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Journal für Ärztinnen und Ärzte

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DEMENZ<br />

Fortbildung<br />

schwerer Demenz können spezifische<br />

psychotherapeutische Verfahren bei in<br />

der Krankheitsbewältigung unterstützend<br />

eingesetzt werden.<br />

Vaskuläre Demenzen (VD)<br />

Zerebrovaskuläre Erkrankungen bzw.<br />

ischämisch bedingte Schädigungen des<br />

Gehirns sind <strong>für</strong> etwa 10–20% der Demenzen<br />

im höheren Lebensalter verantwortlich.<br />

Unter „vaskulärer Demenz“ versteht<br />

man ein klinisch diagnostiziertes dementielles<br />

Syndrom (quantifizierbar <strong>und</strong><br />

reproduzierbar durch neuropsychologische<br />

Tests) mit Hinweisen auf zwei oder<br />

mehr ischämische Infarkte (Anamnese,<br />

neurologische Untersuchung, Bildgebung)<br />

oder Auftreten eines einzelnen<br />

Infarkts mit einer eindeutigen zeitlichen<br />

Beziehung zum Auftreten des dementiellen<br />

Syndroms <strong>und</strong> Hinweis auf mindestens<br />

einen Infarkt außerhalb des<br />

Kleinhirns, nachgewiesen mittels CCT<br />

oder T1-gewichteter MRT. Wesentliche<br />

diagnostische Kriterien sind in Tab. 8 angeführt.<br />

Ursachen <strong>und</strong> Pathophysiologie.<br />

Ursächlich kommen zerebrale Infarkte<br />

(selten größere) in Frage, die im allgemeinen<br />

nur dann zu einer dementiellen<br />

Entwicklung führen, wenn es sich um<br />

multitope Durchblutungsstörungen handelt<br />

oder aber die Durchblutungsstörung<br />

bestimmte kritische Areale betrifft, wie<br />

den Thalamus, den mediobasalen Temporallappen<br />

bzw. den Hippokampus<br />

oder den Versorgungsbereich der A. gyri<br />

angularis der dominanten Hemisphäre.<br />

Etwas häufiger finden sich vaskuläre<br />

Demenzen im Zusammenhang mit<br />

einem Status lacunaris oder mit einer<br />

subkortikalen arteriosklerotischen<br />

Enzephalopathie vom Typ Binswanger.<br />

Eine sehr seltene Ursache einer vaskulären<br />

Demenz ist die Erkrankung CADA-<br />

SIL (vgl. 1.1 Ischämisch bedingte Durchblutungsstörungen<br />

des Gehirns).<br />

Anamnese<br />

Anamnestische Hinweise auf vaskuläre<br />

Ursachen der Demenz sind ein plötzlicher<br />

Beginn der kognitiven Beeinträchtigung<br />

– typischerweise in engem zeitlichen<br />

Zusammenhang mit einer klinisch<br />

manifesten Durchblutungsstörung des<br />

Gehirns –, eine schrittartige Zunahme<br />

der Symptomatik <strong>und</strong> ein fluktuierender<br />

Verlauf mit episodischen Verschlechterungen<br />

<strong>und</strong> Teilremissionen. Das Vorlie-<br />

gen von Risikofaktoren des Schlaganfalls,<br />

vor allem einer arteriellen Hypertonie,<br />

stützt die Diagnose.<br />

Klinische Symptomatik<br />

Klinisch finden sich häufig fokale neurologische<br />

Ausfälle als Resultat der abgelaufenen<br />

zerebralen Durchblutungsstörung(en).<br />

Die kognitive Beeinträchtigung<br />

betrifft oft verschiedene Teilbereiche in<br />

sehr unterschiedlichem Ausmaß („lakunäre<br />

Ausfälle“), die Krankheitseinsicht<br />

<strong>und</strong> die Urteilsfähigkeit bleiben oft sehr<br />

lange erhalten.<br />

Diagnostik<br />

Der Nachweis ischämisch bedingter<br />

zerebraler Infarkte bzw. Lakunen mittels<br />

CCT- oder besser kranialer MRT-Untersuchung<br />

stützt die Diagnose. Im weiteren<br />

Krankheitsverlauf entwickelt sich dann<br />

häufig auch eine diffuse Hirnatrophie,<br />

vor allem bei Patienten, die bereits mehrere<br />

Infarkte erlitten haben. Das Vorliegen<br />

ausgeprägter „white matter lesions“<br />

(„Leukoaraiose“) spricht eher <strong>für</strong> eine<br />

vaskuläre als eine primär degenerative<br />

Ursache der Demenz. Mittels SPECT-<br />

Untersuchung lassen sich eventuell multilokuläre,<br />

umschriebene kortikale Störungen<br />

der Perfusion nachweisen.<br />

Therapie<br />

Die therapeutischen <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ärpräventiven<br />

Maßnahmen orientieren sich an<br />

der Gr<strong>und</strong>krankheit. Donepezil oder Memantin<br />

sind bei vaskulären Demenzen<br />

Mittel der ersten Wahl. Bei Mischformen<br />

der Demenz können Rivastigmin <strong>und</strong> Galantamin<br />

effektiv sein.<br />

Demenz mit Lewy-Körperchen<br />

(DLB)<br />

Die Demenz mit Lewy-Körperchen<br />

(Lewy-body-disease, DLB) ist die dritthäufigste<br />

(7–20%) Demenzform.<br />

Ursache <strong>und</strong> Pathophysiologie<br />

Die Erkrankung ist durch eine progrediente<br />

Hirnatrophie <strong>und</strong> das Vorliegen<br />

sog. Lewy-Körperchen (intrazelluläre,<br />

kugelige, Sphingomyelin-hältige Einschlusskörperchen)<br />

charakterisiert, die<br />

sich im frontalen Kortex, in limbischen<br />

Strukturen (Hippocampus, Gyrus cinguli,<br />

Corpora amygdaloidea) <strong>und</strong> in der Substantia<br />

nigra im Hirnstamm nachweisen<br />

lassen.<br />

Tabelle 9<br />

Diagnostische Kriterien der<br />

Demenz mit Lewy-Bodies<br />

Kernsymptome<br />

• Progredientes kognitives Defizit<br />

• Schwankungen der Kognitionsleistung<br />

• Visuelle Halluzinationen (detailiert, konkret)<br />

• Parkinsonsymptomatik (selten Tremor)<br />

Stützsymptome<br />

• REM–Schlafstörung (RBD)<br />

• Schwere Neuroleptika-Sensitivität<br />

• Visuell-Räumliches Defizit ab Demenzfrühstadium<br />

• DAT-SCAN: geringere striatale DAT-Aufnahme<br />

(Dopamintransporter) bei DLB-Patienten im<br />

Vergleich zu AD-Patienten<br />

Klinische Symptomatik<br />

Die Erkrankung manifestiert sich zwischen<br />

dem 40. <strong>und</strong> dem 80. Lebensjahr<br />

mit einem Häufigkeitsgipfel im 7. Lebensjahrzehnt,<br />

die Krankheitsdauer beträgt<br />

durchschnittlich sechs bis sieben<br />

Jahren. Leitsymptom der Erkrankung ist<br />

eine allmählich progrediente Demenz,<br />

bei der kognitive Leistungseinbußen,<br />

Gedächtnisstörungen, Störungen der<br />

Aufmerksamkeit wie auch im Visuo-Spatialbereich<br />

sowie eine Beeinträchtigung<br />

frontal-subkortikaler Fähigkeiten im<br />

Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />

Als besonders charakteristisch gelten<br />

eine auffallend fluktuierende kognitive<br />

Leistung – mit starken Schwankungen<br />

der Aufmerksamkeit <strong>und</strong> der Vigilanz – ,<br />

rezidivierend auftretende, sehr konkrete<br />

visuelle Halluzinationen (zum Beispiel<br />

Menschen, Gegenstände) <strong>und</strong> eine begleitend<br />

auftretende extrapyramidale<br />

Symptomatik mit Rigor, Tremor <strong>und</strong><br />

Akinese. Weitere Symptome sind rezidivierende<br />

Synkopen <strong>und</strong> Stürze bzw.<br />

kurzdauernde Bewusstseinsstörungen,<br />

die Entwicklung eines systemisierten<br />

Wahns, die Manifestation anderer Arten<br />

von Halluzinationen <strong>und</strong> eine Unverträglichkeit<br />

bestimmter Neuroleptika<br />

(Tab. 9).<br />

Diagnostik<br />

Mittels bildgebender Verfahren ist ggf.<br />

eine temporal betonte Hirnatrophie nachweisbar.<br />

Herdförmige Läsionen sprechen<br />

gegen das Vorliegen einer Lewy-Körperchen-Erkrankung.<br />

Im DAT-Scan zeigt<br />

sich im Vergleich zur AD eine signifikant<br />

verringerte striatale Dopamintransporter-<br />

Aufnahme.<br />

seite 32 DER MEDIZINER 1-2/2008<br />

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