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Zur Soldatenfamilie - AGGI-INFO.DE

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nachvollziehbare Entscheidungen, die vor allem die Frauen betrafen und sie nicht seltenbenachteiligten. Darauf wird noch zurückzukommen sein.Es ist aber auch Fakt, daß die meisten Partnerinnen auf die besonderen Belastungen, dieaus dem Soldatenalltag auf das Familienleben übergriffen, eingestellt waren bzw. sich imLaufe der Zeit damit abgefunden hatten. So daß - obgleich keine ausdrücklichenUntersuchungen dazu durchgeführt wurden - die Scheidungsquote von Soldatenehennicht höher als der Durchschnitt des Landes lag. Der Anteil Geschiedener in denunterschiedlichen Befragungspopulationen läßt diesen Schluß zu.Einen Heiratskonsens bzw. eine Heiratsordnung (8) wie sie in Anlehnung an Reichswehrund Wehrmacht bis 1974 in der Bundeswehr noch Gültigkeit besaßen, gab es weder fürAngehörige der NVA noch für die Angehörigen der Vorläufer der bewaffneten Kräfte derDDR. In einem entsprechenden Erlaß des Bundesministers der Verteidigung hieß es: DerSoldat hat darauf zu achten, daß seine Braut einen unangefochtenen Ruf genießt, auseiner ehrbaren Familie stammt und keine Beziehungen zu staatsfeindlichen Kreisen hat.Würde sich ein Soldat mit einer übel beleumdeten Frau verbinden, die einen anstößigenLebenswandel führt oder sich staatsfeindlich betätigt, so können hieraus dienstlicheFolgerungen gezogen werden. Seine dienstliche Eignung - insgesamt oder hinsichtlichbestimmter Verwendungen - würde dadurch in Frage gestellt werden. Insbesondere wirdseine Eignung als Vorgesetzter, zumindest als Disziplinarvorgesetzter, mit davonbestimmt, wie er seine häuslichen Verhältnisse geordnet hat, welchen Ruf seine Ehefraugenießt und welchen Lebenswandel sie führt. (9)Gleichberechtigung, wie es die Verfassung versprach?Nach 1945 entwickelten im Osten Deutschlands viele Frauen ein neues Selbstbewußtsein.Einerseits der Not gehorchend traten sie in das Berufsleben und wurden häufig fürlängere Zeit oder für immer zum alleinigen Ernährer der Familie, je nach dem, ob derMann im Krieg geblieben war oder erst nach längerer Zeit aus der Kriegsgefangenschaftheimkehrte. Viele hatten auf der Flucht ihre Kinder mühsam durchgebracht und richtetenmit geringer Habe ein neues Zuhause ein. Sie räumten die Trümmer weg, setztenMaschinen in Gang, lernten dazu, wurden Angelernte und, nachdem sie die Schulbankgedrückt hatten, Facharbeiterinnen, wurden Neulehrerinnen, setzten sich im Gesundheitswesen,in staatlichen Verwaltungen und an vielen anderen Stellen ein und hielten"ganz nebenbei" die Familie zusammen, erzogen ihre Kinder oft über Jahre ohne den Ratder Väter. Das hierbei - in der Arbeit und im täglichen Leben - gewonnene Selbstwertgefühlführte dazu, daß Gleichberechtigung nicht nur als alte Forderung progressiverFrauenorganisationen und anderer fortschrittlicher Kräfte erkannt und anerkannt wurde,sondern sich zumindest auf unterer Ebene ganz real durchsetzte. Demzufolge stellte sieauch für die Mehrheit der Frauen kein "Verfassungsgeschenk" dar, sondern ein Stückverfassungsrechtlich festgeschriebener Realität. Die Töchtergeneration, die bereits dieMöglichkeit zur zielgerichteten Facharbeiterausbildung bzw. zum Studium hatte, mußtedieses gleichberechtigte Neben- und Miteinander von Mann und Frau im beruflichenLeben zwar immer wieder neu bestätigen und manchmal auch gegen den „alten Adam"erstreiten, aber die Karten dafür waren mehr oder weniger gut. Das ist Fakt, unabhängigdavon, daß auch in der DDR bestimmte Berufe, die aufgrund technischer Ausstattung o.ä.finanziell lukrativ wurden, von der Frauen- zur Männerdomäne avancierten (z.B.Gebäudereinigung).Andererseits hatten Frauen im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie in bestimmtenVerwaltungsbereichen teilweise die Übermacht. 1987 wurden in der Volksbildung und imGesundheitswesen schon "fast 60 Prozent, im Handel 60,3 Prozent aller Leitungsfunktionenvon Frauen ausgeübt; in der dienstleistenden Wirtschaft 46,2 Prozent, im PostundFernmeldewesen 56,4 Prozent. Darüber hinaus sind 30,2 Prozent der Bürgermeister


sowie jeder 2. Richter und Schöffe Frauen." In Industrie und Landwirtschaft betrug derAnteil der Frauen in Leitungsfunktionen allerdings durchschnittlich nur 21,5 Prozent. Vonhauptamtlichen Ratsfunktionen in den Kreisen hatten Frauen 17,9 Prozent, in denBezirken 12,3 Prozent inne. (10) Die höheren Etagen waren fast ausschließlich Männernvorbehalten.Dennoch hatte die Aus- und Weiterbildung der Frauen eine enorme Entwicklung genommen.Das traf selbstverständlich auch für die Ehepartner der Berufssoldaten zu. Einigestatistische Angaben zum Qualifikationsstand der DDR-Bevölkerung seien zur Illustrationnoch angefügt. „Allein seit 1981 wuchs die Anzahl der Beschäftigten mit Facharbeiterausbildung,Meisterausbildung, Hoch- oder Fachschulabschluß um rd. 541300, davonsind 57 Prozent Frauen. Im Ergebnis dessen erhöhte sich der Anteil der Männer, die übereine abgeschlossene Berufsausbildung ab Facharbeiter verfügen auf 88,9 Prozent undder Frauen auf 82,4 Prozent." Damit sind „38,5 Prozent aller Hochschulkader und 62,4Prozent aller Fachschulkader sowie die Hälfte aller Facharbeiter und 12,8 Prozent derMeister Frauen". (11)Für Frauen, die eine feste Bindung mit einem Berufssoldaten eingegangen waren, wurdendiese gleichberechtigten Entwicklungschancen immer durch den Beruf des Mannesdominiert. Sie hatten ihre Karriere der des Soldaten unterzuordnen. Brüche, nichtrealisierte Hoffnungen und Strebungen waren programmiert und mußten in den Familienverkraftet und verarbeitet werden. Das war besonders schwer, wenn die sogenanntenmilitärischen Notwendigkeiten nicht schlüssig begründet waren oder Hals über Kopfverkündet wurden. Eine junge Ärztin meldete sich beispielsweise bei einer Aussprache,die Mitte der 70er Jahre in einem Geschwader der LSK/LV mit Ehefrauen von Pilotenstattfand, zu Wort und drückte ihr Unverständnis für solche Hau-Ruck-Aktionen aus. Siestand nach vorheriger Absprache mit den Vorgesetzten ihres Mannes in der Facharztausbildung.Dabei wurde ihr beschieden, daß ihr Mann eine langfristige Perspektive amStandort und im Geschwader habe. Plötzlich bekam ihr Mann den Marschbefehl in dieSowjetunion. Für sie stand nun die Frage: Eigene Qualifikation und damit langfristigeberufliche Entwicklungschancen aufgeben oder Trennung der Familie auf mehrere Jahre.Ihren Mann erst zu einem späteren Zeitpunkt zu der Weiterbildung in die SU zudelegieren, stand außerhalb jeder Diskussion. Es gab nach Meinung der Chefs keinenErsatzmann, der Pilot mußte seinen Koffer packen.Auch die junge Krankenschwester oder Kindergärtnerin, die mit einem Offizier derVolksmarine verheiratet war, der nach Dranske versetzt wurde, war nicht unbedingtglücklich. Zwar bekam ihre Familie, da dort am nördlichen Zipfel der Insel Rügen relativviel für die Armee gebaut wurde, schnell Wohnung und Kindergartenplatz, aber sie keineArbeit. Eine Blusennäherei wurde auf Betreiben der Flottille angesiedelt. Dort konnte manzwar Geld verdienen und hatte auch die Gemeinschaft eines Arbeitskollektivs - eineGröße, die für DDR-Bürger nicht nur Streß bedeutete, sondern häufig auch freundschaftlicheZusammenarbeit und Geselligkeit nach Feierabend einschloß - aberBefriedigung wie im erlernten Beruf war kaum zu erwarten. So wie in diesem Falleversuchte die NVA auch in anderen entlegenen Standorten Beschäftigungsmöglichkeitenfür Frauen zu "organisieren" und das nicht nur, um das "Arbeitskräftepotential"auszuschöpfen. Frauen, auch wenn sie durch den Beruf ihres Mannes finanziellverhältnismäßig gut abgesichert waren, wollten nicht nur für Kinder und Küche leben. Esgehörte zu ihrem Selbstverständnis, Familie und berufliche Tätigkeit zu vereinbaren. Keinsvon beiden wollten sie missen, wenn sicher manch eine der berufstätigen Frauen eineverkürzte Arbeitszeit begrüßt hätte.Bei einer Befragung, in der rückschauend Berufssoldaten Auskunft über den Soldatenalltagin der NVA gaben, erklärten 59 Prozent der Berufssoldaten, ihre Ehefrau habewegen Versetzung den Arbeitsplatz wechseln müssen, 21 Prozent davon waren sogarviermal und öfter dazu gezwungen. Nur 42 Prozent hatten die Möglichkeit, auch nach


einem Wechsel in ihrem erlernten Beruf tätig zu sein. Jede Dritte fand jedoch nur einenArbeitsplatz unterhalb ihrer erworbenen Qualifikation und mußte damit Einbußenhinnehmen. (12)Für die Verantwortung, die der Staat für die Ehepartner von Berufssoldaten übernahm,spricht jedoch eine Festlegung des Ministerrates der DDR aus dem Jahre 1980. Dort heißtes im Abschnitt II (Ziff. 3 Buchst. b), daß „Ehepartner bei Aufnahme eines neuenArbeitsrechtsverhältnisses infolge der Versetzung der militärischen Berufskader die Zeitdes vorangegangen Arbeitsrechtsverhältnisses hinsichtlich der Gewährung von Leistungen,die in Abhängigkeit von der Dauer der Betriebszugehörigkeit oder Zugehörigkeit zumBereich erfolgen, mit anzurechnen (ist)."(13)Weiter heißt es dort: Ziel dieser Festlegungen ist, daß erworbene Ansprüche auf Leistungenweitestgehend erhalten bleiben und für den Ehepartner eines militärischen Berufskaderskeine ungerechtfertigten Nachteile durch einen dienstlich bedingten Arbeitplatzwechselentstehen.Im Interesse der einheitlichen Auslegung und Anwendung wurde festgelegt, daß dieAnrechnung erfolgt, wenn im vorangegangenen und im neuen ArbeitsrechtsverhältnisLeistungen gleicher Art gewährt wurden bzw. werden. (14)Diese Festlegungen stellten für Frauen von Berufssoldaten, denen bei Versetzung desPartners der Wechsel der eigenen Tätigkeit, des Arbeitskollektivs, damit verbunden auchhäufig des Bekanntenkreises ohnehin oft sehr schwer wurde, ein kleines Stück sozialerGerechtigkeit dar. Das heißt jedoch nicht, daß viele Frauen sich nicht insgesamtbenachteiligt fühlten. Zumal mit jedem neuen Arbeitsplatz auch für die gut ausgebildeteund engagierte Frau immer wieder eine neue Bewährungssituation in einer verändertenArbeitsumwelt, in der Sympathien, Hierarchien und Beziehungen bereits verteilt waren,entstand. Kam der Militär in der Regel in ein militärisches Kollektiv, in dem er aus derErfüllung gemeinsamer Aufgaben, aus Übungen und Manövern bereits nicht wenigekannte, in dem er aufgrund seiner bisherigen Funktion einen Namen hatte, stand diePartnerin am Anfang einer neuen Tätigkeit, hatte sich ihren Platz erst von grundauf neu zu"(v)erdienen".In den seltenen Fällen, in denen beide Ehepartner Armeeangehörige waren, wurde beiVersetzungen in der Regel Konsens gefunden, der sich nach dem höheren Dienstgrad,Ausbildungsstand und vor allem nach benötigter und vorgesehener Verwendung richtete.1988 erhielt diese Situation allerdings eine völlig neue Dimension. Die ersten 110weiblichen Offiziere, die mit einem ordentlichen Diplom die Offiziershochschulen der DDRabsolviert hatten, kamen in die Truppe. Sie hatten einen militärischen Beruf ergriffen, weilsie von der Notwendigkeit und Legitimität des bewaffneten Schutzes ihrer Heimatüberzeugt waren. Sie waren gut ausgebildet, hervorragend motiviert, denn sie hatten sichbei ihrer Bewerbung vorgenommen, in einer Männerdomäne keinesfalls schlechterauszusehen als ihre männlichen Kommilitonen, sie waren klug und selbstbewußt, aber siewaren eben in der Mehrheit auch verheiratet, meist mit einem Offizier, und nicht wenigevon ihnen erwarteten am Ende des Studiums ihr erstes Kind. Obgleich die militärischeFührung genügend Zeit hatte, sich auf den sinnvollen Einsatz dieser Frauen einzustellenund vorzubereiten, traf man typisch männliche Entscheidungen. Gleich ob mit besseremAbschluß als ihr Mann oder nicht, der Einsatz richtete sich meist nach den Verwendungender Männer. Ein Drittel dieser jungen Frauen wurde auf Fähnrichs- oder Zivilplanstellenvermittelt, ihr Einsatz erfolgte unterhalb der erworbenen Qualifikation. In einersozialwissenschaftlichen Untersuchung aus dem Jahr 1989 wird auf der Grundlage derMeinungsäußerungen von Absolventinnen gefolgert, daß sich das Hineinwachsen in dieAufgaben als Offizier für die jungen Frauen dann günstig gestaltet, „wenn sie- als Absolvent eine gleichberechtigte Behandlung erfahren, d.h. Aufgabenstellungenund Bewährungssituationen erhalten, die ihrem Können entsprechen und


Selbstvertrauen fördern- spüren, ihr Wille zur Berufsausübung wird ernst genommen- Vertrauen gekoppelt mit Verantwortung erleben- die Möglichkeit haben, sich praktisch zu profilieren- das Gefühl erhalten, gebraucht zu werden." (15)Strategien für ihre berufliche Karriere in Übereinstimmung mit dem Wunsch nach Kindern,von fast allen Offiziersschülerinnen bereits zu Beginn ihres Studiums an den Offiziershochschulengeäußert, waren nicht vorhanden. „Damit verläuft ihr Einstieg ins Berufslebenzwangsläufig diskontinuierlich, zeitlich verzögert und stützt Skeptiker, die die Ansichtvertreten, Frauen haben als Offizier nichts zu suchen." (16)Die Entwicklung in den Streitkräften war für diese weiblichen Offiziere zumindest vertagtund hatte sich mit dem Untergang der NVA weitgehend erledigt.Gleichberechtigte berufliche Entwicklung beider Ehepartner erwies sich auch in der DDRals kompliziert, war aber unter Bedingungen des militärischen Dienstes noch bedeutendschwieriger und für die Frauen oft mit Nachteilen verbunden, die bis in ihreAltersversorgung (Rentenanspruch) nachwirken. Dennoch gab es kaum das Bestreben,berufliche Tätigkeit, auch bei materieller Absicherung durch Position und Einkommen desMannes, an den Nagel zu hängen und sich auf Familie, "Kränzchen" oder auf reinehrenamtliches soziales Engagement zurückzuziehen.SoldatenkinderUnter den Problemen, die Berufssoldaten am stärksten außerhalb des Dienstesbewegten, stand zu wenig Zeit für die Kinder und die Familie immer an vorderer Position.Zeitbudgetanalysen ermittelten für Truppenoffiziere eine 60 bis 70 Stunden-Woche,Belastungen durch die außerordentlich hohe Rate der Gefechtsbereitschaft (85 Prozent,selbst wenn keine besonderen Lagen herrschten), durch zusätzliche Dienste, durch oftwochenlange Trennung von der Familie bei Übungen und Manövern - das alles hattezwangsläufig Auswirkungen auf das Familienleben. Väter sahen ihre jüngeren Kinder oftnur schlafend, der Einfluß auf die älteren war häufig sporadisch und konzentrierte sich aufdie Wochenenden bzw. auf freie Tage. Einsicht in die Notwendigkeit militärischerTätigkeit, die auch den Heranwachsenden vermittelt wurde, führte zwar zu einer gewissenAkzeptanz dieser Situation, aber in Gesprächen mit älteren Kindern wurde dasMißvergnügen über die häufige Abwesenheit der Väter sehr deutlich. Ihnen fehlte derAnsprechpartner bei den täglichen Sorgen und Problemen, der Ratgeber bei Kleinigkeitenund manchmal auch der Helfer bei kniffligen Schulaufgaben. Das alles soll nicht heißen,daß es in den <strong>Soldatenfamilie</strong>n kein Familienleben gegeben hätte. Im Gegenteil, diewenige verbleibende Zeit wurde meist recht intensiv genutzt, um gemeinsame Erlebnissezu gestalten. Ausflüge, Kino- oder Theaterbesuche, gemeinsames Basteln, kleine Festestanden, so wie in anderen Familien, auf der Tagesordnung. Man hatte gelernt mit dergeringen Zeit hauszuhalten und gemeinsame Freuden zu genießen. Die durchauswahrgenommen Defizite führten nicht dazu, daß Soldatenkinder etwa häufiger "ausgeflippt"wären. Man hatte sich in den Familien arrangiert und den Familienalltag entsprechendeingerichtet.Versetzungen und der damit verbundene Wohnortwechsel waren für die meistenbetroffenen Kinder jedoch nur schwer verkraftbar. Sie ließen Freundschaften, eingewohntes Klassenkollektiv, in dem sie sowohl von ihrer sozialen als auch von ihrerleistungsmäßigen Kompetenz einen festen Platz einnahmen, Sport- und Arbeitsgemeinschaftenhinter sich, für die Ersatz am anderen Ort erst in langen Mühen wiederaufgebaut werden konnte. Denn dort waren sie stets zunächst die Fremden, dieFreundschaften waren bereits „verteilt", manche Arbeitsgemeinschaft existierte nicht inähnlicher Form, das liebgewordene Hobby mußte aufgegeben werden.


Es sei jedoch auch vermerkt, daß auf Grund des einheitlichen Schulsystems der Einstiegin den Unterricht am anderen Wohnort mit weniger Problemen verbunden war alsbeispielsweise für Kinder von Angehörigen der Bundeswehr. SozialwissenschaftlicheUntersuchungen in der BRD analysierten des „öfteren die Situation von Kindern, die nachder Versetzung des Vaters in ein anderes Bundesland Klassen wiederholen müssen, weilsie aufgrund der Länderhoheit für die Bildung mit erheblich anderen Lehrinhaltenkonfrontiert sind.(17) Der verbindliche einheitliche Lehrplan für die DDR war unter Umständenin den verschiedenen Schulen unterschiedlich weit behandelt, wies jedoch nichtvöllig verschiedene Inhalte aus, so daß nach kürzerer Frist der Anschluß bei der Vermittlungdes Lehrstoffs gesichert war. Das Problem der Einordnung in das bereits strukturiertesoziale Gefüge der Klasse und Schule jedoch blieb.In Konflikte und Widersprüche gerieten Soldatenkinder noch aus ganz anderen Gründen.Westfernsehen war in vielen „Normalfamilien" quasi zum dritten Programm avanciert. Manorientierte sich eben einfach hüben und drüben, sah sich den spannenderen Film an,hörte das Neueste aus der Musikszene. Für die Familie der Berufssoldaten herrschtejedoch ein strenges Tabu, Westfernsehen war verboten. Die Kinder kamen sich wieAußenseiter vor, wenn die halbe Klasse am anderen Morgen über das Vorabendprogrammsprach. Da bedurfte es schon mancher Aussprache mit den Halbwüchsigen,um ihnen zu erläutern, weshalb sie diese Sender nicht schauen konnten. Nicht einfacherwar es, ihnen klar zu machen, warum die Tochter vom Kaufmann und der Sohn desGenossenschaftsbauern an die gewünschten Levis kamen, der Sohn vom Berufssoldatenaber nicht. Westgeld hatte sich in den letzten Jahren der DDR gewissermaßen zurZweitwährung entwickelt, mit der man sich im Intershop so manchen Wunsch erfüllenkonnte. Da die <strong>Soldatenfamilie</strong>n jedoch weder aktive noch passive Verbindungen zuBürgern der BRD hatten noch haben durften, kam weder über ein Paket noch aus demIntershop das erstrebte Kultobjekt, die Jeans. So entzündete sich an ganz lapidarenFragen des Alltags manche Auseinandersetzung. Die Notwendigkeit, Befehle und Vorschriftenüberzeugend zu erläutern, begann nicht selten in der Familie.Die Art und Weise, in der sich ein Mensch während seiner beruflichen Tätigkeit gebenmuß, färbt oft mehr oder weniger auch auf seine private Sphäre ab. Der militärische Ton,fordernde Umgangsformen wie sie in der Kaserne Gang und Gäbe sind, schlichen sich -meist ungewollt - auch in die Wohnungen, insbesondere in Kinderzimmer ein. Vor allembei schlechten Leistungen oder Versagen auf anderen Gebieten kam es hin und wiederstatt zur hilfreichen Aussprache über Ursachen und mögliche Unterstützung zubefehlsähnlichen Forderungen. Dabei spielte die wenige Zeit sicher auch eine nichtgeringe Rolle. Vor allem ältere Kinder fühlten sich dadurch teilweise ungerecht behandeltund reagierten nicht selten ablehnend. Dabei traf die Ablehnung weniger den Vater alsvielmehr seinen Beruf. So wiesen beispielsweise Vertreter des WehrbezirkskommandosErfurt 1988 in einem Gespräch im Rahmen soziologischer Erhebungen darauf hin, daß beider Gewinnung von Offiziersbewerbern mangelnde Freizeit und Beeinträchtigung desFamilienlebens durch den militärischen Beruf als wesentliche Ablehnungsgründe genanntwurden. Auch Offiziersfrauen betonten in Gesprächen wiederholt, daß ihre eigenen Kinderaufgrund der Erfahrungen und Erlebnisse in der eigenen Familie nicht den Offiziers- oderUnteroffiziersberuf anstrebten. Sie hatten vielmehr den Wunsch, eine harmonische Ehezu führen und an der Erziehung ihrer Kinder teilzuhaben.Immer unterwegs, <strong>Soldatenfamilie</strong>n auf WohnungssucheBerufssoldaten und gezwungenermaßen auch ihre Familien sitzen häufiger als derDurchschnittsbürger auf gepackten Koffern. Umzug gehört dazu und wird auch akzeptiert,wenn keine Alternative gegeben ist. Aber für die Offiziersfrau, die mir erzählte, wie sie mitihren Kindern und dem Umzugsgut am neuen Dienstort ihres Mannes ankam, er aber


schon wieder versetzt war, hörte spätestens an dieser Stelle das „volle" Verständnis auf.Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich einzurichten und darauf zu warten, daß an dem Ort,an dem ihr Partner jetzt diente, eine Wohnung zur Verfügung stand. Denn Wohnungenwaren während der gesamten DDR-Zeit „Mangelware", es gab keinen freien Wohnungsmarktund somit auch keine Chance über ihn rasch eine Bleibe am neuen Standort zubekommen. Wohnraum war bewirtschaftet und wurde in der NVA unter Mithilfe derWohnungskommissionen durch die Standortältesten verteilt. Im Durchschnitt wartetenOffiziere im Truppendienst etwa zweieinhalb Jahre auf ihre erste Wohnung. (18) Das istaber eben ein Durchschnittswert, der nur wenig darüber aussagt, wieviel Zeit tatsächlichverging, bis eine Wohnung für die Familie zur Verfügung stand. Insbesondere in denJahren des Aufbaus der NVA, als völlig neue Standorte erschlossen wurden, warteten dieBerufssoldaten bedeutend länger. Im Extremfall war die damals gültige zehnjährigeVerpflichtungszeit um, ohne daß der Berufssoldat mit angemessenem Wohnraumversorgt werden konnte, so die Aussage einer langjährigen Vorsitzenden der Wohnungskommissionin einer Flottille. Erst als speziell für die Armee Wohnungen gebaut wurden,entspannte sich die Situation etwas. Dennoch waren aufgrund von Versetzungen dieWartezeiten auf gemeinsamen Wohnraum erheblich. Offiziere waren im Durchschnittmehr als viereinhalb Jahre von ihren Familien getrennt. 58 Prozent von ihnen sind bis zuviermal umgezogen, weitere 24 Prozent noch öfter. Das Extrem bilden die 12 Prozent, dieihre Zelte acht bis zehnmal, einige noch häufiger, neu bauen mußten. (19) Für die meistenBetroffenen war spätestens nach dem fünften Umzug militärische Notwendigkeit undpersönliche Karriere nur noch ein schwaches Argument.Die Familiengröße war ausschlaggebend für die Größe der Wohnung. Da junge Familienjedoch gemeinhin die Tendenz haben zu wachsen, wurde das Quartier spätestens nachder Geburt des zweiten Kindes sehr eng. Über Wohnungstausch versuchte man das zumildern, aber es gelang nicht immer. Im Gespräch mit Offiziersfrauen war dann zuerfahren, daß beispielsweise der Ofen aus dem Schlafzimmer entfernt wurde, um Platz fürdas Kinderbett zu schaffen oder das Wohnzimmer abends zum Schlafraum wurde. FürBerufssoldaten im Schichtdienst war das jedoch auch keine Lösung. So wurdeunzureichender Wohnraum, vor allem in jungen Ehen, immer wieder zu einem Grund fürUnzufriedenheit.Bei Wohnungsneubau für die Armee wurde Kasernennähe angestrebt. Wohnkomplexeentstanden deshalb oft weitab von Siedlungen. Abgesehen von einer gewissen Ghettoisierungbeklagten Familienangehörige lange Wege zur Arbeit, zur Schule, zum Einkauf,auch wenn der Personennahverkehr dichter ausgebaut war als nach der Wende.Auch in den achtziger Jahren war trotz vieler Neubauten (20) die Zahl der Wohnungssuchendennach wie vor hoch. Dafür gab es mehrere Gründe. Viele Berufssoldatenbelegten nach Beendigung ihres Dienstes weiter die Armeewohnungen, ebenso Zivilbeschäftigteund Bürger, die aufgrund von Wohnungstausch eingezogen waren.Veränderte Dislozierung führte außerdem dazu, daß die armeeeigenen Häuser nichtimmer dort standen, wo sie eigentlich gebraucht wurden.Ausstattung und Wohnkomfort entsprachen nicht immer den Erwartungen der Familien.Ofenheizung - in einem beachtlichen Teil der vor allem in den 70er Jahren gebautenWohnungen - brachte für berufstätige Frauen bzw. ältere Kinder zusätzliche Pflichten,warmes Wasser kam nicht aus der Wand, das Sauberhalten der Außenbereicheeinschließlich Schneeräumen war von den Familien zu erledigen.Dennoch freuten sich die Familien, wenn sie eine gemeinsame Heimstatt gefundenhatten, richteten sich ein und erfuhren meist auch die Unterstützung durch Nachbarn. Esgehörte zu den guten Traditionen an vielen Standorten, daß nicht nur die Kommandeuredie neu Hingezogenen begrüßten, sondern auch die Hausgemeinschaften Hilfe anboten.Freundschaftliche Kontakte, Feste der Hausgemeinschaften, gemeinsame Wanderungen


u.ä. gab es an vielen Orten. Insbesondere die Frauen standen sich gegenseitig bei, wennbeispielsweise bei längeren Übungen und Manövern die Männer nicht am Ort waren. Daßdiese freundschaftlichen Kontakte manchmal, weil man sich gegenseitig "zu tief in dieTöpfe geschaut" hatte, ins Gegenteil umschlugen, ist zwar nicht schön, aber menschlichdurchaus verständlich.Das Versprechen eine Wohnung zu bekommen, war zu DDR-Zeiten für viele Arbeiter undIngenieure ein triftiger Grund für einen Arbeitsplatzwechsel. Großbetriebe, wie dasPetrolchemische Kombinat Schwedt, Leuna oder das Eisenhüttenkombinat Ost bautenparallel zu den Werken Wohnungen. Sie konnten bei Arbeitsaufnahme oft schon bezogenwerden. Nicht so für die Berufssoldaten in der NVA. Mancher junge Mann, den die Armeegern in ihren Reihen gesehen hätte, führte die besseren Versorgungschancen in anderenBereichen der Gesellschaft, als entscheidendes Argument für seine Ablehnung an.Arbeitsteilung in der Familie - fast unmöglichBerufstätigkeit der Frauen zog in vielen Familien eine Neuverteilung der Aufgaben, die imInteresse des reibungslosen Zusammenlebens nun einmal erledigt werden müssen, nachsich. Eine Gleichverteilung zwischen Frau und Mann wurde jedoch allenfalls in wenigenjungen Familien erreicht, die ohne alten Zopf und übliche Vorstellungen von typischweiblichen und typisch männlichen Aufgaben an die Gestaltung des Alltags gingen. EineErhebung aus dem Jahre 1985 weist beispielsweise nach, daß in Familien mit vollbeschäftigtenFrauen der Ehemann täglich etwa 1 Stunde und 40 Minuten für dieErledigung häuslicher Pflichten aufwendet, die Ehefrau jedoch 3 Stunden und 50 Minuten.(21) Weitgehend übereinstimmend geben Ehepartner in späteren Erhebungen an, daßbeispielsweise Saubermachen zu 50 bis 60 Prozent von den Frauen erledigt wird, dasWäschewaschen zu 70 bis 80 Prozent. (22)Insbesondere bei der Kinderbetreuung und Erziehung engagierten sich die jungen Väterstark, beispielsweise beim Bringen in die Kindereinrichtungen, beim Spielen, beim Lernen,aber auch im Umgang mit den ganz Kleinen beim Baden und Füttern. Unter diesenUmständen ist es nicht verwunderlich, wenn immerhin zwei Drittel sowohl der Frauen alsauch der Männer die Ansicht vertreten, die häuslichen Aufgaben seien in ihrer Familiegerecht, bzw. ziemlich gleichmäßig verteilt. (23)Die Unregelmäßigkeit militärischen Dienstes schloß eine ähnlich gerechte Teilunghäuslicher Pflichten weitgehend aus. Der Umgang mit ihren Kindern, Reparaturen inWohnung und (Schreber)garten, Instandhaltung des Autos und Lesen, das waren dievorrangigen Freizeitaktivitäten der Berufssoldaten. Der Alltag, mit Einkäufen und Besorgungen,mit Wäsche und Kochen, blieb bei der Frau, schon deshalb, weil Geschäfte undÄmter eben nicht bis in den späten Abend geöffnet hatten.Es ist sicher nicht übertrieben zu sagen, der Dienstplan bestimmte das Familienleben.Dort jedoch, wo im Monat über zwanzig Dienste und Bereitschaften an der Tagesordnungwaren, kam Familienleben fast zum Erliegen. Beim Besuch in einer Schnellbootflottilleerzählten uns junge Offiziere, daß sie nicht einmal jeden zweiten Tag nach Hause kamen,weil sie selbst bei Bereitschaftsdienst nicht schnell genug von der Wohnung auf ihremSchiff gewesen wären. Also mußten sie im Objekt bleiben und schauten mit dem Fernglasauf ihr Zuhause. Ebenso war es in Jagdfliegergeschwadern. An den übrigen Tagen standnormaler Dienst auf dem Plan, der durchaus nicht pünktlich endete. Es passiertebeispielsweise immer wieder, daß sich eine Beratung hinzog, Soldaten sich irgendeineDisziplinwidrigkeit hatten zu schulden kommen lassen oder ein Vorgesetzter erwartetwurde, von dem der Kommandeur meinte, ihn mit "großem Bahnhof" empfangen zumüssen. Immer standen die Berufssoldaten Gewehr bei Fuß. Und noch eine andereUnsitte hatte sich in nicht wenigen Einheiten eingebürgert. Wenn Unteroffiziere ihreAufgaben nicht zur vollen Zufriedenheit erledigten, stellte man ihnen kurzerhand einen


Offizier zur Seite. Ergebnis, neben der doppelten Belastung der Offiziere kam es insolchen Fällen zu Kompetenzeinschränkungen für die Unteroffiziere und damit auch zuAutoritätsverlusten.Eingriffe in die freie Zeit der Berufssoldaten berührten auch die Urlaubsgestaltung derFamilien. Es gehörte zweifellos zu den positiven Seiten sozialer Fürsorge für die<strong>Soldatenfamilie</strong>n, daß die Betriebe und Verwaltungen auf der Grundlage einesMinisterratsbeschlusses angehalten waren, den Ehepartnern gemeinsamen Urlaub mitdem in der Armee dienende Berufssoldaten zu gewähren. Auch wenn es manchmal nichtganz einfach war, in der Regel versuchte man in den Einrichtungen Konsens zu finden.Nicht selten wurde jedoch die vorher abgesprochene und bestätigte Urlaubsplanung nichteingehalten. Gab es dafür triftige Gründe, brachten die Familien noch Verständnis auf.Manchmal waren die Gründe jedoch sehr schwer durchschaubar, hingen mitVersetzungen anderer Berufssoldaten zusammen oder mit der Übergabe/Übernahmeneuer Aufgaben. Da die meisten Partnerinnen jedoch berufstätig waren, konnten sie nichtimmer den kurzfristig veränderten Terminen entsprechen. Hinzu kam bei Familien mitKindern die notwendige Berücksichtigung der Schulferien. Frustriert trat man dann denUrlaub getrennt an. Eine Zeit, für die eigentlich unbeschwertes Familienleben undBesinnen auf Gemeinsamkeiten erhofft war, wurde verkürzt oder fiel ganz aus.Ferien- und Urlaubsgestaltung ist in den Erinnerungen vieler Armeeangehöriger mit demAufenthalt in Ferienheimen der Armee, in Naherholungseinrichtungen von Truppenteilen,Verbänden und Einrichtungen bzw. in FDGB-Ferienheimen verbunden. Nicht immererfolgte die Verteilung der Ferienplätze zur Zufriedenheit der Berufssoldaten. Erstenswaren zu wenig Plätze in den Schulferien vorhanden. Da diese Zeiten in der DDR nichtgestaffelt waren, konzentrierte sich die Nachfrage der Familien auf die MonateJuli/August. Zweitens gab es für große Familien mit drei und mehr Kindern wenigAngebote. Die Ferienkommissionen standen teilweise vor der Frage, eine große Familieoder zwei kleine zu berücksichtigen. Zum Dritten wurden die Dienstgradkategorienunterschiedlich bedacht. Der junge Leutnant hatte es durchaus schwerer einenFerienplatz in der Saison zu ergattern, als der altgediente Oberst. Immerhin konstatiertjeder Dritte ehemalige Berufssoldat, der in der bereits mehrfach zitierten Umfrage seineMeinung sagte, daß bestimmte Gruppen, z.B. höhere Dienstgrade und Offiziere aus denStäben bevorzugt wurden. Dennoch war die Anzahl der vergeben Plätze erheblich und dieAufenthalte in den Ferieneinrichtungen außerordentlich preiswert. (24)Elemente der GefahrDer militärische Dienst mit seinen besonderen Anforderungen an körperlichesLeistungsvermögen auch unter widrigen Bedingungen, der Umgang mit militärischerTechnik, ihr Einsatz, Übungen und Manövern oft in unbekanntem Gelände und mit nochnicht in jeder Hinsicht vollständig ausgebildetem Personal, birgt auch in Friedenszeitennicht wenige Elemente der Gefahr. Die Unterwasserfahrt im Panzer, das Schnellbootmanöver,die Abfangübungen der Jagdflieger oder das Raketenschießen gehörengenauso dazu, wie das Bewältigen der Sturmbahn oder die Ausbildung im Nahkampf.Hinzu kommt die Verantwortung für Leib und Leben der Unterstellten. Tatsache ist, daßauch diese Seiten des militärischen Lebens an den <strong>Soldatenfamilie</strong>n nicht spurlos vorübergingen. Die Sorge um den geliebten Menschen im täglichen Dienst, vor allem aber auchbei besonderen Situationen, beunruhigte die Familie. Und es gab nun mal in der Zeit derExistenz der DDR nicht wenige Krisen in der Welt, bei denen sich NATO und WarschauerVertrag gleichermaßen handlungsbereit gegenüber standen.Gefahren und unbekannte Situationen, über die aufgrund der Geheimhaltung auch nichtgesprochen werden konnte, gehörten demzufolge zu den Dingen, die Familienangehörigeimmer wieder stark belasteten. Der Wunsch mehr über die eigentlichen „Arbeits"inhalte,


über Bewältigungsmöglichkeiten von Gefahrensituationen zu erfahren, wurde vor allembei jüngeren Partnerinnen der Berufssoldaten immer wieder laut. Nach längerem Zusammenlebenhatte man sich in den Familien entweder mit der Situation abgefunden oderdaran gewöhnt. Man lebte damit.Zufrieden oder nicht?Kann eine Familie mit ihrem Leben zufrieden sein, wenn sie ständig gewärtig sein muß,daß ihr von außen „reinregiert" wird? Ja und Nein. Ja, weil es noch sehr viele andereMomente gab außer den Dingen, die von Arbeit und Beruf auf das familiäreZusammenleben wirkten. Die gegenseitigen Gefühle, die Wertschätzung des Partners,Kinder mit ihren Freuden und Kümmernissen, die gemeinsamen Erlebnisse, der Gleichklangbei weltanschaulichen Fragen, Interessenharmonie, gewisse Familientraditionen,die sich entwickelten, Freunde, auf die man sich verlassen kann und sicher noch manchesandere, gehören hierher. All das existierte für die meisten Familien von Berufssoldatenebenso wie für die in anderen gesellschaftlichen Bereichen.Das Nein wird von ehemaligen Betroffenen auch mit Einschränkungen versehen. Es istjedoch Fakt, daß in den achtziger Jahren eine zunehmende Zahl von Berufssoldaten sichgegenüber Freunden und Bekannten im zivilen Bereich benachteiligt fühlte. Fürintelligente junge Leute bot die Wirtschaft in dieser Zeit eine Fülle interessanterArbeitsplätze und Entwicklungsmöglichkeiten. Mikroelektronik, chemische Industrie,wissenschaftlicher Gerätebau, Werkzeugmaschinenbau, die Bauindustrie und anderebuhlten um Nachwuchs. Geboten wurden gute Arbeitsbedingungen und verhältnismäßighoher Verdienst, Wohnung und Plätze in Kindereinrichtungen. Abstimmungsmöglichkeitenbzw. die freie Entscheidung über die weitere berufliche Perspektive des Partners standenaußer Frage. Latente Unzufriedenheit mit den Dienst- und Lebensbedingungen in denStreitkräften und eben dieser Vergleich mit Bekannten aus dem zivilen Bereich lockerten,neben anderen Momenten, bei etwa einem Drittel der Berufssoldaten die Verbundenheitmit dem erwählten Beruf, bei einem kleinen Teil bis hin zu dem Bestreben, denmilitärischen Beruf aufzugeben. Den Vergleich mit ihren Freunden und Bekannten, dienicht in den Streitkräften dienten und die Unzufriedenheit mit den eigenen Lebensbedingungenhatten sicher auch die Offiziersfrauen im Blick, die in der bereits erwähntenUntersuchung aus den siebziger Jahren zu einem erheblichen Teil meinten, sie würdenden eigenen Kindern bzw. Freunden und Verwandten nicht zuraten einen militärischenBeruf zu ergreifen. Jede vierte Frau hätte von einer solchen Berufsentscheidungausdrücklich abgeraten. Jede siebente der damals befragten Ehefrauen von Jagdfliegernwar mit ihrem Leben an der Seite ihres Mannes unzufrieden. (25)Rückblickend auf ihren Dienst in den Streitkräften sehen 6 Prozent ehemaliger Offizieredie Ursache für Ehekonflikte, die bis zur Scheidung führten, im Dienst in der Truppe.Weitere 16 Prozent verweisen auf zeitweilige Ehekrisen, die jedoch nicht zu einem Bruchder Partnerschaft führten. (26)Belastungen, die über das für Ehe und Familie erträgliche Maß hinausreichten, sahenBerufsoldaten und ihre Familien in:- einer aufgrund der Dislozierung der Streitkräfte begrenzten Wahlmöglichkeit desWohnsitzes; damit häufig verbundenen Einschränkungen für den Partner, inseinem Beruf arbeiten zu können, sowie mit der Infrastruktur zusammenhängendenProblemen der Familienversorgung-der Unterbrechung vorgesehener beruflicher Entwicklungen des nicht in den Streitkräftentätigen Partners aufgrund von häufigen Versetzungen-der Unterbrechung sozialer Kontakte der Kinder und die Bewältigung von Problemenbeim Eingewöhnen in neue Schul-, Klassen- und Freizeitkollektive


-der häufig einseitigen Belastung mit häuslichen und Familienpflichten bei langandauernderzeitlicher Belastung des in den Streitkräften tätigen Partners-begrenzten Möglichkeiten geistig-kultureller Betätigung an entlegenen Standorten-der längeren Trennung vom Partner, wenn kein Wohnraum am Standort zu Verfügungstand-der generellen Begrenzung von Freizügigkeit aufgrund militärischer Erfordernisseund des Geheimnisschutzes-nicht zu übersehenden Gefahren, die mit dem militärischen Dienst, insbesonderemit dem DHS und Gefechtsdienst verbunden waren." (27)Nicht zu übersehen ist auch, daß Partnerinnen von Berufssoldaten, deren Regimenterüber Nacht aufgelöst wurden oder deren Einheiten monatelang in der Braunkohle oder inanderen Zweigen der Produktion eingesetzt waren, anfingen, am Beruf ihres Partners zuzweifeln. (28) Die veränderte politische Situation, die durchaus sehr aufmerksam verfolgtwurde, tat dazu ein übriges.Was kommt, wenn das Dienstverhältnis beendet wird?Ab Mitte der achtziger Jahre wurden vermehrt Berufssoldaten nach 25jähriger Dienstzeitbzw. mit dem Erreichen des 50. Lebensjahres in die Reserve versetzt. Auch dasbedeutete für viele Familien eine Neuorientierung. Mit diesem Schritt war nicht selten einweiterer Umzug der Familien verbunden. Schwerwiegender erwiesen sich jedochKompetenzverlust und Entwertung erworbenen Wissens der Berufssoldaten an denneuen Arbeitsplätzen. Da keine ausreichende Vorbereitungszeit, verbunden mit demAneignen von Spezialwissen für das neue Arbeitsgebiet, gewährt wurde, geriet dasSelbstwertgefühl der Betroffenen nicht selten in eine Krise. Sie zu bewältigen lag in derHauptsache in der Verantwortung der Familie, insbesondere wiederum der Ehefrauen.Vorschläge zu Veränderungen, die eine zielgerichtete Vorbereitung auf einenzivilberuflichen Einsatz erlaubt hätten, gab es, jedoch keine entsprechenden Beschlüsse.Ebenso war eine stärkere Bindung der ehemaligen Berufssoldaten an die Streitkräftevorgeschlagen worden, also eine Art Reservistenverband, um die Möglichkeit desAustauschs und der Wertschätzung bisheriger beruflicher Entwicklung zu sichern. Auchdieser Gedanke kam erst mit der Militärreform zum Tragen, so daß bis dahin vorrangig dieFamilie und der Freundeskreis bei Problemen mit dem zivilen Neuanfang die Lastmittrugen.Mit der Wende stand für 92 Prozent aller verheirateten Berufssoldaten die Sorge um diematerielle Absicherung des weiteren Lebens an der Spitze der Probleme, die diePartnerschaftsbeziehungen beeinträchtigten. In jeder dritten Ehe resultierten daraus 1990ernsthafte Störungen. Existenzsorgen ergaben sich, weil keiner wußte, wie lange der militärischeBeruf noch ausgeübt werden konnte. Die Männer waren meist die "Haupternährer"der Familien und ein bedeutender Teil der Frauen war bereits arbeitslos bzw.von Arbeitslosigkeit bedroht. Berufssoldaten und ihre Familien bewerteten die angebotenenUmschulungen und Weiterbildungsmaßnahmen vor allem unter dem Aspekt desEinstiegs in einen neuen, „sicheren" Beruf. Die Familien wiederum waren bereit, extremeBelastungen zu tragen, wenn im Ergebnis der Bildungsmaßnahmen ein „vermarktbarer"Beruf mit Arbeitsplatzchancen stand. Die Bereitschaft der Ehepartner, eigene Entwicklungenzugunsten des beruflichen Neubeginns des Berufssoldaten zurückzustecken,erwarteten allerdings nur noch 14 Prozent von ihnen. Zu oft war der Verzicht in derVergangenheit gefordert worden, der Bonus war einfach aufgebraucht.Nach der massenhaften Entlassung von Berufssoldaten der NVA in und nach der Wendehaben viele einen Neuanfang gewagt und gemeistert. Ihre solide Vorbildung vom


Meisterabschluß bis zum Diplom sowie die Kursangebote nutzend, gründeten sie teilweiseeigene kleine Firmen, z.B. in der Computerbranche oder für die Nutzung vonHochtechnologien, fanden den Einstieg in renommierte deutsche und internationaleUnternehmen, sind heute im Dienstleistungsbereich und in Verwaltungen dank ihrerKompetenz, ihres soliden Fachwissens und ihrer über Jahre anerzogenenEinsatzbereitschaft hoch geschätzt. Nicht selten nahmen die Familien einen weiterenUmzug mit all seinen Nachteilen für die schulische Entwicklung der Kinder und dieBeziehungen zu Freunden und Bekannten in Kauf. So haben sich die Familien auch indieser Umbruchsituation ein weiteres Mal als sicheres Hinterland für die Soldatenbewährt. (29)Hunderttausendfache BetroffenheitWie groß der von Einschränkungen durch den militärischen Dienst betroffene Personenkreiswar, ist zu ermessen, wenn man weiß, daß beispielsweise 1987 in denLandstreitkräften der NVA 105.983 Soldaten im Grundwehrdienst, Soldaten auf Zeit undBerufssoldaten, davon 14.826 Offiziere dienten. 1989 betrug der Personalbestand derNVA, also LaSK, LSK/LV, VM und direkt unterstellte Einheiten 183 910 Mann. (30)Ihre Angehörigen haben mitgedient, die einen 18 Monate bzw. drei Jahre, viele aber auchüber 10 Jahre und teilweise ein ganzes Leben lang. Die Beschränkungen nahmen dieFamilien auf sich, weil der Gedanke, mit dem militärischen Dienst einen Beitrag zurSicherung des so labilen Friedens in der gespaltenen Welt zu leisten, von den meistenFamilienangehörigen geteilt wurde.Nicht alle Facetten des Lebens der Familien von Soldaten konnten in diesem Beitragberührt werden. Die vorgenommene Konzentration auf die Probleme der Berufssoldatenerscheint jedoch legitim, weil sich hier die Probleme am stärksten bündelten und überlange Zeit wirkten.So ist beispielsweise kaum etwas über die Familien der Unteroffiziere gesagt. Dabei istjedoch zu bemerken, daß Unteroffiziere und Soldaten auf Zeit meist noch nicht verheiratetwaren. Sie hatten allenfalls eine feste Freundin, mit der sie die dreijährige Trennungszeitmeistern mußten. Anders Berufsunteroffiziere. Zu Beginn ihres Dienstes mit 18/19 Jahrengab es nur in Ausnahmefällen festen Bindungen. Das änderte sich jedoch im Lauf derzehnjährigen Verpflichtungszeit. Damit stand dann auch für sie die Frage nach einer Wohnung,nach dem Arbeitsplatz für die Partnerin, nach Krippen- und Kindergartenversorgung.Es ist jedoch in Rechnung zu stellen, daß Berufsunteroffiziere erstens ihre Lebensgefährtinoft im Umfeld des Standortes fanden an dem sie dienten, zweitens wurden sienicht ganz so oft versetzt wie Berufsoffiziere und drittens war zum Zeitpunkt ihrerEheschließung meist schon ein beträchtlicher Teil der 10jährigen Dienstzeit um. Dennochfühlten auch diese Familien die Belastungen durch den militärischen Dienst. ( 31)Einige wenige Worte noch zu den Wehrpflichtigen. Es ist eine Tatsache, daß in denachtziger Jahren immer mehr ältere Wehrpflichtige (kurz vor dem 26. Lebensjahr) undReservisten zum Wehrdienst gezogen wurden. Viele von ihnen waren bereits verheiratet.So trugen in den Landstreitkräften und in den LSK/LV ein Drittel bis zur Hälfte derWehrpflichtigen Verantwortung für eine Familie. Die Trennung von ihr oft über großeEntfernungen - wohnortnahe Einberufung gab es so gut wie nicht in der DDR -, nur 18Tage Urlaub während der 18monatigen Dienstzeit, geringe Möglichkeiten den Wehrpflichtigenzu besuchen, denn Unterbringungsmöglichkeiten in Hotels oder Pensionen gabes in Standortnähe nur selten, das alles war für die jungen Familien belastend. Zwarwußte jeder junge Mann, daß er früher oder später "einrücken" mußte, aber der Zeitpunktwar nicht vorausschaubar, richtete sich nach dem Auffüllungssoll der einzelnen


Wehrorgane. Demzufolge traf der Einberufungsbefehl die Familie nicht selten genau zumverkehrten Termin, beispielsweise kurz vor der Geburt eines Kindes. Beweglichkeit undVerschiebungen in solchen besonderen Situationen zählten nicht gerade zu den Stärkender Wehrorgane. Die Sorge um die Daheimgebliebenen saß also in vielen Kasernenstuben.Dennoch konnten die Wehrpflichtigen sicher sein, daß Frau und Kinder nichtallein gelassen waren. Zunächst griff, bei intakten Familienverhältnissen, immer die Hilfedurch Eltern, Schwiegereltern und Geschwister. Fast alle jungen Frauen warenberufstätig, und es gab kaum ein Arbeitskollektiv, das sich nicht besonders um dieseKolleginnen, die nun mit allem allein dastanden, gekümmert hätte. Die sprichwörtlicheSolidarität und gegenseitige Hilfe in den Kollektiven half ihnen in vielen Situationen.Darüber hinaus hatten die Kollektive des eingezogenen Ehemannes moralischeVerantwortung, die aber seltener zum Tragen kam, es sei denn, persönlicheFreundschaften existierten. Für die materielle Absicherung waren die staatlichen Organeverantwortlich, da der Wehrsold ja nicht ausreichte, eine Familie zu ernähren.Unterhaltsbeträge, Mietbeihilfen und Stundung von Zahlungsverpflichtungen bei Kreditinstitutenwurden auf Antrag bei den Räten der Gemeinden, der Städte oder Stadtbezirkedurch den zuständigen Rat des Kreises gewährt. (32)In vielen Erhebungen ist belegt, daß ältere und verheiratete Soldaten ihre Dienstpflichtenmit großem Engagement erfüllten. Größere menschliche Reife spielte dabei ebenso eineRolle wie die Aussicht auf Belobigungen, von denen verständlicherweise Sonderurlaub ammeisten geschätzt war.Im zivilen Bereich war vieles was die <strong>Soldatenfamilie</strong>n bewegte, weitgehend unbekannt.Es kursierten vielmehr Vorstellungen von erheblichen Privilegien vor allem der Berufssoldaten.Das war insbesondere der Geheimhaltung, der förmlich jede Regung unterlag,geschuldet. Es war geheim, welche Truppenteile an welchem Standort disloziert waren,wie hoch die Dienstbezüge waren, welche Steigerungsstufen wann einsetzten, wie hochdie Miete war, welche dienstliche Perspektive vorgesehen war, welche neuen technischenEntwicklungen ins Haus standen usw. Dieser Mantel der Geheimhaltung brachte nichtwenige DDR-Bürger zu Fehlschlüssen. Hinzu kam, daß die Armee von sich selbst aucheher die positiven Seiten herausstellte, um junge Leute als Nachwuchs zu gewinnen. Soerschien der Soldat als strammer Marschierer bei Paraden, als Handelnder beiVorführungen in den großen Manövern, in den Erzählungen der Wehrpflichtigen währenddes Urlaubs, als Neueinsteiger in einem Betrieb oder einer Verwaltung, wenn der Dienstbeendet war. Alle hellen und Schattenseiten des Soldatenlebens wurden verklärt bzw.blieben der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Dazu gehörte auch die <strong>Soldatenfamilie</strong>.Abschließend sei deshalb noch einmal einer Offiziersfrau, die fünf Kinder großgezogenhat und über lange Zeit berufstätig war, das Wort gegeben. Sie schreibt: „in einer<strong>Soldatenfamilie</strong> zu leben war kein leichtes Dasein. Nicht jede Ehefrau und Mutter konntediese Last tragen. Es gehörte viel Kraft und Mut dazu, all die Jahre zu überstehen."Anmerkungen(1) Frau Adelheid Jentsch an das Konsultationszentrum der NVA in "Militärreform" 2/1990Seite 2(2) Soziale Triebkräfte ökonomischen Wachstums, Dietz Verlag Berlin 1986(3)Sozialreport 1990, Institut für Soziologie und Sozialpolitik der Akademie derWissenschaften der DDR, Herausgeber Gunnar Winkler, Seite 262, gibt Auskunft, wiejunge Arbeiter (Alter bis etwa 35 Jahre) den Wert Familie sehen (Angaben in Prozent):


Es ist für mich sehr wichtig Frauen Männerin einer vollständigen Familie leben 88 83(Vater, Mutter, Kind/er)Kinder erziehen und mit ihnen 86 65zusammen lebenim Alter nicht ohne Familie sein 77 61vom Partner geliebt werden 95 86mit ein und dem selben Partner 71 40alt werdenmit seinem Partner ständig 78 51zusammenleben(4) Familiengesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik, in Ehe und Familie,Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1979, Seite 7Artikel 38 der Verfassung der DDR legte fest:(1) Ehe, Familie und Mutterschaft stehen unter dem besonderen Schutz des Staates.Jeder Bürger der DDR hat das Recht auf Achtung, Schutz und Förderung seinerFamilie.(2) Dieses Recht wird durch die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Ehe undFamilie, durch die gesellschaftliche und staatliche Unterstützung der Bürger bei derFestigung und Entwicklung ihrer Ehe und Familie gewährleistet. Kinderreichen Familien,alleinstehenden Müttern und Vätern gilt die Fürsorge und Unterstützung dessozialistischen Staates durch besondere Maßnahmen.(3) Mutter und Kind genießen den besonderen Schutz des sozialistischen Staates.(5)Studie zu Problemen der politisch-moralischen und psychologischen Vorbereitung desOffizierskorps auf die Erfüllung von Gefechtsaufgaben unter besonderer Berücksichtigungder Anforderungen an die Jagdflieger der NVA, Januar 1980, Seite 184, dortheißt es: Von den Offizieren der NVA sind etwa 95 Prozent verheiratet, bei denjüngeren Berufskadern sind es etwa zwei Drittel.Hartmann, Klaus-Peter: Auskünfte zum Soldatenleben, in: Information NR.4, ArbeitsgruppeGeschichte der NVA und Integration ehemaliger NVA-Angehöriger inGesellschaft und Bundeswehr beim Landesvorstand Ost des DBwV, Berlin 1998, Seite27, dort finden sich folgende Angaben: Nahezu alle befragten Berufssoldaten warenentweder beim Antritt ihres Truppendienstes schon verheiratet (28 Prozent) oder hattenden Schritt in die Ehe im Verlauf ihres Truppendienstes vollzogen (70 Prozent).(6)In einer sozialwissenschaftlichen Erhebung in der 9. PD aus dem Jahr 1990 maßen 96Prozent aller befragten Berufssoldaten Familienglück eine sehr große bzw. großeBedeutung für ihr Leben bei(7)Sozialreport 1990, Seite 264Auf die Frage: Was erwarten Sie vom Zusammenleben mit einem Partner? gaben1988 junge Arbeiter folgende Auskunft (Angaben in Prozent)Ich erwarte in starkem Maße: Frauen Männergegenseitige Achtung 94 93gemeinsame Beratung aller wichtigen 94 88Entscheidungendaß man über alles sprechen kann 93 89


Treue 92 89Liebe 85 84gemeinsame Betreuung und Erziehung 81 80der Kindergemeinsame Kinder 79 63Kameradschaft 75 70Sicherheit in den persönlichen 72 65Lebensumständenmaterielle Sicherheit 67 69gemeinsame Freizeitgestaltung 66 63sexuelle Harmonie 65 78einen gemeinsamen Freundeskreis 43 47eine gute Arbeitsteilung im Haushalt 40 44(8) Heiratsordnung vom 05.01.22, abgedruckt in: Taschenkalender für das DeutscheReichsheer, 50.Jg., Berlin 1929, S. 238ff, zitiert in: Heidelore Dillkofer, Georg-MariaMeyer, Siegfried Schneider: Soziale Probleme von <strong>Soldatenfamilie</strong>n der Bundeswehr,Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen,1986Hier war beispielsweise festgelegt, daß kein Angehöriger der Reichswehr ohneEinwilligung seines Vorgesetzten eine Ehe eingehen durfte und außerdem mindestens27 Jahre alt sein mußte.(9) Erlaß des BMVg vom 10.Januar 1958, in VMBl des Bundesministers der Verteidigung,Jg. 1958, S.95f, zitiert nach Heidelore Dillkofer, Georg-Maria Meyer, SiegfriedSchneider: Soziale Probleme von <strong>Soldatenfamilie</strong>n der Bundeswehr, WestdeutscherVerlag GmbH, Opladen,1986, Seite 38(10)Lange, Inge Lektion am 20. Mai 1987, veröffentlicht in: Informationen desWissenschaftlichen Rates "Die Frau in der sozialistischen Gesellschaft", Heft 4/1987,Seite 25/25(11)ebenda Seite 12(12)Hartmann, Klaus-Peter, a.a.O., Seite 43Angaben verheirateter Berufssoldaten, deren Ehefrauen den Arbeitsplatz wechselnmußten, zur Häufigkeit des Wechsels während der Zeit des TruppendienstesOffiziere Fähnriche B.Unteroffz.Einmal 23 55 57Zweimal 33 33 29Dreimal 20 11 144- bis 5mal 17 0 0Öfter 5 0 0keine Angabe 1 0 0(13) Beschluß des Ministerrates der DDR zur langfristigen Sicherung des militärischenBerufsnachwuchses und über Maßnahmen zur Verbesserung der Dienst- undLebensbedingungen der Berufsoffiziere, Fähnriche und Berufsunteroffiziere vom26. Juni 1980, AMBl Nr. 51/80, D/9-1/3(14) ebenda;


Leistungen in diesem Sinne sind:- die Gewährung von Treuezulagen entsprechend den Rechtsvorschriften undrahmenkollektivvertraglichen Bestimmungen,- die Verleihung von Medaillen für treue Dienste entsprechend denRechtsvorschriften, die Gewährung finanzieller Zuwendungen bei Würdigung nacheiner bestimmten Beschäftigungsdauer (Arbeitsjubiläum).Die genannten Leistungen werden gewährt, wenn im bisherigen und neuen Arbeitsrechtsverhältnisgleichartige Regelungen gelten. Der Anspruch auf Gewährungsolcher Leistungen ist unter Bezugnahme auf die geltenden rechtlichen Regelungendurch den zuständigen Leiter zu bestätigen und mit der Beurteilung (Personalakte)dem neuen Betrieb/Bereich zu übersenden. Im neuen Betrieb/Bereich ist demWerktätigen beim Einstellungsgespräch mitzuteilen, welche bisherigen Leistungenweiterhin gewährt werden. Die für die Gewährung der Leistungen im bisherigenBetrieb/Bereich geltenden Festlegungen (Auszeichnungsstufen, Auszeichnungszeiten,finanzielle Zuwendungen) bleiben ohne Einfluß.Der Anspruch auf personengebundenen Urlaub bleibt weiterhin bestehen, wenn derEhepartner im bisherigen Betrieb auf Grund der bis 1978 geltenden RegelungenZusatzurlaub für langjährige Betriebszugehörigkeit (Treueurlaub) erhalten hat,unabhängig davon, ob im neuen Betrieb personengebundener Urlaub gewährt wirdoder nicht.Bei Notwendigkeit können die Ansprüche mit Hilfe des Amtes für Arbeit beim Ratdes Kreises geltend gemacht werden.(15) Zusammenfassung von Meinungsäußerungen der ersten Absolventinnen vonOffiziershochschulen über ihren Dienst als Offizier -, April 1989, Seite 7(16) ebenda, Seite 8(17) Georg-Maria Meyer, Siegfried Schneider "Vater versetzt, Kind sitzengeblieben", in:Information für die Truppe 10/89, 11/89 sowie Heidelore Dillkofer, Georg-MariaMeyer, Siegfried Schneider: Soziale Probleme von <strong>Soldatenfamilie</strong>n derBundeswehr, Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen,1986Auf Seite 104 ist zu lesen: Der Sohn der Familie AB besuchte in R-Stadt (Bayern)die erste und zweite Grundschulklasse, dann erfolgte der Umzug nach K-Stadt(NRW), wo ein anderes Schulsystem bestand. Dort besuchte er zunächst weiter dieGrundschule und kam dann nach der vierten Klasse in die Realschule. BeimUmzug nach M-Dorf (Bayern) mußte der Sohn wieder in die Hauptschule. In dasGymnasium konnte er nicht gehen, weil er dann eine Aufnahmeprüfung hättemachen müssen, da er das bayerische Übergangsverfahren nicht mitgemachthatte. Zu dieser Prüfung sah sich der Direktor jedoch nicht in der Lage, da er nichtwußte, welchen Stoff der Sohn der Familie AB in NRW durchgenommen hatte. Esblieb daher nur die Möglichkeit der Rückkehr in die Hauptschule, die der Sohn biszur 6. Klasse besuchte. Erst danach konnte er erneut den Übertritt zur Realschulevollziehen, da das bayerische Schulsystem erst zu diesem Zeitpunkt denRealschuleintritt vorsieht.Bisher gute Schüler finden sich plötzlich nach dem Umzug aufgrundunterschiedlicher Lehrpläne, Fächerkombinationen und Anforderungen in einerVersagersituation, die sie nicht zu vertreten haben, die sie aber besonders trifft, dasie angesichts des Verlustes vertrauter Freunde auf die Anerkennung durch neueMitschüler besonders angewiesen sind.(18) Diese Angabe ist ein Durchschnittswert, der sich aufgrund der Aussagen derBefragten Berufssoldaten im Forschungsvorhaben "Soldatenalltag in der NVA",1996, ergibt.


(19) Hartmann, Klaus-Peter, a.a.O., Seite 28(20) Die NVA verfügte am Ende der 80er Jahre über mehr als 80000 Wohnungen.Hartmann, Klaus-Peter, a.a.O., Seite 27(21) Sozialreport 1990, Institut für Soziologie und Sozialpolitik der Akademie derWissenschaften der DDR, Herausgeber Gunnar Winkler, Seite 258(22) Tätigkeiten, die in den Familien überwiegend die Frau ausführt (1988), Angaben inProzent:Tätigkeit nach Angaben nach Angabender Frau des MannesSaubermachen 59 50Wäsche waschen 79 67Zubereitung Mahlzeiten 53 43kl. Hausarbeiten 42 36Geschirr spülen 36 22tägliche Einkäufe 34 24ebenda, Seite 259Tätigkeiten, die in den Familien von Frauen und Männern überwiegend gemeinsamoder abwechselnd ausgeführt werden, (1988), Angaben in ProzentTätigkeit nach Angaben nach Angabender Frau des MannesWochenendeinkäufe 61 60tägliche Einkäufe 44 56Geschirr spülen 51 55Wege zu Dienstleist. 44 51Zubereitung Mahlzeiten 36 38Saubermachen 31 32ebenda, Seite 261(23) ebenda, Seite 262(24) Hartmann, Klaus-Peter, a.a.O., Seite 24Ferienplätze erhieltenOffiziere Fähnriche B.Unteroffz.1 bis 2mal 17 16 39


3 bis 4mal 21 28 05 bis 6mal 16 4 227 bis 10mal 19 24 911 bis 15mal 12 8 0häufiger 8 12 0keine Angabe 7 8 30Der Aufenthalt in einem NVA-Erholungsheim kostete, unabhängig von der Saison,für Armeeangehörige 65,00 Mark; für den Ehepartner 65,00 Mark; für Kinder bis zu14 Jahren 32,50 Mark; für Zivilbeschäftigte 58,50 Mark.Für einen dreiwöchigen Aufenthalt in einem Kinderferienlager zahlten die Eltern: fürdas erste und zweite Kind je 9,00 Mark, für das dritte 7,00 und für das vierte 5,00Mark.(25) Studie zu Problemen der politisch-moralischen und psychologischen Vorbereitungdes Offizierskorps auf die Erfüllung von Gefechtsaufgaben unter besondererBerücksichtigung der Anforderungen an die Jagdflieger der NVA, Januar 1980,Seite 194(26) Ehemalige Offiziere der NVA antworteten auf die Frage:Gab es in Ihrer Ehe Konflikte, die durch Ihren Dienst in der Truppe bedingt waren?(Angaben in Prozent)Nein 37,4Ja, aber unsere Ehe ist dadurch nur fester geworden 30,7Ja, und es kam zeitweilig zu Ehekrisen 15,7Ja und wir haben uns scheiden lassen 5,6keine Antwort 10,7Befragungsergebnisse aus der Erhebung zum Alltag in der NVA; ArbeitsgruppeGeschichte der NVA und Integration ehemaliger NVA-Angehöriger in Gesellschaftund Bundeswehr beim Landesvorstand Ost des DBwV.(27) Wünsche, Wolfgang (Herausgeber): Rührt euch!, edition ost, Berlin 1998, Seite407f.Georg-Maria Meyer, Siegfried Schneider "Vater versetzt, Kind sitzengeblieben", in:Information für die Truppe 11/89 stellen ähnliche Probleme für die Bundeswehrfest, indem sie u.a. folgende Thesen vertreten:- Die Berufstätigkeit der Ehefrauen von Soldaten hat quantitativ zugenommen undan Stellenwert für beide Ehepartner gewonnen.- Die Bereitschaft der Ehefrauen sich ausschließlich an den Anforderungen des(Soldaten)berufs ihrer Männer auszurichten, sinkt zunehmend.- Familiale Belange erhalten gegenüber dienstlichen Forderungen einen höherenStellenwert als bisher.- Familien(frei)zeit gewinnt zunehmend an Bedeutung.- Die Mobilitätsbereitschaft der <strong>Soldatenfamilie</strong> sinkt zunehmend.


- Kriterien für die Versetzungsbereitschaft von Soldaten sind immer wenigeKarrieregesichtspunkte, sondern zunehmend "Familienverträglichkeit" und anderesoziale Faktoren.- Militärische Verhaltensmuster schlagen auf die Familie durch und verursachenoder verschärfen Konflikte.- Die "Sinnkrise" der Bundeswehr wird auch in die <strong>Soldatenfamilie</strong> hineingetragen.(28) Beschluß der Regierung der DDR über einseitige Reduzierungsmaßnahmen vom23.01.1989(29) Ministerium für Abrüstung und Verteidigung / Verwaltung Staatsbürgerliche Arbeit:Information über einige Aspekte der sozialen Lage von Berufssoldaten, August1990(30) Kopenhagen, Wilfried, Die Landstreitkräfte der NVA, Motorbuch Verlag Stuttgart,1999, Seite 173 Im gleichen Buch finden sich auf Seite 175 folgende Angaben überdie Stärke der NVA am 1.12.1989ArmeeangehörigeZivilbeschäftigteNVA 183.910 31.150davonLASK 114.410 13.510LSK/LV 35.960 4.950VM 10.750 2.610Ministerium und 22.790 10.080zentr. Unterstellte(31) Etwa zwei Drittel der Unteroffiziere bestätigen Belastungen des Familienlebensdurch den Dienst, Hartmann, Klaus-Peter, a.a.O., Seite 41(32) Wehrdienstgesetz und angrenzende Bestimmungen, Staatsverlag der DeutschenDemokratischen Republik, Berlin 1983, Seite 109 fDort heißt es:Für die Angehörigen werden folgende Unterhaltsbeträge gewährt: 1. für die Ehefraua) - wenn dem Haushalt mindestens ein Kind angehört, das das 16. Lebensjahrnoch nicht vollendet hat, oder- wenn sie sich im Schwangerschafts- oder Wochenurlaub befindet oder- wenn sie eine Schule besucht bzw. an einer Hoch- oder Fachschule studiert(Direktstudium) und deshalb keine Berufstätigkeit ausüben kann oder- wenn sie sich in der Berufsausbildung befindet und Lehrlingsentgelt erhält oder- wenn sie invalide ist oder einen im Haushalt lebenden ständig pflegebedürftigenFamilienangehörigen betreuen mußmonatlich 250 Mb) wenn sie nachweisbar keine berufliche Tätigkeit ausüben kann und neben demUnterhaltsbetrag gemäß dieser Verordnung kein weiteres eigenes Einkommen hatmonatlich 300 M


c) wenn die Voraussetzungen für die Gewährung der unter Buchst. a oder bfestgelegten Unterhaltsbeträge nicht vorliegenmonatlich 100 M2. für jedes Kindmonatlich 60 MFür die finanzielle Versorgung während des Reservistendienstes galt, daßReservisten neben dem Wehrsold einen Ausgleich in Höhe des Durchschnittslohnesvon den Betrieben oder Einrichtungen gezahlt bekamen, in denen siebeschäftigt waren. Ebenda Seite 104

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