Wörter zerlegen (HeuREka 1, B5) - Tübinger Orthografie-Programm
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B8. Nomen und Begleiter<br />
Barbara Heuberger<br />
Nomen im Satzzusammenhang in allen 4 Kasi erforschen,<br />
alle bestimmten <strong>Wörter</strong> <strong>zerlegen</strong> und unbestimmten (<strong>HeuREka</strong> Begleiter 1, <strong>B5</strong>) bewusst anwenden,<br />
Ergänzende <strong>Wörter</strong>listen zu diesem Artikel in SERVICE | <strong>Wörter</strong>listen, <strong>HeuREka</strong> 1, <strong>B5</strong><br />
Auf einen Blick<br />
Jedes Wort bewohnt ein Haus. Zusammengesetzte<br />
<strong>Wörter</strong> bilden eine „Wohngemeinschaft“.<br />
Aber auch hier hat jedes Wort sein<br />
eigenes Reich, gekennzeichnet durch die<br />
rote „Zimmerwand“. Mit ihr werden zusammengesetzte<br />
<strong>Wörter</strong> zerlegt.<br />
Im unteren Modell taucht ein zusätzliches<br />
Element auf, das Fugen-s, das sich wie ein<br />
kleiner „Flur“ zwischen die beiden <strong>Wörter</strong><br />
schiebt. Fugen-s-<strong>Wörter</strong> werden im <strong>Tübinger</strong><br />
<strong>Orthografie</strong>-<strong>Programm</strong> mit zwei „Zimmerwänden“<br />
zerlegt.<br />
Zusammengesetzte <strong>Wörter</strong> (Komposita)<br />
Grafik aus <strong>HeuREka</strong> 1, Lektion <strong>B5</strong><br />
Jedes Wort hat eine Bedeutung. Ein zusammengesetztes Wort besteht aus zwei<br />
oder mehreren <strong>Wörter</strong>n und deren Bedeutungen. Als Kompositum erhält es eine<br />
neue modifizierte Gesamtbedeutung. Aus einem Nabel und einer Schnur wird<br />
eine Nabel|schnur.<br />
Die Möglichkeit der Wortkombinationen sind schier unerschöpflich. Komposita<br />
bereichern und erweitern unseren Wortschatz ganz erheblich. Aber sie bescheren<br />
Kindern auch orthografische Probleme, die sie oft erst durchschauen, wenn<br />
sie Komposita <strong>zerlegen</strong>.<br />
Zerlegen bedeutet, die Sinneinheiten zusammengesetzter <strong>Wörter</strong> sichtbar zu<br />
machen. Im <strong>Tübinger</strong> <strong>Orthografie</strong>-<strong>Programm</strong> wird dazu ein senkrechter Strich als<br />
„Zimmerwand“ zwischen zwei Einzelwörter gesetzt.<br />
Semantik - die Ebene der Wortbedeutung<br />
Mit dem Zerlegen zusammengesetzter <strong>Wörter</strong> betreten wir zum ersten Mal eine<br />
neue Sprachebene, die Ebene der Semantik. Zerlegen (an der richtigen Stelle)<br />
setzt voraus, dass man die einzelnen <strong>Wörter</strong> und deren Bedeutung „kennt“ und<br />
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weiß, wo das erste endet und das zweite beginnt. Typische Lautüberlagerun-<br />
gen, wie sie in zusammengesetzten <strong>Wörter</strong>n zu finden sind, stellen Kinder vor<br />
orthografische Probleme, die allein auf der Ebene der Lautstruktur nicht zu lösen<br />
sind. Es reicht nicht mehr aus, nur den Ohren zu trauen. Aber mit semantischer<br />
Bewusstheit und der Strategie des Zerlegens können Kinder nun neue orthografische<br />
Räume erobern.<br />
Semantische Bewusstheit ist auch die Voraussetzung für die Strategie der Ableitung,<br />
die die Verwandtschaftsbeziehungen der <strong>Wörter</strong> untereinander nutzt<br />
(grammatische Ableitung in <strong>HeuREka</strong>1, semantische Ableitung in <strong>HeuREka</strong> 2).<br />
Lautverschiebungen<br />
Gleich das erste Beispiel der Lektion (siehe Grafik) belegt die Nützlichkeit der<br />
Zimmerwand. Ein ‘Dorfest’ unterscheidet sich in seiner Lautung in nichts von<br />
einem Dorffest.<br />
Bisher haben Kinder die Lautstruktur der <strong>Wörter</strong> als fließendes Lautkontinuum<br />
erlebt. In zusammengesetzten <strong>Wörter</strong>n kann es aber zu Staus und Lautüberlagerungen<br />
kommen, wenn an der <strong>Wörter</strong>fuge zwei gleiche oder ähnliche Laute<br />
aufeinandertreffen: Hexen|nacht, Lauf|feuer, Sumpf|pflanze.<br />
Probleme bereitet oft auch die - und -Anlautregel, nach der die Buchstabenkombination<br />
und dem Wortanfang vorbehalten ist. In zusammengesetzten<br />
<strong>Wörter</strong>n finden wir sie aber mittendrin: Filtstift, Kopfsprung ...<br />
Mit einer Zimmerwand löst sich das Rätsel wie von selbst: Filz|stift, Kopf|sprung.<br />
Kinder können sofort erkennen, dass die Anlautregel eingehalten wird, da ja hinter<br />
der Zimmerwand ein neues Wort beginnt.<br />
In Lektion B6 werden den Kindern <strong>Wörter</strong> begegnen, deren Endlaute nicht am<br />
Ende, sondern mitten im Wort vor einer Zimmerwand stehen. Mit Hilfe der Zimmerwand<br />
können sie ihre orthografische Einzelworterfahrung auf zusammengesetzte<br />
<strong>Wörter</strong> übertragen.<br />
Grammatik<br />
Komposita können aus allen grammatischen Wortarten gebildet werden. Das<br />
letzte Einzelwort bestimmt die Wortart des Kompositums. Steht hinten ein Nomen,<br />
so ist das Ganze ein Nomen. Beispiele:<br />
Nomen + Nomen: das <strong>Wörter</strong>|buch, der Dach|boden, die Schrank|tür ...<br />
Adjektiv + Nomen: der Rot|wein, das Hoch|haus, der Weit|sprung ...<br />
Verb + Nomen: der Schreib|tisch, das Hör|buch, das Denk|mal ...<br />
Zahlwort + Nomen: das Zwei|rad, der Fünf|kampf, der Elf|meter ...<br />
Präposition + Nomen: der Zu|ruf, die Über|sicht, der Um|tausch ...<br />
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Im <strong>Tübinger</strong> <strong>Orthografie</strong>-<strong>Programm</strong> kommt diese grammatische Gesetzmäßigkeit<br />
in einem Zauberspruch zum Ausdruck (in Heuberger: „Ach wie gut, dass<br />
niemand weiß“):<br />
„Achte immer auf den Schluss,<br />
weil der Schluss bestimmen muss!“<br />
Für Kinder ist es eine große Errungenschaft, Nomen und Nicht-Nomen unterscheiden<br />
zu können. Nicht selten gefährden Komposita diese Errungenschaft<br />
und stellen alles schon Gewusste scheinbar auf den Kopf.<br />
Wird z.B. die Feder als Nomen groß geschrieben, so ist das in ‘Federleicht’ plötzlich<br />
falsch. Werden typische Nicht-Nomen wie die Präpositionen zu, auf oder<br />
durch klein geschrieben, so ist das in ‘zuruf’, ‘aufgabe’ und ‘durchgang’ verboten.<br />
Wenn Kinder das Gefühl haben, sich auf Aussagen nicht verlassen zu können,<br />
entwickeln sie eine Gießkannenstrategie, die ihnen wenigstens hin und wieder<br />
Zufallstreffer beschert.<br />
Sinnvoller ist es allerdings, im scheinbaren Regelchaos das Prinzip aufzuspüren.<br />
Jedem Kind leuchtet es ein, dass Nomen tatsächlich immer groß zu schreiben<br />
sind und Nicht-Nomen immer klein, solange sie alleine stehen (!), dass es aber<br />
in gemischten Wortgemeinschaften einen gemeinsamen grammatischen Status<br />
geben muss. Den bestimmt jedoch niemals das erste Wort, sondern immer das<br />
letzte. Achte immer auf den Schluss ...!<br />
Das vordere Wort<br />
In einem Kompositum gibt das vordere Wort nicht nur seinen grammatischen<br />
Status auf, es büßt zu allem Überfluss auch noch seine Beweglichkeit ein, will<br />
heißen, es kann nicht mehr verändert werden. Das Hör|buch wird nicht zum<br />
Hörte|buch, sobald es zu Ende gehört ist, aus einem Denk|mal wird niemals ein<br />
Dachte|mal, was historisch gesehen ja auch angemessen ist, und selbst dem<br />
Rekord im Weit|sprung ist der Aufstieg zum Weitest|sprung verwehrt.<br />
Doch bei aller Einschränkung, die ein vorderes Wort im Kompositum hinzunehmen<br />
hat, bleibt ihm ein Triumph: die Betonung! In zusammengesetzten <strong>Wörter</strong>n<br />
wird in aller Regel das vordere Wort hergehoben:<br />
Weit|sprung, Hör|buch, Denk|mal, Zwei|rad, Zu|ruf, Um|tausch ...<br />
an|kommen, auf|räumen, mit|machen, nach|laufen, aus|zeichnen ...<br />
Im <strong>Tübinger</strong> <strong>Orthografie</strong>-<strong>Programm</strong> ist die Hervorhebung das wichtigste Indiz<br />
dafür, ob zwei <strong>Wörter</strong> zusammen zu schreiben sind oder getrennt. Ist das Betonungsmuster<br />
zusammengesetzter <strong>Wörter</strong> einmal grundlegend erarbeitet und<br />
vertraut, so besitzen die Kinder einen wichtigen Baustein intuitiven Sprachgefühls,<br />
der ihnen fortan den Zugang zu Komposita ermöglicht.<br />
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Vorsilbenwörter<br />
In unserem Wortschatz begegnen wir vielen <strong>Wörter</strong>n, die aus verschiedenen<br />
Wortbausteinen (Morphemen) zusammengesetzt sind. Morpheme werden im <strong>Tübinger</strong><br />
<strong>Orthografie</strong>-<strong>Programm</strong> zwar erst in <strong>HeuREka</strong> 2 eingeführt. Trotzdem ist in<br />
diesem Kapitel ein Vorgriff auf Vorsilbenwörter durchaus sinnvoll.<br />
Vorsilben sind sinnfreie Wortbausteine. Sie gelten nicht als „<strong>Wörter</strong>“, da sie keine<br />
eigene Bedeutung haben. Deshalb können sie auch nicht alleine stehen, sondern<br />
immer nur in Kombination mit einem echten Wort. In diesem Sinn sind Vorsilbenwörter<br />
zwangsweise zusammengesetzte <strong>Wörter</strong>, allerdings keine Komposita.<br />
Im Deutschen gibt es neun Vorsilben. Sechs davon sind „lautgetreu“: un, ur, er,<br />
be, zer, ge. In Verbindung mit ihrem Trägerwort zeigen sie die gleichen Muster<br />
und Problemstellungen, wie wir sie auch bei Komposita gesehen haben.<br />
Lautüberlagerungen: er¦raten, er¦röten, be¦engen ...<br />
St-/sp-Anlaut mitten im Wort: ge¦streift, zer¦stören, er¦sparen ...<br />
Grammatische Schlussregel: be¦merken, die Be¦merkung ...<br />
Die <strong>Wörter</strong>liste zu <strong>B5</strong><br />
01. Nomen + Nomen: Garten|tor, Fasching|s|kostüm ...<br />
02. Nomen + Nomen (!): Zauber|spruch, Raben|nest ...<br />
03. Nicht-Nomen + Nomen: Über|schrift, Gegen|teil ...<br />
04. Nicht-Nomen + Nomen (!): Aus|sprache, Aus|sicht ...<br />
05. Nicht-Nomen + Nicht-Nomen: nach|denken, ein|laden ...<br />
06. Nicht-Nomen + Nicht-Nomen(!): aus|sprechen, auf|fangen ...<br />
07. Vorsilbe + Nomen: Er¦finder, Ge¦flügel ...<br />
08. Vorsilbe + Nomen (!): Zer¦störung, Er¦regung ...<br />
09. Vorsilbe + Nicht-Nomen: be¦reiten, er¦leben ...<br />
10. Vorsilbe + Nicht-Nomen (!): ge¦stehen, er¦röten ...<br />
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