der feine Unterschied Der Diesseits - Humanistischer Verband ...
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A 59349; 21. Jahrgang; 4. Quartal, Nr. 81/2007; E 4,25 ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES 20 JAHRE
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- Seite 6 und 7: Lebenskunde in Brandenburg Potsdam
- Seite 8 und 9: LANDAUF Kreative „Bildungsbaustel
- Seite 10 und 11: 8 4/2007 Die ersten Brandenburger L
- Seite 12 und 13: me-Spreewald. Als Gäste nahmen jun
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- Seite 16 und 17: 14 4/2007
- Seite 18 und 19: elle Turbulenzen stoppten die Eupho
- Seite 20 und 21: EINBLICKE 18 Horst Groschopp 15 Jah
- Seite 23 und 24: Hedwigs-Kathedrale Berlin
- Seite 25 und 26: Zwischenruf Ob getrennt oder zusamm
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- Seite 29 und 30: Inge Hüsgen ■ Der Nürnberger tu
- Seite 31 und 32: Joachim Kahl ■ Weihnachten stilvo
- Seite 33 und 34: Ralf Bachmann ■ Zille steht auf d
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- Seite 37 und 38: Super-Moslem New-York - Eine neue C
- Seite 39 und 40: den Koryphäen des modernen Atheism
- Seite 41 und 42: Es ist wahr, gegen Hahne spricht we
- Seite 43 und 44: Aus gegebenem Anlass feiert sich di
A 59349; 21. Jahrgang; 4. Quartal, Nr. 81/2007; E 4,25<br />
ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES<br />
20<br />
JAHRE
ZEITSCHRIFT DES HUMANISTISCHEN VERBANDES<br />
Inhalt<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
Deutschlands<br />
Nr. 81 / Dezember / 07<br />
Editorial Jens-Peter Krüger 1<br />
Landauf / Landab 2<br />
Menschen im <strong>Diesseits</strong> 7<br />
Aus den Län<strong>der</strong>n Brandenburg: Lebenskunde-Start Gerd Eggers 8<br />
Brandenburg: Landestreffen Junger HumanistInnen David Driese 9<br />
Berlin: <strong>Humanistischer</strong> Bestattungshain Patricia Block 10<br />
Nürnberg: Weltanschauungsschule Michael Bauer 12<br />
Nürnberg: Internetradio Michael Bauer 12<br />
Nürnberg: Häuser für Kin<strong>der</strong> Michael Bauer 13<br />
Nie<strong>der</strong>sachsen: Regionalverband Weser-Ems Jürgen Gerdes 13<br />
Titel 20 Jahre <strong>Diesseits</strong> Patricia Block 15<br />
Einblicke / Ausblicke Reform <strong>der</strong> Bundesstrukturen Horst Groschopp 18<br />
Mittelfoto 20/21<br />
Internationales Lebenskundelehrer in <strong>der</strong> Türkei Bernhard Stolz 22<br />
Zwischenruf Ethikunterricht Felicitas Tesch 23<br />
<strong>Diesseits</strong>-Gedanke Victor Hugo 23<br />
Forum <strong>Der</strong> Lahrer Kodex Patricia Block 24<br />
Deschner-Preis für Richard Dawkins Patricia Block 25<br />
Symposium turm<strong>der</strong>sinne Inge Hüsgen 27<br />
Magazin Weihnachten für Atheisten Ralf Bachmann 29<br />
150. Geburtstag von Heinrich Zille Joachim Kahl 31<br />
Angesehen Die Falle Gernoth Schmidt 33<br />
Kreuz/Quer 35<br />
Auslese 36<br />
Aussprache 38<br />
Gedicht Ode ans <strong>Diesseits</strong> Holger Saarmann 41<br />
Humanisten im Internet: http://www.humanismus.de E-Mail: diesseits@humanismus.de<br />
Herausgeber: <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands, Wallstraße 61-65, 10179 Berlin, Telefon 030-613 904-41. Verantwortlich im Sinne<br />
des Berliner Pressegesetzes: Patricia Block. Mit Namen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers<br />
wi<strong>der</strong>. Redaktion: Ralf Bachmann, Michael Bauer, Patricia Block, Gerd Eggers, Jürgen Gerdes, Christian John, Jens-Peter Krüger, Jürgen<br />
Springfeld. Anzeigenleitung/Verwaltung: Bettina Kebschull. Titelgestaltung/Grafik/Layout: Jürgen Holtfreter, Berlin. Fotos:<br />
Hentschel S. 2, Grießbach S. 3, Voss S. 5, Witzke S. 5, Volgmann S. 6, Malling S. 7, Block S. 10, Michel S. 21/22, Patricia Block, S. 25.<br />
Zeichnungen: Mette S. 24. diesseits erscheint vierteljährlich am 1. März, 1. Juni, 1. September und 1. Dezember. Redaktionsschluss ist<br />
sechs Wochen vor dem Erscheinen. Bezugspreise: Jahresabonnement 13,- E (inklusive Porto und Mehrwertsteuer), Ausland zuzüglich Portomehrkosten.<br />
Einzelexemplar 4,25 E. Satz/Reinzeichnung: Michael Pickardt, Berlin. Druck: H & P Druck, Körtestr. 10, 10967, Telefon<br />
030-693 77 37. ISSN 0932-6162., diesseits wird auf umweltfreundlichem, zu 50 % chlorfrei gebleichtem Papier mit 50 % Recyclingfaseranteilen<br />
gedruckt.
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
Sie halten hier die 81. Ausgabe <strong>der</strong> diesseits in den Händen. Eine<br />
ganz beson<strong>der</strong>e, denn vor genau 20 Jahren, im Dezember 1987, erschien<br />
Nr. 1 dieses humanistischen Magazins. Vielleicht sind Sie<br />
uns als Leser ja schon über diese lange Zeit treu. Dann werden Sie<br />
durch den kleinen Rückblick unserer verantwortlichen Redakteurin<br />
Patricia Block, die immerhin schon seit 16 Jahren mit dabei ist,<br />
sicher gern an das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e „Highlight“ erinnert.<br />
Wir nutzen dieses Jubiläum und frischen unser Layout ein wenig<br />
auf. Das hat im Übrigen auch <strong>der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong> vor.<br />
<strong>Der</strong> wird im nächsten Jahr zwar „erst“ 15. Doch ist es mehr als an<br />
<strong>der</strong> Zeit, dass man sich in neue Klei<strong>der</strong> begibt und die „Marke“<br />
HVD weiterentwickelt. Auf Initiative des Berliner Landesverbandes<br />
hat eine Kommunikationsagentur einen Entwurf erarbeitet,<br />
<strong>der</strong> vieles miteinan<strong>der</strong> verbindet. Altbewährtes und Traditionelles<br />
genauso wie Dynamik und Aufbruchstimmung für die nächsten<br />
Jahre.<br />
Mit Sicherheit kennen Sie unser <strong>Verband</strong>slogo. Doch was verbinden<br />
Sie damit? Die Bedeutung des visuellen Erscheinungsbildes einer<br />
Organisation wird häufig unterschätzt. Es kommt wie so oft<br />
auf den (ersten) Eindruck an, <strong>der</strong> über Sympathie entscheidet und<br />
nicht zuletzt dafür sorgt, dass man wie<strong>der</strong>erkannt wird. Auch <strong>der</strong><br />
HVD bewegt sich nicht im luftleeren Raum, son<strong>der</strong>n in Konkurrenz<br />
und Abgrenzung zu an<strong>der</strong>en Gruppen. Die Vielfalt innerhalb<br />
unserer Organisation macht uns zwar attraktiv und interessant.<br />
Doch steckt darin auch die Gefahr, dass die Menschen den HVD<br />
als Ganzes nicht wahrnehmen. Deshalb muss er sich visuell klar positionieren,<br />
die Weiterentwicklung seiner Dachmarke vorantreiben<br />
und vor allem auch ein bundesweit einheitliches Logo haben.<br />
Editorial<br />
Das <strong>Verband</strong>slogo ist grundsätzlich das elementare Mittel, das einen<br />
<strong>Verband</strong> darstellt. Es ist mehr als ein Symbol, es ist ein Signal,<br />
das den Status, das Selbstverständnis, die Identität eines <strong>Verband</strong>es<br />
für den Betrachter visuell manifestiert. So steht es übrigens<br />
auch in den Richtlinien zum ersten Corporate Design des HVD,<br />
das Mitte <strong>der</strong> 90er-Jahre entwickelt wurde. Ein Logo muss jedoch<br />
viel mehr können. Es muss den <strong>Verband</strong> greifbar machen, nach<br />
außen hin einzigartig, klar und unverwechselbar sein und nach innen<br />
Identifikation stiften.<br />
Genau das versucht eine Gruppe von Fachleuten jetzt umzusetzen.<br />
Die entscheidende Än<strong>der</strong>ung beruht auf <strong>der</strong> Wegnahme <strong>der</strong> begrenzenden<br />
und oft als einengend empfundenen vertikalen Linien<br />
links und rechts. Damit konzentriert sich das Bild mehr auf den<br />
Menschen selbst, <strong>der</strong> insgesamt leichter, weicher und harmonischer<br />
wirkt. Aber machen Sie sich einfach selbst ein Bild (siehe unten).<br />
Die Grafik zeigt die einzelnen Verän<strong>der</strong>ungsschritte bis hin<br />
zum (vorgeschlagenen) fertigen Produkt.<br />
Zurzeit wird dieser Vorschlag in den Landesgremien diskutiert.<br />
Auch diesseits nimmt gern Ihre Denkanstöße entgegen. Das tat<br />
die Zeitschrift auch zur Einführung des ersten Logos, hitzige Diskussionen<br />
bewegten da die Leserschaft. Das steht in diesem Falle<br />
nicht zu befürchten und wenn eine Übereinkunft gefunden werden<br />
kann, könnte <strong>der</strong> <strong>Verband</strong> ein neues Logo auf <strong>der</strong> nächsten<br />
Bundesdelegiertenkonferenz verabschieden und im Jahr seines 15jährigen<br />
Bestehens damit auch einen Schritt weiter in Richtung gemeinsamer,<br />
abgestimmter Außendarstellung/Öffentlichkeitsarbeit<br />
gehen.<br />
Jens-Peter Krüger<br />
4/2007 1
Kooperation mit Jugendweihe<br />
Deutschland e.V.<br />
Berlin – Die beiden größten Verbände<br />
für weltlich-humanistische<br />
Jugendarbeit, Jugendweihen und<br />
Jugendfeiern haben am 2. November<br />
2007 in Berlin einen Kooperationsvertrag<br />
unterzeichnet.<br />
Jugendweihe Deutschland e.V.<br />
(JWD) und <strong>der</strong> Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> Berlin (HVD) wollen damit<br />
Synergieeffekte nutzen, um<br />
ihre Arbeitsfel<strong>der</strong> für konfessionsfreie<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche systematisch<br />
auszuweiten. Hierzu erklärte<br />
<strong>der</strong> Präsident von JWD, Wilfried<br />
Estel: „Grundlage für die gemeinsame<br />
Arbeit sind die überein-<br />
stimmenden humanistischen Werteauffassungen.“<br />
Dr. Bruno Osuch,<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des Berliner Landesverbandes<br />
des HVD plädierte<br />
dafür: „Die großen Erfahrungen<br />
<strong>der</strong> JWD – mit bisher mehr als 1,3<br />
Mio. Jugendweihe-Teilnehmern –<br />
… künftig mit den weit gefächerten<br />
Potenzialen und Angeboten des<br />
HVD, wie z. B. dem Lebenskundeunterricht<br />
mit mehr als 44.000<br />
Schülern“ zu verbinden.<br />
Klage eingereicht<br />
Dortmund – Das Ministerium für<br />
Schule und Weiterbildung des Landes<br />
Nordrhein-Westfalen teilte<br />
dem Humanistischen <strong>Verband</strong> in<br />
NRW nach 17-monatiger Wartezeit<br />
mit: „Für Schülerinnen und<br />
Schüler, die nicht am Religionsunterricht<br />
teilnehmen, wurde in <strong>der</strong><br />
Sekundarstufe I das Fach Praktische<br />
Philosophie eingeführt... Dies<br />
bedeutet, dass die Schülerinnen<br />
und Schüler, die nicht am Religionsunterricht<br />
teilnehmen, verpflichtet<br />
sind, am Unterrichtsfach<br />
Praktische Philosophie teilzunehmen,<br />
soweit die personellen und<br />
sachlichen Voraussetzungen erfüllt<br />
sind.<br />
In <strong>der</strong> Gymnasialen Oberstufe besuchen<br />
konfessionslose Schülerinnen<br />
und Schüler das Fach Philosophie.<br />
Eines weiteren gleichgerichte-<br />
2<br />
4/2007<br />
ten Unterrichtsangebotes bedarf es<br />
daher nicht.“<br />
In einem ersten Erwi<strong>der</strong>ungsschreiben<br />
an das zuständige Ministerium<br />
weist <strong>der</strong> bevollmächtigte Rechtsanwalt<br />
Prof. Dr. Ludwig Renck<br />
darauf hin, dass <strong>der</strong> Anspruch des<br />
<strong>Verband</strong>es, an öffentlichen Schulen<br />
Lebenskunde zu unterrichten,<br />
sich unmittelbar aus Art. 7 Abs. 3<br />
GG ergibt, von welcher Vorschrift<br />
das Landesrecht nicht abweichen<br />
kann (Art. 31 GG). Dem <strong>Verband</strong><br />
ist an einer gütlichen und einvernehmlichen<br />
Regelung mit dem Ministerium<br />
gelegen. Da das Schreiben<br />
bislang unbeantwortet blieb,<br />
haben die Humanisten Nordrhein-<br />
Westfalens Klage eingereicht.<br />
Stuttgarter Kulturnacht<br />
Stuttgart – Am zweiten Oktoberwochenende<br />
war es wie<strong>der</strong> soweit.<br />
Die Stuttgarter Kulturnacht mit an<br />
die 80 ausgewählten Kultureinrichtungen<br />
bot ein Programm <strong>der</strong> Extraklasse<br />
und mit dabei war auch<br />
wie<strong>der</strong> das Humanistische Zentrum<br />
Stuttgart. Hier wurde die<br />
Ausstellung „Humanismus in Geschichte<br />
und Gegenwart“ gezeigt,<br />
kontrastiert mit Skulpturen des<br />
Stuttgarter Künstlers Wolfram Gögelein,<br />
die den Menschen und seine<br />
Körperlichkeit zum Thema haben.<br />
Musikalisch umrahmt und gestaltet<br />
war die Veranstaltung durch<br />
das Trio Cantando, das kammermusikalische<br />
Werke von Händel,<br />
Mozart, Beethoven, Fauré und Ravel<br />
aufführte. Das Programmheft<br />
zur Kulturnacht kündigte die Veranstaltung<br />
<strong>der</strong> Humanisten Württemberg<br />
dann auch mit folgenden<br />
LANDAUF<br />
Worten an: „Ihren <strong>Verband</strong>ssitz,<br />
eine ehemals großbürgerliche Villa,<br />
nutzen ‚Die Humanisten Württemberg’<br />
für vielfältige kulturelle<br />
Veranstaltungen und versuchen damit<br />
zu zeigen, dass <strong>der</strong> Humanismus<br />
keine verstaubte Weltanschauung<br />
ist, son<strong>der</strong>n brandaktuell und<br />
notwendig“. Die über 200 Besucher<br />
zeigten sich hoch interessiert<br />
und so manch einer fand hier vielleicht<br />
auch den Mosaikstein, „<strong>der</strong><br />
die Erinnerung an eine erfolgreiche<br />
Auseinan<strong>der</strong>setzung für Demokratie<br />
und Menschenrechte, für Meinungsfreiheit<br />
und Toleranz wach<br />
hält“. So Werner Schulz, Bildungsreferent<br />
des Humanistischen Landesverbandes<br />
Berlin, in seinem einführenden<br />
Vortrag zur Ausstellungseröffnung.<br />
Und gesellschaftspolitisch<br />
merkte er an, dass es gilt<br />
„die längst überfällige Trennung<br />
von Staat und Kirche zu vollenden.<br />
Noch immer genießen Kirchen ungerechtfertigte<br />
Privilegien gegenüber<br />
an<strong>der</strong>en Bekenntnissen.“<br />
Säkularistin des Jahres<br />
London – Mina Ahadi, die Vorsitzende<br />
des Zentralrats <strong>der</strong> Ex-Muslime,<br />
ist Preisträgerin des mit £ 5.000<br />
dotierten „Irwin Prize for Secularist<br />
of the Year“. <strong>Der</strong> in Deutschland lebenden<br />
Iranerin wurde <strong>der</strong> Preis am<br />
20. Oktober in London überreicht.<br />
Die britische National Secular Society<br />
ehrte mit <strong>der</strong> Verleihung ihr<br />
Engagement für die Rechte <strong>der</strong><br />
Frauen in islamischen Gesellschaften<br />
und ihren Mut, den Islam offen<br />
zu kritisieren. Mina Ahadi gründete<br />
u.a. das Internationale Komitee<br />
gegen die Steinigung und leitet das<br />
Internationale Komitee gegen Hinrichtungen.<br />
Junge Humanisten beginnen<br />
Projekt Lebenskunde<br />
Dortmund – <strong>Der</strong> Jugendverband<br />
Junge Humanisten (JuHu’s), Mitglied<br />
im Dortmun<strong>der</strong> Jugendring,<br />
hat einen Projektantrag Humanistische<br />
Lebenskunde an „Offenen<br />
Ganztagsschulen“ bewilligt bekommen.<br />
<strong>Der</strong>zeit befindet sich das Projekt<br />
in <strong>der</strong> Planungsphase und soll<br />
für zunächst ein Jahr umgesetzt<br />
werden. Nach Ablauf <strong>der</strong> Erprobungsphase<br />
wird eine Dokumentation<br />
mit Schil<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> jeweiligen<br />
Einzelprojekte, Erlebnisberichte<br />
– <strong>der</strong> Beteiligten und darüber<br />
hinausgehende – Äußerungen von<br />
Schülern, Eltern und Lehrern erstellt.<br />
Die Inhalte werden in Form<br />
von thematischen Schwerpunkten<br />
bestimmt und umfassen die ThemenbereichePersönlichkeitsentwicklung,<br />
soziale Beziehungen,<br />
Verantwortung für Natur und Gesellschaft.<br />
Freigeistige Aktion für<br />
humanistische Kultur mit<br />
neuem Vorstand<br />
Neu-Isenburg – Die Freigeistige<br />
Aktion für humanistische Kultur<br />
e.V. (FA) hat einen neuen Vorstand<br />
gewählt. Auf ihrer Bundesversammlung<br />
am 5. Oktober in Neu-<br />
Isenburg standen <strong>der</strong> Vorsitzende<br />
Arnher E. Lenz, <strong>der</strong> Stellvertretende<br />
Vorsitzende Klaus Hofmann<br />
und die Kassiererin Angelika Lenz<br />
nach langjähriger Tätigkeit nicht<br />
mehr für Neuwahlen zur Verfügung.<br />
Gewählt wurden Ortrun E.<br />
Lenz als Vorsitzende, Melanie Hofmann<br />
als stellvertretende Vorsitzende,<br />
Jasmin Hofmann ist die<br />
neue Kassiererin, Manja Stegemann<br />
ist weiterhin Schriftführerin
und Beisitzer blieben Dr. Peter<br />
Jäckel und Dr. Erich Satter, Revisoren<br />
sind Walter Witt und Dr.<br />
Volker Mueller.<br />
Ortrun Lenz dankte den zurückgetretenen<br />
Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n und<br />
hob beson<strong>der</strong>s die Arbeit von Arnher<br />
und Angelika Lenz hervor, die<br />
zwei Jahrzehnte lang die Geschicke<br />
<strong>der</strong> FA gelenkt hatten und vor allem<br />
mit ihrer Seminarorganisation<br />
viel zur Entwicklung <strong>der</strong> FA beigetragen<br />
haben.<br />
Gutes tun<br />
Berlin – Die Stiftung Gute Tat<br />
bringt in Berlin Wirtschaft und soziale<br />
Unternehmen zusammen. Auf<br />
einem Marktplatz können sich Firmen<br />
über die Wünsche von sozialen<br />
Einrichtungen informieren.<br />
Hier geht es nicht um Geld-, son<strong>der</strong>n<br />
um Sachspenden, auch tatkräftige<br />
Hilfe ist erwünscht. Dank<br />
des ehrenamtlichen Engagements<br />
vieler Mitarbeiter <strong>der</strong> IBB-Bank<br />
Berlin ist es auf diesem Wege gelungen,<br />
den Innenhof <strong>der</strong> Berliner<br />
Wohngemeinschaft für Demenzkranke<br />
in <strong>der</strong> Czarnikauer Straße<br />
für eine Nutzung umzugestalten.<br />
Viele Tage planerischen Vorlaufs<br />
und drei Tage handfestes Anpacken,<br />
Spenden von IBB-Mitarbeitern<br />
und Angehörigen, die<br />
Übernahme <strong>der</strong> Kosten für die<br />
Fachfirma durch die IBB-Bank sowie<br />
<strong>der</strong> Wohnungsbauverwaltung<br />
waren nötig. Aus dem lieblosen<br />
Durchgangshof wird nun ein Ort<br />
<strong>der</strong> Begegnung werden – nicht nur<br />
für die Pflegekunden <strong>der</strong> Wohngemeinschaft,<br />
son<strong>der</strong>n für alle Mieter.<br />
Auch in diesem Jahr war <strong>der</strong> HVD<br />
Berlin auf dem Gute-Tat-Marktplatz<br />
vertreten, <strong>der</strong> unter <strong>der</strong><br />
Schirmherrschaft des Regierenden<br />
Bürgermeisters, Klaus Wowereit,<br />
stand. <strong>Der</strong> ambulante Kin<strong>der</strong>hospizdienst<br />
„Berliner Herz“ und das<br />
Projekt „Rund um’s Alter“ konnten<br />
eine Reihe von Vereinbarungen mit<br />
Berliner Unternehmen schließen.<br />
Erste Ausschüttung von<br />
För<strong>der</strong>mitteln<br />
Berlin – Erst im Herbst letzten Jahres<br />
gegründet, konnte die Huma-<br />
nismus Stiftung Berlin jetzt erstmalig<br />
För<strong>der</strong>mittel ausschütten, insgesamt<br />
über 8.000 Euro. Eine Reihe<br />
von Projekten des Berliner HVD<br />
wurde hierbei bedacht: so zum Beispiel<br />
die neu gegründete Humanistische<br />
Lebensberatung für einen Erfahrungsaustausch<br />
mit Humanistischen<br />
Beraterinnen in Belgien, die<br />
Senioren Internet Cafés für die Anschaffung<br />
von Software, die Jungen<br />
HumanistInnen für ein bundesweites<br />
Treffen in Berlin, aber auch die<br />
Humanistische Akademie für eine<br />
Tagungs-Dokumentation im nächsten<br />
Jahr. Wer die Arbeit <strong>der</strong> Stiftung<br />
unterstützen möchte, wende<br />
sich bitte an die Humanismus Stiftung<br />
Berlin, Wallstr.61-65 in<br />
10179 Berlin, Tel. 030 61390481<br />
o<strong>der</strong> E-Mail info@humanismusstiftung.de.<br />
Die Stiftung ist im Internet<br />
erreichbar unter www.humanismus-stiftung.de.<br />
Empfang für jugendliche<br />
Neumitglie<strong>der</strong><br />
Berlin – Am Freitag, 28. September<br />
luden die Berliner Jungen HumanistInnen<br />
alle jugendlichen<br />
Neumitglie<strong>der</strong> und Reiserückkehrer<br />
<strong>der</strong> Sommerreisen zu einem<br />
LANDAB<br />
großen Empfang ein. Neben <strong>der</strong> offiziellen<br />
Begrüßung durch den<br />
JuHu-Vorstand sowie den Berliner<br />
Landesvorsitzenden Dr. Bruno<br />
Osuch wurde bis in den Abend hinein<br />
ein buntes Programm geboten:<br />
Auspowern beim Trampolinsprin-<br />
gen im Hof, beim Boul<strong>der</strong>n an <strong>der</strong><br />
Kletterwand o<strong>der</strong> im Fight Club<br />
(Kissenschlacht).<br />
Drei <strong>der</strong> diesjährigen Sommerreiseteilnehmer<br />
durften sich über tolle<br />
Preise für ihre eingereichten Reisefotos<br />
freuen – die Gruppe <strong>der</strong><br />
Frankreich-Integrationsfahrt hat<br />
sogar ein eigenes Lied über ihre Reise<br />
zum Besten gegeben.<br />
Außerdem gab es für alle die Mög-<br />
lichkeit, eigene Ideen und Wünsche<br />
für neue JuHu-Projekte an einer<br />
Ideenwand festzuhalten, die<br />
wertvolle Anregungen für die weitere<br />
Planung bieten.<br />
Humanismus auf Erfolgskurs<br />
Berlin – „<strong>Der</strong> Humanismus in <strong>der</strong><br />
Hauptstadt ist weiter auf Erfolgskurs“.<br />
Das war die einhellige Meinung<br />
<strong>der</strong> rund 100 Delegierten auf<br />
<strong>der</strong> diesjährigen Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es Berlin am 29. September<br />
2007. <strong>Der</strong> <strong>Verband</strong> beschäftigt<br />
mittlerweile fast 1.000 Mitarbeiter<br />
und auch im vergangenen Jahr sind<br />
wie<strong>der</strong> neue Arbeitsfel<strong>der</strong> und Projekte<br />
hinzugekommen. Die Ausweitung<br />
<strong>der</strong> Arbeitsbereiche führt<br />
dazu, dass im <strong>Verband</strong> <strong>der</strong> Bedarf<br />
an Nachwuchskräften ständig<br />
steigt. Vor diesem Hintergrund<br />
sprach sich die Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
für den Aufbau einer eigenen<br />
Hochschule aus. <strong>Der</strong> starke Mit-<br />
glie<strong>der</strong>zuwachs ermöglicht es dem<br />
<strong>Verband</strong>, im nächsten Jahr den Antrag<br />
auf Verleihung <strong>der</strong> Körperschaftsrechte<br />
zu stellen.<br />
Deutsche demokratische<br />
Literaten<br />
Ulm/Neu-Ulm – Deutsche demokratische<br />
Literaten stellt <strong>der</strong> neue<br />
Freidenkerkalen<strong>der</strong> 2008 vor. Kurze<br />
Auszüge aus den Werken <strong>der</strong><br />
deutschsprachigen Schriftsteller<br />
weisen sie als vernunftorientiert,<br />
humanistisch, kirchenkritisch und<br />
lebenslustig aus. Auf einem Extra-<br />
Blatt wird <strong>der</strong> Republikanische Kalen<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Französischen Revolution<br />
vorgestellt.<br />
13 Blatt, A4, zweifarbig, 7 Euro<br />
Zu beziehen unter Tel 0731 57176<br />
o<strong>der</strong> www. Denkladen.de<br />
4/2007 3
Lebenskunde in Brandenburg<br />
Potsdam – Eine Fachtagung zum<br />
Thema „Humanistische Lebenskunde<br />
– ein neues Fach an Brandenburger<br />
Schulen; Konzeption<br />
und erste Erfahrungen“ findet am<br />
Donnerstag, dem 6. Dezember<br />
2007, von 9 bis 16 Uhr statt. Dort<br />
wird unter an<strong>der</strong>em <strong>der</strong> neue Rahmenplan<br />
vorgestellt. Für interessierte<br />
Lehrkräfte gibt es eine Informationsbörse.<br />
Anmeldungen bis 15. November<br />
2007 und Rückfragen unter:<br />
gerd.eggers@t-online.de<br />
MIZ mit neuem<br />
Chefredakteur<br />
Aschaffenburg – Die Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
des Internationalen<br />
Bundes <strong>der</strong> Konfessionslosen und<br />
Atheisten (IBKA) wählte den 31jährigen<br />
Politikwissenschaftler<br />
Christoph Lammers zum neuen<br />
Chefredakteur <strong>der</strong> atheistischen<br />
Zeitschrift „Materialien und Informationen<br />
zur Zeit“ (MIZ), für<br />
zunächst zwei Jahre. Lammers initiierte<br />
2000 die erste dem IBKA nahestehende<br />
Hochschulgruppe an<br />
<strong>der</strong> Universität Trier.<br />
<strong>Der</strong> bisherige Chefredakteur Michael<br />
Schmidt-Salomon hatte auf<br />
Grund hoher Arbeitsbelastung<br />
nicht mehr für den Posten kandidiert.<br />
Frischer Wind für den HVD Hamburg<br />
Hamburg – Am 24. September<br />
2007 wurde <strong>der</strong> neue Vorstand des<br />
HVD Landesverbandes Groß-<br />
Hamburg gewählt. Neue Vorsitzende<br />
ist Petra Schmidt, ihr Stellvertreter<br />
Konny G. Neumann.<br />
Arne Lund übernimmt die Geschäftsführung<br />
und Dr. Carsten<br />
4<br />
4/2007<br />
Deschner-Film jetzt im<br />
Internet<br />
Trier – <strong>Der</strong> Film von Ricarda Hinz<br />
„Die hasserfüllten Augen des Herrn<br />
Deschner“ (Untertitel: „Die Kriminalgeschichte<br />
des Christentums im<br />
Kreuzfeuer“) ist jetzt im Internet zu<br />
sehen. Thomas Schmidt, Betreiber<br />
des Interportals SkepTicker, stellte<br />
den Film mit Genehmigung <strong>der</strong><br />
Autorin auf seine Seiten und damit<br />
einer großen Öffentlichkeit zur<br />
Verfügung. <strong>Der</strong> Film führt getrennt<br />
aufgenommene Aussagen<br />
von Kirchenvertretern und radikalen<br />
Kirchenkritikern zu einer virtuellen<br />
Diskussion zusammen. Zugleich<br />
dokumentiert er das Schaffen<br />
und die Persönlichkeit Karlheinz<br />
Deschners.<br />
IHEU-Weltkongress<br />
London – Die Internationale Humanistische<br />
und Ethische Union<br />
lädt Interessierte zum 17. IHEU-<br />
Weltkongress ein. Unter dem Motto<br />
„E Pluribus Unum: Reclaiming<br />
Humanist Values“ treffen sich vom<br />
6. bis 8.Juni 2008 Humanisten im<br />
L’Enfant Plaza Hotel, 480 L’Enfant<br />
Plaza, SW, Washington, D.C.<br />
20024, USA. Nähere Informationen<br />
finden sich auf <strong>der</strong> IHEU-<br />
Website www.iheu.org.<br />
Kontakt: conference@AmericanHumanist.org.<br />
Frerk zeichnet für die Öffentlichkeitsarbeit<br />
verantwortlich. <strong>Der</strong><br />
neue Vorstand freut sich auf die<br />
Zusammenarbeit mit den an<strong>der</strong>en<br />
Landesverbänden und hofft für den<br />
Neuanfang auf tatkräftige Unterstützung.<br />
Kontakt:<br />
hvd-hamburg@alice-dsl.net<br />
LANDAUF<br />
Bundes-JuHu<br />
Berlin – Auf <strong>der</strong> gut besuchten<br />
Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>der</strong> Bundes-JuHu<br />
am 21. September 2007<br />
in Wuppertal fand eine Vorstands-<br />
Nachwahl statt, da Matthias Wiedenlübbert<br />
(NRW) nach einem<br />
Jahr voller Engagement ausgeschieden<br />
ist. Als 2. Vorsitzen<strong>der</strong> ist nun<br />
Andreas Henschel (Die Humanisten<br />
Württemberg) tätig. Neu gewählt<br />
wurden auch zwei Vorstands-<br />
Beisitzer: Johanna Schmidt (JuHu<br />
Nürnberg) und Florian Noack<br />
(JuHu Brandenburg). Die Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
beschloss eine<br />
Beitragsordnung und beauftragte<br />
den Vorstand, einen Aufnahmeantrag<br />
bei <strong>der</strong> IHEYO, <strong>der</strong> internationalen<br />
Organisation humanistischer<br />
Jugendverbände, zu stellen.<br />
Schwerpunkt <strong>der</strong> inhaltlichen Aktivitäten<br />
von Bundes-JuHu sollen im<br />
kommenden Jahr Begegnungen<br />
von Jugendgruppen <strong>der</strong> einzelnen<br />
Mitgliedsverbände sein.<br />
Geist im Turm<br />
Nürnberg – Unter diesem Titel<br />
startete <strong>der</strong> turm<strong>der</strong>sinne am<br />
UNESCO-Welttag <strong>der</strong> Philosophie,<br />
15. November 2007, ein neues<br />
beson<strong>der</strong>es Veranstaltungsangebot:<br />
Helmut Fink im Gespräch mit<br />
Experten aus Philosophie, Naturwissenschaft<br />
und Didaktik.<br />
Im kleinen Kreis, in lockerer Atmosphäre<br />
spricht Helmut Fink,<br />
Vorsitzen<strong>der</strong> des HVD-Nürnberg,<br />
Dipl.-Physiker und Referent für<br />
Wissenschaft und Philosophie<br />
beim turm<strong>der</strong>sinne, mit je einem<br />
prominenten Gast über Fragen aus<br />
dessen Spezialgebiet zu Grundlagen<br />
und Grenzen unserer Wahrnehmung,<br />
unseres Wissens und <strong>der</strong><br />
Wissenschaft. Vom Phänomen zur<br />
Theorie und zurück, von <strong>der</strong> Hypothese<br />
zur Erkenntnis und ihrer<br />
Kritik. Termin ist jeweils <strong>der</strong> dritte<br />
Donnerstag des Monats – zunächst<br />
von November bis April, jeweils ab<br />
19.30 Uhr im „Oberstübchen“ des<br />
turm<strong>der</strong>sinne (5. Stock).<br />
Erster Gast war am 15. November<br />
war <strong>der</strong> Erlanger Philosophieprofessor<br />
Theo Ebert zum Thema<br />
„Wissenschaft in <strong>der</strong> griechischen<br />
Antike – Wie sie entstand und was<br />
sie erreichte“. Die weiteren Gäste<br />
sind <strong>der</strong> Physikdidaktiker Werner<br />
Schnei<strong>der</strong> (20. 12. 2007), <strong>der</strong> Psy-
chologe Dietrich Dörner (17. 1.<br />
2008), <strong>der</strong> Philosoph Rudolf Kötter<br />
(21. 2. 2008), <strong>der</strong> Biologe und<br />
Wahrnehmungsforscher Rainer<br />
Wolf (20. 3. 2008) sowie <strong>der</strong> Kulturmanager<br />
und Philosoph Pierre<br />
Leich (17. 4. 2008).<br />
Weitere Informationen: www.<br />
turm<strong>der</strong>sinne.de; 0911 9443281<br />
Zaubern im Turm<br />
Nürnberg – Weitere Zauberveranstaltungen<br />
im turm<strong>der</strong>sinne finden<br />
im Winterhalbjahr statt: Immer am<br />
ersten Mittwoch im Monat lädt<br />
Täuschungskünstler Werner Fleischer<br />
abwechselnd zu einer Zaubershow<br />
„Faszination Täuschung“<br />
und einem Zauberworkshop „Täuschungskunst“<br />
in den turm<strong>der</strong>sinne.<br />
Termine Zaubershow: 7.11.<br />
2007, 9.1., 5.3. und 7.5. 2008,<br />
Termine Zauberworkshop: 5.12.<br />
2007, 6.2., 2.4.2008. Voranmeldung<br />
unter 0911 9443281 bis zum<br />
Vortag wird empfohlen, da die<br />
Teilnehmerzahl jeweils auf 20 Personen<br />
begrenzt ist. Weitere Informationen:<br />
s.o.<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendtreff<br />
deltabase<br />
Berlin – Das ambulante Kin<strong>der</strong>hospiz<br />
Berliner Herz bietet ab Oktober<br />
die Geschwistergruppe „deltabase“<br />
an. Angesprochen sind Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche zwischen 6<br />
und 14 Jahren, <strong>der</strong>en Bru<strong>der</strong> o<strong>der</strong><br />
Schwester schwer erkrankt ist. Bei<br />
„deltabase“ stehen die nicht erkrankten<br />
Geschwister im Mittelpunkt;<br />
hier können sie an<strong>der</strong>e kennen<br />
lernen, Zeit verbringen, spielen,<br />
etwas gemeinsam unternehmen.<br />
Begleitet werden die Gruppen<br />
(aufgeteilt in zwei Altersklassen)<br />
von zwei erfahrenen Familienbegleitern.<br />
Wenn ein Kind schwer<br />
erkrankt ist, leidet die gesamte Familie.<br />
Geschwister müssen zurückstecken<br />
und versuchen zumeist, die<br />
Eltern nicht zusätzlich zu belasten.<br />
Eigene Sorgen und Wünsche erscheinen<br />
nichtig. Das Autohaus<br />
Koch, Berlin, bietet einen Shuttleservice<br />
an.<br />
Um telefonische Anmeldung wird<br />
gebeten: Christiane Edler, 030<br />
61390483<br />
Biografie Susanne Leonhard<br />
Heidenheim – Eine neue Broschüre<br />
des Deutschen Freidenkerverbandes<br />
Ostwuerttemberg erinnert<br />
an Susanne Leonhard, die nach einem<br />
bewegenden Leben in den<br />
1960er-Jahren den Stuttgarter Freidenker-<strong>Verband</strong><br />
wie<strong>der</strong>belebte.<br />
Die Kampfgefährtin Rosa Luxemburgs<br />
war Gründungsmitglied <strong>der</strong><br />
KPD und wurde wegen „versuchten<br />
Hochverrats“ verurteilt. Es folgten<br />
Flucht und Exil nach Moskau.<br />
Aufgrund einer Denunziation wegen<br />
„konterrevolutionärer trotzkistischer<br />
Tätigkeit“ musste sie über<br />
zwölf Jahre in sowjetischen Straflagern<br />
verbringen. Ihr Sohn Wolfgang<br />
Leonhard („Die Revolution<br />
entlässt ihre Kin<strong>der</strong>“) sagte in einem<br />
Interview über seine Mutter:<br />
„Wir hatten ein umgekehrtes Generationsverhältnis:<br />
Sie war linker<br />
als ich. (...) Einmal sagte sie vorwurfsvoll:<br />
‚Ich höre, du bist in einer<br />
evangelischen Akademie aufgetreten.<br />
Dein moralischer Nie<strong>der</strong>gang<br />
ist ja kaum noch zu überbieten.’<br />
Meine Mutter blieb immer die Revolutionärin<br />
<strong>der</strong> zwanziger Jahre.“<br />
Die Neuerscheinung kostet 6 Euro<br />
+ Porto. Alternativ wird die Broschüre<br />
auch als pdf-Datei verschickt.<br />
Bestellungen an: Deutscher<br />
Freidenker-<strong>Verband</strong> Ostwürttemberg<br />
e.V. (DFV), Hellensteinstr. 3,<br />
89518 Heidenheim, Fax: 07321<br />
42892, E-Mail: DFV-Ostwuerttemberg.de<br />
LANDAB<br />
Neuer Weltenbummler<br />
Berlin – Das Senioren-Internet-<br />
Café „Weltenbummler“ eröffnete<br />
im Rahmen des Berliner Freiwilligentages<br />
am 15. September seine<br />
dritte Zweigstelle in Berlin. Neben<br />
Neukölln und Tempelhof existiert<br />
nun auch im Bezirk Pankow, in <strong>der</strong><br />
Begegnungsstätte Am Friedrichshain<br />
15, dieses ebenso innovative<br />
wie erfolgreiche Projekt. Hier kön-<br />
nen ältere Menschen in angenehmer<br />
Atmosphäre den Umgang mit dem<br />
Computer lernen. Zur feierlichen<br />
Eröffnung kamen etwa 80 Gäste.<br />
Grußworte hielten die Bezirksstadträtin<br />
Lioba Zürn, die sich für den<br />
„Weltenbummler“ im Bezirk Pankow<br />
beson<strong>der</strong>s stark einsetzte und<br />
die stellvertretende Vorsitzende des<br />
HVD Berlin, Dr. Felicitas Tesch.<br />
Andrang zur Eröffnung: Bärbel Koch – Sachbearbeiterin BA<br />
Pankow, Fachbereich Geriatrie u. Altenhilfekoordination,<br />
Helga Hampel, Vors. <strong>der</strong> Seniorenvertretung bei <strong>der</strong> BVV,<br />
Christel Becker, Fachgebietsleiterin BA Pankow, Fachbereich<br />
Geriatrie u. Altenhilfekoordination, Dr. Felicitas Tesch, MdA,<br />
stellv. Landesvorsitzende HVD, Lioba Zürn, Stadtbezirksrätin für<br />
Gesundheit, Soziales Schule und Sport<br />
5. bis 7. Oktober 2007: Kin<strong>der</strong>-Erlebnis-Camp <strong>der</strong> Jungen<br />
HumanistInnen in <strong>der</strong> HVD-Kita Rappelkiste in Berlin-Köpenick.<br />
45 Kin<strong>der</strong> hatten viel Spaß, anregende Erlebnisse in <strong>der</strong> Natur, beim<br />
Programm <strong>der</strong> JuHu´s, mit den Spielmöglichkeiten und im Garten<br />
<strong>der</strong> Kita. Groß war auch <strong>der</strong> Andrang, wenn es darum ging, <strong>der</strong><br />
netten Kita-Köchin zu helfen. Dank an alle, die dieses schöne und für<br />
die meisten Kin<strong>der</strong> kostenfreie Wochenende mit ihrem<br />
ehrenamtlichen Engagement ermöglichten.<br />
4/2007 5
LANDAUF<br />
Kreative „Bildungsbaustelle“<br />
Berlin – Im Oktober 2007 präsentierte<br />
<strong>der</strong> HVD für drei Wochen<br />
die Ergebnisse eines einjährigen<br />
Praxisprojekts zur “Beobachtung<br />
und Dokumentation frühkindlicher<br />
Bildung”. Beteiligt an dieser<br />
kreativen Baustelle waren Erzieherinnen<br />
aus allen 22 HVD-Kitas.<br />
Ziel <strong>der</strong> Untersuchungen ist die<br />
Entwicklung einer humanistischen<br />
Beobachtungsphilosophie, die den<br />
Menschen nicht zum Beobachtungsobjekt<br />
macht und vor allem<br />
die Würde <strong>der</strong> „kleinen und großen<br />
6<br />
4/2007<br />
Menschen“ im Alltag wahrt. Frühkindliche<br />
Bildungsprozesse zu begleiten<br />
heißt in erster Konsequenz,<br />
versuchen zu verstehen, was Kin<strong>der</strong><br />
bewegt und in ihre Theorie von <strong>der</strong><br />
Welt einzutauchen. Bildungsprozesse<br />
sind Erkenntnisprozesse und<br />
setzen ein respektvolles entdeckendes<br />
Beobachten auf allen Ebenen<br />
voraus.<br />
Interessenten an einem Erfahrungsaustausch<br />
zu den Ergebnissen können<br />
sich an Kerstin Volgmann, 030<br />
61390444 wenden.<br />
Schuldnercoaches starten<br />
Beratung<br />
Nürnberg – Ein halbes Jahr nach<br />
<strong>der</strong> Spin-Off-Veranstaltung im<br />
März und mehreren Fortbildungsveranstaltungen<br />
ist das Projekt „ehrenamtliche<br />
Schuldnercoachs“ an<br />
den Start gegangen. Träger ist das<br />
Humanistische Sozialwerk Bayern<br />
gGmbH.<br />
In dem Projekt soll überschuldeten<br />
Menschen Hilfe zur Selbsthilfe geleistet<br />
werden – durch Gespräche,<br />
Unterstützung bei Behördengängen,<br />
Aufstellung eines Haushaltsplanes,<br />
Hilfe beim Ordnen <strong>der</strong> Unterlagen<br />
o<strong>der</strong> Kontaktaufnahme zu<br />
weiteren Beratungsstellen. Die ersten<br />
Erfahrungen <strong>der</strong> 20 ehrenamtlichen<br />
Coachs: Oft hilft es schon,<br />
gemeinsam die lange ungeöffnet<br />
gebliebenen Briefe zu sichten und<br />
zu sortieren. Denn eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />
Voraussetzungen für einen<br />
erfolgreichen Weg aus <strong>der</strong> Schuldenfalle<br />
ist es, sich <strong>der</strong> eigenen Situation<br />
zu stellen und einen<br />
Überblick zu gewinnen.<br />
Das Projekt ist ein Ergebnis <strong>der</strong><br />
diesjährigen Frühjahrstagung <strong>der</strong><br />
Humanistischen Akademie Bayern<br />
zum Thema „Neue Armut, Unterschicht<br />
und Prekariat – Aspekte sozialer<br />
und ökonomischer Unterprivilegierung“,<br />
die von <strong>der</strong> Aktion<br />
Mensch (diegesellschafter) geför<strong>der</strong>t<br />
wurde.<br />
Weitere Informationen: 0911<br />
431040 o<strong>der</strong> im Internet unter<br />
www.hsw-bayern.de.<br />
Staatskirchenvertrag<br />
Stuttgart – Im Juli 2007 handelte<br />
<strong>der</strong> baden-württembergische Ministerpräsident<br />
Günther Oettinger<br />
mit den beiden evangelischen Landesbischöfen<br />
Fischer und July einen<br />
„Kirchenvertrag zwischen dem<br />
Land Baden-Württemberg und<br />
den Evangelischen Landeskirchen<br />
in Baden und Württemberg“ aus.<br />
Dieser soll nun parlamentarisch beraten<br />
und beschlossen werden. Das<br />
Stuttgarter Kultusministerium hatte<br />
vorab wie vorgeschrieben alle im<br />
Land registrierten „Körperschaften<br />
des öffentlichen Rechts“ um eine<br />
Stellungnahme gebeten. „Die Humanisten<br />
Württemberg, K.d.ö.R,<br />
Freireligiöse Landesgemeinde“ in<br />
Stuttgart, ein seit 1845 bestehen<strong>der</strong><br />
Interessensverband religionsfreier<br />
Menschen, kam dieser Auffor<strong>der</strong>ung<br />
nach. Tenor <strong>der</strong> ausführlichen<br />
Analyse: <strong>Der</strong> Staatskirchenvertrag<br />
schadet dem Land.<br />
Wörtlich wird festgehalten, dass<br />
dieser Vertrag dem Grundgesetz<br />
Art. 140 und dem dort inkorporierten<br />
Art. 138 (1) Weimarer<br />
Reichsverfassung entgegenläuft,<br />
<strong>der</strong> die Abschaffung <strong>der</strong> auf Gesetz,<br />
Vertrag o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Rechtstiteln<br />
beruhenden Privilegien, wie sie<br />
in Konkordaten o<strong>der</strong> Staatsverträgen<br />
mit den beiden großen christlichen<br />
Kirchen bestehen, gebietet.<br />
Nicht „nur, dass das Land mit den<br />
beiden Evangelischen Landeskirchen<br />
(und wie bereits angekündigt<br />
aus Paritätsgründen auch mit den<br />
beiden Katholischen [Erz-]Diözesen<br />
im Lande) ein neues Vertragswerk<br />
begründet, in dem die gemäß<br />
unserer Verfassung eigentlich abzulösenden<br />
Privilegien <strong>der</strong> großen<br />
christlichen Kirchen festgeschrieben<br />
werden. Diese werden sogar<br />
noch ausgebaut.“<br />
<strong>Der</strong> HVD unterstützt die Humanisten<br />
in Baden-Württemberg in<br />
dessen Kritik des geplanten Staatskirchenvertrages<br />
und for<strong>der</strong>t „Pluralismus<br />
statt Privilegien“. <strong>Der</strong><br />
Bundesvorsitzende des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es Deutschlands,<br />
Dr. Horst Groschopp, erklärte<br />
dazu <strong>der</strong> Presse: „Wie<strong>der</strong> einmal<br />
haben wir es mit einem eklatanten<br />
Fall von einseitiger Privilegierung<br />
<strong>der</strong> Kirchen durch den Staat zu tun.<br />
(...) Baden-Württemberg ist allerdings<br />
nicht das erste Bundesland,<br />
das mit einem <strong>der</strong>artigen Vertrag<br />
die staatlichen Subventionen für<br />
die beiden Kirchen in Deutschland<br />
für eine unbegrenzte Zeit beschließt.<br />
(…) <strong>Der</strong> Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> for<strong>der</strong>t bereits seit Jahren,<br />
die einseitige Bevorzugung <strong>der</strong><br />
großen christlichen Kirchen in<br />
Konkordaten o<strong>der</strong> Staatsverträgen<br />
endlich abzuschaffen. Da dies lei<strong>der</strong><br />
nicht zu erwarten ist, trotz klarer<br />
Festlegungen im Grundgesetz, for<strong>der</strong>t<br />
<strong>der</strong> HVD, gleiche Verträge<br />
auch mit an<strong>der</strong>en Religions- und<br />
Weltanschauungsgemeinschaften<br />
abzuschließen und so das Gleichbehandlungsgebot<br />
umzusetzen.“<br />
Ausführliche Informationen unter:<br />
http://hpd-online.de/node/3075<br />
LANDAB
Menschen im <strong>Diesseits</strong><br />
Auf <strong>der</strong> Pflegestation des Seniorenparks<br />
im havelländischen Hennigsdorf<br />
erreichte Ruth Reyer, 92 Jahre<br />
alt, die Nachricht, dass sie von<br />
<strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>der</strong><br />
Berliner Humanisten mit <strong>der</strong> Ehrennadel<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
in Gold für 50-jährige Mitgliedschaft<br />
ausgezeichnet wurde.<br />
Carmen Malling, Freiwilligenmanagerin,<br />
ließ es sich nicht nehmen,<br />
die Auszeichnung persönlich zu<br />
Carmen Malling hat es geschafft!<br />
Die Berliner Freiwilligenmanagerin<br />
lief beim 34. Berlin-Marathon am<br />
30. September 2007 nach exakt 4<br />
Stunden, 1 Minute und 49 Sekunden<br />
als 16113. Läufer ins Ziel.<br />
überbringen. Das freute die Jubilarin<br />
sehr, denn seit die Gesundheit<br />
nicht mehr so mitspielt, fehlt es ihr<br />
an Kontakten. Zwar nimmt sie am<br />
Weltgeschehen noch immer rege<br />
teil, Lesen ist ihre große Leidenschaft<br />
geblieben, aber ein Gespräch<br />
kann die Tageszeitung nicht ersetzen.<br />
<strong>Der</strong>zeit sind die Ehrenamtlichen<br />
in Berlin dabei, für Frau Reyer<br />
einen regelmäßigen Besuchsdienst<br />
zu organisieren.<br />
Dierk Koch, eigentlich ein Hamburger<br />
Jung, aber seit einigen Jahren<br />
in Düsseldorf lebend, nahm<br />
über die Patientenverfügung die<br />
Spur zum HVD Nordrhein-Westfalen<br />
auf. Warum, fragte er sich,<br />
gibt es keine organisierten Humanisten<br />
in Düsseldorf? Die Frage<br />
stand nicht lange im Raum, jetzt<br />
gibt es wie<strong>der</strong> welche, mit ihm als<br />
neuem Gemeinschaftsleiter. Seit<br />
September gibt es nun zweimal monatlich<br />
„Düsseldorfer Donnerstagsgespräche“.<br />
Dierk Koch hat den<br />
Anspruch, eine humanistische Basisgemeinschaft<br />
für Jung und Alt in<br />
Düsseldorf zu etablieren. Dafür<br />
sucht er nach Wegen, die Öffentlichkeit<br />
besser über den <strong>Verband</strong> zu<br />
informieren. Sein großes Ziel ist es,<br />
dass <strong>der</strong> HVD mit seinem gesamten<br />
Dienstleistungsspektrum bald<br />
auch in Düsseldorf (wie<strong>der</strong>) präsent<br />
ist. Daran wird er selbst großen Anteil<br />
haben. Als nächstes wird sich<br />
Dierk Koch im kommenden Jahr<br />
zum Sprecher für humanistische<br />
Feierkultur ausbilden lassen.<br />
Jens Heimendahl, bei den Berliner<br />
Humanisten aktiv, unterrichte im<br />
Sommer 2007 für einige Zeit an einer<br />
privaten Grundschule in einem<br />
Slumviertel in Accra, <strong>der</strong> Hauptstadt<br />
Ghanas. Für den ehemaligen<br />
Lebenskundelehrer beson<strong>der</strong>s enttäuschend<br />
war die Erfahrung, dass<br />
in dem säkularen Staat Ghana <strong>der</strong><br />
Glaube an einen Schöpfergott so<br />
selbstverständlich ist, dass er auch<br />
in die Schulbücher Einzug gehalten<br />
hat. Viele Kin<strong>der</strong> hörten erstmalig<br />
von einer wissenschaftlichen Theorie<br />
von <strong>der</strong> Entstehung <strong>der</strong> Erde<br />
und <strong>der</strong> Lebewesen, von Urmenschen<br />
und Dinosauriern. So zieht er<br />
denn auch sein Fazit. Es ist nicht allein<br />
entscheidend, dass die Kin<strong>der</strong><br />
in Entwicklungslän<strong>der</strong>n zur Schule<br />
gehen können, son<strong>der</strong>n auch, welche<br />
Bildungsinhalte ihnen vermittelt<br />
werden. Lernen sie dort nur,<br />
Vorgegebenes kritiklos hinzunehmen,<br />
haben die radikalen Prediger,<br />
überall im Land live und im Fernsehen<br />
zu erleben, leichtes Spiel, die<br />
materiellen Ungleichheiten zwischen<br />
den Menschen zu zementieren.<br />
Prof. Dr. Hero Janßen aus Göttingen<br />
ist neuer stellvertreten<strong>der</strong><br />
Bundesvorsitzen<strong>der</strong> des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es. Die Delegierten<br />
des Bundeshauptausschusses wählten<br />
den Professor <strong>der</strong> englischen<br />
Sprach- und Literaturwissenschaft<br />
von <strong>der</strong> TU Braunschweig am 22.<br />
September in Wuppertal mit überzeugen<strong>der</strong><br />
Mehrheit. Hero Janßen<br />
tritt die Nachfolge seines schwer erkrankten<br />
Bru<strong>der</strong>s Folker Janßen<br />
an, dem die Redaktion alles Gute<br />
wünscht.<br />
Dr. Klaus Sühl, von 1990 bis 1995<br />
Berliner Vorsitzen<strong>der</strong> und Gründungsvorsitzen<strong>der</strong><br />
des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es geht in Dresden<br />
für die Linke in den Oberbürgermeisterwahlkampf<br />
2008. <strong>Der</strong> 56-<br />
Jährige stammt aus dem nie<strong>der</strong>sächsischen<br />
Eddelstorf und war von<br />
2001 bis 2006 als Staatssekretär im<br />
Ministerium für Arbeit und Landesentwicklung<br />
in Mecklenburg-<br />
Vorpommern tätig. <strong>Diesseits</strong><br />
drückt ihm beide Daumen. Vielleicht<br />
erfährt <strong>der</strong> organisierte Humanismus<br />
in den sächsischen Gefilden<br />
auf diese Weise etwas Aufwind.<br />
4/2007 7
8<br />
4/2007<br />
Die ersten Brandenburger Lebenskundelehrkräfte in einer Dienstberatung nach <strong>der</strong><br />
Unterzeichnung <strong>der</strong> Vereinbarung<br />
Gerd Eggers<br />
Humanistische<br />
Lebenskunde in<br />
Brandenburg – die Arbeit<br />
vor Ort hat begonnen<br />
Potsdam – Am 9. Oktober 2007 unterzeichneten<br />
das Land Brandenburg und <strong>der</strong> Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> Berlin-Brandenburg<br />
(HVBB) die „Vereinbarung über die Durchführung<br />
des Humanistischen Lebenskundeunterrichts“.<br />
Damit ist die vollständige<br />
Gleichbehandlung mit den Kirchen und dem<br />
Religionsunterricht auch vertraglich festgeschrieben.<br />
Die Arbeit vor Ort hat begonnen<br />
und in einer Fachtagung im Dezember 2007<br />
wird <strong>der</strong> <strong>Verband</strong> sein Konzept vorstellen<br />
und über erste Erfahrungen berichten.<br />
■ „Im Bewusstsein, dass zur Bildung von<br />
Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen werteorientierte<br />
Erziehung gehört, kommen die Vertragsschließenden<br />
überein, dass <strong>der</strong> unterzeichnende<br />
<strong>Verband</strong> in den Räumen <strong>der</strong> Schulen<br />
im Land Brandenburg Humanistischen Le-<br />
benskundeunterricht erteilt“, heißt es in <strong>der</strong><br />
Präambel <strong>der</strong> unterzeichneten Vereinbarung.<br />
Rahmenbedingungen verbindlich<br />
geregelt<br />
Die Vereinbarung regelt die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an den Unterricht, die Zusammenarbeit mit<br />
Schulen und Schulämtern, die Teilnahmebedingungen,<br />
Finanzierung sowie die Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
an die Lehrkräfte.<br />
Lebenskunde kann für Lerngruppen mit<br />
mindestens zwölf Schülern durchgeführt<br />
werden, wobei auch jahrgangs- und schulübergreifende<br />
Lerngruppen möglich sind.<br />
Das Fach kann von staatlichen Lehrkräften<br />
mit bis zu acht Wochenstunden sowie von<br />
<strong>Verband</strong>slehrkräften mit Teilzeit- o<strong>der</strong><br />
Vollzeitanstellung unterrichtet werden. <strong>Der</strong><br />
Unterricht <strong>der</strong> staatlichen Lehrkräfte wird<br />
zu 100 Prozent vom Land bezahlt und bei<br />
den Lehrkräften des <strong>Verband</strong>es trägt das<br />
Land bis zu 90 Prozent <strong>der</strong> Personalkosten.<br />
Für Weiterbildung und Sachkosten gibt es<br />
Zuschüsse.<br />
Neues Wertefach öffentlich begrüßt<br />
Brandenburger Medien haben die Unterzeichnung<br />
<strong>der</strong> Vereinbarung aufmerksam<br />
wahrgenommen. In <strong>der</strong> Märkischen O<strong>der</strong>zeitung<br />
war bereits einen Tag zuvor ein aus-
führlicher Bericht über eine Unterrichtsstunde<br />
in <strong>der</strong> Petershagener Grundschule<br />
erschienen. In dieser Unterrichtsstunde mit<br />
19 Mädchen und Jungen einer ersten Klasse<br />
ging es <strong>der</strong> Lebenskunde-Lehrerin und<br />
Diplom-Pädagogin Kirsten Döhring um<br />
Persönlichkeitsentwicklung durch Wahrnehmung<br />
von Gefühlen und das Sprechen<br />
darüber. Im Kommentar <strong>der</strong> Zeitung ist zur<br />
Einführung des neuen Faches zustimmend<br />
zu lesen: „Endlich hat man sich eingeprägt,<br />
dass LER ausgesprochen Lebensgestaltung –<br />
Ethik – Religion bedeutet, da warten die<br />
Humanisten schon mit einem neuen Wertefach<br />
auf. Sind unsere Werte nicht letztendlich<br />
sowieso auf die Zehn Gebote<br />
zurückzuführen? Reicht es da nicht, Religions-Unterricht<br />
anzubieten? Nein. Es ist gut,<br />
dass das neue Fach die Möglichkeit bietet,<br />
Moral und Tugend auch ohne religiösen<br />
Ansatz zu vermitteln. Und es ist immer besser,<br />
die Wahl zu haben… So füllt Lebenskunde<br />
eine Lücke, weil das Fach an Grundschulen<br />
angeboten wird. Es kann doch nie<br />
früh genug sein, einem Menschen Werte<br />
wie Verantwortung und Toleranz zu vermitteln.“<br />
Die ersten Lehrkräfte<br />
Zur Zeit wird das Fach Humanistische Lebenskunde<br />
in Brandenburg von 13 Lehrkräften<br />
unterrichtet. Zum großen Teil sind<br />
dies Lehrer mit Wohnsitz in Brandenburg,<br />
die schon mehrere Jahre an Berliner Schulen<br />
mit diesem Fach gute Erfahrungen sammeln<br />
konnten.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Verband</strong> ist nun bestrebt, weitere<br />
Lehrkräfte aus Brandenburg für den Lebenskundeunterricht<br />
zu gewinnen. Davon<br />
hängt <strong>der</strong> schrittweise Aufbau des Unterrichtsangebots<br />
entscheidend ab. Für interessierte<br />
Lehrkräfte werden zwei Formen <strong>der</strong><br />
Qualifizierung angeboten: eine einjährige<br />
berufsbegleitende Weiterbildung und ein<br />
zweijähriges Ergänzungsstudium zum Erwerb<br />
eines weiteren Lehramtes.<br />
Öffentliche Fachtagung in Potsdam<br />
Am 6. Dezember 2007 wird im Alten Rathaus<br />
– Potsdam Forum eine öffentliche<br />
Fachtagung zur Humanistischen Lebenskunde<br />
in Brandenburg stattfinden. Dazu<br />
hat <strong>der</strong> <strong>Verband</strong> auch Abgeordnete und bildungspolitische<br />
Sprecher <strong>der</strong> Fraktionen<br />
des Landtages, Vertreter des Bildungsministeriums,<br />
des Landesinstituts für Schule und<br />
Medien, <strong>der</strong> GEW und des Fachverbandes<br />
LER eingeladen. In Kurzvorträgen werden<br />
Ziele und Inhalte des Lebenskundeunterrichts<br />
dargestellt und nach einem Rundtischgespräch<br />
werden Lehrkräfte über ihre<br />
Erfahrungen in den ersten Monaten berichten.<br />
Alle Interessierten aus den Mitgliedsverbänden<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
Deutschlands sind zu dieser Tagung herzlich<br />
willkommen. ●<br />
Gerd Eggers ist freier Mitarbeiter im Zentrum<br />
für Humanistische Lebenskunde Berlin-Brandenburg<br />
und Koordinator des Bundesarbeitskreises<br />
Humanistische Lebenskunde.<br />
Weitere Informationen zum Lebenskundeunterricht<br />
in Berlin und Brandenburg und zur<br />
Qualifizierung dafür unter www.lebenskunde.de<br />
und unter Tel.: 03321 402532 (Dr. Volker Mueller)<br />
und 030 61390460 (Dr. Heike<br />
Kuschmierz). Nachfragen zum Programm <strong>der</strong><br />
Fachtagung am 6. Dezember 2007 und Anmeldungen<br />
bitte per E-Mail an: gerd.eggers@t-online.<br />
David Driese<br />
Landestreffen <strong>der</strong> JuHu’s<br />
in Brandenburg<br />
Potsdam – Vom 28. bis 30. September 2007<br />
trafen sich die Jungen Humanisten aus verschiedenen<br />
brandenburgischen Regionen in<br />
Strausberg (Märkisch-O<strong>der</strong>land) zu ihrem<br />
traditionellen Landestreffen. Sie verabschiedeten<br />
dort eine Erklärung zur verbandsinternen<br />
Jugendarbeit.<br />
■ Im Rahmen <strong>der</strong> traditionellen Kennenlernrunde<br />
begrüßte <strong>der</strong> gastgebende Freidenkerbund<br />
Barnim (Bernau) die rund 80<br />
Jungen Humanisten vom Humanistischen<br />
Freidenkerbund Havelland e.V., vom<br />
HIBBZ e.V. Eberswalde und von den Jungen<br />
Humanisten aus dem Landkreis Dah-<br />
Erklärung <strong>der</strong> Jungen Humanistinnen und Humanisten in<br />
Deutschland e.V zum Thema: <strong>Verband</strong>sinterne Jugendarbeit<br />
(Grundlage einstimmig verabschiedet auf dem<br />
Landestreffen <strong>der</strong> Jungen Humanisten im Land<br />
Brandenburg am 30. September 2007 in<br />
Strausberg, aufgegriffen und unterstützt von<br />
den Jungen Humanistinnen und Humanisten<br />
in Deutschland e.V.)<br />
Globalisierung und Gesellschaftswandel, Kapitalismus<br />
und soziale Ungerechtigkeit,<br />
Krieg und Frieden, Demokratie und Diktatur,<br />
Freiheit und Unterdrückung sind Herausfor<strong>der</strong>ungen,<br />
die heute unser Leben beeinflussen.<br />
Wir befinden uns in einer Zeit, in<br />
<strong>der</strong> die Klarheit von Werten verschwimmt<br />
und in <strong>der</strong> wir ständig all unsere Auffassungen<br />
hinterfragen müssen.<br />
Insbeson<strong>der</strong>e trifft dies auf die Heranwachsenden<br />
in unserer Gesellschaft zu. „Sie brauchen<br />
unsere Aufmerksamkeit und unsere Zuwendung;<br />
sie brauchen und wollen Werteorientierung.<br />
Wir dürfen sie in den prägenden<br />
Jahren des Aufwachsens, bei ihrer subjektiven<br />
Aneignung <strong>der</strong> Welt nicht allein lassen.“ *<br />
An dieser Stelle verstehen wir den Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> als eine Institution, die jungen<br />
Menschen eine Werteorientierung anbietet<br />
und eigenständiges sowie verantwortungsvolles<br />
demokratisches Denken und<br />
Handeln för<strong>der</strong>t. Uns ist es wichtig, Jugendliche<br />
aufzufangen, ihnen Angebote zu machen<br />
und Raum zu geben sowie als Ansprechpartner<br />
zur Seite zu stehen. Dafür ist es<br />
unerlässlich, Jugendorganisationen zu schaffen,<br />
diese zu för<strong>der</strong>n und zu entwickeln, sodass<br />
auch in Zukunft kommende Generationen<br />
die Werte und Ziele des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es vertreten können.<br />
Deswegen for<strong>der</strong>n wir<br />
- jede an <strong>der</strong> Basis wirkende Organisation<br />
auf, aktiv Jugendliche zu gewinnen, mit ihnen<br />
zu arbeiten und ihre Entwicklung zu unterstützen.<br />
- die Arbeit mit den Jugendgruppen auf einem<br />
gemeinsamen Wertekonsens (Humanistisches<br />
Selbstverständnis) aufzubauen.<br />
- die Verbände auf, in einen Austausch zu treten,<br />
in dem ein Diskurs über die interne Jugendverbandsarbeit<br />
vorangetrieben wird.<br />
- die Integration <strong>der</strong> Jugendlichen in die Erwachsenenorganisationen<br />
sowie in die Gremien<br />
<strong>der</strong> Humanistischen Verbände<br />
Deutschlands.<br />
Bei einer Unterstützung dieser For<strong>der</strong>ung<br />
wird es uns möglich sein, die oben genannten<br />
Aufgaben und Ziele bewältigen zu können.<br />
Denn wenn wir dies nicht bewerkstelligen,<br />
werden eine Weiterentwicklung des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es und ein Ausbau<br />
<strong>der</strong> gesellschaftlichen Anerkennung umso<br />
schwerer realisierbar sein.<br />
Die Jugend ist nicht nur die Zukunft <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
son<strong>der</strong>n auch die des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es!<br />
Hierbei sei all denen Dank gesagt, die bisher<br />
viel Zeit und Kraft in die Jungen Humanistinnen<br />
und Humanisten in Deutschland e.V.<br />
und vor allem in den einzelnen Mitgliedsverbänden<br />
investiert haben und dies weiterhin<br />
tun.<br />
* Aus: Bündnis für Werte in <strong>der</strong> Erziehung<br />
im Land Brandenburg (2007), S. 3<br />
4/2007 9
me-Spreewald. Als Gäste nahmen junge<br />
Humanisten und Rationalisten aus Polen<br />
und aus Hannover (Nie<strong>der</strong>sachsen) teil.<br />
Zu Beginn <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
richtete Gerd Wartenberg, Vorsitzen<strong>der</strong> des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es Berlin-Brandenburg,<br />
ein Grußwort an die Jugendlichen.<br />
<strong>Der</strong> erste Landessprecher David Driese<br />
gab den Bericht über die zurückliegende<br />
Zeit und einen Ausblick auf Künftiges. Florian<br />
Noack berichtete über die finanzielle Situation<br />
<strong>der</strong> Landesorganisation und in seiner<br />
Eigenschaft als neues Mitglied des Vorstandes<br />
<strong>der</strong> Bundes-JuHus informierte er<br />
über <strong>der</strong>en Arbeit. Karina Berg, Andrea Rätzel<br />
und Martin Roth sprachen über die<br />
zurückliegende Arbeit in ihren Gebietskörperschaften.<br />
Komplettiert wurde alles durch<br />
Silvana Uhlrichs Bericht aus <strong>der</strong> IHEYO<br />
und einen Beitrag unserer polnischen<br />
Freunde, die über die komplizierte Situation<br />
<strong>der</strong> Humanisten und Rationalisten in<br />
Polen Auskunft gaben.<br />
Einstimmig verabschiedeten die Mandatsträger<br />
eine Erklärung zur verbandsinternen<br />
Jugendarbeit (verfasst von Florian<br />
Noack und David Driese), die sie an den<br />
Vorstand des HVBB adressierten und dem<br />
JuHu-Bundesvorstand zur „Nachnutzung“<br />
übergaben, um nach Abstimmung in den<br />
Län<strong>der</strong>n mit einer gemeinsamen Erklärung<br />
auftreten zu können.<br />
Abschließend verabredete man sich zum<br />
nächsten Landestreffen vom 26. bis 28. September<br />
2008, <strong>der</strong> Ort steht noch nicht fest.<br />
Neben <strong>der</strong> konzentrierten Arbeit gab es<br />
auch wie<strong>der</strong> ausreichend Gelegenheit für<br />
Eine wissenschaftliche Fachtagung<br />
<strong>der</strong> Rosa-Luxemburg-Stiftung in<br />
Kooperation mit <strong>der</strong> Humanistischen<br />
Akademie Deutschland und<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft für radikale<br />
Philosophie widmet sich am<br />
2. Februar 2007 dem Thema<br />
„Wertedebatte, Neue Armut und<br />
soziale Gerechtigkeit –<br />
Überlegungen zu einem<br />
‚Humanistischen Sozialwort’“.<br />
Nähere Informationen: 030 619040<br />
o<strong>der</strong> info@Humanistische-<br />
Akademie.de.<br />
10<br />
4/2007<br />
Gespräche am Rande. Das vom HIBBZ<br />
vorbereitet „Chaos-Spiel“ vermittelte geschickt<br />
verpackt neben je<strong>der</strong> Menge Spaß<br />
auch viele inhaltliche Bezüge zum humanistischen<br />
Selbstverständnis. Da die Teams gemischt<br />
worden waren, lässt sich keine Delegation<br />
als Sieger benennen. Wer dabei war,<br />
wird aber zustimmen: Gewinner waren alle!<br />
Patricia Block<br />
Begraben unter Bäumen<br />
<strong>Humanistischer</strong> Bestattungshain in Berlin<br />
eröffnet<br />
Berlin – Am 16. September, dem bundesweiten<br />
„Tag des Friedhofs“, eröffnete <strong>der</strong> Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> Deutschlands, Landesverband<br />
Berlin e. V., den „Humanistischen<br />
Bestattungshain“, eine verbandseigene Urnengrabstätte<br />
auf dem Waldfriedhof Zehlendorf.<br />
■ Immer beliebter wird die Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> naturnahen Bestattung einer Urne an<br />
den Wurzeln eines Baumes. In Berlin ging<br />
das bisher nur auf dem Südwestkirchhof in<br />
Stahnsdorf. Ein eigener Bestattungsort<br />
entspricht daher genau dem häufig<br />
geäußerten Wunsch vieler Mitglie<strong>der</strong>.<br />
Entsprechend groß war <strong>der</strong> Andrang, als<br />
am 16. September mit einer festlichen Zeremonie<br />
in <strong>der</strong> Feierhalle des Waldfriedhofs<br />
Zehlendorf das Nutzungsrecht an <strong>der</strong><br />
Familienurnengrabstätte symbolisch dem<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong> übertragen<br />
wurde.<br />
Vor etwa 150 Anwesenden wies <strong>der</strong> Zehlendorfer<br />
Bezirksbürgermeister Norbert<br />
Kopp (CDU) in seinem Grußwort darauf<br />
hin, dass es dem Humanistischen <strong>Verband</strong><br />
gelungen sei, einen neuen Akzent in <strong>der</strong> Berliner<br />
Bestattungskultur zu setzen. Menschen<br />
suchten neue, individuelle Wege, brächen<br />
alte Traditionen auf und fänden neue Ausdrucksformen<br />
einer Gedenk- und Erinnerungskultur,<br />
die die weltanschaulich-religiöse<br />
Vielfalt einer Metropole wie Berlin angemessen<br />
berücksichtige.<br />
Die Familienurnengrabstätte befindet<br />
sich auf einer 5000 qm großen Rasenfläche,<br />
bewachsen mit etwa 200 Birken, Kiefern<br />
und Sträuchern. Mitglie<strong>der</strong> des HVD sowie<br />
ihre engsten Angehörigen haben hier die<br />
Möglichkeit, ein anonymes Urnengrab ent-
Anfang November fand die erste stille<br />
Abschiednahme auf dem verbandseigenen<br />
Grabfeld statt. Prof. Michael<br />
McPherson aus Santiago de Cuba, <strong>der</strong><br />
unter tragischen Umständen in Frankfurt<br />
am Main ums Leben kam, erhielt dort<br />
seine letzte Ruhestätte. Auf <strong>der</strong><br />
Beisetzung erinnerte unser <strong>Verband</strong>smitglied<br />
Dr. Udo Skladny, ein enger<br />
Freund <strong>der</strong> Familie McPherson, mit<br />
einfühlsamen und persönlichen Worten<br />
an den Verstorbenen. Die Witwe tröstet<br />
<strong>der</strong> Gedanke, dass das Grab ihres<br />
Mannes einen ihrem Leben<br />
entsprechenden Platz in freier Natur<br />
gefunden hat.<br />
we<strong>der</strong> direkt am Baum o<strong>der</strong> auf <strong>der</strong> Wiese<br />
auch schon zu Lebzeiten zu erwerben, ganz<br />
in <strong>der</strong> Nachbarschaft zu Willy Brandt, Otto<br />
Suhr, Ernst Reuter o<strong>der</strong> Hildegard Knef,<br />
die hier ihre letzte Ruhe fanden.<br />
An<strong>der</strong>s als bei einer Bestattung im<br />
„Friedwald“ bleibt die Fläche hier nicht sich<br />
selbst überlassen, son<strong>der</strong>n wird von Landschaftsgärtnern<br />
behutsam gepflegt. Ein gestalteter<br />
Gedenkplatz bietet zusätzlichen<br />
Raum für Ruhe und Besinnung. Die Beisetzung<br />
<strong>der</strong> Urne, mit einer Ruhezeit von 20<br />
Jahren, erfolgt ohne individuelle Grabstellenkennzeichnung.<br />
Es wird aber über Möglichkeitennachge-<br />
dacht, für diejenigen,<br />
die nicht ganz so anonym<br />
bestattet werden<br />
wollen, z.B. einen nach<br />
alter Tradition hergestellten<br />
Ziegelstein mit<br />
dem Namen zu versehen<br />
und am Rande des<br />
Feldes einzulassen. Für<br />
die Gedenkstele spaltete<br />
<strong>der</strong> Brandenburger<br />
Holzgestalter Andreas<br />
Dorfstecher eine Eiche,<br />
die mit dem Logo<br />
des HVD versehen<br />
wurde. Die dazu<br />
gehörenden Bänke<br />
werden im kommenden<br />
Frühjahr aufgestellt. Da das Nie<strong>der</strong>legen<br />
von Blumen, Gestecken und Kränzen<br />
auf dem Areal laut Friedhofsordnung nicht<br />
gestattet ist, bietet ein an <strong>der</strong> Stele angebrachtes<br />
Gefäß aus poliertem Granit die<br />
Möglichkeit <strong>der</strong> Blumenablage.<br />
Mein Platz<br />
Schon am Montag nach <strong>der</strong> offiziellen<br />
Eröffnung des Bestattungshaines stand das<br />
Telefon bei Regina Malskies, Kulturreferentin<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es Berlin,<br />
nicht mehr still. Die Anrufer interessierten<br />
sich für das konkrete Verfahren, für<br />
Preise und Fristen und ob sich bestimmte<br />
Plätze schon vorab reservieren lassen. <strong>Diesseits</strong><br />
sprach mit HVD-Mitglied Dorit Albrecht,<br />
die sich als Erste „ihren“ Platz ausgesucht<br />
und gesichert hat.<br />
Frau Albrecht, 66 Jahre alt, schloss 2002<br />
beim HVD eine Patientenverfügung ab.<br />
Nun fand sie es an <strong>der</strong> Zeit, sich gedanklich<br />
damit zu befassen, wo sie später einmal be-<br />
Mitmachen und Gewinnen<br />
In vielen Diskussionsrunden<br />
versuchte <strong>der</strong> Berliner Landesvorstand<br />
einen passenden<br />
Begriff für diese neue<br />
Bestattungsform zu finden.<br />
Gar nicht einfach, wie sich<br />
bald erwies. Begriffe wie<br />
Friedwald o<strong>der</strong> Ruheforst,<br />
sind zwar umgangssprachlich<br />
eingebürgert, aber auch<br />
urheberechtlich geschützt.<br />
Auch Friedhain, Ruhehain<br />
o<strong>der</strong> Ruhepark sind schon<br />
vergeben. So ist <strong>Humanistischer</strong><br />
Bestattungshain zwar<br />
ein sachlich korrekter Begriff,<br />
aber Schöneres ließe<br />
sich denken. Bitte teilen Sie<br />
bis 15. Januar 2008 <strong>der</strong> Redaktion<br />
diesseits Ihre Ideen<br />
mit. Unter allen Einsen<strong>der</strong>n<br />
wird das Buch von Peter<br />
Cardoff und Conny Böttger<br />
„<strong>Der</strong> letzte Pass. Fussballzauber<br />
in Friedhofswelten“<br />
verlost.<br />
In Deutschland ist es dem<br />
Fußballer und dessen Fan<br />
nicht erlaubt, seine Asche<br />
auf dem Platz verstreuen<br />
o<strong>der</strong> sich am Spielfeldrand<br />
beisetzen zu lassen. Wie<br />
aber auch hierzulande die<br />
Leidenschaft für das runde<br />
Le<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> letzten<br />
Ruhestätte vereinbart<br />
werden kann, zeigen die<br />
beiden Autoren mit ihrem<br />
Einblick in die Friedhofswelt<br />
von Fußballspielern,<br />
Trainern, Fans und an<strong>der</strong>en<br />
Begeisterten. Ihr Augenmerk<br />
richten sie dabei auf die<br />
Grabmalgestaltung<br />
berühmter Spieler. So weiß<br />
Jürgen Sparwasser schon,<br />
was eines Tages auf seinem<br />
Grabstein stehen wird: Nur<br />
„Hamburg 74“ und je<strong>der</strong><br />
weiß Bescheid.<br />
Cardorff schrieb in diesseits Nr.<br />
68 den Artikel „Was sucht ihr die<br />
Lebendigen bei den Toten“.<br />
4/2007 11
Dorit Albrecht<br />
erdigt sein wolle. „Man muss sich ja langsam<br />
mal kümmern, auch wenn ich noch zwanzig<br />
Jahre mitspielen möchte.“ Da kam die<br />
Einladung zur Eröffnung des Humanistischen<br />
Bestattungshaines gerade richtig.<br />
Auf <strong>der</strong> gedruckten Einladungskarte strahlte<br />
ein kleines Bäumchen im purpurroten<br />
Laub auf <strong>der</strong> ansonsten lichten grünen<br />
Fläche. Die langjährige Regieassistentin mit<br />
einem geübten Blick für Bil<strong>der</strong> fühlte sich<br />
„magisch“ angezogen: „Das könnte es sein.“<br />
Den Friedhof kannte sie, Freunde <strong>der</strong> Eltern<br />
liegen dort und sie selbst war auf <strong>der</strong> Beerdigung<br />
von Hildegard Knef, die dort ein<br />
Ehrengrab hat. Nach <strong>der</strong> offiziellen Eröffnungsrede<br />
in <strong>der</strong> Feierhalle öffneten sich die<br />
Glastüren und gaben den Blick auf den Bestattungshain<br />
frei. Die Septembersonne<br />
strahlte genau auf diesen Baum und „Prunus<br />
cerasifera nigra“, die Blutpflaume, leuchtete<br />
in unbeschreiblich warmen Rottönen.<br />
„Da wusste ich, Dorit, das ist dein Platz. Es<br />
war Liebe auf den ersten Blick. Diese Farbe<br />
entspricht genau meinem Temperament.“<br />
Wer Frau Albrecht erlebt, weiß, dass sie<br />
recht hat. Die energiegeladene Dame musste<br />
während ihrer Berufsjahre als Regieassistentin<br />
Schauspieler und Laiendarsteller motivieren,<br />
auch noch nach 8 Stunden Drehzeit<br />
mit Schwung durchs Bild zu stürmen.<br />
Diesen Elan bringt sie heute in die Seniorenarbeit<br />
des Humanistischen <strong>Verband</strong>es<br />
ein.<br />
Hinzu kommt, dass die gebürtige Zehlendorferin<br />
es auch irgendwie gut findet, in<br />
diesen Kiez zurückzukehren, auch wenn sie<br />
die Gegend schon als Kind verlassen hat. Ihr<br />
Berufsleben spielte sich in den DEFA-Studios<br />
im brandenburgischen Potsdam-Babelsberg<br />
ab. Ein bisschen Brandenburg wird<br />
sie dann auch wie<strong>der</strong> um sich haben. <strong>Der</strong><br />
Holzbildhauer Andreas Dorfstecher versicherte<br />
ihr, dass die Eiche, die er für die Stele<br />
gespalten hat, aus einem Wald bei Perleberg<br />
stammt.<br />
12<br />
4/2007<br />
Das Planquadrat FA Nr. 49, genau einen<br />
Quadratmeter groß, ist jetzt ihres. 349 Euro<br />
hat sie sich dies kosten lassen. Die darauf stehende<br />
Blutpflaume ist noch ein junges<br />
Bäumchen. Sie wird es immer mal besuchen<br />
in den nächsten Jahren, will sehen, wie<br />
wun<strong>der</strong>schön es im Frühling blüht, ob es<br />
Früchte trägt und ob wirklich so viele Vögel<br />
in ihm nisten. Dies verspricht zumindest<br />
ein botanisches Lehrbuch. Sie wird sich dem<br />
Baum vorstellen, ihm ihr Leben erzählen.<br />
„Ich bin we<strong>der</strong> verwirrt, noch spirituell angehaucht,<br />
aber vielleicht kann das <strong>der</strong> Ort<br />
werden, an dem ich mir über mich selbst<br />
Gedanken mache.“ Gedanken über ihre Bestattung<br />
muss sie sich nun nicht mehr machen:<br />
„Es ist ein gutes Gefühl, das geregelt<br />
zu haben.“ Wenn <strong>der</strong> Sohn das nächste Mal<br />
zu Besuch kommt, wird sie ihm das<br />
Fleckchen zeigen. Und sie wird auch eine<br />
Bekannte mitnehmen, die noch zögerlich<br />
ist. Am Eröffnungstag hat sie jedoch schon<br />
mit einer Birke, nicht weit von ihrem Baum<br />
entfernt, geliebäugelt.<br />
Weitere Informationen: Regina Malskies, 030<br />
61390441<br />
Michael Bauer<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
beantragt<br />
Weltanschauungsschule<br />
Nürnberg – Ergänzend zu seiner Berufungsklage<br />
für seine reformpädagogische Grundschule<br />
hat <strong>der</strong> HVD-Nürnberg am 20. September<br />
2007 nun auch die Zulassung einer<br />
humanistischen Weltanschauungsschule<br />
beantragt. Diese Schule soll in den Unterrichtsmethoden<br />
<strong>der</strong> reformpädagogischen<br />
Schule weitgehend entsprechen, jedoch ein<br />
noch größeres Gewicht auf ein weltlich-humanistisches<br />
Schulprofil legen.<br />
■ Ein entsprechen<strong>der</strong> Zulassungsantrag<br />
wurde von bisher 35 Eltern unterstützt. Sie<br />
haben den HVD-Nürnberg als Schulträger<br />
beauftragt, eine solche Schule zu errichten<br />
und zu betreiben. Eine Reaktion <strong>der</strong> für die<br />
Genehmigung zuständigen Regierung von<br />
Mittelfranken lag bei Redaktionsschluss<br />
noch nicht vor.<br />
Bereits vier Jahre währt <strong>der</strong> Kampf um<br />
die Genehmigung einer reformpädagogischen<br />
Schule im mittelfränkischen Fürth.<br />
Im Februar hatte das Verwaltungsgericht<br />
Ansbach den Antrag auf eine Humanistische<br />
Schule negativ entschieden. Auch die<br />
Einholung eines eigenen pädagogischen<br />
Fachgutachtens zur Beurteilung des Konzepts<br />
hatte das Gericht abgelehnt. Darauf<br />
reagierte <strong>der</strong> HVD mit Unverständnis,<br />
denn „unser Konzept hat diese Abfuhr nicht<br />
verdient“, so Helmut Fink, <strong>der</strong> Vorsitzende<br />
des <strong>Verband</strong>es in Nürnberg und Mitglied<br />
des HVD-Bundesvorstandes. Inzwischen<br />
geht <strong>der</strong> Prozess vor dem Verwaltungsgericht<br />
in München in Berufung.<br />
<strong>Der</strong> HVD Nürnberg spielt eine Vorreiterrolle,<br />
wenn es um die humanistische Betreuung<br />
und Erziehung von Kin<strong>der</strong>n geht.<br />
In seinen öffentlichen Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />
werden <strong>der</strong>zeit 270 Mädchen und Jungen<br />
liebevoll betreut.<br />
Da wun<strong>der</strong>t es nicht, dass viele Eltern an<br />
einer humanistischen Schulbildung ihrer<br />
Kin<strong>der</strong> interessiert sind, zumal es noch keine<br />
Privatschule in Fürth gibt. <strong>Der</strong> Humanistische<br />
<strong>Verband</strong> Nürnberg will in Fürth<br />
nicht lockerlassen.<br />
Die Genehmigung <strong>der</strong> HVD-Privatschule<br />
in Berlin zeigt, dass die verfassungsmäßige<br />
Gleichbehandlung von anerkannten<br />
Weltanschauungsgemeinschaften möglich<br />
und politisch sowie gegebenenfalls juristisch<br />
durchsetzbar ist.<br />
HVD-Nürnberg füttert<br />
„Internetradio“<br />
Nürnberg – <strong>Der</strong> HVD-Nürnberg beschreitet<br />
neue Wege <strong>der</strong> Internetkommunikation. Er<br />
stellt künftig regelmäßig Podcasts im mp3-<br />
Format zu wichtigen Ereignissen aus dem<br />
<strong>Verband</strong>sleben auf seiner Homepage zum<br />
Anhören o<strong>der</strong> Herunterladen zur Verfügung –<br />
journalistisch aufbereitet, vor Ort produziert<br />
und informativ.<br />
■ Geschäftsführer Michael Bauer, <strong>der</strong> in<br />
jungen Jahren selbst für das Fernsehen gearbeitet<br />
hat, freut sich: „Wir wollen das Medium<br />
Internet mit seinen großartigen Möglichkeiten<br />
nutzen, um über unsere Angelegenheiten<br />
nach professionellen Standards zu<br />
berichten. Mit dem Einstieg ins Podcasting<br />
sind wir in diesem Bereich journalistisch in<br />
einer angemessenen Qualität vertreten.“<br />
<strong>Der</strong> HVD-Nürnberg setzt sich damit<br />
von <strong>der</strong> im freigeistig-humanistischen Pu-
likationswesen verbreiteten Sendeform <strong>der</strong><br />
eingesprochenen Rundfunkrede ab. Im<br />
Bayerischen Rundfunk etwa gibt es in den<br />
frühen Morgenstunden des Sonntags einmal<br />
monatlich ein kurzes Fenster, das vom<br />
Bund für Geistesfreiheit Bayern mit selbst<br />
gesprochenen Beiträgen gefüllt wird.<br />
Die Sen<strong>der</strong>echte <strong>der</strong> Kirchen in Rundfunk<br />
und Fernsehen sind reichhaltig. Eigene<br />
Magazinsendungen, kirchlich beaufsichtigte<br />
Redaktionen, die Übertragung von<br />
Gottesdiensten sind hierfür Beispiele. Abgesichert<br />
wird <strong>der</strong> kirchliche Einfluss auf die<br />
Berichterstattung auch durch die zahlreichen<br />
kirchlichen Sitze in den Rundfunkräten.<br />
Die Sendemöglichkeiten freigeistiger<br />
Verbände im öffentlich-rechtlichen Rundfunk<br />
sind dagegen sehr gering und ihr Einfluss<br />
auf die Berichterstattung ist marginal.<br />
„Umso wichtiger ist es, diese alten Medienstrukturen<br />
zu durchbrechen und neue<br />
Verbreitungswege zu nutzen“, so Bauer.<br />
Nachdem das Internet auch als Audiomedium<br />
prinzipiell allen zugänglich ist, müssen<br />
hier nicht erst mühsam juristische o<strong>der</strong> technische<br />
Voraussetzungen geschaffen werden.<br />
<strong>Der</strong> erste humanistische Podcast berichtet<br />
über das Eröffnungsfest <strong>der</strong> neuen Kin<strong>der</strong>krippe<br />
im Nürnberger Stadtteil Mögeldorf.<br />
Er enthält unter an<strong>der</strong>em Interviews<br />
mit <strong>der</strong> Grünen-Landtagsabgeordneten<br />
Christine Stahl, <strong>der</strong> Krippenleiterin Julia<br />
Ehmke und dem Nürnberger HVD-Vorsitzenden<br />
Helmut Fink.<br />
Ein weiterer Podcast über das Fest anlässlich<br />
des symbolischen Spatenstichs für das<br />
innovative Wohnprojekt „WohnenPlus“<br />
am Nürnberger Karl-Bröger-Platz, an dem<br />
das Humanistische Sozialwerk Bayern beteiligt<br />
ist, befindet sind ebenfalls auf <strong>der</strong> Homepage<br />
www.hvd-nuernberg.de und wartet<br />
auf Zuhörer. Die Produktionen werden von<br />
<strong>der</strong> Firma Träger P.R. Fürth, betreut.<br />
Michael Bauer<br />
Häuser für Kin<strong>der</strong><br />
Nürnberg – <strong>Der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Nürnberg eröffnete zwei neue Kin<strong>der</strong>krippen<br />
in Nürnberg und Fürth<br />
■ Humanistisches Haus für Kin<strong>der</strong><br />
Nürnberg-Mögeldorf<br />
Am 3. September hat die neue zweigruppige<br />
Humanistische Kin<strong>der</strong>krippe in Mögel-<br />
dorf ihren Betrieb aufgenommen. Nach<br />
etwa sechs Monaten Bauzeit werden jetzt in<br />
Nürnberg-Mögeldorf 24 kleine Nürnbergerinnen<br />
und Nürnberger vom Neugeborenen<br />
bis zu drei Jahren liebevoll und fürsorglich<br />
betreut und geför<strong>der</strong>t.<br />
<strong>Der</strong> HVD-Nürnberg hat damit seinen<br />
seit 1994 bestehenden Kin<strong>der</strong>garten in <strong>der</strong><br />
Ziegenstraße zum „Haus für Kin<strong>der</strong>“ erweitert.<br />
Er bietet dort künftig 74 Betreuungsplätze<br />
für Kin<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Geburt bis<br />
zum 6. Lebensjahr an. Das pädagogische<br />
Team umfasst neun Mitarbeiterinnen, die<br />
von hauswirtschaftlichen Kräften unterstützt<br />
werden. Die Verpflegung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong><br />
wird frisch und „bio“ in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
von einem qualifizierten Koch zubereitet.<br />
Bei <strong>der</strong> gelungenen Eröffnungsfeier am<br />
27. September konnten unter an<strong>der</strong>em die<br />
Grünen-Landtagsabgeordnete Christine<br />
Stahl und <strong>der</strong> SPD-Fraktionsvorsitzende im<br />
Stadtrat, Gebhardt Schönfel<strong>der</strong>, begrüßt<br />
werden. Aus dem Stadtrat ebenfalls gekommen<br />
waren Ulrike Hölldobler-Schäfer<br />
(CSU), Dr. Susanne Jauch und Arif Tasdelen<br />
(beide SPD).<br />
■ Humanistisches Haus für Kin<strong>der</strong><br />
Fürth-Am Südstadtpark<br />
Nicht ganz so reibungslos ging die neue<br />
Kin<strong>der</strong>krippe in Fürth in Betrieb. Zwar<br />
kamen auch hier Anfang September die<br />
Kleinen in ihre Krippe – doch das Gebäude<br />
war noch gar nicht fertig. Nachdem widrige<br />
Stimmen im Fürther Stadtrat den<br />
Baustart verzögert hatten und zudem noch<br />
während <strong>der</strong> Errichtung manche unerwartete<br />
Schwierigkeit überwunden werden<br />
musste, konnte die Krippe zunächst nur<br />
einen Notbetrieb im Mehrzweckraum des<br />
Bestandsbaus aufnehmen. Am 1. Oktober<br />
war es dann aber so weit: Das neue, schöne<br />
und lichtdurchflutete Gebäude konnte<br />
von den 12 kleinen Kin<strong>der</strong>n und ihren<br />
drei pädagogischen Begleiterinnen in Beschlag<br />
genommen werden. Damit werden<br />
im nunmehr sechsgruppigen Humanistischen<br />
Haus für Kin<strong>der</strong> in Fürth 140 Kin<strong>der</strong><br />
im Alter bis 12 Jahren betreut.<br />
Am 19.10. kam dann gleich hoher Besuch:<br />
<strong>Der</strong> Fürther Oberbürgermeister Dr.<br />
Thomas Jung und <strong>der</strong> Vorsitzende des Fürther<br />
Sparkassen-Vorstands Rainer Heller<br />
brachten einen Scheck vorbei und stießen<br />
mit den Aktiven vor Ort auf das neue Gebäude<br />
an.<br />
Neuer Regionalverband<br />
in <strong>der</strong> Region Weser-<br />
Ems<br />
Hannover – Als Zeichen eines gewachsenen<br />
Selbstbewusstseins gründeten 24 Delegierte<br />
aus Humanistischen Verbänden nie<strong>der</strong>sächsischer<br />
Städte und Landkreise am 8. September<br />
2007 in Brake an <strong>der</strong> Unterweser einen<br />
neuen Regionalverband. Er wird sich<br />
weit über das Weser-Ems-Gebiet hinaus bis<br />
an die Elbe erstrecken und auch den Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> Bremen mit einbeziehen.<br />
■ Die langjährige Arbeitsgemeinschaft, die<br />
als freiwilliger Zusammenschluss unter dem<br />
Namen „Freie Humanisten“ über 50 Jahre<br />
im Norden Nie<strong>der</strong>sachsens funktionierte,<br />
wurde nun zum <strong>Verband</strong>steil des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es Nie<strong>der</strong>sachsen.<br />
Satzung und Neugründung erfolgten<br />
mit großer Mehrheit. Mit Hartmut Meyer<br />
an <strong>der</strong> Spitze werden sich im Vorstand<br />
langjährige Erfahrung und neuer Elan ideal<br />
ergänzen. <strong>Der</strong> Präsident des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es Nie<strong>der</strong>sachsen, Prof. Dr.<br />
Hero Janßen, sowie <strong>der</strong> Landessprecher Jürgen<br />
Gerdes, zeigten sich zufrieden mit dem<br />
Sitzungsverlauf und bekräftigten ihre Unterstützung<br />
bei <strong>der</strong> künftigen Arbeit.<br />
Diese wird vorrangig auf <strong>der</strong> Koordinierungsebene<br />
liegen, wobei die Orts- und<br />
Kreisverbände weiterhin ihre eigenständige<br />
Arbeit bei <strong>der</strong> Betreuung ihrer Mitglie<strong>der</strong><br />
wahrnehmen.<br />
Eine erste Arbeitstagung des Regionalverbandes<br />
fand bereits am 10. und 11. November<br />
in Tossens zum Thema „Umweltschutz“<br />
statt.<br />
<strong>Der</strong> Einladung zur bereits in <strong>der</strong> bisherigen<br />
Arbeitsgemeinschaft schöne Tradition<br />
gewordenen Morgenfeier (Matinee) waren<br />
neben den Delegierten <strong>der</strong> Mitgliedsverbände<br />
auch zahlreiche Gäste gefolgt. Die<br />
Feieransprache hielt <strong>der</strong> Landessprecher Jürgen<br />
Gerdes zum Thema „Wir Humanisten<br />
– Werte und Ideale für eine mo<strong>der</strong>ne, säkulare<br />
Gesellschaft“.<br />
4/2007 13
14<br />
4/2007
Patricia Block<br />
20Jahre diesseits<br />
■ Schon ein Jahr lang diskutiert <strong>der</strong> Vorstand<br />
über die <strong>Verband</strong>szeitschrift „Stimme<br />
des Freidenkers“. Nach einer Kompletterneuerung<br />
soll sie bundesweit agieren und<br />
den Spagat zwischen Mitglie<strong>der</strong>zeitung und<br />
Publikumsmagazin schaffen.<br />
Ein entsprechendes Papier benennt das<br />
Problem: „Freidenker wissen, dass in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit, in den Medien nur selten<br />
und unvollkommen Ziele und Arbeit <strong>der</strong><br />
Freidenkerbewegung diskutiert werden.<br />
Um die eigenen Sprachlosigkeit und die<br />
Medien-Barriere zu überwinden, wird eine<br />
qualitativ gute Freidenkerzeitschrift bundesweit<br />
immer wichtiger.“ Diese müsse „als<br />
öffentliches Forum für die … Verbreitung<br />
einer mo<strong>der</strong>nen humanistisch-wissenschaftlichen<br />
Weltanschauung wirken. (…) Die<br />
Zeitschrift will in populärwissenschaftlicher<br />
Form dazu betragen, die kulturellen, sozialen,<br />
politischen und ethischen Probleme <strong>der</strong><br />
Gegenwart für eine humane und friedliche<br />
Zukunft <strong>der</strong> Gesellschaft, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Mensch<br />
das höchste Wesen für die Menschen ist, zu<br />
lösen“. Ein hehres Ziel und angesichts <strong>der</strong><br />
Leserzahl vielleicht etwas hoch gegriffen. Als<br />
Zielgruppe fasste man „junge anpolitisierte<br />
Menschen zwischen 20 und 35 Jahren“ ins<br />
Auge. Das, daran lässt sich nichts schönreden,<br />
ist nie erreicht worden und wird heute<br />
in dieser Ausschließlichkeit auch nicht mehr<br />
angestrebt.<br />
Dezemberschreck<br />
Am 12. Januar 1987 fällt die Entscheidung,<br />
das Konzept steht, unter verschiedenen Titeln<br />
wird „diesseits“ ausgewählt.<br />
Und so verabschiedete sich die letzte<br />
Ausgabe <strong>der</strong> seit 1958 herausgegebenen<br />
„Stimme des Freidenkers“ mit dem Hinweis,<br />
man wolle mit einer neuen Zeitschrift<br />
„mehr und mehr über die verbandsinternen<br />
Erörterungen hinausgehen“. Was auch gelingt.<br />
Dem ersten neuen Heft ist seine Herkunft<br />
nicht anzumerken, ein buntes Sam-<br />
1987 – große Ereignisse schicken ihre Vorboten voraus. Anfang des Jahres kündigt Michail<br />
Gorbatschow auf einem Plenum seines Zentralkomitees die beabsichtigte Perestroika an.<br />
Bald darauf landet Matthias Rust mit seiner Cesna auf dem Roten Platz in Moskau. Erich<br />
Honecker zieht es in die an<strong>der</strong>e Richtung – er besucht als erster DDR-Staatschef die BRD.<br />
Gorbatschow und Reagan unterzeichnen den Vertrag zum vollständigen Abbau aller nuklearen<br />
Mittelstreckenwaffen. Aufbruchstimmung allerorten – so auch beim Berliner Freidenkerverband.<br />
Jüngere, politisch und weltanschaulich interessierte Mitglie<strong>der</strong> gelangen in<br />
Führungspositionen. Das Projekt „Lebenskunde“ war erfolgreich gestartet. Mit viel Enthusiasmus<br />
gehen diese Aktivisten daran, ihre Bewegung aus den Hinterzimmern <strong>der</strong> Vereinslokale<br />
zu holen. Öffentlichkeitsarbeit hieß schon damals das Zauberwort.<br />
melsurium von Beiträgen ohne <strong>Verband</strong>sklammer.<br />
Ungeteilte Zustimmung findet<br />
das nicht. Das Editorial weist auch mit keinem<br />
Wort auf die Neugründung hin. Erst<br />
in Heft 2 ging <strong>der</strong> damalige verantwortliche<br />
Redakteur Wolfgang Jaskulski auf den<br />
Schreck ein, den das neue Blatt bei einigen<br />
Lesern ausgelöst hatte. Erst hier erklärte<br />
man dem Neuling in <strong>der</strong> Leserschaft, dass es<br />
sich um die Nachfolgepublikation <strong>der</strong> Freidenkerzeitung<br />
handelt. Welcher Art die<br />
Schrecken waren, bleibt unerwähnt. Vielleicht<br />
war es neben <strong>der</strong> <strong>Verband</strong>sferne etwas<br />
ungeschickt, ausgerechnet als ersten Autor<br />
eines freidenkerischen Magazins den Katholiken<br />
Otto Schuhmacher über gegensätzliche<br />
Positionen innerhalb <strong>der</strong> katholischen<br />
Kirche zum Thema Aids schreiben<br />
zu lassen.<br />
Lange Vorlaufzeiten und ehrenamtliche<br />
Autoren und Redakteure können oft nicht<br />
gewährleisten, dass das aktuelle gesellschaftliche<br />
Geschehen sich im Heft wi<strong>der</strong>spiegelt.<br />
Das Winterheft 1989, erschienen am<br />
15.12., sprach von zukünftigen Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in <strong>der</strong> DDR, <strong>der</strong> Mauerfall wurde<br />
nur am Rande erwähnt. Tod war das<br />
Schwerpunktthema. Man veröffentlichte lediglich<br />
einen Brief an die Freidenker im<br />
Osten, in dem man sich enttäuscht zeigte,<br />
dass die DDR-Freidenker sich in keiner<br />
Weise in die Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> DDR<br />
einbrachten, son<strong>der</strong>n diese Bewegung den<br />
Kirchen überließen.<br />
Erst ein Jahr später wendet man sich dem<br />
Thema zögerlich zu – die großen Chancen<br />
für die humanistische Bewegung wurden zu<br />
diesem Zeitpunkt noch immer nicht erkannt.<br />
Von Gemeinsamkeit noch keine<br />
Spur. Schuld daran war sicher auch <strong>der</strong><br />
schlechte Ruf des Freidenkerverbandes Ost,<br />
<strong>der</strong> auf Geheiß des Ministeriums für Staatssicherheit<br />
gegründet wurde.<br />
Sprachrohr des Bundesverbandes<br />
Und plötzlich wird es rasant. Neue Mitglie<strong>der</strong>,<br />
neue Projekte, neue Strukturen. 1991<br />
beginnen in diesseits die Diskussionen um<br />
die Umbenennung des <strong>Verband</strong>es. <strong>Diesseits</strong><br />
druckt auch die offensichtlich weniger<br />
ernst gemeinten Vorschläge ab (HumBuK –<br />
<strong>Humanistischer</strong> Bund <strong>der</strong> Konfessionslosen,<br />
ZWAU – Zwangsgemeinschaft <strong>der</strong><br />
Ungetauften). Ältere Mitglie<strong>der</strong> finden das<br />
wenig lustig und wehren sich dagegen über<br />
mehrere Ausgaben hinweg. Auf den traditionellen<br />
Namen Freidenker möchten viele<br />
gar nicht verzichten, egal welche Alternative<br />
auch gefunden wird.<br />
Ab 1992 wird überlegt, inwieweit es<br />
möglich sein würde, diesseits zum Sprachrohr<br />
des neu zu gründenden Bundesverbandes<br />
zu machen. Dessen Gründung war<br />
im November 1992 beschlossen und am 14.<br />
Januar 1993 formal vollzogen worden. Das<br />
nächste Jubiläum steht uns daher in Kürze<br />
ins Haus. <strong>Der</strong> erste Versuch als Bundeszeitung<br />
war nicht von Erfolg gekrönt, finanzi-<br />
4/2007 15
elle Turbulenzen stoppten die Euphorie des<br />
Anfangs. Es mussten dann noch einmal etliche<br />
Jahre vergehen, bis 2002 <strong>der</strong> Bundesverband<br />
endgültig Herausgeber wurde. Die<br />
Landesverbände entsandten nach und nach<br />
ihre Vertreter in die Redaktion, ein bis heute<br />
bewährtes Modell. Für Nürnberg, Nie<strong>der</strong>sachsen,<br />
NRW und Berlin gibt es in unterschiedlichen<br />
Varianten spezielle Landesseiten,<br />
die sich mehr auf die Regionalberichterstattung<br />
konzentrieren.<br />
Das formale Redaktionskonzept, <strong>der</strong><br />
Aufbau <strong>der</strong> Zeitschrift in ihre Rubriken, hat<br />
sich bewährt und ist im Wesentlichen bis<br />
heute erhalten geblieben – mit einer großen<br />
Ausnahme. Bis 2001 stand jedes Heft unter<br />
einem Schwerpunkt. Ein Thema wurde in<br />
mehreren Beiträgen aus verschiedenen Positionen<br />
differenziert aufgefächert. Mit <strong>der</strong><br />
endgültigen Umwandlung in ein Bundesorgan<br />
wichen diese Dossiers <strong>der</strong> Berichterstattung<br />
aus den Landesverbänden.<br />
Mittelfoto und Literarisches gibt es noch<br />
immer, und die Redaktion wünscht sich,<br />
dass dieser Luxus noch lange bestehen kann.<br />
Wenig auffällig war die mehrmalige Än<strong>der</strong>ung<br />
des Untertitels. Aus <strong>der</strong> „Zeitschrift<br />
für Kultur, Politik und Freidenkertum“<br />
wurde, den aktuellen Entwicklungen geschuldet,<br />
1990 die „Zeitschrift für Humanismus<br />
und Aufklärung“. Ab Heft Nr. 55,<br />
<strong>der</strong> denkwürdigen Janosch-Ausgabe 2001,<br />
heißt sie „Zeitschrift des Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong>es“. <strong>Der</strong> Haupttitel dagegen hat<br />
sich bewährt. Kurz und prägnant bringt er<br />
auf den Punkt, worum es geht. Den wird so<br />
schnell niemand än<strong>der</strong>n wollen.<br />
An dieser Stelle ist auch Dank zu sagen<br />
den „treuen“ Machern hinter den Kulissen.<br />
Gestalter Jürgen Holtfreter, Layouter Michael<br />
Pickardt und die Druckerei H&P haben<br />
das äußere, unverwechselbare Gestaltungsbild<br />
<strong>der</strong> diesseits über lange Jahre geprägt.<br />
Zwischen allen Stühlen<br />
Eine <strong>Verband</strong>szeitschrift hat vielen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
zu genügen. Einerseits soll sie den<br />
Herausgeber präsentieren, soll Schaufenster<br />
sein für zufällig Vorbeispazierende. Mitglie<strong>der</strong><br />
dagegen wollen gern ihre inhaltlichen<br />
Debatten wie<strong>der</strong>finden, manchmal auch<br />
ihren Unmut über Personal o<strong>der</strong> Projekte<br />
loswerden. Für einige Einzelkämpfer,<br />
wohnhaft in den „weißen Flecken <strong>der</strong> bundesdeutschen<br />
Humanismuslandkarte“, ist<br />
dieses Magazin manchmal die einzige Ver-<br />
16<br />
4/2007<br />
bindung zu ihrem <strong>Verband</strong>. Ein Patentrezept<br />
für diese Gratwan<strong>der</strong>ung gibt es nicht.<br />
Besser betuchte Unternehmen leisten sich<br />
für die erste Aufgabe ein spezielles Hochglanzmagazin.<br />
Die diesseits-Verantwortlichen<br />
stehen eher auf dem Standpunkt, ein<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> präsentiert sich<br />
gerade auch durch die Qualität seiner Debattenkultur<br />
in <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Nicht<br />
immer einfach in einer Organisation, die<br />
Dogmen und Denkverbote für sich ablehnt.<br />
Zündstoff lieferte hier zum Beispiel die For<strong>der</strong>ung<br />
nach einer humanistischen Militärberatung.<br />
Auch die uralte Frage, ob Humanisten<br />
Pazifisten sein müssen, spaltete die<br />
Leserschaft in Pro und Contra.<br />
Seit Herbst 1997 erscheint die humanistische<br />
Theoriezeitschrift humanismus heute<br />
(jetzt humanismus aktuell). <strong>Diesseits</strong><br />
überließ von da ab in sinnvoller Arbeitsteilung<br />
umfangreiche Theoriedebatten ihrer<br />
„kleinen“ Schwester.<br />
Gemessen an an<strong>der</strong>en Publikationen waren<br />
wir schnell – immerhin ab Juni 1995<br />
hatte diesseits eine E-Mail-Adresse. Die lag<br />
auf <strong>der</strong> Homepage des damaligen Praktikanten<br />
Patrick Weber, dort konnte man die<br />
Beiträge auch schon in elektronischer Form<br />
lesen. <strong>Der</strong> humanistische <strong>Verband</strong> stellte<br />
seine Seite www.humanismus.de dagegen<br />
erst 1998 ins Netz.<br />
Wenige wissen sicher, dass diesseits in einen<br />
Datendienst für Blinde und Sehschwache<br />
eingespeichert wird. Eine Strafvollzugsanstalt<br />
erhält Freiexemplare.<br />
1992 führte diesseits eine Leserumfrage<br />
durch. Sie ergab keine signifikante Kritik<br />
am Blatt, einige aus traditionellem Freidenkerumkreis<br />
Stammende wünschten sich<br />
mehr Kirchenkritik, einigen an<strong>der</strong>en war<br />
schon <strong>der</strong> regelmäßige religionskritische<br />
Cartoon zuviel. Dringende Än<strong>der</strong>ungswünsche<br />
kamen jedoch nicht ans Tageslicht. Die<br />
Redaktion prüft gegenwärtig, eine ähnliche<br />
Befragung noch einmal zu starten.<br />
Ganz sicher würde sich dann <strong>der</strong> eine<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ein etwas mo<strong>der</strong>neres Erscheinungsbild<br />
wünschen. Ein Magazin, das sich<br />
nicht <strong>der</strong> Kunstfotografie widmet, kommt<br />
um eine farbige Gestaltung kaum noch herum.<br />
Doch lei<strong>der</strong> lässt dies <strong>der</strong> finanzielle<br />
Spielraum nicht zu. Engpässe gab es in den<br />
letzten Jahren immer mal wie<strong>der</strong>, einige<br />
Male stand sogar <strong>der</strong> Fortbestand <strong>der</strong> Zeitschrift<br />
auf <strong>der</strong> Kippe. Manchmal konnte sie<br />
nur in letzter Minute durch Spendenaktionen<br />
gerettet werden Die Situation zur Zeit<br />
ist ähnlich. Dass ausgerechnet jetzt eine<br />
Preiserhöhung vorgenommen werden<br />
muss, findet hier seinen Grund (siehe Mitteilung<br />
des Herausgebers auf Seite 38).<br />
Highlights und solide Arbeit<br />
Schauen wir doch stattdessen noch ein wenig<br />
auf die Inhalte. In den ersten Ausgaben<br />
betätigen sich vor allem Lebenskundelehrer<br />
und aktive Mitglie<strong>der</strong> als Allround-Autoren.<br />
Zu den Autoren, die uns buchstäblich<br />
20 Jahre die Treue gehalten haben, gehören<br />
Michael Schmidt, Ulrich Tünsmeyer,<br />
Christian John o<strong>der</strong> Manfred Isemeyer.<br />
Diesem ging es schon in Nr. 1 weniger um<br />
Religionskritik, son<strong>der</strong>n um „die Rekonstruktion<br />
eines praktischen Humanismus“.<br />
Er bewies damit eine große Weitsicht, wenn<br />
man bedenkt, wie lange es gedauert hat, bis<br />
die Mitglie<strong>der</strong> dieser Argumentation gefolgt<br />
sind. Und nicht alle konnten es. <strong>Der</strong> eingeschlagene<br />
Weg zum Dienstleister, dem man<br />
die ideologischen Grundlagen und die dahinter<br />
stehende Wertegemeinschaft auf den<br />
ersten Blick nicht ansieht, hat auch zu Verlusten<br />
geführt. Obwohl diesseits beharrlich<br />
für diese Neuorientierung geworben hat,<br />
konnten einige Freunde diesen Schritt nicht<br />
mitgehen. Nicht im <strong>Verband</strong> und nicht in<br />
<strong>der</strong> Redaktion. Allen, die noch immer gern<br />
dabei sind, die sich ohne Honorare und oft<br />
genug selbst ohne „Ruhm und Ehre“ für<br />
unsere <strong>Verband</strong>szeitschrift engagieren, sage<br />
ich an dieser Stelle herzlich Danke.<br />
Inzwischen sind in die Debatten längst<br />
zahlreiche außerhalb des HVD stehende<br />
Autoren einbezogen. Das betrifft zum einen<br />
die Garde <strong>der</strong> Religionskritiker, Karlheinz<br />
Deschner, Joachim Kahl, Horst Herrmann<br />
o<strong>der</strong> Uta Ranke-Heinemann. Darüber hinaus<br />
konnten wir als Redaktion aber auch<br />
Autoren gewinnen, die auch außerhalb <strong>der</strong><br />
säkularen Szene bekannt sind, zumindest in<br />
ihrer jeweiligen Fachöffentlichkeit als<br />
Koryphäen gelten. Wer erinnert sich nicht<br />
an den Beitrag von Janosch, <strong>der</strong> erst kürzlich<br />
wie<strong>der</strong> in die Schlagzeilen geriet? Stoiber<br />
hatte jetzt erst von dem gottlosen Kin<strong>der</strong>buchautor<br />
erfahren. Ach, hätte er doch diesseits<br />
gelesen!<br />
Blättert man die Inhaltsverzeichnisse<br />
durch, fallen einem sofort Namen wie Taslima<br />
Nasrin, Joseph Weizenbaum, Esther<br />
Vilar, Kay Blumenthal-Barby, Thomas<br />
Meyer, Gunter Preuß, Armin Pfahl-<br />
Traughber, Elmar Altvater, Richard Wagner<br />
ins Auge.
Allerdings weist die Liste <strong>der</strong> Autoren<br />
auch Ehrhart Neubert auf, <strong>der</strong> in diesseits<br />
über Christenverfolgung in <strong>der</strong> DDR<br />
schrieb und sich dann auf dem Berliner Kirchentag<br />
2003 den Zorn <strong>der</strong> Besucher zuzog,<br />
als er von Atheisten als „kulturellen Autisten“<br />
sprach. Ein wenig Glanz bekam die<br />
Zeitschrift durch einige Interviewpartner,<br />
allen voran durch den Philologen und Vorstand<br />
des Hamburger Instituts für Sozialforschung,<br />
Jan Philipp Reemtsma. Sein<br />
Ausspruch „Atheist? Allerdings!“ wurde<br />
zum geflügelten Wort. Aber auch „Urmelvater“<br />
Max Kruse, <strong>der</strong> Psychologe Heiko<br />
Ernst, <strong>der</strong> Pädagoge Jan-Uwe Rogge, Gerichtsmediziner<br />
Otto Prokop, Paul Watzlawick,<br />
Autor <strong>der</strong> weltbekannten „Anleitung<br />
zum Unglücklichsein“, Brandenburgs Ministerpräsident<br />
Matthias Platzeck stellten<br />
sich den Fragen <strong>der</strong> Redaktion. Nicht alle<br />
können hier genannt werden.<br />
Blätterrauschen<br />
Lei<strong>der</strong> bislang nur einmal gelang es diesseits,<br />
von den tonangebenden Blättern dieses<br />
Landes zitiert zu werden. Nachdem <strong>der</strong><br />
Theologe Wolfgang Ullmann von Bündnis<br />
90 / Die Grünen 1993 zur anstehenden Re-<br />
form des Grundgesetzes gefor<strong>der</strong>t hatte,<br />
Gott aus <strong>der</strong> Präambel zu streichen, holte<br />
die Redaktion Stellungnahmen von weiteren<br />
Politikern dazu ein. Am 18. Mai 1993<br />
schrieb Günter Verheugen an diesseits:<br />
„Gern bin ich bereit, Ihre Bitte zu erfüllen<br />
und zu <strong>der</strong> Frage „Grundgesetz mit/ohne<br />
Gott?“ Stellung zu nehmen.“ Wörtlich bekannte<br />
er: „Für mich ist ganz klar, dass es in<br />
<strong>der</strong> Verfassung eines laizistischen Staates<br />
keine Berufung auf Gott geben darf.<br />
Schlimmer als die entsprechende Formulierung<br />
in <strong>der</strong> Präambel des Grundgesetzes<br />
(…) sind für mich die Privilegien, die das<br />
Grundgesetz aus <strong>der</strong> Weimarer Reichsverfassung<br />
übernommen und den Kirchen erhalten<br />
hat. Beiden, Staat und Kirche, wäre<br />
mit einer sauberen Trennung besser gedient.“<br />
Kaum war diese Meldung publik, fand<br />
man Nachdrucke im Tagesspiegel, BZ,<br />
Welt, Welt am Sonntag, Berliner Morgenpost,<br />
Spiegel und Frankfurter Rundschau.<br />
Das war den Genossen dann doch zuviel<br />
und flugs gab es eine Pressemitteilung <strong>der</strong><br />
SPD, in <strong>der</strong> Verheugen „richtigstellte“: „Ich<br />
habe niemals vorgeschlagen, die Berufung<br />
auf Gott in <strong>der</strong> Präambel zu streichen.“ Nun<br />
ja. Anfragen nach dem Originaltext gingen<br />
selbst aus dem Bundeskanzleramt ein.<br />
Von <strong>der</strong> Idee zum Projekt<br />
Sein gutes Ansehen in <strong>der</strong> freigeistigen humanistischen<br />
Szene in Deutschland verdankt<br />
<strong>der</strong> HVD nicht zuletzt diesseits, die<br />
Breite und Vielfalt seiner Arbeit wäre ohne<br />
diese Zeitschrift nicht bekannt. <strong>Der</strong> für die<br />
Freidenkerbewegung <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />
neue Denkansatz, sich den wirklichen Interessen<br />
und Bedürfnissen <strong>der</strong> Konfessionslosen<br />
zuzuwenden und sich politisch über<br />
die traditionelle Arbeiterbewegung hinaus<br />
zu öffnen, konnte Ausstrahlung und Attraktivität<br />
nur gewinnen durch die regelmäßige<br />
Diskussion in diesseits, die nicht<br />
selten in konkrete neue Projekte mündete.<br />
Vielleicht haben Sie, liebe Leser, ja jetzt<br />
ein wenig Lust bekommen, in alten Ausgaben<br />
zu blättern. Das würde uns freuen, und<br />
wenn Ihnen eine fehlt – bei <strong>der</strong> Redaktion<br />
sind alle Hefte noch erhältlich.<br />
Taslima Nasrin wünschte <strong>der</strong> diesseits<br />
zu ihrem 10-jährigen Jubiläum, dass die<br />
Zeitschrift „solange bestünde, wie die<br />
Menschheit Bestand hat“. Wir werden sehen.<br />
Wir geben unser Bestes! ●
EINBLICKE<br />
18<br />
Horst Groschopp<br />
15 Jahre <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> – Kontinuität<br />
sichern durch Reform <strong>der</strong> Bundesstrukturen<br />
Ein Wort des Bundesvorsitzenden<br />
Liebe Freundinnen und Freunde in unserem<br />
<strong>Verband</strong> und unseres <strong>Verband</strong>es,<br />
<strong>der</strong> Bundeshauptausschuss – unser höchstes<br />
Organ zwischen den Delegiertenversammlungen<br />
– hat am Samstag, dem 22. September<br />
2007, in Wuppertal getagt und Beschlüsse<br />
gefasst, die für die Zukunft des<br />
HVD entscheidend sein können.<br />
Wir haben Zwischenberichte zur<br />
„Humanistischen Beratung“ und zur Ausbildung<br />
von „Lebensberatern“ als Alternative<br />
zu „Seelsorgern“ entgegen genommen,<br />
hinsichtlich <strong>der</strong> Antragsverfahren zur „Humanistischen<br />
Lebenskunde“ in Bayern, Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
und Nordrhein-Westfalen Stellung<br />
bezogen, über „Bundesrichtlinien“ zur<br />
Vereinheitlichung <strong>der</strong> historisch gewachsenen,<br />
sehr unterschiedlichen Strukturen unserer<br />
Landesverbände beraten und uns zu<br />
Bündnisfragen und Ideen positioniert, wie<br />
eine bessere Interessenvertretung <strong>der</strong> Religionslosen<br />
und Bündelung ihrer Kräfte in unserem<br />
Land erreicht werden kann.<br />
<strong>Der</strong> Zeitplan<br />
Hauptpunkt unserer mehr als vierstündigen<br />
Debatte waren Fragen <strong>der</strong> Reform unserer<br />
inneren <strong>Verband</strong>sstruktur. Sogar in dieser<br />
Organisationsdiskussion, also einem Thema,<br />
bei dem Einvernehmlichkeit keineswegs<br />
selbstverständlich ist, weil es auch um<br />
Finanzierungsfragen geht, haben wir einen<br />
Durchbruch in Richtung Stärkung <strong>der</strong><br />
Bundesvertretung erzielt. Bekanntlich<br />
steckt <strong>der</strong> Teufel im Detail. Doch da wir<br />
ohne Gott und Teufel auskommen müssen<br />
und wollen, sind wir bei <strong>der</strong> Umsetzung auf<br />
4/2007<br />
uns selbst verwiesen. Wir können das Reformprojekt<br />
nur selbst vermasseln.<br />
Auch einen Zeitplan haben wir uns vorgegeben<br />
– wenn auch einen sehr engen: Bis<br />
Ende Oktober beraten die Landesverbände<br />
über ihre Haltung. Wenn ein Drittel von<br />
ihnen eine außerordentliche Bundesdelegiertenversammlung<br />
wünscht (das ist Satzungsnorm),<br />
wird sie <strong>der</strong> Bundesvorstand<br />
Mitte November zum 11. Januar 2008<br />
abends nach Berlin einberufen. Wir werden<br />
aber dort nicht nur an unserer Satzung und<br />
einer neuen Beitragsordnung basteln, son<strong>der</strong>n<br />
einige inhaltliche Beschlüsse fassen,<br />
die dem Anlass angemessen sind, <strong>der</strong> am<br />
Tag darauf, am 12. Januar 2008, den <strong>Verband</strong><br />
in einer Festveranstaltung zusammenführt:<br />
15 Jahre <strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
Deutschlands.<br />
Das ist ein Zwischenschritt hin zu unserem<br />
„Humanistentag“ am 7./8. Juni 2008,<br />
unserer regulären Bundesdelegiertenversammlung<br />
mit Neuwahlen des Vorstands<br />
für drei Jahre, dann einem Präsidium, etwas<br />
kleiner als bisher, aber mit einem aufgewerteten<br />
Bundeshauptausschuss. Dieser ist<br />
dann – stärker als bisher – ein „Kontrollrat“<br />
des Vorstandes und zugleich, was er schon<br />
jetzt ist, eine „Clearingstelle“ für Konflikte<br />
zwischen Vorstand, Landesverbänden und<br />
Einzelmitglie<strong>der</strong>n, die wir ja auch zunehmend<br />
haben. (Erfreulicherweise verlieren<br />
wir diese als Bundesverband stets, wenn sie<br />
eine Landesorganisation gründen.)<br />
Die Praxis als Beweis<br />
Nach 15 Jahren kann man innerhalb und<br />
außerhalb des HVD resümieren, was die<br />
Gründung am 14. Januar 1993 <strong>der</strong> säkularen<br />
Szene und den Humanistinnen und<br />
Humanisten unter den Konfessionsfreien<br />
gebracht hat. Wir sind unseren Weg gegangen.<br />
Je<strong>der</strong> freigeistige <strong>Verband</strong> kann seinen<br />
eigenen Weg gehen – auch in die Bedeutungslosigkeit.<br />
<strong>Der</strong> HVD ist offen für Humanistinnen<br />
und Humanisten, die sich<br />
dafür entscheiden, die in unserem „Humanistischen<br />
Selbstverständnis“ im Kern begründete<br />
mo<strong>der</strong>ne Weltanschauung zu leben,<br />
zu vertreten und in praktischen Humanismus<br />
umzusetzen für und mit Menschen,<br />
die sich von Religionen und Kirchen<br />
verabschiedet haben.<br />
Wer jetzt zu uns stoßen möchte, ist gern<br />
willkommen. Wir werden nicht in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />
bohren. Aber 15 Jahre Mühen<br />
<strong>der</strong> Ebene und Neuaufbau von unten und<br />
Umbau des Überkommenen, aber auch <strong>der</strong><br />
Freude an Erfolgen, am Verän<strong>der</strong>n und <strong>der</strong><br />
Anerkennung dessen, was wir tun, sind Beleg<br />
genug für den guten Weg des HVD –<br />
wie auch die kritische Analyse angezeigt ist,<br />
wo wir uns geirrt haben und wo wir Freunde<br />
verloren haben, weil wir zu ungeduldig<br />
waren, noch nicht gut genug rechnen konnten,<br />
uns einfach zu ungeschickt anstellten<br />
o<strong>der</strong> es an Geduld, Freundlichkeit o<strong>der</strong><br />
auch Achtung denen gegenüber mangelte,<br />
die sich uns näherten.<br />
Wir haben für den organisierten Humanismus<br />
in Deutschland neue strategische<br />
Optionen und Arbeitsfel<strong>der</strong> eröffnet. Unsere<br />
diesseits erscheint seit zwanzig Jahren regelmäßig.<br />
Wir haben eine bescheidene, aber<br />
doch gut funktionierende Zentrale für die<br />
innerverbandliche Kommunikation und
äußere Darstellung. <strong>Der</strong> <strong>Verband</strong> hat Lebenskunde<br />
als Bundesprojekt auf den Weg<br />
geholfen.<br />
Die Patientenverfügungen sind ein Erfolgsprojekt.<br />
Beson<strong>der</strong>s auf diesem Feld hat<br />
<strong>der</strong> HVD politisch erfolgreich gearbeitet.<br />
Hier wie auf an<strong>der</strong>en Gebieten gelang <strong>der</strong><br />
Erfolg auch deshalb, weil sich Einzelne auf<br />
ihren Spezialfel<strong>der</strong>n hervortun konnten.<br />
Gita Neumann möchte ich vor allen nennen<br />
und ihr hier öffentlich den Dank des<br />
<strong>Verband</strong>es aussprechen.<br />
Innere Konflikte haben wir immer wie<strong>der</strong><br />
beigelegt. Wer als <strong>Verband</strong> keine Wi<strong>der</strong>sprüche<br />
und Interessenunterschiede<br />
kennt – ist schon irgendwie tot. Es gibt<br />
eine Partnerschaft mit Jugendweihe<br />
Deutschland. In Mecklenburg-Vorpommern<br />
wurde ein Landesverband gegründet.<br />
Weitere Gründungen stehen in Aussicht.<br />
Die Württemberger und Sachsen-Anhaltiner<br />
Humanisten haben wir „assoziiert“ –<br />
wir arbeiten mit ihnen zusammen, als seien<br />
sie Mitglied.<br />
Eine Bundesakademie und ein Hilfswerk<br />
sind entstanden. In die Umsetzung des Personenstandsrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetzesmischen<br />
wir uns ein. Mit dem „Humanistischen<br />
Pressedienst“ gibt es eine tägliche<br />
Öffentlichkeit. Mit all dem und weiteren<br />
Initiativen wird <strong>der</strong> Name „<strong>Humanistischer</strong><br />
<strong>Verband</strong>“ immer mehr zu einem anerkannten<br />
Zeichen in Deutschland, das wir schützen<br />
müssen.<br />
Die Reformen<br />
<strong>Der</strong> Bundesverband HVD lässt sich nicht<br />
rein ehrenamtlich führen. Er braucht jedoch<br />
ein großes Maß an Ehrenamtlichkeit zu seiner<br />
Legitimation. Aber ein Teil seiner Arbeit,<br />
die mehr wird, muss auch bezahlt werden.<br />
Wir wissen – ich benutze etwas ironisierend<br />
einen Marxschen Begriff –, dass die<br />
„Springquellen des Reichtums“ vor Ort<br />
nicht gerade lebhaft sprudeln. Aber wir werden<br />
zusammenlegen und schauen, was wir<br />
uns leisten können und müssen und wie wir<br />
zu einem „Generalsekretär“ kommen.<br />
Wir sind nun auf dem Weg, eine Reform<br />
<strong>der</strong> <strong>Verband</strong>sstrukturen vorzunehmen mit<br />
den Zielen: mehr Bundespräsenz, größere<br />
Effektivität, Professionalität und Sparsamkeit,<br />
mehr politische Handlungsfähigkeit<br />
und überprüfbare Verantwortlichkeit. Wir<br />
wollen Verwaltungs- und Reisekosten zugunsten<br />
einer professionelleren <strong>Verband</strong>sführung<br />
reduzieren.<br />
Es werden politisches Verständnis und<br />
organisatorisches Schöpfertum vor allem<br />
<strong>der</strong> gewählten Funktionäre und <strong>der</strong> Geschäftsführungen<br />
gefragt sein, wenn wir an<br />
die Reform <strong>der</strong> Bundesfinanzen gehen.<br />
Niemand will ein „Gesamtkunstwerk“ –<br />
aber wir müssen die langfristigen Strukturän<strong>der</strong>ungen<br />
unseres <strong>Verband</strong>es zur<br />
Kenntnis nehmen und überlegen, wie wir<br />
eine gerechte Beitragsordnung so hinbekommen,<br />
dass das „Abgabensystem“ nicht<br />
das innere demokratische System des <strong>Verband</strong>es<br />
dominiert; dass die Teilnahme an<br />
Gremiensitzungen erschwinglich bleibt;<br />
dass die <strong>Verband</strong>sstrukturen ebenfalls gerecht<br />
sind und nicht „reichere“ Verbände<br />
die „ärmeren“ (z.B. hinsichtlich <strong>der</strong> Delegiertenzahlen)<br />
an die Wand spielen o<strong>der</strong><br />
den „reicheren“ alle Deckungslücken des<br />
Haushaltes immer wie<strong>der</strong> aufgedrückt werden.<br />
Je vielgestaltiger unser HVD agiert, desto<br />
differenzierter sind die Formen <strong>der</strong> Mitgliedschaft<br />
vor Ort, die För<strong>der</strong>ungen, die<br />
„Geschäfte“ und <strong>der</strong>en Strukturen (z.B.<br />
gGmbH) sowie die Angebote „von <strong>der</strong> Wiege<br />
bis zur Bahre“. Das müssen wir mitdenken.<br />
Unsere Dienstleistungen<br />
Viele säkulare Verbände haben diese<br />
Schwierigkeiten nicht, weil sie solche Projekte<br />
nicht haben. Wir wollen diese Probleme<br />
des organisierten Humanismus. Wir setzen<br />
auf Langfristigkeit, nicht auf den kurzen<br />
öffentlichen Erregungseffekt angesichts von<br />
Ungerechtigkeiten, die uns von Seiten <strong>der</strong><br />
Regierungen und <strong>der</strong> Kirchen angetan werden.<br />
Unsere Politik folgt unserem Tun. Wir<br />
sind gut im politischen und theoretischen<br />
Denken, wo wir etwas tun, wo wir Mitdenkende<br />
gewinnen, wo unsere Fragen gefragt<br />
sind. Unsere „Geschäfte“ dienen zuallererst<br />
den Menschen und zwar allen, denen sie als<br />
Dienstleistung nützen – auch religiösen<br />
Menschen, wenn sie sie annehmen. Unsere<br />
„Geschäfte“ tragen dazu bei, Humanismus<br />
zu beför<strong>der</strong>n, wohl wissend, dass dies viel<br />
mehr ist als unser <strong>Verband</strong> bewegt. Sie bringen<br />
Menschen in Lohn und Brot – nicht<br />
nur Mitglie<strong>der</strong> unseres <strong>Verband</strong>es. Sie geben<br />
Rückhalt für gemeinnütziges Wirken,<br />
überzeugen Menschen in ihrem Leben vom<br />
Gehalt des Humanismus. So nützen die<br />
„Geschäfte“ auch dem <strong>Verband</strong>. Dass sie<br />
auch Geld bringen, das versteht sich von<br />
selbst. Aber in dieser Reihenfolge formulieren<br />
wir unsere Kriterien an unsere „Geschäfte“.<br />
Es darf gelacht werden<br />
Wir sind kein <strong>Verband</strong> sauerteigiger Kirchenfrontkämpfer,<br />
son<strong>der</strong>n ernsthafte Hedonisten.<br />
Also, liebe Freundinnen und<br />
Freunde, verlieren wir bei all dem, was zu<br />
tun ist, nicht unseren Humor. Nehmen wir<br />
das Ganze einmal bergsteigerisch und<br />
schauen aus diesem Grund nach Großbritannien<br />
(für den Tipp bedanke ich mich<br />
beim Agenturleiter von hpd-online). Auf<br />
<strong>der</strong> Insel über dem Ärmelkanal ist „HVD“<br />
eine „Bergbewertungskategorie“.<br />
HVS z.B. heißt „hard very severe“, was<br />
bedeutet, dass <strong>der</strong> englische technische<br />
Schwierigkeitsgrad 4b, 4c o<strong>der</strong> 5a vorliegt<br />
(was immer das ist; ich vermute: angeseilt<br />
wan<strong>der</strong>n). Darauf aufbauend gibt es in aufsteigen<strong>der</strong><br />
Reihenfolge folgende Schwierigkeitsgrade:<br />
M wie „mo<strong>der</strong>at“, D wie „difficult“,<br />
HD wie „hard difficult“, VD wie<br />
„very difficult“ – und schließlich HVD wie<br />
„hard very difficult“.<br />
Das haben wir immer geahnt – und sind<br />
im HVD. ●<br />
AUSBLICKE<br />
4/2007 19
Hedwigs-Kathedrale Berlin
Bernhard Stolz<br />
■ In naher Zukunft wird je<strong>der</strong> zweite Berliner<br />
Schüler einen so genannten Migrationshintergrund<br />
haben, ein Großteil hat seine<br />
Wurzeln in <strong>der</strong> Türkei. Doch nicht je<strong>der</strong><br />
türkischstämmige Schüler ist automatisch<br />
Muslim und viele Muslime wie<strong>der</strong>um sind<br />
offen für humanistische Unterrichtsinhalte.<br />
So wächst die Zahl <strong>der</strong> türkischstämmigen<br />
Lebenskundeschüler stark. Das führt auch<br />
in diesem Fach zu Unsicherheiten auf beiden<br />
Seiten, denn oft haben die Lehrer keine<br />
ausreichenden Kenntnisse von den Lebensgeschichten<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, den Erlebnissen ihrer<br />
Eltern. <strong>Der</strong> Fokus <strong>der</strong> Diskussion in<br />
Deutschland liegt auf Migration als Problem.<br />
Vom Islam als Bedrohung über mangelnde<br />
Deutschkenntnisse bis zur gescheiterten<br />
Integration reicht das Spektrum. Viel<br />
zu selten wird über Migration als Chance<br />
nachgedacht. Eine Gruppe von 20 Lebenskundelehrern<br />
nutzte eine zweiwöchige Bildungsreise<br />
im Oktober 2007 für Begegnungen<br />
und Gespräche aus erster Hand. Die<br />
Bandbreite von Lebensentwürfen und Ansichten<br />
<strong>der</strong> Menschen, die wir kennenlernten,<br />
ermöglichten Einblicke, die kein Lehrbuch<br />
vermitteln kann.<br />
Pädagogische Einblicke<br />
Ein geplanter Schulbesuch in einer Grundschule,<br />
auf den sich viele Kolleginnen gefreut<br />
hatten, platzte kurz vor <strong>der</strong> Abreise<br />
mangels offizieller Genehmigung, doch<br />
schon bei unserem ersten Treffen mit einer<br />
Transsexuelleninitiative war die Überraschung<br />
groß, eine Englischlehrerin war Mitglied<br />
<strong>der</strong> Gruppe und lud uns kurzerhand in<br />
ihre Grundschule im Zentrum von Istanbul<br />
ein. Diese spontane Gastfreundschaft, in<br />
Verbindung mit Offenheit und Herzlichkeit<br />
<strong>der</strong> Menschen, begleitete uns auf <strong>der</strong><br />
ganzen Reise und sorgte für eine tolle Atmosphäre.<br />
16, 18 o<strong>der</strong> gar 20 Millionen Einwohner,<br />
niemand weiß im Moment genau, wie groß<br />
die Stadt eigentlich ist. Dass man sich in einer<br />
<strong>der</strong> größten Städte <strong>der</strong> Welt befindet, ist<br />
jedoch deutlich zu merken. Erstaunlich, wie<br />
22<br />
4/2007<br />
INTERNATIONALES<br />
Begegnungen am Bosporus<br />
Lebenskundelehrer auf Studienreise in <strong>der</strong> Türkei<br />
Nette Gemüsehändler, anstrengende Jugendliche, verschleierte Frauen, diese Bil<strong>der</strong> von<br />
türkischen Menschen sind uns aus dem Berliner Straßenleben bekannt, doch was wissen<br />
wir wirklich über das Land, aus dem sie o<strong>der</strong> ihre Vorfahren eingewan<strong>der</strong>t sind?<br />
unaufgeregt das Mit- und Nebeneinan<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> verschiedensten Menschen funktioniert.<br />
<strong>Der</strong> Wechsel des Stadtviertels ist manchmal<br />
wie das Eintauchen in eine an<strong>der</strong>e Welt.<br />
Überraschende Einblicke fanden sich dann<br />
vor allem dort, wo wir sie, nicht zuletzt auf<br />
Grund unserer Vorurteile, überhaupt nicht<br />
vermutet hätten. Ein Frauenverein in einem<br />
überwiegend ärmeren kurdischen Vorort<br />
hat unter an<strong>der</strong>em einen selbst verwalteten<br />
Kin<strong>der</strong>garten eingerichtet, das pädagogische<br />
Konzept ist auf dem neuesten Stand. Die<br />
dort praktizierte Entwicklung zu Eigenständigkeit,<br />
Lernen mit allen Sinnen, Verschiedenheit<br />
als Chance, das wünscht man sich<br />
für viele Einrichtungen bei uns.<br />
Spiele mit Hand und Fuß<br />
Afacan, ein wun<strong>der</strong>schönes Gelände direkt<br />
am Meer, lädt ein. Die Berliner Stiftung<br />
Umverteilen hat hier ein tolles Begegnungszentrum<br />
entstehen lassen. Anfängliche<br />
Skepsis, ob Berliner Jugendliche des<br />
Straßensozialarbeitsprojekts „Outreach“ begeistert<br />
sein werden, mit 20 Lebenskundelehrern<br />
Zeit auf dem Gelände zu verbringen,<br />
weicht schnell, eine gemeinsame Kaffeetafel<br />
hilft Berührungsängste zu überwinden.<br />
Die große Überraschung sind die Istanbuler<br />
Straßenkin<strong>der</strong>, so ein freundlicher,<br />
rücksichtsvoller Umgang miteinan<strong>der</strong> beeindruckt<br />
viele von uns. Das gemeinsame<br />
Tanzen wird zu einem <strong>der</strong> Höhepunkte.<br />
<strong>Der</strong> Abschied fällt nicht leicht.<br />
Ein Dorf wie aus einer an<strong>der</strong>en Zeit, alte,<br />
windschiefe Steinhäuser, felsige Gassen. Das<br />
wenige Vieh scheint <strong>der</strong> einzige Besitz. Wir<br />
sind zum Dorffest eingeladen, eingeweiht<br />
wird ein von den Straßenkin<strong>der</strong>n gebauter<br />
Volleyballplatz vor <strong>der</strong> Dorfschule, ein Klassenraum,<br />
in dem alle Kin<strong>der</strong> von <strong>der</strong> ersten<br />
bis zur dritten Klasse unterrichtet werden.<br />
Die Lehrerin fehlt seit einiger Zeit. Mit<br />
Händen und Füßen erklären einige Kolle-<br />
ginnen Spiele aus dem Lebenskundeunterricht.<br />
Nach anfänglicher Zurückhaltung ist<br />
die Begeisterung riesig, sie wollen uns gar<br />
nicht mehr gehen lassen.<br />
Lebenskundeunterricht in <strong>der</strong> Türkei?<br />
Die türkische Schule hat seit dem vergangenen<br />
Jahr eines <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nsten Curricula in<br />
Europa. Eine Professorin <strong>der</strong> Universität<br />
Ankara gibt uns einen Einblick in das türkische<br />
Bildungssystem. Doch wie setzt man<br />
schülerzentriertes Lernen und Entwicklung<br />
eigenverantwortlichen Lernens in Klassen<br />
mit über 40 Kin<strong>der</strong>n um, in Räumen, die<br />
oft noch im Schichtdienst belegt sind?<br />
Unser zweiter Schulbesuch, ebenfalls<br />
spontan durch einen türkischen Kollegen<br />
ermöglicht, führt uns zu einem engagierten<br />
Kollegium, in dem viel Neues ausprobiert<br />
wird. Bei einem gemeinsamen Fest outen<br />
sich einige <strong>der</strong> Kollegen als Atheisten und<br />
wünschen sich einen Lebenskundeunterricht<br />
auch in <strong>der</strong> Türkei.<br />
Missverständnisse bleiben nicht aus. Bei<br />
einem Vortrag über die multikulturelle Zusammensetzung<br />
von türkischen Klassen<br />
warteten wir gespannt auf Informationen<br />
zur kurdischen Min<strong>der</strong>heit. Atatürks langer<br />
Schatten zeigt Grenzen auf. „Wir sind alle<br />
Türken hier, wenn, dann gibt es Probleme<br />
zwischen Arm und Reich“, so lässt sich die<br />
Position unserer Gesprächspartner zusammenfassen.<br />
Dass das Problem dennoch existiert,<br />
wird spätestens beim Blick in die<br />
Nachrichten klar.<br />
<strong>Der</strong> Blick auf die Realität vor Ort verän<strong>der</strong>t<br />
den Blick auf die Verhältnisse in<br />
Deutschland, erweitert die Sichtweise auf<br />
die Integrationsdebatte, so einige Stimmen<br />
aus <strong>der</strong> Abschlussdiskussion auf die<br />
Frage nach dem Erkenntnisgewinn. <strong>Der</strong><br />
viel zitierte Blick über den Tellerrand ist<br />
geglückt. ●<br />
Bernhard Stolz ist Lebenskundelehrer.
Zwischenruf<br />
Ob getrennt o<strong>der</strong> zusammen, nicht nur<br />
die Rechtschreibreform sorgt in dieser<br />
Frage für Verwirrung, es lässt sich auch<br />
trefflich Politik mit ihr machen. Worum<br />
geht’s?<br />
Die Mitglie<strong>der</strong>versammlung <strong>der</strong> Berliner<br />
Humanisten am 29. September 2007<br />
beschloss, eine Kampagne „Ethik für alle“<br />
zu starten. Damit soll <strong>der</strong> Initiative „Pro<br />
Reli“ entgegengewirkt werden, die immer<br />
noch fälschlicherweise behauptet, <strong>der</strong> Religionsunterricht<br />
solle abgeschafft werden.<br />
Doch dies ist nicht <strong>der</strong> Fall. Durch das<br />
neue staatliche Unterrichtsfach „Ethik“ ist<br />
<strong>der</strong> freiwillige Religionsunterricht in keiner<br />
Weise betroffen. Obwohl ja nun mittlerweile<br />
alle Eltern bemerkt haben dürf-<br />
Felicitas Tesch<br />
Getrennt o<strong>der</strong> zusammen –<br />
<strong>der</strong> <strong>feine</strong> <strong>Unterschied</strong><br />
ten, dass ihre Kin<strong>der</strong> trotz Ethikunterricht<br />
weiterhin Religionsunterricht haben können,<br />
so sie das denn wollen, sammelt die<br />
kirchennahe Initiative Unterschriften, um<br />
durch ein Volksbegehren Religion in Berlin<br />
zum ordentlichen Lehrfach zu machen.<br />
Und zwar im Rahmen eines Wahlpflichtbereichs<br />
Ethik/Religion. Im Klartext<br />
hieße das, wer zu Religion geht, ist<br />
vom staatlichen Ethikunterricht befreit.<br />
Dagegen müssen wir uns wehren. Das<br />
Land Berlin gibt viel Geld aus, um den<br />
freiwilligen Unterricht von Religionsgemeinschaften<br />
und an<strong>der</strong>en Weltanschauungen<br />
weiterhin zu finanzieren. Trotz unseres<br />
Lebenskundeunterrichts haben wir<br />
uns immer für ein gemeinsames Wertefach<br />
„Ethik“ für alle Schülerinnen und<br />
Schüler eingesetzt. Kaum ist dies geschafft,<br />
sollen nun die Schülerinnen und<br />
Schüler wie<strong>der</strong> getrennt unterrichtet werden.<br />
Das entspricht nicht meiner Vorstellung<br />
von gelungener interkultureller Bildung<br />
und unterläuft die Trennung von<br />
Staat und Kirche.<br />
Fein, denkt sich da <strong>der</strong> Berliner Senat.<br />
Dann eben alle zusammen! In einem sehr<br />
zweifelhaften Schulversuch, dem soge-<br />
<strong>Der</strong> <strong>Diesseits</strong> -Gedanke<br />
nannten 1:1:1–Modell unterrichten Religions-<br />
und Ethiklehrer an einigen Schulen<br />
gemeinsam. Eine Stunde Ethik, eine<br />
Stunde Religion (für alle!), in <strong>der</strong> dritten<br />
Stunde stehen beide Lehrer gemeinsam<br />
vorn. Zwar ist im Schulgesetz ursprünglich<br />
nur von <strong>der</strong> „Einbeziehung bei einzelnen<br />
Themenbereichen“ die Rede, doch<br />
bei diesem Modell wird die gemeinsam<br />
unterrichtete Zeit auf 50 Prozent ausgeweitet.<br />
Skandalös finde ich, dass Religionslehrer<br />
sogar durch „Hinweise“ an den<br />
Ethiklehrer die Zensur des staatlichen Faches<br />
beeinflussen können sollen.<br />
Den Schulen ist dabei überlassen, mit<br />
welcher <strong>der</strong> sechs zugelassenen Religionso<strong>der</strong><br />
Weltanschauungsgemeinschaft sie<br />
kooperieren wollen. Unter diesen Voraussetzungen<br />
ist eine verfassungsgemäße, das<br />
heißt gleichberechtigte und ausgewogene<br />
Beteiligung <strong>der</strong> verschiedenen Bekenntnisgemeinschaften<br />
wohl kaum sicher zu<br />
stellen.<br />
Dabei könnte es so einfach sein: Ethik<br />
für alle, Weltanschauungsunterricht zusätzlich,<br />
für die, die es wünschen. ●<br />
Dr. Felicitas Tesch ist stellvertretende Vorsitzende<br />
des HVD Berlin.<br />
Die Religion ist nichts als <strong>der</strong> Schatten, den das Universum<br />
auf die menschliche Intelligenz wirft.<br />
Victor Hugo, Schriftsteller („<strong>Der</strong> Glöckner von Notre-Dame“), 1802-1885<br />
4/2007 23
24<br />
Wenn sich Ärzte angesichts schwerster Leiden fragen, wann sie lebenserhaltende<br />
Apparate abstellen dürfen, so ist diese Frage falsch gestellt. Korrekt müsste es heißen:<br />
„Wie lange dürfen wir noch weitermachen?“<br />
Dr. med. Michael de Rid<strong>der</strong>, Leiter <strong>der</strong> Rettungsstelle des Vivantes-Klinikums<br />
„Am Urban“ in Berlin-Kreuzberg und Mitunterzeichner<br />
Patricia Block<br />
<strong>Der</strong> Wille des Patienten hat oberste<br />
Priorität<br />
<strong>Der</strong> Lahrer Kodex stärkt das Vertrauen zwischen<br />
Arzt und Patient<br />
Die Würde des Menschen ist unantastbar und durch unser Grundgesetz geschützt. Dies gilt<br />
auch für die letzte Lebensphase eines schwer kranken Menschen. We<strong>der</strong> die gesetzlichen<br />
Vorgaben noch die aktuelle Rechtsprechung haben die Zweifel <strong>der</strong> Ärzte in existenziellen<br />
Grenzsituationen bei <strong>der</strong> Behandlung ihrer Patienten beseitigen können. Eine Initiative des<br />
Herzzentrums Lahr/Baden möchte sowohl den Ärzten als auch ihren Patienten, <strong>der</strong>en Angehörigen,<br />
Betreuern und Bevollmächtigten mehr Sicherheit geben.<br />
■ Am Donnerstag, dem 27. September<br />
2007, wurde in den Räumen <strong>der</strong> Berliner<br />
Heinrich-Böll-Stiftung <strong>der</strong> Lahrer Kodex<br />
unterzeichnet, mit dem sich Ärzte zur Wahrung<br />
<strong>der</strong> Patientenautonomie und zur Befolgung<br />
von Patientenverfügungen verpflichten.<br />
Initiiert von Medizinern des<br />
Herzzentrums Lahr/Baden war neben weiteren<br />
Ärzten und nichtmedizinischen Experten<br />
auch <strong>der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Deutschlands (HVD), vertreten durch Gita<br />
Neumann, Bundesbeauftragte für Patientenverfügungen<br />
und Humanes Sterben,<br />
maßgeblich an <strong>der</strong> Abfassung des Kodex`<br />
beteiligt. <strong>Der</strong> Ärztekodex folgt <strong>der</strong> Position<br />
<strong>der</strong> vom Bundesministerium <strong>der</strong> Justiz eingesetzten<br />
Arbeitsgruppe „Patientenautonomie<br />
am Lebensende“ und den Empfehlungen<br />
<strong>der</strong> Bundesärztekammer zum Umgang<br />
mit Vorsorge und Patientenverfügung in<br />
<strong>der</strong> ärztlichen Praxis.<br />
Die politische Debatte um die gesetzliche<br />
Regelung von Patientenverfügungen wird<br />
voraussichtlich Ende dieses Jahres zu einem<br />
Abschluss kommen. Ob das dann vorliegende<br />
Gesetz geeignet ist, einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit dem Willen des<br />
Patienten zu garantieren, bezweifelte Initiator<br />
Dr. Dr. med. Tejas Alexan<strong>der</strong>, Chefarzt<br />
<strong>der</strong> Anästhesiologie am Herzzentrum<br />
Lahr/Baden, auf <strong>der</strong> Pressekonferenz. Er<br />
4/2007<br />
und seine Kollegen wollten nicht auf den<br />
Gesetzgeber warten, son<strong>der</strong>n sich schon vorab<br />
gegenüber ihren Patienten persönlich<br />
verpflichten, <strong>der</strong>en Wünsche zu respektieren.<br />
Diese Haltung ist erfreulich, macht eine<br />
gesetzliche Regelung jedoch nicht entbehrlich.<br />
Auf die Frage, was geschieht, wenn <strong>der</strong><br />
Kodex mit dem zukünftigen Gesetz kollidiert,<br />
machte Till Müller-Heidelberg von<br />
<strong>der</strong> Humanistischen Union deutlich klar,<br />
dass es dann darum gehen wird, dieses Gesetz<br />
vor dem Verfassungsgericht zu Fall zu<br />
bringen.<br />
Damit für Patienten erkennbar ist, nach<br />
welchen Grundsätzen ein gewählter Arzt an<br />
<strong>der</strong> Schwelle zwischen Leben und Tod handeln<br />
wird, wurde ein Logo entwickelt, mit<br />
dem nur werben darf, wer diesen Kodex unterschrieben<br />
hat.<br />
Auf <strong>der</strong> Seite www.lahrer-kodex.de können<br />
sich Mediziner den Erstunterzeichnern<br />
anschließen.<br />
Die drei Grundsätze des<br />
Lahrer Kodex<br />
1. <strong>Der</strong> Wille des Patienten hat für mich<br />
oberste Priorität.<br />
Ich verpflichte mich, den Willen meiner<br />
Patienten zu achten und ihm im<br />
Rahmen des medizinisch wie rechtlich<br />
Möglichen zu entsprechen. Falls ein<br />
Patient entscheidungsunfähig ist,<br />
werde ich eine vorher von ihm o<strong>der</strong><br />
eine von seinem Vertreter vorgelegte<br />
Patientenverfügung respektieren,<br />
sofern diese aktuell und auf die gegebene<br />
Situation anwendbar ist. (…)<br />
2. Ich werde für meine Patienten im<br />
Notfall alles Mögliche tun o<strong>der</strong><br />
veranlassen und auch die<br />
Verantwortung für ein würdiges,<br />
möglichst schmerzfreies Sterben<br />
übernehmen.<br />
Als Arzt bemühe ich mich prinzipiell,<br />
Leben zu bewahren und Krankheiten<br />
nach zeitgemäßen Qualitätsstandards<br />
<strong>der</strong> medizinischen Forschung zu<br />
heilen o<strong>der</strong> zumindest die verbleibende<br />
Lebensqualität zu verbessern.<br />
Solange eine Prognose nicht völlig<br />
aussichtslos ist und <strong>der</strong> Patient dies<br />
wünscht, halte ich dazu auch Maximaltherapie<br />
für geboten. Ich bin mir<br />
jedoch bewusst, dass ich einen<br />
unvermeidbaren Tod nicht als persönliche<br />
Nie<strong>der</strong>lage anzusehen und nicht<br />
bis zuletzt zu bekämpfen habe. (…)<br />
3. Ich nehme mir Zeit für Gespräche<br />
„von Mensch zu Mensch“, nutze<br />
kollegiale Fallbesprechungen und trage<br />
zur Vertrauensbildung bei.<br />
Ich nehme mir Zeit, Angehörige und<br />
dem Patienten sonst nahe stehende<br />
Personen sowie Betreuer und<br />
Bevollmächtigte über den Krankheitsverlauf<br />
und damit zusammenhängende<br />
notwendige Entscheidungen<br />
aufzuklären, sofern meine<br />
Schweigepflicht dem nicht entgegensteht.<br />
Ich bemühe mich, gegenseitiges<br />
Verständnis zu för<strong>der</strong>n. Ich bin an<br />
Sichtweisen und Bewertungen von<br />
Kollegen – vor allem auch <strong>der</strong> Pflege –<br />
interessiert und werde mich mit ihnen<br />
in Teamsitzungen regelmäßig<br />
austauschen und bei Konflikten auf die<br />
Möglichkeit einer ethischen<br />
Fallbesprechung hinweisen. (…)
Patricia Block<br />
■ Mit dem mit 10.000 Euro dotierten<br />
Deschner-Preis sollen Personen o<strong>der</strong> Organisationen<br />
ausgezeichnet werden, die – wie<br />
<strong>der</strong> Namensgeber Karlheinz Deschner – in<br />
beson<strong>der</strong>em Maße zur Stärkung des säkularen,<br />
wissenschaftlichen und humanistischen<br />
Denkens und Handelns beitragen. Diesen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen dürfte <strong>der</strong> erste Träger dieses<br />
Preises, <strong>der</strong> britische Evolutionstheoretiker<br />
Richard Dawkins, vollauf genügen. Und<br />
so gestaltete sich die Kandidatensuche bei<br />
<strong>der</strong> Giordano Bruno Stiftung überraschend<br />
einfach und einhellig. Wie <strong>der</strong> Vorstandssprecher<br />
Michael Schmidt-Salomon versicherte,<br />
gab es schlichtweg keinen geeigneteren<br />
Kandidaten. Wer sich Gedanken über<br />
ein humanistisches Menschenbild mache,<br />
komme an Dawkins nicht vorbei. Das sahen<br />
auch die Gäste des Festaktes so, die dem<br />
Preisträger in <strong>der</strong> völlig überfüllten Aula <strong>der</strong><br />
Frankfurter Universität mit „Standing Ovations“<br />
huldigten.<br />
Vor 30 Jahren wurde er mit seiner Theorie<br />
bekannt, die besagt, dass das Überleben<br />
einer Art ausschließlich vom Erbgut abhänge<br />
(„Das egoistische Gen“). Die Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
mit <strong>der</strong> Religion konnte da nicht<br />
ausbleiben, er machte seine Zweifel an <strong>der</strong><br />
Existenz Gottes öffentlich. Mit Erfolg: Sein<br />
soeben in deutscher Sprache erschienenes<br />
Buch „<strong>Der</strong> Gotteswahn“, Ende Oktober auf<br />
Platz 2 <strong>der</strong> Spiegel-Bestseller-Liste, fehlt <strong>der</strong>zeit<br />
in keinem Feuilleton.<br />
Seit Jahren macht er unmissverständlich<br />
klar, dass er mit dem einseitigen Nichtangriffspakt,<br />
<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wissenschaft von <strong>der</strong> Religion<br />
abverlangt wird, nicht einverstanden<br />
ist und auch gesellschaftlich privilegierte<br />
Wahnideen <strong>der</strong> Überprüfung durch die kritische<br />
Vernunft nicht entzogen werden dürfen.<br />
„Wir sind dem <strong>Diesseits</strong> verpflichtet“,<br />
kommentiert Herbert Steffen, Vorstandsmitglied<br />
und Stifter <strong>der</strong> Giordano Bruno<br />
Stiftung, die eher ungewöhnliche Tatsache,<br />
dass <strong>der</strong> Preis den Namen eines Lebenden<br />
trägt. Und so stand <strong>der</strong> 82-jährige Karlheinz<br />
Deschner, sonst nur noch selten in <strong>der</strong> Öf-<br />
FORUM<br />
Dem <strong>Diesseits</strong> verpflichtet<br />
Die Giordano Bruno Stiftung verlieh am 12. Oktober 2007 in <strong>der</strong> Universität Frankfurt/Main<br />
zum ersten Mal den Deschner-Preis. Preisträger ist <strong>der</strong> britische Evolutionsbiologe und Religionskritiker<br />
Richard Dawkins.<br />
fentlichkeit, an diesem Abend ebenso im<br />
Mittelpunkt. Leicht machte er es seinen<br />
Zuhörern jedoch nicht. Er formulierte drei<br />
Wünsche hinsichtlich zukünftiger Preisträger.<br />
So bat er darum, dass Agnostiker – er<br />
selbst bezeichnet sich als solchen – bei <strong>der</strong><br />
Preisvergabe nicht ausgeschlossen werden,<br />
ebenso wenig wie Wissenschaftler, die lautstark<br />
auf die möglichen schrecklichen Folgen<br />
ihrer eigenen Forschungsarbeit hinweisen.<br />
Für preiswürdig befand er auch „Aufwiegler“,<br />
die „denen, die verhungern, zurufen,<br />
nach dem Eigentum <strong>der</strong>er zu greifen,<br />
die sie verhungern lassen“. Wer Deschners<br />
Aphorismen kennt, weiß auch um sein ganz<br />
beson<strong>der</strong>es Anliegen, den Tierschutz. Und<br />
so wäre es natürlich ganz in seinem Sinne,<br />
wenn <strong>der</strong> nächste Preisträger ebenso wie er<br />
auf das Essen von Fleisch verzichtete.<br />
<strong>Diesseits</strong> hatte am Rande dieser Veranstaltung<br />
Gelegenheit, mit dem Namensgeber<br />
Karlheinz Deschner, Ehrenmitglied des<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong>es, zu sprechen.<br />
<strong>Diesseits</strong>: Herr Deschner, erstmalig wurde<br />
ein Preis mit ihrem Namen verliehen,<br />
wie fühlt man sich da?<br />
Karlheinz Deschner: Es freut mich,<br />
drückt sich darin doch die Anerkennung<br />
meines Lebenswerkes aus; wobei mein<br />
Name stellvertretend für eine Reihe an<strong>der</strong>er<br />
steht.<br />
Haben Sie an <strong>der</strong> Entscheidung mitgewirkt?<br />
Nein. Ich bin nicht stimmberechtigt. Ich<br />
bin nicht Mitglied <strong>der</strong> Stiftung.<br />
4/2007 25
Ist Professor Dawkins ein würdiger<br />
Preisträger?<br />
Gar keine Frage. Richard Dawkins wird<br />
nicht nur weltweit beachtet, son<strong>der</strong>n verdient<br />
diese Beachtung auch, was nicht immer<br />
zusammentrifft. Er ist unbestritten einer<br />
<strong>der</strong> bedeutendsten Evolutionsbiologen<br />
unserer Zeit, ja gilt vielen als führen<strong>der</strong> Vertreter<br />
seines Faches überhaupt. Ich selbst,<br />
das sagte ich in meiner Rede, schätze beson<strong>der</strong>s<br />
den Elan des Religionskritikers, seine<br />
Angriffigkeit, das so Unverblümte, wenig<br />
„Professorale“, so gar nicht vernunfteitle seiner<br />
Bücher, nicht zuletzt seine intellektuelle<br />
Redlichkeit. Auch persönlich wirkt <strong>der</strong><br />
Oxford-Gelehrte auf mich sehr gewinnend.<br />
Er strahlt, wenn ich so sagen darf, eine Aura<br />
souveräner Bescheidenheit aus.<br />
Dawkins geht es mit seinem Werk darum,<br />
den Menschen zu beweisen, dass es<br />
Gott nicht gibt. Ihnen liegt es eher am<br />
Herzen, die Verbrechen <strong>der</strong> Institution<br />
Kirche aufzuklären. Gibt es trotzdem<br />
Parallelen zwischen Ihren Arbeiten?<br />
Parallelen? In Menge! Ich bin ja nicht nur<br />
Verfasser <strong>der</strong> „Kriminalgeschichte“ – übrigens<br />
keineswegs <strong>der</strong> Kirche bloß, son<strong>der</strong>n<br />
„des Christentums“, was weit mehr umfasst.<br />
Ich schrieb umfangreiche Aufsätze, ja ganze<br />
Bücher, die viel, viel weniger den Verbrechen<br />
als dem Glauben <strong>der</strong> Christen gelten,<br />
26<br />
4/2007<br />
oft fast allein dem Glauben. Dazu gehört<br />
meine erste christentumskritische Publikation,<br />
durch ein halbes Jahrhun<strong>der</strong>t immer<br />
wie<strong>der</strong> neu aufgelegt, siebenhun<strong>der</strong>t Seiten<br />
stark: „Abermals krähte <strong>der</strong> Hahn“. Dazu<br />
gehört das Buch „<strong>Der</strong> gefälschte Glaube.<br />
Die wahren Hintergründe <strong>der</strong> kirchlichen<br />
Lehren“. Dazu gehört das beinahe hun<strong>der</strong>t<br />
Seiten umfassende Traktat „Warum ich<br />
Agnostiker bin“ sowie <strong>der</strong> Aufsatz „Ich<br />
brauche kein Gottesbild“ und weitere Essays.<br />
Dazu zählen auch die meisten <strong>der</strong> von<br />
mir editierten christentumskritischen Dokumentationen,<br />
etwa „Was halten Sie vom<br />
Christentum?“, „Warum ich aus <strong>der</strong> Kirche<br />
ausgetreten bin“, „Jesusbil<strong>der</strong> in theologischer<br />
Sicht“ o<strong>der</strong> die zweibändige Anthologie<br />
„Das Christentum im Urteil seiner Gegner“.<br />
Sogar in <strong>der</strong> „Kriminalgeschichte“ betrifft<br />
Band 3 zum größten Teil die Historie<br />
des Glaubens.<br />
Es stimmt einfach nicht, es ist geradezu<br />
lächerlich unwahr, engt man meine Christentumskritik<br />
auf den Rapport bloßer<br />
Mord- und Totschlagaktionen ein, vielleicht<br />
gar mit dem pseudokecken Zungenschlag<br />
jenes Berliner Kirchenmannes, <strong>der</strong><br />
mir einst in einer Talkshow, brustgeschwellt<br />
sein Credo beschwörend, zurief: „... da können<br />
Sie noch so viele Kriminalromane<br />
schreiben…“ – als schriebe ich die Romane<br />
<strong>der</strong> Christentumsgeschichte, als schriebe sie<br />
nicht diese Seite selbst, von den Bibelschreibern<br />
angefangen! Kurz, wer meine Schriften<br />
liest, wird darin immer wie<strong>der</strong>, wird schockweise<br />
Parallelen zu Dawkins finden, mag<br />
auch <strong>der</strong> Ansatz verschieden sein.<br />
Haben Sie schon eine Idee, wer <strong>der</strong> nächste<br />
Preisträger sein könnte?<br />
Eine Idee schon, aber wie gesagt, keine<br />
Stimme bei <strong>der</strong> Entscheidungsfindung.<br />
In Ihrer Rede am heutigen Abend haben<br />
Sie sich sehr wissenschaftskritisch<br />
geäußert. Wenn Religion den Menschen<br />
nicht hilft, Wissenschaft jedoch auch<br />
nicht, woran sollen wir uns halten?<br />
Ich bin wissenschaftskritisch, ja, gerade<br />
im Sinn <strong>der</strong> Wissenschaft, die stets kritisch,<br />
selbstkritisch sein muss o<strong>der</strong> keine Wissenschaft<br />
ist. Wie zum Beispiel die Theologie,<br />
die längst aus den Universitäten hätte fliegen<br />
sollen und die dort nur noch kraft des unheilvollen<br />
Techtelmechtels zwischen Thron<br />
und Altar ihre Windeier ausbrütet. Die Religion<br />
hilft den Menschen bloß scheinbar.<br />
Unter krasser Ignorierung des Wahrheitsbereiches.<br />
O<strong>der</strong> sagen wir besser: Missachtung<br />
<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit. Religionen<br />
sind falsche Mittel zur Befriedigung echter<br />
Bedürfnisse. Wissenschaft kann wirklich<br />
helfen, doch auch ruinieren. Schon die Resultate<br />
<strong>der</strong> Zell- und Atomkernforschung<br />
sprechen für sich. Ihre Frage, nur allzu begreiflich,<br />
berührt das Problem, das uralte<br />
Thema: Hat unser Leben – aufs Ganze gesehen<br />
– einen Sinn? Wer ihn zu wissen vorgibt,<br />
lügt. Ein solches Wissen übersteigt die<br />
Erkenntnisgrenze unseres Gehirns. Wir<br />
können aber dem letztlich vielleicht wohl<br />
Sinnlosen einen Sinn geben, und eine <strong>der</strong><br />
sowohl einfachsten wie tiefsten Sentenzen<br />
hierzu schrieb Goethe: „<strong>Der</strong> Sinn des Lebens<br />
ist das Leben selbst.“ Die eher noch bedeutsamere<br />
Frage freilich, wie wir leben sollen,<br />
beantwortet Albert Schweitzer für mich<br />
beson<strong>der</strong>s überzeugend: „Ich bin Leben, das<br />
leben will, inmitten von Leben, das leben<br />
will.“ Empathie also, Mitgefühl, Beistand.<br />
Ich selber glaube, je älter ich werde, desto<br />
mehr, dass die kleinste Hilfe oft besser ist als<br />
<strong>der</strong> größte Gedanke. ●<br />
Einen ausführlichen Bericht über die Preisverleihung<br />
lesen Sie unter: http://hpd-online.de/<br />
node/2969<br />
Dawkins, Richard: <strong>Der</strong> Gotteswahn. – Berlin<br />
: Ullstein, 2007. – 22,90 Euro
Inge Hüsgen<br />
■ <strong>Der</strong> Nürnberger turm<strong>der</strong>sinne hat die<br />
verschiedenen Aspekte <strong>der</strong> Wahrnehmungsforschung<br />
zum Thema seines zehnten<br />
Symposiums vom 5. bis 7. Oktober gemacht,<br />
<strong>der</strong> Titel: „Nicht wahr?! Sinneskanäle,<br />
Hirnwindungen und Grenzen <strong>der</strong><br />
Wahrnehmung“.<br />
Das Programm hatte <strong>der</strong> turm<strong>der</strong>sinne<br />
gemeinsam mit dem Max-Planck-Institut<br />
für biologische Kybernetik zusammengestellt:<br />
Renommierte Forscher sprachen zu so<br />
unterschiedlichen Themen wie Wahrnehmungstäuschungen,<br />
Neuroökonomie und<br />
Synästhesie. Hubert Dinse, <strong>der</strong> maßgeblich<br />
am Entwurf des sensorischen Homunkulus<br />
„Heiner“ im Museum turm<strong>der</strong>sinne beteiligt<br />
war, erklärte, wie wichtig <strong>der</strong> Tastsinn<br />
im Alltagsleben ist. Bernd Lingelbach vom<br />
Institut für Augenoptik Aalen stellte das<br />
Hermann-Gitter vor, ein zweifarbiges Gittermuster,<br />
in dem scheinbar dunkle Flecken<br />
auftauchen. Lingelbach ist Schöpfer des bekannten<br />
Szintillationsgitters, das seit Beginn<br />
das Logo des Symposiums bildet. Dieses<br />
szintillierende Gitter ist eine Weiterentwicklung<br />
des Hermann-Gitters. Die verblüffende<br />
Täuschung gibt den Forschern bis<br />
heute Rätsel auf: Ein seit fast 50 Jahren bekannter<br />
Erklärungsansatz wurde vor drei<br />
Jahren durch eine einfache Modifikation<br />
des Musters erschüttert – ein kleiner Einblick<br />
in den Expertenstreit kam in <strong>der</strong> Diskussion<br />
zum Vorschein.<br />
Die Auswahl kam an: Erstmals in <strong>der</strong><br />
Geschichte des Symposiums war die Veranstaltung<br />
schon eine Woche vor Beginn ausverkauft.<br />
Was wir wahrnehmen, ist nicht immer<br />
wahr. Aber kann es sein, dass grundlegende<br />
Konzepte unseres Selbstverständnisses, wie<br />
das Ich und <strong>der</strong> freie Wille, ebenfalls auf Illusionen<br />
beruhen? Nichts Geringeres behauptet<br />
die mo<strong>der</strong>ne Hirnforschung. Einen<br />
FORUM<br />
Nicht wahr?! Sinneskanäle,<br />
Hirnwindungen und Grenzen <strong>der</strong><br />
Wahrnehmung<br />
Besucherrekord zum Jubiläum:<br />
Über 500 Gäste beim 10. Symposium turm<strong>der</strong>sinne<br />
Je<strong>der</strong> Computer würde vor dieser Datenflut kapitulieren: Nicht weniger als 1 Gigabyte Information<br />
leiten die Sinnesorgane pro Sekunde ans Gehirn weiter. Um die enorme Informationsmenge<br />
zu bewältigen, trifft das Gehirn eine rigorose Auswahl. Und damit fängt seine Arbeit<br />
erst an. Denn Wahrnehmung ist ein aktiver Prozess: Unser Denkorgan deutet die Sinnesreize<br />
und ergänzt unvollständige Informationen aus <strong>der</strong> Erfahrung.<br />
Wolf Singer<br />
<strong>der</strong> prominentesten Vertreter dieser These,<br />
Wolf Singer, konnte <strong>der</strong> turm<strong>der</strong>sinne für<br />
die Auftakt-Veranstaltung gewinnen. <strong>Der</strong><br />
Direktor <strong>der</strong> Abteilung für Neurophysiologie<br />
am Frankfurter Max-Planck-Institut für<br />
Hirnforschung bestritt den Doppelvortrag<br />
gemeinsam mit dem Magdeburger Philosophen<br />
Michael Pauen.<br />
Die über 500 Besucher erlebten unter<br />
dem Motto „Science meets Philosophy“ ein<br />
konstruktives Start-Gespräch. Waren frühere<br />
fächerübergreifende Dialoge, etwa eine<br />
Tagung des Kulturwissenschaftlichen Instituts<br />
Essen 2002, von kontroversen Standpunkten<br />
geprägt, staunte Singer jetzt, dass er<br />
mit Michael Pauen „gar nicht richtig streiten“<br />
könne. <strong>Der</strong> Philosoph vertritt ein kompatibilistisches,<br />
also durchaus mit naturwissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen zu vereinbarendes<br />
Konzept <strong>der</strong> Willensfreiheit.<br />
Die mo<strong>der</strong>ne Neurobiologie geht davon<br />
aus, dass alle mentalen Funktionen auf neuronalen<br />
Prozessen beruhen. Das gesamte<br />
Weltwissen sowie die Regeln für dessen Erwerb<br />
und Anwendung sitzen demnach in<br />
<strong>der</strong> funktionellen Architektur des Gehirns.<br />
Diese beeinflusst den Entscheidungsprozess<br />
und ist wie<strong>der</strong>um geprägt von <strong>der</strong> Evolution,<br />
früher Prägung und dem aktuellen dynamischen<br />
Zustand des Gehirns.<br />
4/2007 27
Auch von <strong>der</strong> Vorstellung einer festen<br />
Instanz namens Ich hat sich die Wissenschaft<br />
verabschiedet. Sie geht vielmehr davon<br />
aus, dass kohärente Wahrnehmungen<br />
durch Ensembles von Neuronen erzeugt<br />
werden, ähnlich wie sich Texte aus den 26<br />
Buchstaben des Alphabets zusammensetzen.<br />
Nach Ansicht von Wolf Singer beruhen<br />
auch bewusste Entscheidungen, die wir als<br />
frei empfinden, auf neuronalen Prozessen.<br />
Wenn wir dafür dennoch stets bewusste<br />
Gründe angeben können, stecken oft<br />
nachträgliche Rationalisierungen dahinter.<br />
Stimmen die bewusste und die unbewusste<br />
Abwägung überein und stehen mehrere<br />
Entscheidungsmöglichkeiten offen, fühlen<br />
wir uns frei in unseren Entscheidungen.<br />
Aber bringt <strong>der</strong> Abschied vom freien<br />
Willen nicht eine weitere narzisstische<br />
Kränkung mit sich, wie sie gern mit den<br />
Entdeckungen von Kopernikus, Darwin<br />
und Freud verbunden werden? Keineswegs,<br />
erklärte Michael Pauen in seinem Vortrag.<br />
We<strong>der</strong> stehe angesichts des <strong>der</strong>zeitigen Forschungsstands<br />
eine Krise ins Haus, noch sei<br />
es in <strong>der</strong> Vergangenheit zu <strong>der</strong>artigen Kränkungen<br />
gekommen. Im Gegenteil habe die<br />
Forschung immer bessere Erklärungen für<br />
die menschlichen Fähigkeiten gefunden.<br />
Während man beispielsweise noch bis Mitte<br />
des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts am dualistischen<br />
Leib-Seele-Konzept festhielt, sind heute an<br />
seine Stelle leistungsfähigere, naturalistische<br />
Modelle getreten. Eine vergleichbare Entwicklung<br />
diagnostiziert Pauen bei <strong>der</strong> Hirnforschung.<br />
Das Staunen über die Fähigkeiten des<br />
Denkorgans haben die Naturalisten indes<br />
nicht verloren. Auf die Publikumsfrage<br />
„Sind künstlerische Leistungen nur Produkte<br />
des Gehirns?“ antwortete Wolf Singer<br />
mit einem Schmunzeln: „Das Wörtchen<br />
‚nur’ ist zuviel in Ihrem Satz.“ ●<br />
Weitere Informationen und Materialien zu den<br />
Vorträgen des Symposiums unter www.turm<strong>der</strong>sinne.de<br />
Inge Hüsgen ist Redaktionsleiterin <strong>der</strong> kritischen<br />
Wissenschaftszeitung Skeptiker und Redakteurin<br />
des turm<strong>der</strong>sinne-Newsletters Sinnesorgan.<br />
Das nächste Symposium turm<strong>der</strong>sinne findet<br />
vom 10.-12. Oktober 2008 in Nürnberg statt.<br />
<strong>Der</strong> Titel: „Künstliche Sinne – gedoptes Gehirn.<br />
Neurotechnik und Neuroethik“. Zur Einführung<br />
spricht <strong>der</strong> Philosoph Thomas Metzinger,<br />
Leiter des Arbeitsbereichs Neurophilosophie<br />
am Interdisziplinären Forschungszentrum für<br />
Neurowissenschaften an <strong>der</strong> Universität Mainz.<br />
28<br />
4/2007<br />
Sinnliches unterm säkularen Weihnachtsbaum<br />
Sinnliches Schenken ganz an<strong>der</strong>s? Wenn Sie noch nach einem geeigneten<br />
säkularen Weihnachtspräsent für Ihre Liebsten grübeln, warum verschenken<br />
Sie nicht mal eine „sinnliche“ Reise in die schöne mittelalterliche Stadt<br />
Nürnberg? Einen Gutschein für einen Besuch im Hands-on-Museum<br />
turm<strong>der</strong>sinne erhalten diesseits-Abonennten von uns kostenlos dazu. Das<br />
Museum stellt dafür 3 Gutscheine für Einzelpersonen (Wert: 6 Euro) und 3<br />
Familiengutscheine (Wert: 16 Euro, gültig für max. zwei Erwachsene und<br />
<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>) zur Verfügung. Die Eintrittskarten sind auch über den<br />
Jahreswechsel hinaus gültig.<br />
Bitte schreiben Sie bis 15. Dezember an: <strong>Diesseits</strong>, Wallstraße 61-65, 10179<br />
Berlin o<strong>der</strong> an: diesseits@humanismus.de<br />
Dazu auch gleich ein passen<strong>der</strong> Lesestoff? Soeben im mentis-Verlag<br />
erschienen ist das zweite Buch aus <strong>der</strong> Reihe <strong>der</strong> Symposiumsbände des<br />
turm<strong>der</strong>sinne: „Von Sinnen. Traum und Trance, Rausch und Rage aus Sicht<br />
<strong>der</strong> Hirnforschung“ (Euro 29,80, ISBN: 978-3-89785-572-4). Die erste<br />
Veröffentlichung „Freier Wille – frommer Wunsch?“ (Euro 29,80, ISBN 978-3-<br />
89785-445-1) ist in zweiter Auflage ebenfalls noch erhältlich.
Joachim Kahl<br />
■ Weihnachten stilvoll und fröhlich feiern<br />
– jenseits von Konsumrausch und Konsumkritik,<br />
ohne Erwartungsstress und Geschenkzwänge,<br />
ohne christlichen Mythos<br />
vom welterlösenden Säugling, also ohne<br />
Krippe und ohne Engel, aber doch mit Adventskranz<br />
und Tannenbaum als den ökologischen<br />
Hauptsymbolen!? Ja, das ist sinnvoll<br />
und praktikabel. Immer mehr Menschen<br />
suchen einen neuen und selbstbewussten<br />
Umgang mit diesem Fest <strong>der</strong><br />
Feste. Sie erlauben sich eine phantasievolle<br />
und produktive Auswahl aus <strong>der</strong> überlieferten<br />
weihnachtlichen Folklore, öffnen sich<br />
<strong>der</strong>en ästhetischem Reiz, bedienen sich aus<br />
dem reichen Arsenal ihrer internationalen<br />
Utensilien.<br />
Für viele freilich bleibt Weihnachten ein<br />
Ärgernis. Bereits in <strong>der</strong> Erwartung des Festes<br />
spüren sie ein Unbehagen, verfallen in<br />
Depressionen o<strong>der</strong> Aggressionen – und<br />
zwar nicht nur die Einsamen und Betagten<br />
MAGAZIN<br />
Frohe Weihnachten…<br />
Warum auch Atheisten guten Gewissens Weihnachten feiern können, ein Fest, das alle Abschaffungsparolen<br />
souverän überstanden hat und überstehen wird<br />
ohne Angehörige, son<strong>der</strong>n auch an<strong>der</strong>e,<br />
Jüngere und Feinfühlige, die einen geheuchelten<br />
Familienfrieden und leere Konventionen<br />
verabscheuen. In <strong>der</strong> Weihnachtszeit<br />
steigen erfahrungsgemäß Alkoholmissbrauch<br />
und Selbsttötungsrate.<br />
Heitere Mittwinterzeit<br />
Religionsphilosophische, historische und<br />
kulturtheoretische Überlegungen können<br />
jedoch dazu beitragen, die Festverdrossenheit<br />
zu mil<strong>der</strong>n und eine zugleich spontane<br />
und reflektierte Festfreude zu ermöglichen.<br />
Dabei geht es um die doppelte Einsicht, dass<br />
Weihnachten vom Ursprung her gar kein<br />
ausschließlich christliches Fest und insofern<br />
auch einer weltlich-humanistischen Sinngebung<br />
leicht zugänglich ist und dass das Fei-<br />
ern von Festen einen unverzichtbaren Bestandteil<br />
eines kultivierten Lebens darstellt.<br />
Ich schlage vor, Weihnachten als weltliches<br />
Friedensfest zu feiern, als geselliges und<br />
heiteres Fest <strong>der</strong> Mittwinterzeit. Nehmen<br />
wir uns die Freiheit, diesem Fest, das eine<br />
lange christliche und eine noch längere vorchristliche<br />
Geschichte hat, einen neuen,<br />
nachchristlichen, weltlich-humanistischen<br />
Sinn zu geben: einen Sinn, <strong>der</strong> mit einem<br />
undogmatischen Atheismus im Einklang<br />
steht und dessen Spiritualität beflügelt.<br />
Das Weihnachtsfest ist tief im Leben<br />
breitester Bevölkerungskreise verwurzelt.<br />
Denn es entspringt und entspricht einem<br />
realen Bedürfnis: sich in <strong>der</strong> dunkelsten und<br />
kältesten Zeit des Jahres mit einer Fülle<br />
sinnlicher und kulinarischer Elemente das
Licht, die Wärme, das Wohlbehagen symbolisch<br />
zu vergegenwärtigen, die die Menschen<br />
gerade im Winter zum Leben brauchen.<br />
In eins damit wird eine weltanschauliche<br />
Orientierung über den Tag hinaus vermittelt.<br />
Warten auf Wärme und Licht<br />
Die dauerhafte, objektive, naturgeschichtliche<br />
Grundlage des Weihnachtsfestes ist die<br />
Wintersonnenwende, <strong>der</strong> Punkt im Umlauf<br />
<strong>der</strong> Erde um die Sonne, von dem an<br />
(auf <strong>der</strong> Nordhalbkugel) ihre Leben spendende<br />
Strahlung wie<strong>der</strong> zunimmt. Die Tage<br />
werden wie<strong>der</strong> länger, ein neuer Frühling<br />
bahnt sich an. Dies ereignet sich – „alle Jahre<br />
wie<strong>der</strong>“ – in <strong>der</strong> Zeit um den 21. Dezember<br />
herum. <strong>Der</strong> Sieg des Lichtes über<br />
die Finsternis, <strong>der</strong> Sieg <strong>der</strong> Wärme über die<br />
Kälte sind unaufhaltsam im Kommen. Ein<br />
nachchristliches, weltlich-humanistisches<br />
Verständnis von Weihnachten knüpft an<br />
diese kosmische und insofern unverwüstliche<br />
Verankerung an und verbindet sie unbefangen<br />
mit dem Beitrag <strong>der</strong> christlichen<br />
Religion zur Ausgestaltung des Festes. Neuheidnisch<br />
und damit rückwärtsgewandt<br />
wäre es, nur auf die Wintersonnenwende<br />
abzuheben und die qualitative Bereicherung<br />
des Festes durch das Christentum zu ignorieren<br />
o<strong>der</strong> gar zu leugnen.<br />
Dieser produktive Beitrag besteht in <strong>der</strong><br />
Ethisierung, Historisierung und Politisierung<br />
des Festinhaltes. „Friede auf Erden und<br />
den Menschen ein Wohlgefallen“, so singen<br />
die Engel über dem Stall von Bethlehem<br />
und greifen damit messianische Visionen<br />
Anzeige<br />
Helmut Fink (Hrsg.)<br />
Was heißt<br />
Humanismus heute?<br />
Ein Streitgespräch zwischen Joachim<br />
Kahl und Michael Schmidt-Salomon<br />
Schriftenreihe <strong>der</strong> Humanistischen<br />
Akademie Bayern,Bd.2<br />
73 Seiten,geheftet,Euro 5.-<br />
ISBN 3-86569-035-1<br />
Ausgehend von <strong>der</strong> Kritik des letzten<br />
Buches des jeweils an<strong>der</strong>en versuchen<br />
die beiden bekannten Philosophen<br />
das Profil des Humanismus zu<br />
schärfen.<br />
30<br />
www.alibri.de<br />
4/2007<br />
aus dem Alten Testament („Schwerter zu<br />
Pflugscharen“) und Proklamationen aus <strong>der</strong><br />
Regierungszeit des römischen Kaisers Augustus<br />
auf. Da sie freilich illusionär mit dem<br />
Eingreifen eines himmlischen Retters in das<br />
irdische Geschehen verklammert werden,<br />
erfolgt – „alle Jahre wie<strong>der</strong>“ – ihre praktische<br />
Entzauberung. Ein weltlich-humanistisches<br />
Verständnis von Weihnachten haftet daher<br />
nicht länger am Mythos von <strong>der</strong> Menschwerdung<br />
Gottes, son<strong>der</strong>n feiert die Menschwerdung<br />
des Menschen als ständige Aufgabe,<br />
wofür Friede eine entscheidende gesellschaftliche<br />
Bedingung ist. Friede wird aber<br />
nicht den Menschen irgendwie von oben<br />
geschenkt, wie es die Botschaft <strong>der</strong> Engel<br />
und <strong>der</strong> Glaube an die wun<strong>der</strong>bare Geburt<br />
eines göttlichen Heilands behaupten. Friede<br />
lässt sich nur als Resultat einer gewaltigen<br />
und koordinierten Anstrengung von Millionen<br />
Menschen verwirklichen.<br />
Das Interesse am Geburtsdatum des<br />
christlichen Erlösers tauchte erst im vierten<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t nach <strong>der</strong> konstantinischen<br />
Wende auf, als das Christentum zur Staatsreligion<br />
erhoben worden war. Mit strategischer<br />
Klugheit und bis heute reichenden<br />
Folgen setzte <strong>der</strong> römische Bischof aus eigener<br />
Machtvollkommenheit fest: <strong>Der</strong> Welterlöser,<br />
dessen Geburtsdatum in <strong>der</strong> Bibel<br />
nirgendwo erwähnt wird, wurde in <strong>der</strong><br />
Nacht vom 24. auf den 25. Dezember geboren.<br />
Warum? Weil im gesamten Imperium<br />
Romanum <strong>der</strong> 25. Dezember staatsoffiziell<br />
als Geburtstag des „unbesiegten<br />
Sonnengottes“ (sol invictus) gefeiert wurde.<br />
Das Datum lag kurz nach <strong>der</strong> Wintersonnenwende<br />
und bewies mit den bereits wie<strong>der</strong><br />
länger werdenden Tagen die Unbesiegtheit<br />
<strong>der</strong> Sonne, den sich erneuernden Triumph<br />
des Lebens. Mit dieser Datierung<br />
sollte gezielt <strong>der</strong> heidnische Sonnengott verdrängt<br />
und das römische Fest umfunktioniert<br />
werden zur Feier des Aufgangs <strong>der</strong><br />
wahren Gnadensonne über Bethlehem. Das<br />
war umso leichter möglich, als bereits im<br />
Neuen Testament Aussagen aus dem antiken<br />
Sonnenkult auf Jesus übertragen worden<br />
waren. „Ich bin das Licht <strong>der</strong> Welt“,<br />
heißt es beispielsweise im Johannes-Evangelium.<br />
Elemente des Sonnenkultes<br />
So setzten sich im christlichen Weihnachtsfest<br />
Elemente und Symbole des Sonnenkultes<br />
naturwüchsig durch, und zwar vor allem<br />
im mittwinterlichen Grünschmuck und im<br />
Lichterglanz <strong>der</strong> Kerzen. Zwar ist <strong>der</strong> lichtergeschmückte<br />
Tannenbaum als optischer<br />
Mittelpunkt erst ein Erzeugnis <strong>der</strong> bürgerlichen<br />
Familienkultur des neunzehnten Jahrhun<strong>der</strong>ts.<br />
Doch ist die mit dem Sonnenkult<br />
unmittelbar verbundene Baum- und Lichtsymbolik<br />
als solche uralt und hat in mannigfachen<br />
Formen Advents- und Weihnachtsbräuche<br />
beeinflusst. Harmonisch ist<br />
das Grün <strong>der</strong> Vegetation verbunden mit<br />
dem Abglanz des Sonnenlichtes als dem Ursprung<br />
allen Gedeihens und Wachsens.<br />
Als das Christentum über seine mediterranen<br />
Ursprünge hinauswuchs, wurde es<br />
nördlich <strong>der</strong> Alpen mit germanischen Sitten<br />
und Anschauungen konfrontiert. Unsere<br />
Vorfahren feierten in den Tagen vor und<br />
nach <strong>der</strong> Wintersonnenwende das Julfest<br />
mit Julschmaus und Julbier und Julfrieden.<br />
Die Nächte um den 21. Dezember herum<br />
nannten sie die „wihen nachten“, die geweihten<br />
Nächte, aus denen das Wort Weihnachten<br />
hervorgegangen ist. Die Nächte<br />
schienen „geweiht“, etwas Beson<strong>der</strong>es zu<br />
sein, weil in dieser dunkelsten Zeit des Jahres<br />
<strong>der</strong> Umschlag zum Licht erfolgt und die<br />
wie<strong>der</strong> zunehmende Wärme den Winter zuverlässig<br />
besiegen wird. Das Julfest war ein<br />
Fest des Friedens, des Lichtes, <strong>der</strong> Freude,<br />
<strong>der</strong> Hoffnung, <strong>der</strong> Fruchtbarkeit. Die Einheit<br />
von Sonne und Erde, von Mensch und<br />
Natur, von Mensch und Tier wurde gefeiert.<br />
Den wilden Tieren in Wald und Feld<br />
wurde Futter hingestreut, Streitereien und<br />
Kämpfe zwischen Menschen wurden vorübergehend<br />
ausgesetzt, eine Verhaltensweise,<br />
die Julfrieden genannt wurde.<br />
So führt ein nachchristliches, ja insgesamt<br />
nachreligiöses, weltlich-humanistisches<br />
Verständnis des Weihnachtsfestes seine<br />
beiden bisherigen Entwicklungsstufen zu<br />
einer höheren Einheit zusammen. Zwei<br />
Sinnebenen lassen sich deutlich unterscheiden.<br />
In <strong>der</strong> kosmologisch-ökologischen<br />
Sinndimension wird die Einheit von Erde<br />
und Sonne, von Mensch und Natur gefeiert.<br />
In <strong>der</strong> historisch-ethischen Dimension wird<br />
<strong>der</strong> Friede auf Erden als ständige Aufgabe<br />
vergegenwärtigt. Da es sich hierbei um rein<br />
weltlich-menschliche Dinge handelt, nicht<br />
um ein wun<strong>der</strong>bares göttliches Geschehen,<br />
ergibt sich daraus eine charakteristische Verschiebung<br />
in <strong>der</strong> Gefühlslage des Festes. An<br />
die Stelle traulich besinnlicher Andacht tritt<br />
eine gelöste Heiterkeit. ●<br />
Dr. Dr. Joachim Kahl ist freiberuflicher Philosoph.
Ralf Bachmann<br />
■ Zille steht auf dem flachen Sockel, wie<br />
man ihn von ungezählten Selbstbildnissen<br />
kennt, ganz in die Arbeit vertieft, den Malerhut<br />
in die Stirn gezogen, die Brille auf <strong>der</strong><br />
Nasenspitze, einen Zigarrenstummel im<br />
Mundwinkel, den Skizzenblock in <strong>der</strong> linken,<br />
den Griffel in <strong>der</strong> rechten Hand, konzentriert<br />
ein Sujet fixierend. Indem ihm<br />
Drake den Schusterjungen zugesellt, dem<br />
man auch auf einer <strong>der</strong> von Zille gezeichneten<br />
Hinterhofszenen mitten unter den an<strong>der</strong>en<br />
Zillegören begegnen kann, gestaltet er<br />
die Einheit des Malers mit seinem „Milljöh“,<br />
die enge Vertrautheit <strong>der</strong> von ihm zum<br />
Kunstobjekt gemachten Berliner „Unterschicht“<br />
mit „ihrem“ Zeichner, Karikaturisten<br />
und Fotografen.<br />
„Wat jibt’s ’n hier ze maln?“<br />
Denn <strong>der</strong> Schusterjunge hält keineswegs respektvollen<br />
Abstand. Er drängt sich, beide<br />
Hände in den Taschen und eine flotte Melone<br />
auf dem Kopf, dicht an den Meister<br />
heran und blickt ihm ungeniert über die<br />
Schulter ins Skizzenheft. Das Gesicht<br />
spricht, es ist kess und staunend zugleich:<br />
„Wat jibt’s ’n hier ze maln?“ vielleicht und<br />
„Eene Handvoll Krakel, schon weeß mer,<br />
was er meent!“ <strong>Der</strong> Junge von <strong>der</strong> Straße<br />
ahnt und empfindet, was Zilles Malerfreundin<br />
Käthe Kollwitz logisch in Worte fasst:<br />
„Er ist restlos Künstler. Ein paar Linien, ein<br />
paar Striche, ein wenig Farbe mitunter –<br />
und es sind Meisterwerke.“ Die schuf er mit<br />
bewun<strong>der</strong>nswertem Fleiß. Nicht weniger als<br />
10 bis 15 000 Porträtskizzen und Zeichnungen<br />
aus seiner Hand sind erhalten geblieben.<br />
Und doch ist Zille nach den Worten<br />
Otto Nagels „wohl <strong>der</strong> volkstümlichste,<br />
aber vielleicht auch <strong>der</strong> missverstandenste<br />
deutsche Künstler“. Zuerst musste sich <strong>der</strong><br />
aus ärmlichen Verhältnissen stammende gelernte<br />
Lithograf vom Stallgeruch des bloßen<br />
Handwerkers befreien. Immerhin war er<br />
schon 66, als er auf energische Fürsprache<br />
des Präsidenten Max Liebermann Ordentliches<br />
Mitglied <strong>der</strong> Preußischen Akademie<br />
<strong>der</strong> Künste und zum Professor ernannt wur-<br />
MAGAZIN<br />
Pinselheinrich und <strong>der</strong> Schusterjunge<br />
An Heinrich Zille, den „Pinselheinrich“, erinnert zu werden, dazu gehört in Berlin nicht viel.<br />
Zille ist Berlin, „Berlins Bester“, wie sein Zeit- und Sinnesgenosse Kurt Tucholsky schrieb:<br />
„Du wahst ein jroßa Meista. Du hast jesacht, wies is.“ Ich begegne ihm am liebsten im Köllnischen<br />
Park. Hinter dem Märkischen Museum, in dem 1928 an Zilles 70. Geburtstag die<br />
Ausstellung seines Lebenswerkes zum Wallfahrtsziel <strong>der</strong> Berliner wurde, und dem Zwinger<br />
<strong>der</strong> Wappenbären wird er dort auch zu seinem 150. im Schatten <strong>der</strong> alten Bäume stehen und<br />
„kritzeln“. <strong>Der</strong> Bildhauer Heinrich Drake (1903-1994) hatte eine geniale Idee, als er da<br />
gleich zwei unsterblichen Berlinern das sprichwörtliche Denkmal setzte: Heinrich Zille und<br />
dem Schusterjungen.<br />
de. Noch gravieren<strong>der</strong> waren die permanenten<br />
Versuche, die sozialkritische Darstellung<br />
des „Berlins von unten“ in seinen<br />
Arbeiten als reinen Ulk abzutun. In <strong>der</strong> Satirezeitschrift<br />
„Simplicissimus“ erschien eine<br />
(von einem Freund gezeichnete und gar<br />
nicht gegen ihn gerichtete) Karikatur, in <strong>der</strong><br />
ein Reichtumsprotz tönt: „Nehm se sich<br />
noch ne frische Habana, Meister Zille. Sie<br />
ham uns mit Ihren Nutten un armen Leuten<br />
imma so vill Freude jemacht!“ Zille bekannte:<br />
„Da schämte ich mich.“ Ein an<strong>der</strong>mal<br />
sagte er: „Wer über meine Witze lacht,<br />
versteht sie nicht.“ Selbstkritisch fügte er<br />
hinzu: „Denn hab ick det nich besser jekonnt.“<br />
Die Tränen hinter dem Lachen<br />
Manche seiner Volksmund gewordenen bissigen<br />
Texte, wie den von <strong>der</strong> Wohnung, mit<br />
<strong>der</strong> man einen Menschen erschlagen kann<br />
wie mit einer Axt, verdanken wir diesem<br />
Gefühl. Ein Verlag verlangte Zeichnungen<br />
des inzwischen populären und gefragten<br />
Künstlers, aber „keine Gebrechen, keine<br />
schwangeren Frauen, keine Kranken, kein<br />
Elend“. „Dann kann ich Ihnen Berlin nicht<br />
zeichnen“, antwortete er. „Es tut weh, wenn<br />
4/2007 31
Michael Bauer /<br />
Alexan<strong>der</strong> Endreß (Hrsg.)<br />
Selbstbestimmung<br />
am Ende des Lebens<br />
208 Seiten, kartoniert, Euro 16.-<br />
Schriftenreihe <strong>der</strong> Humanistischen<br />
Akademie Bayern, Band1<br />
ISBN 3-86569-018-1<br />
<strong>Der</strong> Sammelband nähert sich aus interdisziplinärer<br />
Perspektive <strong>der</strong> Problematik<br />
<strong>der</strong> Selbstbestimmung am<br />
Ende des Lebens. Dabei wird das<br />
komplexe Thema nicht auf die Frage<br />
„(Aktive) Sterbehilfe – ja o<strong>der</strong> nein?“<br />
zugespitzt. Vielmehr loten die Beiträge<br />
grundsätzliche philosophische Fragen<br />
aus, berücksichtigen sozioökonomische<br />
Aspekte und stellen interkulturelle<br />
Vergleiche an.<br />
Mit Beiträgen von Frie<strong>der</strong>-Otto Wolf,<br />
Wolfgang Putz, Norbert Hoerster,<br />
Frank Erbguth, Andreas Frewer, Isabella<br />
Jordan, Reiner Sörries, Klaus<br />
Feldmann, Georg Marckmann, Gita<br />
Neumann, Horst Groschopp, Ursula<br />
Seitz, Ludwig A. Minelli.<br />
Die Humanistische Akademie Bayern<br />
veröffentlicht in ihrer Schriftenreihe<br />
die Beiträge zu den Frühjahrstagungen<br />
sowie weiteren Veranstaltungen<br />
und Arbeitsmaterialien. Als nächster<br />
Band ist die Dokumentation eines<br />
Streitgespräch zwischen Michael<br />
Schmidt-Salomon und Joachim Kahl<br />
vorgesehen.<br />
32<br />
www.alibri.de<br />
4/2007<br />
man den Ernst als Witz verkaufen muss“,<br />
klagte Zille einmal.<br />
Max Liebermann zählte zu denen, die<br />
ihn verstanden. Er packte das in die klugen<br />
Sätze: „Tausende und aber Tausende werden<br />
achtlos und, wenn sie darauf achteten,<br />
sogar mit Abscheu an den Szenen, die Sie<br />
schil<strong>der</strong>n, vorübergehen...Sie dagegen werden<br />
von ihnen tief bewegt. Das große Mitleid<br />
regt sich in Ihnen, aber Sie beeilen sich,<br />
darüber zu lachen, um nicht gezwungen zu<br />
sein, darüber zu weinen. Wir spüren die<br />
Tränen hinter Ihrem Lachen.“ Hinter<br />
scheinbar sachlich-ruhigem Registrieren<br />
von Eindrücken „fühlen wir den warmen<br />
Pulsschlag Ihres Herzens, Ihr Mitleid mit<br />
den Armen und Elenden, mit den Verkommenen<br />
und Deklassierten“.<br />
Wer den wahren Zille erleben will, dem<br />
sei ein Besuch im seit April nach gründlicher<br />
Erneuerung wie<strong>der</strong>eröffneten Zille-Museum<br />
im Nikolaiviertel empfohlen. Dort läuft<br />
auch eine sehenswerte Arbeit <strong>der</strong> bekannten<br />
Berliner Filmemacherin Irmgart von zur<br />
Mühlen, die nicht nur ein lückenloses Bild<br />
von Zilles Leben und Werk bietet, son<strong>der</strong>n<br />
gleichzeitig seine bisher kaum gewürdigten<br />
fotografischen Arbeiten über das Leben und<br />
die Umwelt <strong>der</strong> Ärmsten durch geschickte<br />
Kombination mit dokumentarischem Filmmaterial<br />
„zum Laufen“ bringt.<br />
Das Museum gehört <strong>der</strong> privaten Heinrich-Zille-Gesellschaft.<br />
Ein staatliches o<strong>der</strong><br />
städtisches für den 80. Ehrenbürger Berlins,<br />
den wohl berlinischsten unter den zeitgenössischen<br />
Bildenden Künstlern, existiert<br />
nicht. Dabei hielt schon Tucholsky <strong>der</strong><br />
Stadt vor, „nichts, aber auch gar nicht das<br />
leiseste zu tun“, um Zilles Bil<strong>der</strong>n vom<br />
„großen Stadttheater“ eine Heimstatt zu geben.<br />
Vorbehalte gegen Zilles Kunst und<br />
Persönlichkeit sind nie ganz verschwunden.<br />
Als er eigentlich ganz gegen seine eigenen<br />
Ambitionen zu akademischen Ehren gekommen<br />
war, schrieb – Zille zitierte es<br />
genüsslich – das völkische Blatt „Fri<strong>der</strong>icus“:<br />
„<strong>Der</strong> Berliner Abort- und Schwangerschaftszeichner<br />
Heinrich Zille ist zum Mitglied<br />
<strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Künste gewählt und<br />
als solcher vom Minister bestätigt worden.<br />
Verhülle, o Muse, dein Haupt.“<br />
„Vata jeht stehl’n – icke soll beten“<br />
So lange sich Zilles Kunst als „kleinbürgerlicher<br />
Firlefanz“ wie Zillebällen, wo sich die<br />
Damen und Herren des Establishments als<br />
Luden und Huren, Bettler und Knastbrü-<br />
<strong>der</strong>, Krüppel und Marktweiber aus dem<br />
„Milljöh“ verkleideten, aber auch in Familienblättern<br />
und Illustrierten gut vermarkten<br />
ließ, versuchte man, ihn dafür gleichzeitig<br />
zu entschärfen und nutzbar zu machen.<br />
Zille durchschaute den Rummel<br />
bald, obwohl man ihm einredete, die Maskenbälle<br />
mit den Zillefiguren seien Wohltätigkeitsveranstaltungen<br />
für die Armen.<br />
„Das sollte ein Volksfest sein. Ein richtiges<br />
Volksfest!“, klagte er. „Sie aber machten<br />
eine Champagnerpropaganda daraus.“<br />
Selbst die Lobesworte des Oberbürgermeisters<br />
zu seinem 70. Geburtstag, er habe mit<br />
seinem humorvollen Wesen das Volk Berlins<br />
in die Kunst eingeführt, nahm Zille<br />
misstrauisch auf: „Sie wollen in mir nur das<br />
Volk streicheln...“<br />
Politisch war Zille stets ein Linker. Ohne<br />
sich an eine Partei zu binden, unterstützte er<br />
die „Rote Hilfe“ und die Kämpfe <strong>der</strong> Arbeiter<br />
um den Achtstundentag, nannte er sich<br />
Kommunist. Er wollte kein politischer Akteur<br />
sein, aber er empfand sich als ein Teil<br />
<strong>der</strong> Klasse, die er malte. Als er gemeinsam<br />
mit Otto Nagel, wie er ein Maler des Berliner<br />
Proletariats, das engagierte Buch „An<br />
alle“ herausgab, in dem „zum ersten Mal <strong>der</strong><br />
unverfälschte, unfrisierte Zille zu Worte“<br />
kommt, meinte er dazu: „Viele werden enttäuscht<br />
sein, sie werden sagen: Also so einer<br />
ist das! Na, – wenn sie es erst jetzt merken!“<br />
Wie in seinen Bil<strong>der</strong>n die soziale Wahrheit,<br />
so war in seinem Leben schonungslose Offenheit<br />
kein Beiwerk, son<strong>der</strong>n selbstverständlich.<br />
Heuchelei war ihm fremd. In einer<br />
Skizze weint ein Mädchen bitterlich.<br />
„Vata jeht stehl’n – icke soll beten“, lautet<br />
<strong>der</strong> Text.<br />
Ja, und noch etwas prägte sein Leben:<br />
ein aus dem tiefsten Inneren kommen<strong>der</strong><br />
Humanismus, immerwährende praktische<br />
Hilfsbereitschaft. An Autogrammjäger<br />
schrieb er: „Wenn Sie an die Frau Soundso<br />
fünf Mark schicken, dann will ich Ihnen<br />
gern meinen Namenszug zukommen lassen.“<br />
Und er kommentierte für seine Leser:<br />
„Ich habe doch immer ’ne ganze Masse armer<br />
Witwen und andre arme Lu<strong>der</strong>s.“ Das<br />
war es, was die von ihm so geliebte Diseuse<br />
Claire Waldoff in einem zum Schlager gewordenen<br />
Lied Willi Kollos vom „guten<br />
Vater Zille“ singen ließ. Er war, mag das<br />
Wort auch neuerdings zu Unrecht in Verruf<br />
geraten sein, nehmt alles nur in allem,<br />
einfach ein guter, verehrenswürdiger<br />
Mensch. ●
angesehen<br />
Gernoth Schmidt<br />
Sterben in Serbien<br />
■ Das Herz ist krank. <strong>Der</strong> zehnjährige Nemanja<br />
ist zusammengebrochen und wird<br />
ohne baldige Operation sterben. Die lebensrettende<br />
Behandlung kann in Deutschland<br />
durchgeführt werden, für 26.000 Euro.<br />
Doch Operationen im Ausland zahlt die<br />
Krankenversicherung nicht. Diese Nachrichten<br />
reißen eine Belgra<strong>der</strong> Mittelstandsfamilie<br />
aus ihrer wohl geordneten Durchschnittlichkeit.<br />
Was tun? Das Geld reicht ohnehin<br />
kaum, ein Kredit in dieser Höhe ist nicht zu<br />
bekommen, die Zeitungen sind voll von<br />
Bettelinseraten. Die Nerven liegen blank, in<br />
<strong>der</strong> Ehe knirscht es. Sie sagt es nicht, aber<br />
zeigt deutlich, dass sie Mladen, ihren Mann,<br />
für einen Versager hält, dem selbst nichts<br />
einfällt, während sie sich verzweifelt abstrampelt,<br />
eine Lösung wenigstens sucht.<br />
Doch dann erhält er das abenteuerliche Angebot<br />
eines Fremden, Operation und Reisekosten<br />
zu finanzieren ... als Gegenleistung<br />
für den Mord an einem neureichen Geschäftsmann,<br />
ohne den „die Welt ein Stück<br />
besser wäre“. Also fast eine gute Tat. Mladen<br />
lehnt zunächst ab, um sich nach einem erneuten<br />
Anfall seines Sohnes auf diesen faustischen<br />
Pakt einzulassen. Er wird morden.<br />
Aus Liebe zum Kind. Doch das Gewissen ist<br />
übermächtig, es wird Mladen nicht loslassen.<br />
Aus diesem Stoff sind antike Tragödien.<br />
Was würden wir in einer solchen Situation<br />
tun, konfrontiert mit Fragen, auf die es nur<br />
falsche Antworten gibt? Wie weit gehen wir,<br />
wenn wir Leid und Schuld ohnehin nicht<br />
ausweichen können? Könnten wir mit dem<br />
Vorwurf leben, nicht alles getan zu haben,<br />
um einen geliebten Menschen zu retten?<br />
Glück ist, nie vor eine solche Wahl gestellt<br />
zu werden.<br />
<strong>Der</strong> Film ist als Beichte angelegt. Nach<br />
<strong>der</strong> Tat will Mladen endlich das Richtige<br />
tun. Er erzählt seiner ahnungslosen Frau<br />
von dem Mord. Er sucht die Sühne. Da die<br />
Polizei sein Geständnis nicht ernst nimmt –<br />
vermutlich hält sie ihn für einen Aufschnei<strong>der</strong><br />
–, offenbart er sich schließlich <strong>der</strong> Witwe<br />
des Ermordeten, die er vom Spielplatz<br />
kennt und die zwischenzeitlich Nemanjas<br />
Operation bezahlt hat. Dass er damit quasi<br />
Selbstmord begeht, weiß er.<br />
„Klopka – Die Falle“ protokolliert die<br />
Selbstzerstörung eines im Grunde anständigen<br />
Mannes und ist zugleich das finstere<br />
Soziogramm einer Gesellschaft, die sich<br />
spaltet in eine im wahrsten Sinne des Wortes<br />
um das Leben kämpfende Mittel-, eine<br />
ohnehin verelendete Unter- und eine immer<br />
reicher und dreister werdende Oberschicht,<br />
von <strong>der</strong> niemand genau weiß, wie<br />
sie eigentlich zu dem vielen Geld kommt.<br />
Mladen, Bauingenieur in einer Firma, <strong>der</strong>en<br />
Übernahme durch einen westlichen Investor<br />
bevorsteht, hat, geprägt von sozialistischem<br />
Trott, schlechte Karten in dieser<br />
neuen Welt, <strong>der</strong>en Werte sich ausschließlich<br />
ökonomisch definieren. Zwar ist <strong>der</strong><br />
Krieg vorbei, doch in je<strong>der</strong> Szene ist den<br />
Menschen die Anstrengung anzusehen, die<br />
ihnen <strong>der</strong> Alltag abverlangt. Jede staatliche<br />
Autorität ist dahin, im Film versinnbildlicht<br />
durch eine inkompetente Polizei, die<br />
nirgends präsent ist – immerhin ist ein<br />
Mord aufzuklären. Die Regeln machen<br />
durch ihren Reichtum legitimierte, eher<br />
mehr als weniger kriminelle Oligarchen.<br />
<strong>Der</strong> aus den Trümmern des Sozialismus erwachsene,<br />
von „überkommenen“ Werten<br />
befreite neue Mensch erweist sich im entstandenen<br />
moralischen Vakuum schlimmer<br />
als <strong>der</strong> alte. Das Herz ist krank.<br />
<strong>Der</strong> Diktatur Milosevics folgte eine<br />
kaum humanere Tyrannei des Geldes, die in<br />
vergleichbarer Totalität alle Lebensbereiche<br />
zu dominieren beansprucht. Ein schönes<br />
Bild findet Regisseur Srdan Golubovic in<br />
dem bie<strong>der</strong>en Bankangestellten, <strong>der</strong> jeden<br />
Kreditwunsch penetrant lächelnd verweigert.<br />
Um den Job zu behalten, <strong>der</strong> ihn zum<br />
freundlichen Dauerlächeln verpflichtet,<br />
4/2007 33
34<br />
OPPO-VERLAG - Postfach 61 02 16, 10923 Berlin<br />
Fax: 0049 (0)30/285 08 266, www.oppo-verlag.de<br />
Neuerscheinung<br />
ISBN 978-3-926880-16-1, 160 Seiten / € 16,00<br />
<strong>Der</strong> Humanismus formuliert Positionen in freidenkerischer Form, die den<br />
Menschen als Natur- und Sozialwesen in den Mittelpunkt stellen. Die<br />
Würde des Menschen ist Ausgangs- und Endpunkt des Denkens und<br />
Handelns, sowie dessen Einmaligkeit und Individualität.<br />
Im Pazifismus ist <strong>der</strong> Leitgedanke die Ablehnung von Krieg und<br />
Gewalt und die Suche nach gewaltlosen Lösungen von<br />
zwischenstaatlichen Konflikten sowie die Überwindung von kriegerischen<br />
Ursachen in <strong>der</strong> Gesellschaft.<br />
„Kriegsdienste verweigern - Pazifismus aktuell“ will zum Handeln gegen<br />
Kriegsursachen ermutigen. In <strong>der</strong> Kritik stehen Staat und Militär, die<br />
christlichen Kirchen und an<strong>der</strong>e religiöse Formen.<br />
Die vorliegende Textsammlung präsentiert unterschiedliche libertäre und<br />
humanistische Friedens-Perspektiven.<br />
Säkulare Geschichtspolitik<br />
Herausgegeben im Auftrag <strong>der</strong> Humanistischen Akademie<br />
und mit einem Vorwort von<br />
Horst Groschopp<br />
Berlin 2007<br />
(humanismus aktuell, Heft 20)<br />
ISBN 3-937265-08-2<br />
ISSN 1433-514X<br />
Mit Beiträgen von<br />
Petra Caysa, Alexan<strong>der</strong> Endreß, Gerhard Engel, Hermann Glaser,<br />
Manfred Isemeyer, Günter Kehrer, Christian G. Langenbach,<br />
Dietrich Mühlberg, Michael Schmidt, Christine Weckwerth<br />
4/2007<br />
muss er in Kauf nehmen, leicht verhaltensgestört<br />
zu wirken. Wall Mart lässt grüßen.<br />
Die Attitüde von Mladens Auftraggeber erweist<br />
sich ebenfalls als hohle Maskerade.<br />
<strong>Der</strong> vermeintlich mächtige Strippenzieher<br />
entpuppt sich als jämmerliches Wrack, unfähig,<br />
seinen Teil <strong>der</strong> Abmachung zu erfüllen,<br />
nachdem er sein Unglück wie einen Virus<br />
verbreitet hat.<br />
Golubovic inszeniert die Tragödie langsam,<br />
aber mit unerbittlicher Konsequenz.<br />
Seine Regie drängt sich nie in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />
Doch gerade weil er seine Kausalkette<br />
so modellhaft entwickelt, ist <strong>der</strong> Ablauf<br />
vorhersehbar. Bei solch exemplarischer<br />
Konstruktion sollte alles stimmen, doch<br />
lei<strong>der</strong> gibt es einen logischen Fehler. Woher<br />
nämlich hat <strong>der</strong> ominöse Auftraggeber<br />
von Mladens Geständnis bei <strong>der</strong> Polizei erfahren,<br />
war er doch als insolventer Einzeltäter<br />
sicher nicht mit korrupten Beamten<br />
vernetzt? Selbst die permanente Überwachung<br />
seines „Werkzeugs“ könnte diese<br />
Schlussfolgerung nicht erklären, denn Anlass<br />
von Mladens Anwesenheit auf <strong>der</strong> Wache<br />
war eine heftige Schlägerei. Schade zudem,<br />
dass die Glaubwürdigkeit <strong>der</strong> Fabel<br />
durch die „zufällige“ Bekanntschaft des<br />
Täters mit <strong>der</strong> Frau seines Opfers überstrapaziert<br />
wird.<br />
Doch die Stärken des Films – Kandidat<br />
für den Oscar und den Europäischen Filmpreis<br />
– überwiegen. Er hat Substanz. Es gelingt<br />
ihm, das Schweigen hörbar zu machen<br />
und das Atmen. Die Kamera ist auf kalten<br />
Fluren, in schäbigen Zimmern und auf regnerischen<br />
Straßen zu Hause, sie beobachtet<br />
nüchtern. Ihr Radius ist so eng wie <strong>der</strong><br />
Handlungsspielraum <strong>der</strong> Figuren, nie fängt<br />
sie einen weiten Horizont ein. Die musikalische<br />
Begleitung ist unaufdringlich-eindringlich,<br />
superb. Geradezu frösteln macht<br />
die Präzision, mit <strong>der</strong> gezeigt wird, wie ein<br />
hilfloser Mensch alles verliert, seine Wertvorstellungen,<br />
seine Familie, sein gutes Gewissen.<br />
Indem er erkennt, dass ihn keine<br />
Seife reinigt und er am Verheimlichen erstickt,<br />
stirbt er wenigstens in Würde.<br />
Letztlich ist die Bilanz negativ. Statt Leben<br />
für Leben zu tauschen, sind am Ende<br />
mindestens vier Augen verloschen. Und<br />
<strong>der</strong> sensible Nemanja – <strong>der</strong> schon darunter<br />
litt, dass sich die Eltern seinetwegen zerstritten<br />
und trennten – wird diese erdrückende<br />
Hypothek sein Leben lang mit<br />
sich tragen. Man darf vermuten: Das Herz<br />
bleibt krank. ●
Super-Moslem<br />
New-York – Eine neue Comic-Serie<br />
verbreitet sich mit großem Erfolg<br />
in arabischen und islamischen<br />
Län<strong>der</strong>n. Nicht mehr X-Men, Super-<br />
o<strong>der</strong> Spi<strong>der</strong>man, son<strong>der</strong>n 99<br />
Darsteller, die auf den „99 Namen<br />
Gottes“ beruhen, sollen jungen Lesern<br />
die Werte des Islam näher<br />
bringen. Angefangen vom „Einzigen“<br />
und „Mächtigen“ bis hin zum<br />
„Allwissenden“ und „Barmherzigen“.<br />
An<strong>der</strong>e Namen erinnern<br />
mehr an fernöstliche Gottheiten<br />
wie <strong>der</strong> „Lebensspendende“ und<br />
<strong>der</strong> „Erhaltende“ – aber auch <strong>der</strong><br />
„Vergelter“ und <strong>der</strong> „Tötende“. In<br />
den Serien bekommen die Fans<br />
eine Reihe junger Menschen präsentiert,<br />
die aus unterschiedlichen<br />
Ethnien kommen. Jabbar (<strong>der</strong><br />
Mächtige) ist ein Muskelpaket aus<br />
Saudi-Arabien, die schwarzhaarige<br />
Schönheit Noora (das Licht)<br />
stammt aus den Arabischen Emiraten.<br />
Die tödliche Mumita ist aus<br />
Portugal, <strong>der</strong> schmächtige Bari (<strong>der</strong><br />
Heiler) aus Südafrika, Hadya (die<br />
Wegfin<strong>der</strong>in) ist eine attraktive pakistanisch-britische<br />
Mischung und<br />
Soora (die Organisatorin) Afro-<br />
Amerikanerin.<br />
Produzent Naif Al-Mutawa weiß<br />
natürlich um die möglichen Fallstricke,<br />
beson<strong>der</strong>s nach dem heftigen<br />
Streit um die Karikaturen des<br />
Propheten reagieren viele Muslime<br />
empfindlich. Daher spielen we<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Prophet selbst, noch islamische<br />
Riten wie das Gebet o<strong>der</strong> das Fasten<br />
in <strong>der</strong> Serie eine Rolle.<br />
Schuldzuweisung<br />
Lincoln – Ernie Chambers, religionskritischer<br />
Abgeordneter des<br />
Parlaments im US-Staat Nebraska,<br />
hat eine Strafanzeige gegen<br />
Gott gestellt. Er macht geltend,<br />
dass er Angst verbreite und „unter<br />
Abermillionen von Erdbewohnern<br />
Tod, Zerstörung und Terror“ verursacht<br />
habe. Eingereicht wurde<br />
die Klage im Bezirk Douglas.<br />
Chambers hält das dortige Gericht<br />
für zuständig, da Gott überall sei.<br />
Gott habe Wirbelstürme, Überschwemmungen<br />
und Tornados<br />
verursacht, erklärte Chambers.<br />
Dies wolle er jetzt wenigstens mit<br />
einer einstweiligen Verfügung<br />
stoppen. <strong>Der</strong> Senator will mit seinem<br />
Vorstoß nach eigenen Angaben<br />
das amerikanische Rechtswesen<br />
anprangern, in dem je<strong>der</strong> jeden<br />
verklagen könne.<br />
KREUZ & QUER<br />
Unblutig<br />
Kassel – Bei <strong>der</strong> Kostenerstattung<br />
für Krankentransporte kommt es<br />
allein auf medizinische Erwägungen<br />
und nicht auf Glaubensfragen<br />
an. In einem Anfang November<br />
verkündeten Urteil des Bundessozialgerichts<br />
(BSG) in Kassel lehnten<br />
die obersten Sozialrichter die Erstattung<br />
von 4950 Euro für einen<br />
Hubschrauberflug ab, <strong>der</strong> notwendig<br />
wurde, weil ein Zeuge Jehovas<br />
sich nur ohne Bluttransfusionen in<br />
einem an<strong>der</strong>en Krankenhaus operieren<br />
lassen wollte. (Az: B 1 KR<br />
11/07 R)<br />
<strong>Der</strong> Mann wurde im Frühjahr<br />
2002 mit Brustschmerzen in eine<br />
Klinik in Augsburg eingeliefert.<br />
Dort stellten die Ärzte eine Verletzung<br />
<strong>der</strong> Hauptschlaga<strong>der</strong> fest, die<br />
dringend operiert werden musste.<br />
Die 170.000 Zeugen Jehovas in<br />
Deutschland lehnen bei Operationen<br />
Bluttransfusionen ab. Mangels<br />
ausreichend geschulten Personals<br />
lehnte das Augsburger Krankenhaus<br />
dies ab. Das Klinikum Fulda<br />
sah dagegen in einer solchen Operation<br />
kein Problem. Wegen <strong>der</strong> gebotenen<br />
Eile wurde <strong>der</strong> Mann per<br />
Hubschrauber dorthin verlegt.<br />
Die Operation in Fulda verlief erfolgreich<br />
und wurde von <strong>der</strong> Krankenkasse<br />
bezahlt. Auf den Kosten<br />
für den Flug blieb <strong>der</strong> Zeuge Jehovas<br />
jedoch sitzen. Mit seiner Klage<br />
hatte er nun auch vor dem BSG keinen<br />
Erfolg. Wer das Krankenhaus<br />
wechseln wolle, obwohl er die medizinisch<br />
notwendige Behandlung<br />
auch vor Ort erhalten könne, müsse<br />
für die Kosten <strong>der</strong> Verlegung<br />
selbst aufkommen, urteilten die<br />
Kasseler Richter. Daran än<strong>der</strong>e<br />
auch die Religionsfreiheit nichts.<br />
Deutschland sucht den<br />
Superpfarrer<br />
Frankfurt / Main – Die katholische<br />
Kirche hat ein Casting für Prediger<br />
organisiert, um bei ihren<br />
Fernseh-Gottesdiensten künftig frische<br />
Gesichter auf dem Bildschirm<br />
präsentieren zu können. Die Arbeitsstelle<br />
Katholische Fernseharbeit<br />
<strong>der</strong> Deutschen Bischofskonferenz<br />
kündigte in Frankfurt eine<br />
entsprechende Initiative an. Bewerber<br />
könnten ein selbst gedrehtes<br />
Kurzvideo einreichen o<strong>der</strong> sich beispielsweise<br />
bei <strong>der</strong> Predigt filmen<br />
lassen, hieß es. „Es fehlt an Theologen,<br />
die die katholische Kirche im<br />
Fernsehen vertreten“, stellten die<br />
Organisatoren fest. Mitmachen<br />
dürfen Priester, Ordensleute, aber<br />
auch Laien, die „im Idealfall: kompetent,<br />
engagiert, fotogen, authentisch,<br />
eloquent und fähig in freier<br />
Rede“ sind. Eine Jury wählt im Dezember<br />
drei Gewinner aus. Sie dürfen<br />
entwe<strong>der</strong> ihren Sonntagsgottesdienst<br />
im ZDF übertragen lassen,<br />
einen „Verkündigungsbeitrag“ bei<br />
Sat.1 mo<strong>der</strong>ieren o<strong>der</strong> den „Tagessegen“<br />
im Internet gestalten.
<strong>Der</strong> „Humansozialist“ Ossip<br />
K. Flechtheim<br />
Zeitgeschichte anhand <strong>der</strong> Biografie<br />
bekannter Persönlichkeiten zu<br />
betrachten, erhellt nicht nur die<br />
Motive des Denkens und Handelns<br />
des Portraitierten. Wenn persönliche<br />
Lebensgeschichte und allgemeine<br />
Zeitgeschichte zu einem gemeinsamen<br />
Bild zusammengefügt<br />
werden, wird dem Leser im Nachhinein<br />
auch <strong>der</strong> Rückblick auf eigene<br />
Denkbewegungen (selbst)verständlicher.<br />
Dies gilt umso mehr,<br />
wenn er sich in den Hoffnungen,<br />
Einsichten und auch manchen Irrtümern<br />
des Portraitierten selbst erkennt.<br />
<strong>Der</strong> Potsdamer Historiker<br />
Mario Kessler hat mit <strong>der</strong> Biografie<br />
des Politikwissenschaftlers, Zukunftsdenkers<br />
und Humanisten<br />
Ossip K. Flechtheim einen solchen<br />
Reflektionsanstoß vorgelegt.<br />
Flechtheim, <strong>der</strong> 1909 in einem säkularen<br />
deutsch- und russisch-jüdischen<br />
Elternhaus in Odessa geboren<br />
wurde, studierte in Freiburg, Heidelberg,<br />
Paris und Berlin und promovierte<br />
schließlich als Jurist in<br />
Köln zu Hegels Strafrechtstheorie.<br />
Die Emigration führte ihn über die<br />
Schweiz in die USA. Nach diversen<br />
kürzeren Deutschlandaufenthalten<br />
ab 1945 kam er 1951/52 dauerhaft<br />
zurück nach Deutschland und wurde<br />
Professor für Politische Wissenschaft<br />
in Berlin. Er war zunächst<br />
Kommunist, später Sozialdemokrat,<br />
dann Mitglied <strong>der</strong> Berliner Alternativen<br />
Liste bzw. <strong>der</strong> Grünen. Seine<br />
wissenschaftliche Arbeit galt <strong>der</strong><br />
Kommunismus- und Parteienforschung<br />
und schließlich, ab Anfang<br />
<strong>der</strong> 70er-Jahre, <strong>der</strong> Zukunftsforschung.<br />
Das Bild <strong>der</strong> Futurologie in<br />
Deutschland prägte er maßgeblich.<br />
Weniger bekannt – und in <strong>der</strong> Biografie<br />
auch nicht erwähnt – ist seine<br />
Mitgliedschaft im Deutschen<br />
Freidenkerverband bzw. im Humanistischen<br />
<strong>Verband</strong> Deutschlands<br />
seit den 50er-Jahren. Diese Mitgliedschaft<br />
war in mehrfacher Hinsicht<br />
konsequent: Flechtheim war<br />
bekennend areligiös und seine Vision<br />
eines ethisch begründeten Sozialismus<br />
jenseits von Marxismus<br />
o<strong>der</strong> Christentum „passte“ durchaus<br />
in einen <strong>Verband</strong>, <strong>der</strong> es sich<br />
auch im antikommunistischen<br />
West-Berlin <strong>der</strong> 50er- und 60er-<br />
Jahre nicht nehmen ließ, die progressiven<br />
Traditionen <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />
– etwa in seinem Lebenskundeunterricht<br />
o<strong>der</strong> in den<br />
Angeboten zur Jugendweihe – offensiv<br />
zu propagieren.<br />
36<br />
4/2007<br />
AUSLESE<br />
Für Humanisten, die heute Fragen<br />
nach den Konsequenzen <strong>der</strong> eigenen<br />
Ethik für praktische Politik<br />
stellen, bietet Flechtheims Denken<br />
wichtige Anregungen. So ist sein<br />
Festhalten am Sozialismus als erfor<strong>der</strong>licher<br />
Systemalternative zum<br />
selbstzerstörerischen Kapitalismus<br />
immer verbunden gewesen mit einer<br />
eindeutigen Kritik am „Cäsarismus“<br />
des Realsozialismus’ sowjetischer<br />
Prägung. Dabei ging er in seiner<br />
Analyse <strong>der</strong> Ursachen für die<br />
Entwicklung in <strong>der</strong> Sowjetunion<br />
und ihren „Bru<strong>der</strong>staaten“ einerseits<br />
weiter als zeitgenössische marxistische<br />
Denker, in dem er den im<br />
marxschen Denken angelegten Geschichtsdeterminismus<br />
kritisierte,<br />
ohne jedoch an<strong>der</strong>erseits in den<br />
Antikommunismus des damaligen<br />
Zeitgeistes zu verfallen. Diese Eigenständigkeit<br />
im Denken und die<br />
– trotz aller Skepsis – im Kern optimistische<br />
Zukunftszugewandtheit<br />
<strong>der</strong> Futurologie wünscht man sich<br />
heute, wenn Politikwissenschaft affirmativ-technokratische<br />
Expertise<br />
zu allen möglichen Themen liefert,<br />
ohne die ethische Dimension des<br />
eigenen Handelns zu reflektieren.<br />
Im März 2008 steht <strong>der</strong> zehnte Todestag<br />
von Ossip K. Flechtheim an,<br />
ein Jahr später sein hun<strong>der</strong>tster Geburtstag.<br />
Es wird Zeit, sein Denken<br />
auch inhaltlich stärker zu würdigen<br />
und auf seine Zukunftstauglichkeit<br />
für einen mo<strong>der</strong>nen Humanismus<br />
hin zu prüfen, nachdem man mit<br />
dem Ossip-K.-Flechtheim-Preis<br />
bereits eine Verbeugung vor dem<br />
Erbe des geistigen Begrün<strong>der</strong>s des<br />
„Humansozialismus“ gemacht hat.<br />
Gregor Ziese-Henatsch<br />
Kessler, Mario: Ossip K. Flechtheim.<br />
Politischer Wissenschaftler<br />
und Zukunftsdenker (1909-<br />
1989). – Köln [u.a.] : Böhlau-<br />
Verlag, 2007. – 295 S. – 39,90<br />
Euro<br />
Vom Ende <strong>der</strong> Gottesidee<br />
Die Zahl <strong>der</strong> Bücher, in denen sich<br />
Atheisten mit Gott herumschlagen,<br />
nimmt zu, wie das Bedürfnis, sol-<br />
che Schriften zu lesen. Mit einem<br />
umfänglichen Buch, dem man lebenslanges<br />
Nachdenken anmerkt,<br />
meldet sich <strong>der</strong> Philosoph und Psychologe<br />
Ernst F. Salcher zu Wort.<br />
Es ist dem Autor unbegreiflich, wie<br />
dreitausend Jahre alte Gottesbil<strong>der</strong><br />
noch in einer Zeit geglaubt werden,<br />
in <strong>der</strong> allgemein zugängliche naturwissenschaftliche<br />
Befunde jedes<br />
Bild von einem allmächtigen, allgütigen<br />
und allwissenden Gott wi<strong>der</strong>legen.<br />
Von dieser Idee ausgehend,<br />
befragt Salcher die wichtigsten<br />
Religionen nach ihrem Gottesbild<br />
und liefert ein gründlich<br />
durchdachtes Plädoyer für einen<br />
auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Zeitgedanken stehenden<br />
Atheismus.<br />
Wohltuend für die Leserschaft ist<br />
die Unaufgeregtheit, in <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s<br />
Mono-Theismen, und hier beson<strong>der</strong>s<br />
die christlichen Kirchen,<br />
kritisiert werden. In allen Abschnitten<br />
werden den Lesern weiterführende<br />
Fragen gestellt. Das gesamte<br />
Buch ist gekennzeichnet von<br />
Sachlichkeit, Argumentationsliebe,<br />
Liberalität und Humanität – aber<br />
auch klarem atheistischem Bekenntnis.<br />
Das schließt Offenheit<br />
gegenüber den Argumenten <strong>der</strong> religiösen<br />
Wi<strong>der</strong>sacher ein, um sie zu<br />
wi<strong>der</strong>legen. <strong>Der</strong> Drang zur Vollständigkeit<br />
zwingt zur Kompaktheit,<br />
dröselt innere Wi<strong>der</strong>sprüche<br />
nicht auf.<br />
Sowohl Phänomene <strong>der</strong> Religionen,<br />
wie des Glaubens werden vorwiegend<br />
als Erscheinungen des<br />
Geisteslebens genommen, bis hin<br />
zum Ernstnehmen von <strong>der</strong>en<br />
Wortlaut. Da stimmt dann das „Fazit:<br />
Alle zentralen Inhalte <strong>der</strong> Religionen<br />
entziehen sich einer naturwissenschaftlichen<br />
o<strong>der</strong> logischen<br />
Überprüfbarkeit. Es bleibt nur die<br />
Möglichkeit zu glauben!“<br />
Nun liegt aber gerade im Glauben<br />
(im Wissen, dass die eigenen Annahmen<br />
richtig sind) die kulturelle<br />
Kraft je<strong>der</strong> Religion o<strong>der</strong> Weltanschauung.<br />
Kulturen sind zwar wissenschaftlich<br />
analysierbar, aber auf<br />
diese Weise nicht wi<strong>der</strong>legbar o<strong>der</strong><br />
gar bewertbar. Das ist die Crux des<br />
„alten“ wie des „neuen“ Atheismus:<br />
Außerhalb <strong>der</strong> Gotteswi<strong>der</strong>legungen<br />
fangen die Probleme erst an, ob<br />
man das nun Glauben, Überzeugungen,<br />
Menschenbil<strong>der</strong>, Alltagswissen,<br />
Kulturanschauungen o<strong>der</strong><br />
sonst wie nennt. Das thematisiert<br />
<strong>der</strong> Autor zwar nicht, aber es bewegt<br />
ihn sichtlich auf seinem gedanklichen<br />
Weg hin zu den „Sittengesetzen“.<br />
Nachdem er umfangreich<br />
Religionskritik übt, die ihn zu
den Koryphäen des mo<strong>der</strong>nen<br />
Atheismus führt und diese sprechen<br />
lässt, betreibt er „Weltanschauungsproduktion“,<br />
nämlich die<br />
Übersetzung evolutionstheoretischer,<br />
beson<strong>der</strong>s evolutionsbiologischer<br />
Erkenntnisse in Lebensgewissheiten.<br />
Es geht um die Entstehung<br />
von Weltall, Erde, Mensch. Diese<br />
begründeten Welt-Ansichten ohne<br />
Religion und Gottesglauben empfiehlt<br />
Salcher seinen Lesern in bild-<br />
Michael Bauer<br />
Wo bitte geht’s zu<br />
Gott?<br />
Zurückhaltend ist die Werbung<br />
für das neue Bil<strong>der</strong>buch von<br />
Michael Schmidt-Salomon und<br />
Helge Nyncke „Wo bitte geht’s zu<br />
Gott?, fragte das kleine Ferkel“<br />
nicht gerade. Das „frechste Kin<strong>der</strong>buch<br />
aller Zeiten“ sei es, so <strong>der</strong><br />
Humanistische Pressedienst. <strong>Der</strong><br />
„Dawkins for Kids“ als „Erste-Hilfe-Set<br />
für genervte Eltern“. Ein<br />
„subversiver Erwachsenencomic“<br />
ebenso wie ein „Heidenspaß für<br />
Groß und Klein“.<br />
Hält das Buch, was es verspricht?<br />
In gewisser Weise schon: Es liegt<br />
ganz auf <strong>der</strong> kirchen- und religionskämpferischen<br />
Linie, die ein<br />
gewisser Teil <strong>der</strong> freigeistigen Szene<br />
traditionell und nicht ohne<br />
Recht vertritt. Ich frage mich nur:<br />
Ist dafür ein Kin<strong>der</strong>buch <strong>der</strong> rechte<br />
Ort?<br />
An <strong>der</strong> grafischen Qualität jedenfalls<br />
gibt es nichts zu mäkeln.<br />
Schon beim ersten Durchblättern<br />
fallen die sorgfältigen und für Kin<strong>der</strong><br />
bis circa sechs Jahren sicher altersgerechten<br />
Zeichnungen auf,<br />
auch wenn <strong>der</strong> Text sich gewiss an<br />
etwas ältere Kin<strong>der</strong> wendet. Bei<br />
näherem Hinsehen allerdings<br />
stellt sich schon die Frage, ob<br />
denn tatsächlich die Darstellung<br />
jedes <strong>der</strong> vorkommenden Religionsgelehrten<br />
– des Rabbis, des Bischofs,<br />
des Muftis – so zornig und<br />
Furcht einflößend hat ausfallen<br />
müssen. Man könnte ja meinen,<br />
die Autoren des Büchleins sähen<br />
alle Priester prinzipiell nicht nur<br />
als Dunkelmänner, son<strong>der</strong>n auch<br />
als Schreckgestalten. In merkwürdigem<br />
Kontrast dazu steht die immer<br />
wie<strong>der</strong>holte Aussage, diese allesamt<br />
zähnefletschenden Angstmacher<br />
trügen „lustige“ Klei-<br />
hafter Sprache. Er beschreibt sie als<br />
vernünftig, als Ansichten, die<br />
glaubhaft sind. Alle Ideen – auch<br />
die über Gott o<strong>der</strong> Götter – unterliegen<br />
Evolutionen und Revolutionen.<br />
So kann auch <strong>der</strong> Gottglaube<br />
letztlich an sein Ende kommen, obwohl<br />
heute noch vielleicht mehr als<br />
Hälfte <strong>der</strong> Menschheit einen Architekten<br />
Gott für wahr hält. Das<br />
von diesen Menschen ganz persönlich<br />
zu lösende Problem dabei ist<br />
dungsstücke, vor allem Kopfbedeckungen.<br />
Persönlich finde ich<br />
we<strong>der</strong> eine Bischofskäppchen<br />
noch einen schwarzen Hut beson<strong>der</strong>s<br />
lustig. Aber über Humor lässt<br />
sich eben nicht streiten.<br />
Grässliche Gestalten in<br />
lustiger Bekleidung<br />
<strong>Der</strong> Plot ist schnell erzählt. Das<br />
kleine Ferkel und <strong>der</strong> kleine Igel<br />
wollen sich Äpfel pflücken, treten<br />
vor ihr Haus, finden dort ein Plakat:<br />
„Wer Gott nicht kennt, dem<br />
fehlt etwas!“ Sie kennen Gott nicht<br />
und machen sich auf die Suche<br />
nach ihm. Schließlich finden Sie<br />
auf einem Berg drei Gotteshäuser<br />
mit den dazugehörigen Priestern.<br />
<strong>Der</strong> Rabbi („mit einem lustigen<br />
Hut“) erschreckt sie mit <strong>der</strong> grässlichen<br />
Geschichte von <strong>der</strong> Sintflut<br />
und erklärt ihnen, nur <strong>der</strong> jüdische<br />
Gott sei <strong>der</strong> tatsächliche, alle an<strong>der</strong>en<br />
eingebildet. Als sie ihn fragen,<br />
ob er sich da denn ganz sicher<br />
ist, verjagt er sie. Fazit <strong>der</strong> beiden:<br />
<strong>Der</strong> jüdische Gott ertränkt kleine<br />
Meerschweinchen. Dann treffen<br />
sie den katholischen Bischof („lustiges<br />
lila Käppchen“). Er erschreckt<br />
sie mit dem toten Jesus<br />
und seinem Blut. Als das Ferkel<br />
hungrig ein paar Hostien isst, herrscht<br />
es <strong>der</strong> Bischof an, diese seien<br />
das „Fleisch Jesu“. Die beiden ergreifen<br />
die Flucht, denn: „Das sind<br />
Menschenfresser“, und sie wollen<br />
auch nicht auf dem Teller landen.<br />
Als drittem Priester begegnen sie<br />
dem Mufti (hat „sich ein Tuch<br />
über den Kopf gezogen“, das „den<br />
kleinen Igel ein wenig an seine<br />
Großmutter Elfriede erinnerte“).<br />
Er erklärt ihnen, um Gott zu finden,<br />
müssten sie fünfmal am Tag<br />
beten und sich ebenso oft waschen.<br />
Das ist den beiden Tieren<br />
nicht recht, und mit <strong>der</strong> Vermutung,<br />
dass Mohammed gar kein<br />
Prophet gewesen sei, son<strong>der</strong>n die<br />
Gläubigen nur auf den Arm ge-<br />
die Entscheidung für o<strong>der</strong> gegen<br />
bestimmte Sittengesetze – <strong>der</strong>en<br />
Anwendungen, weniger um <strong>der</strong>en<br />
Begründungen. Lebensweisen sind<br />
wenig durch Akte wissenschaftlichen<br />
Erkennens gesteuert. Menschen<br />
handeln vielmehr innerhalb<br />
ihrer kulturellen Zwänge. Eine „naturalistische“<br />
Strömung in säkularen<br />
Organisationen befürwortet<br />
nun – beson<strong>der</strong>s in Distanz zu Religionen<br />
– neue Varianten einer<br />
nommen hätte, ergreifen sie vor<br />
den aufgebrachten Muslimen die<br />
Flucht. Draußen prügeln sich die<br />
drei Priester und streiten sich darüber,<br />
wer die heißeste Hölle habe.<br />
(Da fehlt eigentlich noch eine vierte<br />
Gestalt in <strong>der</strong> Rauferei: ein<br />
ebenfalls zähnefletschen<strong>der</strong> atheistischer<br />
Kirchenkämpfer, <strong>der</strong> es<br />
mit allen dreien um seiner Wahrheit<br />
Willen aufnimmt.) Das Ferkel<br />
und <strong>der</strong> Igel gehen zurück zu<br />
ihrem Haus und stellen fest, dass<br />
ihnen Gott mit seinen „komischen<br />
Dienern“ gestohlen bleiben kann.<br />
Fazit: „Wer Gott kennt, dem fehlt<br />
etwas – nämlich hier oben.“<br />
Grober Keil schlägt groben<br />
Klotz<br />
Alles richtig. Die mör<strong>der</strong>ische Intoleranz<br />
<strong>der</strong> monotheistischen Religionen,<br />
die wi<strong>der</strong>lichen Vernichtungsorgien<br />
<strong>der</strong> Bibel, die traumatisierende<br />
Schmerz- und<br />
Blutästhetik des Christentums<br />
und die übertriebene Erregbarkeit<br />
mancher Muslime. Dem „religiös<br />
Unmusikalischen“ kommt in <strong>der</strong><br />
Tat vieles im Glauben höchst<br />
merkwürdig vor, manches auch<br />
richtiggehend verrückt und einiges<br />
wirklich gefährlich. Und es ist<br />
natürlich zulässig und sogar notwendig,<br />
sich darüber lustig zu machen.<br />
Aber was für ein Bild von<br />
Religion und religiösen Menschen<br />
soll den kindlichen LeserInnen<br />
mit diesem Buch eingeprägt werden?<br />
Die Gläubigen sind ausschließlich<br />
entwe<strong>der</strong> als graue, freudlose<br />
Masse o<strong>der</strong> in Furcht einflößen<strong>der</strong><br />
Körperhaltung mit zähnefletschen<strong>der</strong><br />
Grimasse dargestellt.<br />
Sollte es bei Kin<strong>der</strong>büchern<br />
überhaupt um einen mit solch<br />
harten Bandagen ausgefochtenen<br />
Weltanschauungskampf gehen –<br />
wäre wohlverpackte Aufklärung<br />
nicht besser? Ich gebe es zu: Mir ist<br />
das milde Lächeln über die Skurrilitäten<br />
des Glaubens lieber als<br />
„wissenschaftlichen Weltanschauung“<br />
als Bindekraft einer atheistischen<br />
Ethik. Gerade deshalb ist das<br />
Buch zu empfehlen. Es stellt die Position<br />
dieser Kulturanschauung<br />
vom evolutionären Humanismus<br />
nahezu geschlossen vor.<br />
Horst Groschopp<br />
Salcher, Ernst F.: Gott? Das Ende<br />
einer Idee. – Frankfurt a.M. :<br />
VAS-Verlag, 2007. – 425 S., –<br />
22,80 Euro<br />
<strong>der</strong> Holzhammer, <strong>der</strong> den groben<br />
Keil in den groben Klotz schlägt.<br />
Harsche Zuspitzung <strong>der</strong><br />
Religionskritik<br />
Vermutlich ist es diese allzu harsche<br />
Zuspitzung <strong>der</strong> Religionskritik<br />
und die Überheblichkeit dem<br />
Religiösen gegenüber, die mein<br />
Unwohlsein an dem Büchlein ausmacht.<br />
An<strong>der</strong>erseits: Wer christliche<br />
Kin<strong>der</strong>indoktrinationsfibeln<br />
ansieht, <strong>der</strong> findet auch dort wenig<br />
Zurückhaltung. Warum also<br />
nicht mit gleichem Kaliber<br />
zurückschießen? Und schließlich<br />
haben Rabbis ja wirklich schwarze<br />
Locken, Vollbärte und große Nasen,<br />
o<strong>der</strong>? Ich bin aus Nürnberg,<br />
da kennt man sich historisch mit<br />
solchen Darstellungen aus... Ups,<br />
war das übertrieben? Entschuldigung!<br />
Darf ich diese Assoziation<br />
haben? Kommt es auf den Kontext<br />
einer karikaturhaften Darstellung<br />
an? O<strong>der</strong> vielleicht doch<br />
nicht? Ist ja nur Spaß, ein „Heidenspaß“<br />
eben... Aber würden wir<br />
wollen, dass so über uns geschrieben<br />
wird? Mit respektvollem Umgang<br />
miteinan<strong>der</strong> und Toleranz<br />
gegenüber dem An<strong>der</strong>sdenkenden<br />
hat das Werk jedenfalls wenig zu<br />
tun. Das will es wohl auch nicht –<br />
schließlich ist es ja das „frechste<br />
Kin<strong>der</strong>buch aller Zeiten“. Deshalb<br />
eignet es sich allenfalls für<br />
den Privatgebrauch. Als pädagogisches<br />
Arbeitsmittel etwa in einer<br />
Kin<strong>der</strong>tagesstätte dürfte es nicht<br />
in Frage kommen. Schließlich sollen<br />
dort die Kin<strong>der</strong> bei allen <strong>Unterschied</strong>lichkeiten<br />
zu eben jenem<br />
respektvollen Miteinan<strong>der</strong> erzogen<br />
werden, <strong>der</strong> sich im „Dawkins<br />
for Kids“ so gar nicht findet.<br />
Aber für Bedenken tragende und<br />
Skrupel wälzende Erwachsene ist<br />
das Buch nicht geschrieben. Was<br />
sagt die eigentliche Zielgruppe?<br />
Ein Praxistest zu Hause ergibt: Sie<br />
lacht. Na dann.<br />
4/2007 37
38<br />
Mitteilung des Herausgebers<br />
Bezieher von diesseits sind in aller Regel auch<br />
selbst diesseits-orientiert. Sie wissen, dass ringsum<br />
die Preise für Druckerzeugnisse steigen, sei es, weil<br />
das Papier teurer wurde o<strong>der</strong> die Mehrwertsteuererhöhung<br />
zuschlägt. Das geht an uns nicht vorbei.<br />
<strong>Der</strong> Herausgeber von diesseits hat vor allem<br />
darauf zu achten, dass unsere Zeitschrift weiter regelmäßig<br />
erscheint und möglichst die Kosten gedeckt<br />
sind. Das hat uns nun gezwungen – nach<br />
vielen Jahren <strong>der</strong> Stabilität – ebenfalls den Verkaufspreis,<br />
wie wir meinen mo<strong>der</strong>at, heraufzusetzen<br />
und zwar gleichmäßig um 1 Euro pro Jahr.<br />
4/2007<br />
Aussprache<br />
Generationenprojekt<br />
Liebe Humanistinnen und Humanisten,<br />
Allerorten wird über an<strong>der</strong>e Wohnformen<br />
nachgedacht und diskutiert.<br />
Überall entstehen neue Gemeinschaften,<br />
die dies unter den verschiedensten<br />
Prioritäten verwirklichen. Einen ersten<br />
Anlauf habe ich gemacht, Humanisten<br />
für ein altersgemischtes<br />
Wohnprojekt zu begeistern. Die wenigen<br />
Menschen, die Resonanz gaben,<br />
waren interessiert, aber die Gruppe<br />
ist für ein Treffen noch zu klein, weil<br />
sich bisher nur ältere Menschen gemeldet<br />
haben. Hier sollen sich auch<br />
Jüngere, die (wie<strong>der</strong>) an „freidenken<strong>der</strong><br />
Großfamilie“ interessiert sind,<br />
angesprochen fühlen, egal, ob Singles<br />
o<strong>der</strong> Paare mit und ohne Kin<strong>der</strong>. Ich<br />
denke, dass <strong>der</strong> Humanismus eine<br />
Gruppe von Menschen einen kann<br />
und dass innerhalb einer grünen und<br />
begrünten Wohnungsbaugenossenschaft<br />
ein Wohnprojekt entstehen<br />
kann, in dem Jung und Alt, gut –<br />
o<strong>der</strong> meist weniger gut – betuchte<br />
Mitglie<strong>der</strong> des HVD gemeinsam<br />
wohnen können. Sie können dort in<br />
ihrem Kiez auch sozial tätig werden,<br />
Humanismusgedanken in die Nachbarschaft<br />
tragen, für die Patientenverfügung<br />
werben und natürlich einan<strong>der</strong><br />
unterstützen.<br />
Wer sich angesprochen fühlt, melde<br />
sich bitte unter 030 84410629.<br />
Franziska Kohlmeyer-Lemke, Berlin<br />
<strong>Der</strong> HVD ist auch einschläfernd,<br />
weil bei ihm eine Plattform für<br />
geistige Auseinan<strong>der</strong>setzungen<br />
fehlt, er also zu brav ist im Gegensatz<br />
zum Internationalen<br />
Bund <strong>der</strong> Konfessionslosen und<br />
Atheisten (IBKA), um ein Beispiel<br />
zu nennen. Und wenn man die<br />
Zeitschrift „diesseits“ des HVD<br />
in die Hände nimmt, hat man<br />
das Gefühl, als ob hier eine Selbstbeweihräucherung<br />
stattfindet,<br />
weil laufend von Humanismus<br />
und Humanisten die Rede ist.<br />
Heinz Gremer<br />
Aus dem Rundbrief 3/07, Bund<br />
für Geistesfreiheit (bfg) Kulmbach/Bayreuth<br />
Noch ein Wort zur<br />
„Schwatzgesellschaft“<br />
Zur Rezension „Gott sei Dank“<br />
(diesseits 80/2007)<br />
Heinz-Florian Oertels „Gott sei<br />
Dank. Schluss mit <strong>der</strong> Schwatzgesellschaft“<br />
hatte ich wie viele seiner<br />
langjährigen Fans (nicht umsonst<br />
wurde es ein Bestseller) mit Spannung<br />
erwartet. Teilweise enttäuschte mich<br />
das Buch dann, weil Oertels Antwort<br />
auf Peter Hahnes missionarische Fibel<br />
über das notwendige Ende <strong>der</strong><br />
Spaßgesellschaft nicht in allen Punkten<br />
überzeugt, an <strong>der</strong> Oberfläche<br />
bleibt und mit seiner erschöpfenden<br />
Zitatensammlung eher an Büchmanns<br />
„Geflügelte Worte“ als an den<br />
einst nicht zuletzt durch brillante<br />
Formulierungen begeisternden Allroundsportreporter<br />
erinnert. Eine Rezension<br />
wie in diesseits 3/2007 hat<br />
das Buch denn doch nicht verdient.<br />
Mehr als den guten Willen lässt ihm<br />
<strong>der</strong> Rezensent kaum. Das Hauptziel<br />
des Autors, Hahnes bigotte For<strong>der</strong>ung<br />
nach Rückkehr des Allmächtigen in<br />
die Sümpfe <strong>der</strong> Tagespolitik (als ob<br />
da nicht genug Senilitäten werkeln)<br />
zurückzuweisen, wird unter diesem<br />
Rubrum abgetan. Gerade da ist aber<br />
Oertels Verdienst kaum hoch genug<br />
zu werten. Er kann aus eigenem Erinnern<br />
die verheerende Rolle von Religion,<br />
Kirche und Gottergebenheit<br />
bei <strong>der</strong> Errichtung und Erhaltung des<br />
Verbrecherregimes in Deutschland<br />
und im Krieg so beschreiben, dass klar<br />
wird: Damit kann es nur schlimmer<br />
werden.<br />
<strong>Diesseits</strong> rief in Heft 3/2007 zum<br />
Malen von Saurierbil<strong>der</strong>n auf. Die<br />
Klasse 4b <strong>der</strong> Sachsenwaldgrundschule<br />
in Berlin-Steglitz ließ sich<br />
von ihrer Lebenskundelehrerin Inge<br />
Brand zur Teilnahme an diesem<br />
Wettbewerb begeistern. Die<br />
Familienkarte für das Naturkundemuseum<br />
Berlin gewann Silan<br />
Soglu. Ihre Dinos haben die<br />
Redaktion einfach überzeugt!
Es ist wahr, gegen Hahne spricht weit<br />
mehr: Die Unvereinbarkeit von Religion<br />
und Demokratie, von Glaubensdiktat<br />
und Gedankenfreiheit.<br />
Oertel spürt das wohl selbst. Einige<br />
seiner „Heilmittel“ fasst er unter dem<br />
unglücklichen Begriff „alte Werte“<br />
zusammen, <strong>der</strong> wolkig, jedoch Hahnes<br />
Text entnommen ist. Lassen wir<br />
doch dem Sportreporter und den<br />
Stammtischen die bürgerlichen Tugenden<br />
<strong>der</strong> Turnbewegung, die keinem<br />
schaden, lassen wir ihm die Idole<br />
von Schmeling bis Schur und meinetwegen<br />
bis Schumacher, die jedenfalls<br />
einen besseren Einfluss auf die<br />
junge Generation ausüben als die sich<br />
vor dem Start bekreuzigenden Dopingheuchler.<br />
Natürlich löst das Probleme<br />
<strong>der</strong> Gesellschaft, die er wohl<br />
mit Recht für nicht gesund hält,<br />
höchstens zeitweise und an <strong>der</strong> Oberfläche.<br />
Aber dringen denn die Großmeister<br />
<strong>der</strong> Bildschirmunterhaltung,<br />
die laut Oertel „Baldrianisierer“ und<br />
„Spaßmacher“, mit ihren meist unverbindlichen<br />
Plau<strong>der</strong>eien und ihrer<br />
verführerischen Scheinobjektivität<br />
tiefer? Die Frage muss ihm doch wenigstens<br />
erlaubt sein, ohne dass sich<br />
gleich einer zu ihrer Verteidigung gegen<br />
„homöopathische Diffamierung“<br />
erhebt. Zumal <strong>der</strong> diesseits-Rezensent<br />
selbst nicht davor zurückschreckt,<br />
Oertel wegen einer ihm nicht behagenden<br />
Formulierung gleich <strong>der</strong><br />
„LTI“-Anfälligkeit zu beschuldigen.<br />
Das ist eine schon nicht mehr homöopathische,<br />
son<strong>der</strong>n, wie mein alter<br />
Geografielehrer in einer seiner Bildungskeulen<br />
orakelhaft zu steigern<br />
pflegte, eine wahrhafte Chimborassodiffamierung.<br />
Dr. Heinz-Uwe Bach, Berlin<br />
Preisgabe von vertraulichen<br />
Informationen?<br />
Zum Beitrag „Berliner Krankenschwester<br />
tötete ohne Verlangen“<br />
(diesseits 80/2007)<br />
Ich bin seit 1993 Mitglied im<br />
Humanistischen <strong>Verband</strong> Berlin.<br />
Zum HVD kam ich durch ein halbjähriges<br />
Praktikum bei Gita Neumann<br />
mit dem Schwerpunkt Trauerbegleitung.<br />
Gita Neumann, <strong>der</strong>en<br />
Arbeit ich sehr schätze, baute zu dieser<br />
Zeit gerade den Bereich Patientenverfügung<br />
auf.<br />
Seitdem habe ich als „stilles Mitglied“<br />
die Aktivitäten und die Entwicklung<br />
des HVD wohlwollend zur Kenntnis<br />
genommen. Das neue Angebot <strong>der</strong><br />
humanistischen Lebensberatung begrüße<br />
ich sehr.<br />
Überrascht und auch ein wenig<br />
schockiert war ich, als ich in <strong>der</strong> letzten<br />
Ausgabe von „diesseits“ den Beitrag<br />
von Gita Neumann über den<br />
Fall Irene Becker las.<br />
Ich selbst bin chronisch krank und<br />
nur Dank hochtechnisierter Intensivmedizin<br />
am Leben. Mehr als acht<br />
Jahre habe ich ehren- und hauptamtlich<br />
schwerkranke (Mit-)Patienten<br />
beraten und betreut. Insofern sind<br />
mir sowohl die Nöte von Todkranken<br />
als auch die Zwänge und Realitäten<br />
auf Intensivstationen und <strong>der</strong> dort<br />
arbeitenden Menschen aus eigener<br />
Anschauung vertraut. <strong>Der</strong> Beitrag<br />
von Gita Neumann interessierte mich<br />
deshalb sehr.<br />
Völlig unverständlich ist für mich,<br />
wie die Autorin als ausgebildete Psychologin,<br />
die, wie sie selbst schreibt,<br />
Irene Becker „auf <strong>der</strong>en Wunsch hin“<br />
und „im Rahmen <strong>der</strong> humanistischen<br />
Lebensberatung“ aufgesucht hat, <strong>der</strong>art<br />
persönliche und intime Informationen<br />
preisgeben kann. Als Nutzer<br />
<strong>der</strong> humanistischen Lebensberatung<br />
muss man doch auf die Verschwiegenheit<br />
in einer solchen Beratung vertrauen<br />
können. Auch wenn Irene<br />
Becker möglicherweise im Moment<br />
ihr Einverständnis zu dem Text gegeben<br />
hat, halte ich es für einen unlösbaren<br />
Rollenkonflikt, wenn die Lebensberaterin<br />
später als „diesseits“-<br />
Autorin“ aus <strong>der</strong> Schule“ plau<strong>der</strong>t.<br />
Die Arbeit mit Menschen und ihre<br />
Geschichten können sehr spannend<br />
sein. Als Journalist kenne ich den<br />
Spagat: Interessante Hintergrundinformationen<br />
sind oft erst „das Salz in<br />
<strong>der</strong> Suppe“, an<strong>der</strong>erseits aber oft vertraulich<br />
und schützenswert. Eine Patentlösung,<br />
um hier richtig abzuwägen,<br />
gibt es sicher nicht. Wichtig ist<br />
aber, für sich selbst und für sein Gegenüber<br />
von Anfang an die Rolle zu<br />
klären. Gita Neumann kam<br />
zunächst als Lebensberaterin. Sie hätte<br />
das Schreiben über ihre Klientin<br />
besser an<strong>der</strong>en überlassen.<br />
Martin Franke, Berlin<br />
<strong>Diesseits</strong> gab Gita Neumann die<br />
Gelegenheit, auf diesen Brief zu<br />
antworten. Auszüge lesen Sie<br />
hier:<br />
Sollte <strong>der</strong> Eindruck entstanden sein,<br />
ich hätte hier etwas aus einem Gespräch<br />
mit Irene Becker preisgegeben,<br />
so ist dieser falsch. Tatsächlich hatte<br />
die Begegnung im Gefängnis mit ihr<br />
eine ganz an<strong>der</strong>e Dimension, die im<br />
Beitrag von mir völlig ausgespart<br />
wurde. Ich bin diesbezüglich zwar<br />
von <strong>der</strong> Verschwiegenheitspflicht entbunden<br />
worden, habe aber davon<br />
keinen Gebrauch gemacht. Die angeführten<br />
Schil<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> diesseits<br />
sind alle ausnahmslos (!) <strong>der</strong> sehr<br />
umfangreichen öffentlich zugänglichen<br />
Berichterstattung entnommen.<br />
Medienvertreter wie Filmteams waren<br />
den ganzen Prozess über anwesend<br />
und haben ausführlich berichtet<br />
(auch zu allen Zeugenaussagen, inklusive<br />
denen des psychiatrischen<br />
Gutachters über innerste Vorgänge,<br />
persönlichste Details und die mögliche<br />
Motivlage von Frau Becker. Ich<br />
habe im diesseits-Artikel sogar darauf<br />
verzichtet, veröffentlichte (!) intime<br />
Details aus dem nahen Beziehungsumfeld<br />
von Irene Becker zu<br />
wie<strong>der</strong>holen, die in <strong>der</strong> Berichterstattung<br />
auch zur Motiverhellung herangezogen<br />
worden waren. Ich will<br />
auch jetzt nicht einmal andeuten,<br />
worum es dabei ging.<br />
Die Kritik, dass hier Rollen im Spiel<br />
sind, die vielleicht nicht eindeutig genug<br />
auseinan<strong>der</strong> gehalten werden<br />
(können?), ist sicher berechtigt. Ob<br />
ich den Artikel deshalb lieber nicht<br />
hätte schreiben o<strong>der</strong> umgekehrt Irene<br />
Becker nicht hätte besuchen sollen<br />
(das war allerdings bereits im Januar)?<br />
Mag sein. Allerdings bin ich mir<br />
sicher, keine Persönlichkeitsrechte<br />
und keinen Vertrauensschutz verletzt<br />
zu haben.<br />
Es gab ja einen Auslöser, aufgrund<br />
dessen ich mich überhaupt motiviert<br />
sah, den Fall aufzugreifen und auch<br />
von an<strong>der</strong>en um eine Klarstellung gebeten<br />
wurde: <strong>Der</strong> Beitrag von Prof.<br />
Vilmar, einem Gremien-Mitglied des<br />
HVD, in <strong>der</strong> Berliner Zeitung vom<br />
1. Juli mit dem Titel „Aus Sterbehelfern<br />
werden Mör<strong>der</strong> gemacht“. Eine<br />
dort zum Ausdruck gebrachte Verharmlosung<br />
auf <strong>der</strong> Grenze zur Billigung<br />
<strong>der</strong> Tötungsdelikte konnte –<br />
namentlich bei dem ethischen und<br />
politischen Anliegen, welches wir als<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> ja in <strong>der</strong><br />
Stadt vertreten – so keinesfalls stehen<br />
bleiben.<br />
Gita Neumann, Berlin<br />
Unterstützung<br />
für Gesetzentwurf<br />
Zum Aufruf, das Internetforum<br />
www.abgeordnetenwatch.de zu<br />
nutzen (diesseits 89/2007)<br />
Gern mache ich, da ich keinen Internet-Anschluss<br />
habe, von <strong>der</strong> Möglichkeit<br />
Gebrauch, in dieser angebotenen<br />
Form den Stünker-Entwürf zu unterstützen.<br />
(…)<br />
Dr. Wolfgang Weyell, Nürnberg<br />
4/2007 39
HUMANISTISCHER VERBAND<br />
DEUTSCHLANDS (HVD)<br />
Bundesvorstand<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-34, Fax 613 904-50<br />
http://www.humanismus.de<br />
hvd@humanismus.de<br />
Bundesverband Junge<br />
HumanistInnen<br />
Wallstraße 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613904-76, Fax 613904-50<br />
mwitzke.hvd-berlin@humanismusde<br />
BADEN-WÜRTTEMBERG<br />
HVD Baden-Württemberg<br />
Postfach 2307, 89013 Ulm<br />
Fon 0179-4014500<br />
hvd-bw@humanismus.de<br />
Die Humanisten Württemberg<br />
K.d.ö.R<br />
Mörikestraße 14, 70178 Stuttgart<br />
Fon 0711-6493-780, Fax -886<br />
a.henschel@dhuw.de, www.dhuw.de<br />
BAYERN<br />
HVD Bayern e.V.<br />
■ Landesgeschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-bayern.de, www.hvd-bayern.de<br />
Humanistische Akademie<br />
Bayern e.V.<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax -15<br />
www.humanistische-akademie-bayern.de<br />
info@humanistische-akademie-bayern.de<br />
HVD Nürnberg K.d.ö.R.<br />
■ Geschäftsstelle<br />
Äußere Cramer-Klett-Str. 11-13,<br />
90489 Nürnberg<br />
Fon 0911-43104-0, Fax 43104-15<br />
info@hvd-nuernberg.de<br />
www.hvd-nuernberg.de<br />
■ Bestattungsreden: 0911-43104-14<br />
■ Service-Line 0180-11 123 11<br />
■ Jugendfeier-Team und Junge<br />
HumanistInnen: 0911-43104-11<br />
jugendfeier@hvd-nuernberg.de<br />
www.jugendfeier.net<br />
Stadtmauerturm <strong>der</strong> JuHus:<br />
Spittlertormauer 7, 90402 Nürnberg<br />
■ <strong>Humanistischer</strong> Kin<strong>der</strong>garten<br />
Nbg.-St. Peter<br />
Burgerstr. 6, 90478 Nürnberg<br />
Fon 0911-42 45 68-0, Fax -3<br />
kiga.st.peter@hvd-nuernberg.de<br />
■ <strong>Humanistischer</strong> Kin<strong>der</strong>garten<br />
Nbg.-Mögeldorf<br />
Ziegenstr. 28, 90482 Nürnberg<br />
Fon 0911-95 33 58-0, Fax -3<br />
kiga.moegeldorf@hvd-nuernberg.de<br />
■ Humanistisches Haus für Kin<strong>der</strong><br />
Am Südpark<br />
Dr. Meyer-Spreckels-Str. 5,<br />
90763 Fürth<br />
Telefon 0911-97791013, Fax -17<br />
hfk.fuerth@hvd-nuernberg.de<br />
■ Turm <strong>der</strong> Sinne gGmbH<br />
Büro: Spittlertorgraben 45<br />
90429 Nürnberg<br />
Fon 0911-441620, Fax 9443269<br />
info@turm<strong>der</strong>sinne.de<br />
www.turm<strong>der</strong>sinne.de<br />
Adresse des Turms: Mohrenturm am<br />
Westtor, Nürnberg, Spittlertormauer 17<br />
HVD Würzburg<br />
Bukarester Str. 12, 97084 Würzburg<br />
www.hvd-wuerzburg.de.vu<br />
hvd-wuerzburg@gmx.de<br />
BERLIN/BRANDENBURG<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
Berlin-Brandenburg<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0<br />
Fax 030-613 904-50<br />
BERLIN<br />
HVD Berlin<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-0<br />
Fax 030-613 904-50<br />
hvd-berlin@humanismus.de<br />
Direkte Durchwahlnummern:<br />
■ Abteilung Kitas -39<br />
■ Abteilung Gesundheit/Soziales –25<br />
■ Abteilung Lebenskunde -60<br />
■ Abteilung Jugend/Jugendfeier<br />
Fon 030-613 904-74, Fax -89<br />
■ Patientenverfügungen/Trauergruppen<br />
-11, -19, Fax -36<br />
www.patientenverfuegung.de<br />
mail@patientenverfuegung.de<br />
■ V.I.S.I.T.E.<br />
Besuchs- und Hospizdienst -32<br />
www.visite-hospiz.de<br />
mail@visite-hospiz.de<br />
■ Öffentlichkeitsarbeit -26<br />
■ Kultur -23<br />
■ Fundraising -38<br />
■ Freiwilligenarbeit/Mitglie<strong>der</strong>betreuung/Seniorenkoordinatorin<br />
-15<br />
■ Junge HumanistInnen Berlin<br />
Danziger Str. 50, 10437 Berlin<br />
Fon 030-442 72 16, Fax 442 34 93<br />
info@juhu-berlin.de, ingo@juhu-berlin.de<br />
■ Jugendtreff „PPZ“ <strong>der</strong> Jungen<br />
HumanistInnen, Marzahner Chaussee 9<br />
10315 Berlin, Fon/Fax 030-510 17 76<br />
■ Schulklub Sakura-Grundschule<br />
Rochstraße 7, 10178 Berlin<br />
Fon 030-42 85 21 79<br />
■ Café Rix GmbH<br />
Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin<br />
Fon/Fax 030-686 90 20<br />
■ Sozialstation „Die Brücke“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-93 /-97, Fax -91<br />
■ Mobilitätshilfedienst Berlin-Mitte<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon 030-613 904-95 /-96, Fax -91<br />
■ Schwangerschaftskonfliktberatungsstelle,<br />
Behmstr. 73<br />
10439 Berlin, Fon/Fax 030-441 79 92<br />
skb@hvd-berlin.de<br />
■ Kontakt- und Informationsstelle für<br />
Selbsthilfe (KIS)<br />
Nachbarschaftshaus Pfefferwerk<br />
Fehrbelliner Str. 92, 10119 Berlin<br />
Fon 030-443 43 17, Fax 44 34 04 78<br />
■ Betreuungsverein<br />
Alt-Moabit 108 a, 2. Etg., 10559 Berlin<br />
Fon 030-441 30 57, Fax 441 30 59<br />
Betreuungsverein.hvd@berlin.de<br />
■ Brückentreff Psychosoziale Kontakt- und<br />
Beratungsstelle<br />
Torstraße 158, 10115 Berlin<br />
Fon 030-280 74 42/ -43, Fax -44<br />
Kitas:<br />
■ Adlershofer Marktspatzen<br />
Helbigstr.31, 12489 Berlin<br />
Fon/Fax 030-677 42 09<br />
■ Am Park<br />
Engelhardtstr. 10, 12487 Berlin<br />
Fon/Fax 030-631 66 99<br />
■ Bornsdorfer Str. 14, 12053 Berlin<br />
Fon 030-56 82 86 63<br />
■ Dreikäsehoch<br />
Johanna-Tesch-Str. 20, 12439 Berlin<br />
Fon 030-671 70 33, Fax 67 89 45 28<br />
dreikaesehoch@humanistischekitas.de<br />
■ Friedenauer Strolche<br />
Sponholzstraße 16, 12159 Berlin<br />
Fon/Fax 030-75 60 62 09<br />
■ Gartenstadtfrösche<br />
Zur Gartenstadt 239, 12526 Berlin<br />
Fon 030-67 82 45 03, Fax 67 82 45 04<br />
gartenstadt@humanistischekitas.de<br />
■ General-Woyna-Str. 48<br />
13403 Berlin, Fon/Fax 030-413 30 72<br />
■ Holtheimer Weg 6-8, 12207 Berlin<br />
Fon 030-712 49 30, Fax 71 09 74 92<br />
■ Hopsekäse<br />
Scharnweberstr. 60, 10247 Berlin<br />
Fon/Fax 030-291 61 64<br />
■ Kastanienallee 28/30, 12627 Berlin<br />
Fon/Fax 030-995 22 69<br />
kastanienallee@humanistischekitas.de<br />
■ Kin<strong>der</strong>haus Felix<br />
Zühlsdorfer Str. 16, 12679 Berlin<br />
Fon 030-935 80 35, Fax 93 02 78 16<br />
kin<strong>der</strong>hausfelix@humanistischekitas.de<br />
■ Knirpsenstadt am Glitzerbach<br />
Geraer Ring 50/52, 12689 Berlin<br />
Fon/ Fax 030-933 91 98<br />
■ Landreiterweg 55, 12353 Berlin<br />
Fon 030-667 90 90, Fax 66 79 09 33<br />
■ Michel-Klinitz-Weg 18<br />
12349 Berlin, Fon 030-743 10 14<br />
■ Mühlengeister<br />
Thomas-Mann-Str. 17/19, 10409 Berlin<br />
Fon 030-424 17 31, Fax 42 16 15 86<br />
muehlengeister@humanistischekitas.de<br />
■ Pillnitzer Weg 6, 13593 Berlin<br />
Fon 030-20 91 48 90, Fax 209 14 89 20<br />
pillnitzerweg@humanistischekitas.de<br />
■ PrenzlZwerge<br />
Stahlheimer Str. 27, 10439 Berlin<br />
Fon 030-445 71 94, Fax 40 00 30 61<br />
prenzlzwerge@humanistischekitas.de<br />
■ Stadtfüchse<br />
Jablonskistr. 11, 10405 Berlin<br />
Fon/Fax 030-441 42 82<br />
erzieherinnen.stadtfuechse @web.de<br />
■ Wasserwerkstr. 3, 13589 Berlin<br />
Fon 030-37 49 90 30, Fax 374 99 03 24<br />
wasserwerkstrasse@humanistischekitas.de<br />
■ Rappelkiste<br />
Alfred-Randt-Str.15/17, 12559 Berlin<br />
Fon 030-654 35 58, Fax 654 60 49<br />
■ Wirbelwind, Friedrich-Engels-<br />
Str. 45/47, 13156 Berlin<br />
Fon 030-916 51 24, Fax 47 03 68 69<br />
wirbelwind@humanistischekitas.de<br />
■ Zum Hasenhügel<br />
Waldheimer Str. 10/12, 12627 Berlin<br />
Fon 030-994 28 49, Fax 99 28 50 79<br />
zum.hasenhuegel@humanistischekitas.de<br />
■ Konfliktberatung für Paare<br />
Fon über 030-613 904-15<br />
■ Neustart – Betreutes Wohnen<br />
für Obdachlose<br />
Holzhauser Straße 72, 13509 Berlin<br />
Fon 030-4 14 68 74, Fax -75<br />
neustart@hvd-berlin.de<br />
www.wp-neustart.de<br />
■ Humanistische Akademie e.V.<br />
Redaktion „humanismus aktuell“<br />
Wallstr. 61-65, 10179 Berlin<br />
Fon/Fax 030-44 34 09 41<br />
www.humanistische-akademie.de<br />
■ Koordinierungsstelle für ambulante Rehabilitation<br />
älterer Menschen in Neukölln<br />
Haus des älteren Bürgers<br />
Werbellinstraße 42, 12053 Berlin<br />
Fon 030-689 77 00, Fax 68 97 70 20<br />
■ Berliner Seniorentelefon<br />
Fehrbelliner Straße 92, 10119 Belin<br />
Fon 030-279 63 93, Fax 44 02 49 97<br />
Sprechzeiten: Mo, Fr, So 14-16 Uhr, Mi<br />
12-16 Uhr unter Fon 030-279 64 44<br />
www.berliner-seniorentelefon.de<br />
info@berliner-seniorentelefon.de<br />
■ HOTEL4YOUth<br />
Schönhauser Allee 103, 10439 Berlin<br />
Fon 030-446 77 -83, Fax -859<br />
www.hotel4youth.de, info@hotel4youth.de<br />
■ Kin<strong>der</strong>- und Jugendbüro Marzahn<br />
Kastanienallee 55, 12627 Berlin<br />
kijubue-marzahn@web.de<br />
■ Internetcafé für Senioren<br />
Weltenbummler, Werbellinstraße 42,<br />
12053 Berlin-Neukölln<br />
Fon 030-68054287<br />
■ Gesundheitliche und soziale Dienste des<br />
HVD in Tempelhof,<br />
Friedrich-Wilhelm-Straße 59<br />
12103 Berlin, Fon 030-71096852<br />
BRANDENBURG<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />
Ostbrandenburg e.V.<br />
PF 1142, 15701 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 77 78, Fax 29 33 35<br />
humanistus@aol.com<br />
www.hro-kwh.de<br />
■ Aktionskita „Knirpsenstadt“<br />
Goethestr. 5,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-87 28 45<br />
■ Jugend-Freizeit-Zentrum<br />
Schee<strong>der</strong>str. 47,<br />
15711 Königs Wusterhausen<br />
Fon 03375-29 67 69<br />
HVD Regionalverband Brandenburg<br />
Nord e.V.<br />
Mühlenfeld 12, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-83 41 11, Fax 83 41 20<br />
■ Humanistisches Musikzentrum<br />
■ Feierkultur<br />
■ Schuldnerberatung, Vermeidung von<br />
Obdachlosigkeit<br />
■ Jugend- und Sozialwerk gGmbH<br />
Kanalstr. 20, 16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-58 28 94<br />
■ Berufsbildungswerk Nordost gGmbH<br />
Albert-Buchmann-Str. 1,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-53 54 40<br />
■ Betreutes Jugendwohnen<br />
Bernauer Str. 146, Haus 106,<br />
16515 Oranienburg<br />
Fon 03301-80 70 56<br />
Nebenstelle Neuruppin<br />
Fehrbelliner Str. 139, 16816 Neuruppin<br />
Fon 03391-50 38 42, Fax 35 05 13<br />
■ Feierkultur<br />
■ Selbsthilfe-Kontaktstelle<br />
■ Schulsozialarbeit<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />
Brandenburg/Belzig e.V.<br />
Willibald-Alexis-Str. 28<br />
14772 Brandenburg<br />
Fon 03381-73 03 80, Fax 73 03 79<br />
humreg@humreg.de<br />
Kin<strong>der</strong>- und Jugendclub, Jugendfeier,<br />
Seniorenarbeit, Junge Humanisten,<br />
Schulsozialarbeit, Bereich „Hilfe zur<br />
Erziehung“<br />
Stadtteilbüro im Bürgerzentrum<br />
Große Gartenstraße 42a<br />
14776 Brandenburg an <strong>der</strong> Havel<br />
Fon 03381-25 09-62, Fax -63<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />
Potsdam/Potsdam-Mittelmark e.V.<br />
■ Geschäftsstelle Potsdam<br />
Jägerstr. 36, 14467 Potsdam<br />
Büro und Patientenverfügung:<br />
Fon 0331-290 94 76<br />
Jugendfeier: Fon 0331-270 98 04<br />
Fax 0331-280 58 81<br />
hvdppm@aol.com<br />
hvd-potsdam@freenet.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />
Teltow-Fläming e.V.<br />
Goethestr. 8, 14959 Trebbin<br />
Fon/Fax 033731-805 24<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverband<br />
Märkisch-O<strong>der</strong>land e.V.<br />
„Arche“, Carl-Schmäcke-Straße 33<br />
15366 Neuenhagen<br />
Tel. 03342-21584, Fax 21586<br />
Humanistisches Internationales<br />
Begegnungs- und Beratungszentrum<br />
(HIBBZ)<br />
Eisenbahnstr.14, 16225 Eberswalde<br />
Fon und Fax 03334-212491<br />
www.hibbz.de, info@hibbz.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerbund<br />
Brandenburg e.V.<br />
Postfach 600 813, 14408 Potsdam<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Fon 03338-396 31, Fax 03338-396 32<br />
<strong>Humanistischer</strong> Freidenkerbund<br />
Havelland e.V.<br />
■ Geschäftsstelle<br />
Karl-Thon-Str. 42, 14641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46, Fax 45 07 47<br />
Freidenker-Havelland@web.de<br />
■ Jugendtreff Miteinan<strong>der</strong>, Frauen- und<br />
Selbsthilfetreff, Berliner Str. 41, 14712<br />
Rathenow, Fon 03385-51 55 31<br />
■ Treff: Suchthilfe, Klei<strong>der</strong>kammer,<br />
Obdachlosenarbeit, Suppenküche<br />
Ritterstr. 9, 1641 Nauen<br />
Fon 03321-45 07 46<br />
Freidenker Barnim e.V.<br />
■ Geschäftsstelle<br />
Rüdnitzer Chaussee 48-50, 16321 Bernau<br />
Fon 03338-3 96 31, Fax 3 96 32<br />
■ Informations- und Beratungspunkt<br />
Berliner Str. 48, 16321 Bernau<br />
Fon/Fax 03338-2416<br />
Jugendarbeit, Jugendfeier, Senioren- und<br />
Rentenberatung, Patientenverfügung,<br />
Sozialberatung<br />
HAMBURG<br />
hvd-hamburg@alice-dsl.net<br />
MECKLENBURG-VORPOMMERN<br />
hvd-mv@web.de<br />
NIEDERSACHSEN<br />
Humanistisch <strong>Verband</strong><br />
Nie<strong>der</strong>sachen K.d.ö.R.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-167691-60, Fax -78<br />
zentrale@humanisten.de<br />
www.humanisten.de<br />
■ Studentenwohnheim Humanistisches<br />
Sozialwerk Norddeutschland GmbH<br />
Haus Humanitas Fon -61<br />
■ Feierservice für weltliche Familienfeiern,<br />
Fon -63<br />
■ Junge Humanisten Hannover<br />
Landeskoordination JugendFEIER<br />
Fon 0511-18561<br />
www.juhus-hannover.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Bremen<br />
Prager Str. 41, 28211 Bremen<br />
Fon 0421-243 96 35<br />
Bremen@humanisten.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
Wesermarsch<br />
Postfach 1125, 26926 Elsfleth<br />
Fon 04401-695817<br />
elsfleth@humanisten.de<br />
Freie Humanisten Oldenburg<br />
Grünberger Str. 7, 26127 Oldenburg<br />
Fon 0441 882943<br />
Freie Humanisten Osnabrück<br />
freie-humanisten-os@osnanet.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong><br />
Wesermarsch<br />
Postfach 1125, 26926 Elsfleth<br />
Fon 04401-695817<br />
Regionalgeschäftsstellen<br />
Hannover<br />
Otto-Brenner-Str. 22, 30159 Hannover<br />
Fon 0511-1 61 40 12, Fax 16 76 91 78<br />
Emden<br />
c/o Eckhard Kühl<br />
An <strong>der</strong> Sporthalle 1, 26759 Hinte<br />
Fon 04925-8725, Fax 2146<br />
NORDRHEIN-WESTFALEN<br />
HVD Nordrhein-Westfalen K.d.ö.R.<br />
Landesgeschäftsstelle<br />
Küpferstr. 1, 44135 Dortmund<br />
Fon 0231-52 72 48, Fax 57 20 72<br />
mail@hvd-nrw.de<br />
www.hvd-nrw.de<br />
Ortsgruppen in vielen Städten!<br />
Tel. erfragen!<br />
■ Humanitas-Verlag<br />
www.humanitas-verlag.de<br />
■ Junge HumanistInnen NRW<br />
Fon 0231-5 86 15 70<br />
HVD Bergisches Land<br />
Chlodwigstr. 28<br />
42119 Wuppertal-Elberfeld<br />
Fon 0202-46 04 555<br />
HVD Bielefeld<br />
Fon 05234-203761<br />
hvd-bielefeld@web.de<br />
HVD Duisburg<br />
Fon 0203-29 82 440<br />
SACHSEN<br />
HVD Sachsen<br />
Großenhainer Straße 88<br />
01127 Dresden, Fon 0351-2198100<br />
Ronny.Winkler@hvd-sachsen.de<br />
SACHSEN-ANHALT<br />
Humanisten Sachsen-Anhalt<br />
c/o Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />
39128 Magdeburg<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
Fon 0391-2515938, Fax 2516338<br />
humanisten.sachsen-anhalt@<br />
juhu-magdeburg.de<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />
Halle-Saalkreis e.V.<br />
Bürgerhaus „alternativE“<br />
Gustav-Bachmann-Straße 33<br />
06130 Halle<br />
Fon 0345-1 31 94 73<br />
Fax 0345-1 31 94 75<br />
buergerhaus-halle@freenet.de<br />
■ Frauen Kommunikationszentrum<br />
■ Offener Kin<strong>der</strong>- und Jugendtreff<br />
■ Trauerberatung, Patientenverfügungen,<br />
Fon 0345-2023168<br />
■ Begegnungsstätte<br />
Fon 0345-12 26 90 22<br />
■ Schuldnerberatung<br />
Fon 0345-1319053<br />
■ Musikinstrumentenkabinett<br />
■ Jugendfeier Fon 0345-1319473<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />
Südliches Sachsen-Anhalt e.V.<br />
■ Bürger und Jugendhaus/Herberge<br />
Huttenstraße 12, 06217 Merseburg<br />
Fon 03461-21 35 19<br />
hrvbuergerhaus@aol.com<br />
■ Jugendlub „Die Hütte“<br />
Unter den Eichen, 06217 Merseburg<br />
Fon/Fax 03461-50 28 75<br />
■ Jugendfeier Fon 03461-213519<br />
■ Jugendclub „Elofant“<br />
Häuerstraße 33, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 0177-2115619<br />
■ Projekt Schulsozialarbeit<br />
Sekundarschule „Unteres Geiseltal“<br />
Häuerstr. 39, 06242 Braunsbedra<br />
Fon 034633-2 26 09<br />
Junge Humanisten Magdeburg e.V.<br />
■ KJFE „Kannenstieg“<br />
Johannes-R.-Becher-Straße 57<br />
39128 Magdeburg<br />
Fon 0391-2 51 59 38, Fax -63 38<br />
juhu-magdeburg@t-online.de<br />
■ Schülertreff „Rothensee“<br />
Badeteichstraße, 39126 Magdeburg<br />
Fon 0391-5 05 00 44<br />
■ Jugendfeier Fon 0391-2515938<br />
<strong>Humanistischer</strong> Regionalverb.<br />
Mansfel<strong>der</strong> Land e.V.<br />
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Aus gegebenem Anlass feiert sich diesseits<br />
hier selbst. Auch wenn <strong>der</strong> 1971 geborene<br />
Lyriker und Lie<strong>der</strong>poet Holger Saarmann<br />
beim Texten mit ziemlicher Sicherheit<br />
nicht unsere <strong>Verband</strong>szeitschrift vor<br />
Augen hatte.<br />
Holger Saarmann<br />
Ode ans <strong>Diesseits</strong><br />
Dein Stern bleibt Wahrheit immer,<br />
ist er auch lang zerfalln,<br />
verglommen je<strong>der</strong> Schimmer<br />
<strong>der</strong> Erinnerung im All.<br />
Es stand einst eine Welt<br />
voll Leben, Lust und Licht,<br />
und das alleine zählt –<br />
ob du’s glaubst o<strong>der</strong> nicht.<br />
Mein Name ist kein Erbe<br />
an ein Volk <strong>der</strong> Ewigkeit.<br />
Ich lebe, bis ich sterbe,<br />
droht mir auch Vergessenheit.<br />
Und geh ich ohne Christentum<br />
verrottend ins Gericht –<br />
im Erleben lag mein Ruhm,<br />
ob ich glaubte, o<strong>der</strong> nicht.<br />
Wir woll’n den Tag nutzen, mit Armen und Beinen<br />
das Leben umschlingen im Tanz!<br />
Komm, wir vergessen den Sinn, stell’n uns vor, es gibt keinen,<br />
und leben im <strong>Diesseits</strong> ganz!<br />
Wert hat nur das, was mal stirbt und vergeht,<br />
was einmalig ist und befristet.<br />
Eines Tages, wenn nirgends dein Name mehr steht,<br />
hast du Gott und die Welt überlistet.<br />
Und selbst dann, wenn nirgends dein Name mehr steht,<br />
gab es dich – ob man’s weiß o<strong>der</strong> nicht.
<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands, Wallstraße 61-65, D-10179 Berlin<br />
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<strong>Humanistischer</strong> <strong>Verband</strong> Deutschlands<br />
Wallstraße 61-65,10179 Berlin<br />
Selbst denken – Gemeinsam leben<br />
Humanistinnen und Humanisten gestalten ihr Leben<br />
selbstbestimmt und verantwortlich, frei von Religion. Es liegt am<br />
Menschen selbst, ethische und moralische Entscheidungen zu<br />
treffen. Diese Freiheit haben wir den Gedanken <strong>der</strong> Aufklärung<br />
zu verdanken, in <strong>der</strong>en Tradition <strong>der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Deutschlands steht.<br />
Als Humanistinnen und Humanisten stehen wir zu unserer<br />
Verantwortung für die Menschen, das Leben und die Natur. Über<br />
die Grenzen von Sprachen und Kulturen hinweg setzen wir auf<br />
den friedlichen Austausch von Ideen und Erfahrungen. Dabei<br />
achten und respektieren wir alle weltanschaulichen und religiösen<br />
Lebensauffassungen. Toleranz hat jedoch dort Grenzen, wo<br />
Menschenrechte missachtet und Positionen <strong>der</strong> Intoleranz<br />
vertreten werden.<br />
Wir arbeiten eng mit unseren Partnerverbänden in <strong>der</strong> ganzen<br />
Welt zusammen, die wie wir <strong>der</strong> Internationalen Humanistischen<br />
und Ethischen Union (IHEU) angehören.<br />
<strong>Der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschlands ist eine<br />
überparteiliche, demokratische Organisation, die sich in allen<br />
Bereichen des gesellschaftlichen und politischen Lebens engagiert,<br />
in denen weltanschauliche Fragen berührt sind. Humanistinnen<br />
und Humanisten beziehen Stellung in den ethischen Debatten<br />
unserer Zeit.<br />
<strong>Der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong> Deutschlands organisiert Kulturund<br />
Bildungsangebote und bietet soziale Unterstützung und<br />
humanistische Beratung für Menschen in allen individuellen<br />
Lebenslagen. Wir richten weltliche Namens-, Jugend-, Hochzeitsund<br />
Trauerfeiern aus. In Berlin ist <strong>der</strong> Humanistische <strong>Verband</strong><br />
Träger des Schulfaches Lebenskunde und bundesweit von vielen<br />
Kin<strong>der</strong>tagestätten. Beson<strong>der</strong>s gefragt ist das Angebot <strong>der</strong><br />
Patientenverfügung. Die „Jungen HumanistInnen“ unterstützen<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche auf dem Weg zu einem selbstbestimmten<br />
Leben. Bundesweit werden zirka 250.000 Menschen pro Jahr<br />
durch die Dienstleistungen des <strong>Verband</strong>es erreicht.