wüst“, vom<br />

Dresdner Kantor Rudolf Mauersberger<br />

nach dem Luftangriff von 1945 komponiert,<br />

oder schließlich der in seiner gebro-<br />

chenen Gestik zutiefst verstörende Beginn<br />

der 5. Symphonie Gustav Mahlers. Wer’s<br />

gern dick aufgetragen mag, kann auf den<br />

„Trauermarsch“ aus Wagners Götterdämmerung<br />

zurückgreifen, <strong>und</strong> wer sich eine<br />

emotional mitnehmende Entdeckungsreise<br />

in die – seinerzeit – radikale Avantgarde mit<br />

ihrer geradezu brutalen Unmittelbarkeit<br />

gönnen möchte, der lege „Threnos. Den<br />

Opfern von Hiroshima“ von Krystof Penderecki<br />

auf.<br />

Dass auch buddhistische Zeremonialmusik<br />

aus Japan <strong>und</strong> animistische Ahnenbeschwörungen<br />

aus Zimbabwe nicht fehlen,<br />

ermöglicht einen – wenn auch nur kurzen –<br />

Blick über den europäischen Tellerrand hinaus.<br />

Hier findet sich auch der einzig nennenswerte<br />

Kritikpunkt: Vielleicht wäre die<br />

Sammlung noch spannender geworden,<br />

wenn mehr solche Grenzüberschreitungen<br />

der Hörgewohnheiten ermöglicht worden<br />

wären. Aber es muss ja nicht die letzte solche<br />

Sammlung sein. ●<br />

Musica et memoria. Trauermusik durch die<br />

Jahrh<strong>und</strong>erte / hrsg. vom Kuratorium Deutsche<br />

Bestattungskultur e.V. – Düsseldorf, 2005. – 6<br />

CD, Laufzeit: 360 Minuten. – 69,99 zzgl. Versandkosten<br />

Die CDs können online unter www.bestatter.de<br />

bestellt werden. Dort findet sich auch ein ausführliches<br />

Inhaltsverzeichnis.<br />

3/2006 27


28<br />

3/2006


Michael Bauer<br />

■ Mozart selbst wäre der ganze Trubel wohl<br />

gar nicht so unrecht gewesen. Schließlich<br />

war er einer der ersten, die ein Leben als<br />

selbstständiger Komponist wagten. Und<br />

dies in einer Zeit, in der die Idee des schützenswerten<br />

künstlerischen Urheberrechts<br />

erst langsam Gestalt anzunehmen begann.<br />

Ein Musikökonom hat einmal ausgerechnet,<br />

wie viel Euros Mozart heute schon nur<br />

aus der medialen Verwertung seiner Musik<br />

erhalten müsste – Bill Gates würde neidisch<br />

werden. Es vergeht keine Sek<strong>und</strong>e, in der<br />

nicht irgendwo auf der Welt eine Melodie<br />

von ihm über den Äther gejagt wird.<br />

Der erfolgreiche Musikunternehmer<br />

Mozart ist freilich erst spät ins Blickfeld der<br />

Nachwelt getreten. Einer romantischen Genievorstellung<br />

hat es besser entsprochen,<br />

wenn ein solches als naturgemäß verkanntes<br />

seine darbende Existenz ganz der Kunst gewidmet<br />

führte – <strong>und</strong> dem Ertrag der Benefiz-Veranstaltungen<br />

zum Unterhalt von<br />

Kindern <strong>und</strong> Witwe hat diese Mär sicher<br />

ebenfalls gut getan. Allerdings hat die geradezu<br />

katholische Vorstellung eines schöpferisch-asketischen<br />

Mönchtums – zu seinem<br />

Glück – auf Mozarts Leben nie zugetroffen.<br />

Nur in manchen Schulbüchern findet sie<br />

sich noch. Heute wissen wir, dass sich sein<br />

unternehmerischer Wagemut für ihn<br />

durchaus ausgezahlt hat. Er erzielte ein stattliches<br />

Einkommen, das ihm ein luxuriöses<br />

Leben ermöglichte, gar nicht unähnlich<br />

dem eines heutigen Popstars. Zu Beginn seiner<br />

Wiener Zeit kam er auf die immense<br />

Summe von über 10.000 Gulden jährlich.<br />

Das erreichte er später zwar nicht mehr, aber<br />

über 1.000 Gulden blieben es immer. Auch<br />

dies ein gewaltiges Einkommen: Ein Universitätsprofessor<br />

erhielt 300 Gulden im<br />

Jahr, ein Schulmeister 22.<br />

Wie gewonnen, so zerronnen<br />

Freilich: Es ging raus, wie es rein kam, denn<br />

Mozart lebte gerne, <strong>und</strong> er war eitel. Modische<br />

Perücken, elegante Garderoben <strong>und</strong><br />

aufwändige Festlichkeiten verschlangen<br />

Unsummen. Andauernd wurde umgezogen,<br />

in immer größere <strong>und</strong> bessere Wohnungen,<br />

zuletzt 145 Quadratmeter mit Bil-<br />

MAGAZIN<br />

Mensch Mozart<br />

Wieder mal ein Mozart-Jahr. Kaum ist es möglich, dem Jubilar zu entgehen, <strong>und</strong> – schlimmer<br />

noch – schon gar nicht seiner Preisung. Kein Festival, dass nicht auch „den Mozart<br />

hat“, kein Konzertprogramm ohne ihn, kein Verlag ohne zeitgerechte Neuerscheinung, auf<br />

dass der Berg der Mozart-Literatur alpine Dimensionen erreiche. Zwischen marzipanigem<br />

Wonneproppen, serenadenseligem Mitpfeifling <strong>und</strong> angeblich von Salieri so hinterfotzig<br />

vergiftetem Jahrtausendgenie ist der Mensch Mozart kaum mehr zu finden, <strong>und</strong> auch der<br />

Gehalt seiner Musik verschwindet in ihrer Zurichtung zum Klassikschlager. Der Autor versucht,<br />

zwei schmale Schneisen ins Dickicht zu schlagen: Eine zum Ökonomischen, <strong>und</strong> eine<br />

hin zur Musik.<br />

liardzimmer <strong>und</strong> Dachkammern für die drei<br />

Domestiken sowie Kutscheneinfahrt <strong>und</strong><br />

Stallung für Mozarts Reitpferd. Zwischendurch<br />

wurde gearbeitet bis zum Umfallen,<br />

damit wieder Geld ins Haus kam.<br />

Und dafür, Schulden bezahlen zu können:<br />

Mozart spielte, geradezu süchtig. Gerüchte<br />

sagen, die späte Unordnung in seinen Finanzen<br />

sei von horrenden Spielschulden gekommen.<br />

Finanziell vorgesorgt hat er jedenfalls<br />

nicht, was nach seinem unerwarteten<br />

Tod (er starb wohl an einem grassierenden<br />

Fieber ebenso wie an den schädlichen<br />

Behandlungsmethoden seiner Ärzte) seine<br />

Familie in arge Bedrängnis brachte. Aber ist<br />

dieser Mangel an Zukunftssicherung erstaunlich<br />

für einen, der seine besten Jahre<br />

noch vor sich meinte? Für die nächste Zeit<br />

war sein Auftragsbuch voll, Engagements<br />

konnte er sich heraussuchen, eine Reise<br />

nach England war geplant. Kaum auszudenken,<br />

wie das imperiale, reiche <strong>und</strong><br />

weltoffene London <strong>und</strong> der Wirbelwind aus<br />

der kontinental-katholischen Provinzgroßstadt<br />

(aus einer europäischen Perspektive<br />

betrachtet war Wien seinerzeit nichts anderes)<br />

aufeinander reagiert hätten.<br />

Mozart als Wegbereiter<br />

Dennoch: Man kann Mozarts Verdienst als<br />

„Eisbrecher“ kaum überschätzen. Vor ihm<br />

war in Mitteleuropa ein Leben als Komponist<br />

fast nur in den Diensten von Kirche<br />

oder Adel vorstellbar, dort im Range eines in<br />

der Regel livrierten Hausbediensteten. (Der<br />

Opernunternehmer Händel lebte vom Londoner<br />

merkantilen Geist, den es in den<br />

Deutschen Landen so noch nicht gab.) Mozart<br />

aber schaffte es, weitgehend ohne das<br />

ihm verhasste Schranzentum der Höfe aus-<br />

zukommen <strong>und</strong> stellte seine Existenz auf eigene<br />

Füße. Den Regeln der feudal-klerikalen<br />

Gesellschaft wollte er sich nicht unterwerfen,<br />

<strong>und</strong> sich in ihr Gehäuse begeben<br />

schon gar nicht. Dafür hielt er zuviel von<br />

sich – als Künstler <strong>und</strong> als Mensch. Schließlich<br />

kannte er aus seiner Kindheit <strong>und</strong> Jugend<br />

die meisten wichtigen Höfe Europas,<br />

<strong>und</strong> er hatte nicht immer die höchste Meinung<br />

von ihnen. Kaum bekannt ist, dass<br />

Mozart schon in jungen Jahren vom Papst<br />

in den vatikanischen Adelsstand erhoben<br />

wurde. Ritter von Mozart also. Bezeichnend,<br />

dass er diesen Titel nicht führte. Nach<br />

dem berühmten Tritt ins Gesäß durch den<br />

Grafen Arco, der Mozarts Jugendzeit am<br />

Salzburger Bischofshof beendete, wollte<br />

Mozart ins Freie <strong>und</strong> in die Freiheit, nach<br />

Wien, um sich, dem Vater <strong>und</strong> der Welt zu<br />

beweisen, dass man auch als Musiker sein<br />

Leben nicht am Katzentisch zubringen<br />

musste, sondern Gleicher unter Gleichen<br />

war. Sein Beispiel zeigte, dass die Zeit dafür<br />

reif war, <strong>und</strong> es ermutigte andere, seinem<br />

freien Weg zu folgen. Beethoven war wenig<br />

später einer von ihnen.<br />

Mozart, der musikalische Humanist<br />

Menschlich sei sie, die Musik Mozarts, so<br />

hört man es immer wieder. Was aber soll das<br />

heißen – <strong>und</strong> worin liegt diese Menschlichkeit?<br />

Die Musikästhetik der Zeit forderte<br />

zwar keine „Menschlichkeit“, aber dafür<br />

eine „Natürlichkeit“, eine „edle Einfalt“ der<br />

Musik, bei der die Melodie im Vordergr<strong>und</strong><br />

stand. Das „schwarze Notengewitter“, für<br />

das exemplarisch die „schwülstige“ Kontrapunktik<br />

des altväterlichen <strong>und</strong> in dieser Beziehung<br />

tatsächlich „unmenschlichen“ Johann<br />

Sebastian Bach stand, sollte überwun-<br />

3/2006 29


den werden. „Der freie Mensch singt!“, rief<br />

Rousseau aus <strong>und</strong> fand im Gesang die Wurzel<br />

aller Sprachen. Aus jener Zeit der Mitte<br />

des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts stammt die emphatische<br />

Aufladung der Melodie zum Melodischen,<br />

des Gesangs zum Sanglichen, vorher<br />

gab es diese Begriffe gar nicht. Von einer<br />

„Erfindung der Melodie“ zu sprechen wäre<br />

kaum übertrieben.<br />

Das ist auch die Zeit, in der Mozarts Musikästhetik<br />

fußt. Und hier kommen wir dem<br />

Geheimnis näher. Denn der freie Mensch<br />

singt nicht irgendwie, er singt klassizistisch.<br />

Er singt mit Anfang, Mitte <strong>und</strong> Schluss, er<br />

kennt die aristotelische Dramentheorie, er<br />

bemüht sich um Balance <strong>und</strong> um Geschlossenheit.<br />

Und all das dimensioniert er um die<br />

Reichweite des menschlichen Atems <strong>und</strong><br />

gliedert es analog der menschlichen Sprache.<br />

Die – vermeintliche oder tatsächliche –<br />

Sprachähnlichkeit der Musik ist ein Topos,<br />

der das Musikdenken begleitet hat, seit wir<br />

Aufzeichnungen darüber kennen. Historisch<br />

bedeutsam jedenfalls ist, dass die Musiktheorie<br />

der Zeit geradezu eine Grammatik<br />

der Musik entworfen hat. Da gibt es Sätze,<br />

Absätze, Kommata, Punkte <strong>und</strong> sogar<br />

das Semikolon – alles bestimmten melodischen<br />

<strong>und</strong> harmonischen Kadenzformeln<br />

genau zugewiesen. Solche etwas erbsenzählerischen<br />

Betrachtungen mögen heute<br />

merkwürdig anmuten. Doch ist in ihnen<br />

ein „wahrer Kern“, den man in der Musik<br />

durchaus hören kann. Das Öffnen <strong>und</strong><br />

Schließen des Kopfthemas der großen gmoll-Symphonie<br />

funktioniert nach diesen<br />

Prinzipien, <strong>und</strong> ebenso die berühmte Bildnis-Arie<br />

aus der Zauberflöte.<br />

Mozarts ästhetischer Mehrwert<br />

Doch solches findet sich nicht nur bei Mozart<br />

allein. Auch die Musik seiner Zeitgenossen<br />

weist diese Charakteristika auf, oft<br />

noch viel ausgeprägter, ist viel einfacher,<br />

klingt viel sanglicher, viel – menschlicher?<br />

Was also ist es, das zum Überdauern des genialen<br />

Mozart geführt hat, <strong>und</strong> zum weitgehenden<br />

Vergessen der Musik Salieris, Hasses,<br />

Grauns, Wagenseils <strong>und</strong> wie sie alle<br />

hießen? Den Begriff dafür hat möglicherweise<br />

Theodor W. Adorno an die Hand gegeben.<br />

Es ist der von einer „Tendenz des<br />

musikalischen Materials“. Wie zu erwarten<br />

wird es jetzt etwas schwierig, aber ich denke<br />

es lohnt sich: Für Adorno wollte das Tonmaterial,<br />

mit dem der Komponist umgeht,<br />

in eine bestimmte Richtung weiterent-<br />

30<br />

3/2006<br />

wickelt werden, <strong>und</strong> zwar auf der Basis <strong>und</strong><br />

der völligen Kenntnis seiner Geschichte.<br />

Wenn man so will, dann hielt für Adorno<br />

die Totalität der Musik ihre Zukunft schon<br />

in sich. In der Tat verlangte ein A in der Renaissance<br />

eine andere Fortführung als ein A<br />

in einem Werk von Schönberg, zumindest<br />

wenn das Ganze künstlerischen Rang besitzen<br />

sollte. Und in dieser Perspektive kann<br />

auf das „schwarze Notengewitter“ des Kontrapunkts,<br />

das jeder Ton der abendländischen<br />

Musik gleichsam schon in sich trägt,<br />

ebenso wenig verzichtet werden wie auf die<br />

windungsreichen Kunstgriffe der harmonischen<br />

Modulation, denn sie sind – in historisch<br />

spezifischer Weise – gleichsam in den<br />

Tönen enthalten <strong>und</strong> erwarten entfaltet zu<br />

werden.<br />

Und hier finden wir das Doppelbödige<br />

in Mozarts Musik, gleichsam ihren ästhetischen<br />

Mehrwert. Kaum etwas in ihr ist nur<br />

einfach, ist nur „Melodie“. Auch der weite<br />

musikhistorische Horizont ist – zumindest<br />

in den großen Werken – immer vorhanden.<br />

Wie kann man es vergessen: Der junge Mozart<br />

wurde ja gerade für seine musikalische<br />

Gelehrsamkeit gerühmt, für seine überragende<br />

Fähigkeit, sich im Regelwerk des<br />

Kontrapunkts <strong>und</strong> der harmonischen Wendungen<br />

zurechtzufinden. Das permanente<br />

Spiel dieser Dialektik von Einfachem <strong>und</strong><br />

Schwierigem, von Melodie <strong>und</strong> Harmonie<br />

ist es wohl, das die besondere Dimension<br />

der Mozart’schen Kunst ausmacht. Wie<br />

sehr er daran gearbeitet hat <strong>und</strong> wie wenig<br />

leicht ihm vieles daran gefallen ist, das zei-<br />

gen die Arbeitsspuren in seinen Kompositionsskizzen.<br />

Auch für ihn galt die Devise aus<br />

der französischen Klassik: Cacher l’art par<br />

l’art même – Die Künstlichkeit durch<br />

Kunstfertigkeit verdecken. Nichts ist so einfach,<br />

wie es aussieht.<br />

Was bleibt?<br />

Wir sehen vor uns einen jungen, von der<br />

Musik <strong>und</strong> vom Leben besessenen Menschen.<br />

Einen liebenden Familienvater mit<br />

hinreichend gesicherter Existenz, der gewaltige<br />

Erfolge erlebt hatte <strong>und</strong> hoffnungsvoll<br />

in die Zukunft sah. Einen weltläufigen polyglotten<br />

Intellektuellen, der auf der Höhe<br />

des Diskurses seiner Zeit war – das zeigen<br />

seine Briefe. Einen freien Geist, der als Freimaurer<br />

einen fortgeschrittenen Grad erreicht<br />

hatte, in den besten Kreisen verkehrte<br />

<strong>und</strong> dort mit seiner Meinung nicht groß<br />

hinter dem Berg hielt. Einen erfolgreichen<br />

Unternehmer in eigener Sache, als man mit<br />

richtig guter Musik nicht nur ewigen<br />

Ruhm, sondern auch viel Geld verdienen<br />

konnte. Sein früher Tod – ein Zufall, wie so<br />

vieles. Wir müssen uns Mozart als einen<br />

glücklichen Menschen vorstellen. ●<br />

Zum Weiterlesen:<br />

Geck, Martin: Mozart. Eine Biographie. – Reinbek<br />

: Rowohlt, 2005<br />

Wagner, Manfred: Wolfgang Amadeus Mozart.<br />

Werk <strong>und</strong> Leben. – Wien : Edition Steinbauer,<br />

2005<br />

Prokop, Clemens: Mozart, der Spieler: Die Geschichte<br />

eins schnellen Lebens. – Kassel : Bärenreiter,<br />

2005


■ Neulich bekomme ich einen Anruf von<br />

meinem ehemaligen Pfarrer. Ich hatte als<br />

14-Jähriger bei ihm konfirmiert, als mein<br />

langer Weg vom aufrichtigen <strong>und</strong> (mehr<br />

oder weniger) ehrfürchtigen Christen zum<br />

überzeugten Atheisten seinen Anfang<br />

nahm.<br />

Meine erste geschiedene Frau G. wolle<br />

wieder heiraten, <strong>und</strong> zwar katholisch, so das<br />

Anliegen des Protestanten am Telefon. Und<br />

dazu benötige sie meine Taufurk<strong>und</strong>e (ich<br />

wurde als wehrloses Baby evangelisch getauft<br />

<strong>und</strong> bin erst im Erwachsenenalter ausgetreten)<br />

<strong>und</strong> die Heiratsurk<strong>und</strong>e zu meiner<br />

geschiedenen Ehe. Ein wenig w<strong>und</strong>erlich<br />

klang das schon, vor allem vor dem Hintergr<strong>und</strong>,<br />

dass G. seit einigen Monaten sogar<br />

Mitglied im HVD-Nürnberg ist. Aber bekanntlich<br />

sind ja W<strong>und</strong>er in der katholischen<br />

Kirche nichts Ungewöhnliches. Und<br />

da man Ex-Frauen ja auch nicht immer verstehen<br />

muss, sagte ich G. per E-Mail meine<br />

Unterstützung zu, versprach die Beibringung<br />

der Unterlagen <strong>und</strong> wünschte ihr<br />

Glück für ihre künftige Ehe mit katholischem<br />

Segen. G.s prompte Reaktion, in der<br />

sie mich fragte, ob ich <strong>und</strong> „mein“ Pfarrer<br />

noch ganz bei Trost seien, sie sich nach wie<br />

vor beim HVD gut aufgehoben fühle <strong>und</strong><br />

nachweislich keinerlei Kontakte zu katholischen<br />

Heiratswilligen pflege, deutete den<br />

Anfang einer komplexen, aber wahren Geschichte<br />

an, die immerhin mehrere hochdekorierte<br />

katholische Intellektuelle in einem<br />

* Überschrift im Dokumentenverfahren des<br />

Bischöflichen Offizialats Eichstätt<br />

Ewige Wahrheiten<br />

Rainer Rosenzweig<br />

In nomine domini. Amen.*<br />

Dokumentenverfahren des Bischöflichen<br />

Offizialats Eichstätt beschäftigte.<br />

Der verwirrte Prediger hatte da eine Kleinigkeit<br />

durcheinander gebracht. Dies offenbarte<br />

er mir in einem zweiten Anruf etwa<br />

zwei Monate später: Erneut wurde ich gebeten,<br />

Tauf- <strong>und</strong> Heiratsurk<strong>und</strong>e beizubringen.<br />

Nur der Protagonist war dieses Mal<br />

ein anderer: Den katholischen Segen für den<br />

heiligen B<strong>und</strong> ersuchte in Wirklichkeit G.s<br />

zweiter, ebenfalls von ihr geschiedener<br />

Mann M. (Zur Verdeutlichung der inzwischen<br />

immer komplexer werdenden Patchwork-Verhältnisse<br />

diene das Diagramm).<br />

Wenn sich der Leser nun w<strong>und</strong>ert, was<br />

das wiederholte Heiratsbedürfnis des zweiten<br />

Ex-Mannes von G. mit den Urk<strong>und</strong>en<br />

seines ehelichen Vorgängers zu tun hat,<br />

dann geht es ihm wie mir zum Zeitpunkt<br />

des Anrufs. So richtig erklären konnte das<br />

der evangelische Gottesdiener nicht <strong>und</strong><br />

verwies auf seinen katholischen Kollegen.<br />

Dieser sorgte dann – über seine katholischen<br />

Vorgesetzten verlegen kopfschüttelnd – für<br />

Aufklärung: Nach katholischem Eherecht<br />

stellt sich die Situation der weltlich vor sich<br />

hin lotternden Gesellschaft komplett anders<br />

dar. Um den konkreten Vorgang zu verstehen,<br />

muss man aber zunächst einige katholische<br />

Gr<strong>und</strong>regeln kennen:<br />

(a) Bündnisse zwischen Eheleuten, die<br />

nicht den katholischen Taufsegen empfangen<br />

hatten, sind aus katholischer Sicht indifferent.<br />

Das bedeutet, die katholische Kirche<br />

zeigt sich in diesem Fall partiell liberal:<br />

Sie hält sich weitgehend aus den Angelegenheiten<br />

der Nichtkatholiken raus <strong>und</strong> ak-<br />

zeptiert die irdischen Gesetze. Vor denen ist<br />

die Ehe zwischen Nichtkatholiken auch mit<br />

Segen der Konkurrenz oder gar ohne Segen<br />

gültig.<br />

(b) An einer weiteren Stelle endet aber<br />

die Liberalität der katholischen Kirche: Der<br />

B<strong>und</strong> fürs Leben ist gr<strong>und</strong>sätzlich auch so<br />

gedacht: Scheidungen kommen im katholischen<br />

Gesetz nicht vor. Dort heißt es: „Im<br />

Zweifelsfall ist an der Gültigkeit der Ehe so<br />

lange festzuhalten …, bis das Gegenteil bewiesen<br />

ist.“ Weltliche Scheidungen werden<br />

katholisch also schlichtweg ignoriert.<br />

(c) Ist ein katholischer Segen erwünscht,<br />

so gelten die Gesetze der heiligen katholischen<br />

Kirche. Das ist sogar für Außenstehende<br />

nachvollziehbar: Ein Club gibt sich<br />

Regeln, an die sich die Mitglieder halten<br />

müssen, wenn sie mitspielen wollen. Wem<br />

das nicht passt, muss austreten <strong>und</strong> sich was<br />

anderes suchen. Logisch!<br />

(d) Eine der katholischen Regeln lautet,<br />

dass nur heiraten darf, wer nicht vorher<br />

schon mal verheiratet war. Es gilt „bis der<br />

Tod euch scheidet“ – <strong>und</strong> Zombie-Ehen<br />

sind auch aus katholischer Sicht <strong>und</strong>enkbar.<br />

So weit, so klar. Was bedeutet das nun in<br />

unserem geschilderten Fall? Zur Historie:<br />

Zunächst waren G. <strong>und</strong> ich vor den<br />

evangelischen Traualtar getreten. Beide<br />

schon als Atheisten, aber in unserem naiven<br />

jugendlichen Überschwang konnten wir damals<br />

(noch) keine Alternative zu dieser Art<br />

der Feiergestaltung ausmachen. (Heute<br />

kann der Autor das sehr wohl, siehe diesseits<br />

Nr. 72, S. 12; Anm. d. Red. ) Die Ehe<br />

ging nach zweieinhalb Jahren in die Brüche<br />

3/2006 31


Zeitpunkt 1. Eheschließung G. <strong>und</strong> R.<br />

Zeitpunkt 2. Scheidung G. <strong>und</strong> R.<br />

Zeitpunkt 3. Eheschließung G. <strong>und</strong> M.<br />

Zeitpunkt 4. Scheidung G. <strong>und</strong> M.<br />

Zeitpunkt 5. Wunsch der Eheschließung M. <strong>und</strong> H.<br />

katholisches Eherecht weltliche Regelung<br />

Zeitpunkt 1: G. verheiratet mit R. verheiratet mit R.<br />

M. unverheiratet unverheiratet<br />

Zeitpunkt 2: G. verheiratet mit R. unverheiratet (geschieden von R.)<br />

M. unverheiratet unverheiratet<br />

Zeitpunkt 3: G. verheiratet mit R. verheiratet mit M.<br />

M. unverheiratet<br />

(da Hochzeit mit G. ungültig)<br />

verheiratet mit G.<br />

Zeitpunkt 4: G. verheiratet mit R. unverheiratet (geschieden von M.)<br />

M. unverheiratet unverheiratet (geschieden von G.)<br />

Zeitpunkt 5: M. darf heiraten, M. darf heiraten,<br />

da er unverheiratet ist. da er unverheiratet ist.<br />

Anmerkung der Redaktion: Diesseits liegen alle Dokumente zu diesem Fall vor.<br />

<strong>und</strong> wurde ein weiteres Jahr später geschieden<br />

– ohne religiös eingefärbte Zeremonie,<br />

versteht sich. Wir gingen unserer Wege.<br />

Dann traf G. auf M., das eine ergab das<br />

andere, doch die folgende, ohne kirchlichen<br />

Segen geschlossene Ehe zwischen G. <strong>und</strong><br />

M. wurde nach kurzer Zeit auch wieder geschieden.<br />

Beide gingen ihrer Wege.<br />

Dann traf M. die katholische (Jung-?)<br />

Frau H. Hingerissen von ihr, schloss er mit<br />

ihr den B<strong>und</strong> der Ehe im amerikanischen<br />

Spielerparadies Las Vegas. Doch die katholische<br />

Seele der H. ruhte nicht. Die Ehe war<br />

vor dem Herrn noch nicht legitimiert.<br />

Damit beginnen die Probleme: Ihr künftig<br />

auch vor Gott anzutrauender M. war ja<br />

bereits früher mit G. verheiratet. Nach katholischem<br />

Gesetz (d) darf er also nicht noch<br />

mal heiraten. In seiner himmlischen Verzweiflung<br />

ereilte M. eine Erleuchtung, die es<br />

in sich hat: Wenn es ihm gelänge, Gründe<br />

für eine Ungültigkeit seines Fehltritts mit G.<br />

zu finden, dann stünde dem göttlichen Segen<br />

nichts mehr entgegen. Diese Gründe<br />

müssten nur eines sein: katholisch.<br />

Und in G.s Vergangenheit wurde M.<br />

dann fündig: Da die katholische Heiligkeit<br />

aufgr<strong>und</strong> des Gesetzes (b) die Scheidung seiner<br />

früheren Ehefrau G. schlichtweg ignoriert,<br />

war M. logischerweise mit einer Bigamistin<br />

verheiratet. Klar, dass das die energische<br />

katholische Exekutive nicht dulden<br />

kann <strong>und</strong> diese teuflische Verbindung kur-<br />

32<br />

3/2006<br />

zerhand für nichtig erklärt. Ist diese Ehe also<br />

erst mal als ungültig deklariert, ist M. wieder<br />

frei für seine H. <strong>und</strong> der himmlische Segen<br />

kann ungestört auf beide niederprasseln.<br />

M. muss nur noch eines sicherstellen: G.s<br />

erste Ehe muss aus katholischer Sicht sattelfest<br />

sein. Wäre sie das nicht, ist der bigamistische<br />

Traum ausgeträumt <strong>und</strong> die katholischen<br />

Weihen sind geplatzt. Um nun die<br />

Gültigkeit von G.s erster Ehe – mit mir – zu<br />

beweisen, ist es offenbar nötig, die ordnungsgemäße<br />

(evangelische) Taufe der beiden<br />

nachzuweisen. Warum, bleibt im Dokumentenverfahren<br />

unkommentiert.<br />

Letztlich stellt das hochoffizielle Verfahren<br />

der katholischen Jurisdiktion abschließend<br />

fest: „Die Ehe [zwischen M. <strong>und</strong> G.]<br />

ist nach katholischem Eherecht wegen des<br />

Hindernisses des bestehenden Ehebandes<br />

der Ehe [zwischen G. <strong>und</strong> mir] ungültig.<br />

[M.] ist deshalb nicht durch ein bestehendes<br />

Eheband geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> infolgedessen auch<br />

nicht daran gehindert, eine katholische Ehe<br />

zu schließen.“ Die göttliche Einspruchsfrist<br />

von 15 Tagen ist schnell verstrichen, der –<br />

angesichts der Komplexität des Falles<br />

äußerst gering erscheinende Obulus von 50<br />

Euro ist entrichtet, die katholischen Ehepforten<br />

stehen für M. <strong>und</strong> H. also weit offen.<br />

Die Geschichte hinterlässt eine entnervte<br />

G., die mit zahlreichen Bittbriefen zur Be-<br />

reitstellung dieser <strong>und</strong> jener Dokumente<br />

bombardiert worden war <strong>und</strong> die Nase von<br />

der katholischen Heiligkeit gestrichen voll<br />

hat. Zumal da sie inzwischen in doppelter<br />

Bigamie zum dritten Mal glücklich verheiratet<br />

ist.<br />

Nichtbetroffene mögen sich ihr eigenes<br />

Bild machen. In nomine domini. Amen.*<br />

Rainer Rosenzweig<br />

Geschäftsführer des Nürnberger Hands-on-Museums<br />

turmdersinne des HVD-Nürnberg, nach katholischem<br />

Eherecht bigamistisch in zweiter Ehe<br />

glücklich verheiratet.


Der Diesseits -Gedanke<br />

Gott ist das einzige Wesen, das, um zu herrschen,<br />

nicht selbst zu existieren braucht.<br />

Charles Baudelaire<br />

französischer Lyriker 1821 bis 1867<br />

CARTOON<br />

3/2006 33


Tierisch<br />

Berlin – Verstorbenen Tieren kann<br />

man auf der virtuellen H<strong>und</strong>egedenkseite<br />

„Das H<strong>und</strong>ewolkenhimmelreich“<br />

jetzt eine gebührende<br />

Ehrung zukommen lassen. Webmaster-Frauchen<br />

„Rottilove“ widmet<br />

ihrem verstorbenen Rottweiler<br />

Zeus dort u. a. folgende Zeilen:<br />

„Drum bitt ich Gott, dass er mir<br />

hilft <strong>und</strong> ein paar Flügel zu mir<br />

schickt. Ich fliege dann hoch in<br />

dein Himmelreich, als ich dich<br />

dann seh’, werden meine Beine<br />

weich. Du fliegst auf mich zu mit<br />

deinen Flügelein, denn du bist jetzt<br />

ein Rotti-Engelein.“<br />

Nachprüfen!<br />

Stuttgart – Die baden-württembergische<br />

Landesregierung warnt<br />

vor Nachhilfeangeboten der Scientology-Organisation<br />

für Schüler.<br />

Scientology versuche, auf dem<br />

Nachhilfe- <strong>und</strong> Bildungsmarkt<br />

stärker Fuß zu fassen, teilten Innenminister<br />

Heribert Rech <strong>und</strong><br />

Kultusminister Helmut Rau (beide<br />

CDU) in Stuttgart mit. Sie riefen<br />

Eltern auf, sich über private Angebote<br />

für Nachhilfeunterricht genau<br />

zu informieren.<br />

Den Angaben zufolge werden die<br />

Nachhilfeangebote durch die<br />

Scientology-Unterorganisation<br />

„Association for Better Living and<br />

Education“ (ABLE) koordiniert.<br />

Diese sei dem Propagandabereich<br />

der Scientology-Zentrale in Los<br />

Angeles zugeordnet. In Baden-<br />

Württemberg gebe es unter dem<br />

Namen „Applied Scholastics International“<br />

(ApS) bereits vereinzelt<br />

von Scientologen betriebene Nachhilfeeinrichtungen.<br />

Auch sei davon<br />

auszugehen, dass einzelne Scientologen<br />

auf privater Ebene Nachhilfe<br />

anbieten.<br />

Ausnahmezustand<br />

München – Für den deutschen<br />

Papst macht das B<strong>und</strong>esfinanzministerium<br />

eine Ausnahme: Obwohl<br />

sonst nur B<strong>und</strong>espräsidenten schon<br />

zu Lebzeiten auf Briefmarken abgebildet<br />

werden, soll es im nächsten<br />

Jahr zum 80. Geburtstag von Benedikt<br />

XVI. ein Sonderpostwertzeichen<br />

geben. Die 55-Cent-Marke<br />

„80. Geburtstag Papst Benedikt<br />

XVI.“ werde von April an erhältlich<br />

sein, teilte das Ministerium am<br />

Mittwoch mit. Das genaue Motiv<br />

wird den Angaben zufolge erst zum<br />

34<br />

3/2006<br />

Jahresbeginn feststehen. Es werde<br />

frühestens sechs Wochen vor dem<br />

Erscheinen der Marke veröffentlicht.<br />

Auch der Vorgänger von Benedikt<br />

XVI., Johannes Paul II.,<br />

wurde mit einer Sondermarke der<br />

Deutschen Post geehrt – allerdings<br />

erst wenige Wochen nach seinem<br />

Tod.<br />

Perlenkettenraucher<br />

Wien – Das Beten von Rosenkränzen<br />

als neue wirksame Methode,<br />

sich das Rauchen abzugewöhnen,<br />

empfiehlt der Sozialmediziner<br />

Michael Kunze vom Nikotininstitut<br />

Wien. „Das klingt komisch,<br />

aber Rosenkranz-Beten ist eine<br />

w<strong>und</strong>erbare Entspannungsübung“,<br />

sagt der Arzt in „News“. „Man<br />

muss sich konzentrieren <strong>und</strong> vergisst<br />

das Verlangen nach einer Zigarette.“<br />

Aussteigen bitte!<br />

Düsseldorf – Mit einer Burka verschleierte<br />

muslimische Frauen dürfen<br />

in Deutschland kein Auto fahren.<br />

Das hat das B<strong>und</strong>esverkehrsministerium<br />

auf Anfrage mitgeteilt.<br />

Beim Tragen einer Burka ist das<br />

Führen eines Autos beeinträchtigt,<br />

Sicht <strong>und</strong> Gehör sind stark eingeschränkt.<br />

Die Polizei müsse einer<br />

so verschleierten Frau die Weiterfahrt<br />

versagen.<br />

Kurzsichtig<br />

Treviso – Ein Priester hat in Italien<br />

bei einer Taufe eine Mutter aus<br />

der Kirche geschickt, weil ihr Rock<br />

angeblich zu kurz war. Die Frau sei<br />

in der Nähe der norditalienischen<br />

Stadt Treviso von Don Loris Fregona<br />

(42) kurz vor Beginn der<br />

Tauf-Zeremonie aufgefordert worden,<br />

das Gotteshaus zu verlassen<br />

<strong>und</strong> sich «ein sittsameres Kleid» anzuziehen,<br />

berichtete die Zeitung<br />

„La Repubblica“.<br />

Die Italienerin sei daraufhin weinend<br />

aus der Kirche gegangen <strong>und</strong><br />

habe sich umgezogen – <strong>und</strong> dadurch<br />

einen Teil der Taufe ihres eigenen<br />

Kindes verpasst, hieß es.<br />

Eine Fre<strong>und</strong>in erklärte, der Rock<br />

habe eine ganz normale Länge gehabt,<br />

er sei fast knielang gewesen.<br />

Die Eltern wollten sich nun an einen<br />

Anwalt wenden <strong>und</strong> den Priester<br />

verklagen.<br />

Während eines Gewitters am 30. Juli in Serbien trifft ein Blitz das<br />

Kreuz der St. Markus-Kirche in Belgrad.


Fußtritt<br />

Hamburg – Der bayerische Ministerpräsident<br />

Edm<strong>und</strong> Stoiber<br />

(CSU) will schwere Gotteslästerung<br />

künftig konsequenter <strong>und</strong><br />

härter bestrafen. In der „Bild“-Zeitung<br />

kündigte der CSU-Chef eine<br />

entsprechende Initiative an.<br />

Stoiber sagte dem Blatt: „Es darf<br />

nicht alles mit Füßen getreten werden,<br />

was anderen heilig ist.“ Der<br />

bisherige Paragraph 166 des Strafgesetzbuches<br />

sei „völlig stumpf <strong>und</strong><br />

wirkungslos, weil er eine Bestrafung<br />

nur dann vorsieht, wenn der<br />

öffentliche Frieden gefährdet ist<br />

<strong>und</strong> Aufruhr droht“. Wer bewusst<br />

auf den religiösen Empfindungen<br />

anderer Menschen herumtrampele,<br />

müsse mit Konsequenzen rechnen<br />

– in schweren Fällen mit bis zu drei<br />

Jahren Gefängnis. Der CSU-Chef<br />

mahnte: Wohin die Verletzung religiöser<br />

Gefühle führen könne,<br />

habe der Streit um die Mohammed-Karikaturen<br />

„auf alarmierende<br />

Weise gezeigt“.<br />

Reisebegleiter<br />

Frankfurt/Main – Urlauber können<br />

sich ihre Reise kostenlos per<br />

SMS segnen lassen. Ein entsprechendes<br />

Angebot hat der katholische<br />

Medienpfarrer Dietmar Heeg<br />

initiiert. Um den Segen zu erhalten,<br />

schicken Menschen – egal welcher<br />

Konfession – das Wort „Reisesegen“<br />

per SMS an die Telefonnum-<br />

mer 0177/1785259. Wenige Minuten<br />

später erscheint der Segen<br />

auf dem Mobilfunktelefon.<br />

Heeg erklärt: „Im Reisesegen gibt<br />

Gott denen, die sich mit dem Auto,<br />

im Flugzeug, Bus oder Schiff oder<br />

sonstwie auf den Weg machen die<br />

Zusage: Ich bin bei Dir <strong>und</strong> halte<br />

meine schützende Hand über Dich<br />

<strong>und</strong> begleite Dich in Deinen Ferien,<br />

egal was passiert.“<br />

Das Angebot ist auf 40.000 SMS limitiert<br />

<strong>und</strong> wird von der Bruderhilfe<br />

– Pax – Familienfürsorge finanziert,<br />

einem Spezialversicherer<br />

für Menschen im kirchlichen<br />

Dienst.<br />

http://www.sms-reisesegen.de/<br />

Temporarily not attainable<br />

Kapstadt – In Südafrika setzt sich<br />

derzeit ein neuer Trend durch.<br />

Handys als Grabbeigaben werden<br />

immer beliebter. Dort noch immer<br />

stark verbreitet ist der Glaube, man<br />

sei nicht wirklich tot, sondern nur<br />

von einem Zauber verhext. Da will<br />

man sich doch bemerkbar machen,<br />

wenn der Spuk nachlässt. Auch Ersatzakkus<br />

werden für den Fall der<br />

Fälle beigelegt. Haben die Angehörigen<br />

vergessen, auf Vibrationsalarm<br />

umzustellen, werden sich<br />

wohl Friedhofsbesucher an das<br />

Bimmeln aus dem Grab gewöhnen<br />

müssen.<br />

Einladung zur<br />

Spaßkreuzigung<br />

Rom – Madonna (47), US-Popstar<br />

auf Welttournee, hat den Papst zu<br />

ihrem Konzert in Rom eingeladen.<br />

„Dem Papst würde die Show gefallen,<br />

<strong>und</strong> er würde Madonna applaudieren“,<br />

zitierte die Zeitung<br />

„La Repubblica“ Madonnas Sprecherin<br />

Liz Rosenberg.<br />

Die Sängerin reagierte damit auf<br />

die Kritik des Vatikans an ihrer<br />

Aufführung des Liedes „Live To<br />

Tell“, bei der sie mit einer Dornenkrone<br />

auf dem Kopf an einem<br />

mächtigen Kreuz hängt. „Benedikt<br />

sollte mit eigenen Augen die Ausdruckskraft,<br />

die Schönheit <strong>und</strong> die<br />

Menschlichkeit Madonnas bei der<br />

bewegenden Performance sehen“,<br />

hieß es.<br />

„Sich aus Spaß kreuzigen zu lassen,<br />

<strong>und</strong> das in der Stadt des Papstes, ist<br />

ein Akt offener Feindseligkeit <strong>und</strong><br />

eine sinnlose Marketing-Operation“,<br />

hatte zuvor Kardinal Ersilio<br />

Tonini erklärt.<br />

3/2006 35


Welt-Anschaungs-Produktion<br />

Peter Schulz-Hageleit, der erste<br />

Präsident einer humanistischen<br />

Akademie in Deutschland (1997-<br />

2003), schafft es immer wieder,<br />

sich den oft unerquicklichen innerverbandlichenTheoriescharmützeln<br />

zu entziehen <strong>und</strong> dennoch<br />

wohl überlegt darin einzugreifen<br />

durch Vorlage neuer Bücher, Jahr<br />

um Jahr. Letztes aktuelles Werk:<br />

„Die leisen Stimmen der Vernunft.“<br />

Er gibt uns Beiträge zur<br />

Weltanschauung des organisierten<br />

<strong>Humanismus</strong>, gerade denen, die<br />

mehr wissenschaftliche Vernunft<br />

fordern. Er will zugleich teilhaben<br />

lassen an seiner Welt-Anschauungsbildung<br />

in der Hoffnung, diese<br />

oder jene begründete Ansicht<br />

werde sich objektivieren im Diskurs<br />

unter Humanisten.<br />

Schon bevor die „Wertedebatte“<br />

losbrach <strong>und</strong> man sich seitdem an<br />

der „Leitkultur“ <strong>und</strong> dem Berliner<br />

Ethikunterricht abarbeitet, legte<br />

Peter Schulz-Hageleit 2002 unter<br />

dem bewusst metaphorischen Titel<br />

„Am Jungbrunnen des Lebens“ seine<br />

Denkanstöße für „humanistische<br />

Eckwerte“ vor. Wie immer bei<br />

ihm beginnt <strong>und</strong> endet kein Text in<br />

Prinzipien, sondern es geht, wenn<br />

überhaupt, um Prinzipienvergleich<br />

<strong>und</strong> Streit um ehrenwerte Meinungen,<br />

auch wenn der Autor sie nicht<br />

teilt.<br />

In seinem soeben erschienenen<br />

Werk „Die leisen Stimmen der Vernunft“<br />

nimmt Schulz-Hageleit Gedanken<br />

wieder auf, die er eher privat<br />

1999 im Sonderheft 1 von „humanismus<br />

aktuell“ erscheinen ließ.<br />

Es ging damals um den Kosovo-<br />

Krieg <strong>und</strong> die Kritik daran, die er<br />

seinen Fre<strong>und</strong>en im <strong>Verband</strong>, die<br />

anders dachten als er, meinte aufschreiben<br />

zu müssen, aus pazifistischer<br />

Position, gewonnen aus Lebenserfahrung<br />

<strong>und</strong> Lehrklugheit.<br />

Der vorliegende Band holt weiter<br />

aus <strong>und</strong> erfordert vom Leser, sich<br />

auf seine Argumentationshilfen<br />

einzulassen, aus denen heraus er begründet,<br />

warum sich gerade Humanisten<br />

auf das Verstehen von<br />

Geschichte verlassen müssen, um<br />

mit allen andren zu lernen, ohne<br />

Feinde zu leben – aus Vernunft, die<br />

ihm auch „das Unerledigte, das<br />

‘Unerhörte’, das vor uns liegende<br />

bzw. Liegengebliebene“ (S.159) ist,<br />

das es aufzuarbeiten gilt. Unser<br />

Problem sei nicht, dass die „leisen<br />

Stimmen der Vernunft kaum zu<br />

hören“ seien, sondern dass wir uns<br />

anzustrengen haben, für die vielen<br />

36<br />

3/2006<br />

Vernünftigen einen Resonanzboden<br />

zu schaffen. Dem nun soll diese<br />

Rezension dienen mit der Versicherung<br />

an den Autor, dass der<br />

<strong>Verband</strong> ihm für seine Beharrlichkeit<br />

Dank schuldet <strong>und</strong> dem<br />

Wunsch, sein „Eid des Pädagogen“<br />

(S.166f.) möge künftige humanistische<br />

Lehrstuhlinhaber <strong>und</strong> heutige<br />

Lebensk<strong>und</strong>elehrer leiten.<br />

Horst Groschopp<br />

Schulz-Hageleit, Peter: Die leisen<br />

Stimmen der Vernunft. Tonaufnahmen<br />

im Schlachthaus der Geschichte.<br />

– Herbolzheim : Centaurus<br />

Verl., 2006, – 192 S. –<br />

19,90 Euro<br />

Papstkirche ohne<br />

Heiligenschein<br />

Die Geschichte der Konzile der katholischen<br />

Kirche kann man bezogen<br />

auf die Entwicklung religiöser<br />

Deutungen darstellen. Man kann<br />

sie aber auch im Kontext der jeweiligen<br />

gesellschaftlichen Verhältnisse<br />

interpretieren. Diesen Weg<br />

wählte der Journalist Peter Maslowski<br />

für sein Buch „Papstkirche ohne<br />

Heiligenschein“. Es handelt sich<br />

um eine posthume Erstveröffentlichung,<br />

entstand der Text doch<br />

überwiegend 1968 <strong>und</strong> wurde erst<br />

jetzt nach dem Tod des Autors<br />

1983 publiziert. Maslowski ging<br />

darin weltlichen Aspekten nach,<br />

welche von der päpstlichen Finanzpoliitk<br />

über das Spannungsverhältnis<br />

von Konzilen <strong>und</strong> Päpsten bis<br />

zum politischen Engagement reichten.<br />

Der zeitliche Rahmen streckt<br />

sich vom 16. bis ins 20. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

mit Schwerpunkt auf den<br />

machtpolitischen Interessen. Maslowski<br />

hebt hierbei auch das päpstliche<br />

Engagement gegen die demokratische<br />

Staatsidee hervor (vgl. S.<br />

159-163). Die journalistisch konzipierte<br />

Arbeit wurde von dem Herausgeber<br />

Felix Weiland noch um<br />

die nötigen Belegstellen für Informationen<br />

<strong>und</strong> Zitate ergänzt. Herausgekommen<br />

ist ein sich mitunter<br />

etwas schleppend lesendes, analytisch<br />

aber interessantes Werk. Maslowski<br />

neigt nicht zu ständiger Polemik<br />

<strong>und</strong> vermeidet auch eine vulgärmarxistische<br />

Deutung. Letzteres<br />

hätte man angesichts seiner Biographie<br />

befürchten können, gehörte er<br />

doch zu den religionspolitischen<br />

Aktivisten der stalinisierten KPD<br />

der Weimarer Republik. Über diese<br />

Zeit informiert Christoph Kopke<br />

in einer von ihm vor einiger Zeit<br />

herausgegebenen Edition, die<br />

frühere Schriften Maslowskis unter<br />

dem Titel „Klerikalismus <strong>und</strong> Proletariat“<br />

enthält. Inhaltlich geht es<br />

um die Bedeutung atheistischer<br />

Propaganda, eine Kritik der Zentrumspartei,<br />

die Deutung des Konkordats<br />

<strong>und</strong> die Entwicklung des<br />

Gotteslästerungsparagrafen. Diese<br />

Texte aus dem Zeitraum von 1926<br />

bis 1933 zeugen von einem dogmatischen<br />

Marxismus-Leninismus.<br />

Erst nach dem Hitler-Stalin-Pakt<br />

wandte Maslowski sich davon ab.<br />

Diese Entwicklung ist ihm gut bekommen,<br />

wie man der „Papstgeschichte<br />

ohne Heiligenschein“ entnehmen<br />

kann. Es handelt sich in<br />

der Tat um den „reizvollen Versuch“,<br />

so der Autor, „die Relation<br />

zwischen allem Konzilgeschehen<br />

<strong>und</strong> seiner Umwelt herzustellen“<br />

(S. 10).<br />

Armin Pfahl-Traughber<br />

Maslowski, Peter: Papstkirche<br />

ohne Heiligenschein. Geschichte<br />

der Konzile von Konstanz bis<br />

zum Vatikanum II / hrsg. von<br />

Felix Weiland. – Aschaffenburg :


Alibri-Verlag, 2006. – 345 S. – 20<br />

Euro<br />

Maslowski, Peter: Klerikalismus<br />

<strong>und</strong> Proletariat. Zur Religionsfrage<br />

<strong>und</strong> andere frühe Schriften<br />

/ hrsg. von Christoph Kopke,<br />

Aschaffenburg : Alibri-Verlag,<br />

2003. – 175 S. – 13 Euro<br />

Des Menschen Wille...<br />

... ist sein Himmelreich, weiß der<br />

Volksm<strong>und</strong>. Doch die Freiheit dieses<br />

Willens wird von manchen<br />

Hirnforschern <strong>und</strong> philosophischen<br />

Naturalisten zur Illusion erklärt<br />

– ähnlich dem Himmelreich.<br />

Denn aus naturalistischer Sicht gibt<br />

es kein Bewusstsein ohne materielles<br />

Substrat, kein subjektives Erleben<br />

ohne neuronale Gr<strong>und</strong>lage,<br />

keinen Geist ohne Gehirn.<br />

Tatsächlich ist auch schwer vorstellbar,<br />

dass rein Geistiges direkt<br />

auf die Materie einwirkt. Denn<br />

dann müsste man bei der Beschreibung<br />

etwa des Gehirns kausale<br />

Lücken finden, materielle Abläufe,<br />

die nicht auf der materiellen Ebene<br />

alleine erklärbar sind. So sieht es<br />

nicht aus, im Gegenteil: Die Hinweise<br />

häufen sich, dass unsere<br />

Selbstwahrnehmung – auch unser<br />

Freiheitserleben – genauso vom<br />

Gehirn konstruiert wird wie unsere<br />

Außenwahrnehmung. Dann aber<br />

kann auch die Selbstwahrnehmung<br />

täuschbar sein, ähnlich wie Sinnestäuschungen<br />

die Außenwahrnehmung<br />

irreleiten.<br />

Was bedeutet es für unser Verständnis<br />

von menschlicher Freiheit<br />

<strong>und</strong> damit für unser Menschenbild,<br />

wenn Willensentschlüsse <strong>und</strong> das<br />

Gefühl, Urheber einer Handlung<br />

zu sein, neuronal determiniert sind?<br />

Seit Jahren häufen sich dazu Vorträge<br />

<strong>und</strong> Konferenzen. Aufsätze<br />

<strong>und</strong> Bücher erscheinen in großer<br />

Zahl, für jedes Interesse, von rein<br />

physiologisch bis rein philosophisch,<br />

streng fachlich oder eher<br />

populär.<br />

Das Thema boomt, wir boomen<br />

mit. Denn unterdessen ist das Buch<br />

zum Symposium 2004 „Freier Wille<br />

– frommer Wunsch?“ mit zehn<br />

Beiträgen unserer damaligen Referenten<br />

erschienen. Dabei war es ein<br />

wesentliches Ziel, durch die Beteiligung<br />

unterschiedlicher Fachrichtungen<br />

(Psychologie, Philosophie<br />

des Geistes, Natur- <strong>und</strong> Rechtsphilosophie,<br />

Biologie, Soziologie <strong>und</strong><br />

Moraltheologie) das Spektrum typischer<br />

Fragestellungen <strong>und</strong> Denkweisen<br />

sichtbar werden zu lassen.<br />

Ihre gegenseitige Bereicherung,<br />

aber auch gelegentliche Unverträglichkeit<br />

lassen sich leicht erahnen.<br />

Die Beiträge sind als Einführungen<br />

für Nichtspezialisten geschrieben<br />

<strong>und</strong> enthalten zahlreiche Verweise<br />

auf die Fachliteratur. Es bleibt jedoch<br />

zu hoffen, dass das Buch als<br />

Ganzes auch Experten nicht langweilt<br />

(denn wer ist schon überall<br />

Experte?).<br />

Die ganze Debatte um die Willensfreiheit<br />

wird durchzogen von einer<br />

gewissen Mehrdeutigkeit ihres zentralen<br />

Begriffs: Es gibt keine allgemein<br />

anerkannte Definition dafür,<br />

wann ein Wille „frei“ heißt. Begriffliches<br />

Problembewusstsein ist daher<br />

unabdingbar für das Verständnis<br />

mancher Verästelung dieser Debatte.<br />

Ist es wirklich wesentlich für<br />

Freiheit, dass man in derselben Situation<br />

immer auch anders könnte<br />

(anders denken, sich anders entscheiden,<br />

anders handeln) als in<br />

Wirklichkeit? Es gehört sicher zur<br />

Freiheitsintuition, auf die Außenwelt<br />

nicht reflexartig reagieren zu<br />

müssen, nicht auf ein unflexibles<br />

Reaktionsmuster festgelegt zu sein,<br />

sondern über Alternativen zu verfügen.<br />

Aber wenn man sich nicht nur<br />

die äußere Situation der wahrgenommenen<br />

Umwelt, sondern auch<br />

die innere Konfiguration der eigenen<br />

Neuronen festgelegt denkt – ist<br />

diese Freiheitsintuition dann noch<br />

angemessen?<br />

Ist für die Freiheit eines Willens<br />

nicht viel entscheidender, durch<br />

welche geistigen Verarbeitungsprozesse<br />

er gebildet wurde, als ob das<br />

(natürlich immer zugr<strong>und</strong>e liegende)<br />

neuronale Geschehen determiniert<br />

abläuft oder nicht? Frei ist,<br />

wer Argumenten zugänglich bleibt<br />

<strong>und</strong> keiner Zwanghaftigkeit oder<br />

Sucht unterliegt. Diese Freiheit des<br />

Willens kann mit neuronaler Determiniertheit<br />

aber gar nicht in Widerspruch<br />

geraten: Der Begriff qualifiziert<br />

jetzt Erlebnisinhalte, nicht<br />

Neuronen. Dieser Begriff von Willensfreiheit<br />

ist <strong>und</strong> bleibt sinnvoll.<br />

Ein so verstandener freier Wille<br />

kann zwar keine eigenständige kausale<br />

Wirkung in der Welt entfalten<br />

– aber er ist dennoch keine Illusion.<br />

Denn es ist eben ein Unterschied,<br />

ob ein Mensch seinen Willensentschluss<br />

als selbstbestimmt, das<br />

heißt in Übereinstimmung mit seinen<br />

reflektierten Wünschen <strong>und</strong><br />

Neigungen erlebt oder nicht; ob er<br />

sich seinen Willen bewusst angeeignet<br />

hat <strong>und</strong> sich mit ihm identifiziert<br />

oder nicht; ob er Gründe <strong>und</strong><br />

Gegengründe für verschiedene ihm<br />

vorstellbare Handlungsoptionen<br />

durchdacht hat oder nicht. Und das<br />

ist auch dann noch ein Unterschied,<br />

wenn der Wille jeweils vollständig<br />

neuronal determiniert ist.<br />

Es spricht vieles dafür, genau diesen<br />

Unterschied durch das Begriffspaar<br />

„freier Wille / unfreier Wille“ auszudrücken.<br />

Wie immer man Willensfreiheit genau<br />

definiert: Sie sollte nicht als<br />

Freiheit von neuronalen Prozessen<br />

verstanden werden. Freiheit gibt es<br />

nur mit Neuronen, nicht gegen sie.<br />

Auch wenn ihr Verhalten determi-<br />

Zwei Autoren – zwei Meinungen<br />

Unlängst haben zwei profilierte<br />

Autoren <strong>und</strong> Philosophen<br />

gr<strong>und</strong>sätzliche Publikationen<br />

zum Thema <strong>Humanismus</strong> vorgelegt:<br />

Joachim Kahl mit seinem<br />

„Weltlichen <strong>Humanismus</strong> –<br />

Eine Philosophie für unsere<br />

Zeit“ (<strong>Humanismus</strong> aktuell 17)<br />

<strong>und</strong> Michael Schmidt-Salomon<br />

mit dem „Manifest des evolutionären<br />

<strong>Humanismus</strong> – Plädoyer<br />

für eine zeitgemäße Leitkultur“<br />

(diesseits 73). Im Juni lud<br />

die Humanistische Akademie<br />

Bayern beide Philosophen zum<br />

Kolloquium „<strong>Humanismus</strong> zwischen<br />

Lebenskunst <strong>und</strong> Kirchenkritik“,<br />

um dort gemeinsam diese<br />

Titel zu diskutieren, Übereinstimmungen<br />

zu suchen oder unterschiedliche<br />

Positionen zu<br />

durchleuchten.<br />

Der Meinungsaustausch – jeder<br />

hat das Buch des anderen ausführlich<br />

kritisiert – ist nachlesbar:<br />

Die Humanistische Akademie<br />

Bayern wird ihre geplante<br />

Schriftenreihe im Aschaffenburger<br />

Alibri-Verlag herausbringen.<br />

nistischen Gesetzen gehorcht, ermöglichen<br />

sie unsere Freiheit erst<br />

<strong>und</strong> verhindern sie nicht etwa. Wir<br />

sollten daher nicht den Ehrgeiz entwickeln,<br />

uns auch noch vom<br />

Zwang der Naturgesetze „befreien“<br />

zu wollen. Dieser Ehrgeiz könnte<br />

nur enttäuscht werden.<br />

Helmut Fink<br />

Fink, H.; Rosenzweig, R. (Hrsg.):<br />

Freier Wille – frommer Wunsch?<br />

Gehirn <strong>und</strong> Willensfreiheit. Paderborn<br />

: Mentis Verlag, 2005. –<br />

29,80 Euro<br />

Nach dem Startband, einer umfangreichen<br />

Dokumentation der<br />

diesjährigen Frühjahrstagung<br />

zum Thema Sterbehilfe, wird<br />

Band zwei die Kontroverse zwischen<br />

Joachim Kahl <strong>und</strong> Michael<br />

Schmidt-Salomon zur Theorie<br />

<strong>und</strong> Praxis des <strong>Humanismus</strong> aufgreifen.<br />

Die Veröffentlichung<br />

wird Beiträge von beiden Autoren<br />

sowie Rezensionen ihrer<br />

jüngsten Buchveröffentlichungen<br />

enthalten.<br />

Das Streitgespräch können Interessierte<br />

auch auf den jeweiligen<br />

Autoren-Homepages nachlesen.<br />

Auf der Seite www.<br />

schmidt-salomon.de findet sich<br />

der Artikel: „Der <strong>Humanismus</strong><br />

mit der Bügelfalte – kritische<br />

Überlegungen zu Joachim Kahls<br />

Buch Weltlicher <strong>Humanismus</strong>“.<br />

Unter www.Kahl-Marburg.de<br />

steht der entsprechende Widerspruch<br />

unter dem Titel „Fehlstart.<br />

Zur Kritik an Michael<br />

Schmidt-Salomons Manifest für<br />

einen evolutionären <strong>Humanismus</strong>.“<br />

3/2006 37


Schulden, Insolvenz <strong>und</strong><br />

<strong>Humanismus</strong>!?<br />

Zum Mittelfoto (diesseits 75/<br />

2006)<br />

Es ist auffällig: Immer mehr Menschen<br />

gehen durch die Gegend <strong>und</strong><br />

sammeln Leergut – in den Städten,<br />

auf dem Land, gut gekleidet oder obdachlos.<br />

Kleinere Läden schließen, selbst Videotheken<br />

<strong>und</strong> Kioske, die bisher<br />

scheinbar gut besucht waren.<br />

In der Zeitung ist regelmäßig von<br />

Unternehmen zu lesen, die ihre Inkasso-Dienste<br />

anbieten <strong>und</strong> russische<br />

Städte im Namen führen: Ihr<br />

38<br />

3/2006<br />

Aussprache<br />

Schuldner wird schon zahlen, wenn<br />

wir da waren!?<br />

Meiner Meinung nach war der<br />

Höhepunkt, was ich gegen Ende Juni<br />

2006 im Fernsehen sehen musste:<br />

Eine Frau tötete ihren kleinen Sohn<br />

<strong>und</strong> springt anschließend aus dem<br />

Fenster, weil der Gerichtsvollzieher<br />

zwecks Wohnungsräumung klingelte!<br />

Als Jurist, der seit mehreren Jahren<br />

auch im Bereich Inkasso <strong>und</strong> Insolvenz<br />

tätig ist, stelle ich mir oftmals die<br />

Frage: Was machen die Schuldner<br />

falsch, dass es so weit kommt? Wie setze<br />

ich die Forderung gegen sie durch?<br />

Nehme ich Rücksicht auf die oftmals<br />

vorgespielten Mitleidsgeschichten?<br />

Mir hilft der <strong>Humanismus</strong> da weiter:<br />

Gepflegte Umgangsformen, gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

Gleichbehandlung, Menschlichkeit,<br />

Ethik <strong>und</strong> Moral – selbst im<br />

Masseninkasso sollte man bemüht<br />

sein dran zu denken, dass am anderen<br />

Ende ein Schicksal stehen kann<br />

<strong>und</strong> nicht immer ein „Profi-Schuldner“.<br />

Aber auch die Schuldner sollten teilweise<br />

selbstbestimmter sein: Nachdenken,<br />

bevor es zu spät ist <strong>und</strong> nicht<br />

erst mit kistenweise unbezahlten <strong>und</strong><br />

ungeöffneten (!) Rechnungen zur<br />

Schuldnerberatung gehen. Auch den<br />

Gläubigern gegenüber sollten sie fair<br />

sein. Denn wer einmal gelogen hat,<br />

bekommt in der Regel keine zweite<br />

Chance!<br />

Dipl.-Jur. Christian Weiß, Niederkassel<br />

Anmerkung der Redaktion<br />

Bei Fragen an den Autor wenden Sie<br />

sich bitte an diesseits, wir leiten Ihre<br />

Post weiter. Selbstverständlich wird<br />

vollständige Diskretion zugesichert.<br />

Gewinn <strong>und</strong> Vergnügen<br />

Zur Rezension „Die Bornsteins“<br />

(diesseits 75/2006)<br />

Da ich mit einem Gewinn erst gar<br />

nicht gerechnet habe, kaufte ich mir<br />

die Geschichte der Bornsteins gleich<br />

selbst <strong>und</strong> las sie mit Gewinn <strong>und</strong><br />

Vergnügen. Wahrscheinlich gibt es<br />

ähnliche Familienchroniken mittlerweile<br />

in größerer Zahl. Als erste fand<br />

ich schon vor Jahren die Geschichte<br />

einer Frankfurter Bankersippe, deren<br />

Namen mir inzwischen leider entfallen<br />

ist, die Autorin hieß Tennenbaum...<br />

Für mich persönlich stellte erst kürzlich<br />

die Entdeckung der „Straßmanns“<br />

einen Höhepunkt dar, weil<br />

eine meiner längst verstorbenen Tanten<br />

im ersten Weltkrieg in diese Familie<br />

eingeheiratet hatte, von der ich<br />

trotzdem kaum etwas wusste. Gerade<br />

für Ihren Standort Berlin müsste diese<br />

Chronik aber auch besonders interessant<br />

sein, weil es dort noch einige<br />

Reminiszenzen an die Straßmanns<br />

geben muss. (...) Da Herr Ralf Bachmann<br />

persönlich Mitglied Ihrer Redaktion<br />

ist, bräuchte ich Sie natürlich<br />

nicht erst auf die Straßmanns<br />

aufmerksam zu machen, will es aber<br />

nun doch tun, weil ich nirgends eine<br />

Rezension oder Anzeige gesehen, sondern<br />

das Buch direkt in der Buchhandlung<br />

gef<strong>und</strong>en hatte. Vielleicht<br />

wäre es doch für viele andere Leser<br />

ebenso interessant:<br />

Wolfgang Paul Straßmann : Die<br />

Straßmanns : Schicksale einer<br />

deutsch-jüdischen Familie über<br />

zwei Jahrh<strong>und</strong>erte. – Campus<br />

Verlag Frankfurt a.M., 2006. –<br />

25 Euro<br />

Blidhildis Wiegand, Freiburg<br />

Empörende Unterstellungen<br />

Zur Filmkritik „Das Leben der<br />

Anderen“ (diesseits 75/2006)<br />

Nach vielen Informationen, Besprechungen<br />

<strong>und</strong> Ausschnitten aus diesem<br />

Film, diese Rezension hat mich<br />

endgültig davon überzeugt, dass ich<br />

mir diesen Film nicht antun werde.<br />

Dazu habe ich über Film <strong>und</strong> Fernsehen<br />

in den letzten zehn Jahren genug<br />

Geschichtslügen über das Leben<br />

in der DDR über mich ergehen lassen<br />

müssen.<br />

Ich will daher keine Gegenrezension<br />

schreiben, die Rezension von Schmidt<br />

wird dem Film sicher gerecht, nicht<br />

jedoch der historischen Wahrheit.<br />

Dieser Wahrheit dient es sicher nicht,<br />

wenn man den untergegangenen<br />

Staat auf die guten Spreewaldgurken<br />

u.ä. reduziert. Viele in der Rezension<br />

enthaltenen Wertungen sind jedoch<br />

so empörend, dass man ihnen nicht<br />

nur Einseitigkeit vorwerfen könnte,<br />

sie sind schlichtweg falsch.<br />

Da ist die Rede von allgemeiner Tristesse<br />

<strong>und</strong> der Dumpfheit in diesem<br />

Lande. Es ist von einem miefigen<br />

Land mit seinen kleingeistigen Funktionären<br />

die Rede. Sicher gab es kleingeistige<br />

Funktionäre, aber nicht nur<br />

<strong>und</strong> nicht einmal in Mehrheit. Gibt<br />

es die aber heute nicht auch in allen<br />

Ebenen von Politik <strong>und</strong> Wirtschaft?<br />

Also lieber „Wessi“ Schmidt, steig<br />

doch mal von deinem hohen Ross<br />

westlicher Borniertheit <strong>und</strong> Besserwisserei<br />

herunter <strong>und</strong> betrachte die<br />

gewesene DDR nicht durch eine in<br />

bestimmter Weise gefärbte Brille.<br />

Die ganze Rezension ist voller Unterstellungen<br />

<strong>und</strong> unbewiesener Behauptungen,<br />

ein Leserbrief reicht<br />

nicht, um all den Unsinn zu widerlegen,<br />

der da kolportiert wird.<br />

Bedauerlich, dass ein guter Schauspieler<br />

wie Ulrich Mühe sich für einen<br />

solchen Film hergegeben hat.<br />

Aber dessen moralische Integrität darf<br />

man nach seinem Verhalten gegenüber<br />

seiner Ex-Frau Jenny Gröllmann<br />

wohl auch bezweifeln dürfen.<br />

Die Wahrheit über die DDR werden<br />

künftige Generationen hoffentlich<br />

über andere Filme vor allem der<br />

DEFA erfahren. Ich denke da auch<br />

an sehr gesellschaftskritische Filme<br />

wie z.B. an „Spur der Steine“ oder<br />

„Das Kaninchen bin ich“.<br />

Werner Lange, Halle/Saale


Ohne Nächstenliebe<br />

Zum Interview „Schläge im Namen<br />

des Herrn“ (diesseits 75/<br />

2006)<br />

Es erscheint mir bemerkenswert, dass<br />

die außerkirchlichen Kritiker der<br />

jahrelang misshandelten Heimkinder<br />

über die Hintergründe ziemlich<br />

im Dunkeln tappen. Die viel beschworene<br />

christliche Nächstenliebe<br />

glänzte hier – wie auch sonst so oft –<br />

weitgehend durch Abwesenheit.<br />

Übrigens wird dieser Begriff in der<br />

Bibel kaum jemals auf alle in Not geratenen<br />

Menschen angewendet, sondern<br />

meistens nur auf Angehörige der<br />

eigenen Gruppe, die sich gewöhnlich<br />

als die „Rechtgläubigen“ verstehen.<br />

(...)<br />

Wenn die Interviewerin P. Block den<br />

archaischen Gedanken aus der „Heiligen<br />

Schrift“ erwähnt, väterliche<br />

Liebe zum Sohn drücke sich durch<br />

Prügel aus, dann ist sie schon auf einer<br />

richtigen Fährte. Tatsächlich<br />

wird das Hohelied des elterlichen<br />

Prügelprivilegs variantenreich im Alten<br />

<strong>und</strong> Neuen Testament gesungen.<br />

Beispiel: „Züchtige deinen Sohn, so<br />

wird er dir Freude machen <strong>und</strong> deine<br />

Seele erquicken“ (Spr 29,17).<br />

Weil Gott häufig als „Vater“ bezeichnet<br />

wird, wendet Hebr 12,6 dieses<br />

Bild entsprechend an: „Denn wen der<br />

Herr lieb hat, den züchtigt er, <strong>und</strong> er<br />

schlägt jeden Sohn, den er annimmt.“<br />

Anders ausgedrückt: Das nicht geprügelte<br />

Kind ist nicht von Gott angenommen!<br />

Diese traurige Konsequenz<br />

wollten die „Barmherzigen Schwestern“<br />

<strong>und</strong> ihresgleichen gewiss vermeiden!<br />

(...)<br />

Zum vierten Gebot „Du sollst deinen<br />

Vater <strong>und</strong> deine Mutter ehren, auf<br />

dass dir’s wohlgehe <strong>und</strong> du lange lebest<br />

auf Erden“ (Ex 20,12; Dtn<br />

5,16) gibt es bei Lev 19,3 eine verkürzte,<br />

aber gleichzeitig deutlichere<br />

Fassung: „Ein jeglicher fürchte seine<br />

Mutter <strong>und</strong> seinen Vater“ (vgl. „Vor<br />

einem grauen Haupt sollst du aufstehen<br />

<strong>und</strong> die Alten ehren“ bei Lev<br />

19,32). Dieses Gebot begünstigt ausschließlich<br />

die Eltern <strong>und</strong> andere<br />

hochgestellte Erwachsene. Dagegen<br />

fehlt in der Bibel eine verbindliche<br />

Forderung des Kinderschutzes völlig!<br />

Dass Kinder die Eltern lieben <strong>und</strong><br />

achten sollen, allerdings ohne Furcht<br />

<strong>und</strong> Unterwürfigkeit, müsste selbstverständlich<br />

sein. Dass Eltern ihre<br />

Kinder dagegen mit Verständnis <strong>und</strong><br />

liebevoller Zuwendung erziehen sollen,<br />

ist heute ebenfalls Allgemeingut<br />

in jeder zivilisierten Gesellschaft (vgl.<br />

Gr<strong>und</strong>gesetz Art. 6.2). Wenn also<br />

heute die lieben Kleinen nicht mehr<br />

verdroschen werden dürfen, ist das<br />

eindeutig gegen die biblische Doktrin.<br />

(...)<br />

Klaus Uppendahl, Forchheim<br />

Gegen gedankenlose<br />

Selbstüberschätzung<br />

Zum Artikel „<strong>Humanismus</strong> <strong>und</strong><br />

Kritik“ (diesseits 75/2006)<br />

Petra Caysas Erörterungen zum Thema<br />

waren eine Warnung vor selbstzufriedenen<br />

Definitionen des <strong>Humanismus</strong>,<br />

die das komplexe Problem-<br />

<strong>und</strong> Aufgabenfeld auf wenige<br />

Begriffe wie z.B. „Selbstbestimmung“<br />

reduzieren oder sich an den<br />

Schwächen <strong>und</strong> Vergehen der kirchlichen<br />

Gegner festhalten, als wenn<br />

wir mit dem, was wir selbst wollen<br />

<strong>und</strong> können, nicht genug zu tun hätten.<br />

Ergänzend anzufügen <strong>und</strong> hervorzuheben<br />

wäre allenfalls (nicht als<br />

Mängelfeststellung, sondern als<br />

dankbare Annahme der Aufforderung<br />

zu weiterer Diskussion), dass<br />

die vor allem an Foucault festgemachte<br />

Idee der „Selbstordnung<br />

menschlicher Kräfte“, in der „reflektierte<br />

Empörung“ <strong>und</strong> Selbstkritik<br />

zusammenfließen, einen Kristallisationspunkt<br />

humanistischen Denkens<br />

<strong>und</strong> Handelns konstituiert, der<br />

durch Rückgriff auf viele weitere<br />

Vorstöße in der Ideen- <strong>und</strong> Philosophiegeschichte<br />

bestätigt <strong>und</strong> verstärkt<br />

werden könnte. Ich erinnere hier nur<br />

an das dreibändige, f<strong>und</strong>amentale<br />

Werk von Peter Weiss (1916-1982),<br />

„Ästhetik des Widerstands“, <strong>und</strong> an<br />

die mehr der literaturgeschichtlichen<br />

Selbstsuche geschuldete Essayfolge<br />

von Albert Camus (1983-1960),<br />

„Der Mensch in der Revolte“. (...)<br />

Die große Frage, die sich bei der philosophischen<br />

Beschäftigung mit derartigen<br />

Argumentationen humanistisch<br />

aufdrängt, betrifft das positivkonstruktive,<br />

politisch-ethische Pendant<br />

zu diesen Negationen; denn nur<br />

mit Gegen-, Anti-, Un- <strong>und</strong> Ent-<br />

lässt sich keine zukunftsträchtige Lebenshaltung<br />

respektive Weltanschauung<br />

entwickeln. Caysa verweist auf<br />

diese Aufgabe, indem sie beispielsweise<br />

Selbstbestimmung als Arbeit des<br />

Selbst an sich definiert <strong>und</strong> damit die<br />

oft gedankenlose Selbstüberschätzung<br />

(etwa nach dem Motto: Wir sind<br />

selbstbestimmt, die anderen nicht)<br />

zurückweist. Hier müssten wir verstärkt<br />

einsetzen <strong>und</strong> weitermachen,<br />

individuell <strong>und</strong> kollektiv. Was hält<br />

uns zusammen <strong>und</strong> treibt uns voran?<br />

Worauf können wir stolz sein? Welche<br />

Ziele, Leistungen <strong>und</strong> Wert-Essentials<br />

waren <strong>und</strong> sind uns die wich-<br />

tigsten? Weitere Antworten auf diese<br />

Fragen erhoffe ich mir von diesseits<br />

<strong>und</strong> humanismus aktuell sowie von<br />

der Humanistischen Lebensk<strong>und</strong>e in<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis.<br />

Peter Schulz-Hageleit, Berlin<br />

Wo bleiben die<br />

Erwerbslosen?<br />

Zur Zeit bin ich beim Humanistischen<br />

Regionalverband Sachsen-Anhalt<br />

e.V. in Halle im Bürgerhaus „alternativE“<br />

in der Trauerberatung<br />

tätig (Ein-Euro-Job). Und hier habe<br />

ich auch die letzte Ausgabe der Zeitschrift<br />

„diesseits“ gelesen. Viele Artikel<br />

der Zeitschrift sind sehr aufschlussreich<br />

<strong>und</strong> informativ <strong>und</strong> berichten<br />

Interessantes über die Arbeit des Humanistischen<br />

<strong>Verband</strong>es. Insbesondere<br />

der Artikel „<strong>Humanismus</strong> <strong>und</strong><br />

Kritik“ von Frau Dr. P. Caysa hat es<br />

mir angetan.<br />

Die Leitidee der humanistischen Bewegung,<br />

so die Autorin P. Caysa, besteht<br />

in der Forderung nach Selbstbestimmung<br />

des Menschen. Und: „mindestens<br />

für unsere Gesellschaft bildet<br />

die Erwerbsarbeit das historische<br />

Apriori der Selbstarbeit“.<br />

Wir unterscheiden politische <strong>und</strong> individuelle<br />

Selbstbestimmung. Wird<br />

durch die neoliberale Forderung, die<br />

nicht nur ein wirtschaftliches Credo,<br />

sondern eine Wertvorstellung beinhaltet<br />

<strong>und</strong> eine normative Aussage ist,<br />

die Forderung nach politischer Selbstbestimmung<br />

nicht untergraben,<br />

wenn sie eine gesellschaftliche Wertorientierung<br />

geworden ist? Es geht um<br />

die Gestaltung des Gemeinwesens,<br />

um mehr als Produktionsgerechtigkeit.<br />

Trotz Renditeforderung sind<br />

Menschen auf ein solidarisches Gemeinwesen<br />

angewiesen, sie bleiben<br />

moralische Wesen <strong>und</strong> suchen nach<br />

Orientierungen, kultureller <strong>und</strong><br />

Selbstidentität.<br />

Solange Menschen einer Erwerbsarbeit<br />

nachgehen, durch die sie ihre<br />

wirtschaftliche Selbstständigkeit erhalten,<br />

die ihnen soziale Anerkennung<br />

sichert <strong>und</strong> integriert, mag es<br />

ihnen gelingen, ihren privaten Interessen<br />

nachzugehen oder sich zu verwirklichen.<br />

Kennzeichen der Erwerbsarbeit<br />

aber sind Spezialisierung<br />

<strong>und</strong> Arbeitsteilung. Sie umfasst auch<br />

nicht die Gesamtheit menschlicher<br />

Tätigkeiten. Den Menschen bleibt<br />

die Freizeit, die knapper wird. Auch<br />

vor dem Eintritt in die <strong>und</strong> nach dem<br />

Ausscheiden aus der Erwerbsarbeit<br />

entwickeln Menschen ihre Persönlichkeit.<br />

Ebenso arbeiten Hausfrauen<br />

an ihrem Selbst.<br />

Auch Arbeitslose arbeiten an ihrem<br />

Selbst. Sie verfügen über freie Zeit.<br />

Aber diese freie Zeit will ihnen nicht<br />

so recht behagen, Selbstverwirklichung<br />

fällt schwer. Ihnen erscheint<br />

die freie Zeit nicht als Freizeit zur<br />

Selbstverwirklichung, sondern als<br />

Un-Zeit, als verlorene Lebenszeit.<br />

Dieses Empfinden wird verstärkt<br />

durch soziale Ausgrenzung, durch<br />

Stigmatisierung, gar Kriminalisierung,<br />

Zukunftsängste <strong>und</strong> Perspektivlosigkeit.<br />

In der Folge der sozialen<br />

Isolation, die durch Familienbindungen<br />

nicht aufgehoben werden<br />

kann, werden das Selbstwertgefühl<br />

<strong>und</strong> die Würde des Einzelnen hohen<br />

Belastungen ausgesetzt. Und doch<br />

verfügen auch Arbeitslose über Würde<br />

<strong>und</strong> ein Selbstwertgefühl. Denn es<br />

handelt sich um Schicksale von Menschen,<br />

denen das Recht auf Selbstbestimmung<br />

nicht genommen werden<br />

darf, wenn Menschenrechte unteilbar<br />

<strong>und</strong> universell sein sollen.<br />

Dr. Edm<strong>und</strong> Fröse, Halle/Saale<br />

Das Buch von Ralf Bachmann<br />

gewannen unsere Leserin Katja<br />

Gr<strong>und</strong>ig aus Annaberg-Buchholz<br />

sowie Herr Klaus Uppendahl<br />

aus Forchheim. Herzlichen<br />

Glückwunsch!<br />

Bücher fürs Diesseits...<br />

Aktuelle Kirchen- & Religionskritik,<br />

Studien zur Geschichte von<br />

Atheismus & <strong>Humanismus</strong>, kritische<br />

Untersuchungen zu Löffelbiegern<br />

& W<strong>und</strong>erheilern, allgemeinverständlicheDarstellungen<br />

naturwissenschaftlicher Erkenntnisse,<br />

Gedanken humanistischer<br />

Philosophen – unter:<br />

www.denkladen.de<br />

3/2006 39


HUMANISTISCHER VERBAND<br />

DEUTSCHLANDS (HVD)<br />

B<strong>und</strong>esvorstand<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />

http://www.humanismus.de<br />

hvd@humanismus.de<br />

B<strong>und</strong>esverband Junge<br />

HumanistInnen<br />

Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />

mwitzke.hvd-berlin@humanismusde<br />

BADEN-WÜRTTEMBERG<br />

HVD Baden-Württemberg<br />

Postfach 2307, 89013 Ulm<br />

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Die Humanisten Württemberg<br />

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Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />

Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />

a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />

BAYERN<br />

HVD Bayern e.V.<br />

■ Landesgeschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />

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Bayern e.V.<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

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Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />

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HVD Nürnberg K.d.ö.R.<br />

■ Geschäftsstelle<br />

Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />

90489 Nürnberg<br />

Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />

info@hvd-nuernberg.de<br />

www.hvd-nuernberg.de<br />

■ Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />

■ Service-Line 0180-11 123 11<br />

■ Jugendfeier-Team <strong>und</strong> Junge<br />

HumanistInnen: 0911-43104-11<br />

jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />

www.jugendfeier.net<br />

Stadtmauerturm der JuHus:<br />

Spittlertormauer 7, 90402 Nürnberg<br />

■ <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-St. Peter<br />

Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />

Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />

kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />

■ <strong>Humanistischer</strong> Kindergarten<br />

Nbg.-Mögeldorf<br />

Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />

Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />

kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />

■ Humanistisches Haus für Kinder<br />

Am Südpark<br />

Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />

90763 Fürth<br />

Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />

hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />

■ Turm der Sinne gGmbH<br />

Büro: Spittlertorgraben 45<br />

90429 Nürnberg<br />

Fon 0911-441620, Fax 9443269<br />

info@turmdersinne.de<br />

www.turmdersinne.de<br />

Adresse des Turms: Mohrenturm am<br />

Westtor, Nürnberg, Spittlertormauer 17<br />

HVD Würzburg<br />

Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />

www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />

hvd-wuerzburg@gmx.de<br />

BERLIN/BRANDENBURG<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />

Berlin-Brandenburg<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0<br />

Fax 030-613 904-50<br />

BERLIN<br />

HVD Berlin<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-0<br />

Fax 030-613 904-50<br />

hvd-berlin@humanismus.de<br />

Direkte Durchwahlnummern:<br />

■ Abteilung Kitas -39<br />

■ Abteilung Ges<strong>und</strong>heit/Soziales –25<br />

■ Abteilung Lebensk<strong>und</strong>e -60<br />

■ Abteilung Jugend/Jugendfeier<br />

Fon 030-613 904-74, Fax -89<br />

■ Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />

-11, -19, Fax -36<br />

www.patientenverfuegung.de<br />

mail@patientenverfuegung.de<br />

■ V.I.S.I.T.E.<br />

Besuchs- <strong>und</strong> Hospizdienst -32<br />

www.visite-hospiz.de<br />

mail@visite-hospiz.de<br />

■ Öffentlichkeitsarbeit -26<br />

■ Kultur -23<br />

■ F<strong>und</strong>raising -38<br />

■ Freiwilligenarbeit/Mitgliederbetreuung/Seniorenkoordinatorin<br />

-15<br />

■ Junge HumanistInnen Berlin<br />

Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />

Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />

info@juhu-berlin.de<br />

ingo@juhu-berlin.de<br />

■ Jugendtreff „PPZ“ der Jungen<br />

HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9<br />

10315 Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />

■ Schulklub Sakura-Gr<strong>und</strong>schule<br />

Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />

Fon 030-42 85 21 79<br />

■ Café Rix GmbH<br />

Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />

Fon/Fax 030-686 90 20<br />

■ Sozialstation „Die Brücke“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />

■ Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />

■ Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle,<br />

Behmstr. 73<br />

10439 Berlin, Fon/Fax 030-441 79 92<br />

skb@hvd-berlin.de<br />

■ Kontakt- <strong>und</strong> Informationsstelle für<br />

Selbsthilfe (KIS)<br />

Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />

Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />

Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />

■ Betreuungsverein<br />

Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />

Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />

Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />

■ Brückentreff Psychosoziale Kontakt<strong>und</strong><br />

Beratungsstelle<br />

Torstraße 158, 10115 Berlin<br />

Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />

Kitas:<br />

■ Adlershofer Marktspatzen<br />

Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />

Fon/Fax 030-677 42 09<br />

■ Am Park<br />

Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />

Fon/Fax 030-631 66 99<br />

■ Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />

Fon 030-56 82 86 63<br />

■ Dreikäsehoch<br />

Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />

Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />

dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />

■ Friedenauer Strolche<br />

Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />

Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />

■ Gartenstadtfrösche<br />

Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />

Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />

gartenstadt@humanistischekitas.de<br />

■ General-Woyna-Str. 48<br />

13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />

■ Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />

Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />

■ Hopsekäse<br />

Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />

Fon/Fax 030-291 61 64<br />

■ Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />

Fon/Fax 030-995 22 69<br />

kastanienallee@humanistischekitas.de<br />

■ Kinderhaus Felix<br />

Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />

Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />

kinderhausfelix@humanistischekitas.de<br />

■ Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />

Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />

Fon/ Fax 030-933 91 98<br />

■ Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />

Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />

■ Michel-Klinitz-Weg 18<br />

12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />

■ Mühlengeister<br />

Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />

Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />

muehlengeister@humanistischekitas.de<br />

■ Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />

Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />

pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />

■ PrenzlZwerge<br />

Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />

Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />

prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />

■ Stadtfüchse<br />

Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />

Fon/Fax 030-441 42 82<br />

erzieherinnen.stadtfuechse @web.de<br />

■ Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />

Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />

wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />

■ Rappelkiste<br />

Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />

Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />

■ Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />

Str. 45/47, 13156 Berlin<br />

Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />

wirbelwind@humanistischekitas.de<br />

■ Zum Hasenhügel<br />

Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />

Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79<br />

zum.hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />

■ Konfliktberatung für Paare<br />

Fon über 030-613 904-15<br />

■ Neustart – Betreutes Wohnen<br />

für Obdachlose<br />

Holzhauser Straße 72, 13509 Berlin<br />

Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />

neustart@hvd-berlin.de<br />

www.wp-neustart.de<br />

■ Humanistische Akademie e.V.<br />

Redaktion „humanismus aktuell“<br />

Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />

Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />

www.humanistische-akademie.de<br />

■ Koordinierungsstelle für ambulante Rehabilitation<br />

älterer Menschen in Neukölln<br />

Haus des älteren Bürgers<br />

Werbellinstraße 12, 12053 Berlin<br />

Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />

■ Berliner Seniorentelefon<br />

Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />

Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />

Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi<br />

12-16 Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />

www.berliner-seniorentelefon.de<br />

info@berliner-seniorentelefon.de<br />

■ HOTEL4YOUth<br />

Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />

Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />

www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />

■ Kinder- <strong>und</strong> Jugendbüro Marzahn<br />

Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />

kijubue-marzahn@web.de<br />

■ Internetcafé für Senioren<br />

Weltenbummler, Werbellinstraße 42,<br />

12053 Berlin-Neukölln<br />

Fon 030-68054287<br />

■ Ges<strong>und</strong>heitliche <strong>und</strong> soziale Dienste<br />

des HVD in Tempelhof,<br />

Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />

12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />

BRANDENBURG<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Ostbrandenburg e.V.<br />

PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />

humanistus@aol.com<br />

www.hro-kwh.de<br />

■ Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />

Goethestr. 5,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-87 28 45<br />

■ Jugend-Freizeit-Zentrum<br />

Scheederstr. 47,<br />

15711 Königs Wusterhausen<br />

Fon 03375-29 67 69<br />

HVD Regionalverband Brandenburg<br />

Nord e.V.<br />

Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />

■ Humanistisches Musikzentrum<br />

■ Feierkultur<br />

■ Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />

Obdachlosigkeit<br />

■ Jugend- <strong>und</strong> Sozialwerk gGmbH<br />

Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-58 28 94<br />

■ Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />

Albert-Buchmann-Str. 1,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-53 54 40<br />

■ Betreutes Jugendwohnen<br />

Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />

16515 Oranienburg<br />

Fon 03301-80 70 56<br />

Nebenstelle Neuruppin<br />

Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />

Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />

■ Feierkultur<br />

■ Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />

■ Schulsozialarbeit<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Brandenburg/Belzig e.V.<br />

Willibald-Alexis-Str. 28<br />

14772 Brandenburg<br />

Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />

humreg@humreg.de<br />

■ Kinder- <strong>und</strong> Jugendclub<br />

■ Jugendfeier<br />

■ Seniorenarbeit<br />

■ Junge Humanisten<br />

■ Schulsozialarbeit<br />

■ Bereich „Hilfe zur Erziehung“<br />

Stadtteilbüro im Bürgerzentrum<br />

Große Gartenstraße 42a<br />

14776 Brandenburg an der Havel<br />

Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Potsdam/<br />

Potsdam-Mittelmark e.V.<br />

■ Geschäftsstelle Potsdam<br />

Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />

Büro <strong>und</strong> Patientenverfügung:<br />

Fon 0331-290 94 76<br />

Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />

Fax 0331-280 58 81<br />

hvdppm@aol.com<br />

hvd-potsdam@freenet.de<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Teltow-Fläming e.V.<br />

Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />

Fon/Fax 033731-805 24<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />

Märkisch-Oderland e.V.<br />

„Arche“<br />

Carl-Schmäcke-Straße 33<br />

15366 Neuenhagen<br />

Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />

Humanistisches Internationales<br />

Begegnungs- <strong>und</strong><br />

Beratungszentrum (HIBBZ)<br />

Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />

Fon <strong>und</strong> Fax 03334-212491<br />

www.hibbz.de, info@hibbz.de<br />

<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerb<strong>und</strong><br />

Brandenburg e.V.<br />

Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />

<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerb<strong>und</strong><br />

Havelland e.V.<br />

■ Geschäftsstelle<br />

Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />

■ Jugendtreff Miteinander, Frauen- <strong>und</strong><br />

Selbsthilfetreff<br />

Berliner Str. 41, 14712 Rathenow<br />

Fon 03385-51 55 31<br />

■ Treff: Suchthilfe, Kleiderkammer,<br />

Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />

Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />

Fon 03321-45 07 46<br />

Freidenker Barnim e.V.<br />

■ Geschäftsstelle<br />

Rüdnitzer Chaussee 48-50<br />

16321 Bernau<br />

Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />

■ Informations- <strong>und</strong> Beratungspunkt<br />

Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />

Fon/Fax 03338-2416<br />

Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- <strong>und</strong><br />

Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />

Sozialberatung<br />

HAMBURG<br />

HVD Hamburg<br />

Beim Schlump 23,<br />

20144 Hamburg<br />

Fon 040-5312850, Fax 53320430<br />

NIEDERSACHSEN<br />

Freie Humanisten K.d.ö.R.<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-16 76 91-60, Fax -78<br />

zentrale@freie-humanisten.de<br />

www.freie-humanisten.de<br />

■ Studentenwohnheim „Haus Humanitas,<br />

Fon -61<br />

■ Feierservice für weltliche<br />

Familienfeiern, Fon -63<br />

■ JugendFEIER (Landeskoordination)<br />

■ Junge Humanisten, Fon 0511-1 85 61<br />

www.junge-humanisten.de<br />

Freie Humanisten Osnabrück<br />

freie-humanisten-os@osnanet.de<br />

Regionalgeschäftsstellen<br />

Hannover<br />

Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />

Fon 0511-1 61 40 12, Fax 16 76 91 78<br />

Emden<br />

c/o Eckhard Kühl<br />

An der Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />

Fon 04925-8725, Fax 2146<br />

NORDRHEIN-WESTFALEN<br />

HVD Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R.<br />

Landesgeschäftsstelle<br />

Küpferstr. 1, 44135 Dortm<strong>und</strong><br />

Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72<br />

mail@hvd-nrw.de<br />

www.hvd-nrw.de<br />

Ortsgruppen in vielen Städten!<br />

Tel. erfragen!<br />

■ Humanitas-Verlag<br />

www.humanitas-verlag.de<br />

■ Junge HumanistInnen NRW<br />

Fon 0231-5 86 15 70<br />

HVD Bergisches Land<br />

Chlodwigstr. 28<br />

42119 Wuppertal-Elberfeld<br />

Fon 0202-46 04 555<br />

HVD Bielefeld<br />

Fon 05234-203761<br />

hvd-bielefeld@web.de<br />

HVD Duisburg<br />

Fon 0203-29 82 440<br />

SACHSEN<br />

HVD Sachsen<br />

Großenhainer Straße 88<br />

01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />

SACHSEN-ANHALT<br />

Humanisten Sachsen-Anhalt<br />

c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

Fon 0391-2515938, Fax 2516338<br />

humanisten.sachsen-anhalt@<br />

juhu-magdeburg.de<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />

Halle-Saalkreis e.V.<br />

Bürgerhaus „alternativE“<br />

Gustav-Bachmann-Straße 33<br />

06130 Halle<br />

Fon 0345-1 31 94 73<br />

Fax 0345-1 31 94 75<br />

buergerhaus-halle@freenet.de<br />

■ Frauen Kommunikationszentrum<br />

■ Offener Kinder- <strong>und</strong> Jugendtreff<br />

■ Trauerberatung, Patientenverfügungen,<br />

Fon 0345-2023168<br />

■ Begegnungsstätte<br />

Fon 0345-12 26 90 22<br />

■ Schuldnerberatung<br />

Fon 0345-1319053<br />

■ Musikinstrumentenkabinett<br />

■ Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />

Südliches Sachsen-Anhalt e.V.<br />

■ Bürger <strong>und</strong> Jugendhaus/Herberge<br />

Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />

Fon 03461-21 35 19<br />

hrvbuergerhaus@aol.com<br />

■ Jugendlub „Die Hütte“<br />

Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />

Fon/Fax 03461-50 28 75<br />

■ Jugendfeier Fon 03461-213519<br />

■ Jugendclub „Elofant“<br />

Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />

Fon 0177-2115619<br />

■ Projekt Schulsozialarbeit<br />

Sek<strong>und</strong>arschule „Unteres Geiseltal“<br />

Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />

Fon 034633-2 26 09<br />

Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />

■ KJFE „Kannenstieg“<br />

Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />

39128 Magdeburg<br />

Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38<br />

juhu-magdeburg@t-online.de<br />

■ Schülertreff „Rothensee“<br />

Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />

Fon 0391-5 05 00 44<br />

■ Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />

<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />

Mansfelder Land e.V.<br />

■ Jugendclub „Die Leuchte“<br />

Beethovenstraße 1, 06333 Hettstedt<br />

Fon 03476-85 11 49<br />

■ Jugendtreff „Bombastic“<br />

Friedenstraße 1, 06456 Sandersleben<br />

Fon 034785-2 02 59


Robert Gernhardt<br />

Gebet<br />

Lieber Gott, nimm es hin,<br />

dass ich was Besond’res bin.<br />

Und gib ruhig einmal zu,<br />

dass ich klüger bin als du.<br />

Preise künftig meinen Namen,<br />

denn sonst setzt es etwas. Amen.<br />

Der Schriftsteller <strong>und</strong> Karikaturist Robert Gernhardt starb am 30. Juni 2006 im Alter von 68<br />

Jahren. Einen Namen machte sich der in Frankfurt am Main lebende Künstler auch als Mitbegründer<br />

des Satiremagazins „Titanic“.<br />

Im Zusammenhang mit dem Karikaturenstreit bekannte der Künstler im Februar dieses Jahres<br />

in einem Interview mit tagesschau.de: „Auch ich als aufgeklärter, ungläubiger Mensch habe<br />

Gefühle, die von den Religionseiferern verletzt werden können.“ Auf die Frage, wo bei Satire<br />

die Grenzen liegen erklärte er: „Eine einzige Grenze gibt es da, wo ich mich nicht auskenne.<br />

Ich wäre deshalb nie auf die Idee gekommen, eine Mohammed-Karikatur zu zeichnen, oder<br />

Witze über den jüdischen Gott zu machen. Aber den ‚Stasi-Gott’ meiner Kindheit, der alles<br />

sieht <strong>und</strong> nichts verzeiht, habe ich immer wieder bearbeitet. Unter anderem mit dem Gebet<br />

„Lieber Gott, nimm es hin, dass ich was Besond’res bin“.


<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />

<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong>, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />

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Tagen ohne Angabe von Gründen schriftlich<br />

widerrufen kann.<br />

● Ich möchte im Humanistischen <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong> mitarbeiten.<br />

Meine Interessen liegen im Bereich<br />

Mehrwertsteuer (Ausland zuzüglich Portomehrkosten).<br />

diesseits erscheint vierteljährlich, jeweils<br />

am 1. März, 1. Juni, 1. Oktober <strong>und</strong> 1. Dezember.<br />

Das Abonnement verlängert sich automatisch<br />

um ein weiteres Jahr, sofern es nicht<br />

spätestens 6 Wochen vor Ende des Kalenderjahres<br />

schriftlich gekündigt wird.<br />

Datum Unterschrift<br />

Anschrift<br />

● Ich möchte Mitglied im<br />

Humanistischen <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

werden.<br />

Name, Vorname<br />

● Ich bin konfessionsfrei <strong>und</strong> fühle mich einer<br />

humanistischen Lebensauffassung verb<strong>und</strong>en.<br />

● Ich möchte diesseits –<br />

Zeitschrift des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />

kennenlernen.<br />

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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong><br />

Wallstraße 61-65,10179 Berlin<br />

Selbst denken – Gemeinsam leben<br />

Humanistinnen <strong>und</strong> Humanisten gestalten ihr Leben<br />

selbstbestimmt <strong>und</strong> verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />

Menschen selbst, ethische <strong>und</strong> moralische Entscheidungen zu<br />

treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken der Aufklärung<br />

zu verdanken, in deren Tradition der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

<strong>Deutschlands</strong> steht.<br />

Als Humanistinnen <strong>und</strong> Humanisten stehen wir zu unserer<br />

Verantwortung für die Menschen, das Leben <strong>und</strong> die Natur. Über<br />

die Grenzen von Sprachen <strong>und</strong> Kulturen hinweg setzen wir auf<br />

den friedlichen Austausch von Ideen <strong>und</strong> Erfahrungen. Dabei<br />

achten <strong>und</strong> respektieren wir alle weltanschaulichen <strong>und</strong> religiösen<br />

Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen, wo<br />

Menschenrechte missachtet <strong>und</strong> Positionen der Intoleranz<br />

vertreten werden.<br />

Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in der ganzen<br />

Welt zusammen, die wie wir der Internationalen Humanistischen<br />

<strong>und</strong> Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> ist eine<br />

überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />

Bereichen des gesellschaftlichen <strong>und</strong> politischen Lebens engagiert,<br />

in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />

<strong>und</strong> Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />

unserer Zeit.<br />

Der Humanistische <strong>Verband</strong> <strong>Deutschlands</strong> organisiert Kultur<strong>und</strong><br />

Bildungsangebote <strong>und</strong> bietet soziale Unterstützung <strong>und</strong><br />

humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />

Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeits<strong>und</strong><br />

Trauerfeiern aus. In Berlin ist der Humanistische <strong>Verband</strong><br />

Träger des Schulfaches Lebensk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> b<strong>und</strong>esweit von vielen<br />

Kindertagestätten. Besonders gefragt ist das Angebot der<br />

Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />

Kinder <strong>und</strong> Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />

Leben. B<strong>und</strong>esweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />

durch die Dienstleistungen des <strong>Verband</strong>es erreicht.

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