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Journal für Ärztinnen und Ärzte

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ULCUS CRURIS<br />

Fortbildung<br />

Differentialdiagnostik<br />

des Ulcus cruris<br />

OA Dr. Albert Bacher, Prim. Univ.-Doz. Dr. Franz Trautinger<br />

Das Ulcus cruris oder „Unterschenkelgeschwür“<br />

ist eine deskriptive Diagnose.<br />

Dahinter verbergen sich unterschiedliche<br />

Erkrankungen <strong>und</strong> nicht selten liegt ein<br />

multifaktorielles Geschehen vor, welches<br />

häufig bereits über Jahre besteht <strong>und</strong> zu<br />

chronischen W<strong>und</strong>en führt, die oft als<br />

„Alterserscheinung“ abgetan <strong>und</strong> schicksalhaft<br />

akzeptiert werden. In der europäischen<br />

Bevölkerung ist das Ulcus cruris<br />

mit einer Inzidenz von 1 pro 100 Erwachsener<br />

eine weit verbreitete Erkrankung.<br />

Korrekte Diagnostik, gezielte Ausschaltung<br />

pathogenetischer Faktoren <strong>und</strong> die<br />

Anwendung der Prinzipien der modernen<br />

W<strong>und</strong>behandlung sind die wesentlichen<br />

Faktoren,die in vielen Fällen zu einer Besserung<br />

des Leidens <strong>und</strong> zur Abheilung<br />

des Ulcus führen können.<br />

Vaskuläre Ursachen<br />

• Periphere arterielle Verschlusskrankheit<br />

• Chronisch venöse Insuffizienz<br />

• Angiodysplasie<br />

• Lymphabflussstörungen<br />

• Vaskulitiden<br />

• Begleitvaskulitis bei Autoimmunerkrankungen<br />

wie Kollagenosen<br />

• Livedovaskulitis /-vaskulopathie<br />

• Periarteritis nodosa<br />

• Kutane leukozytoklastische Vaskulitis<br />

• Vaskulopathie/Mikrozirkulationsstörung z.B.<br />

Kryoglobulinämie, Ulcus hypertonicum (Martorell),<br />

Cholesterinembolien, Calciphylaxie<br />

• Entzündliche Hauterkrankungen z.B. Nekrobiosis<br />

lipoidica, Pyoderma gangränosum<br />

• Hämatologische Ursachen z.B. Sichelzellanämie,<br />

Sphärozytose, Thalassämie, Myeloproliferative<br />

Erkrankungen<br />

• Neuropathie<br />

Infektionen<br />

• z.B. Mykosen, bakterielle Infektionen (Ecthyma)<br />

Metabolische Ursachen<br />

• z.B.: Diabetes mellitus, Gicht, Amyloidose,<br />

Arzneimittel (Hydroxyurea)<br />

• Ulzerierte Hauttumoren<br />

Chemische/Physikalische Ursachen<br />

• Artefakte<br />

Die häufigste Ursache von Ulcera im<br />

Bereich der Beine stellt die chronisch venöse<br />

Insuffizienz mit einem Anteil zwischen<br />

60% <strong>und</strong> 80% dar.Weitere 10–20%<br />

beruhen auf arteriellen Durchblutungsstörungen.<br />

Der Rest verteilt sich auf entzündliche,<br />

hämatologische <strong>und</strong> hämostaseologische,<br />

neoplastische, traumatische,<br />

neuropathische <strong>und</strong> weitere seltene<br />

Ursachen (Tabelle).<br />

Häufig finden sich auch Kombinationen<br />

wie beim sogenannten Ulcus mixtum<br />

mit arterieller <strong>und</strong> venöser Komponente<br />

<strong>und</strong> beim komplexen Krankheitsbild des<br />

diabetischen Fußsyndroms, zu dessen<br />

Entstehung Mikroangiopathie, Makroangiopathie,<br />

Neuropathie, Stoffwechselstörung<br />

<strong>und</strong> Abwehrstörung in wechselndem<br />

Ausmaß beitragen.<br />

Ulcus cruris venosum<br />

Die typische Lokalisation ist proximal<br />

des medialen Knöchels im Ursprungsgebiet<br />

der Vena saphena magna, die W<strong>und</strong>en<br />

sind meist relativ flach <strong>und</strong> polyzyklisch<br />

begrenzt, der Gr<strong>und</strong> zeigt unterschiedliche<br />

Granulationstendenz <strong>und</strong><br />

häufig schmierige Beläge mit oder ohne<br />

Superinfektion (Abb. 1). In der Umgebung<br />

der Ulcera findet man immer Zeichen<br />

der chronisch venösen Insuffizienz:<br />

Corona phlebectatica paraplantaris,<br />

Dermatoliposklerose, Hyperpigmentierung<br />

(„Purpura Jaune d’Ocre“), Ödem,<br />

Atrophie blanche. Kleine Ulcera auf<br />

Basis einer Atrophie blanche sind meist<br />

schmerzhaft, große sehr häufig indolent.<br />

Durch die Sekretion kommt es häufig<br />

zur Mazeration der Umgebung, was die<br />

allergische Sensibilisierung begünstigt.<br />

Viele Patienten sind multivalent sensibilisiert,<br />

da über Jahre sehr viele verschiedene<br />

Externa appliziert wurden.<br />

Die Ursache des Gewebsuntergangs<br />

liegt in einer kapillären Hypertonie, einerseits<br />

durch Reflux bei Klappeninsuffizienz<br />

bedingt, andererseits durch arthrogene<br />

Stauung bei Einschränkung der<br />

Sprunggelenksbeweglichkeit. Man vermutet,<br />

dass es durch die Druckerhöhung<br />

zu einer Störung der Mikrozirkulation<br />

<strong>und</strong> zu einer Sklerosierung des Gewebes<br />

kommt. Durch die reduzierte Perfusion<br />

in den Gefäßen werden Leukozyten<br />

am Endothel aktiviert, welche zu<br />

einer Schädigung desselben führen <strong>und</strong><br />

damit die Permeabilität erhöhen. Damit<br />

beginnt ein Circulus vitiosus der letztendlich<br />

zum Ulcus führt.<br />

Zur Diagnose führt einerseits das typische<br />

klinische Bild, zusätzliche apparative<br />

Untersuchungen dienen der Evaluierung<br />

der Venenfunktion <strong>und</strong> zum Ausschluss<br />

eines eventuell bestehenden<br />

Abbildung 1<br />

Atrophie blanche bei chronisch venöser<br />

Insuffizienz<br />

seite 18 DER MEDIZINER 1-2/2008

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