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Ausgabe 1959 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Hohenzollerlsehe Heimat<br />

Viertel] ahresblätter für Schule und Haus<br />

Herausgegeben vom Verein für Geschichte,<br />

in Verbindung mit<br />

Schriftleitung:<br />

Josef Wiest, Gammertingen<br />

Postverlagsort Gammertingen<br />

Preis halbjährlich 0.80 DM<br />

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern<br />

der hohenz. Lehrerschaft<br />

Druck:<br />

Buchdruckerei S.Acker, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Nummer 1 Gammertingen, Januar <strong>1959</strong> 9. Jahrgang<br />

2Ulen 'Mtaebeten unb liefern<br />

Rottes Stieben unö ©egen im JÜ\)MZ <strong>1959</strong>!<br />

Aus der Landschaftsgeschichte des hohenzollerischen Oberlandes<br />

1 Teil Das Andelsbachtal<br />

Vom Nordhang des Höchsten, einem Bergrücken östlich<br />

von Heiligenberg im Zuge der Wasserscheide Rhein-<br />

Donau, fallen die Quellwasser des in Glashütten, Gemeinde<br />

Illwangen, entspringenden Andelsbaches dem Illmensee zu,<br />

um, diesem entronnen, den Ruschweilersee zu durchfließen<br />

und dann als munteres Bächlein und bald als rechter Bach<br />

nordwärts an Denkingen, dem Weiler Andelsbach, an Zell<br />

und Hausen vorbei der Ablach, einem rechten Nebenfluß der<br />

oberen Donau, zuzueilen und sich mit diesem im Park von<br />

Krauchenwies zu vereinigen. Dem Wanderer durch das Andelsbachtal<br />

bieten sich keine große Sehenswürdigkeiten, vergebens<br />

sucht er nach Schlössern und Burgen, nach großen<br />

Bauwerken und Kunstschätzen, wenn man von der nahen,<br />

geschichtlich bedeutungsvollen alten Reichsstadt Pfullendorf<br />

mit ihrer 'Wallfahrtskirche Maria Schray und einigen kunstgeschichtlichen<br />

Kostbarkeiten, die manche Dorfkirche schmükken,<br />

absieht. Gerade diese Unberührtheit des Andelsbachtales<br />

ist es, die ihm seinen besonderen Reiz gibt; die Landschaft<br />

zeigt weiche Formen; sanft ansteigende Hänge säumen<br />

das Tal, die breiten Wiesengründe bieten im Frühling ein<br />

leuchtendes Blütenmeer, dunkle Tannenwälder schieben sich<br />

da und dort über die Talwände herab, leicht gewellte Höhenrücken<br />

wechseln mit weitgedehntem fruchtbarem Ackerland,<br />

ausgeschürfte flache Mulden und enge Seitentäler sind gesäumt<br />

von Wellen und Wogen aufquellenden Buschwerkes.<br />

Das ist das Bild unserer heimischen Landschaft rings um<br />

das Andelsbachtai.<br />

Berührung des Jura mit dem Tertiär Oberscfcswabens<br />

So lieblich und freundlich diese Landschaft ist, so reizvoll<br />

und aufschlußreich ist eine kurze Schau in ihr erdgeschichtliches<br />

Werden. Nur eine gute Stunde nordwärts vom unteren<br />

Andelsbach ragen die Kalkfelsen des südlichen Albrandes an<br />

den Ufern der jungen Donau auf; an schroffen Felsenwänden<br />

vorbei hat sich die Donau in gewundenem Lauf mühsam<br />

ihren Ausgang aus der Enge des oberen Donautales bei Sigmaringen<br />

erzwungen. Mit dem Durchbruch zwischen Mühlberg<br />

und Schloßfelsen bei Sigmaringen hat sie das letzte<br />

Hindernis überwunden. Gleich unterhalb dieses Durchbruches<br />

weichen die Talwände beiderseitig zurück, an die Stelle der<br />

ragenden Kalkfelsen treten die gerundete Kuppe des Schönebergs<br />

und das abgeflachte Hochgelände der rechten Talseite.<br />

Hier wird deutlich die Grenzlinie oder, besser gesagt, die<br />

Berührung von zwei Erdzeitaltern sichtbar. Hier endet - von<br />

Norden her - in unserem heimatlichen Bereich die Juraformation,<br />

bis hierher sind - von Süden her - die quartären<br />

Ablagerungen der dem Tertiär Oberschwabens fast allenthalben<br />

aufgelagerten Moränen- und fluvioglazialen Bildungen<br />

{ Schmelzwasserablagerungen) vorgedrungen.<br />

Das Molassemeer und seine Ablagerungen<br />

Unsere landschaftsgeschichtliche Schau über den Raum<br />

südlich der Donau muß sich zunächst dem Tertiär Ober-<br />

schwabens zuwenden. Im Tertiär war - als nichtigste Erscheinung<br />

für diese Schau - das Gebiet zwischen Rhone-<br />

Becken und dem Wiener Becken von einem etwa 100 km<br />

breiten und 600 km langen Meeresarm, einem Süßwassermeer,<br />

überflutet. In unserer Gegend dehnte sich das Meer<br />

von der Alpenzone bis zur Alb und erreichte hier die Höhe<br />

um Harthausen a. d. Sch.—Winterlingen. Das Süßwassermeer,<br />

das in fünf Perioden sich ausbreitete und wieder zurückflutete,<br />

hat als Hauptablagerungen die Meeresmolasse<br />

und zwar die Untere Meeresmolasse (Untermiozän), die Untere<br />

Süßwassermolasse (Mittelmiozän) und die Obere Süßwassermolasse<br />

(Obermiozän) hinterlassen. Die Molasse hat<br />

am Raum südlich der Donau den Jura überlagert. In Oberschwaben<br />

ist die Untere Meeresmolasse nicht erschlossen,<br />

dagegen bieten sich hier wertvolle Einblicke in die Ablagerungen<br />

der Unteren und besonders der Oberen Süßwassermolasse.<br />

Alle Ablagerungen enthalten Kalke, Sande,<br />

Mergel und Nagelfluh; die Schichten können aber nach Gesteinsarten<br />

nicht unterschieden werden. Sande, sowohl die<br />

gröberen Sande wie die sehr feinen Ffoh- oder Fohsande,<br />

Mergel und Nagelfluh treten in der Gegend um Hausen a. A.<br />

klar zu Tage. Die Pfohsande sind gleichbedeutend mit Fuchssande,<br />

weil die Füchse hier am leichtesten und liebsten ihre<br />

Höhlen bauen. Nagelfluh ist durch kalkiges Bindemittel zu<br />

harten Felsmassen verkittetes Kiesgeröll-Konglomerat.<br />

Von der Flora und Fauna der Molassezeit<br />

Menschliche Spuren sind im Tertiär nicht nachweisbar, dagegen<br />

weisen die Molasseschichten Versteinerungen auf, die<br />

über eine reiche Pflanzen- und Tierwelt Aufschluß geben und<br />

in der Mischung von Land- und Seeresten auf Küstenbildungen<br />

hinweisen. Nach den Versteinerungen aus Flora und<br />

Fauna herrschte im Miozän ein warmes, teilweise tropisches<br />

und subtropisches Klima, das eine Vegetation, die der heutigen<br />

Mittelmeerzone ähnelt, zur Entfaltung brachte. Da<br />

wuchsen herrliche Palmen in unserer Gegend; Zimt-, Feigenund<br />

Lorbeerbäume waren gemischt mit Arten der noch bei<br />

uns vorkommenden Geschlechter der Waldbäume., mit Pappeln,<br />

Weiden, Linden, Ahorn u. a. rn. Das Tierreich war vertreten<br />

durch Haifische, Delphine, Ceritnien (Cerithium = Hornschnecke,<br />

eine fossile Schneckengattung), durch Bryozoen,<br />

Balanen und Pholaden.<br />

Die Bryozoen oder Moostierchen sind sehr kleine Geschöpfe,<br />

die in der Regel weniger als 1 mm Durchmesser<br />

hateen. Sie sind nicht selten in solcher Menge vorhanden, daß<br />

sie ganze Schichten oder Bänke bilden, die aus den kalkigen<br />

Ueberresten dieser Tierchen bestehen. Einen wesentlichen<br />

Anteil an der Gesteinsbildung haben die Balanen = Me.~reicheln,<br />

auch Seetulpen genannt. Sie gehören zur Klasse der<br />

Krebse. Weiter sind zu nennen Pholaden = Bohrmuscheln,<br />

das sind verschiedene Arten von Meeresschnecken<br />

und Meeresmuscheln, darunter vor allem Austern.<br />

Mehrere Kiesgruben zu beiden Seiten des Andelsbachtales


2 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

bei Hausen, auch solche bei Pfullendorf, Rengetsweiler, im<br />

Ostrachtal bei Rosna und Bernweiler bieten aufschlußreiche<br />

Einblicke in die Molasse des Tertiärmeeres und haben in<br />

der Vergangenheit reiche Funde aus der genannten Fauna zu<br />

Tage gefördert. Im letzten Jahrhundert haben die Bodenaufschlüsse<br />

im Andelsbachtal das besondere Interesse der Geologen<br />

gefunden. Vor allem war der links am südlichen Ortsausgang<br />

nach Pfullendorf liegende, jetzt vom Gestrüpp überwucherte<br />

Steinbruch eine Fundggrube für den Geologen. Dr.<br />

K. Miller schreibt über ihn in einer Arbeit „Das Molassemeer<br />

in der Bodenseegegend": „Altberühmt ist der Steinbruch<br />

von Hausen am Andelsbach; früher waren dort Schichten<br />

mit mehreren Cerithien (Cherithium = Hornschnecke,<br />

eine fossile Schneckengattung) aufgeschlossen, während sie<br />

jetzt selten und kaum gut bestimmbar zu finden sind in den<br />

tieferen Schichten. Der gegenwärtige große Steinbruch hat<br />

oben 3 m Kies; dann 7 m Bryozoensande, oben gesimsartig<br />

vorstehend, nach Süd-Süd-Ost einfallend, mit zahlreichen<br />

Versteinerungen, nach unten förmliches Muschelkonglomerat;<br />

dann 5 m Nagelfluh, deren Gerolle von Pholaden (Bohrwürmern)<br />

angebohrt sind und aus weißem und rötlichem,<br />

auch pisolithischem (tertiärem Süßwasser-) Kalk bestehen. In<br />

diesem Nagelfluh sind Säugetierreste, Zähne von Delphinen<br />

und andere nicht selten. Das leicht kenntliche Muschelkonglomerat<br />

ist schon von den Römern abgebaut und in der<br />

jüngst entdeckten römischen, mit Badeeinrichtungen versehenen<br />

Niederlassung bei Mengen als Baustein verwendet<br />

worden. Eine Römerstraße führt hart an dem Steinbruch<br />

vorbei."<br />

Eine ähnliche Struktur zeigen die neueren Kiesgruben auf<br />

der Hauser Gemarkung und die bei Ettisweiler und Bittelschieß.<br />

Alle Kiesgruben zeigen Ablagerungen des Tertiärs<br />

mit Mergel, groben Sanden, feinen Fohsanden und mit Kiesund<br />

Nagelfluh. Versteinerungen sind in diesen Kiesgruben<br />

selten. Auch Quenstedt, Geologe in Tübingen von 1837—1888,<br />

hat schon den großen Steinbruch von Hausen für die Süßwassermolasse<br />

Oberschwabens als besonders charakteristisch<br />

bezeichnet. Der Steinbruch, ein von Wellen gepeitschter<br />

Strandkehricht, aus Quarz und Muschelbrocken zusammengesetzt,<br />

weist — nach Quenstedt — sicher auf Küstenbildungen<br />

hin. „Darin liegen die Knochen und Zähne ringsum stark<br />

abgerollt. Rhinocerus incisivus (Unterkieferzahn vom Rhinocerus)<br />

herrscht vor, glänzend wie Edelgestein, was die eigenthümliche<br />

Querstreifung des Schmelzes so außerordentlich<br />

kenntlich macht. Crag, Falum, Leithakalk (= typische fossilreiche,<br />

tertiäre Bildungen) scheinen die enstprschenden<br />

Strandbildungen zu sein. Ueberhaupt ist jene Gegend von<br />

Pfullendorf für die Ausbeutung der Molasse eine der reichsten.<br />

Dort liegt Rengetsweiler mit Cerithium plicatum und<br />

margaritaceum (zwei Schneckenarten) und H. Dr. Schill führt<br />

sie ausdrücklich unter dem Muschelgrant von Hausen und<br />

Zell an, wenngleich die 50' — 60' mächtigen Ablagerungen zu<br />

Unterabteilungen sich nicht besonders eignen; dort liegt in<br />

Hausen der große Baianus tintinnabulum petref. und der<br />

kleine sulcatus (das sind besondere Blanusarten), welche so<br />

lebhaft an jüngere Tertiärablagerungen erinnern; dort liegen<br />

endlich die herrlichsten Haifischreste, welche ich aus Schwaben<br />

kenne." (' Fuß oder Schuh, ein Längenmaß von etwa<br />

34 cm. Petrifakten sind Versteinerungen. Fossilien = Spuren<br />

von Lebewesen früherer Erdzeitalter.)<br />

Das Ende der Molassezeit mit der Bildung der Flußläufe<br />

In der 4. Phase des Molassemeeres wurde der Jurarand<br />

nicht mehr erreicht. Der Jura war während der Molassezeit<br />

in fortwährender Hebung begriffen. Die Hebung im Westen<br />

erfolgte während und nach der Molassezeit weit stärker als<br />

im Osten; daran wird erklärbar, warum sich das Molassemeer<br />

von Westen nach Osten, vom Genfer See bis Wien,<br />

stufenweise zurückgezogen hat. Auch die massenhaften Ablagerungen<br />

der Oberen Süßwassermolasse haben in unserem<br />

Raum an dem Rückzug des Meeres mitgewirkt. In dieser<br />

erdgeschichtlichen Periode haben sich - wir beschränken uns<br />

immer auf den heimatlichen Raum - die Flußläufe der<br />

Donau, der Ablach, des Andelsbaches und der Ostrach gebildet,<br />

doch haben die Flußläufe im Laufe der Jahrtausende<br />

teilweise, so die Donau in ihrem Ursprungslauf und auf der<br />

Strecke Ehingen—Blaubeuren—Ulm, hier durch Abdrängung<br />

nach Süden, noch Abweichungen erfahren.<br />

Die Eiszeit<br />

Das Gesicht der Landschaft unserer Heimat ist im wesentlichen<br />

im Diluvium (Eiszeitalter), der älteren Periode der<br />

dem Tertiär folgenden Quartärzeit, geformt worden. Im besonderen<br />

sind das breit ausgeschürfte Andelsbachtal mit den<br />

flachen Talrändern und die nur in leichten Wellungen um<br />

Hausen sich dehnenden Hochflächen das Endergebnis der<br />

Arbeit dieser erdgeschichtlichen Periode. In viermaligem<br />

Vorstoß haben sich in diesem Eiszeitalter die Alpengletscher<br />

in das Alpenvorland vorgeschoben, eine Reihe weiter,<br />

seichter Becken ausgeschürft, die Höhen, Hänge und Hügel<br />

abgeflacht und ihren gesamten Herrschaftsbereich, der teilweise<br />

bis'zur Donau, einmal sogar darüber hinaus reichte,<br />

mit mächtigen Moräneablagerungen ihrer Schmelzwasser<br />

(= Fluvioglazial) überschüttet. Die vier Eiszeiten, und zwar<br />

Günz-, Mindel-, Riß- und Würmeiszeit waren von warmen<br />

Zwischeneiszeiten (Interglazial) abgelöst, die ihnen zeitlich<br />

etwa die Waage halten. Die Gegend um Hausen war in der<br />

dritten Eiszeit, der Rißeiszeit, vor etwa 240—130 000 Jahren,<br />

vom Rheingletscher überzogen, dessen Moränen, bis auf die<br />

Südwestalb und zwischen Sigmaringen und Riedlingen noch<br />

über die Donau hinüberreichend, dem Tertiär aufgelagert<br />

worden sind. Die Moränestruktur zeigt Sand, Lehm, Kies,<br />

Geröll, erratische Blöcke, meist ungeschichtet, wirr durcheinander<br />

gemengt, die Geschiebe von verschiedener Herkunft,<br />

teils Kalke, teils zentralalpine Gesteine, kantengerundet,<br />

oft poliert und geschrammt. Die mächtigen fossilfreien Geröllmassen<br />

bei Zielfingen müssen als fluvioglaziale Sedimente<br />

des zurückweichenden Eises mit seinen Schmelzwässern gelten.<br />

Auch die großen Kiesaufschüttungen mit dem für Bauzwecke<br />

begehrtenRollkiesel im südhohenzollerischen und oberschwäbischen<br />

Raum sind Ueberbleibsel des Eiszeitgletschers.<br />

Soweit die Altmoränen, zu denen die Ablagerungen des<br />

Rißzeitgletschers gehören, an der Erdoberfläche liegen, sind<br />

sie stark verwittert, mit Lehm und Löß bedeckt und haben<br />

ihre ursprüngliche Gestalt eingebüßt. Erratische Blöcke, auch<br />

Irrblöcke oder Findlinge genannt, sehen wir heute noch als<br />

Denkmale der Eiszeit im Park in Krauchenwies. Wir finden<br />

solche aber auch gelegentlich in Dörfern, wo sie als natürliche<br />

Randsteine an Wegen lagern. In der Moränelandschaft<br />

haben die auf die Arbeit der Gletscher zurückgehenden<br />

Wannenbildungen zur Zeit der Abschmelzung der Gletscher<br />

zahlreiche Seen, Moore, seichte Gewässer und Sümpfe erstehen<br />

lassen. Dazu gehören der Illmensee, der Ruschweilersee,<br />

das Pfrungener Ried und das Egelsee-Moor bei Ruhestetten.<br />

In unserer dem Gebiet der Altmoräne zugehörenden<br />

Gegend - zu den Altmoränen zählen die zweite und dritte<br />

Eiszeit, die sogen. Mindel- und Rißeiszeit -sind solche auf<br />

die ausgehende Eiszeit zurückgehende stehende Gewässer<br />

zwar seltener als im Gebiet der nicht so weit nach Norden<br />

vorgedrungenen Jungmoräne, doch blieb auf der Hauser Gemarkung<br />

ein Ueberbleibsel der Abschmelzung des Rißeiszeitgletschers<br />

bis in unsere Zeit erhalten: der auf der südlichen<br />

Feldgemarkung gelegene Egelsee, der erst in der zweiten<br />

Hälfte des vorigen Jahrhunderts trocken gelegt worden ist<br />

Dagegen ist der benachbarte Lausheimer Weiher kein Produkt<br />

der Gletscherabschmelzung, vielmehr ist dieser eine<br />

vom Kloster Salem, das in Lausheim umfangreiche Besitzungen<br />

und Rechte hatte, zur Fischzucht geschaffene künstliche<br />

Anlage.<br />

Im Jungdiluvium erfolgte nocheinmal ein Vorstoß der Gletscher<br />

gegen Oberschwaben, doch hat dieser unsere Gegend<br />

nicht mehr erreicht. Die Gletscherzunge läßt jetzt einen<br />

westlichen, auf badischem Gebiet gelegenen und einen östlichen,<br />

fast rein württembergischen Eislobus erkennen. Das<br />

Tor zwischen beiden, der Höchsten, entläßt den Andelsbach,<br />

dessen Tal diesmal eisfrei geblieben ist und das in seinem<br />

Oberlauf abfließende Gletscherwasser gesammelt hat. Die Erhebung<br />

des Höchsten dürfte bei diesem Aufmarsch verzögernd<br />

gewirkt haben. Der Hügelkranz der Jungmoräne<br />

schließt sich vom Höchsten über Ostrach, südlich an Saulgau,<br />

unmittelbar nördlich vor Aulendorf vorbei und in weitem<br />

Bogen nördlich um Schussenried herum und findet seine<br />

östliche Begrenzung in dem Bogen Wolfegg—Leutkirch—Isnj<br />

Von der Moräne<br />

Wer sich - auch nur flüchtig - mit der I ndschaftsgeschichte<br />

des Raumes südlich der Donau befaßt, wird auf<br />

verschiedenartige Bezeichnungen der Moräne stoßen. Deshalb<br />

sei hier noch ein Hinweis auf diese Benennungen angemerkt:<br />

Moränen sind die vom Gletschereis mitgeführten und abgelagerten<br />

Gesteinsmassen, sind kurz gesagt also Gletscherschutt.<br />

Je nach Art der Ablagerungen spricht man von<br />

Grundmoräne, Seitenmoräne, Mittelmoräne, Innenmoräne,<br />

Obermoräne, Endmoräne und - zeitlich gesehen - Alt- und<br />

Jungmoräne. Die Grund- )der Untermo'äne entzieht<br />

sich unseren Blicken. Sie liegt untergrundig, ist also<br />

Grundschutt. Dieser Schutt wird am gründlichsten bearbeitet,<br />

gerundet, geschliffen, zum Teil sogar durch Schlamm poliert.<br />

Dadurch entstehen auch noch Sand und Schlamm. Die Seitenmoränen<br />

führen den unterwegs auf den Gletschern<br />

niederfallenden Randschutt mit. Da ihr Schutt zum größten<br />

Teil auf der Oberfläche verfrachtet wurde, blieb er eckig,


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 3<br />

scharfkantig, Schrammen sind selten. Mittelmoränen<br />

entstehen durch die Vereinigung zweier Seitenmoränen, geben<br />

also an, wieviel Zuflüsse der Gletscher erhielt. Innenm<br />

o r ä n e n bilden sich, wenn der Gletscher am Grunde eine<br />

Felskuppe bearbeitet, auch wenn diese seine Oberfläche nicht<br />

erreicht. Obermoräne ist der Schutt, den der Gletscher<br />

auf seiner Oberfläche mitführt. Oft sind abgestürzte Felsblöcke<br />

in den Gletscher eingebettet. Durch oberflächliches<br />

Abschmelzen sammeln sie sich auf der Gletscheroberfläche<br />

an. Sie sind am wenigsten umgeformt, oft noch ganz kantig.<br />

Am unteren Ende ist der Gletscher oft so von Schutt bedeckt,<br />

daß das Eis stark zurücktritt oder nicht sichtbar ist.<br />

End - oder Stirnmoränen sind die Schuttmassen, die<br />

der Gletscher an der Stirnseite vor sich herschiebt und die<br />

beim Abschmelzen des Gletschers als Endmoränewall liegenbleiben.<br />

Altmoräne bedeckt die Gegend um das Andelsbach-<br />

und Ostrachtal, weil bis hierher und weiter nordwärts<br />

bis an die Donau der alte Rheintalgletscher vorgestoßen ist,<br />

während die' jüngeren Vorstöße nur bis in die Mitte Oberschwabens<br />

gelangt sind, daher Jung- oder Jungendmoräne.<br />

Das Ende der Eiszeit<br />

Die Dauer der ganzen Eiszeit wird auf V2—1 Million Jahre<br />

geschätzt, teilweise wird sie mit 600 000 Jahren angegeben.<br />

Unser Gebiet, also der Bereich der äußeren Endmoräne (Alt-<br />

Der Kalvarienberg bei St. Lützen in Hechingen (Vergl. H. H. 1955 S. 14)<br />

„Unberührt vom Laufe der Welt, eine Oase der Ruhe, erhebt sich vor der Klosterkirche der Kalvarienberg mit den Steinfiguren, die der einheimische<br />

Meister Weckenmann geschaffen hat. An kalten Wintertagen mit ihrem schwachen Sonnenlicht vertieft sich noch der Eindruck der Ruhe und der<br />

Weltabgeschiedenheit dieser wie eh und je kirchlichem Leben geweihten Stätte." (Chr. Maute.)<br />

Photo und Klischee Eigentum des Herrn Christian Maute-Bisingen.<br />

:


4 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

moräne), ist vor mehr als 30 000 Jahren endgültig eisfrei geworden,<br />

während die Gletscher im Alpenvorland vor etwa<br />

20 000 Jahren abgeschmolzen sind.<br />

Die alten Flußläufe haben, wie schon oben bemerkt wurde,<br />

durch die Vereisung allgemein, im besonderen auch in unserem<br />

Bereich, manche Veränderungen erfahren. So hat der<br />

Riß-Gletscher den Unterlauf der Lauchert vom Hanfertaler<br />

Ried nach Sigmaringen zugeschüttet und die Lauchert zu der<br />

Schleife durchs Bittelschießer Täle nach Bingen und Sigmaringendorf<br />

gezwungen. Die Donau scheint vom Rißgletscher<br />

in ihrem Lauf zwischen Sigmaringen und Riedlingen nicht<br />

abgedrängt zu sein, vielmehr nimmt die Forschung an, daß<br />

die Donau auf dieser Strecke ihren Lauf unter der Gletscherzunge<br />

beibehalten, den Gletscher also untertunnelt hat. Der<br />

Rheintalgletscher speiste bis zum Höhepunkt der Würmvereisung<br />

zum größten Teil noch die Donau. Die letzte Eiszeit<br />

hat dann endgültig die Wasserscheide Rhein-Donau in Oberschwaben<br />

geschaffen. Mit dem weiteren Rückzug bildete sich<br />

die Wasserscheide in der Linie östlich von Heiligenberg—•<br />

Höchsten heraus. Für den Andelsbach und die Ostrach war<br />

die Jungendmoräne noch niedriger als der Eisrand bei Heiligenberg,<br />

und so blieb der Lauf dieser Flüßchen, wenn schon<br />

das darüber hingehende Eis die alten Formen etwas verändert<br />

haben mag, in der Richtung auf die Donau zu, erhalten.<br />

Die Erdzeitalter - Das Auftreten der Menschen<br />

Der Rückblick auf Erscheinungen in zwei Erdzeitaltern im<br />

heimatlichen Raum, auf Tertiär und Quartär oder Diluvium,<br />

führt zu der naheliegenden Frage, wie diese beiden Erdzeitalter<br />

in die ganze Erdgeschichte einzuordnen sind. Eine<br />

kleine Auffrischung unseres Schulwissens gibt uns die Antwort.<br />

Man unterscheidet heute fünf geologische Zeitalter: die<br />

Erd-Urzeit oder das Archaikum, die Frühzeit oder das Eozoikum,<br />

die Erd-Altzeit oder das Paläozoikum, das Erdmittelalter<br />

oder Mesozoikum mit Trias, Jura und Kreide und endlich<br />

die Erdneuzeit oder das Neozoikum mit Tertiär und<br />

Quartär. Das Quartär als die jüngste aller Formationen steht<br />

an Zeitdauer weit hinter den übrigen zurück. Mit knapp<br />

einer Million Jahre ist es nur ein Anhängsel an das Tertiär,<br />

das etwa 60 Millionen Jahre gedauert haben mag.<br />

Besonders wichtig geworden aber ist das Quartär, weil es<br />

nicht nur, wie oben ausgeführt, unsere heimatliche Landschaft<br />

südlich der Donau geformt hat, sondern weil in dieser<br />

Formation der Aufstieg des Menschengeschlechtes erfolgte.<br />

Die frühesten menschlichen Spuren im oberschwäbischen<br />

Raum weisen an die Schussenquelle, wo Ueberreste von<br />

Rentierjägern gefunden wurden. Das Rentierjägerlager liegt<br />

unmittelbar hinter der äußeren Jungendmoräne des Rheingletschers,<br />

fällt also schon in die Zeit des Eisrückzuges (Altsteinzeit).<br />

Die Forschung datiert das Auftreten der Renjäger<br />

Wie der Hausierhandel entstand<br />

Das enge Killertal mit seinen steilen Talwänden erlaubte<br />

von jeher nur geringen Ackerbau. Der Futterertrag der Wiesen<br />

und Weiden ermöglichte zwar Viehzucht; aber beide<br />

zusammen reichten nicht aus, die Bewohner das ganze Jahr<br />

zu ernähren. Nun boten die Wälder an den steilen Hängen<br />

genügend Holz, um neben dem notwendigen Brenn- und<br />

Nutzholzbedarf in den Wintermonaten die Herstellung allerlei<br />

nützlicher Holzwaren zu ermöglichen, als da sind: Wäscheklammern,<br />

Kochlöffel, Peitschenstecken, Gabeln, Rechen,<br />

Teller, Wellhölzer und Faßhahnen. War der eigene Bedarf<br />

befriedigt, dann stellte man auf Vorrat her. Auf zweiräderigen<br />

Karren fuhr man die Gegenstände auf die Märkte der<br />

Umgegend oder hausierte in den Bauernhöfen des Unterund<br />

Oberlandes. Schon im Jahre 1600 kommen Gedion Pfister<br />

und ein anderer Tiergartenknecht von Jungingen (zwei<br />

Junginger Leibeigene) beim Zollergrafen um Erlaubnis ein,<br />

ihre selbstgefertigte Rechen auf den Markt nach „Nairen"<br />

(Nehren) bringen zu dürfen. Statt der schweren Holzwaren<br />

nahmen manche später leichtere Woll- und Kurzwaren mit,<br />

die beim Großhändler eingekauft wurden. Auch das Absatzgebiet<br />

wurde erweitert; man zog ins hohenzollerische und<br />

württembergische Oberland, an den Bodensee, ins Elsaß und<br />

in die Schweiz. Im Herbst, wenn die Feldarbeit beendet war,<br />

überließen um die Jahrhundertwende rund 200 Junginger<br />

Händler (aus dem ganzen Killertal waren es etwa 600) ihre<br />

kleinen Kinder der Obhut von Verwandten und zogen mit<br />

Bleisle, Pleisle oder Pleisne<br />

die Händlersprache der Killertäler<br />

Zusammengestellt von M. Lorch<br />

wenn auch nicht einheitlich so doch in etwa die Zeit vor rund<br />

30 000 Jahren. Auf hohenzollerischem Gebiet südlich der<br />

Donau darf wohl das aus sechs Hütten bestehende Moordorf<br />

im Moor Egelsee bei Ruhestetten, das im Jahre 1936 von<br />

Oberpostrat a. D. Eduard Peters, dem verdienstvollen hohenzollerischen'<br />

Frühgeschichtsforscher, freigelegt worden ist, als<br />

früheste Stätte menschlicher Siedlung angesprochen werden.<br />

Doch fällt diese Siedlung erst in die Jungsteinzeit. Wenn wir<br />

in diesem Zusammenhang unseren Ausblick etwas ausweiten,<br />

so wären als Fundstellen in Hohenzollern, die auf frühe<br />

menschliche Spuren hinweisen, vor allem zu nennen aus der<br />

Altsteinzeit die Veringenstadter Höhlen, der Probstfeis bei<br />

Beuron, die Kohltalhöhle bei Hornstein und der Dettinger<br />

Berg bei Sigmaringen, aus der Mittelsteinzeit wieder Probstfels,<br />

dann ein Felsüberhang bei Inzigkofen, die Falkensteinhöhle<br />

und der Bernaufels bei Thiergarten. Bei Rosna ist vor<br />

längerer Zeit über einer Kiesschicht ein menschlicher Schädel<br />

gefunden worden, aber leider durch Unachtsamkeit zertrümmert<br />

worden. Vielleicht hätte der Fund in die Altsteinzeit<br />

weisen können.<br />

Abschluß<br />

Mit diesem Schritt in die Zeit des Auftretens des Menschen<br />

in unserem Räume, die wir im Hinblick auf die gewaltigen<br />

Zeiträume der Erdgeschichte schon als Gegenwart bezeichnen<br />

dürfen, endet unsere Schau über die Landschaftsgeschichte<br />

des hohenzollerischen Oberlandes. Verständlicherweise kann<br />

diese knappe Darstellung keine erschöpfende Landschaftsgeschichte<br />

des Raumes südlich der Donau geben. Eine solche<br />

würde auch über den Rahmen unseres Heimatblattes hinausgehen.<br />

Ausgehend vom Raum um das Andelsbachtal, das<br />

durch besonders typische Formen und Erscheinungen für die<br />

beschriebenen Erdzeitalter charakteristisch ist, wurde von<br />

mir nur versucht, eine knappe, kurze Schau in die Landschaftsgeschichte<br />

des hohenzollerischen Raumes südlich der<br />

Donau zu geben. Dabei ergab sich freilich die Notwendigkeit,<br />

das erdgeschichtliche Werden des heimatlichen Raumes im<br />

Zusammenhang mit den großen erdgeschichtlichen Perioden<br />

zu sehen. Wenn dem Heimatfreund aber mit dieser kleinen<br />

Arbeit einige neue Erkenntnisse aus der Urgeschichte unserer<br />

Heimat gegeben werden konnten, so mag sich diese<br />

Schau gelohnt haben. Abschließend seien aus dem Schrifttum<br />

zu dieser Darstellung besonders genannt „Einführung in die<br />

Erd- und Landschaftsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung<br />

Süddeutschlands" von G. Wagner, „Geologie von<br />

Württemberg und Hohenzollern" von E. Hennig, die Schriften<br />

des Bodensee-<strong>Geschichtsverein</strong>s und „Die vor- und frühgeschichtlichen<br />

Kunst- und Kulturdenkmäler in Hohenzollern"<br />

von Eduard Peters und Oskar Paret.<br />

Josef Mühlebach.<br />

ihren Waren von Hof zu Hof, von Dorf zu Dorf, von Markt<br />

zu Markt. Nur an Weihnachten wurde diese Tätigkeit für<br />

einige Tage unterbrochen, um dann anzudauern bis zum Beginn<br />

der Frühjahrsarbeit. Seit die Fabriken im Tal ihren<br />

Einzug gehalten haben, ist der Hausierhandel stark zurückgegangen.<br />

Heute gehen vielleicht noch 1 Dutzend Junginger<br />

auf den Handel.<br />

Die Bleisnersprache<br />

Die Killertäler Hausierhändler haben unter sich eine Art<br />

Geheimsprache, das „Bleisle", herausgebildet. Draußen auf<br />

dem Handel bedienten sie sich derselben, damit der Käufer<br />

über Preis, Qualität und Bezugsquellen der Waren und dgl.<br />

Dinge in Unkennntnis gehalten werden konnte. Wir glauben<br />

mit dieser Veröffentlichung keine Indiskretion zu begehen, zumal<br />

der Hausierhandel allmählich ausstirbt und damit seine<br />

Geheimsprache der Vergessenheit anheimfallen würde. Hier<br />

aber soll sie wenigstens im Archiv der Nachwelt erhalten<br />

bleiben. —<br />

Woher der Begriff „Bleisle" genommen ist, läßt sich kaum<br />

klären. Wahrscheinlich hängt er zusammen mit „leise", „flüstern",<br />

wofür man mancherorts im Schwabenland auch „bisle"<br />

sagen soll. Weil das „Bleisle" nur zum Sprechen und nicht<br />

zum Schreiben bestimmt war, gibt es auch keine Rechtschreibung<br />

davon. Die Grammatik wird erledigt mit<br />

den einfachsten Zusammensetzungen von Eigenschaftswort<br />

und Hauptwort, Hauptwort und Hauptwort, Verwandlung<br />

des Zeitwortes zum Hauptwort. Der Wortschatz ist


Jahrgang <strong>1959</strong> H O H E N Z O L, L ER I S C H E HEIMAT 5<br />

nicht sehr umfangreich. Etwa 200 Wörter und Ausdrücke<br />

genügten, um die folgenden Bereiche im täglichen Leben des<br />

Händlers zu erfassen: 1. Bezeichnungen für Menschen und<br />

Berufe, deren Tätigkeit und Eigenschaften; 2. Körperteile<br />

und Kleidung; 3. Ware und Handel; 4. Quartier; 5. Essen und<br />

Trinken; 6. Unterhaltung; 7. Erotik.<br />

Diese Sprache ist nicht auf einmal entstanden, sondern<br />

neue Wörter wurden nach Bedürfnis und Zufall gebildet.<br />

Diese sind selten einer Fremdsprache entlehnt, sondern meistens<br />

Neubildungen. Oft setzte man für einen Begriff den<br />

Namen eines ähnlichen Dinges (Gerichtsvollzieher = Killemer<br />

Hauzigläder); man setzte den Teil für das Ganze (ringla<br />

= heiraten); man benannte eine Person oder einen Beruf<br />

nach besonderen Eigenschaften oder Tätigkeiten (Plauderer<br />

= Lehrer), (Glitziger Pink = Gendarm).<br />

Scharfe Beobachtungsgabe, eine gute Portion Mutterwitz<br />

und eine Vorliebe für Neubildung von Wörtern haben hier<br />

Pate gestanden. Daß diese Eigenschaften besonders in der<br />

Junginger Bevölkerung eine Heimstätte haben, beweisen die<br />

Uebernamen, mit denen jedermann belegt wird und die<br />

ebenso schon sprichwörtlich gewordene Fopperei.<br />

Manche Ausdrücke sind heute in die Junginger, bzw.<br />

Killertäler Gemeinsprache, in den Dialekt, übergegangen und<br />

Allgemeingut geworden. Man ist sich dabei kaum mehr<br />

bewußt, daß man „bleislet". Beispiel: „Hoscht de Watza? Dr<br />

schüret wie e Drescher! I hau koi Gore (Mus).<br />

Wie sich bezüglich der Mundart in den einzelnen Killertalgemeinden<br />

Verschiedenheiten bemerkbar machen, so kann<br />

man auch beim „Bleisle" Unterschiede beobachten. (Im Wörterverzeichnis<br />

tragen sie folgende Zeichen: Jg. = Jungingen,<br />

K. = Killer, H. = Hausen.) Beispiele: Jg. = schannig, K. =<br />

schattnig. Jg. = Luzian, Done, H. ~ Plauderer. Jg. = Hausnaupen,<br />

Bodekügele, H. = Schnaufkugle.<br />

Zur Aussprachebezeichnung: (D) bedeutet Dehnung, (Z) bedeutet<br />

Zwielaut, (N) bedeutet genäselt, Haken über Selbstlaut<br />

bedeutete offene Aussprache: o (Pfohl), e (Fetschner).<br />

Wort- und Phrasenschatz der sogen. Pleisnersprache<br />

der Hausierhändler aus dem Killertal,<br />

kurz Pleisne oder Pleisle, auch Bleisle genannt.<br />

Wortbezeichnung<br />

a(n)stieba (N)<br />

blanscha (N)<br />

blättla<br />

bleiskera<br />

bliacha (Z)<br />

dossa<br />

dusema (u = D)<br />

falza<br />

fätschna<br />

flimmla<br />

flissna<br />

gätterla<br />

grandig nieta (Z)<br />

hälmla<br />

kritzla<br />

mausa<br />

nieta (Z)<br />

pfladera<br />

pfrenna (H)<br />

ringla<br />

schalla<br />

schinegla<br />

schinza<br />

schura<br />

schwinzla<br />

spanna<br />

stecka<br />

stieba (Z)<br />

stieba (Z) lau (N)<br />

stubt(Z) an(N) (stuibt(Z) an)(N)K.<br />

stubt (D) a (N) (stuibt (Z) a) (N) K.<br />

kommt a(n) (N) gstoba<br />

verboja<br />

verdusema (u =<br />

verkümmla<br />

vernagla<br />

vernöbisa<br />

würfla<br />

zottla<br />

zueschanza (Z)<br />

D)<br />

I. Verben (Zeitwörter)<br />

Bedeutung<br />

etwas angehen, anfangen<br />

bezahlen<br />

Kartenspielen<br />

bezahlen<br />

bezahlen<br />

horchen, sinnieren, warten<br />

schlafen<br />

betteln<br />

schwer austreten, Notdurft verrichten<br />

rauchen<br />

leicht austreten<br />

beichten<br />

schwer arbeiten<br />

wenig essen<br />

schreiben<br />

stehlen<br />

kochen<br />

waschen<br />

zahlen<br />

heiraten<br />

singen<br />

arbeiten<br />

gewinnen<br />

viel essen<br />

stehlen<br />

gucken, suchen, aufpassen<br />

drauflegen (Geld dazulegen)<br />

gehen, fortgehen<br />

fahren lassen, loslassen<br />

er kommt<br />

er geht<br />

kommt gelaufen, gerannt<br />

den Gegner (beim Kartenspiel)<br />

„hochnehmen"<br />

sterben<br />

verkaufen<br />

verkaufen<br />

betrügen, verspielen, „verputzen"<br />

bezahlen<br />

(gerne) trinken<br />

zum Vorteil verhelfen<br />

II. Adjektive (Eigenschaftswörter)<br />

b'schränkt geschlossen<br />

dusman (N) (Ton auf letzt. Silbe) ruhig, gedrückt sein<br />

gwandt (quant) schön, gut, sauber, angenehm,<br />

nett (bei Ware: billig)<br />

häbig (erot.-sex.) zu haben! zur Liebelei aufgelegt!<br />

käppelisch katholisch<br />

knitz boshaftig, zur Liebelei, zum<br />

Foppen aufgelegt<br />

kuazig (Z)<br />

Wortbezeichnung<br />

moggelig<br />

pfärrig<br />

schannig, schattnig<br />

schattig, schannig (H.)<br />

schätterig<br />

schundig<br />

serbig<br />

urchener<br />

verhäspet<br />

Beistieber<br />

Beistieberin<br />

Butz<br />

Bedeutung<br />

boshaftig, zur Liebelei, zum<br />

Foppen aufgelegt<br />

dumm<br />

teuer, reich<br />

häßlich, schmutzig, leicht anrüchig<br />

(besonders in sex. Beziehung)<br />

wütend<br />

wie bei schannig, aber ganz verdorben,<br />

schlecht, nichtsnutzig<br />

schlecht<br />

krank, schlecht aussehen<br />

ganz schlecht (urchener Fätschner<br />

= ganz schlechtes Zeug)<br />

verheiratet<br />

III. Bezeichnungen für Personen und Berufe<br />

Dailespink<br />

Dailessiann<br />

Done (N) Tone (Jg.) 1)<br />

Falzer<br />

Fätschnerspink<br />

Fätschnerssiann<br />

Flaaspink<br />

Flaassiann<br />

Flamminger<br />

Flisslerspink<br />

Glitziger Pink<br />

Hefahannes<br />

Käppelespink<br />

Käppelessiann<br />

Killemer Hauzigläder (Jg.) 2)<br />

Kitzpink<br />

Kuele (Z)<br />

Luzian (Jg.) 1)<br />

Meahlhas (Z), Meahlhäsle (Z)<br />

Peachknipper (Z)<br />

_'ink<br />

Pinkle<br />

Plauderer (H)<br />

Plimpelspink<br />

Plimpelssiann<br />

Riedlespink (Z)<br />

Riedlessiann (Z)<br />

Ruech (Z)<br />

Schinegier<br />

Schmul<br />

Schroter<br />

Siann (Z)<br />

Siannele (Z)<br />

Stiefelmate (H.) 3)<br />

Stichlespink<br />

Stöberling<br />

Stupferlespink<br />

Stupferlessiann<br />

Zottelespink<br />

Knecht, Nebenbuhler<br />

Magd, Nebenbuhlerin<br />

Polizeidiener, Amts- oder<br />

Gemeindediener<br />

Hausherr<br />

Hausfrau<br />

Lehrer<br />

Bettler<br />

Sch . . . kerl, schlechter Kerl<br />

schlechte Frau<br />

Handelsmann, Hausierhändler<br />

Händlerin<br />

Schmied<br />

Nachttopf<br />

Gendarm (hatte früher glänzende<br />

Helmspitze!)<br />

Polizeidiener<br />

Pfarrer<br />

Pfarrköchin<br />

Gerichtsvollzieher<br />

Metzger<br />

Geist<br />

Lehrer<br />

Kind, Säugling<br />

Schuhmacher<br />

Mann, Herr<br />

Knabe<br />

Lehrer<br />

Wirt<br />

Wirtin<br />

Bürgermeister, Vogt<br />

Frau Bürgermeister, Vögtin<br />

Bauer<br />

Arbeiter<br />

Jude<br />

Polizeidiener<br />

Frau, Mädchen<br />

kleines Mädchen<br />

Gerichtsvollzieher<br />

Metzger<br />

Händler<br />

Schneider<br />

Schneiderin, Näherin<br />

Wirt<br />

IV. Körperteile und Kleidung<br />

Baunem Mund<br />

Dauches (Jg.) 4) Gesäß<br />

Epfel Kopf<br />

Guckerle Augen<br />

Hälmle Haare<br />

Löffel Ohren<br />

Schnelzer (H.) Gesäß<br />

Schmecker Nase<br />

Sumesäckle Kropf<br />

Triatterle (Z) Füße<br />

Wangst Bauch<br />

Bletsch Kappe, Hut<br />

Buxa Hosen, Unterhosen<br />

Hampfert Kleid, Hemd<br />

Klüftle Anzug<br />

Läuferle Schuhe<br />

Mintele Kleid, Hemd<br />

Nase(N) windele Taschentuch<br />

Schlupfer Strümpfe<br />

Stauda Kleid, Hemd<br />

Trittling Schuhe<br />

Blättle<br />

bliacha (Z), blanscha (N)<br />

Bummer<br />

Fetschner<br />

Flachs<br />

urchener Fetschner<br />

Gasche (a = D)<br />

Gore<br />

Hagentreiber<br />

Märle<br />

Mus (D)<br />

Pföhl<br />

Rändele<br />

Rutsch<br />

Ruadel (Z)<br />

Schanz<br />

schinza<br />

V. Ware und Handel<br />

die Papiere, Gewerbeschein, das<br />

„Patent"<br />

zahlen<br />

Schulden<br />

ein Sch . . . dreck, besonders angewandt<br />

auf schlechte Ware oder<br />

auf die Meinung eines anderen<br />

Ware<br />

ganz schlechtes Zeug<br />

die Gräze (ein Gestell mit Tragriemen,<br />

um den Warenpack auf<br />

dem Rücken zu tragen)<br />

Geld<br />

Stock<br />

Gaul, Pferd<br />

Geld<br />

1 Mark (einen Pfohl stecken = 1<br />

Mark zulegen)<br />

Sack<br />

Eisenbahn<br />

Wagen<br />

Profit<br />

gewinnen


6 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT<br />

stecka<br />

Wortbezeichnung<br />

Ulmer<br />

vernaglet (gwandt vernaglet)<br />

vernöbiset<br />

zuschanzen<br />

Beißer, Beller<br />

Daile Ruachadaile (Z)<br />

Plimpldaile<br />

Fetschnerdaile<br />

(Schnelzergusch)<br />

Flissnerspink<br />

Gai (Gäu)<br />

Gerra<br />

Hagetreiber<br />

Hitzkäferle<br />

Räppele<br />

Kuele (Kuale) (Z)<br />

Lachabatscher<br />

Mauserle<br />

Moggele<br />

Muhl<br />

Bedeutung<br />

zulegen (i han könne stecka = ich<br />

habs geben können)<br />

Pfennig<br />

gut verkauft<br />

verputzen ('s Mus vernöbiset =<br />

's Geld verputzt)<br />

einem andern zum Vorteil<br />

verhelfen<br />

VI. Quartier<br />

Hund<br />

Haus<br />

Bauernhaus<br />

Wirtshaus<br />

Abort<br />

Abort<br />

Nachtgeschirr<br />

Landstrich, in dem hausiert wird<br />

(der ist mir ins Gäu kumme)<br />

kleines Haus, Hütte (im Gegensatz<br />

zum Bauernhaus)<br />

starker Spazierstock<br />

Ofen<br />

Kirche<br />

Geist<br />

Ente<br />

Katze<br />

Kuh<br />

Ochs, Kc.lb<br />

Wortbezeichnung<br />

Nietere (Z)<br />

pfladere (a = D)<br />

Riedle (Z)<br />

Schmierung (Z)<br />

Schurer (u = D)<br />

schura (u D)<br />

Siampfle (Z)<br />

Staibe<br />

Staubrandele<br />

Vegele (e = D)<br />

Wohlleaber (Z)<br />

Zinderle<br />

ins Siampfle stieba (Z)<br />

i stub (D) ins Siampfle (Z)<br />

ins Siampfle flissna (Z)<br />

ins Siampfle (Z) fätschna<br />

uffem Rändele dusema (u = D)<br />

i muß 'm Pinkle sei (N)<br />

Siampfle (Z) auspfladera<br />

i muß seine verfätschnete Buxe<br />

auspfladera<br />

Anmerkung:<br />

Bedeutung<br />

Jährgang !P r--<br />

Küche<br />

sich waschen, eine Wäsche haben<br />

Dorf<br />

Seife<br />

Löffel<br />

essen<br />

Bett<br />

Mühle<br />

Mehlsack<br />

Läuse<br />

Tisch<br />

Leuchter, Kerze, Licht<br />

ins Bett gehen<br />

ich geh ins Bett<br />

das Bett naß machen<br />

schwer ins Bett machen<br />

auf dem Sack schlafen<br />

i muß dem Jungen das Bett<br />

(Windeln) waschen<br />

i muß seine schwer veruiareinigten<br />

Hosen auswaschen<br />

(Schluß folgt!)<br />

1) Frühere Lehrer in Jungingen hießen Anton (Döne) und Luzian.<br />

2) In Killer gab es viel arme Leute. Der Gerichtsvollzieher mußte<br />

oft von Haus zu Haus gehen, wie ein Hochzeitslader.<br />

3) Der Gerichtsvollzieher trug bei schlechtem Wetter lange Stiefel.<br />

4) „Dauches malauches!" = Schwäbischer Gruß.<br />

Vor- und frühgeschichtliche Bodenfunde im Landkreis Sigmaringen<br />

1957.<br />

1. Laiz. 2 9. April 1957<br />

Beim Aushub einer Baugrube im Gewann „Auf der Breite"<br />

an der Bundesstraße Laiz—Inzigkofen stieß der Landwirt<br />

Rudolf Stehle auf insgesamt 7 Stellen, die Kohlenreste, Tonscherben<br />

verschiedener Farbe mit unterschiedlichen Verzierungen<br />

enthielten. An 2 Stellen fanden sich dickwandige<br />

schwarze Scherben von Urnen, die neben Holzkohleresten<br />

und Hüttenlehm auch Ueberreste menschlicher Knochen und<br />

kleine Bronzeteile enthielten. Landeskonservator Dr. Rieth<br />

stellte an Ort und Stelle fest, daß es sich um eine Urnenfeldersdedlung<br />

(jüngster Zeitabschnitt der Bronzezeit, etwa<br />

1 000 v. Chr.) handelt, die durch Pfostenlöcher einer Latene-<br />

Siedlung (Eisenzeit, etwa 400 bis Christi Geburt) gestört war.<br />

Weitere Bodenfunde sind im Lößboden des Gewanns „Breite"<br />

zu erwarten. Scherbenfunde im nahen Nesselbrunnen deuten<br />

auf die gleichen Zeiten hin.<br />

2. Oberschmeien. 13. Juli 19 57<br />

Landwirt Albert Stöckle stieß beim Aushub einer Baugrube<br />

in seinem Garten in 40 cm Tiefe auf menschliche<br />

Knochen und Bronzefunde. Es handelt sich um 3 Alemannengräber.<br />

Als Beigabe aus Bronze fand man in einem<br />

Frauengrab einen massiven Armreif, einen großen Armreif<br />

mit Holzkern, darin eine sehr schöne Zierscheibe mit geometrischen<br />

Mustern, einen Fingerring, eine gemusterte Bronzeschnalle.<br />

Aus einem Männergrab wurden ein eisernes Messer<br />

und ein Sax (einschneidiges Halbschwert) geborgen. Das<br />

Staatliche Amt für Denkmalspflege datierte die Funde nach<br />

der Zierscheibe in die 2. Hälfte des 7. nachchristlichen Jahrhunderts.<br />

In Oberschmeien war bisher kein Alemannenfriedhof<br />

bekannt.<br />

3. Gammertinge n. Juli 1957<br />

Im Gewann „Blaize" wurde ein Hügelgrab aus der Bronzezeit<br />

aufgedeckt. Dabei kamen Urnen- und Bronzereste zum<br />

Vorschein.<br />

4. Frohnstetten. 19. August 1957<br />

Beim Bau einer Autogarage stieß der Land- und Gastwirt<br />

Hans Nolle zur „Krone" direkt an seinem Gasthof auf<br />

menschliche Knochen und Eisenfunde. Es handelt sich um ein<br />

alemannisches Reihengrab aus dem 7. Jahrhundert. In seinem<br />

linken Arm hielt der Tote ein mächtiges zweischneidiges<br />

Reiterschwert, Spatha genannt. Daneben lag die stattliche<br />

Spitze einer Stoßlanze. Am Wehrgehänge befand sich ein<br />

eiserner Dolch. Neben zahlreichen Schnallen, Riemenzungen<br />

und anderem Beschlag fand man Knöpfe aus Bronze und<br />

Eisen. Der Tote war mit einem Holzschild zugedeckt, von<br />

dem der stattliche Schildbuckel gut erhalten war. Die Alemannenfunde<br />

von Frohnstetten zeichnen sich durch ihre<br />

bedeutende Größe und Wucht aus. Erstmals stieß man 1871<br />

beim Neubau der „Krone" auf die Reihengräber. Die ganze<br />

Umgebung der Krone steht auf einem Alemannenfriedhof.<br />

5. Sigmaringen. 1. Mai 1957<br />

In seinem Garten an der Roystraße fand Hofkammeroberrevisor<br />

Leitermann in einer Baumgrube Latene-Scherben<br />

(Eisenzeit, 400 bis Christi Geburt), die vermutlich von 2—3<br />

Ton-Gefäßen stammen.<br />

1958.<br />

1. Billafingen. 2 8. Februar bis 8. März 1958<br />

Bedeutende Alemannenfunde wurden von Landwirt und<br />

Maurermeister Franz Miller beim Aushub einer Baugrube in<br />

der Nähe der neuen Volksschule gemacht. Insgesamt wurden<br />

17 Skelette ausgegraben. Diese waren wie üblich mit<br />

dem Blick zur aufgehenden Sonne bestattet, in 3 Gruppen zu<br />

je 4 Gräbern in je 2 Schichten übereinander. In einer Gruppe<br />

lag als 3. Schicht ein Skelett quer. Beigaben hatten nur die<br />

Gräber der untersten Schicht, während die oberste Schicht<br />

keinerlei Beigaben enthielt. Daraus ist zu schließen, daß die<br />

Bestattungen der untersten Schicht wohl noch aus der heidnischen<br />

Zeit stammen, die Toten der obersten Schicht wahrscheinlich<br />

schon Christen waren. Als Beigabe wurden gefunden:<br />

Mehrere Schildbuckel, Beschläge von Gürteln und<br />

Wehrgehänge, Zaumzeug, Riemenzungen, Speerspitzen, Stoßlanzen,<br />

Messer, Reitersporen, mehrere Spathen und Saxe.<br />

Besonders schön und gut erhalten war eine Spatha mit wunderbarem<br />

Bronzeknauf und Resten der Schwertscheide. Als<br />

Schmuck fanden sich nur ein Silberplättchen, eine Bronzezierscheibe<br />

und Knöpfe. Die Funde dürfen aus der Zeit vor<br />

und nach 650 n. Chr. stammen. Landeskonservator Dr Rieth<br />

war zu den Ausgrabungen erschienen. Besondere Verdienste<br />

um die Bergung der bedeutenden Funde erwarb sich Hauptlehrer<br />

Andelfinger. Die Funde stellen eine Zierde unseres<br />

Landesmuseums auf dem Zoller dar.<br />

2. Neufra. 12. Mai 1958<br />

Am Ortsausgang gegen Gauselfingen stieß der Landwirt<br />

Josef Leuze beim Bau einer Schleppergarage in seinem<br />

Garten auf ein Skelett in West-Gstlage Als Beigaben wurden<br />

geborgen: ein bronzener Armring und je 5 spitze Riemenzungen<br />

aus Bronze auf den Schienbeinknochen. Nach den<br />

Feststellungen des Amtes für Denkmalspflege in Tübingen<br />

handelt es sich um ein Frauengrab gegen Ende des 7. Jahrhunderts.<br />

Alemannische Funde sind schon Geheimrat Zingeler<br />

bekannt. 1928 wurden an der gleichen Stelle Reihengräber<br />

mit einer Stoßlanze und Riemenzungen gefunden.<br />

3. Sigmaringen. 21. Mai 1958<br />

Am südwestlichen Kellereingang des Blockes E der GSW-<br />

Siedlung an der alten Binger Straße wurden 2 runde Steine<br />

mit je 35 cm Durchmesser und einige Scherben gefunden.<br />

Die Steine hatten Durchbrüche und Nuten. Das Staatliche<br />

Amt für Denkmalpflege stellte fest, daß es sich ziemlich<br />

sicher um den Ober- und Unterteil eines Mühlsteines wohl<br />

römischer Herkunft handle. Es ordnete eine Nachgrabung an,<br />

die jedoch keine weiteren Funde zeitigte.


Jahrgang <strong>1959</strong> H O H E N Z O L, L, E R I S C H E HEIMAT 7<br />

4. Straßberg. 2. Oktober 1958<br />

Schon Geheimrat Zingeler berichtete von Alemannengräbern,<br />

die 1856 in Straßberg gefunden wurden, deren Lage<br />

aber nicht mehr bekannt war. Die Gräber wiesen nur wenige<br />

Beigaben auf. Bei Baggerarbeiten für den Straßenbau stieß<br />

man jetzt am Ortsausgang gegen Ebingen auf 4 Reihengräber.<br />

Ein Schädel war noch sehr gut erhalten. Als Beigabe wurde<br />

nur ein Breitsax gefunden, der nach Feststellung des Staatl.<br />

Amtes für Denkmalspflege in Tübingen dem 7. Jahrhundert<br />

angehört. Wenn es sich bei den Neufunden um den gleichen<br />

Friedhof handelt, so ist er damit wieder festgelegt. Es ist<br />

jedoch durchaus möglich, daß das heutige Straßberg 2 Alemannenfriedhöfe<br />

hat, da ja links der Schmeie die uralte<br />

Siedlung „Bure" lag, die in St. Gallener Urkunden schon<br />

843 erwähnt wird.<br />

5. Straßberg. 16. Oktober 1958<br />

Zwischen den oben erwähnten 4 alemannischen Reihengräbern<br />

fand man im Rand des Straßengrabens an 3 Stellen<br />

eine starke Holzkohlenschicht, die kleine Eisenfunde wie<br />

Lanzenspitze, Eisenschnalle und Pfriemen enthielt, neben<br />

sehr zahlreichen, dünnwandigen Scherben von Tongefäßen<br />

Friedhofkirche von Gruol<br />

„Wer verhielte nicht seinen Schritt, öffnet sich ihm auf froher Wanderschaft durchs liebliche Tal der Stunzach der Blick auf die alte Siedlung Gruol und<br />

ihren mauerumzogenen Friedhof! Der schlanke Turm mit seinem Fachwerkaufsatz, die vieleckige, leuchtende Turmspitze neben der rundlichen Baumgruppe,<br />

dahinter der vielgestufte Aufbau von Giebeln und Dächern des Dorfes, all das unter hellgetöntem Wolkenhimmel ergibt ein Bild von ausgewogener<br />

Schönheit und wohltuendem Stimmungsgehalt." (Chr. Maute.) Photo und Klischee Eigentum des Herrn Christian Maute-Bisingen.


8 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

und sogenannten Ofenkacheln. Wie aus den Ofenkacheln geschlossen<br />

werden kann, handelt es sich um mittelalterliche<br />

Rastplätze oder sogenannte Wohngruben. Ueber Holzkohlenschicht<br />

fanden sich einzelne menschliche Knochen, die wahrscheinlich<br />

aus den Alemannengräbern, die weiter oben am<br />

Hang lagen, abgerutscht oder angeschwemmt sind.<br />

6. Ensisheim. 1956—1958<br />

Seit dem Jahre 1956 und auch schon früher stieß man im<br />

Tuffsteinbruch der Stallithwerke immer wieder auf runde<br />

Vertiefungen in der obersten Schicht des Tuffes, die Holzkohleschichten<br />

und Scherben von dünnwandigen Tongefäßen<br />

und größere Mengen von Ofenkacheln enthielten. Auch<br />

Werkzeuge und Kleineisen, Tonfiguren und ein Würfel aus<br />

Bein wurden gefunden. Die Funde wurden von den Arbeitern<br />

weder gemeldet, noch an eine amtliche Stelle abgeliefert.<br />

Im Zusammenhang mit den letzten Straßberger Funden<br />

konnten durch einen glücklichen Zufall sämtliche sehr zahlreichen<br />

Funde aus Ensisheim sicher .gestellt werden. Sie<br />

kommen zur wissenschaftlichen Bearbeitung an das Staatliche<br />

Amt für Denkmalspflege nach Tübingen. Anscheinend<br />

handelt es sich um sogenannte mittelalterliche Wohngruben.<br />

Im trockenen Tuff zwischen Landstraße und Fluß lagen diese<br />

denkbar günstig.<br />

7. Veringenstadt. Oktober 1958<br />

Veringenstadt ist durch die Ausgrabungen der 4 altsteinzeitlichen<br />

Höhlen, die Oberpostrat Dr. Peters von 1936 bis<br />

1947 durchführte, weltbekannt geworden. Alle heimischen<br />

Kulturschichten von etwa 60 000 vor Chr. bis ins Mittelalter<br />

konnten hier nachgewiesen werden. In den Höhlen fand Dr.<br />

Peters unter anderem auch Scherben der Bronzezeit. 1953<br />

wurde diese Zeit erneut durch 2 Höckergräber und Massen<br />

von Scherben der „Urnenfelderleute" (etwa 1 000 v. Chr.) in<br />

der neuen Siedlung zu Deutstetten nachgewiesen. Im Oktober<br />

1958 stieß man bei umfangreichen und sehr schwierigen Fun>damentierungsarbeiten<br />

für den Neubau der Mechanischen<br />

Weberei Rudolph zwischen Friedhof und Laudiert auf zahlreiche<br />

schwarze und rote, in der Dicke sehr verschiedenen<br />

Scherben, die vereinzelt auch Verzierungen aufwiesen. Die<br />

Muster sind aus der Göpfelsteinhöhle bekannt. Daneben fand<br />

man auch Hirschgeweihe und Zähne von Raubtieren und<br />

Wiederkäuern. Wie aus der Siedlungsware der Scherben geschlossen<br />

werden kann, ist man wahrscheinlich auf eine weitere<br />

ausgedehnte Siedlung der Urnenfelderleute gestoßen.<br />

Unter den Scherben stammen einige auch aus der Hallstatt-<br />

Zeit (800 bis 400 v. Chr.). Dr. Schiek und andere Herren des<br />

Amtes für Denkmalspflege in Tübingen überprüften die<br />

Funde an Ort und Stelle. Jg.<br />

Die Grosselfinger Friedhofkapelle<br />

Als der Platz für die Grabstätten um die Dorfkirche zu<br />

klein geworden war und auf Grund höherer Anordnung die<br />

Begräbnisstätten außerhalb der Siedlungsbereiche verlegt<br />

werden mußten, wurde der hiesige Friedhof im Jahre 1881<br />

am „Galgenrain" angelegt. Die Gewannbezeichnung „Galgenrain",<br />

der Ort an welchem ehedem der Galgen stand, war<br />

damals bestimmt nicht wegweisend für die Anlage des Friedhofes,<br />

sondern die landschaftlich schöne Lage, wie sie einem<br />

Friedhof zukommt. Gleichzeitig mit der Anlage der neuen<br />

Ruhestätte unserer Toten bestand das Bedürfnis, dort eine<br />

Kapelle zu erbauen, um damit im Sinne des Wortes, den<br />

Hof um die Kirche, einen Kirchhof zu verwirklichen. Der<br />

damalige Ortspfarrer Heinrich Heyse, später Stadtpfarrer in<br />

Hechingen, plante die Kapelle und schenkte bei seinem Weggang<br />

von hier eine namhafte Summe für den Kapellenbaufond.<br />

Am 11. August 1889 erfolgte die Grundsteinlegung<br />

durch den Ortsgeistlichen Eugen Maier. Die einheimischen<br />

Handwerker, Maurermeister Ludwig Mössmer und Zimmermeister<br />

Johann Nepomuk Riester, besorgten die Bauausführung.<br />

Die geräumige Kapelle, schlicht in klassizistischer Bauform<br />

mit halbrund geschlossenem Chorraum, ist heute noch<br />

recht ansprechend. Ein quadratischer Dachreiter mit abgeschrägten<br />

Ecken und spitzem Helm krönt das Bauwerk und<br />

verleiht ihm äußerlich kirchlichen Charakter. Zur Ausstattung<br />

der neuen Kapelle stiftete Pfarrer Thomas Speidel, ein<br />

hiesiger Bürgersohn, damals in Dettensee, das Glöcklein und<br />

außerdem vier Tafelbilder, die Evangelisten darstellend.<br />

Diese Bilder befinden sich heute im Chor der neuen Pfarrkirche.<br />

Erst in den letzten Jahren entdeckte P. Tutilo Gröner<br />

O.S.B, bei deren Reinigung ihren wirklichen Wert. Die<br />

Bilder stammen aus dem Jahre 1610 von dem Hechinger Hofmaler<br />

Georg Pfreimer. Als sinnvoller Mittelpunkt der Kapelle<br />

stand auf dem neugotischen Altar eine Mater dolorosa,<br />

eine Holzplastik des Hechinger Bildhauers Schäfer. Die Weihe<br />

der Friedhofskapelle zu Ehren der Schmerzensmutter Maria<br />

geschah am 20. Juni 1891 durch Pfarrer Eugen Maier.<br />

Zur Ehrung des hier noch heute in hohem Ansehen stehenden<br />

Pfarrers Stanislaus Fechter, anläßlich seines 25jährigen<br />

Wirkens, ließ die politische Gemeinde im Jahre 1925 die<br />

Kapelle renovieren. Das Glöcklein, das der erste Weltkrieg<br />

verschonte, wurde leider ein Opfer des zweiten.<br />

Die Stätte stillen Gebetes, der Mittelpunkt unseres Heimatfriedhofes,<br />

war im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte<br />

schadhaft und unwürdig geworden; die dringend notwendige<br />

Renovierung war daher inniger Wunsch vieler Kirchhofbesucher.<br />

Die hochherzige Stiftung einer schwerkranken Mutter<br />

und weitere kleine Opfer ermöglichten jetzt die Renovation<br />

des Innenraumes der Kapelle. Dank der rührigen Initiative<br />

des gegenwärtigen Ortsgeistlichen Pfarrer Erwin Vogel konnten<br />

die Arbeiten soweit abgeschlossen werden, daß am Mittwoch,<br />

den 19. November 1958, am Tag der heiligen Elisabeth,<br />

die Erneuerung der Weihe erfolgen und das erste Iii. Meßopfer<br />

gefeiert werden konnte. Zahlreich waren die Gläubigen,<br />

die sich zur Weihe eingefunden hatten, so daß die Kapelle<br />

nicht alle aufnehmen konnte. Die Betsingmesse, besonders<br />

(Erneuerung der Weihe nach vollständiger innerer Renovierung.)<br />

der Gesang der Kinder, gestaltete die hl. Messe recht feierlich.<br />

Nach dem Evangelium erläuterte Pfarrer Vogel die<br />

Entstehung des Friedhofes, die Erbauung der Kapelle, deren<br />

neue Renovation und die heutige Ausstattung. Die Arbeiten<br />

der Instandsetzung wurden von den einheimischen Handwerkern,<br />

den Gipsermeistern Gottfried Schweizer und Josef<br />

Ruff, dem Schreinermeister August Lorch und Malermeister<br />

Jakob Beck ausgeführt. Eine Bereicherung des fein getönten<br />

Raumes bedeuten die von P. Tutilo Gröner O.S.B, künstlerisch<br />

gestalteten Deckengemälde. Das Fresko über dem<br />

Kapellenschiff zeigt die Auferstehung des göttlichen Heilandes.<br />

In kunstsinniger Weise sind heimatliche Motive (Hohenzoller<br />

und Albrand) mit der Darstellung unseres christlichen<br />

Auferstehungsglaubens verbunden. Der aufmerksame Betrachter<br />

findet im reichen Bildinhalt die bescheidene Signatur<br />

des demütigen Künstlers im Wappen seines Heimatklosters<br />

Beuron. Eine Zierde ist das Rundbild über dem Altarraum.<br />

Die Darstellung der heiligen Dreifaltigkeit in diesem Fresko<br />

findet die sinngemäße Ergänzung in der Holzplastik über<br />

dem Altar, -des Heilandes am Kreuz. Dies Kreuzesbild ist<br />

eine Arbeit des früh verstorbenen Holzbildhauers August<br />

Mayer, eines hiesigen Bürgersohnes. Von der alten Ausstattung<br />

der Kapelle fand die Pieta, Holzplastik von 1891,<br />

in farbiger Fassung wieder ihren gebührenden Platz auf dem<br />

einfachen Altartisch. Eine günstige Neuerung bedeutet die<br />

Entfernung des seitherigen neugotischen Altaraufbaues, rückt<br />

doch dadurch das Bild der Schmerzhaften Muttergottes, als<br />

Patronin der Kapelle in den Mittelpunkt. Die auf dem Altar<br />

stehenden Assistenzfiguren, Maria Magdalena und Johannes<br />

Evangelist, sind Plastiken aus der alten Pfarrkirche. Ein<br />

Fresko mit der Darstellung unseres Lebensschiffes mit den<br />

Insignien Jesu und Maria schmückt die Vorderwand des<br />

Altarsteines. Auch da hat sich der Künstler in feinsinniger<br />

Weise mit dem Signum des Beuroner Klosters verewigt. An<br />

die Wände des halbrunden Chorraumes sind Wappen der<br />

ehemaligen adeligen Herrengeschlechter und einige Daten<br />

alter Urkunden aus der Dorfgeschichte angebracht. Dort<br />

findet sich auch, zwar unauffällig, der vom unvergeßlichen<br />

verstorbenen Ortspfarrer Stanislaus Fechter in die Friedhofkapelle<br />

gewünschte Spruch:<br />

„Was Ihr seid, das waren wir,<br />

Was wir sind, das werdet auch Ihr."<br />

Erinnert dieser Spruch auch an den Tod, so wird der im<br />

Deckengemälde verherrlichte Auferstehungsglauben den stillen<br />

Beter umsomehr erbauen. Die heute noch fehlenden<br />

Daten über Entstehung des Friedhofes, den Bau der Kapelle<br />

und deren Renovierungen sollen später ai die Wände angebracht<br />

werden. Auf die Wiedererrichtung der vordem innerhalb<br />

der Kapelle aufgebaut gewesenen Lourdesgrotte könnte<br />

wohl verzichtet werden, da damit der heute so lichte sakrale<br />

Raum unschön beengt würde. Es dürfte leicht sein, hierfür<br />

eine geeignete Stelle auf dem großen Friedhof zu finden.<br />

Um der Friedhofkapelle die ihr gebührende Stimme zu .gßbm,


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 9<br />

wird von der Gießerei Schilling-Heidelberg das bereits gestiftete<br />

Glöcklein in absehbarer Zeit eintreffen.<br />

Es ist zu hoffen, daß die dringend notwendige Instandsetzung<br />

der Kapelle in ihrem Aeußeren nicht mehr lange<br />

aufgeschoben wird, um damit den Mittelpunkt der wirklich<br />

schön gelegenen Ruhestätte unserer Toten würdig zu gestalten.<br />

Zum Glück konnte im vergangenen Frühjahr die<br />

geforderte Entfernung der 60jährigen, schön gewachsenen<br />

Lindenbäume um die Kapelle verhindert werden. Was wäre<br />

unser Kirchhof ohne Bäume? Allein schon der Wunsch, die<br />

Bäume zu fällen, war ein Frevel. Daß die Gemeinde den<br />

jetzigen Zustand der Einfriedigung des Kirchhofes der Würde<br />

des Platzes entsprechend in Bälde ordnet, ist eine Verpflichtung<br />

gegenüber den Töten und Lebenden. Wenn die Einfriedigung<br />

außerhalb des Traufs der großen Kastanienbäume<br />

gepflanzt wird, können diese das Wachstum eines lebenden<br />

Zaunes nicht mehr beeinträchtigen. Möge die mit der Renovierung<br />

des Innenraumes der Kapelle begonnene Verschönerung<br />

unseres Heimatfriedhofes fortgesetzt und bald fertiggestellt<br />

werden können, damit dieser der Dorfgemeinschaft<br />

allgemein und der Gemeindeverwaltung im besonderen Ehre<br />

macht. Hans Landenberge r, Grosselfingen.<br />

Anton Gabele:<br />

Eine glückliche Hand<br />

Erst der Tod entscheide über den Wert eines Menschen,<br />

steht in der Bibel. Er vollendet manchmal ein schlichtes Alltagsleben<br />

zu einem kleinen Kunstwerk.<br />

So kannte ich eine Bauersfrau, still, fleißig, vom frühen<br />

Morgen bis zur Nacht mit Mühsal beladen, gleich den meisten<br />

andern. Was aber sie und ihr Haus vor vielen hundert<br />

andern auszeichnete, waren auf allen Fenstergesimsen ihres<br />

Hauses bunte, duftige Hängenelken, purpurrote Geranien<br />

und, in den Ecken emporkletternd, die zierliche Campanula<br />

mit ihrem weißen Blüten, Stern an Stern. So blühte das den<br />

ganzen Sommer hindurch, und Regen und Sturm konnten<br />

der Pracht kaum etwas anhaben. Täglich blieben Leute vor<br />

dem Hause stehen, baten um einen Ableger, fragten die Frau,<br />

wie sie es nur anstelle, um solche Blütenfülle hervorzuzaubern.<br />

Da lächelte sie nur und wußte nichts Besonderes zu<br />

sagen. Sie hat eben ihre Blumen gern, sie hat „eine glückliche<br />

Hand", meinten manche dazu.<br />

Nach Jahren kam ich wieder in das Dorf, an dem Hause<br />

vorbei und sah gleich, daß die glückliche Hand nicht mehr<br />

darin waltete. Es standen wohl noch einige Pflanzen in den<br />

Fenstern, doch waren es nur hochstakige Kümmerlinge mit<br />

mageren, halbwelken Blüten. Die alte Blumenfreundin, so<br />

II. Teil<br />

des<br />

Ueber 500 Jahre lang hat in Rangendingen ein Frauenkloster<br />

bestanden. Auf Grund des Reichsdeputationshauptschlusses<br />

vom Jahre 1803, der die endgültige territoriale Entschädigung<br />

jener Fürsten festlegte, die durch Abtretung des<br />

linken Rheinufers an Frankreich Verluste erlitten hatten,<br />

wurde auch dieses Kloster aufgehoben und sein Besitz dem<br />

Fürsten von Hohenzollern-Hechiingen zuerkannt. — Die<br />

Chronik schreibt hierüber:<br />

„Anno 1804 wurde das hiesige Frauenkloster unter der<br />

Regierung Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht Hermann Friedrich<br />

Otto aufgehoben, die Gerätschaften und Güter an Inund<br />

Auswärtige verkauft. Die Kirche aber von diesen Frauen<br />

der hiesigen Bürgerschaft gnädigst überlassen. Die Klosterfrauen,<br />

so noch 5 waren, sind am 18. September durch einen<br />

Herrschaftswagen nach Stetten bei Hechingen in das dortige<br />

Beichthaus abgeführt worden." —<br />

Im Jahre 1807 hat die Fürstliche Verwaltung die Klostergebäudfe,<br />

die bis dahin leer standen, an die Gemeinde Rangendingen<br />

verkauft. Der am 25. Mai des gleichen Jahres hierüber<br />

ausgestellte Kaufvertrag hatte nach unserer heutigen<br />

Schreibeweise folgenden Wortlaut:<br />

Mit gnädigster Genehmigung Sr. Hochfürstlichen Durchlaucht<br />

unseres gnädigsten Souveräns und Fürsten wurde<br />

nachstehender Vertrag mit der Gemeinde Rangendingen verbindlich<br />

abgeschlossen:<br />

1. Wird das Kloster und Kirchengebäude zu Rangendingen<br />

als Eigentum mit dem damit verbundenen Bürgerrecht<br />

und -der bisherigen Steuerfreiheit der Gemeinde Rangendingen<br />

überlassen, wofür dieselbe<br />

erfuhr ich, war an einem Sommertag aus der Stadt heimwegs.<br />

Sie kam durch den Wald über eine Lichtung und an<br />

einem Wassergraben entlang. An dessen Rand wuchert jeden<br />

Sommer ein dichtes Geranke von hauchzarten Blättern und<br />

kleinen gelben Blüten, die in der Mittagssonne einen balsamischen<br />

Duft ausatmen.<br />

Hier fand gegen Abend ein Wanderer unsere Blumenfreundin.<br />

Sie kauerte, in sich zusammengesunken, am Grabenrand,<br />

hielt noch eine der duftigen gelben Blüten empor<br />

und lebte nicht mehr. Ein gütiger Tod hatte ihr mit Blumen<br />

den Abschied leicht gemacht.<br />

Die Aschenlauge<br />

Auf allen Gebieten des täglichen Lebens trat während der<br />

letzten 50 Jahre ein vollständiger Umschwung der Arbeitsformen<br />

ein, so daß es wertvoll sein dürfte, dies an einem<br />

Beispiel darzulegen.<br />

Wenn eine Frau heutzutage wascht, so benutzt sie dazu<br />

als Hilfsmittel Waschmaschine, Trockenschleuder oder einen<br />

Waschautomaten. Es ist vielfach Brauch gewoden, die Wäsche<br />

in einem Lohnbetrieb waschen zu lassen. Mit Hilfe der Maschinen<br />

kann eine Frau die gesamte Wa' charbeit allein verrichten,<br />

während früher mindestens 2 v, übliche Kräfte nötig<br />

waren. Wenn Regen fiel, sammelte die Hausfrau in einer<br />

großen Gelte aus der Dachrinne das Regenwasser. Früh<br />

morgens schüttete sie es in den Waschkessel, und das Holzfeuer<br />

brachte es nach geraumer Zeit zum Sieden. Während dieser<br />

Zeit stellte die Waschfrau einen leeren Zuber bereit, legte<br />

zwei kurze Stäbe darauf und stellte auf die Holzstäbe einen<br />

Korb; ein Leintuch, das sogenannte Aeschertuch, wurde<br />

wie ein Seihtuch darein gelegt. In das Tuch schüttete<br />

man die gesammelte Holzasche und leerte das siedende<br />

Wasser auf die Asche. Es sickerte langsam hindurch,<br />

löste dabei die vielfältigen Salze auf und tropfte als braune<br />

Flüssigkeit in den Zuber. Die Aschenlauge war fertig. Den<br />

„Aescher" (die nasse Asche) warf man in eine Ecke der<br />

Dunggrube. In der Aschenlauge „verkochte" die Waschfrau<br />

die Wäsche, und der Schmutz löste sich. Aschenlauge ist<br />

scharf, reinigt Wunden, erzeugt aber beim Verbrühen gefährliche<br />

Brandwunden. Daher stammt auch das alte Sprichwort:<br />

„Was d' Lauga find't, das heilet gschwind, was d'<br />

Lauga macht, das heilet sacht." Im Frühjahr legte die Hausfrau<br />

in die Aschenlauge die frischgewobene Leinwand, die<br />

sie beim Weber herstellen ließ. (Das hieß man das „Bauchen"<br />

der Leinwand.) Das Leinen verlor dabei die dunkelgraue<br />

Färbung und wurde dann auf die gemeinsame Bleichanlage<br />

der Gemeinde gebracht.<br />

Kauf und Verkauf der Klostergebäude<br />

ehem. Frauenklosters zu Rangendingen nach 1804<br />

von J. Wannenmacher, Schulrat a. D.<br />

2. einen Kaufschilling von Eintausendsechshundert Gulden,<br />

und zwar sogleich sechshundert Gulden bar, und die noch<br />

übrigen Tausend Gulden bis nächstkünftige Michaele zu<br />

bezahlen verspricht.<br />

3. Wird der Gemeinde Rangendingen, solange sie im Besitz<br />

der verkauften Gebäulichkeiten bleibt, gestattet, hierin<br />

Wein- und Branntwein gegen Entrichtung des Weinohmgeldes<br />

und Branntwein Accis (Verbrauchersteuer d. V.) wie<br />

auch Bier von dem herrschaftlichen Bräuhaus gegen Bezahlung<br />

auszuschenken, nicht weniger zu metzgien und zu<br />

backen.<br />

4. Wird der Gemeinde Rangendingen wegen vorstehendem<br />

Contrakt die Tax- und Stempelfreiheit zugesichert.<br />

5. Würde die Gemeinde Rangendingen benötigt sein, den<br />

neuen Bau abzubrechen, und könnten die Baumaterialien<br />

im Lande nicht angebracht werden, so dürfen dreißig Wägen<br />

Baumaterialien zollfrei außer Landes geführt werden.<br />

Zur Festhaltung dieses Contraktes haben sich Nachstehende<br />

eigenhändig unterzeichnet:<br />

Anton Dieringer, Vogt<br />

Johann Wiest, Richter<br />

Hans Martin Schick, Bürgermeister<br />

Christian Beuter, Richter.<br />

L. S. Hochfürstliche Hohenzollerische<br />

Hofrats-Kanzlei.<br />

Die Kaufsumme von Eintausendsechshundert Gulden wurde<br />

laut Bescheinigung von Hofrat Haid am 1. Juni 1807 von der<br />

Gemeinde Rangendingen an die fürstliche Kabinettskasse in<br />

bar einbezahlt.


10 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Schon im September des gleichen Jahres verkaufte die<br />

Gemeinde die Klostergebäude an einen hiesigen Bürger.<br />

Auch hier liegt ein Kaufvertrag vor. Er lautet:<br />

Hochfürstlich Hohenzollersche Contrakten Prot.<br />

dd. 9. Sept. 1807<br />

„Verkauft die Gemeinde Rangendingen gegen Gallus Dieringer,<br />

Stricker das Kloster allda, das alte und neue Gebäude,<br />

die Kirche und Sakristei ausgenommen, wie die Klostermauer<br />

solches umgibt, um Tausend, vierhundert und<br />

fünfzig Gulden, welche in 4jährlichen Terminen, jedesmal<br />

auf den 1. Juni, und zwar erstmals 1808 mit dem landläufigen<br />

Zins zu bezahlen sind.<br />

An obgedachten Kaufschilling übernimmt der Käufer einen<br />

Schuldposten von 1000 Gulden bei dem Rößlewirt Josef Bingele<br />

zu Rottenburg, welchen die Gemeinde demselben schuldig<br />

ist samt 50 Gulden Zins, der Rest von 450 Gulden ist in<br />

obbestimmten Jahreszielen zu bezahlen<br />

Hierbei wurde bedungen, daß, wenn der Käufer den Eingang<br />

auf den Chor und Kanzel ferner nicht gedulden wollte,<br />

die Gemeinde einen Eingang durch die Kirche auf ihre Kosten<br />

machen lassen muß. Das ganze Klostergebäude kommt<br />

in Steuer und Frongeld, wie des Matheis Birkles Haus, und<br />

der Käufer hat auch das erforderliche Bauholz wie jeder andere<br />

Bürger von der Gemeinde zu beziehen. Sollte der<br />

Käufer des Klosters einstens abzubrechen gesonnen sein, so<br />

hat er die Kirche schadlos zu halten, sollte hingegen die<br />

Gemeinde die Kirche abbrechen, so hat selbe den Käufer an<br />

dem Klostergebäude ebenfalls schadlos zu halten. Letztiglich<br />

ist bedungen worden, daß, wenn der Käufer das erkaufte<br />

Klostergebäude abbrechen und außer dem Flecken verkaufen<br />

würde, er von der Gemeinde kein Bauholz mehr zu praetendiren<br />

(fordern) haben solle.<br />

Uebrigens hat der Käufer das Kloster mit allen Gerechtigkeiten<br />

wie solches von gnädigster Herrschaft an die Gemeinde<br />

verkauft worden, übernommen und gekauft.<br />

Bis zur Abzahlung des ganzen Kaufschillings verpfändet der<br />

Käufer der Gemeinde das ganze Klostergebäude und sein<br />

übriges Generalvermögen."<br />

L. S.<br />

Doch scheint Gallus Dieringer mit den Gebäuden wenig<br />

Freude erlebt zu haben, denn er verkaufte sie am 20. Januar<br />

1808 weiter an den hiesigen Bürger und Handelsmann Alois<br />

Pfriemer. Der Kaufvertrag weist eingangs nahezu die gleichen<br />

Bedingungen auf, wie die früheren Verkäufe. Am Schluß<br />

jedoch werden wesentliche Einschränkungen gemacht. Es<br />

heißt dort u. a.:<br />

„Der Käufer steht von der Gerechtigkeit, Wein, Bier und<br />

Branntwein zu schenken, nebst Metzgen und Backen ab, und<br />

will weder von einem bürgerlichen Nutzen, noch sonst von<br />

einer bürgerlichen Gerechtigkeit jemals einen Anspruch<br />

machen.<br />

Soll der Käufer nebst seinen Kindern und Kindeskindern<br />

nicht befugt sein, über lang oder kurz das Bauwesen vor den<br />

Ort hinaus zu veräußern, oder zu verkaufen, außer an einen<br />

Gemeindebürger. Der Kauf ist geschehen um eintausendneunhundert<br />

und fünfzig Gulden." Der restliche Teil des<br />

Vertrages regelte die Art der Bezahlung in vier Jahreszielern.<br />

Alois Pfriemer wiederum blieb nur vier Jahre im Besitz<br />

der Klostergebäude. Es hat sich auch bei ihm in diesem Falle<br />

gezeigt, daß das Leben mitunter stärker ist als alle Verträge<br />

und Bestimmungen. Mit obrigkeitlicher Erlaubnis verkaufte<br />

er das alte und neue Klostergebäude am 24. Januar 1812<br />

an Dionys Ruf, Zimmermann in Stein, und zwar ausdrücklich<br />

zum Abbrechen. — Pfriemer hat hierbei finanziell eine<br />

große Einbuße erlitten. Der Kaufpreis belief sich nur auf<br />

siebenhundert-siebenzig und fünf Gulden.<br />

Nun scheint die Gemeinde Rangendingen doch ein Einsehen<br />

gehabt zu haben. Der schon begonnene und wenig<br />

pietätvolle Abbruch im altehrwürdigen Klostergebäude veranlaßte<br />

sie wohl, an Dionys Ruf heranzutreten und wenigstens<br />

das alte Gebäude, das unmittelbar mit der Kloster-<br />

Die Heraldik unseres Gebiets hat überraschend eine schöne<br />

Bereicherung erfahren durch das W a p p ei nb ü c h 1 e i n<br />

des Kreises Sigmaringen, das als Heft 4 der Veröffentlichungen<br />

der staatlichen Archivverwaltung Baden-<br />

Württemberg vom Kreis Sigmaringen herausgegeben wurde<br />

und in vorbildlicher Weise von unserem Landsmann Staatsarchivrat<br />

Dr. Eberhard Gönner bearbeitet ist. Die Einleitung<br />

stellt eine Wappenkunde im kleinen dar, die alles Wesentliche<br />

über Geschichte und Form der Wappen sagt. (62 Seiten,<br />

Verlag Kohlhammer, Stuttgart). Die 75 farbigen Gemeinde-<br />

Zur Wappenkunde<br />

kirche verbunden ist, zurückzukaufen. Es heißt in dem betreffenden<br />

Kaufbrief:<br />

„Mit Hochfürstlich gnädigster Herrschaftserlaubnis verkauft<br />

Dionys Ruf, Zimmermann von Stein, gegen die Gemeinde<br />

Rangendingen das alte Klostergebäude zu allda zum<br />

Stehenlassen oben im Dorf, an des Herrn Pfarrers<br />

Garten und dem Kirchweg gelegen, nebst dem Platz und<br />

Hofräithe vor dem Kloster. Der Zimmermann macht sich verbindlich,<br />

alles, was von dem Klostergebäude hinweggeführt<br />

worden, nämlich an Oefen, Türen, Band, Schlössern und<br />

Fenstern wieder herbei zu schaffen, und der Gemeinde noch<br />

zwei Eichen, eine nach seinem Belieben, und eine nach<br />

Belieben der Gemeinde zu einer Schwelle zu liefern. Hierum<br />

ist der Kauf zugangen und geschehen für und um dreihundert-achtzig<br />

und neun Gulden."<br />

Von dieser Zeit an blieb das alte Klostergebäude endgültig<br />

im Besitz der Gemeinde. Im Jahre 1813 wurden darin die<br />

Schule und das Rathaus untergebracht. Die Schule verblieb<br />

in dem Gebäude bis zur Fertigstellung des neuen Schulhauses<br />

im Jahre 1940.<br />

Noch einmal machte die Gemeinde einen Versuch mit Verpachtung<br />

von sieben Räumen in dem alten Klostergebäude<br />

an den Bürger Andreas Neher von hier. Die Verpachtung<br />

geschah auf die Dauer eines Jahres, für die Zeit vom, 10.<br />

August 1828 bis 10. August 1829. Der Pachtpreis betrug 56<br />

Gulden und vier Gulden Verleihungskosten. Andreas Neher<br />

wollte einen Wirtschaftsbetrieb in dem alten Kloster einrichten.<br />

Im Pachtvertrag steht nämlich u. a.: Wenn er sollte<br />

eine Hochzeit halten, so soll er die Ratsstube benutzen dürfen."<br />

— Zu damaliger Zeit scheinen die Ratsgeschäfte noch<br />

sehr wenig Raum und Zeit in Anspruch genommen zu haben.<br />

Den sogenannten neuen Klosterbau (später Lehrerdienstwohnungen)<br />

verkaufte Zimmermann Ruf, Stein, ebenfalls am 27.<br />

Februar 1812 an die ledigen Josef und Valentin Dieringer<br />

von Rangendingen um vierhundert und elf Gulden. Zimmermann<br />

Dionys Ruf mußte sich auch in diesem Falle verpflichten,<br />

alles, was er aus dem Innern des neuen Baues in<br />

der Zwischenzeit hinweggeführt hatte, wieder herbei zu<br />

schaffen. Für den ledigen Josef Dieringer erscheint später<br />

Bernhard Birkle als Teilhaber. Doch wußten die privaten<br />

Besitzer mit dem neuen Klosterbau wenig anzufangen, und<br />

er gelangte später ebenfalls endgültig in die Hand der Gemeinde.<br />

Bis heute ist die gesamte alte Klosteranlage im<br />

Eigentum der Gemeinde verblieben. Die eigentliche Klosterkirche<br />

wurde in der Vergangenheit kirchlicherseits wenig<br />

in Anspruch genommen. Seit einigen Jahren halten die am<br />

Orte wohnenden evangelischen Christen sonntags ihre Gottesdienste<br />

darin ab. Das Kirchlein, in schlichter Architektur<br />

erbaut, enthält in seiner so ansprechenden Rokoko-Ausstattung<br />

manche künstlerische Sehenswürdigkeit, namentlich<br />

kunstvolle Altäre, Bilder und reiche Schnitzarbeiten. Eine<br />

gründliche Renovation des schönen Bauwerkes dürfte ein<br />

Schmuckstück für unsere Heimatgemeinde abgeben.<br />

Im eigentlichen Klosterbau ist im mittleren Stockwerk das<br />

Rathaus untergebracht. Der übrige Teil wurde nach 1945 in<br />

der Hauptsache zu Wohnungen für Heimatvertriebene eingerichtet.<br />

Im unteren Stockwerk befindet sich das Dienstzimmer<br />

für den hiesigen Posten der Landespolizei. Im neuen<br />

Klostergebäude steht nur noch eine Lehrerdienstwohnung<br />

in Benützung, die anderen werden von Heimatvertriebenen<br />

bewohnt.<br />

Klosterkirche und Klostergebäude bilden ein markantes<br />

Wahrzeichen von Rangendingen. Ein großes, wertvolles Stück<br />

Heimatgeschichte ist mit ihnen verbunden. „Heimat verpflichtet!"<br />

heißt es. Sie verpflichtet uns vor allen Dingen, die<br />

Heimat kennen zu lernen und sie mit dem Herzen zu erfassen.<br />

Nur das, was man mit dem Herzen umschließt, wird<br />

man gegebenenfalls auch unter Opfern bewahren, hegen und<br />

pflegen. Wer dagegen die Heimat aus dem Herzen verliert,<br />

wird sie auch bald von außen her verlieren und damit der<br />

so trostlosen und gefährlichen Entwurzelung des Daseins<br />

anheimfallen.<br />

wappen zeichnete J. Knayer aus Stuttgart, die bis auf die<br />

wenigen Stadtwappen neugeschaffen worden sind und meist<br />

die historische Vergangenheit und frühere Zugehörigkeit ausdrücken<br />

wollen. Sehr häufig finden wir den goldenen Sigmaringer<br />

Hirsch und den silber-rot geschachten Schrägbalken<br />

der Klöster Salem und Wald. Die Forderungen nach größtmöglicher<br />

Einfachheit der Schildbilder ist in den meisten<br />

Fällen überraschend gut erfüllt, nur die Wappen von Langenenslingen,<br />

Sigmaringendorf, Benzingen, Bingen, Billafingen<br />

und Harthausen b. F. hätten noch etwas mehr Vereinfachung


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 11<br />

ertragen. Als ausgezeichnet gelungen darf das neue Stadtwappen<br />

von Troehtelfingen gelten, in dem nicht vollständige alte<br />

Wappen aneinandergeschoben, sondern aus Einzelelementen<br />

solcher ein eindrucksvolles Wappen geschaffen wurde: Das<br />

schwarze fließende Kreuz als altes Fleckenzeichen kombiniert<br />

mit dem blauen Wolkenbord aus dem fürstenbergischen<br />

Wappen. Ueber die äußere Gestaltung des Schildes aller<br />

Wappen wollte mit der Wahl der unten abgerundeten Form<br />

kein Gesetz aufgestellt werden, denn die Form steht<br />

im Belieben des Wappenherrn oder Künstlers. Auf Seite 14<br />

wäre zur Literatur noch die „Hohenzollerische Heimat" 1951<br />

S. 44—45 anzuführen gewesen, wo im Gegensatz zu K. Th.<br />

Zingeler der weiß-schwarz gevierte Schild als das Stammwappen<br />

des Hauses Hohenzollern (im Gegensatz zu dem Löwen<br />

der Nürnberger Burggrafen) angenommen ist. Merkwürdig<br />

berührt die neuerdings beliebte staatliche Bestätigung<br />

bzw. Festlegung von zwei Wappenfarben als Flaggen, die<br />

doch erst seit dem 19. Jahrhundert bekannt sind. Früher war<br />

es üblich, besonders in der demokratischen Schweiz, daß die<br />

Fahnen und Banner den Schild ersetzten, d. h. sie tragen<br />

ohne Anwendung der Schildform das Wappenbild, wobei das<br />

Fahnentuch die Farbe des Schildes bildet, und die Wappenfigur<br />

immer nach der Stange zu schauen hat. Durch Wiederaufnahme<br />

dieses Brauches würde bei der geringen Zahl der<br />

möglichen Flaggenfarben die nicht zu vermeidende öde<br />

St. Gallen<br />

A. Lichtschlag hat in den Jahrgängen 11 und 12 der Mitteilungen<br />

für Geschichte Hohenzollerns Regesten über unsere<br />

Ortschaften aus dem 8. bis 10. Jahrhundert veröffentlicht<br />

und beiginnt mit dem Jahre 772. Aber es gibt noch Ueber-<br />

Das Schloß der Familie von Neuneck in Glatt<br />

Die Grundform des Wasserschlosses bildet ein geschlossenes Viereck,<br />

flankiert an den vier Ecken von starken Rundtürmen.<br />

Photo und Klischee Eigentum des Herrn Christian Maute-Bisingen.<br />

Gleichheit von Flaggen von selbst vermieden. Einer staatlichen<br />

Genehmigung solcher Banner, die ja nichts als das<br />

Wappen im großen darstellen, bedarf es überhaupt nicht!<br />

Ringingen z. B. führt seit 1929 ein solches Banner.<br />

Hier darf noch angefügt werden, daß unser neuer Herr<br />

Erzbischof Dr. Hermann Schäufele sich ein neues geviertes<br />

Wappen zulegte: In Feld 1 und 4 in Gold ein rotes Kreuz<br />

(Erzbistum), in 2 und 3 als persönliches Zeichen über einem<br />

silbernen Schildfuß mit Wolkenschnitt in Blau eine goldene<br />

Sonne (Christus als Sonne der Gerechtigkeit, bzw. Herkunft<br />

aus vormals fürstenbergischem Gebiet). Mit der Quadrierung<br />

verließ der Autor Bruno Bernh. Heim die in Freiburg immerhin<br />

seit 1842 geübte Sitte, das Diözesanwappen mit dem<br />

persönlichen Zeichen des Erzbischofs nicht zu verdoppeln,<br />

sondern auf andere Weise (Teilung, Spaltung, Herzschild)<br />

harmonisch zu verbinden. Er brauchte sich also nicht wegwerfend<br />

im St. Konradsblatt 1958, Nr. 37 S. 837 über die „unkundigen<br />

Leute" in Freiburg zu äußern, die fraglos wesentlich<br />

früher als der doppelte Doktor und Mitglied des Vorstandes<br />

der Internationalen Akademie für Heraldik gemerkt<br />

haben, daß die Verdopplung bzw. Quadrierung von zwei Wappen<br />

ungemein schwülstig und überladen, sowie bei Wiederholung<br />

in einer größeren Reihe von Bischofswappen direkt<br />

langweilig wirkt! J. A. Kraus.<br />

und Glatt<br />

raschungen! Ein Besuch im Archiv des ehemaligen Benediktinerklosters<br />

St. Gallen am 11. September 1958 anläßlich der<br />

Archivarentagung in Konstanz brachte uns eine wertvolle<br />

Ergänzung: Der hochw. Herr Stiftsarchivar Dr. Stärkle hat<br />

nämlich festgestellt, daß die von Wartman im Band I des<br />

St. Galler Urkundenbuchs Seite 6 veröffentlichte Urkunde<br />

nicht, wie man bisher glaubte, Ober- und Unterglatt bei St.<br />

Gallen in der Schweiz, sondern das hohenzollerische Dorf<br />

Glatt betreffen muß. Auf der Rückseite des Pergaments entdeckte<br />

er die Aufschrift „Dekanat 22" und dieses kann nach<br />

der St. Galler Sitte, ihre Besitzungen zu bezeichnen, nur das<br />

Gebiet am Neckar bedeuten!<br />

Die Urkunde ist im Dorfe G1 a t a ausgestellt am Donnerstag,<br />

den 22. November (X. Kai. Dezb.) des Jahres 731<br />

oder 736. Der Inhalt lautet: „Ein vornehmer Mann namens<br />

Petto schenkt zu seinem Seelenheil ans Kloster St. Gallen<br />

Güter in dem Ort, bzw. der Markung, die C1 a t a genannt<br />

wird, samt Dienern und Mägden, namens Gondaharank<br />

mit Frau und Kindern, Rinfred, Winifred^<br />

Liuddulf, Causulf und W i t o n mit seinen Genossen,<br />

samt Aeckern, Wiesen, Wald, Wasser, Vieh und Zubehör.<br />

Sollte einer der Erben Pettos diese Schenkung anfechten, so<br />

zahlt er als Strafe dem Fiskus 2 Pfund Gold und 5 Pfund<br />

Silber. Es folgen die Zeichen (anstatt der Unterschrift) des<br />

Schenkers Peto (hier mit einem t), seines Bruders des<br />

Grafen Airik (Erich?), seines Bruders des Grafen Berterik,<br />

seines Bruders Pepon als Zeugen, Lantfreds, Vulperts und<br />

Ungars als Zeugen. Ich Diakon Silvester habe dies geschrieben<br />

und zum Zeugnis unterschrieben."<br />

Außer den angegebenen Jahren kämen auch noch 742 und<br />

753 in Frage, wo der 22. November auf einen Donnerstag fiel,<br />

aber Wartmann entschied sich für obige beide. Sein Urkundenbuch<br />

Band III, 759 und 761 nennt noch ums Jahr 1200<br />

Zehnten zu Glatt in Höhe von 32 Schilling in Tübinger Währung,<br />

die St. Gallen zustanden.<br />

Heute noch weist bekanntlich der Glatter Kirchenpatron<br />

St. Gallus zweifellos auf das einst hochberühmte Kloster, das<br />

aus der Zelle dieses Heiligen hervorgegangen ist und dessen<br />

Namen überall hintrug, wo es Besitzungen bekam. Das<br />

Schluß-A des Namens Clata oder Glata stellt den Ueberrest<br />

der Silbe -ach dar, aqua oder Wasser bedeutet. Der B; ii<br />

Glatt bezeichnet nach M. Buck ein klares, hellschimmerndes<br />

Wasser. Obiger Personenname Gausulf dürfte übrigens auch<br />

im Ortsnamen Gauselfingen stecken! Wir dürften die älteste<br />

Urkunde aus Hohenzollern vor uns haben! J. Ad. Kraus.<br />

Zur kirchlichen Geschichte Rangendingens<br />

In „Heimatklänge" des Zoller 1932 v. 9. 1. hat P. Hagel in<br />

dankenswerter Weise die Vergangenheit des ehem. Klosters<br />

Rangendingen aufzuhellen versucht. Später baute J. Wiest auf<br />

Grund von Urkunden des fürstl. Archivs weiter (Heimatkl.<br />

1934, 73, 1935, 25—46; 1936, 24—28). Doch scheinen noch einige<br />

Fragen offen zu stehen, zu denen folgendes bemerkt sei: Die<br />

Frühmeßpfründe bestand sicher im Jahre 1428, wo sie der<br />

Pfarrer Hans Wilhamer zu Weildorf als Nebeneinkommen<br />

besaß. Am 16. Januar 1442 wurde der Frühmesser Johann<br />

Schmid seines Beneflziums beraubt, weil er eines Mordes<br />

verdächtigt war. Doch wurden dann seine beschlagnahmten<br />

Güter und Möbel wieder frei gegeben (Erzb. Archiv, Concept<br />

b. B, 61a). Im Jahre 1453 haben dann unter dem Pfarrer<br />

Michael von Gärtringen der Priester Albrecht Döner, Marquard<br />

Döner, Konrad Kuß (Klauss) und dessen verstorbene<br />

Frau Mechtild Milin und die „Armen Leute" von Rangendin-


12 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

gen die Frühmesse mit weiteren Einkünften ausgestattet, damit<br />

der Kaplan am Ort sein Auskommen habe (ebenda Urk.<br />

Z. 589). Das Patronatsrecht behielt die Gemeinde mit dem<br />

jeweiligen Pfarrer. Doch unter dem späteren Kirchherrn<br />

Wolfgang Mene (Man?), der ca. 1531—1550 nachzuweisen ist,<br />

sowie unter Frühmesser Lorenz N. und Vogt Konrad Breuning<br />

hat man dieses Recht freiwillig an die Herrschaft abgetreten,<br />

die dafür dem Frühmesser ein Haus bauen oder<br />

geben sollte (Notizen Kernler). Aus dem Jahre 1466 ist eine<br />

Abschrift aus dem Seelbuch erhalten über den Jahrtag des<br />

Ritters Heinrich von Lindach am 13. Januar, der dem Dorf<br />

viel Gutes getan hatte mit gefreitem. Wasser und<br />

Forst, geschenkten Wäldern und Weide. Bei<br />

diesem Jahrtag hatten neben dem Pfarrer auch die beiden<br />

Kapläne (wohl der Frühmesser von R. und der Kaplan der<br />

Filiale Hart) und 2 fremde Priester die Vesper, Vigil und 2<br />

Aemter zu halten, wozu der Heilige ein schwarzes Tuch „darspraiten"<br />

und 4 Kerzen aufstecken mußte. Wenn einige obige<br />

Geistliche nicht anwesend wären, soll deren Präsenzgeld<br />

(3 Schilling und 4 mal 9 Pfennig) das aus Konrad Droschen<br />

(Boschen?) Haus zu liefern war, den Armen gegeben werden.<br />

(Vgl. Heimatklänge 1935, 26). Die Hofstatt des früheren Frühmeßhauses<br />

lag 1544 unten am Pfarrhof zwischen der Allmende<br />

und der Klause. Das neue Frühmeßhaus hat Graf<br />

Jos Nikiaus am Samstag nach Jakobi 1554 an Jakob Reiber<br />

für 106 Pfd. Hlr. veräußert. Durch bischöfl. Verfügung vom<br />

18. Februar 1662 wurde die Frühmeßpfründe halbteilig mit<br />

den Pfarreien Rangendingen und Stein vereinigt, weil beider<br />

Einkommen nicht mehr hinreichend waren. Jede sollte angeblich<br />

dafür je 78 hl. Messen auf dem Marienaltar zu R. übernehmen.<br />

Der Lindachsche Jahrtag wurde später mit Predigt,<br />

Seel- und Lobamt und mehreren Messen gehalten. Nachher<br />

betete die Gemeinde auf dem Rathaus 5 Vaterunser und jede<br />

Person erhielt für 2 Kreuzer Brot. Um 1590 habe Gr. Eitelfriedrich<br />

von Zollern für jeden Geistlichen 1 fl. 12 kr. bestimmt,<br />

später wurde ein Aversum mit 18 fl. gegeben, ab<br />

1848 nur noch 5 fl. Das Brotalmosen ist seit 1840 abgeschafft,<br />

und später, als bei der Geldentwertung die bisher einspringende<br />

Gemeinde nicht mehr zahlte, hörte alles auf. Die<br />

oben genannte Klause, später Kloster genannt, soll schon<br />

1302—03 gegründet worden sein, doch findet sie sich (bis<br />

jetzt) erst im Jahre 1453 bei der Frühmeßdotation als bestehend<br />

erwähnt, fehlt aber z. B. im Jahre 1370 im Liber<br />

marcarum (FDA 5, 1870, S. 94 ff). Die Bezüge aus Benz<br />

Mösings Lehen haben im Jahre 1545 die Klausnerinnen der<br />

Herrschaft Zollern zugestellt und wurden dafür von der<br />

Stellung der 8 Malter Hundhaber befreit. Statt dieser hatten<br />

sie zuletzt 1 Pfd. 10 ß Hlr. und 2 Mit. Vesen und 1 Mit. 6<br />

Vtl. Haber geben müssen. Aus des Kunz Rocken Hof zu<br />

Frommenhausen kaufte die Klause anno 1564 von Jakob<br />

Laib daselbst 5 Mit. Roggengilt um 90 Pfd. Hlr. Bald<br />

darauf muß die Klause eingegangen sein<br />

(nicht schon im 15. Jahrhundert!) und wurde dann von Graf<br />

Eitelfriedrich von Zollern um 1595 nach etwa 30 Jahren<br />

Leerstehens wieder hergestellt. Laut eines Lagerbuchs von<br />

1590 hat nämlich im Jahre 1589 Jakob Bletz sowohl die<br />

Frühmeß- als auch die Klausengüter auf 15 Jahre gepachtet,<br />

zugleich mit der letzteren Haus, Scheuer und Hofraite zwischen<br />

der Kirche und dem Pfarrhof, 12 Juchart Aeckern,<br />

4'/a Mannsmahdt Wiesen und dem Gärtie, das jeweils das<br />

ganze Jahr das Salz für die Pfarrkirche liefern mußte. Er<br />

zahlte für die Klausengüter jährlich 16 fl., 2 Mit. 2 Vtl. Vesen,<br />

2 Mit. 1 Vtl. Haber. Doch dauerte die Pacht nicht lange.<br />

Schon am 1. Mai 1590 verkaufte genannter Graf Eitelfriedrich<br />

durch den Pfarrer Konrad Strobel (hier 1550—1602,<br />

wo er starb) an Andreas Hermann den jungen das Haus,<br />

„die Klausen", für frei und ledig eigen, desgleichen das<br />

Gärtie mit der Last der Salzlieferung um 60 fl. Es war dabei<br />

ausbedungen, der Käufer müsse alles wieder zurückgeben,<br />

falls das H aus wieder mit geistlichen<br />

Personen besetzt werde. Kaufpreis und<br />

aufgewandte Kosten für Reparaturen würden in diesem<br />

Falle ihm oder seinen Erben wieder erstattet. (Kernlers Notizen.)<br />

Bereits im Jahre 1596 (also nicht 1458, wie eine Notiz<br />

im Pfarramt wissen will), wurde das Kloster vom erwähnten<br />

Grafen wiederhergestellt, wie in „Heimatklänge 1935, 30,<br />

genau dargetan ist. Offenbar hat man es mit 4 auswärtigen<br />

Schwestern besetzt, deren Namen und Profeßtag uns P.<br />

Hagel aus dem späteren Profeßbuch mitteilte: M. Barbara<br />

Irslmgerin 1560, Maria Götzin 1572, M. Anna Winzerin 1574,<br />

M. Barbara Haugin 1594. (Heimatklänge 1932, 9. Januar.)<br />

Von der Familie des Ritters Heinrich von Lindach weiß<br />

man nichts, Nach Kernler meinte man früher, er habe auf<br />

der Hohenburg (Hochburg nö. von Rangendingen) gewohnt,<br />

aber warum hieß diese ehemalige Burg nicht Lindach? Wiest<br />

weist auf das Hochufer der Starzel am Auchtert als vermutlichen<br />

Sitz des Ritters hin. Sind dort noch Spuren einer<br />

Burg? Ist Lindach außer dem jetzigen Lindich gegen Weilheim<br />

überhaupt als Ortsname nachzuweisen? Die Herren<br />

nannten sich doch damals meist nach Ortschaften! Ein angebliches<br />

Wappen derer von Lindach nennt Egler in seiner<br />

„Mythologie von Hohenzollern". Darf es Zuverlässigkeit beanspruchen?<br />

Kraus.<br />

Nochmal Bachnamen in Hohenzollern<br />

Wenn im Jahrgang 1955 S. 5 mein ehemaliger Lehrer Dr.<br />

Flad resigniert erklärte, die beiden Hauptfiüsse, die Hohenzollern<br />

berühren, seien noch nicht erklärt, so mögen hier<br />

doch wenigstens die Versuche angedeutet werden, die einst<br />

der wackere Michel Buck anstellte. Er hält die Donau<br />

(Danuvius), die wie alle großen Gewässer nicht von der<br />

Quelle, sondern von weiter unten benannt ist, für vordeutsch<br />

und stellt sie zum irischen Wortstamm „dan = ungestüm<br />

oder stark rauschend", oder man erinnert an das arische<br />

Wort „danu = Wasser, Fluß". Der Neckar (Nicer o. ä.)<br />

wird zur indogermanischen Wurzel „nik = spülen, waschen"<br />

gerechnet. Daß die Donau nicht im Schloßgarten von Donaueschingen<br />

entspringt, sondern durch Brigach und Breg zuweg<br />

kommt, braucht für nüchterne Beobachter nicht besonders<br />

betont zu werden. Erst kürzlich hat der Geologe Georg<br />

Wagner in den Albvereinsblättern darauf hingewiesen.<br />

ßachnamen auf -ach (lat. aqua, germ, ah, aha = Wasser)<br />

gelten älter als solche auf -bach. Das Boller Bächle am Zollerberg<br />

hieß im Jahre 1402 einfach Ah (sprich: Ach). Zum<br />

Bache A b 1 a c h, auf dessen Gegensatz zur östlichen O s t -<br />

räch (Osterberg = östlicher Berg) als Abendbach ich s. Zt.<br />

Flad aufmerksam gemacht hatte, dürfte immerhin das zu<br />

Abend gehörige altirische Wort „apara = westlich" passen!<br />

Der Andelsbach hängt nach M. Buck wohl mit dem<br />

Personennamen Andolf zusammen. Die B e r a heißt Bärenbach.<br />

Die Eyach (vgl. Ibenbach bei St. Peter i. Schw.) wird<br />

als Eibenbach erklärt (Iwach usw.). Der Name D i e s s e n<br />

kommt vom Tosen des Wassers (mhd. „ich hört' ein Wasser<br />

diessen" — tosen!). Die F e h 1 a wird als Feldbach<br />

oder Felb-ach vermutet. Doch gibt es dort so gut wie<br />

keine Felben oder Weiden. Die älteste Form von 1400 ist<br />

Velg, 1464 Feig, 1544 dann Felach, was aus Felgach entstanden<br />

sein mag. Da Feld meist ein weites Weidefeld bedeutet,<br />

so spricht das verhältnismäßig schmale Felatal gegen<br />

diese Ableitung. Dagegen nennt O. Springer in seinem Buch<br />

(Die Flußnamen Württembergs und Badens 1930) im badi-<br />

schen Wiesental einen Felgengraben, zu dem wohl unsere<br />

Feig als Felg-ach zu stellen wäre. Felgen aber bedeutet<br />

„drehend wenden", was auf „Bach mit vielen Windungen"<br />

führt. Der Klingenbach ist von der Klinge = Schlucht<br />

(oder Graben) benannt. Für die Lauchert nimmt man<br />

eine alte Form Louchach an (Locha, Loucha). Sie scheint verwandt<br />

mit dem Ileilbronncr Lauchbach; auch Lauch kommt<br />

vom mdogerm. Stamm, für „g e k r ü m m t". Die Glatt<br />

wird von Buck als heller Bach erklärt (ahd. glatt = hell).<br />

Der Ringgenbach ist vermutlich ebenfalls von seinen<br />

vielen „Rinken" oder Biegungen benannt. Die S c h m e i e<br />

hieß ursprünglich Schmiechach, dessen Form vermutlich von<br />

der württembergischen Kanzlei oberhalb Straßberg künstlich<br />

als Schmiecha erhalten wurde, während sie unterhalb<br />

im Hohenzollerischen sich zu Schmeie abschliff! Alte Formen:<br />

1334 Burg Schmyehen und Smyehental, 1342 Smiechen, 1397<br />

Dorf Schmiechen und Bach Schmiehen, 1408 Oberschmeyen<br />

und Dorf Storzingen an der Schmyechen, so<br />

noch 1486; 1538 Storzingen an der Schmiehen. Das Wort<br />

wollte man zu „smiechen = rauchen" stellen, aber dampfen<br />

tun auch andere Bäche gelegentlich. Wahrscheinlicher dürfte<br />

mhd. „smiuge = Biegung, Krümmung" und „smiugen = sich<br />

krümmend bewegen" zugrunde liegen. Die S e c k a c h könnte<br />

außer der hier 1952, 48 versuchten Erklärung nach O. Heilig<br />

(Ortsnamen in Baden, ca. 1908) auch zu Segge-Riedgras oder<br />

Schilfgras gehören, also Sc h i 1 f b a c h bedeuten. Wegen<br />

Starzel, die im Neuweilertal entspringt, und die man als<br />

Sturzbach erklären möchte, hatte Flad Bedenken betreffend<br />

die Ablaute a und u. Springer nennt ohne weiteres germanische<br />

Formen, start zu gleichbedeutendem sturt, die er freilich<br />

als Wurzelwerk verstanden wissen will, was abzulehnen<br />

ist. Lexer führt in seinem Mittelhochdeutschen Wörterbuch<br />

ein Zeitwort „starzen = sich schnell bewegen"<br />

an, wozu wohl auch das englisch deutsche „starten = schnell<br />

aufspringen" gehört, so daß bei der Grundbedeutung von<br />

Starzel (-ach) doch immerhin an einen raschen, stürzenden<br />

Lauf gedacht werden darf. J. A. Kraus.


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 13<br />

Johann Fidelis Wetz (1741-1820) ein hohenzollerischer Maler<br />

Zu den einheimischen Künstlern, die bislang noch keine<br />

zusammenfassende Würdigung erfahren haben, gehört der<br />

Sigmaringer Maler Johann Fidelis Wetz (Wez), geboren 1741,<br />

gestorben 1820. Wohl als erster hat sich der ehem. Sigmaringer<br />

Studienrat Heinrichs mit Wetz aus Anlaß des 100jährigen<br />

Todestages im Jahre 1920 beschäftigt und eine sehr gute<br />

Würdigung in Nr. 98 der Hohenz. Volkszeitung geschrieben.<br />

Leider ist diese Arbeit<br />

bis heute die einzige geblieben.<br />

Zwar hat das<br />

Künstler-Lexikon von<br />

Thieme-Becker unseren<br />

Landsmann im Jahre<br />

1941 in seine Reihen aufgenommen,<br />

konnte aber<br />

natürlich die Ergebnisse<br />

der beiden Bände der<br />

Hohenzoll. Denkmäler<br />

Kreis Hechingen und<br />

Kreis Sigmaringen noch<br />

nicht verwerten. Erst<br />

recht gilt dies von den<br />

beiden Skizzenbüchern,<br />

welche der Hohenz. Landeskommunalverband<br />

u.<br />

die Stadt Sigmaringen<br />

im Jahre 1955 erwerben<br />

konnten. Gerade diese<br />

Skizzenbücher sind für<br />

das Studium der Entwicklung<br />

der künstlerischen<br />

Handschrift unseres<br />

Malers von nicht<br />

geringer Bedeutung. Sodann<br />

müßten zur Kenntnis<br />

der zahlreichen und<br />

sehr guten Porträts unseres<br />

Meisters ias Hohenzoll.<br />

Bildarchiv, das<br />

auf Anregung von H.<br />

Dr. Senn von Fräulein<br />

Else Reck geschaffen wurde und von ihr in geradezu vorbildlicher<br />

Hingabe betreut wird, zu Rate gezogen werden.<br />

Als Beitrag zur Wetz-Forschung sollen hier nur einige<br />

Werke gewürdigt werden, die in einschlägigen Werken nicht<br />

verzeichnet sind oder bislang als seine Werke nicht bekannt<br />

waren. Anläßlich des Abbruchs der alten Pfarrkirche zu<br />

Grosselfingen war das ehemalige Hochaltarbild in verwahrlostem<br />

Zustande nahe daran, den Weg alles Irdischen zu gehen.<br />

Und wie nun der prächtige Neubau stand, da kam der<br />

Vorschlag, dieses alte Bild in der neuen Kirche wieder zu<br />

Ehren zu bringen, d. h. man machte aus der Not eine Tugend,<br />

denn glücklicherweise fehlten die Mittel, die Innenausstattung<br />

radikal modern zu gestalten. So fanden sich auch in<br />

der Familie Landenberger die Stifter der Mittel zur Renovierung<br />

des Bildes, die von der sachkundigen Hand des<br />

Beuroner Malermönches P. Tutilo Gröner besorgt wurde.<br />

Und siehe da! Aus dem lange gesuchten und im Denkmälerwerk<br />

angeführten Maler A. Patack wurde ein Wetz! Denn<br />

die Signatur lautet: S. P. Paroch. - Wez 1809. Aufgelöst besagt<br />

die Inschrift, daß Sebastian Haid, Pfarrer, das Bild gestiftet<br />

und Wetz es im Jahre 1809 gemalt habe. In dankenswerter<br />

Weise hat H. Hans Landenberger uns das Klischee<br />

zum obigen Bild zur Verfügung gestellt.<br />

Die Hohenz. Landessammlung ist, wie die neuerliche Inventarisierung<br />

ergab, im Besitz von 5 Werken von Wetz. Es<br />

sind folgende:<br />

1) Gesellenbrief mit Bild von Sigmaringen von Westen, i803,<br />

Kupferstich. Leider wurde die untere Hälfte abgeschnitten<br />

und das Bild in dieser verstümmelten Form gerahmt;<br />

Schreiber besitzt einen vollständigen Abdruck von der<br />

Kupferplatte im Rathaus zu Sigmaringen.<br />

2) Karl Philipp Schwab, Oelbild, Sigmaringer Hofrat, lebte<br />

1743—1804, später Stadtpfarrer in Sigmaringen, Sohn des<br />

Laizer Adlerwirts, Geschenk von Frl. v Sättelin.<br />

3) Johann Philipp Schwab, gest. 1789, Oelbild, Erbauer des<br />

Laizer Wirtshauses zum Adler, mit Wappen der Familie<br />

Schwab. Geschenk von Frl. v. Sättelin.<br />

4) Johann A. Schwab, Sohn des Laizer Adlerwirts, in seinem<br />

37. Lebensjahr. Oelbild, gemalt 1788. Ebenfalls von Frl.<br />

v. Sättelin geschenkt.<br />

5) Anton Alois, Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen, gemalt<br />

1810 im 48. Lebensjahre des Fürsten. Stammt von Frl. Else<br />

Reck.<br />

Als Fortsetzung soll nun versucht werden, die bisher bekannt<br />

gewordenen Werke zeitlich zu ordnen und die in den beiden<br />

Denkmälerbänden nur andeutungsweise datierten Werke<br />

näher zu fixieren, wozu die Heiligenrechnungen der betr.<br />

Pfarreien wohl Anhaltspunkte bieten. (Forts, folgt.) F. St.<br />

Archäologisches um Burladingen und Hausen i. K.<br />

Herr Eugen Hans Bitzer, Tailfingen, Pfeffingerstraße 140,<br />

hat auf den Markungen Hausen i. K. und Burladingen östlich<br />

des obersten Weilertals im Gebiet Haubenberg und Tannenwald<br />

(Karte 1: 25 000 Nr. 133 Ebingen) eine Reihe archäologischer<br />

Beobachtungen gemacht. Nach einer Begehung mit<br />

Herrn Bitzer und Herrn Rektor Wissmann, Tailfingen, berichte<br />

ich darüber zu weiterer Veranlassung folgendes:<br />

1.) Nordwestlich des Haubenbergs, etwa 250 m südwestlich<br />

P. 910,2, steht am Knick der Landesgrenze ein alter Markstein<br />

mit der Jahreszahl 1837. Etwa 30 m südöstlich davon<br />

(also Richtung Haubenberg) liegt ein Rechteck von etwa 70<br />

auf 35 m im Geviert, das von einem bis 1 m hohen Wall<br />

eingefaßt ist. Es wird von drei Quergräbchen und einem<br />

Längsgräbchen durchzogen. Wahrscheinlich handelt es sich<br />

um eine aufgelassene Forstschule, doch erinnere ich mich<br />

nicht, solche mit Wällen eingefaßt gesehen zu haben. Oder<br />

sollte es sich um eine Anlage nach Art keltischer Viereckschanzen<br />

handeln?<br />

2.) Im Gebiet des „Tannenwaldes" westlicher Teil 400 m<br />

nordostwärts P. 910,2 liegt eine kleine Kuppe, Sie ist jetzt<br />

größtenteils durch einen Steinbruch abgetragen. Auf dem<br />

am Nordende noch stehen gebliebenen Rand liegen auf<br />

einem Raum von etwa 8 auf 4 m noch Hunderte vorgeschichtlicher<br />

Scherben ohne Verzierung. Ich würde hier am<br />

ehesten eine Hallstattsiedlung ansetzen.<br />

3.) Auf dem höchsten Punkt des Haubenbergs (P. 928,5)<br />

sind deutlich die Umfassungsmauern eines Gebäudes von<br />

etwa 8 mal 6 m zu sehen. Ringsum liegen zahlreiche Brocken<br />

von Backsteinen, grün oder braun glasierte Scherben, einige<br />

Reste von buntem Glas verschiedener Dicke. Es dürfte sich<br />

um ein erst im 18. oder gar 19. Jh. abgegangenes Gebäude<br />

handeln, wohl eines der 12 Tiergartenhäusle, die Merian auf<br />

der Zollerischen Landtafel verzeichnet (Hohenz. Heimat 1954,<br />

S. 20—21.).<br />

4.) Etwa 100 m südlich von diesem Punkt 928,5 liegt eine<br />

nahezu kreisrunde Einsenkung, ganz offenbar eine frühere<br />

Hüle (Hülbe). Wem diente sie? Gehörte sie zu dem Gebäude<br />

Ziffer 3? Oder stand sie in Beziehung zu Ziffer 5? Oder ist<br />

hier eine größere Siedlung, wenigstens ein Weiler abgegangen?<br />

5.) Etwa 200 m südwestlich von dieser Hüle liegen einige<br />

Steinhaufen. Einer davon ist gespickt mit Ziegelbrocken und<br />

auch einigen glasierten Scherben wie Ziffer 3. Stand hier<br />

auch ein Gebäude? Oder irgendwo in nächster Nähe? Ein<br />

Abtransport von Ziffer 3 auf eine Entfernung von etwa 300<br />

m ist höchst unwahrscheinlich, da es dafür keinen ersichtlichen<br />

Grund gibt.<br />

6.) In der Wiese nordostwärts des Haubenbergs fand Herr<br />

Bitzer in Maulwurfshaufen auf einem Gelände von P. 864,2<br />

etwa 60 m weit nach Südosten (Richtung Hermannsdorf) eine<br />

Anzahl vorgeschichtlicher Scherben, wohl auch Hallstattzeit.<br />

Leichte Geländeschwellungen sind vielleicht Reste stark eingeebneter<br />

Grabhügel.<br />

7.) Eine Vermutung von Herrn Bitzer und Herrn Wissmann<br />

sei beigefügt. Sie gründet sich auf folgende Beobachtungen:<br />

In Tailfingen 0,7 km O sind auf dem Staufen (P.<br />

915,2) römische Scherben gefunden worden (Römer in Württ.<br />

III 381). Der Fahrweg vom Neuweiler nach Nordosten etwa<br />

bis zu „Schmauselhöhle" und dann wieder der Weg von P.<br />

864,2 zwischen Tannenwald und Bernstein durch bis zum<br />

„Stall" (jetzt abg.) sind befestigt. Vermutung: Handelt es sich<br />

hier um Teilstücke eines römischen Verbindungswegs von<br />

Tailfingen zum Kastell Burladingen? Dafür spräche die Gradlinigkeit<br />

längerer Stücke; dagegen das Fehlen einer Befestigung,<br />

etwa von „Schmauselhöhle" bis P. 864,2 (jedenfalls hier<br />

nicht zu erkennen) und auch unsere ganze Vorstellung von<br />

dem Aufbau des römischen Wegnetzes, wie es Hertlein dargetan<br />

hat. Dr. Stettner, Ebingen, Liststr. 57.


14 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Aus dem Totenbuch des Klosters Salem<br />

In der Cistercienser-Chronik von Mehrerau Jg. 40 und 41<br />

(1928—1929) hat P. Leodegar Walter das um 1450 begonnene<br />

Totenbuch von Salem veröffentlicht, das heute in Stams liegt.<br />

Es enthält zwei Kalender, den einen vor allem mit Mönchsnamen,<br />

den andern mit solchen von Wohltätern. Wir entnehmen<br />

daraus:<br />

4. Januar 1607 starb Fr. Bartholomäus Schaideck, Priester<br />

und Mönch, geb. Neufra bei Riedl., war u. a. Beichtvater<br />

in Wald (Cist. Kloster in Hohenzollern).<br />

3. Februar 1780 starb P. Meinradus Rosenzweig, Bibliothekar,<br />

geb. Hechingen 1733, Profeß 1753, Priester 1761.<br />

12. Februar 1562 starb P. Georg W e t z e 1 aus Magenbuch.<br />

18. Februar 1743 starb P. Theobald Jung aus Nußdorf, zeitw.<br />

Beichtvater in Wald.<br />

25. Februar 1773 st. P. Fidelis Seegmiller aus Hohenfels,<br />

Beichtvater auf Hof in Neudingen.<br />

27. Februar 1491 starb der Bruder Conrad, Verwalter zu<br />

Bachhaupten.<br />

4. März 1782 st. P. Magnus Hafner, Pförtner, aus Sigringen,<br />

geb. 1720, Prof. 1741, Priester 1746.<br />

5. März 1755 starb P. Wolf gang Hanser in Bachhaupten,<br />

Vorsteher daselbst, stammte aus Altdorf-Weingarten 1686,<br />

Prof. 1711, Priester 1716.<br />

5. März 1802 starb Br. Fidelis Ebisch, Buchbinder aus Sigmaringen,<br />

gb. 1746, Prof. 1773, beerdigt 6. 3. auf dem<br />

Gottesacker in Salem gegenüber dem Bartholomäusaltar.<br />

6. März 1528 starb P. Georg Ramsperger aus Neufra bei<br />

Riedl., zeitw. Beichtvater im Kloster Wald.<br />

11. März starb Priester C(onrad) von Reischach (ohne Jahr).<br />

13. März 1590 starb P. Jakob Waibel, Beichtvater in Wald.<br />

16. März 1564 starb Frater Jakobus Mus sei aus Bachhaupten,<br />

treuer Prokurator in Eßlingen.<br />

17. März 1734 starb Fr. Meinradus Graf von Hohenzollern,<br />

Mönch u. Apolyt, gb. Sigmaringen 1684, Prof. 1704.<br />

17. März 1730 starb P. Humbertus Schweigghart in<br />

Baind, Beichtvater daselbst, gb. Trochtelfingen 1665, Prof.<br />

1685, Priester 1690.<br />

18. 3. 1262 starb der Bruder Hermann von Tierberg.<br />

31. 3. starb Bruder Berthold von Hornstein, Converse; (ohne<br />

Jahr); ebenso Friedrich Frick 1665; und P. Ferdinand<br />

Holl, einst Prior (1690 und Sekretär der Kongreg. Oberdeutschlands<br />

1703, aus Sigmaringen.<br />

31. 3. 1800 starb P. Alois Keller aus Hechingen, von dessen<br />

unermüdlicher Arbeit die Globusse im mathemat. Museum<br />

Zeugnis ablegen. Gb. 1761, Prof. 1780, Priester 1786.<br />

Litt an Epilepse. Sein Bruder war Pfarrer in Einhart,<br />

11. 4. (ohne Jahr) Bruder Johannes von Hornstein.<br />

14. 4. 1740 P. Marianus Graff aus Altdorf, Präfekt in Bachhaupten,<br />

gb. 1673, Prof. 1695, Pr. 1700<br />

21. 4. 1518 starb P. Johannes Huber aus Hechingen, Beichtvater<br />

in Baind, begr. in Salem.<br />

25. 4. 1498 starb Priester Georg von Tierberg, ebenso 1519 Pr.<br />

Benedikt Rott aus Ostrach, hatte in Paris studiert, starb<br />

an Blattern.<br />

1. 5. 1699 P. Gregor Kufer aus Zell, einst Beichtvater in<br />

Wald und Neudingen.<br />

3. 5. 1687 starb Pater Leopold Bingio aus Sigmaringen, 47<br />

J. alt, Kellermeister.<br />

6. 5. 1787 starb Bruder Engelbert Widmer aus Buffenhofen,<br />

Schreiner, geb. 1717, Prof. 1748.<br />

16. 5. 1570 starb P. Georg Kiechler, Beichtiger in Wald, aus<br />

Sickingen.<br />

28. 5. 1733 starb P. Bernhard Bosch, Beichtvater in Rottenmünster,<br />

Wald und Gutenzell, gb. Rengetsweiler 1666,<br />

Prof. 1685, Priester 1690, Subprior 1704, Prior in Wettingen<br />

1723. Anno 1746 starb in Bachhaupten der 37. Abt<br />

von Salem, Stephan Enroth, beerdigt in Salem.<br />

30. 5. 1606 starb P. Johannes Hildenbrand aus Ehingen,<br />

Beichtvater in Wald.<br />

2. 6. 1476 starb P. Johannes Stoeb aus Sigmaringen.<br />

9. 6. 1660 starb Pr. Georg Schlegel aus Riedlingen, 1652<br />

Beichtvater in Wald.<br />

10. 6. starb der selige Eberhardus von Rohrdorf, 5. Abt in<br />

Salem 1191—1241 (angeblich dem Grafengeschlecht bei<br />

Meßkirch angehörig).<br />

10. 6. 1686 starb P. Martin Koneberger, zeitw. Beichtvater<br />

in Wald.<br />

10. 6. 1810 starb in Hausen a. Andelsbach Bruder Alanus<br />

Bernard aus Lausheim, geb. 1754, Prof. 1776.<br />

14. 6. 1816 starb P. Mathaeus Ebisch aus Sigmaringen, Studienprofessor,<br />

sp. Beichtvater der Schwestern in Inzigkofen,<br />

dorthin vom Fürsten von Hohenzollern bestimmt<br />

und dort beerdigt, gb. 1754, Prof. 1772, Pr. 1778.<br />

16. 6. 1750 starb P. Caspar Lobermayer, zeitw. Präfekt in<br />

Bachhaupten.<br />

2. 7. (ohne Jahr) starb Conrad, Kirchrektor in Magenbuch<br />

und Novize in Salem, der 20 Pfund Heller stiftete, 10 zur<br />

Schneiderei und 10 für eine Sondergabe (Pitanz) an Fischen,<br />

aber es wird nichts gegeben.<br />

11. 7. 1616 starb P. Lucas Keller, zeitw. Beichtvater in Wald,<br />

aus Ueberlingen.<br />

19. 7. 1765 starb Bruder Jakob Seßler aus Rengetsweiler,<br />

geb. 1709, Prof. 1739.<br />

24. 7. 1703 starb P. Christoph v. Rehlingen, Beichtv, in Wald.<br />

7. 8. 1665 starb. P. Balthasar Streicher aus München, 1652<br />

Pfr. in Levertsweiler.<br />

8. 8. 1812 starb P. Ignatius Vogel aus Hechingen, Frühmesser<br />

zu Schemmerberg und dort beigesetzt, vorher Mönch<br />

in Salem, Leiter der Studienjugend, ausgezeichneter Professor<br />

der Poesie und Rhetorik.<br />

11. 8. 1624 starb P. Georg Jäger von Bachhaupten, 2 mal<br />

Prior, dann Beichtvater in Heiligkreuztal, hierselbst begraben.<br />

13. 8. 1362 hat Graf Gottfried von Wartstein u. a. in Lausheim<br />

bei einem Raub- und Brandzug großen Schaden<br />

gemacht.<br />

16. 8. (ohne Jahr) P. Ulricus Ostrach (der Herausgeber meint:<br />

aus Ostrach).<br />

21. 8. 1756 starb P. Casimir Haffner aus Bittelschieß, Großkeller,<br />

beerdigt in Rottenmünster, gb. 1693, Prof. 1715,<br />

Pr. 1720.<br />

28. 8. starb (ohne Jahr) Diakon Heinrich von Hornstein.<br />

6. 9. 1496 kam Bruder Koch Petrus Wagner aus Bingen<br />

angebl. a. Rhein!?) nahe bei der Bauerküche in Salem<br />

durch das Schwert um.<br />

25. 9. Tod des Laienbruders Gottfried Graf von Wartstein<br />

s. oben).<br />

8. 10. (ohne Jahr) starb P. Burkard von Tierberg.<br />

8. 10. 1735 starb P. Bernardus Bosch aus Rengetsweiler, geb.<br />

1664, Prof. 1686, Pr. 1690, 1723 Aushilfspriester in Wettingen.<br />

10. 10. 1574 starb P. Georgius Eha aus Sigmaringen, Beichtvater<br />

in Gutenzell.<br />

13. 10. 1795 starb P. Felix Krenauer, ztw. 1750 in Wald Vikar,<br />

1753 in Bachhaupten.<br />

3. 11. 1586 starb P. Ulrich Michel aus Sigmaringen, Beichtv<br />

in Heiligkreuztal, studierte zu Freiburg.<br />

7. 11. 1698 starb P. Ambrosius Schneller aus Sigmaringen.<br />

6. 11. 1790 starb P. Dionys Strehl, war 1756 Präfekt in<br />

Bachhaupten.<br />

8. 11. 1774 starb P. Carolus Saracin, zeitw. Beichtvater in<br />

Wald 1749.<br />

9. 11. 1517 starb P. Caspar Giander aus Hechingen, zuletzt<br />

Beichtvater in Rottenmünster und dort beerdigt.<br />

20. 11. 1755 starb P. Robertus Adami, zuletzt Präfekt in Bachhaupten<br />

und daselbst begraben, gb. 1672 in Zabern.<br />

20. 11. 1824 starb P. Guntraum Kiene aus Laiz, zu Salem<br />

Logikprofessor, dann Pfarrer lin Liggeringen; zuletzt<br />

Beichtvater in Inzigkofen, dort begraben.<br />

2. 12. starb Conrad von Enslingen, Bischof von Gurk in<br />

Kärnten, vorher (1311—37) X. Abt in Salem; gest. 1344.<br />

9. 12. 1822 P. Carolus Wächter aus Sigmaringen, gb. 1764,<br />

Prof. 1781, Pr. 1788; war Professor der niederen und<br />

höheren Geschichte in Salem, dann der Universalgeschichte<br />

in Konstanz, dann der kurzlebigen Universität<br />

Ellwangen der Theologie und des Kirchenrechts, endlich<br />

Pfarrer in Sulmingen, wo er auch begraben ist.<br />

11. 12. 1685 starb der Bruder Philipp Rauch aus Trochtelfingen.<br />

13. 12. 1590 starb P. Cyprian Wech, Beichtvater in Wald.<br />

15. 12. 1725 starb P. Leonhard von Rhelingen aus Augsburg,<br />

zeitweise Beichtvater in Wald.<br />

19. 12. 1714 starb Pater Athanasius Feinlin, zeitweise Beichtvater<br />

in Wald.<br />

19. 12. 1666 Balthasar Hornstein aus Sigmaringen, Pater,<br />

Vorsteher zu Birnau und Liebfrauenberg b, Bodman.<br />

31. 12. 1502 starb P. Mathäus Zach aus Sigmaringen.<br />

Da im hohenz. Neufra der Abt von Salem seit 1332 eine<br />

Kaplaneipfünde zu verleihen hatte, könnte wohl der eine<br />

oder andere Pater von dort gestammt haben. Der Herausgeber<br />

deutet alle nach Neufra bei Riedlingen, einige auch<br />

nach Neufra bei Salem. Hier mußten wir alle übergehen. Kr.<br />

(Schluß folgt.)


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 15<br />

Kurznachrichten<br />

Die Grenzmarke Büttelbrunnen der Grafschaft Sigmaringen<br />

zwischen Vilsingen und Kreenheinstetten hatte der Unterzeichnete<br />

im Hohz. Jahresheft 1951, S. 45 richtigerweise im<br />

heutigen Krisenlochbrünnele zwischen Langenhart und Gutenstein<br />

angegeben. Hinterher aber ließ er sich durch andere<br />

Beschreibungen, wonach von Vilsingen nach Kreenheinstetten<br />

eine Straße als Grenze angenommen werden<br />

konnte, verleiten, diese Grenzmarke auf der Höhe im sog.<br />

Raisiebrunnen bei Langenhart zu suchen (Hohz. Heimat 1953<br />

S. 57). Denn es schien widersinnig, daß eine Straße, statt die<br />

tiefe Waldschlucht oben zu umgehen, in sie hinab und dann<br />

wieder die Halde hinaufgeführt hätte. Nun hat Dr. Mayer-<br />

Tuttlingen in seiner nächstens erscheinenden eingehenden<br />

Arbeit über „Die Grafschaft Sigmaringen" nach anderen<br />

Quellen den älteren Grenzverlauf von Kreenheinstetten über<br />

Büttelbrunnen hinab nach Dietfurt und dann donauabwärts<br />

festgestellt, und Büttelbrunnen wieder mit dem Kriselochbrünnele<br />

identifiziert. Die Straße Vilsingen-Langenhart aber,<br />

die oberhalb der Schlucht vorbeiführt, stellt einen späteren<br />

und ungenauen Grenzverlauf dar. J. A. Kraus.<br />

Die Ostung der Gräber (d. h. Kopf im Westen, damit<br />

der auferstehende Tote der aufgehenden Sonne entgegensieht),<br />

wird schon bei alemannischen Gräbern des 5.—8. Jahrhunderts<br />

festgestellt. Während man sicher glaubte, die heidnischen<br />

Alemannen hätten schon mit der Auferstehung gerechnet,<br />

worauf auch die Grabbeigaben (tägl. Gebrauchsgegenstände<br />

und Waffen) hinwiesen, glaubt neuestens Univ.-<br />

Prof. Dr. Wolfg. Müller-Freiburg, diese heidnische Sitte sei<br />

durch das Christentum beeinflußt. Bereits der hl. Augustinus<br />

erwähnt die Ostung als christlichen Brauch für den Glauben<br />

an die Auferstehung, Anläßlich einer Tagung des kirchengeschichtlichen<br />

Vereins am 8. Juli 1958 in Ueberlingen wurde<br />

bekannt, daß heute noch in Westfalen die Ostung der Gräber<br />

teils üblich ist. Und von Bergheim (Baden) meldete ein Teilnehmer,<br />

dort sei nach der Segnung des offenen Grabes plötzlich<br />

der nach Osten stehende Sarg herumgedreht und der<br />

Tote mit dem Kopf nach Westen beigesetzt worden. Aehnliche<br />

Ostung ist in Asbach (Nordbaden) üblich. Besteht auch<br />

in Hohenzollern noch irgendwo dieser Brauch? Liegt der<br />

Friedhof um die Kirche, so schauen die Toten heute meist<br />

nach dieser hin. Krs.<br />

Zur Schwelherfamilie (im Hohz. J.-Heft 5, 1938, S. 103 f)<br />

bringt Fritz Staudacher einen neuen Fund aus Band 2 der<br />

Alemannia Franziscana 195° S. 48 und 51: Das Klösterlein<br />

der Franziskanerinnen in Weiler bei Blaubeuren wurde als<br />

Klause um 1240 von einer Adelheid gegründet, aber als Konvent<br />

von Gertrud Schwellerin 1375 ausgebaut. Im Jahre<br />

1374 schloß sich der Klosnerin Adelheid Toblerin eine zweite<br />

Jungfrau an: Gertrud Schwellerin, die vorher auf der Burg<br />

Gerenhausen bei einer Gräfin von Helfenstein bedienstet<br />

war, nach Fäbri letzteres seit 32 als Beschließerin. Sie hatte<br />

einen Bruder namens Berthold, der in Eßlingen Priester<br />

war. Nach einer Urkunde im Staatsarchiv Stuttgart vermachte<br />

Berthold Schw., Priester (jetzt) zu Reutlingen, der<br />

Klause zu Weiler einen Hof zu Laichingen wegen seiner<br />

Schwester Elspeth Schwelherin, die keineswegs in der Klause<br />

sein brauchte, am 24. 11, 1395. Elisabeth war vielleicht eine<br />

jüngere Schwester der Gertrud. Nach dem Tode der Adelheid<br />

Toblerin, mit der Gertrud Schwellerin zunächst das enge<br />

Gemach geteilt hatte, war der Ruf ihrer Frömmigkeit schon<br />

so verbreitet, daß viele Jungfrauen kamen und mit ihr im<br />

Dienste Gottes und in Armut zu leben wünschten. Als Gertrud<br />

sah, daß „sie viele Seelen Christo gewinnen und' als<br />

seine Bräute der Welt entziehen könnte" (Fabri), ließ sie die<br />

enge Hütte abbrechen und erbaute ein neues Haus. Sie nahm<br />

13 Jungfrauen auf, die mit ihr ein klösterliches Leben<br />

führten und von ihrer Hände Arbeit lebten. Gertrud wurde<br />

ihre geistige Mutter und brachte das religiöse Leben zu<br />

hoher Blüte. Sie stand 25 Jahre dem von ihr gegründeten<br />

Kloster vor, starb im Jahre 1400 im Alter von 60 Jahren und<br />

wurde als erste in der Gruft ihres Klosters beigesetzt. Gertrud<br />

Sch. ist im genannten Aufsatz S. 136 erwähnt, Elisabeth<br />

ebenda S. 103—104, sie scheint im Kloster Urspring begraben<br />

zu sein (S. 136).<br />

Der Pfarrer von Dießen wollte am 10. Mai 1719 das Hofstättlein,<br />

worauf ehedem der Pfarrhof zu Bettenhausen gestanden,<br />

zu größerem Nutzen der Pfründe für 20 fl. verkaufen,<br />

wozu der Geiistl. Rat in Konstanz seine Zustimmung<br />

gab. (Erzb. Arch. Freiburg, Ha 220,303). Bettenhausen ist<br />

jetzt Filiale von Leinstetten.<br />

Führer durchs Große Lautertal mit Illustrationen und<br />

Wegkarte von Franz Rothenbacher, 75 S. brosch. 1.70 DM,<br />

Verlag Ulrich'sche Buchdruckerei Riedlingen. Alle Wanderund<br />

Heimatfreunde, die ihre Schritte zum Paralleltal unserer<br />

Lauchert lenken wollen, werden mit Freude zu diesem Führer<br />

greifen, der Landschaft und Geschichte in glücklicher<br />

Verbindung uns nahe legen kann, vom Quelltopf in Offenhausen<br />

über Dapfen, Wasserstetten, Hundersingen bis zur<br />

Donau. Angeschlossen ist eine Uebersicht über die Alb überhaupt,<br />

das Aachtal mit Zwiefalten und den anschließenden<br />

Teil des Donautal. Lediglich zu den ehem. Klöstern scheint<br />

der sonst gut unterrichtete Verfasser kein Verhältnis zu<br />

haben.<br />

Speth'sche Jahrtage zu Gammertingen. Am 18. August 1723<br />

verhandelte der bischöfl. Geistliche Rat zu Konstanz: Die<br />

Vorfahren der hochadligen Familie Speth von Zwiefalten<br />

haben 7 Jahrtäge gestiftet, davon sechs in die Pfarrkirche<br />

St. Leodegar in Gammertingen und einen in die Pfarrkirche<br />

St. Nikolaus zu Feldhausen, mit zusammen 30 teils Aemtern,<br />

teils gewöhnlichen Messen per 15 fl, den Armen 24 fl<br />

52 kr, dem Schulmeister und Mesner 1 fl 20 kr, den Musikanten<br />

2 fl 50 kr, der Fabrik St. Leodegar jährlich 24 fl. 52 kr.<br />

Doch ist die Stiftung schon seit ungefähr 20 Jahren nicht<br />

mehr gehalten worden, außer daß der Herr Ludwig Friedrich<br />

liber baron Speth von Zwiefalten, jetztmaliger Herr zu<br />

Gammertingen, von anno 1675, das ist 37 Jahr, einen Kaplan<br />

gehalten hat, welcher die tägliche Messe appliziert, auf den<br />

er jährlich 150 fl verwendet, macht 5 550 fl. Diese Stiftung<br />

möchte nun der Baron mit Zustimmung des Ordinariats für<br />

die Zukunft sichern und bietet an, daß anstatt 30 Messen<br />

deren eine a 24 ia Kreuzer gestiftet worden, künftig 36<br />

Messen gelesen werden sollen eine zu 15 kr, also 9 fl, mit<br />

Entrichtung der Fabrik 3 fl. Nach Beratung wurde beschlossen:<br />

Der Baron solle künftig 36 Messen und zwar nach Ortsbrauch<br />

zu 15 oder 20 kr. lesen lassen, der Kirchen-fabrik 5 fl<br />

und den Armen 12 fl geben, worunter auch das gerechnet<br />

sein soll, was während des Jahres sonst den Armen zukommt.<br />

Doch wird ausdrücklich angemerkt und vorbehalten,<br />

wenn der Baron oder seine Nachkommen künftig in bessere<br />

Fortun oder Mittel gelangen werde, sollen die ursprünglichen<br />

Bestimmungen wieder aufgenommen werden. (Erzb. Arch.<br />

Freiburg Ha 222, S. 112.)<br />

Kaplan auf Burg Zollern. Am 30. Mai 1725 wurde im<br />

Geistl. Rat zu Konstanz ein Rescript der österreichischen Regierung<br />

und Hofkammer von Innsbruck vorgelesen, daß man<br />

von Seiten des durchlauchtigsten Erzhauses Oesterreich nit<br />

nötig zu sein erachten will, daß wegen der Festung Hohenzollern<br />

eine Präsentation an den Bischof abgefertigt werde.<br />

Man beschloß, es soll auf der Kanzlei nachgeschlagen werden,<br />

ob bisher die jeweiligen Kapläne präsentiert wurden<br />

oder nicht. Es stellte sich heraus, daß von früher keine Präsentation<br />

vorlag. (Erzb. Arch. Freiburg, Ha 223, S. 87.) Krs.<br />

An das<br />

in<br />

Postamt


16<br />

Eremit im Bittelsehießer Tale. Am 11. Oktober 1719 wurde<br />

im Geistl. Rat zu Konstanz ein Schreiben des Dekans von<br />

Ostrach verlesen: der Pfarrer von Bingen habe die Hinterlassenschaft<br />

dies verstorbenen Eremiten zu Bittelschieß Fr.<br />

Josef Stuffler, 3. Ordens S. Francisci, im Namen des<br />

Ordinariats versiegelt. Der Hornsteinische Obervogt Herr<br />

Johann Caspar Bechinger habe jedoch das Siegel weggerissen<br />

und das seinige namens der Herrschaft aufgedrückt,<br />

auch das Eremitorium oder Häuslein, in dem der Bruder<br />

gewohnt mit einer Wache umstellt, damit niemand an das<br />

Siegel herankomme. Habe sogar befohlen, alle vor dem<br />

Leichnam annoch in dem Häuslein gebrunnene Kerzen — da<br />

jener hinausgetragen und zu der Erde bestattet werden wollen<br />

— auszulöschen, gleichwie er mit der Wacht eben darum<br />

noch immer continuiere. Beschluß: Es soll der Casus an<br />

seine Hochfürstl. Gnaden (den Bischof) untertänigst gemeldet<br />

werden, daß sie gnädigst geruhen wollten, an den Herrn<br />

Baron von Hornstein ein Schreiben zu richten, damit seine<br />

von seinem Obervogt verübte, so impertinen als den Rechten<br />

des Ordinariats und der kirchlichen Immunität präjudicierliche<br />

Insolenz gänzlich abgestellt und die hierin competenten<br />

Ordinariatsrechte inconturbate exerziert werden möchten.<br />

Inzwischen aber könne man gegen den Obervogt mittels<br />

Strafmandat vorgehen. (Erzb. Arch. Freiburg Ha. 220,365).<br />

Krs.<br />

Eremitenplage. Das Eremiten- oder Einsiedlerwesen in der<br />

Diözese Konstanz hatte nicht nur eine romantische Seite. Das<br />

Protokoll des Geistl. Rates zu Konstanz vom 30. Juni 1706<br />

berichtet: Es wird gemeidet, daß die Eremiten-Brüder, die<br />

sich im Bistum Konstanz befinden und bis 30 an Zahl ausmachen<br />

in Ansehung, daß viele sich zu Rom einkleiden<br />

lassen und als Eingekleidete ohne Wissen des Bischofs ins<br />

Bistum eindringen, hin und her sitzen, mithin allerhand<br />

Fehler, Excesse und Unanständigkeiten an ihnen notiert<br />

werden, wurde angehalten, es möge ein besonderer Visitator<br />

bestellt werden. Beschluß: Jeder Dekan soll bei der Visitation<br />

der Pfarrei auch das Leben und die Sitten der etwa<br />

vorhanden Eremiten untersuchen, alles genau dem Bericht<br />

einverleiben, damit das Nötige vom bischöflichen Amt veranlaßt<br />

werden kann. (Erzb. Arch. Ha 216, S. 396). Krs.<br />

Fideiispredigt 1731. Der Magistrat der Stadt Rottweil beschwerte<br />

sich am 27. Juni 1731 beim Geistlichen Rat in Konstanz,<br />

der Pfarrer von Wehingen, namens Dr. Mägerle, habe<br />

am Fest des seligen Fidelis bei den Kapuzinern in<br />

Rottweil zu predigen die Ehre gehabt. Aber anstatt eine Lobpredigt<br />

zu halten, habe er allerdings einen mit lauter Verbal-Injurien<br />

(Beleidigungen) angehäuften Sermon abgehalten,<br />

unter anderem Vermelden, daß man zu Rottweil keine<br />

Justiz administriere, die Witwen und Waisen underdrucke,<br />

durch unerlaubte Geschenke sich corripieren lasse, und die<br />

man vor Zeiten Stadt- und Landräuber gescholten, anjetzo<br />

aber gestrenge Herren titulieren solle. Nachher mußte der<br />

Angeklagte sich mündlich und schriftlich entschuldigen.<br />

(Erzb. Arch. Ha 225, S. 85, 116.) Krs.<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch<br />

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags-<br />

postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis<br />

von 80 Pfennig.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbe-<br />

stellungen der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deut-<br />

liche Schrift wird gebeten.<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang <strong>1959</strong><br />

Schelme und Diebe 1772. Der aus Horb stammende Abt<br />

Michael Fritz von St. Märgen bei Freiburg schreibt in seinem<br />

Tagebuch (Handschr. Nr. 528 im Gen. Landesarchiv Karlsruhe)<br />

S. 203v: Um November 1772 sind mehrere Schelme und<br />

Diebe im Schwabenland bei Horb, Haigerloch, Glatt etc. herumgezogen<br />

und haben die Straßen unsicher gemacht. Einer<br />

unserer Kostgänger, Herr Renz, des Oberamtmanns Sohn<br />

von Haigerloch, hat dadurch seine Equipage (Gepäck) verloren.<br />

Denn diese Kerle haben den Weinwagen, worauf sie<br />

geladen war, beraubt und den Fuhrmann übel zugerichtet.<br />

Es hatte noch ein anderer, welcher auch zu Allerheiligen<br />

(dem Absteige-Kloster in Freiburg i. Brsg.) in die Kost<br />

wollte, ein Kittele von Rottenburg, etwas dabei verloren und<br />

ist also erschröckt worden, daß er zu Haus geblieben. O Hasenherz!<br />

Von dieser Bande sind kurz darauf mehrere Schelmen<br />

zu Haigerloch, Horb und anderen umliegenden Orton<br />

eingezogen worden, und ist durch selbe heraus gekommen,<br />

daß sie ihre Diebeswaren bei dem Vogt zu Dettlingen niedergelegt<br />

haben. Man hat gleich visitiert und eine große<br />

Menge solcher Waren in seinem Haus gefunden Unter diesen<br />

waren auch die Kleider des Herrn Renz. Der Vogt oder<br />

Schultheiß, wie man sie allda heißet, ist festgesetzt worden,<br />

und durch ihn wird man diese schlechten Leut bekommen<br />

können. Denn wie man sagt, haben sie für ihn schon viele<br />

Jahr dieses Handwerk getrieben. Allein der Prozeß wird erst<br />

die Sach aufdecken, und unterdessen muß man sich vom Urteilen<br />

enthalten.<br />

Von obigem Studiosus Renz berichtet dann der Abt S. 227:<br />

Den 10. August hat Herr Renz von Haigerloch, des Herrn<br />

Oberamtmanns Sohn, unser Kostgänger zu Allerheiligen auf<br />

der Hohen Schul zu Freiburg im Canonischen Recht sein<br />

Examen gemacht cum laude prorsus excellenti (mit ganz ausgezeichnetem<br />

Lob). Ich war auch dabei. Hab noch niemals<br />

einen Studenten so praecise antworten gehört. Krs.<br />

Zehnt zu limpfingen. Am 3. November 1615 berichtet das<br />

Protokoll des Rats des Domstifts Konstanz (Ha 209, S. 325:<br />

Erzb. Arch. Frbg.) Die Herren Grafen von Zollern zu Haigerloch<br />

beschweren sich ab der Untertanen zu Empfingen<br />

allda sie den Zehnten vom Gotteshaus Reichenau (das mit<br />

dem Bistum Konstanz uniert ist) zu Lehen tragen, daß etliche<br />

Leute die zwanzigste, andere die vierzigste Garbe geben. Sie<br />

begehren, man solle entweder die Untertanen zitieren und<br />

zur Rede stellen oder aber eine Kommission die Sache untersuchen<br />

lassen. Man beschloß, zunächst an die Untertanen<br />

eine gütliche Aufforderung zu schicken, den Zehnten richtig<br />

zu geben.<br />

Gammertinger Prozession nach Hettingen. Am 8. August<br />

1731 beschloß dkr Geistl. Rat in Konstanz, dem Herrn Baron<br />

von Speth, Obervogt zu Markdorf, solle durch den Procurator<br />

geschrieben werden, daß der Sachc dadurch keineswegs abgeholfen<br />

sei, wenn man den Pfarrern befehle, die Prozession<br />

nach Hettingen weiterzuführen. Wenn kein Vergleich zustande<br />

komme, soll der klagende Teil vielmehr den Rechtsweg<br />

beschreiten. Offenbar hatten sich die Geistlichen von<br />

Gammertingen und Kettenacker-Feldhausen wegen schlechter<br />

Beteiligung u. a. nicht zur Prozession verstehen können.<br />

(Erzb. Arch. Ha 225, S. 99.) Krs.<br />

Pfarrhaus zu Liggersdorf. Beim Geistl. Rat zu Konstanz<br />

wurde am 24. September 1704 verhandelt: Der Landkomtur<br />

von Altshausen hält an um Nichtbesetzung der Pfarrei Liggersdorf,<br />

weil dieses Jahr der Pfarrhof und das Kaplaneihaus<br />

vom Feind abgebrannt worden sei. Der Antrag wird<br />

genehmigt, das Einkommen soll aber genau überwacht und<br />

dem alten Kaplan, Herrn Georg, ein anderer tauglicherer<br />

Priester zur Aushilfe beigegeben werden. (Erzb. Arch. Freiburg<br />

Ha 216, S. 298).<br />

Billig abzugeben (4.— DM zuzüglich Porto): H. Sprintz, Die<br />

Bildwerke der fürstl. hohenzollerischen Sammlung Sigmaringen,<br />

gebunden und gut erhalten, 66 Tafeln, 55 Textbilder.<br />

Pfr. Kraus, Freiburg i. Brsg., Badstr. 2.<br />

Berichtigung: Im JH. 1958 S. 53 rechts ist das Wort Grafen<br />

irrig hineingeraten. Der Titel des Buches heißt: „Die<br />

von Hornstein und Hertenstein" von Edw. von Hornstein,<br />

Konstanz 1911—16. Die Grafen gehörten bekanntlich dem<br />

hohen Adel an, die Herren von Hornstein aber nicht!<br />

Herr Fabrikant Christian Maute in Bisingen stellte uns die Druckstöcke für<br />

die herrlichen Bilder Seite 3, 7 und 11 unentgeltlich zur Verfügung. Im Namen<br />

aller hohenz. Heimatfreunde herzlichen Dank!


Hohenzollerische Heimat<br />

Vierteljahresblätter für Schule und Haus<br />

Herausgegeben vom Verein für Geschichte,<br />

in Verbindung mit<br />

Schriftleitung:<br />

Josef Wiest, Gammertingen<br />

Postverlagsort Gammertingen<br />

Preis halbjährlich 0.80 DM<br />

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern<br />

der hohenz. Lehrerschaft<br />

Druck:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Nummer 2 Gammertingen, April <strong>1959</strong> 9. Jahrgang<br />

Im Dienste der Urgeschichtsforschung<br />

Wenn ein Arbeiter oder Bauer beim Aushub einer Baugrube<br />

oder eines Grabens auf ein menschliches Skelett mit<br />

Waffen und Schmuck stößt, so sammeln sich Leute und vor<br />

allem Kinder um den Fund und sprechen lebhaft darüber.<br />

Zu gern möchten sie wissen, wer dieser Tote war, wann er<br />

gelebt hat und welchem Volk er angehörte. Aufschluß hierüber<br />

kann nur der Fachmann geben. Er könnte noch mehr<br />

darüber berichten, wenn die alten Kulturreste, auf die wir<br />

bei der augenblicklich regen Bautätigkeit allenthalben stoßen,<br />

mehr beachtet und der wissenschaftlichen Bearbeitung zugeführt<br />

würden. Jeder Heimatfreund — und das wollen wir<br />

doch alle sein — kann bei der Erforschung der Urgeschichte<br />

und Frühgeschichte seiner Heimat mithelfen, indem er zufällig<br />

gefundene Kulturreste an die zuständige Stelle meldet<br />

und, wo es nottut, sicherstellt. In keinem Fall d'arf er selbständig<br />

Grabungen durchführen, da dies der Forschung meist<br />

nur schadet. Private Grabungen sind deshalb gesetzlich verboten.<br />

Schon häufig haben Kinder, die ja bekanntlich sehr<br />

neugierig und wissensdurstig sind und deshalb im Dorf mit<br />

ihren hellen Augen alles sehr rasch sehen und erfahren,<br />

ihrem Lehrer von Bodenfunden berichtet. Der Lehrer konnte<br />

die Funde sicherstellen und melden. So konnten die Kinder<br />

durch ihre Aufgeschlossenheit einen Baustein zur Erforschung<br />

der Geschichte ihres Heimatdorfes beitragen.<br />

Wie sehen die alten Kulturreste aus?<br />

Schon Hunderte von Geschlechtern haben seit der Eiszeit<br />

in unserer Heimat gelebt und gearbeitet. Vieles von dem,<br />

was sie geschaffen und gebaut haben, ist dem Feuer, der<br />

Verwitterung und der Tätigkeit späterer Geschlechter zum<br />

Opfer gefallen. Alles, was auf die Tätigkeit von Menschen<br />

hindeutet, ist eine Urkunde im Sinne der „Wissenschaft des<br />

Spatens", die nur Fachleute zu lesen verstehen. Werkzeuge<br />

aus Stein, Bronze und Eisen, sowie Waffen verschiedener<br />

Art, Urnen und Tonscherben sowie Münzen und Schmuckstücke<br />

fallen jedem auf. Hierzu gehören auch die Fundamente<br />

römischer Gutshöfe und vor allem die jedem vertrauten<br />

Grabhügel in unseren Wäldern und die Ringwälle<br />

und Straßen. Die meisten Denkmäler der Vorgeschichte sind<br />

jedoch in unserem Heimatboden verborgen und kommen nur<br />

bei Grabungen ans Tageslicht, Kohle, Brandreste und Tonscherben<br />

deuten immer auf Anwesenheit von Menschen hin.<br />

Gerade die Tonscherben sind für die Wissenschaftler ein<br />

sicherer Anhaltspunkt für die genaue Datierung der Funde.<br />

Sie liegen meist in einer dunklen „Kulturschicht", die noch<br />

andere Funde birgt. Ausgedehnte Kulturschichten deuten auf<br />

Wohngruben undl Siedlungsstätten hin. Deshalb soll jeder<br />

Heimatfreund im Vorbeigehen an Baugruben und Gräbsn<br />

einen Blick nach solchen Kulturresten werfen.<br />

Alle Funde müssen unserer Heimat erhalten bleiben<br />

Jeder noch so unscheinbare Fund ist wie ein Steinchen<br />

Mosaik. Erst eine große Zahl ergibt das Bild der Urgeschichte<br />

und Frühgeschichte des'Heimatdorfes. Es gewinnt erst seinen<br />

Wert durch die genaue Angabe der Fundstelle, der Tiefe<br />

und der Kulturschicht, in der es gefunden wurde, und durch<br />

die wissenschaftliche Bearbeitung und Datierung. Einen wirklichen<br />

Wert bedeutet der Fund nur in seiner Heimat und<br />

für diese Heimat. Noch eine Mahnung! Zerstöre keine<br />

Grabhügel, wie dies in früheren Jahrzehnten in unserer<br />

Heimat leider geschehen ist. Diese Grabhügel sind wie alle<br />

„Bodendenkmäler" gesetzlich geschützt. Leider sind die meisten<br />

aus reiner Gewinnsucht geschändet und ausgeraubt worden.<br />

Lassen wir diese ehrwürdigen Zeugen und Grabstätten<br />

der Vergangenheit unberührt. Neue Funde und Erkennt-<br />

Jeder Heimatfreund kann mithelfen<br />

nisse werden sie uns zur Zeit nicht bringen, vielleicht später,<br />

wenn die Wissenschaft weiter fortgeschritten ist.<br />

Wie verhalte ich mich bei Gclegenheitsfunden?<br />

Alle Bodenfunde sind wertvolle Urkunden der Ur- und<br />

Frühgeschichte und müssen deshalb beim Auffinden sorgfältig<br />

behandelt werden, damit sie nicht zerbrechen, durcheinander<br />

kommen oder sonstigen Schaden erleiden. Sie sind<br />

schnellstens dem Bürgermeister oder Lehrer oder auf der<br />

Polizei zu melden. Die Bürgermeister sind verpflichtet, so<br />

schnell als möglich dem Kreisbeauftragten für Bodendenkmäler<br />

oder Landeskonservator Meldung zu machen. Bis zu<br />

dessen Eintreffen sind die Grabstellen offen und unberührt<br />

zu lassen. Der Kreisbeauftragte ist spätestens innerhalb 24<br />

Stunden zur Stelle, damit Bauarbeiten keine Unterbrechung<br />

erfahren.<br />

Wie ist die Pflege der Bodendenkmäler in Hohenzollern<br />

organisiert?<br />

Diese untersteht dem Staatlichen Amt für Denkmalspflege<br />

in Tübingen (Landeskonservator Dr. Rieth). Träger in Hohenzollern<br />

ist der Hohenzollerische Landeskommunalverband<br />

(Landeskonservator Oberreg. Baurat Genzmer, Sigmaringen).<br />

Ihm zur Seite stehen für archäologische Bodenforschung im<br />

Kreis Hechingen Kreisbaumeister Wachendorfer, im Kreis<br />

Sigmaringen Gewerbeschuldirektor Jerg (Tel. 317) Sigmaringen.<br />

Alle Funde in Hohenzollern kommen zunächst zur wissenschaftlichen<br />

Bearbeitung an das Staatliche Amt für Denkmalspflege<br />

nach Tübingen und zur Präparierung an das Landesamt<br />

für Denkmalspflege in Stuttgart. F Is sich die Funde<br />

für ein Museum eignen, kommen sie in das Landesmuseum<br />

auf der Burg Hohenzollern. Die Funde in Hohenzollern werden<br />

laufend in den „Fundberichten aus Schwaben" veröffentlicht.<br />

Als Anerkennung für rechtzeitige Meldung und für umsichtiges<br />

Verhalten beim Fund zahlt der Hohenzollerische<br />

Landeskommunalverband vielfach eine kleine Prämie.<br />

Die wichtigsten Bestimmungen aus dem Ausgrabungsgesetz<br />

Das Ausgrabungsgesetz vom Jahre 1914 bzw. 1922 wendet<br />

sich mit seinem Verbot der Grabung nach Bodendenkmälern<br />

gegen alle, die aus reinem Eigennutz sich an den Denkmälern<br />

der Vorzeit vergreifen und so das öffentliche Interesse schädigen.<br />

Es verbietet den Verkauf der Funde in das Ausland<br />

und gewährleistet, daß diese in eine öffentliche Sammlung<br />

kommen. Das Gesetz bestimmt:<br />

1. Zum Beginn einer Grabung ist die Genehmigung des<br />

Staatlichen Amtes für Denkmalspflege in Tübingen<br />

(Schürfschein) erforderlich. In dringenden Fällen ist auch<br />

die Ortspolizeibehörde berechtigt und verpflichtet, eine<br />

ohne Genehmigung begonnene Grabung zu verhindern.<br />

2. Gelegenheitsfunde müssen vom Entdecker und Finder<br />

oder dem Eigentümer des Grundstückes, oder dem Leiter<br />

der Arbeiten sofort der Ortspolizeibehörde angezeigt<br />

werden.<br />

3. Die ausgegrabenen oder gelegentlich gefundtenen Gegenstände<br />

sind gegen Entschädigung dem Landeskommunalverband<br />

zum Ankauf anzubieten. Als Entschädigung<br />

ist der Ersatz des gemeinen Wertes zu leisten.<br />

Welche Aufgaben hat die Schule?<br />

Sie soll die Schüler über die Bedeutung aller Bodenfunde<br />

als den einzigen Urkunden der Vorzeit unserer Heimat belehren,<br />

die Kinder auf die Beachtung und Meldung solcher<br />

Funde hinweisen und in ihnen Ehrfurcht vor diesen Denkmälern<br />

wecken.<br />

Nachsatz: Diese kurze Zusammenfassung erfolgte nach<br />

Prof. Pareth „Fundberichte aus Hohenzollern, Heft 1." Jerg.


18 HOHENZOLLETL ISCHE HEIMAT Jahrgang .359<br />

Es mag zu Anfang des ersten Weltkrieges gewesen sein.<br />

Ich war ein Büblein von 10 bis 11 Jahren. Man pflanzte damals,<br />

von der Not getrieben, wieder in starkem Maße Hanf<br />

und Flachs, die fast im Albdorf abgegangen waren, dazu<br />

noch Mohn, den man Oelmagen nannte, und Raps, deren Oel<br />

sehr geschätzt wurden. Eines Tages im Herbst — vom Elsaß<br />

her dröhnte der Geschützdonner — hatten wir unsern Mohn<br />

vor den allzeit hungrigen Vögeln gerettet und geerntet, bevor<br />

die Schlaumeier jeden einzelnen Kopf von unten angepickt<br />

und sich die Körnlein ins Schnäbele hatten spazieren lassen.<br />

Es war ein ordentlicher Stumpen geworden, den ich<br />

kaum lupfen konnte. Die Mutter sagte: „Ka(nn)st Du's verlaufa<br />

bis ins Städtle? Da deascht mit in d' Elmihle". Das<br />

ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ein Bauernbub, der sonst<br />

den ganzen Tag in Wies und Feld und Wald auf den Beinen<br />

ist, wird auch die lächerlichen 2 Fußstunden ins Städtle<br />

meistern, das wäre ja eine Schande! Städtle sagte die<br />

Mutter immer noch zum ehemaligen Oberamtsstädtchen<br />

Trochtelflngen, das früher ein fürstlich fürstenbergisches<br />

Obervogteiamt über ganze vier Gemeinden beherbergte, aber<br />

seit langem seine Bedeutung verloren hatte. War ich auch<br />

der jüngste unter meinen Geschwistern, so fühlte ich mich<br />

doch kräftig genug, ging ich doch schon zum Hairle in die<br />

Lateinstunde. Zudem steckten mir nicht nur die Mutter und<br />

Schwester, sondern auch unser treuer Knecht Michael alle<br />

guten Brocken zu. Besonders letzterer hat mich oft an seinen<br />

„brat'nen Knöpfle" teilhaben lassen, wenn er spät abends<br />

von Waldarbeiten zurückkam und die Knöpfle mit Kraut so<br />

verheißungsvoll in der Bratkachel dufteten. Damals glaubte<br />

ich, nichts in der Welt könne besser munden als sie. Nur einmal,<br />

als der Lehrervetter und seine Anna aus dem Schwarzwald<br />

einen ganzen Kratten voll süße schwarze Heidelbeeren<br />

geschickt, ahnte ich, daß anderwärts auch feine Dinge wachsen<br />

müssen. Aber jede Sache hat auch ihre Schattenseite.<br />

Von den besagten Beeren stand bald eingekocht als schwarzes<br />

Gesälz die „Abschöpfede" auf dem Kommod, als ich<br />

abends beim Zudämmern in die Stube komme und natürlich<br />

nicht widerstehen kann, mit der Zunge zu probieren. Daß<br />

dabei die dunkelfarbige Brühe mir unbemerkt am hellgrauen<br />

Kittel hinunterlief und ihn total ruinierte, wurde erst offenbar,<br />

als man die große Erdöl-Ampel über dem Tisch anzündete.<br />

Es gab drauf Tränen und anderes, das ist klar.<br />

Aber um nun auf den Gang ins Städtle zurückzukommen:<br />

Der Tag wurde festgesetzt, einige „Bröter" mit Eingemachtem<br />

und eine leere Kanne in den Armkorb gerichtet, und etwa<br />

um 8 Uhr marschierten wir los. Die Mutter trug den Korb<br />

am Arm und den Stumpen Oelmagen kunstfertig frei auf<br />

dem Kopf, so wie seit eh und je die Ringinger Weibsleut das<br />

Trinkwasser vcu den Dorfbrunnen mittels Spreuer-Bausch<br />

heimgetragen hatten, bis 1911 die Hauswasserleitung kam.<br />

Wie oft haben auch wir Buben, den Fraunamen (oder Weibsleut)<br />

nachmachend, Holzbuscheln auf dem Kopfe heimbalanziert,<br />

wenn wir auch ihre Kunstfertigkeit nie erreichten. Sie<br />

schleppten damals wahre Ungetüme von Buschein im kleinen<br />

Grastuch heim, Waldgras oder aus den Früchten ausgerupfte<br />

Pfannenstöck, Luegen, Klaffen und selbst stachelige Ackerdisteln,<br />

die alle mittels vier langer Bändel des besagten<br />

Tuches zu einem ungeheuren Ballen zusammengebunden<br />

waren. Wie hat man sich doch damals abgeschunden, auch<br />

mit den weiten Wegen aufs Heufeld usw. Selbst die Kleinen<br />

mußten schon mit zur Arbeit, und oft hatte unsere gute<br />

Mutter von einem, Dreikäsehoch erzählt, der noch kaum<br />

sprachkundig seinen Vater beim Unkrautrupfen auf dem<br />

Acker fragte: „Batter, moit mei Däckle?" und als der antwortete,<br />

er habe für ihn kein eigenes Säckle, „Ja, mueß i no<br />

in d' Kapp nei glasa?"<br />

Mir selber hat die Mutter bei unserem Marsch nichts aufgeladen,<br />

offenbar traute sie meinen Kräften nicht allzuviel<br />

zu. Wir gingen am Aescherhaufen und den Hohlweg hinauf,<br />

verließen aber auf der Staig die feste Straße und schritten<br />

den Fußweg durch die Kernenwiesen hinab und die alte<br />

Kirchholzerstaig hinauf. Rechts ließen wir den Hochbehälter<br />

der Wasserleitung und die Weileräcker mit dem Dannemerweg,<br />

links den Zimmerplatz mit seiner Krüppelbuche, den<br />

Nähberg mit der Schloßruine und dem Wald, die uns immer<br />

so magisch angezogen, daß wir dort ein Gutteil unserer Freizeit<br />

verbrachten. Einmal im Frühling an einem Sonntagmittag<br />

wäre das üppige dürre Gras am Wiesenrand uns fast<br />

zum Verhängnis geworden. Einer von uns Lausern (wars<br />

der Gottlieb oder der Seffer?) hatte, wer weiß wie, Zündhölzle<br />

aus seiner Hosentasche gezaubert, und bald brannte<br />

das Gras lichterloh. Schon schwoll der leichte Wind, wie von<br />

dem hier umgehenden Schwelhergeist angeblasen, mächtig<br />

an, und ums Versehen trieb das Feuer geradewegs in den<br />

Gang in die Oelmühle<br />

Wald hinein. Zwar versuchte unsere Schar mit Tannenästen<br />

zu löschen. Wären jedoch auf unser klägliches Hilfegeschrei<br />

nicht einige Ledige beigesprungen, ich weiß nicht, wie uns<br />

der Schwelher in wohlbekannter Fertigkeit eingeheizt hätte<br />

und wie der Ausgang jenes schönen Sonntages gewesen wäre.<br />

Immerhin hat es uns keinen Kittel gekostet, wie einige Zeit<br />

vorher meinen Bruder und des Nachbars Karle beim Feuermachen<br />

auf dem Hälschloch, worauf dann auch noch der<br />

ortsgewaltige Polizei die armen und buchstäblich geschlagenen<br />

Sünder aufs Rathaus zitierte.<br />

Fern im Norden grüßten die beiden Bühle mit dem Kornbühl<br />

dazwischen, wie das Korn in der Kimme eines Gewehrs.<br />

Rechts begleitete uns der Bäbelochwald, und die Mutter versäumte<br />

nicht zu erzählen, daß ganz rechts am vorderen Eck,<br />

wo die alte und neue Käppelestaig anfangen, einst eine Kapelle<br />

des hl. Bernhard stand, von der die Leute erzählten,<br />

sie hätten ehemals als Kinder beim Heimgehen vom Beerensuchen<br />

einer Statue ein „Versucherle" in den halboffenen<br />

Mund gelegt.<br />

Weiterhin östlich in der Däsche schließt sich der „Kalkofen"<br />

an, offenbar nach ehemaliger Kalkbereitung benannt,<br />

wie z. B. eine 1589 berichtet wird, als man das alte Pfarrhaus<br />

baute. Dann folgt „des Hairies Wäldle", das aber der<br />

Gemeinde gehört. Wir gingen zwischen ihm und dem Kirchholz<br />

die alte Staig aufwärts und erreichten auf der Ebene<br />

den sogenannten Boschen, der einst Weidebezirk gewesen<br />

und nun mit schönen Tannen bestanden war. Später, nach<br />

dem Hitlerkrieg, haben ihn die Franzosen ratzebutz abgehauen.<br />

Kirchholz habe früher Kirchherrenholz geheißen und<br />

gehörte bis 1935 dem Patronatsherrn Fürstenberg, seitdem<br />

dem Staat. Es scheint aus dem Kirchholzwald der Pfarrer<br />

.seinen standesherrlichen Holzteil bekommen zu haben, so wie<br />

er von der Gemeinde aus dem „Hairleswäldle" zwei Bürgerholzteile<br />

erhielt. Neuestens ist im Kirchholz ein Waldweg als<br />

„Kirchweg" (statt richtig Kirchholzweg) bezeichnet. Wie werden<br />

spätere Heimatfreunde sich die Köpfe zerbrechen, wo<br />

wohl die namengebende Kirche gestanden habe! Rechts<br />

drüben im Wald am andern Sträßle findet sich ein Hungerbrunnen.<br />

Wenn der laufe, gebs eine Hungersnot, erzählte die<br />

Mutter. Warum das so sei, wollte ich wissen, aber die Mutter<br />

wußte es auch nicht. Als nun der bequeme Waldweg leicht<br />

abwärts nach Osten ging, zog die Mutter ihr Nüster aus<br />

dem Rocksack, und während die Päterle durch ihre Finger<br />

liefen, mischte sich in die Gesetzchen des Rosenkranzes nur<br />

das Klappern unserer festen Schuhe und das gelegentliche<br />

Flöten eines Buchfinken oder einer Meise, während im Tannenwald<br />

die Waldtauben gurrten.<br />

Wir waren kurz vor dem Waldrand an der Kohlplatte vorbeigekommen,<br />

wo ehedem Kohlenmeiler standen. Man sagt<br />

Kohlhaufen. Sie waren uns wohlbekannt von unsern beiden<br />

Schmieden, dem Philipp und dem Josef, die am Kelberwasen<br />

am Burladinger Zehnten bzw. an der Käppelestaig ihren Bedarf<br />

brannten. Links an der Grenze entlang begleitete uns<br />

eine in den Wald hineinreichende Wiese, rechts der Ringinger<br />

Wald. Bald tauchte der Bildstock St. Johannes mit dem<br />

Kelch auf. Er ist schon 1491 erwähnt und steht auf Stettener<br />

Bann neben einer mächtigen Eiche. Zwischen ihr und einer<br />

altersschwachen Ulme kommt der Vizinalweg nach Stetten<br />

aus dem Ringinger Wald wie aus einem Tor ins freie Feld<br />

hinaus. Dieses wird beiderseits in Entfernung von 100 bis<br />

200 Metern von Anhöhen begleitet, die mäßig hoch und bewaldet<br />

sind, links dem Mannenbergle mit seiner geheimnisvollen<br />

„Welzenhütte" und rechts Wengen, in dem es gute<br />

Erd- und Himbeerplätze gab. Im Kircnholz ist zu Mutters<br />

Jugendzeit behauptet worden, es gehe ein Geist in Kuhgestalt<br />

um. Eines Tages sei das Geschrei gegangen, der Kirchholzgeist<br />

sei da. Alles, was laufen konnte, eilte vom, Dorf<br />

hinauf, fand aber nur ein kläglich blökendes Schäflein, das<br />

sich vom Pferch aus dem Grund herauf verirrt gehabt.<br />

Wir schritten tapfer nach Osten. Von Süden her kreuzte<br />

unsere Bahn ein alter Weg, den ich später einmal mit unserem<br />

inzwischen längst heimgegangenen Heimatfreund, dem<br />

Steinhauerkarle, von Gammertingen her über Bronnen an<br />

der Gauselfinger Dicke und Ablege und dem Bettelmannsloch<br />

vorbei zurücklegte. Der Weg windet sich dann zwischen<br />

Kreuzbühl, Somenloch und Hasenbergl vorbei der G a m e r -<br />

staig zu, die nach Melchingen ins Tal hinab führt. Es dürfte<br />

sich um die älteste Verbindung dieses Ortes mit Gammertingen<br />

handeln. Wir aber sind inzwischen geradeaus gestiefelt,<br />

erreichen nach 500 Metern das schöne Burladinger<br />

Sträßle, überqueren es am sog. Zaunkreuz, streben geradeaus<br />

über die Egert und verfolgen einen Feldweg nach<br />

Osten, der uns bald auf den Hohen Stich führt. Ein schmaler<br />

Fußpfad ging abwärts durchs Unterholz und wir gelangten


Jahrgang <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 19<br />

auf einen Hörschwager Eschweg, der zwischen Scheckerikobel<br />

und Jurnholz im Bogen nach links langsam ins Laucherttal<br />

hinabzieht. Da tauchte auch schon das Dorflein Hörschwag<br />

auf, das durch den Bach in zwei Teile getrennt ist. Wie<br />

staunte ich über das viele klare Wasser, in dem sich Scharen<br />

von Gänsen und Enten tummelten. So etwas Ähnliches gab es<br />

bei uns nur im Frühjahr, wenn nach schnellem Tauen sich<br />

in den Kesselwiesen unter der Rauße ein Weiher formte.<br />

Aber der bildete nur jeweils einige Tage den Schauplatz<br />

kindlicher Heldentaten „zur See", und dann pflegt? ihn das<br />

Erdreich bald kläglich zu verschlucken. Was dagegen bei<br />

uns im Dorf den Namen „Bach" führte, war nur eine Gasse,<br />

in deren gepflasterten Rinnen beiderseits zur Regenzeit und<br />

etwas länger ein wenig Wasser herabfloß, das durch Mist-<br />

lache verstärkt und durch den „Graben" als Wässerung in<br />

die Wiesen hinauslief, wo es im Lauf der Jahrhunderte einen<br />

ganz langen und gut 3—4 m hohen Damm angeswemmt hat.<br />

Hier in Hörschwag konnte ich mich nicht satt sehen an<br />

dem klaren Bach, und die Mutter hatte Mühe mich wegzubringen,<br />

ohne daß ich die Schuhe voll Wasser bekam, besonders<br />

als sich gar zwischen den Steinen ein Fischlein zeigte.<br />

Viele Jahre nachher las ich, der Name Hörschwag bedeute<br />

„Heros Wag", d. i. Wasser oder Gumpen eines Mannes Hero,<br />

der sich hier niederließ, ähnlich wie Herrischried im Schwarzwald<br />

benannt sei.<br />

Wir überquerten die Straße und stiegen zum Kirchlein<br />

hinauf, das 1929 unter Pfarrer Oswald von Stetten so stimmungsvoll<br />

erweitert wurde. Dann gings weiter nach Osten,<br />

Der Zollerberg von einer anderen Seite. — Außer den Einheimischen sind es gar wenige, die ihn so sehen, den burggekrönten Vorberg<br />

der schwäbischen Alb. Die ständig wachsende Schar seiner Besucher geht ihn „von vorne" an, auf der gepflegten Fahrstraße vom Brielhof<br />

hinauf oder auf guten Albvereins-Wanderwegen. Freunde stiller und unberührter Talgründe wissen von den Wanderfreuden vom<br />

stillen Dörfchen Boll zum abgelegenen Bärentäle und schätzen und lieben die mannigfaltigen Ausblicke von ungewohntem und andersartigem<br />

Gepräge auf den Zollerberg. (Chr. Maute.) Photo und Klischee Eigentum des Herrn Christian Maute-Bisingen.


20 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

bis wir am Wald des Mittelberges wieder ein winziges Kapellchen<br />

fanden. „Bisch miad?" fragte die Mutter. Wir rasteten<br />

kurz und aßen unser Zehnebrot. „In-ra halba Stund sind<br />

mr deet, des wuscht au no zwinga!" „Jo, jo guet, dess ist jo<br />

nimme weit", meinte ich. Nach kurzem Anstieg gings wieder<br />

bergab, wir betraten die Trochtelfinger Markung, durchquerten<br />

das Grafental zwischen Badfersberg und dem Nutenoder<br />

Uetenberg, wanderten rechts am Ruckbein vorbei und<br />

schon lag das Städtle Trochtelfingen im Seckachtal<br />

mit seinem mächtigen Schloß und der imposanten Martinskirche<br />

vor uns. Links drüben zeigte sich der Galgen- oder<br />

Kallenberg, unweit davon die Burgkapelle und verdeckte<br />

den Ausblick auf die weite Haid. Rechts in einiger Entfernung<br />

sah man einen Wald, in dem die Hennensteinkapelle stecken<br />

mußte. Schon gleich nach den ersten Häusern erreichten wir<br />

von der Rückseite das Schloß, das als Schul- und Rathaus<br />

dient. Wir bogen aber davor rechts ab an dem mächtigen<br />

runden Geschützturm der ehemaligen Stadtbefestigung vorbei.<br />

Schon ist hier das Städtle zu Ende gewesen. Es ging abwärts,<br />

dann über die Kleinbahn und die Seckach, und da<br />

lag rechts an der Halde unten am Bach die gesuchte Oelschläge.<br />

Unser Ziel war tatsächlich um 10 Uhr, also in 2<br />

Fußstunden erreicht.<br />

Der Oelschläger, ein schon bejahrter Mann, empfing uns<br />

freundlich. Die Mutter muß ihn schon gekannt haben. Das<br />

ganze Häuslein enthielt eigentlich nur einen einzigen Raum<br />

und draußen am Bach das Wasserrad. Während die Mutter<br />

und! der Besitzer sich unterhielten, hatte ich wißbegieriger<br />

Knirps Zeit, mich genau umzusehen. Die Oelpresse war gerade<br />

in Betrieb: Ein hölzerner starker Trog, am vorderen<br />

Ende überdeckt, mit einem Abflußröhrlem, unter dem eine<br />

Blechkanne stand, in den dickflüssiges Naß floß. In den Trog<br />

war, eingewickelt in eine Art Tuch, der Mohnsamen gefüllt<br />

und wurde durch einen in den Trog passenden Holzklotz<br />

nach vorn zur Röhre gedrückt und zwar auf folgende Weise:<br />

Hinter den Holzklotz im Trog war ein dicker Hartholzkeil<br />

oder Speidel gesteckt, auf den ein durch Wasserkraft bzw.<br />

eine Uebersetzung von Rädern immer wieder hochgehobener<br />

senkrechter dicker Rammbalken niederfiel. War der Keil<br />

ganz eingeschlagen, so wurde ein neuer daneben eingesteckt<br />

und das Spiel wiederholte sich immer wieder, bis der Oelsamen<br />

genügend ausgepreßt war. Dann wurde das Wasserrad<br />

abgestellt, der Rest des Mohns, der sog. Oelkuchen, herausgenommen<br />

und neue Ware eingelegt. „Do Biable, versuechs<br />

amol", sagte der Müller und reichte mir ein Stück<br />

des harten grauschwarzen Kuchens. Er schmeckte gar nicht<br />

schlecht. Ich bekam noch einen guten Brocken zum Mitnehmen.<br />

„Wa tuet ma suscht mit?" wollte ich wissen. „Dea<br />

kriagt s' Vieh zum Fuater." In den späteren Krietgsjahren<br />

haben wir Buben noch oft im St. Fidelishaus in Sigmaringen<br />

unsere magere Kost mit solchen Oelkuchen „gestreckt". Als<br />

ich aber dann nach Jahren einen ähnlichen Oelkuchen aus<br />

einer hydraulichen Presse von Haigerloch probierte, war er<br />

steinhart und schmeckte geradezu abscheulich, weil viel zu<br />

stark ausgepreßt! Da hat der gute alte Oelschläger von<br />

Trochtelfingen nach unserer Bubenmeinung sein Handwerk<br />

doch viel besser verstanden! Außer Mohn pflegte man auch<br />

andere ölhaltige Früchte „schlagen" zu lassen, besonders<br />

Bettelleut und<br />

Erinnerungen von J.<br />

Der Begriff „Heimat" umschließt nicht nur Berg und Tal,<br />

Wald und Feld, sondern alles, was auf einem gewissen<br />

Raum webt und lebt. Zur Heimat im eigentlichen Sinne wird<br />

diese Umwelt für uns jedoch erst dann, wenn man sich in<br />

sie hineingelebt hat und mit ihr innerlich verwachsen ist.<br />

Ein so gewordenes und immer etwas persönlich gefärbtes<br />

Heimatgefühl enthält mitunter viel Vergangenes, wozu bei<br />

älteren Leuten unserer Gegend auch Bettelleute und fahrendes<br />

Volk gerechnet werden dürfen.<br />

Vor kaum mehr als einem halben Jahrhundert durchstreiften<br />

noch Bettelleute und fahrendes Volk in nicht geringer<br />

Zahl unsere Ortschaften. An erster Stelle müssen hier<br />

die „Handwerksburschen" genannt werden. Es handelte<br />

sich aber hierbei nicht etwa um junge Burschen, die<br />

Arbeit suchend von Stadt zu Stadt zogen, so wie es vielleicht<br />

vor 100 Jahren noch üblich war, sondern es waren in


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 21<br />

Essen verabschiedete sich dier Handwerksbursche mit einem<br />

„Vergelt's Gott!", und die Kinder hatten anschließend sich<br />

gegenseitig noch viel zu erzählen und zu fragen. —<br />

Zur Winterszeit verging kaum ein Tag, daß nicht der eine<br />

oder andere Bettler an die Türe klopfte, mitunter waren es<br />

mehrere, so daß, wie man landläufig sagte, einer dem anderen<br />

die Türklinke in die Hand gab. Wenn der Hausherr<br />

dann einen schlechten Tag hatte oder selbst in Geldnot war,<br />

konnte es schon einmal vorkommen, daß so ein „Fechtbruder"<br />

keinen Einlaß fand oder mit nicht gar freundlichen<br />

Worten abgewiesen wurde. Das Bild des „klopfenden" Handwerksburschen<br />

gehörte zu der früheren Ruhe und Abgeschlossenheit<br />

unserer Dörfer, es war ein Zeitbild mit einer<br />

eigenen Romantik.<br />

Es gab früher auch bettelnde Frauen, doch sie<br />

waren, wenn man die Zigeunerfrauen außer Betracht läßt,<br />

weit geringer an der Zahl als die Handwerksburschen. Meist<br />

kamen sie um die Weihnachts- und Neujahrszeit herum und<br />

heischten für sich und ihre Familien Brot oder Mehl. Als<br />

Dank sangen sie ein altes Weihnachts- oder Neujahrslied<br />

und wünschten den Gebern ein „glückseliges Neujahr!" in<br />

Rangendingen erschien nur eine auswärtige Bettelfrau periodisch<br />

wieder. Woher sie stammte, wußte niemand genau. Es<br />

war eine große, hagere Gestalt mit düsteren Gesichtszügen<br />

und einem „Holzfuß". Die Kinder hatten allgemein Angst vor<br />

ihr, und auch die Alten ließen sie möglichst ungeschoren.<br />

Auf ihren Bettelgängen trat sie jeweils in den Hausflur und<br />

fing dort sofort mit tiefer Stimme an zu beten. Ihr Gebet<br />

beschloß sie mit einem frommen Wunsche, worauf man ihr<br />

ein Almosen aushändigte. Hernach humpelte die seltsame<br />

Frau wieder weiter. Mit verstohlenen Blicken sahen ihr<br />

die Kinder nach und raunten sich gegenseitig gruselige Geschichten<br />

ins Ohr.<br />

Heiteres Leben zeigte sich jedoch am Orte, wenn an einem<br />

schönen Winter- oder Vorfrühlingstag eine Gruppe Musikanten<br />

mit ihren blitzenden Blechinstrumenten auftauchten<br />

und sie ihre Märsche oder altvertrauten Volksweisen von<br />

Heimat, Lenz und Liebe erklingen ließen. Dann flogen Türen<br />

und Fenster auf, Kinder umstanden die Spielleute, jung<br />

und alt summte mit und erfreute sich an dieser willkommenen<br />

Ueberaschung und Unterbrechung der einförmigen<br />

Wintertage. In einer Zeit, da man noch keinen Rundfunk<br />

und kein Fernsehen kannte, waren Musikanten im Dorfe<br />

gern gesehene Gäste, denen man ein entsprechendes Almosen<br />

für ihr Spiel nicht versagte. Zu den Musikanten, die auf den<br />

Dörfern erschienen, müssen auch die Orgeldreher, Dudelsackpfeifer<br />

und Handharmonika s p i e1 e r<br />

gezählt werden. Die Orgeldreher waren vielfach Invaliden<br />

oder alte Veteranen, denen ihr Sold nicht ganz ausreichte und<br />

die sich eben auf diese Weise ein kleines Nebeneinkommen<br />

zu verschaffen suchten. Gewöhnlich führten sie einen kleinen<br />

Handwagen mit sich, worauf eine Drehorgel stand. Mit dieser<br />

zogen sie durch die Dörfer, meist von einem Schwärm Kinder<br />

begleitet, und spielten ihre Weisen. Als Almosen warf man<br />

den Orgeldrehern eine Geldspende in den ausgestreckten Hut.<br />

Seltener sah man die Dudelsackpfeifer. Sie kamen<br />

in der Hauptsache aus den Donauländem und sprachen oft<br />

nur ein gebrochenes Deutsch. Die Dudelsackpfeifer mit den<br />

eigenartigen Instrument und den für unsere Ohren so fremden<br />

Spielweisen fanden nie den Anklang wie die Handharmonikaspieler,<br />

die ebenfalls aus den südeuropäischen<br />

Ländern stammten und immer wieder in unserer<br />

Gegend zu sehen waren. Sie beherrschten ihre „Ziehharmonika",<br />

wie diese volkstümlich bezeichnet wurde, meisterhaft<br />

Zur Aussprachebezeichnung:<br />

D = Dehnung; Z = Zwielaut; N = Nasallaut (genäselt); Haken über<br />

Selbstlaut = offene Aussprache (6 Pföhl).<br />

VII. Essen und Trinken<br />

Wortbezeichnung<br />

Basche ( = D)<br />

Bodakigele (i = D)<br />

Därmle<br />

Fäßle<br />

Grattagautscher<br />

Gans(N)plimpel<br />

Hannes<br />

Hausneible<br />

Hausneibelmentum<br />

Häppe<br />

Huezerle (Huizerle (Z)<br />

Judahäppe<br />

Kaminkäs<br />

Kigelesschinebr<br />

Bleisle, Pleisle oder Pleisne<br />

Bedeutung<br />

Bier<br />

Kartoffeln<br />

Wurst<br />

Eier<br />

Most<br />

Wasser<br />

Brei<br />

Kartoffeln<br />

Kartoffelsalat<br />

Suppe<br />

Schwein<br />

Kaffee<br />

Rauchfleisch<br />

Kirschwasser<br />

die Händlersprache der Killertäler<br />

Zusammengestellt von M. Lorch<br />

und fanden stets aufmerksame Zuhörer. Ein kleines Almosen<br />

war der Dank für die dargebotenen feurigen Weisen, mit<br />

denen sie Herz und Sinn erfreuten.<br />

Ganz selten waren die Bänkelsänger, herumziehende<br />

Personen, die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit — meist<br />

Räuber- und Mordgeschichten — singend vortrugen. Vor den<br />

Augen der Zuschauer rollten sie dann große Bilder auf, die<br />

den Inhalt ihrer Gesänge und Deklamationen roh und in<br />

grellen Farben darstellten. Es waren oft grausige Dinge,<br />

welche man von den Bänkelsängern zu hören und zu sehen<br />

bekam, die sich unverlierbar dem Gedächtnis einprägten.<br />

Von den Kindern und Jugendlichen besonders gerne gesehen,<br />

waren die Bärentreiber, braungebrannte Gestalten,<br />

die vorzugsweise aus den Balkanländern und der<br />

Türkei zu uns kamen. Der Bärentreiber ging gewöhnlich an<br />

einem schweren Stock, und hinter ihm her zottelte an einer<br />

langen Kette ein brauner Bär. Auf fremdartige Laute und<br />

Kommandos erhob sich Meister Petz und stellte sich auf die<br />

Hinterfüße. Sein Gebieter schlug dann mit der Hand die<br />

Schellentrommel und sang dazu fremde Weisen, währenddessen<br />

der Bär zum großen Erstaunen und Ergötzen der Umstehenden<br />

allerlei Kunststücke vorführte. War es dem Bären<br />

manchmal zu viel, so ließ er ein dumpfes Brummen hören,<br />

sperrte den großen Rachen auf, oder faßte mit den Vordertatzen<br />

nach dem Stock, mit dem ihn sein Herr zum Gehorsam<br />

zwang. Dann stoben die Zuschauer oft ängstlich auseinander<br />

und freuten sich wieder, wenn der Bär gutmütig seinem<br />

Herrn folgte. —<br />

Mitunter hatten die Bärentreiber noch ein Aeffchen bei<br />

sich, das sich auf seine Schulter setzte und kluge Hantierungen<br />

vorführte, die gleichfalls viel bestaunt und bewundert<br />

wurden. Zu damaliger Zeit war diese Art „Tierschau" für<br />

viele Menschen nahezu die einzige Möglichkeit, fremdländische<br />

Tiere näher kennenzulernen. Wenn durchweg auch<br />

nur wenige Exemplare zur Vorführung gelangten, um so eingehender<br />

und gründlicher wurde beobachtet, gesehen und<br />

gehört.<br />

Die stärkste Gruppe des fahrenden Volkes bildete in früherer<br />

Zeit die Zigeuner. In jedem Dorfe hatten sie ihre<br />

bestimmten Lagerplätze. Ein buntes Treiben herrschte an<br />

diesen Orten. Die Pferde wurden ausgespannt, an die Bäume<br />

gebunden oder liefen weidend umher. Stämmige, wetterharte<br />

Männer und Frauen, sowie zahlreiche Kinder jeden Alters<br />

tummelten sich zwischen den Wagen, Karren und um das<br />

Lagerfeuer herum. Gegen Abend schwärmten die Frauen aus,<br />

um für ihre Angehörigen Nahrungsmittel zu erbetteln. Meist<br />

folgte ihnen eine Schar in Lumpen und Lappen gehüllter<br />

Kinder. Die Frauen trugen die Kleinsten in einem Tuch auf<br />

dem Rücken mit. Die Männer versorgten ihre Tiere, rauchten<br />

und spielten oder waren teilweise auch auf der Futtersuche<br />

für die Pferde. Nebenher betrieben sie mitunter auch einen<br />

kleinen Handel mit allerlei Gebrauchsgegenständen. Manchmal<br />

wurden die Zigeuner zu einer wahren Landplage. Landjäger<br />

trieben sie wohl dann und wann ein Stück weiter, nicht<br />

selten aber folgte oft schon am gleichen Tage eine andere<br />

Gruppe dieser sorglosen Nomaden.<br />

Nach dem ersten Weltkrieg und vor allem nach 1933 wurden<br />

Bettelleute und fahrendes Volk in unserer Gegend immer<br />

seltener. Eine Epoche, die mit ihrer Romantik und ihren<br />

Eigenheiten noch Raum bot für diese Art Menschen, ging unaufhaltsam<br />

zu Ende. Bettelleute und fahrendes Volk gehören<br />

seitdem nahezu restlos der Vergangenheit an. Aeltere Leute<br />

aber erinnern sich dann und wann noch gerne an so manches<br />

Erlebnis aus jenen versunkenen Tagen.<br />

Wortbezeichnung<br />

Kitz (Gitz)<br />

Kuahbiach (Z) (Kuahbliach (Z)<br />

Leisagreabsler (Z)<br />

Mentum<br />

Muger<br />

Plimpel<br />

Schinebr<br />

Schmong<br />

Schnaufkugla<br />

Schwazer Jörg<br />

S Aßling (Z)<br />

Staub<br />

Strichner<br />

Stiebes (Z)<br />

Woachling<br />

Zopfa<br />

Zotteler<br />

(Schluß)<br />

Bedeutung<br />

Fleisch<br />

Milch<br />

Schnaps<br />

Salat<br />

Hunger<br />

Wein<br />

Schnaps<br />

Schmalz<br />

Kartoffeln<br />

Rauchfleisch<br />

Zucker<br />

Mehl<br />

Backsteinkäse<br />

Räuschle (der hot 'n Stiebes = er<br />

hat ein Räuschle)<br />

Butter<br />

Brot<br />

Rausch (Der hot zottlet = er hat<br />

viel getrunken)


22 HOHENZOLLE [SCHE HEIMAT Jah iQg <strong>1959</strong><br />

Einige Redensarten:<br />

Wortbezeicjinung Bedeutung<br />

Man sieht den Aehne in die Suppe ist dünn und wässerig<br />

der Häppe<br />

's Schura (D) stubt (D) gwandt man bekommt gut zu essen in<br />

n in deam (Z) ' aile diesem Hause<br />

Schura (D) ist pfärrig das Essen ist teuer<br />

Des ist a Malefiz-Fätschnerssiann, Das ist eine verflucht schlechte<br />

deara (Z) kann man it gnueg Frau, dieser kann man nicht gestecka!<br />

nug bezahlen (für's Essen)!<br />

blättla<br />

Boja, verboja<br />

buff mi(ch)!<br />

kannst mi buffa!<br />

b'schränkt<br />

dossa<br />

was dossescht?<br />

I dosse, bis die Pinke<br />

gschuret hand<br />

Dauches malauches!<br />

Kannstmi(ch) am Dofa schmora!<br />

dusema (D),<br />

verdusemat (D)<br />

gätterla<br />

gwandt in Schale<br />

Kachel ('s ist a Kachel z'viel<br />

im Ofa)<br />

Kapp i;<br />

Käppelespink<br />

Käppfelessiann<br />

Killemer Hauzigläder (Jg.)<br />

Stiefelmate (D) (H.)<br />

nöbis<br />

vernöbiset<br />

er hat sein Mus (D) vernöbiset<br />

sehalla<br />

schattig (H.)<br />

(d'r Pink wird schattig)<br />

schwinzla<br />

er hat's gschwinzlet<br />

stieba (Z), anstieba (Z)<br />

kommt angstoba (an ~ N)<br />

er hot's schannig angstoba (N)<br />

stub des it an (N)<br />

d' Meahlhase stiebet (Z) an,<br />

pleisnet it so schannig<br />

spanna (letztes a = N)<br />

spann!<br />

Hoscht g'spannet?<br />

er hat uns schon gspannet!<br />

Watze (e N), Wätzle<br />

Hoscht den.watzen? (e = N)<br />

Hoscht den Kifis?<br />

I han kuan (Z) Watzen! (en =<br />

I han kua (Z) Wätzle!<br />

I han de Watzen (en ~ N) gewandt!<br />

Dr Pink höt kuan (Z) Watzen!<br />

(en = N)<br />

's Siannele hot kua (Z) Wätzle!<br />

anstiebe (an N; ie = Z)<br />

Beistieber (ie = Z)<br />

Beistieberin (ie = Z)<br />

Häspete<br />

verhäspet<br />

schon gspannet, d' Siann ist<br />

verhäspet<br />

häbig<br />

kuezelig (ue = Z) knitz<br />

Kritzler<br />

kritzle<br />

Mealhlhäsle (ea = Z)<br />

Pink<br />

gewandter Pink<br />

schanniger Pink<br />

schättriger Pink<br />

ringla<br />

Siann<br />

gwandte Siann<br />

schannige Siann<br />

schättrige Siann<br />

d' Siann ist im Salz<br />

VIII. Unterhaltung<br />

Kartenspielen<br />

beim Kartenspielen den Gegner<br />

richtig hochnehmen<br />

Schwäbischer Gruß<br />

IX. Erotik<br />

Der Mann hat keine Ahnung!<br />

Das Mädchen hat keine Ahnung!<br />

eine Lieüelei anfangen (sich in<br />

s.-:. Absicht nähern)<br />

Nebenbuhler, Knecht<br />

Nebenbuhlerin, Magd<br />

Hochzeit<br />

verheiratet<br />

schon gesehen, die Frau ist verheiratet!<br />

zur Liebe aufgelegt<br />

(d' Siann ist häbig!)<br />

zur Liebe aufwiegt<br />

(a kuezeliger Pink!)<br />

(a knitzer Pink!)<br />

Brief<br />

schreiben<br />

Kind<br />

Mann<br />

schöner, netter Mann<br />

häßlicher, schmutziger Mann,<br />

anrüchiger Mar 1<br />

verdorbener, schlechter Kerl<br />

heira 4 "<br />

Frau, Mädchen<br />

schöne, hübsche Frau (Mädchen)<br />

häßliche, schmutzige anrüchige<br />

Frau<br />

verdorbene, schlechte Frau<br />

(Mädchen)<br />

die Frau ist im Wochenbett<br />

X. Einige Beispiele für die Anwendung des Wortschatzes<br />

gwandter Pink<br />

gwandte Siann<br />

gwandts Daile<br />

gwandter Flas (a = D)<br />

gwandter Plimpel<br />

gwandts Riedle (ie = Z)<br />

gwandts Siampfle (ia = Z)<br />

geschlossen ('s Räppele ist beschränkt<br />

= die Kirche ist geschlossen)<br />

nachdenken, studieren, sinnieren,<br />

was studierst, was sinnierst du?<br />

ich warte, bis die Herren gegessen<br />

haben<br />

Schwäbischer Gruß<br />

Schwäbischer Gruß<br />

schlafen<br />

gestorben<br />

beichten<br />

tipp topp angezogen<br />

es sind Kinder oder sonstige Personen<br />

da, die nicht zuhören dürfen<br />

Kirche<br />

Pfarrer<br />

Pfarrköchin<br />

Gerichtsvollzieher (Killer hatte<br />

früher sehr arme Bewohner. Gar<br />

oft . mußte der • Gerichtsvollzieher<br />

von Haus zu Haus gehen, wie ein<br />

Hochzeitlader)<br />

Gerichtsvollzieher (hatte gewöhnlich<br />

lange Stiefel an)<br />

nein<br />

jemand richtig „verkohlen"<br />

er hat sein Geld verputzt<br />

singen<br />

wütend<br />

der Kerl wird wütend<br />

stehlen<br />

er hat's gestohlen<br />

etwas angehen, anfangen<br />

kommt gelaufen<br />

er hat es gestohlen<br />

nimm es nicht, glaub es nicht!<br />

die Kinder kommen, sprecht nicht<br />

so schlecht!<br />

gucken, sehen<br />

guck! sieh!<br />

hast du gesehen? hast du es gemerkt?<br />

Er hat uns schon bemerkt!<br />

Begriff, sich auskennen, den<br />

Rummel verstehen<br />

Hast du verstanden? begriffen?<br />

Hast du verstanden? begriffen?<br />

N) Ich begreife noch nicht<br />

Ich begreife noch nicht<br />

Ich habe gut begriffen!<br />

netter Kerl<br />

nette, saubere Frau (Mädchen)<br />

sauberes Haus<br />

gute, schöne Ware (auch billig)<br />

gut^i Wein<br />

sauberes Dorf<br />

gutes Bett<br />

Wortbezeichnung<br />

gwandt vernagle<br />

gwandt duseme (u = D)<br />

gwandt in Schale<br />

schanniger Pink<br />

schannige Siann<br />

schannigs Daile<br />

schanniger Flas (a = D)<br />

schanniger Plimpel<br />

schannigs Riedle (ie = Z)<br />

schannigs Siampfle (ia = Z)<br />

schannig vernaglet<br />

schannig dusemet (u = Z)<br />

ebenso mit schätterig<br />

pferriger Ruech (ue = Z)<br />

sein Flas pferrig vernagle<br />

Bedeutung<br />

gut verkaufen<br />

gut schlafen<br />

gut angezogen<br />

häßlicher Kerl, schmutziger Kerl<br />

häßliche Frau<br />

schmutziges Haus<br />

schlechte Ware<br />

schlechter Wein<br />

schmutziges Dorf<br />

schlechtes Bett<br />

schlecht verkauft<br />

schlecht geschlafen<br />

verdorben, schlecht, nichtsnutzig<br />

reicher Bauer<br />

seine Ware teuer verkaufen<br />

Noch einige Sprechproben:<br />

„Spann de Pinke mit dem Schmecker" = Sieh den Kerl mit der<br />

großen Nase!<br />

„Wenn nur der Pink zum Schmecker au e Nasewindele höt" — Wenn<br />

nur der Kerl zu seiner großen Nase auch ein Taschentuch hat.<br />

(In Stühlingen hatte der Standmacher (Mann, der die Marktstände<br />

aufbaut) einen Kropf wie ein „Melkkübel". Zwei Junginger Händler<br />

sehen ihn erstmals und pleislen: „Spann au de Pinke mit dem<br />

Sumesäckle!"<br />

Ein Händler hat eine Strickweste unter Ankauf wieder verkauft.<br />

Darüber zur Rede gestellt, antwortet er: „Die (Z) ist vernaglet und<br />

bleibt vernaglet!"<br />

Versuch,<br />

aus dem Leben eines Hausierhändlers zu „bleisle".<br />

(Aussprache im Wörterverzeichnis nachlesen)<br />

Früheste Kindheit<br />

Als Mealhäsle 1 ist'r angstoba 2 . Dürftig mit einem Mintele 3<br />

bekleidet, dusement 4 er friedlich im Siampfle». Seine Lebensäußerungen<br />

erschöpfen sich in Strampeln und Schreien, Kuhbiach<br />

0 zottla 7 und Hannes 8 schura 9 , ins Siampfle 5 flissna 10 und<br />

in d' Windla fetschna 11 . Seine Mutter darf jeden Tag pfladera<br />

12 . Später gewöhnt er sich an den Flissnerspinka 13 .<br />

Schulzeit<br />

Mit 6 Jahren war e (N) gwandts Pinkle 11 aus ihm geworden.-Er<br />

stubt 15 zum Done 10 in die Schule, lernt Lesen, Kritzla 17 ,<br />

Rechnen und Sehalla 18 . Wenn abends die Alten ihre Geheimnisse<br />

vor ihm verbergen wollen und sagen: „'s ist a Kachel<br />

z'viel im Ofa, bleislet, daß des Pinkle kuan Watza anstubt!" 19 ,<br />

dann spitzt er die Löffel 20 um so aufmerksamer, stubt<br />

Wätzle 21 an, so daß er. bald auch bleisle kann. Immer hat er<br />

Muger 22 , will aber nicht viel wissen von Häppe 23 und Judenhäppe<br />

24 , kann vielmehr Därmle 25 oder Schwaza Jörg 26 schura 9<br />

ohne Zopfa 27 . Sonntags gab es gebraten Huezerlesgitz 28 mit<br />

Hausneibelmentum 29 . Da hat er dann nicht ghälmlet 30 , sondern<br />

gschuret 31 wie ein Drescher. Gansplimpel 32 zottla 7 lehnt<br />

er ab, das sei etwas für d' Siannele 33 . Er will von Vaters<br />

Grattagautscher 34 zottla 7 . Einmal erwischt er hählinga den<br />

Ki;gplesschinebr 35 , zottelt 7 zuviel davon und stubt keinen Stiebes<br />

36 , sondern einen richtigen Zotteler 37 an. Auf einem Staubrandele<br />

38 dusemet 4 er ihn aus und schleicht dann zur Mutter<br />

in d' Nietere 39 . Sie fragt: „Warum bist du so dusman? 40<br />

Bist du serbig?" 41 und gibt ihm einen Sießling 42 . Jemand muß<br />

es aber doch bemerkt haben. Als nämlich der Luzian 43 vorbeigeht,<br />

hört er gerade die Nachbarin sagen. „Spann au 's<br />

Pinkle mit'm Zotteler! 44 Andern Tags in der Schule sagt der<br />

Plauderer 45 ) mit einem Augenzwinkern: „Basche 40 , Grattagautscher<br />

34 , Plimpel 47 , Schinebr 48 und Kigelesschineber 35 sind<br />

noch nichts für Pinkle 14 und Siannele 33 ; davon werden sie<br />

moggelig!" 40 .<br />

In der Lehre<br />

Nach der Scnuientlassung tritt die Berufsfra;, an ihn heran.<br />

Zum Schinegier 50 taugt er nicht. Beim Kitzpink 51 oder<br />

Stichlespink 52 ist es ihm zu blutig, beim Flamminger 53 zu<br />

rußig, beim Peachknipper 54 und Stupferlespinka 55 hat er kein<br />

Sitzleder, also geht er mit Vater und Mutter, um Stöberling 50<br />

oder Fiaaspink 57 zu werden. Er trägt ihnen den Rändele 58<br />

und versorgt 's Märle 59 und den Ruadel 60 . Bald hat er den<br />

Watza gwandt 01 , wie schwer auch diese Arbeit ist.<br />

Ein gwandter Pink 14<br />

war aus dem Pinkle 14 geworden. Keck trägt er die Bietsch 02<br />

auf dem Epfel 63 und den Löffeln 64 . Unter den schwarzen<br />

Hälmle 65 schauen zwei Guckerle 06 lebensfroh in die Welt, den<br />

wohlgeformten Schmecker 07 putzt er mit dem Nasewindele 08 ,<br />

von Sumesäckle 09 und Wangst 70 ist nichts zu bemerken. Aus<br />

dem Baunem 71 lachen blitzsaubere Zähne hervor, und seine<br />

Triatterle 72 stecken in spiegelblanken Trittlingen 73 . Er ist<br />

immer gwandt in Schale 74 , weil Buxa 73 , Hampfert 70 , Schlupfer<br />

77 , Klüftle' 8 und Läuferle 79 stets in Ordnung sind.


Jahrgang <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 33<br />

Auf Freiersfüßen<br />

So trägt er sich mit dem Gedanken zu häspen 80 . Nach einer<br />

gwandten Siann 81 hat er bereits Umschau gehalten. Er kritzelt<br />

17 ihr gwandte Kritzler 82 , stiebt eines Tages zum Käppelespinken<br />

83 , aber nicht um zu glätterla 81 , sondern um d'<br />

Häspete 85 anzusagen •— und dann wird geringlet 86 . Jetzt ist<br />

man verhäspet 87 . Im Jahr darauf ist d' Siann im Salz 88 , sie<br />

hat ein Mealhäsle angstoba 2 .<br />

Als Handelsmann<br />

Jetzt gilt es, für die Familie zu sorgen. Um nicht als Falzer<br />

89 dazustehen oder gar Besuch vom Killemer Hauzigläder 90<br />

empfangen zu müssen, besorgt er sich beim Riedlespink 91<br />

d' Blättle 92 . Ohne diese kann er seinem Gewerbe nicht nachgehen,<br />

und manchmal will der Glitzig Pink 93 sie sehen. Beim<br />

Schmul 94 aus Ulm, der jedes Jahr zweimal in ein hiesiges<br />

Plimpldaile 95 kommt, kauft er sein Flaas 90 und würflet 97 beim<br />

nächstenmal. Mit der Rutsch 98 fährt er in sein Gai 99 ; die<br />

Gasche 100 auf dem Rücken und den Hagentreiber 101 in der<br />

Hand geht er von Riedle 102 zu Riedle 102 , von Daile 103 zu<br />

Daile 103 , von Gerra zv Geira 104 , vernaglet 105 den pferrigen 106<br />

Ruacha 107 sein Flaas 99 pferrig 109 , erspart manchen Ulruer 103 ,<br />

schintzt 109 Pföhl um Pföhl 110 , legt daheim seinen Schanz 111<br />

auf den Wohlleaber 112 , damit d' Siann 81 sieht, daß er sein<br />

Mus 113 nicht vernobiset 114 hat. Er erzählt, wie ein schättriger<br />

115 Flaaspink 57 aus der Nachbarschaft ihm ins Gai 99 gekommen<br />

ist und den Dailessianna 116 urchener Fätschner 117<br />

verkümmelt 118 hat. Die hatten es aber gleich g'spannet 119 ,<br />

wurden schattig 120 , und gleich waren Daile 103 und Gerra 104 beschränkt<br />

121 .<br />

Jetzt ist's ihm wohl daheim beim warmen Hitzkeaferle 122 ,<br />

wenn er seine Triatterle 72 unter den eigenen Wohlleaber 112<br />

stellen kann und nicht mehr mit dem Zinderel 123 in der Hand<br />

ein schannigs Siampfle 124 auf dem Dachboden aufsuchen muß.<br />

Pas malerische Donautal. Piioto und Klischee Eigentum des Herrn Christian Maute-Bisingen.


24 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Anmerkungen: 1 Säugling, 2 angekommen, 3 Hemdchen, 4 schläft,<br />

5 Bettchen, 6 Milch, 7 trinken, 8 Brei, 9 essen, 10 naß machen, 11<br />

schwer verschmutzen, 12 waschen, 13 Nachttopf, 14 nettes Kerlehen,<br />

15 geht, 16 Lehrer, 17 Schreiben, 18 Singen, 19 „Es ist jemand zuviel<br />

anwesend, bleislet, daß der kleine Kerl nichts begreift (nichts versteht)!",<br />

20 Ohren, 21 begreift, 22 Hunger, 23 Suppe, 24 Kaffee, 25<br />

Wurst, 26 Rauchfleisch, 27 Brot, 28 Schweinebraten, 29 Kartoffelsalat,<br />

30 wenig gegessen, 31 viel gegessen, 32 Wasser, 33 kleine Mädchen,<br />

34 Most, 35 Kirschwasser, 36 Räuschlein, 37 Rausch, 38 Mehlsack, 39<br />

Küche, 40 gedrückt, ruhig, 41 krank, schlecht aussehend, 42 Zucker,<br />

43 Lehrer, 44 „Sieh auch das Büble mit seinem Rausch!" 45 Lehrer,<br />

46 Bier, 47 Wein, 48 Schnaps, 49 dumm, 50 Arbeiter, 51/52 Metzger,<br />

53 Schmied, 54 Schuster, 55 Schneider, 56/57 Händler, 58 Sack, 59<br />

Pferd, Gaul, 60 Wagen, 61 gut begriffen, 62 Hut, Mütze, 63 Kopf, 64<br />

Ohren, 65 Haare, 66 Augen, 67 Nase, 68 Taschentuch, 69 Kropf, 70<br />

Bauch, 71 Mund, 72 Füße, 73 Schuhe, Stiefel, 74 tipp topp angezogen,<br />

75 Hosen, 76 Hemd (Kleid), 77 Strümpfe, 78 Anzug, 79 Schuhe, 80<br />

heiraten, 81 hübsches Mädchen, 82 Brief, 83 Pfarrer, 84 beichten, 85<br />

Hochzelt, 86 heiraten, 87 verheiratet, 88 die Frau ist im Wochenbett,<br />

89 Bettler, 90 Gerichtsvollzieher, 91 Bürgermeister, 92 Gewerbeschein,<br />

93 Gendarm, 94 Jude aus Ulm, 95 Wirtshaus, 96 Ware, 97 bezahlt,<br />

98 Eisenbahn, 99 sein Handelsbezirk, 100 Gräze, 101 starker Spazierstock,<br />

102 Dorf, 103 Haus, 104 Hütte, 105 verkauft, 106 reich, 107 Bauer,<br />

108 Pfennig, 109 gewinnt, 110 Mark, 111 Gewinn, 112 Tisch, 113 Geld,<br />

114 verputzt, 115 schlechter, 116 Bauernfrauen, 117 ganz schlechtes Zeug,<br />

118 verkauft, 119 gemerkt, 120 wütend, 121 geschlossen, 122 Ofen, 123<br />

Kerze, Leuchter, 124 schlechtes Bett.<br />

(Frau Regina Blickle in Stuttgart schrieb uns: Durch meinen langjährigen<br />

Aufenthalt in Bitz und viel. Umgang mit der ansäßigen<br />

Bevölkerung ist mir der Ausdruck „bleizla" oder „blaizla" mit nasalem<br />

„ai" sehr vertraut. Es bedeutet blinzeln, einander zublinzeln,<br />

sich eine geheime Verständigung geben. Der Begriff „Bleisle" dürfte<br />

meiner Ansicht nach auf dieses genäselte „blaizla" zurückzuführen<br />

sein, denn dieses geheimnisvolle Zublinzeln war sicher die Art der<br />

Hausierer, sich zu verständigen.)<br />

Kunst und Kultur in den Heiligenrechnungen von Burladingen<br />

Vorbemerkung: Weder folgende in der „Lauchert-Zeitung"<br />

1931 Nr. 215 ff. erschienenen Regesten noch die<br />

in der „Zollerheimat" 1941 S. 25—32 abgedruckten der<br />

Heiligenpflege Bingen wurden in der Oeffentlichkeit<br />

einer Beachtung wert erachtet. Somit ist nicht zu verwundern,<br />

daß eine Anzahl Kunstwerke des Denkmälerwerks<br />

aus rein stilistischen Gründen irrig Künstlern<br />

zugeschrieben wurden, die sie nicht geschaffen<br />

haben. Auch H. Zimmermann scheinen die Auszüge<br />

aus den Binger Rechnungen in seinem Aufsatz über<br />

die dortige Kirche (Hohenz. Heimat 1953, Seite 7—10)<br />

unbekannt geblieben zu sein.<br />

Als der Unterzeichnete im Frühjahr 1931 als Vikar nach<br />

Burladingen kam, stand die St. Fideliskirche noch nicht, sondern<br />

als Gotteshaus diente das alte St. Georgsheiligtum im<br />

Unterdorf. Und dort stand auf dem Hochaltar rechts das Bild<br />

eines hl. Bischofs, dessen Namen niemand anzugeben vermochte.<br />

Man riet auf den hl. Augustinus, auf den hl. Nikolaus,<br />

ohne jedoch Sicherheit gewinnen zu können. Ja es war<br />

nicht einmal bekannt, wann und von wem unsere Kirche<br />

gebaut sei, und so suchte ich denn in den alten Heiligenrechnungen,<br />

die mit 1596 beginnen, aber teilweise leider<br />

große Lücken aufweisen. Zwischen den trockenen Angaben<br />

fanden sich auch hie und da solche, die uns wissenswert erscheinen<br />

könnten, weil sie ein Licht auf kulturelle Verhältnisse<br />

oder Anschaffungen auf künstlerischem Gebiet werfen.<br />

So zeigte es sich, daß der erwähnte Bischof niemand anders<br />

ist als der hl. P e 1 a g i u s, Bischof von Laodicäa und Patron<br />

des alten Bistums Konstanz. Doch lassen<br />

wir die Rechnungen selber sprechen. Wiederkehrende Angaben<br />

sind nur das erstemal angeführt, alljährliche <strong>Ausgabe</strong>n<br />

für Glockenseile o. ä. ganz ausgelassen:<br />

1597 sind Heiligenpfleger des Hl. Georg (1596 heißt es<br />

fälschlich „St. Veit", der zweiter oder Ortspatron ist!) Balthas<br />

Buoll und Hans Koller. Für die große Glocke aufzuhenken<br />

wurden ausgegeben 11 fl (Gulden). Für einen Glockenriemen<br />

6 Batzen. Von Trochtelfingen zur Glocke Eisen und<br />

Burladingen, alte Pfarrkirche. Muttergottes auf dem Hochaltar<br />

Holz zu holen 6 Bz. Für einen Hammer, so die Stunden<br />

schlägt, 9 Bz.<br />

1602. Zur kleinen Glocke und zur Scheibe zum Klöppelaufhängen,<br />

8 fl. Jm Jubeljahr den Kommunikanten für Wein 1 fl.<br />

Ein neues Glockenjoch 4 Bz. Heiligenpfleger sind Jakob<br />

Jauch und Jakob Böttlin.<br />

1603. Ein Kruzifix für den Altar kostet 2 fl, ein Römisch<br />

Meßbuch 6 fl.<br />

1606. Dem Seegmüller für Bretter auf die Kirch zu einer<br />

Fruchtschütte 3 fl.Für 650 Ziegel und Blatten und Kalch 26<br />

Bz. Den Mauerern die Kirchen(umfassungs)mauer zu decken<br />

und zu bestechen 3 fl 2 ß (Schilling) 3 Kreuzer. Für Uhrenseiler<br />

3 fl 5 ß.<br />

1607 sind Heiligenpfleger Jakob Jauch und Hans Pflster.<br />

Für einen Altarteppich 1 fl 3 ß. Brandsteuer (d. i. Hilfe<br />

für Brandgeschädigte) nach Balingen 1 fl. Die Uhr auszuputzen<br />

1 fl. Opferwein das ganze Jahr hindurch 1 fl 5 ß.<br />

1608. Für ein Kruzifix 3 fl. Für Beichtstuhl und Altar einzufassen<br />

dem Schreiner 5 fl 1 ß. Dem Dreher für 2 0 Säulen<br />

zum Altar 1 fl 3 B. Für ein Gerüst an den Kirchturm<br />

zu machen 14 ß. Für 14 Scheffel Kalch, 400 Blatten und 200<br />

Ziegel: 2 fl 6 ß 22 Heller. Die Maurer erhalten für den Turm<br />

zu bestechen 8V2 fl. Zwei Weihwedel kosten 2 ß. Am Heiligen<br />

Tag (Weihnachten) für V-> Maß Wein den Kommunikanten:<br />

3 Kreuzer und l'/a Heller.<br />

1611 sind Heiligenpfleger Jakob Jauch und Baltnas Buoll.<br />

Für schreiben etlicher Responsorien dem Schuelmaister<br />

geben 10 ß. (1602 wurde Konrad Müller, gewester Burgvogt<br />

dahier, als Schulmeister angenommen, 1617 dann Dietrich<br />

Hegner von Stetten bei Hechg. „Zollerheimat" 10, 37.) Für<br />

ein Bixlin für hostiis consecratis 4 fl. Dem Uhrmacher von<br />

Fridingen für die Uhr zu renovieren 12 fl 4 ß. Für ein Meßgewand<br />

23 fl.<br />

1613. Für ein Bild St. Veits zu machen dem<br />

Dreher auf der Steüg 8 fl. (Wie das Kunstdenkmälerwerk<br />

hieraus entnehmen will, der Dreher habe ein Veitsbild<br />

gemalt, bleibt schleierhaft!) Die Kirche zu besetzen 13<br />

fl 7 ß. Dazu 1400 Besetzblättle 13 fl 11 ß. Dem Goldschmid<br />

Paulus Herttlin zu Hechingen für einen<br />

Kelch vergolden, ein messin vergoldete Kapsel für das Allerheiligste,<br />

einen massiven Lewenkopf und Knopf für den<br />

Rauchmantel 16 fl 2 kr. 1 Kruzifix zu machen 5 fl, dasselbe<br />

zu machen 5 fl, dasseelbe zu malen 1 fl 7 ß kr. Zwei Kelche<br />

in Zwiefalten zu konsekrieren, Bottenlohn 1 fl.<br />

1615 dem Schreiner zu Veringen von dem Altar bei der<br />

Kanzel einzufassen 2 fl und 8 Bz.<br />

1616 für schwarz und weiß leinen Tuch zu Hunger-<br />

Di e c h e rn und Umbhäng für die drey Altär, item zu einem<br />

Fahnen, welcher zu der Kirchweihe für den Glockenturm<br />

herausgesteckt wird, sodann für Fransen daran: 4 fl 30 Bz.<br />

1617 Item von der Bildnus Sancti Viti zu fasse<br />

n 6 fl 5 Bz. Für ein Maderschloß (Anhängeschloß) und ein<br />

Altartuch ausgegeben 2 fl 15 kr.<br />

1618 sind Heiligenpfleger Balthas Buoll und Kaspar Pflster.<br />

Den Maurern für die Kirch zu decken und die Mauer<br />

zu flicken 5 fl 30 kr. Dem Maler Martin (Pfriemer?)<br />

von des St. Salvatoris und der Muttergottes<br />

Bilder zu malen 4 fl 14 kr. Demselben für einen Engel<br />

auszumahlen 1 fl 20 kr. Dem Schlosser von Veringen die Uhr<br />

zu putzen 1 fl.<br />

1620. Für ein Antipendium oder Altartuch 5 fl 48 kr. Ein<br />

rotes Meßgewand 8 fl 38 kr. Dem Schuelmaister zur Addition<br />

(Beihilfe) 8 kr. Für 2Va Maß Wein, als die Kirchengemeinde<br />

an dem Ablaß kommunizierte, mußten bezahlt werden 22 kr<br />

38 hlr.<br />

1622 ein gestohlenes Ziborium zu ersetzen kostete 7 fl. (Man<br />

denke, daß der 30jährige Krieg 1618 begonnen hatte!) Für<br />

einen roten und grünen Fahnen 82 (?) fl. Für die Komm -<br />

nikanten am Palmtag und Gründonnerstag und St. Johannis-


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 25<br />

segenwein 4*/a Maß, macht 5 fl 3 kr. Pfarrer ist Andreas<br />

R u d o 1 f i.<br />

1624 für einen Tisch in die Schule 1 fl.<br />

1625 dem Schuelmaister von Trochtelfingen Schreiber lohn<br />

pro Responsoriis in der Vesper zu singen 3 fl. Dem Dreher<br />

für 2 gedrehte Agnus Dei 3 fl.<br />

1626 dem Hofmaler Mr. Martin Georg Pfrinn<br />

e r (Pfriemer von Hechingen) für den oberen und unteren<br />

Altar zu reno vieren, die Bi lder und 2 Kruzifiz<br />

wieder zu fassen, den oberen Auszug wieder zu malen<br />

47 fl und 24 kr. Dem Schreiner von Burladingen für den<br />

Auszug des oberen und unteren Altars gegeben 8 fl 30 kr.<br />

Ferner ist vom hl. Grab aufzumachen, 2 Bretter und dicke<br />

Blöcke dazu ausgegeben worden 1 fl 58 kr. Dem Maurer aus<br />

dem Allgäu für die ganze Kirch zu weißlen 4 fl. Dem Schlosser<br />

von Trochtelfingen für die Monstranz auszuputzen 1 fl.<br />

Unkosten der Firmung in Hechingen 28 kr.<br />

1627 dem Uhrmacher für beide Glocken zu henken samt<br />

Schraube 6 fl 30 kr. Dem Peter Ruoff, Blumenmacher,<br />

von Weingarten, für 3 paar Mayen auf die Altäre zu machen<br />

5 fl 45 kr. Dazu vier paar Ring von dem Dreher 2 fl 40 kr.<br />

Dem Bildhauer Konrad Gilg für Unser Lieben<br />

Frauen und St. Johannsen von neuem zu hauen<br />

11 fl 44 kr. (Vermutlich die heutige weiße Madonna auf dem<br />

Hochaltar, die Härdle nach dem Denkmälerwerk dem Daubenschmied<br />

zuschreibt!) Und dem Maler Georgen (Pfriemer<br />

zu Hechingen) davon zufassen 11 fl 44kr. Bei Aufrichtung<br />

der Bildnussen ist aufgegangen 56 kr.<br />

1628 ein Mariabild mit den 15 Geheimnussen<br />

(offenbar für die Rosenkranzbruderschaft?) ist Mr. Georgen<br />

(Pfriemer) Maler in Hechingen verdingt worden<br />

um 18 fl. Dem Schreiner Stephan Remp für dieses Bild mit<br />

einem Rahmen einzufassen 2 fl 48 kr. Dem Bildhauer<br />

Konrad Gilge'n von der Auferstehung zu<br />

schneiden 5 fl 30 kr. (natürlich nicht ein Stück wegzuschneiden,<br />

sondern neu zu schnitzen!) Dem Maler Jörgen<br />

(Pfriemer) diese zu fassen 5 fl, und den beeden Jungen<br />

Trinkgeld 16 kr. Für 2 Ehlen Leintuch zum Marienbild 1 fl<br />

32 kr.<br />

1629 von einem neuen Tabernakel zu machen dem<br />

G o 1 d s ch m i e d, dem Maler Georgen und Schreiner<br />

Georg Wolf miliern zusammen 18 fl. (Wolf milier ist kein Bur-<br />

Burlaclingen, alte Pfarrkirche. Inneres gegen Osten<br />

ladinger Name!) Maler Georg hat die Fenster neu eingefaßt<br />

und die Kanzel neu gemalt usw. für 22 fl.<br />

1630. Bei Balthas Dilger von Biberach einen neuen Himmel<br />

einzutauschen und daraufgezahlt 16 fl. Demselben um das<br />

Jüngste Gericht von Oelfarben samt Rahmen<br />

33 fl.<br />

1631 dem Maler Georgen (Pfriemer) von St. Marien<br />

Bild im Rosenkranz sambt drei Engeln<br />

von Gold und anderen Farben zu fassen, zu<br />

liefern und aufzurichten, mußte bezahlt werden 36 fl 20 kr.<br />

Dem Maler für 13 Tafeln zu machen, die Apostel<br />

darauf zu malen 3 fl.<br />

(Die Rechnungen von 1631 bis 1641 fehlen.)<br />

1645 die Maurer erhalten für die Kirch 5 Scheffel Haber<br />

und Korn. Durch Soldaten wurden abgenommen 6 Viertel<br />

Haber.<br />

1656 den Glockenstuhl erneuert und die Uhr repariert, dabei<br />

wurden von sechs Personen verzehrt 5 fl 16 kr.<br />

1658 ein neues Antipendium für den Veitsalt ar kostete<br />

6 fl. Für Rekonziliation (Wiederweihe) des Hohen Altars dem<br />

Herrn Weihbischof (Georg Sigismund Müller) 3 fl. (Lag etwa<br />

ein Kriegsgreuel vor?)<br />

1659 von einem, spanischen Kreuz auf den Glockenturm<br />

zu machen 3 fl. (Heiligenpfleger sind Hans Hohe und Georg<br />

Dietrich Hegner; letzterer wurde 1660 ermordet.)<br />

1660 wird die Uhrentafel renoviert, wobei 5 Personen helfen<br />

mußten. Der hiesige Maurer Christ Klaiber erhält für<br />

Aufführung einer Mauer am Friedhof 12 fl 28 kr, wozu 700<br />

Blatten nötig waren. Ein Kreuzbild auf St. Veits Altar kostet<br />

3 fl 48 kr.<br />

1661 Heiligenpfleger sind Martin Themer und Martin Pfluoger.<br />

Zum Kirchendach brauchte man 200 Hohlziegel und 800<br />

Blatten.<br />

1665 für einen Kelch zu vergulden und ein Röcklein für<br />

die Monstranz ist aufgangen 14 fl 30 kr. Für ein rot-taffetes<br />

Meßgewand 15 fl 20 kr.<br />

1666 für ein Meßgewand 15 fl 50 kr und einen weißen<br />

Fahnen samt Stange und Kreuz 25 fl.<br />

1667 dem Johann Hoffmann von Augsburg für ein grünes<br />

Meßgewand 14 fl. Ein Taufbuch kostet 1 fl 30 kr (erhalten ist<br />

erst eins seit 1685!) Der Goldschmied zu Hechingen erhält<br />

für die Monstranz flicken 24 kr. Als man die neue


26 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Monstranz erkauft, die 22 fl gekostet, ist mit Herrn Pfarrer<br />

samt beiden Pflegern und Herrn Johann Hoff mann<br />

von Augsburg an Zehrung aufgangen 48 kr. Der Knecht des<br />

Herrn Hoffmann erhielt eo tempore als Trinkgeld 8 kr. (Die<br />

Monstranz wurde später unter Pfr. Johann Gg. Daigger umgearbeitet,<br />

wie sein Wappen am Fuße anzeigt, um 1730).<br />

1668 ein Weihwassergeltlin kostet 6 kr, ein schwarzes Meßgewand<br />

von Hoffmann 9 fl.<br />

1670 wird der Veitsaltar renoviert.<br />

1672 kostet ein Antipendium für den Veitsaltar von Hoffmann-Augsburg<br />

8 fl. An St. Veitstag wurden dem<br />

Schuelmaister wegen seiner extraordinären Mühewaltung 12<br />

kr gegeben. Jedem der sechs fremden Geistlichen,<br />

so die Meß gelesen, 30 kr bezahlt, macht zusammen 3 fl.<br />

1673 ist am Veitstag an Opfer erhebt worden 6 fl 30 kr.<br />

Es haben damals 10 Priester zelebriert, ihnen ausgelegt 4 fl<br />

9 kr. Zur Umfassungsmauer des Kirchhofs wurden benötigt<br />

200 Blatten und 300 Hohlziegel und 200 Schindeln, samt 3<br />

Scheffeln Kalch. An Weihnachten für 2Vs Maß Speiswein,<br />

das Maß zu 9 kr, auch für St. Johannessegenwein 5 Maß zu<br />

je 10 kr.<br />

1675 eine neue vergulte Uhrtafel kostete llfl. Dieselbe vom<br />

Maler in Andelfingen (Georg Ferd. Veeser?) abzuholen<br />

1 fl 39 kr, sie aufzuhenken 20 kr. Für ein Stängle zu dem<br />

Zeiger 8 kr. Damalen mit etlichen Personen verzehrt 1 fl.<br />

Den Heiligenpflegern für jährliche Mühewaltung zusammen<br />

2 fl. Drei Malter Vesen und drei Malter Haber hierher nach<br />

Hechingen in bessere Versicherung zu führen 1 fl 12 kr.<br />

(Wars in Burladingen so unsicher?) Die alte Uhrtafel zu bessern<br />

20 kr. Die Stieg im Glockenhaus zu bessern 1 fl, einen<br />

Brief abzuschreiben 4 kr.<br />

1676 ist Marthe Themer (Dehmer) Vogt in Burladingen.<br />

Am 22 Juli ist der Kirchturm zu bestechen und zu reparieren<br />

verdingt worden für 13 fl 6 kr.<br />

1679 sind Marthe Pfluoger und Johannes Dähner (vorher<br />

Marthe Dähmer) Heiligenpfleger. Ein Rauchfaß und ein Cymbele<br />

(Giöckele?) kosten 7 fl. Als der Heiligenvogt nach Ulm<br />

geritten, den Kelch angefrömbt, allhier verzöhrt 16 kr. (Wohl<br />

der Heiligenaufseher von Hechingen fürs ganze Ländle.)<br />

1680 einen silbernen vergulten Kelch samt Patene, den<br />

alten Kelch vergoldet, Botenlohn sowie einen Zinnbecher zu<br />

machen: 48 fl 22 kr.<br />

1681. Item einen neyen blauen Fahnen, dem Maler für<br />

das Blatt (Bild), dem Juden, dem Bortenwirker, dem Dreher,<br />

dem Schneider bezahlt tuot alles zusammen 14 fl 31 kr.<br />

In festo Corporis Christi ist verzehrt worden 24 kr. Dem<br />

Oelmüller zu Killer für 3 Maß Oel, a 24 kr, tuot 1 fl 12 kr.<br />

(War hier kein Oelmüller?)<br />

1683 dem Bildhauer für ein Kruzifix auf den Kirchhof<br />

zu machen 4 fl 45 kr. Dem Maler es zu fassen 3 fl. Dem<br />

Schreiner es zu verkoffern 1 fl 12 kr. Dem Maler für<br />

ein altes Fahnentuch zu verbessern und die Knppf zu vergulden<br />

1 fl. Den Taufstein zu versetzen und zu verändern<br />

20 kr. Als die Glocke dem Uhrmacher zu wenden verdingt,<br />

wurde verzehrt 1 fl. Kostete 3 fl 45 kr.<br />

1684 das Kreuz von der Monstranz'zu nehmen dem Goldschmied<br />

15 kr. Ein Fähnlein dem Auferstehungschristusbildnus<br />

kostet 40 kr. Dem Dreher für einen neuen Dekkel<br />

auf die Kanzel 1 fl 30 kr. Bei Dingung eines<br />

neuen Altars ist verzehrt worden 1 fl 4 kr., bei Aufrichten<br />

desselben 1 fl 24 kr. Dem Schreiner an 2 Posten für den z u<br />

40 fl verdingten Altar gegeben 27 fl. Diesen Altar<br />

von Hettingen herzuführen 1 fl 30 kr. Trinkgeld<br />

dem Schreinerbuben 26 kr.<br />

1685 dem Maler für 2 Bilder (Statuen) für den neuen<br />

Altar zu fassen 5 fl 15 kr. Dem Bildhauer für diese<br />

zu machen 4 fl 16 kr. (Leider ist nicht zu ersehen, welche<br />

Statuen und Künstler gemeint sind.) Des Malers Jungen als<br />

Trinkgeld 10 kr. Den Maurern die Kirche innen und außen<br />

zu bestechen und zu flicken 14 fl. Dazu 25 Scheffel Kalch<br />

kosten 4 fl 10 kr. Dem Schreiner von Hettingen<br />

wegen des vorm Jahr verdingten St. Veitsaltar den Rest<br />

bezahlt mit 16 fl. Ein Blasbalg für die Kohlen und eine<br />

Mausfalle 15 kr.<br />

1686 Pfleger sind Johann Dähmer und Melchior Wolf er.<br />

Dem Schreiner für den Altar zu machen, Bretter und Farben<br />

7 fl 30 kr. Bei Aufrichtung des Altars ist verzehrt worden<br />

30 kr. Die Kirche zu bestechen 7 fl. Die zwei Standbilder zu<br />

fassen dem Maler 7 fl 30 kr. (Ob hier nochmal der Altar vom<br />

Vorjahr gemeint ist?)<br />

1687 ein neuer Himmel mit Stangen kostet 5 fl 44 kr. Präsenzgeld<br />

für vier Pfarrer an St. Veitstag 2 fl, unserem<br />

wohlehrwürdigen Herrn Pfarrer 1 fl. Dem Maler<br />

für ein Kruzifix zu fassen 1 fl. Für eine Mauer an St. Sebastians<br />

Altar anzusetzen 30 kr. Dem Schreiner<br />

für den neuen St. Sebastiansaltar zu machen 26 fl.<br />

Dem Schreinergesellen Trinkgeld 30 kr. Bei Verdingung und<br />

Aufrichtung'bemelten Altars ist verzehrt worden 2 fl 6 kr.<br />

1689 Pfarrer ist (seit 1684 bis 1698) Benedikt Schmid.<br />

Wegen Abbruch der Kapelle bekommen 6 Männer,<br />

die je 2 Tage geschafft, zusammen 2 fl 24 kr. (Vielleicht handelt<br />

es sich um das „Heiligenhäusle" am Weg nach Ringingen<br />

unter Hohenstaig, in Nähe des heutigen Bahnübergangs.)<br />

Für Abführen von Steinen von genannter Kapelle,<br />

17 Fuhren, macht zusammen 2 fl 24 kr. Im nächsten<br />

Jahr wurden die Dächer umgedeckt.<br />

1691. Umb einen neuen Hymnum ausgeben 16 kr. Die Kanzel<br />

repariert. Dem Schreiner für 100 Nägel 40 kr. Dem<br />

Maler für ein neues Fahnenblatt 2 fl 15 kr. Dem Bildhauer<br />

zu Rottenburg für zwei vierschühige<br />

(1,20 m) Bilder zu schneiden 8 fl. Dieselben anher zu<br />

führen 1 fl 4 kr. (Vielleicht St. Pelagius und St. Sebastian,<br />

letzteren offenbar nach alter Vorlage!). Dieselben zu fassen<br />

kostete 6 fl. Dem Schmied, die Glocke zu wenden 30 kr.<br />

Dabei verzehrt mit etlichen Leuten 1 fl 30 kr.<br />

1692 für zwei eiserne Leuchter für die Wandtelkerzen (die<br />

bei der Wandlung angezündet wurden) 30 kr. Ein Paar messene<br />

Altarleuchter zu je 7 Pfund macht 5 fl 36 kr.<br />

1693 Heiligenpfleger sind Johann Döhmer und Georg Sauter.<br />

Für drei gemalte Tafeln samt Fasserlohn, auf die<br />

Altäre, 3 fl.<br />

1694 der neue Chor-Altar ist dem Schreiner<br />

von Hettingen verdungen worden und dafür bezahlt<br />

55 fl. Ihn abzuholen 1 fl 30 kr.<br />

1695 für Besetzblättle 3 fl.<br />

1696. Für ein Eccehomo-Bild ausgelegt 2 fl. Das Ciborium<br />

zu versilbern kostete 4 fl 30 kr. Den Choraltar zu fassen<br />

machte 45 fl. Für ein Marienbild, St. Veiten, St.<br />

Ritha, St. Geo r g e n, St. Sebastian und St. Pelagius<br />

(farbig) zu fassen ausgegeben 15 fl. Beim Aufrichten<br />

für Gestell usw. ausgelegt 3 fl 7 kr. (Hier sind offenbar die<br />

vorhandenen Statuen farbig gefaßt worden. Die zwei vierschühigen<br />

Bilder von 1691 mögen die noch den Hochaltar<br />

zierenden St. Sebastian und St. Pelagius gewesen sein. Das<br />

Marienbild aber dürfte das 1627 von Konrad Gilg geschnitzte<br />

sein, das die Mitte des Hochaltars jetzt ziert. Ein Veitsbild im<br />

Kessel ist noch vorhandnen. Ein zweites sei als Leihgabe auf<br />

dem Zoller. Eines davon hat der Dreher auf der Staig 1613<br />

verfertigt.) (Schluß folgt.) Joh. Adam Kraus<br />

Burladingen, alte Pfarrkirche. Deckenbild im Chor


Jahrgang! 1559 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 27<br />

Beitrag des Klerus zum Schulwesen 1782<br />

Das Protokoll des bischöflichen „Geistlichen Rates" zu Konstanz<br />

vom 14. November 1782 berichtete (Erzb. Archiv Freiburg,<br />

Ha 247, 376):<br />

Seine hochfürstliche Gnaden (der Bischof von Konstanz)<br />

übergab ein vom 15. Oktober datiertes Schreiben des Fürsten<br />

von Fürstenberg, darin die sowohl der Kirche als auch<br />

dem Staat höchst schädliche Unerzogenheit der Jugend aus<br />

Mangel der zum Christentum und gemeinen Leben nötigen<br />

Kenntnisse dargelegt ist. Es ist darin der Antrag gestellt<br />

zur Errichtung öffentlicher, das ganze Jahr hindurch in den<br />

fürstlichen Landen fortwährender Schulen, und zwar in jedem<br />

Ort, wo sich eine ganze Gemeinde versammelt findet.<br />

Zur Erzielung solch heilsamen Vorhabens wird an den Bischof<br />

das Ersuchen gerichtet, da auch schon aus dem fürstlichen<br />

Ärar Zuschüsse vorgesehen, und viele unvermögende<br />

Gemeinden da seien, die für Schule und 1 Schulmeister aufkommen<br />

müßten, solle auch die gesamte Clerisey zu einem<br />

gemäßigten Beitrag angehalten werden. Der Fürst schlug vor,<br />

jedem Priester sollen 300 fl. als congrua frei bleiben (und<br />

wo ein Pfarrer noch einen Kaplan habe, weitere 150 fl.). Alle<br />

Einkünfte, die über diese Summe hinausgehen, sollen 3 °/o<br />

zur Stiftung der gemeinen Schulen so lange beitragen, bis<br />

ein hinlänglicher Schulfond geschaffen sei. Klöster sollen<br />

ähnlich behandelt werden, so daß für jede fundationsmäßige<br />

Person 300 fl. frei bleiben, der Ueberschuß aber je 4 °/o abgeben<br />

soll, da die Ordensleute sonst dem Publikum keine<br />

Dienste leisten, welche doch die Weltpriester vielfältig auf<br />

sich nehmen. Zur Durchführung dieser Maßnahme möge ein<br />

tauglicher, verpfründeter Priester bestimmt werden, der als<br />

bischöflicher Kommissar zu bestellen wäre, und sowohl die<br />

eingehenden Gelder überwachen, als auch die monatlichen<br />

von den fürstlichen Beamten vorzunehmenden Prüfungsberichte<br />

einsammeln und solche ab Seiten der Clerisey erstattete<br />

Bemerkungen alsdann an den Beamten einsende, der<br />

sie der Schulkommission bzw. dem Fürsten vorlegen soll.<br />

Daher sollen alle fürstenbergischen Geistlichen eine Fassion<br />

ihres Einkommens den fürstlichen Beamten einreichen, wozu<br />

sie bischöflicherseits mittels eines Hirtenbriefs aufzurufen<br />

wären.<br />

Der Geistliche Rat bemerkte zu diesen Zumutungen: Das<br />

Schulwesen und dessen Beförderung ist in Anbetracht aller<br />

Umstände ein so heilsamer Gegenstand, daß daran der<br />

Kirche, wie auch dem Staat schier alles gelegen sein will.<br />

Jene erhält hierdurch den Anwachs guter Christen, dieser<br />

aber nützliche Glieder seines zeitlichen Wohlstandes. Daraus<br />

folgt, daß zu guter Bildung der Jugend all Mögliches beizutragen<br />

und derlei gottgefälliges Werk von allen Seiten zu<br />

befördern sei. Es haben zwar die geistlichen Einkünfte zum<br />

gebührenden Unterhalt des Priestertums ihre vorzügliche<br />

Bestimmung, jedoch was davon übrig bleibt, soll nach den<br />

kanonischen Satzungen ad pias causas (zu frommen Zwecken)<br />

verwendet werden, wohin jene Erziehung der Jugend insbesondere<br />

gehörig ist.<br />

Daraus will die deutliche Schlußfolgerung eintreten, daß<br />

das fürstlich fürstenbergische Ansuchen den guten Grund für<br />

sich habe undl die dortige Geistlichkeit darüber sich umso<br />

weniger beschweren kann, weil ihr die congrua belassen,<br />

auch mit der Forderung das Maß der Billigkeit nicht<br />

überschritten wird und neben den Untertanen ja auch das<br />

fürstl. Aerar in Mitleidenschaft gezogen ist. Jedoch seien die 300<br />

freigelassenen Guld. zu wenig für das Auskommen eines Geistlichen,<br />

auch die Stolgebühren unbedingt frei zu lassen, überhaupt<br />

alle in Klöstern befindliche Personen, nicht nur die<br />

stiftungsmäßigen, zu 300 fl. ansusetzen. Als bischöflicher<br />

Kommissar käme der Dekan und Pfarrer von Hüfingen, namens<br />

Merk, infrage. Die Geistlichen sollten ihre Beiträge an<br />

diesen Herrn zur Weiterleitung einsenden, der auch gegen<br />

eine entsprechende Besoldung bei den Kommissionen und<br />

Prüfungsberatungen mitwirken müßte. Die Einkommens-<br />

Fassion wäre von den Geistlichen doppelt auszufertigen, und<br />

ein Exemplar an die bischöfliche Behörde einzusenden. Man<br />

sollte auch wissen, was für eine Summe zu dem geplanten<br />

Schulfond nötig sei, was der Staat und die Gemeinden zuschießen,<br />

und was vom Klerus verlangt werde. Ein bischöfliches<br />

Pastoralschreiben wird empfohlen.<br />

Soweit das Gutachten der Räte. Die Aemter Trochtelfingen<br />

und Jungnau waren von der Maßnahme betroffen. Bis dahin<br />

hatte man hier nur Winterschule gehalten. Jetzt aber wurde<br />

durchgegriffen, und der Klerus mußte zahlen. Der entsprechende<br />

bischöfliche Erlaß ist jedoch erst vom 5. April<br />

1784 datiert. Krs.<br />

Ein Zeugenverhör im Straßberger Schloß<br />

Am 31. März 1626 hat auf Antrag der hochwürdigen, hochund<br />

wohlgebornen Frau Katharina, Aebtissin des kaiserlichen<br />

gefürsteten freiweltlichen Stifts Buchau, geborener Freiin<br />

zu Spaur, Pflumb und Valor, und Ihres Obervogts der Herrschaft<br />

Straßberig, namens Georg Höflin, der kaiserliche Notar<br />

Johann Müller im Beisein von Stephan Krespach von<br />

Rottenburg und Michael Khüenat (Keinat), Schultheiß zu<br />

Winterlingen, 54 Zeugen verhört. Dies fand statt im Saal<br />

vor der Grünen Stube vormittags zwischen sieben und acht<br />

Uhr. Es war nämlich berichtet worden, daß Junker Wilhelm<br />

Christoph Bernhauser von Ober-Aacn mit andern Westerstettischen<br />

Erben vorgegeben habe, die Untertanen zu<br />

Frohnstetten hätten bei dem zu Pfullendorf im Vorjahr<br />

gehaltenen Vergleichstag dem Junker Joachim von<br />

Hausen anstatt des damals schwer kranken und bald darauf<br />

verstorbenen letzten Glieds des Hauses von Westerstetten,<br />

Georg Dietrich, gehuldigt, womit er und die Miterben auch<br />

die Rechte über die Herrschaft Straßberg erlangt hätten.<br />

Diese war nämlich nach Aussterben des Westerstettischen<br />

Hauses von der genannten Aebtissin von Buchau als verfallenes<br />

Lehen heimgenommen worden. Die Zeugen wurden<br />

vereidigt, vom Obervogt für die Zeit der Aussage von Ihrem<br />

Untertaneneid gegenüber Buchau befreit und dann verhört.<br />

Als erster sagte Hans Spiegel von Frohnstetten,<br />

ca. 40 Jahre alt, es sei ihnen in der Reichsstadt Pfullendorf<br />

zugemutet worden, anstatt dem Junker von Westerstetten<br />

dem Joachim von Hausen zu huldigen, worauf sie geantwortet,<br />

sie hätten ihrem Herrn doch schon einmal gehuldigt<br />

und seien noch nie von ihm gewichen. Sie wollten ihm die<br />

Handtreue geben, bei der früheren Huldigung zu verbleiben.<br />

Von Erbnachfolgem sei damals keine Rede gewesen. Als<br />

zweiter sagte der Kaiseringer Vogt Michael<br />

S c h 1 u d e, 64 Jahre alt, er sei nicht zu Pfullendorf gewesen,<br />

weil er damals nicht in Ungnade gestanden, er habe aber<br />

gehört, daß von Erben keine Rede gewesen sei. Das gleiche<br />

sagten bezüglich der Erben die Frohnstetter: Hans Halder 34<br />

J„ Hans Neisch 57, Jakob Dreer 32, Michael Paur 30, Hans<br />

Ramsperger 60, Christ Mayer 40, Jakob Huckhel 40, Jakob<br />

Renner 60, Hans Hutz 35, Hans Horn und Hans Langenstein<br />

30, Georg Katzenstein 45, Jung Hans Ramsperger 24, Jakob<br />

Wem 50, Georg Straub 40, Marx Nolle 30, Kaspar Nolle 50,<br />

jung Jakob Horn 28, Jakob Ramsperger 30, Jakob Wern 26,<br />

Daniel Straub 50, Michael Paur 60, Alt Jakob Dreer 50,<br />

Jakob Paur 36, Kaspar Pfeifer, Georg Huckhiin, Kaspar Halder,<br />

Konrad Plaicher, Hans Krattwohl, Abraham Nolle, Jakob<br />

Benner, Hans Bubser, Thoma Paur, Balthas Wern, jung<br />

Kaspar Nolle, alle 11 30 Jahre alt, Kaspar Wern 46, Hans<br />

Schmidt 50, Stefan Klotz 65, Jung Jakob Paur 23, Kaspar<br />

Paur 46, Abraham Paur 22, Hans Nolle 35, Hans Leffler bei<br />

37 J., Michael Leusch 48, Hans Wilhalms seines Alters uf die<br />

26 Jahr. Diese 47 Personen haben wie der erste Zeuge ausgesagt.<br />

Ferner hat alt Jakob Paur, seines Alters uf die 82 Jahr und<br />

noch guten Verstands bezeugt, daß er wohl gedenken möge<br />

daß zu Frohnstetten seiner Zeit nurel: Häuser gestanden,<br />

davon noch später zwei abgangen, wie nit weniger sei<br />

ein altes Pfarrhäusle und schlechtes Kirchle<br />

allda gewesen. Den Gottesdienst hätten die Geistlichen von<br />

Straßberg aus versehen. Weil aber von Tag zu Tag mehr<br />

Wald ausgereutet worden, hat sich endlich ein Pfarrherr mit<br />

dem Zehnten erhalten können. Es seien seitdem 15 eigene<br />

Pfarrer zu Frohnstetten wohnend gesessen. (Stimmt schwerlich!)<br />

Er sagt auch ferner, daß semer Zeit eine solche „Wiidnus<br />

umb das Derflein Frohnstetten gewesen", daß sie selten<br />

haben ausfahren können, ohne daß Wölfe oder andere wilde<br />

Tiere zu ihnen gestoßen. Ja sie hätten oft einander zu Hilfe<br />

kommen müssen, weil berührte wilde Tiere ihnen manchmal<br />

so großen Schaden zugefügt. Er und seine Miterben hätten<br />

auch nach dem Tode ihres seligen Vaters den Hauptfall,<br />

nämlich 10 Gulden, nach Buchau zahlen müssen, weil Junker<br />

Adolf von Westerstetten (t 1557, der zweite dieses Namens<br />

t 1587) die Herrschaft von Buchau zu Lehen trug. Sie seien<br />

von undenklichen Jahren her zum Schloß Straßberg zu<br />

fronen verpflichtet gewesen.<br />

Hans Huckhel von Frohnstetten, ungefähr 72 Jahre alt,<br />

eröffnete, er sei vor 42 Jahren zugezogen, als 14 Bauern z.u


28 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Frohnstetten saßen. Er wisse, daß das Dorf allezeit mit<br />

Hauptfall und Frondiensten zum Schloß Straßberg gehörte.<br />

Vor diesem seien die Wälder bis an das Derflein (Dörflein)<br />

Frohnstetten gegangen, und die Leute hätten damals so<br />

wenig zu bauen gehabt, als wenn das Korn eingeheimst war,<br />

man gleich ausdrosch, so daß man die benutzten Widen zum<br />

Haber aufbinden benutzte.<br />

Basche Halder, seines Alters uf die 73 Jahr, gab das<br />

gleiche an wie sein Vorredner und dazu noch, er habe von<br />

dem alten Junker Eitelfriedrich von Westerstetten, als er die<br />

untere Mühle zu Straßberg baute, gehört, er baue eine Mühle<br />

Aus dem Totenbuch<br />

2. 1. 1770 Herr Josef Anton Feichtmayr, ausgezeichneter<br />

Bildhauer, mit seiner Frau Theresia Hollsteinin von<br />

Wolfegg. Er vermachte dem Kloster sein Haus mit<br />

Obstgarten in Mimmenhausen.<br />

13. 1. Anna von Haideck (in Nähe von Trochtelfingen), urkundlich<br />

1225. Unterm gleichen Datum 1330 Friedrich<br />

König d. Römer (Friedr. d. Schöne, gest. 1330, schenkte<br />

Salem die Kirche in Pfullingen).<br />

16. 1. Bischof Berthold von Chur, Graf von Heiligenberg<br />

1290—1298. Am gleichen Tag Gedächtnis seines Bruders<br />

Conrad Gr. von Heiligenberg.<br />

16. 1. Jahrtag des edlen Ulrich von Jungingen, der<br />

zu seinem und seiner Verwandten Seelenheil sein Allodium<br />

oder Hofgut zu Kalkofen mit einer Urkunde<br />

übergab, wonach der Jahrtag mit Seelenamt am Hochaltar<br />

mit 4 weiteren Kerzen zu singen ist, zugleich für<br />

seine Eltern Burkart von Jungingen und Margarethe<br />

von Schönau, sowie seiner Gattin Susanna von Reichenstein<br />

und seiner 2. Frau Beatrice, sowie der letzteren<br />

Eltern Jakob Bayer, Ritter, und seiner Frau Beatrice<br />

von Baldeck, ferner Ulrichs Schwester Brigitta,<br />

von Bodmann und deren Tochter Anna von Rothofen,<br />

die Nachlaßverwalterin Ulrichs (f 1501) war. Ferner<br />

der Gatten dieser Anna: Bernhard von Rothofen und<br />

Johann von Reichenstein. Der Stifter bestimmte für<br />

diesen Tag den Mönchen je zwei Stücke Fisch. (Ulrich<br />

von Jungingen war der letzte seines Geschlechtes; er<br />

starb am Tag des Hl. Papstes Marzellus, 16. Januar<br />

1501 (Zeitschr. Oberrhein 1916, S. 196). Vgl. sonst Eiseies<br />

Aufsatz in Mitt. Hohz. 62 und 63 (1931—32) und<br />

unten: 6. Juli!<br />

24. 1. (nach 1291) Graf Mangold von Nellenburg,<br />

28. 1. (nach 1292) starb Hermann von Hornstein, der eine<br />

Essengabe stiftete.<br />

5. 2. der edle Herr Anselm von Justingen und seine Gattin<br />

Hailwig.<br />

5. 2. 1680 starb der edle Herr Johannnes Hafner von Bittelschieß,<br />

Führer der bayr. Fußtruppen, der für sich und<br />

seine Frau Elisabeth drei Mansen Wiesen am Andelsbach<br />

stiftete.<br />

10. 2. Adelheid Gräfin v. Heiligenberg (wohl Konrads Frau?).<br />

11. 2. Margaretha von Hornberg, Frau des Ritters Albert<br />

von Klingenberg, urk. 1292.<br />

12. 2. Graf Albert von Werdenberg, urk. 1310.<br />

14. 2. Mächtildis von Rosenow (Rosna, urk. 1291).<br />

19. 2. Bisch. Eberhard v, Konstanz, gb. v. Waldburg 1248—74.<br />

23. 2. Konrad Schenk v. Winterstetten, Stifter der Kl. Baind.<br />

25. 2. Jahrtag Herrn Bilgerins von Heudorf, seines gleichnamigen<br />

Sohnes und des ersteren Frau Anna Truchsessin<br />

von Diessenhofen, sowie der sechs Gebrüder<br />

Hermann, Bilgerin, Caspar, Balthasar, Albrecht und<br />

Ortolf, eheliche Söhne der erstgenannten, alle von<br />

Waltsperg (bei Meßkirch) genannt; sie haben dazu ihre<br />

Leibeigenen gegeben. Ferner Amelia von Heudorf,<br />

urk. 1312.<br />

25. 2. 1761 starb Ulrich Schimpf aus Magenbuch, baiulus<br />

(Lehenträger?) in Bachhaupten, der uns 11 fl vermachte.<br />

26. 2. Anastasia von Reischach. An diesem Tage starb der<br />

edle Jakob Gremiich von Jungingen, der dem Kloster<br />

1000 fl vermachte, wofür der Konvent jährlich am Margarethenaltar,<br />

neben dem er und sein Vater beerdigt<br />

sind, eine Messe gehalten wird. (1501 ging der Name<br />

von Jungingen durch eine Erbtochter an die Pfullendorfer<br />

Gremiich über, die mit Jungingen weiter nichts<br />

zu tun hatten.)<br />

27. 2. Burkart Ritter von Triberg.<br />

4. 3. Hadwig von Hapsburg und ihr Sohn Peter (Habsberg?)<br />

ebenso Eberhard von Rosnow (Rosna).<br />

7. 3. Ortolf von Laiterberg, Kleriker (bei Levertöweiler).<br />

II. Kalender der Wohltäter Salems<br />

für die Fürstin nach Buchau, die er dann zu Lehen empfangen<br />

müsse. Ingleichen sagten auch alt Hans Hotz 80 J.,<br />

und Balthas Dreer uf die 64 Janre alt.<br />

Nach Beendigung des Verhörs aller 54 Zeugen ermahnte<br />

der Obervogt sie, der Aebtissin Treue und Gehorsam zu geloben,<br />

darüber die mehrernannte Fürstin und Frau gnädig<br />

gegenüber den Untertanen gebeten wurde, nicht allein ihre<br />

Obrigkeit, sondern auch „ihre getreue Frau Muetter" zu<br />

sein. Hierauf wurde die feierliche Handlung geschlossen und<br />

vom Notar eine Urkunde ausgefertigt, die heute im Staatsarchiv<br />

Stuttgart liegt (Abschrift im Pfarramt Straßberg).<br />

Joh. Ad. Kraus.<br />

des Klosters Salem<br />

9. 3. Mathildis von Werbenwag (urk. 1312, Werenwag).<br />

10. 3. Gotzwinus von Hohenfels, urk. 1271.<br />

29. 3. Hartmann Graf von Wirtemberg (Grüningen t 1280)<br />

von dem eine Neckarweinstiftung vorliegt.<br />

1. 4. (o. J.) starb Swänger von Liechtenstain,<br />

Ritter, von dem 5 Pfund Hlr. und 9 Schilling als Sondergabe<br />

herrühren, auch 4 Mit. Vesen und 2 Mit. Haber<br />

großes Maßes von einem Weinberg (viniario, wohl richtiger<br />

vivario = Fischteich) in Illmensee. Sie wird je<br />

auf Vigil von Weihnachten, Ostern und Pfingsten gegeben.<br />

Ebenso Gedächtnis seiner Schwester Elisabeth.<br />

(Swänger stiftete 1332 die Kaplanei N e u f r a,<br />

die dem Abt von Salem zu verleihen stand!) Vgl, Hohz.<br />

Heimat 1958, S. 25.<br />

3. 4. Gedächtnis der Grafen Gottfried (t 1271) und Eberhard<br />

(t 1284) von Habsburg.<br />

10. 4. Herr Rudolf von Habsburg, Bischof zu Konstanz- (1274<br />

bis 1293).<br />

14. 4. starb Ritter Eberhard von R o s n a u, von dem dem<br />

Convent an Vigil von Ostem Veltlinerwein gegeben<br />

wird.<br />

20. 4. Heinrich genannt Lütold und seine Gattin Adelheid<br />

undl ihr gleichnamiger Sohn, von denen eine Sondergabe<br />

aus dem Hof von Spöck gegeben wird. Falls<br />

dies nicht innerhalb 8 Tagen geschieht, fällt diese Gabe<br />

an den Convent nach Lützelbach im Oberelsaß.<br />

21. 4. Gedächtnis des Junkers Burkart von Jungingen<br />

gebornem von Hohenfels (urkundlich 1287).<br />

23. 4. 1450 starb Gr. Eberhard von Werdenberg. (Der Herausgeber<br />

irrt, wenn er meint, daß dieser schon 1345<br />

genannt werde!)<br />

27. 4. Gr. Heinrich von Heiligenberg (urkundlich 1267).<br />

27. 4. Gr. Johannes von Werdenberg (urk. 1432).<br />

28. 4. Marquard von Stein.<br />

2. 5. Gr. Berthold von Heiligenberg (f 1262).<br />

5. 5. Jahrtag des Komturs Marquard von Königseck (urk.<br />

1488).<br />

7. 5. Patter Burkhart von Hohenfels.<br />

20. 5. Adelheid von Stein (urk. 1280).<br />

25. 5. Ritter Konvai von Nuffran (Neufrach? Keinesfalls<br />

i:le-itisJ.i mit Conrad von Neyffen 1276, wie der Herausgeber<br />

meinte!)<br />

28. 5. Reinhard Heffelinus und Lütoldus von Schiltberg (letzteres<br />

soll nach dem Herausgeber im OA. Sigmaringen<br />

liegen; aber wo?)<br />

31. 5. 1782 starb P. Gero Kornpauer, zeitw. Vikar in Wald.<br />

5. 6. Heinrich von Wildlenfels (urk. 1271; Donautal).<br />

9. 6. Ritter Peregrin von Heudorf (urk. 1295).<br />

21. 6. Ritter Konrad von Tierberg, stiftete 1 Pfund Heller;<br />

urk. 1292.<br />

25. 6. Ritter Walther von Hohenfels, urk. 1269.<br />

1. 7. starb H. Schöffel von Meßkirch, der den Hof in Heggelbach<br />

kaufte; hier gibt man eine Sondergabe.<br />

6. 7. Es ist zu merken, am Oktavtag von Peter und Paul ist<br />

der Jahrtag der edlen Männer: Burkart von<br />

Jungingen (des Herrn Wolfgang und dessen edlen<br />

Gattin Margaretha von Schönau, und beider Sohn<br />

Ulrich von Jungingen. Ferner der Brigida von Bodman,<br />

Burkarts zweiter Frau und beider legitimen<br />

Kinder. Ferner des Herrn Burkart von Jungingen Vorfahrn<br />

(proavus) des Herrn Wolfgang, und seiner Frau<br />

von Klingenberg. Des Ritters Wolfgang von Jungingen,<br />

seines Großvaters zugleich mit seiner Gattin einer geborenen<br />

von Hohenfels. Ferner der ausgezeichneten<br />

Herren Konrad und Ulrich von Jungingen, Deutschen<br />

Ordens in Preußen, ferner der Herren Burkart mit<br />

Beinamen Harscher des Ritters, dann Friedrichs, Wolfgangs<br />

und Johannes von Jungingen, Söhne des erwähnten<br />

Burkart. Ferner Herrn Leonhards von Jung-


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 29<br />

ingen (urkd. 1430) und seiner Gattin Adelheid von<br />

Hohenfels, der Eltern genannten Burkarts, ferner der<br />

Elisabeth von Königseck, geborener von Jungingen,<br />

Tochter des genannten Wolfgang. Ferner der Herren<br />

Conrad, Udalricus, Johannes, Wolfgang von Jungingen<br />

und deren edlen Frauen Katharina von Stein, Elisabeth<br />

von Hohenlandenberg, sowie des Konrad von Jungingen<br />

und der Juilana von Landenberg, Gebrüder und<br />

Schwestern des genannten Burkart. Ferner des Herrn<br />

Ritters Burkart von Hohenfels und seiner Frau Katharina<br />

und der Elisabeth von Königseck geborener von<br />

Hohenfels. Es war der Wille des genannten Herrn Burkart,<br />

daß diese Namen jährlich im Kapitel verlesen<br />

werden, weswegen jedem der Brüder im Refektorium<br />

2 Stück Fisch verteilt werden. Sie mögen in Frieden<br />

ruhen. (Die zum ersten Burkart gegebene urkdl. Nachricht<br />

von 1334 und zu Wolfgang 1372 dürften nicht<br />

stimmen, sondern gehören späterer Generation an.<br />

Auch die von Eisele in Mitt. Hohz. 62, 1931, S. 12 gegebene<br />

Stammtafel stimmt nicht in allem mit obigem überein!<br />

24. 7. Herrn Heinrich von Lefliswiler (Levertsweiler, urk.<br />

1293). Johannes von Stadion, Ritter und (seiner Frau)<br />

Elisabeth von Emerkingen (urkdl. 1305). Job v. Stadion<br />

und seiner Gattin Adelheid Fuchs (urkdl. 1350).<br />

9. 8. Gotzwinus von Hohenfels, urkdl. 1287.<br />

11. 8. Junker Wolfgang geboren von Hohenfels, von Jungingen,<br />

urkundl. 1372.<br />

14. 8. Graf Albertus von Werdenberg (1320); Ritter Waltherus<br />

von Hohenfels (urkdl. 1269).<br />

20. 8. 1755 starb Bruder Josef Frischknecht, Eremit beim hl.<br />

Kreuz bei Kl. Wald, vulgo „beim geschossenen Bild",<br />

der aus seiner Armut dem Kloster Salem 10 fl. zu<br />

seinem Seelenheil vermachte.<br />

26. 8. Herr Mangold Graf von Rohrdorf, gest. um 1210.<br />

29. 8. 1779 starb der vornehme und edle Herr Johannes Ev.<br />

Christian Mayer von Rosenau, jur. utr. Doktor, Kanzler<br />

zu Salem, hochverdient am Abtskollegium, dessen Syndicus<br />

und Kammerrichter er mehrere Jahre war, der<br />

außer seinen ausgezeichneten Diensten, die er fast 30<br />

Jahre dem Kloster leistete, auch seine Bibliothek vermachte.<br />

16. 9. Jahrtag des Herrn Marquard von Königseck (1290).<br />

17. 9. Gedächtnis der Johannes von Schellenberg, Heinrich<br />

von Blumeneck, Gottfried von Hohenkrähen (Kreigen)<br />

und deren Frauen Anna, Adelheid und Katharina,<br />

Töchter des Johannes von Bodman Ritters sowie des<br />

jüngeren Conrad von Bodman, die alle anno 1307 im<br />

Schloß Bodman an einem Blitzschlag umkamen. Das<br />

Schloß selbst wurde nachmals von Johannes von Bodman<br />

senior an Salem geschenkt und U. Lb. Frauenberg<br />

genannt. Der Blitz hatte das ganze Gebäude in Brand<br />

gesetzt. (Zimm. Chronik, die das Ereignis auf den 23.<br />

Dettingen, Amtshaus<br />

Juni 1307 setzt und auch vom Tod dreier Dienstfrauen<br />

berichtet, deren eine den jungen Hans von Bodmann<br />

als Wickelkind in einem ehernen Hafen zum Fenster<br />

hinaus geworfen und so den Stamm Bodman gerettet<br />

habe. Bd. I. 295—296).<br />

27. 9. 1577 starb Magdalena Schweitzerin, Pfründnerin in<br />

Bachhaupten.<br />

2. 10. Graf Konrad von Heiligenberg (urkdl. 1267).<br />

6. 10. Agnes, Gräfin von Werdenberg, Burggräfin von Nürnberg<br />

(2. Hälfte des 14. Jh.).<br />

12. 10. Graf Gottfried von Rohrdorf (angebl. urkdl. 1278!?)<br />

7. 11. starb Priester Nikolaus von Da'oerswiler (Tafertsweiler.<br />

9. 11. Herr Melchior (Vattlin) Suffraganbischof von Konstanz,<br />

der dem Konvent einen silbernen, innen und<br />

außen vergoldeten Mischkrug im Wert von 60 fl zu<br />

seinem Gedächtnis 1548 schenkte. (Stammte aus T'rochtelfingen.<br />

Weihbischof 1518—48).<br />

11. 11. Graf Ulrich von Schelklingen (urkdl. 1299).<br />

11. 11. Gedächtnis des Herrn Ritters Guntram ersten Stifters<br />

von Salem 1138 (von Adelsreute).<br />

16. 11. Burkart von Rosenow, urkdl. 1278. Burkart von Hohenfels,<br />

Ritter (urk. 1287).<br />

29. 11. Hedwig von Bartelstein, Frau des Ritters Hartwin.<br />

2. 12. starb Rudolf von Magenbuch, der bei Leustetten getötet<br />

wurde; von ihm rührt eine Essengabe her.<br />

8. 12. Katharina Gräfin von Werdenberg. gen. von Kiburg.<br />

14. 12. Graf Hugo von Werdenberg, urkdl. 1274.<br />

16. 12. Walther von Hohenfels, urkdl. 1269.<br />

21. 12. Rudolf von Magenbuch; es gibt eine Sondergabe.<br />

25. 12. 1718 Herr Franz Josef Feuchtmeyer berühmter Bildhauer,<br />

Pfründner in Salem, der ca. 1000 fl dem Kloster<br />

schenkte.<br />

27. 12. Rudgerus von Rosnow.<br />

Man kann dem Herausgeber und auch Schreiber des Totenbuchs<br />

schwerlich in ihrer Ansicht folgen, als seien dia angegebenen<br />

Tage immer die Todestage. Der Gegenbeweis erfolgt<br />

z. B. aus dem Jahrtag der Herren von Jungingen. Zudem<br />

scheinen einige Namen mehrmals vorzukommen, besonders<br />

wenn an dem betr. Tage eine Sondergabe fällig war.<br />

J. Ad. Kraus.<br />

Nidelnacht, eigentlich Nüdel- oder Nudelnacht, nicht nur<br />

in Harthausen bei Feldhausen (Hohenzollerische Heimat 1952<br />

S. 8), sondern auf der ganzen Zwief alter Alb einst bekannt,<br />

dürfte vom Nudelessen benannt sein. Es war der Donnerstag<br />

vor Weihnachten, an dem zuletzt „gegessen und getrunken<br />

wurde, was das Herz begehrte." In Mehrstetten wurde früher<br />

der letzte Donnerstag vor dem Fest „Rairebrei-Nacht" genannt,<br />

nach dem Brei aus der Ofenröhre! Freilich gab es in<br />

Oberschwaben noch ein Wort „der Niedel", das Milchrahm<br />

bedeutete. Krs.


30<br />

Kurznachrichten<br />

Die alte Weilerkirche von Owingen, die oberhalb des Dorfes<br />

beim Friedhof liegt und ins 12. Jahrhundert zurückreicht,<br />

soll nach dem Kunstdenkmälerwerk dem hl. Kreuz geweiht<br />

sein. Dies ist jedoch ein Irrtum, dem auch der frühere<br />

Archivrat und jetzige Professor Dr. Decker-Hauff zum<br />

Opfer fiel, als er vor einigen Jahren anläßlich eines Besuches<br />

des württembergischen Altertumsvereins einen an sich tiefgründigen<br />

Vortrag über die Verehrung des Kreuzes Christi<br />

im Laufe der Jahrhunderte hielt. Dem hl. Kreuz war vielmehr<br />

nach Urkunden im Sigmaringer Archiv eine kleine<br />

Kapelle in Unter Owingen geweiht, die aber um 1600 schon<br />

abgegangen war, worauf deren Einkünfte mit der Pfarrkirche<br />

vereinigt wurden. Pfarrkirche aber war damals eben die<br />

fragliche Kirche romanischen Stils in Oberowingen. Diese<br />

aber ist und war zu allen Zeiten dem hl. Ritter Georg<br />

geweiht und geht zweifellos auf das bekannte Kloster St.<br />

Georgen im Schwarzwald zurück, das schon bei seiner Gründung<br />

1094 von einem Suitger von Owingen und 1132 von<br />

Heinrich von Stauffenberg hier in Owingen Güter geschenkt<br />

erhielt, als letzterer selbst ins Kloster eintrat. (Notitia fundationis<br />

St. Georgen, Zeitschrift für Geschichte des Oberrheins<br />

Jg. 9). Außer den urkundlichen Nachrichten über die<br />

St. Georgspfründe fand auch H. Pfarrer J. Riegger im ältesten<br />

Standesbuch Owingens unterm 26. Oktober 1709 in Anschluß<br />

an die Weiheurkunde der jetzigen St. Jakobs-Pfärrkirche<br />

in Unterowingen folgenden Eintrag: „In der oberen<br />

Kirche, jetziger Filiale, aber bisheriger Pfarrkirche im Weiler,<br />

sind folgende konsekrierte Altäre zu merken: Oberster<br />

Patron ist der hl. Märtyrer Georg. Kirch weih wird jeweils<br />

am Sonntag nach dem Georgsfest gefeiert. Der Hochaltar ist<br />

geweiht zur Ehre der allerseligsten Jungfrau Maria (als<br />

Ehrenpatronin), des hl. Georg, und der beiden hl. Johannes<br />

Evangelist und Konrad. Der rechte Seitenaltar ist geweiht<br />

zur Ehre des hl. Kreuzes (offenbar von der abgegangenen<br />

Kapelle her!), und der hl. Sebastian und Barbara.<br />

Der linke Seitenaltar hat als Patrone die Heiligen Katharina,<br />

Josef und Antonius von Padua". Ueber die Rechte des<br />

Klosters St. Georgen zu Owingen und Stetten bei Haigerloch<br />

sind wir bis 1438 ebenfalls gut unterrichtet. (Zollerheimat<br />

1937 S. 53 und 1940 S. 1—3; Hohz. Heimat 1952, 45.) Kr.<br />

Eine merkwürdige Dreschart aus Salmendingen war in der<br />

der „Lauchert-Zeitung" anterm 18. August 1937 beschrieben.<br />

Sie wurde das „Knechten" genannt. „Hierzu gehörte ein halbrunder,<br />

unten flacher, 30 bis 50 Zentimeter hoher Stein, der<br />

auf dem Tennenboden aufgestellt wurde. Mitten durch den<br />

Stein, den „Knecht", ging ein senkrechtes Loch, in das ein<br />

ziemlich starker, etwa Va bis % U Meter langer Stock gesteckt<br />

wurde, der verkeilt war. Auf den Stock setzte man die zu<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang <strong>1959</strong><br />

Owingen, Weilerkirche von Nordwesten<br />

dreschende Garbe mit den Aehren nach oben. Nun schlugen<br />

die Drescher, um die Garbe herumgehend, mit den Dreschflegeln<br />

darauf, und zwar so, daß der schwere Streich auf<br />

dem Tennenboden aufschlug und der sog. „leichte Schlag"<br />

auf die Garbe fiel. Der „Knecht" muß heute, wenn er überhaupt<br />

noch vorhanden ist, als Tür- und Torhüter dienen.<br />

Das „Knechten" wurde in manchen Orten auch ohne Stein<br />

ausgeführt, und zwar so, daß der oben zugespitzte Pfahl in<br />

ein Loch im Tennenboden gerammt wurde. Die Art des Dreschens<br />

war die gleiche, wie mit dem Stein. Soweit der Bericht<br />

aus Salmendingen. Im benachbarten Ringingen habe<br />

ich diese Dresch-Art nie gehört. Sondern wenn man schnell<br />

Samen-Dinkel brauchte, schlug man eben einige Garben mit<br />

dem Flegel ab. Man nannte dies „Baußen" („anstoßen"). In<br />

welchen Orten war das Knechten üblich? Wer kann ein plausible<br />

Erklärung geben für diese merkwürdigen „Zeremonien",<br />

das Aufstellen einer einzigen Garbe, das Drauf- und das<br />

Danebenschlagen im Herumlaufen, was alles keinen rechten<br />

Sinn zu haben scheint? Krs.<br />

Owinger Rechtsstreit. Der Geistl. Rat des Bischofs von<br />

Konstanz hat am 30. August 1731 beschlossen: Weil der<br />

fürstl. hohenzoll. heching. Hofrat Wolf sich der Conobsignation<br />

(Mitsiegelung) des Nachlasses des zu Owingen unlängst<br />

in Gott verschiedenen Dekans und Pfarrers Franz<br />

Carl Sartori angemaßt, wäre demselben durch ein Strafmandat<br />

mitzuteilen, er habe sein beigedrucktes Sigillum ohne<br />

Anstand abzuheben, oder solle in Entsetzung dessen gewärtigen,<br />

daß solches per Deputation des Kapitels removiert<br />

werde. Die beiden Deputaten des Kapitels Haigerloch mußten,<br />

weil sie sich gegen diese Siegelung nicht kräftig gewehrt,<br />

beim Fürsten in Hechingen einen feierlichen Protest<br />

einlegen und hierüber eine notarielle Bescheinigung ans<br />

Offizium nach Konstanz einsenden. Dem Hof rat jedoch wurde<br />

am 12. September ein Strafzettel über 50 Thaler dürch die<br />

Vikariatskanzlei ausgefertigt und die Exekution beim kaiserlichen<br />

Landgericht zu Altdorf hierfür erbeten. Am 18.<br />

Juni 1732 schreibt das Protokoll nur noch: Die Sache wegen<br />

des gewesenen Hechinger Hofrats Wolf wegen der Mitsieglung<br />

in Owingen soll vorerst nicht entschieden werden. (Erzb.<br />

Archiv Freiburg Ha 225, S. 107, 117, 287.) Krs.<br />

Ueber Verehrung des H. Vitus erschien im Jahre 1939 im<br />

Verlag Coppenrath-Münster ein umfassendes Werk mit 600<br />

Seiten und 68 Bildern von Pater Dr. Heinrich Königs (Heft<br />

79/80 der Münsterschen Beiträge zur Geschichtsforschung).<br />

Darin sind ausführlich behandelt die Lebensbeschreibung, die<br />

Verbreitung der Verehrung durch Korvey, die gottesdienstliche<br />

Verehrung, die Reliquien, Patronate, Brauchtum, bildende<br />

Kunst, Vitus in der Dichtung, Vitusbruderschaften.<br />

Auch unsere Heimat ist durch mehrere Ortschaften vertreten.<br />

Krs.


Jahre attg IL 59 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 31<br />

Kinderzutragen oder Wizen. Das Protokoll des bischöflichen<br />

Geistlichen Rates von Konstanz berichtet unterm 31. Mai 1783<br />

von einem merkwürdigen Brauch. Eine kaiserliche Verordnung<br />

vom 22. April hatte den Mißbrauch des sog. Kinderzutragens<br />

oder Wizens verboten, in dem 8 oder 14 Tage nach<br />

Empfang der hl Taufe die Kinder in der Kirche um den<br />

Altar getragen und selben dann post sumptionem d. h. nach<br />

Kommunion des Priesters in der hl. Messe etwas von der<br />

Ablution (Kelchausspülen) zu trinken gereicht wurde. Der<br />

Brauch war nach Angabe der Räte nur noch in sehr wenigen<br />

Orten des Bistums Konstanz österreichischen Gebiets üblich.<br />

Um jedoch dem allerhöchsten Befehl genugzutun, wurde beschlossen,<br />

dem österreichischen Klerus (u. a. um Rottenburg<br />

und Spaichingen und Sigmaringen) ein Schreiben zukommen<br />

zu lassen und ihn vor den weltlichen Strafen zu warnen, die<br />

auf die Uebertretung gesetzt seien. (Erzb. Arch. Freiburg Ha<br />

248, S. 256). Der Sinn von „Wizen"? — Damals hat man in<br />

den Pfarreien zum Unterhalt des Ewigen Lichtes Schmalz<br />

gesammelt. Am 12. Aug. 1786 hat der Geistl. Rat nochmals dem<br />

Am 12. August 1786 hat der Geistliche Rat nochmals dem<br />

Ritus, wonach man neugeborenen Kindern nach der heiligen<br />

Taufe auch die Ablution des Meßkelches reichte, sei längst<br />

Pfarrer von Schliengen ausdrücklich aufgetragen, jener alte<br />

aufgegeben und im neuen Rituale daher ausgelassen. Für die<br />

Kinder sei außer der Taufe kern anderes Signum communionis<br />

(Zeichen der Eingliederung in die Kirche) nötig, und<br />

das alte Rituale vom Jahre 1570 durch das neue abgeändert.<br />

Deshalb habe auch die Ablutions-Reichung künftig unbedingt<br />

zu unterbleiben. Hieraus läßt sich ersehen, daß der<br />

Brauch offiziell im Jahre 1570 geduldet war, im 18. Jahrhundert<br />

aber dann nicht mehr. Krs.<br />

Klosterhof Bachhaupten. Der Pfarrer von Tafertsweiler<br />

(Davidtsschweyler) beschwerte sich am 24. Sept. 1732 beim<br />

Geistlichen Rat in Konstanz gegen den Pater Pfleger zu<br />

Bachhaupten, daß derselbe gegen die bisherige Uebung seinen<br />

Bediensteten (familiaribus) die hl. Sakramente aufgrund<br />

eines ordentlichen Privileges zu spenden sich herausnehme.<br />

Man beschloß, an den Prälaten von Salem (Salmenschweyl)<br />

schriftlich die Bitte zu richten, daß er es im Hof zu Bachhaupten<br />

bei den alten Gewohnheiten belasse und dem Pater<br />

keine Eingriffe in die Pfarrechte von Tafertsweiler gestatte.<br />

(Erzb. Arch. Freiburg, Ha 225, S. 335). Krs.<br />

Rechtsbruch in Esseratsweiler. Dem Geistl. Rat zu Konstanz<br />

wurde am 7. Januar 1731 gemeldet, des Deutschen Ordens<br />

Obervogt zu Achberg, Herr Wocner, habe zu Esseratsweiler<br />

im Pfarrhof auf Absterben einer Dienstmagd wider<br />

alles Protestieren sich eingemischt und deren wenige Verlassenschaft<br />

via facti aus dem Pfarrhof weggenommen. Man<br />

beschloß, eine Beschwerde an den Landkomtur zu Altshausen<br />

zu schicken samt Strafmandat und Androhung von Censuren,<br />

ferner an den Dekan und an die Pfarrer einen Verweis,<br />

daß sie sich hierwider nit opponiert hätten. Der Komtur<br />

jedoch hatte die Obsignierung des Nachlasses mit Bezug auf<br />

die örtliche Jurisdiktion vorgenommen, da den Herren von<br />

Sirgenstein, den früheren Besitzern dieses Recht schon zugestanden<br />

habe. Auch beschwerte er sich gegen den Konstanzer<br />

Pedellen, daß er das Schreiben innerhalb der Kommende<br />

Altshausen überreichte. Der Geistliche- Rat wies jedoch die<br />

an „einem exempten Ort verhängte Ohnbill" und die nichtigen<br />

Argumente zurück, daß man „indessen ohnverfangen<br />

auf andere competierende Mittel zu verfallen gezwungen sein<br />

dürfte", da die Herren von Sirgenstein laut Konstanzer Protokolls<br />

nicht einem eine Mitversiegelung von Nachlässen verlangten,<br />

geschweige denn sich solches bei Dienstboten in<br />

geistlichen Häusern angemaßt haben. (Erzb. Arch. Freiburg,<br />

Ha 225; 19, 26.). Krs.<br />

Verschwundene Siedlungen. In einer Straßberger Urkunde<br />

von 1400 an St. Ulrichs Abend wird neben Kaiseringen und<br />

Frohnstetten auch ein Gut zu Fölingen erwähnt, dessen<br />

Hälfte damals der Sigmaringer Bürger Cunz Suener von<br />

Diethelm von Krenkingen als eigen erhielt. Wer weiß etwas<br />

von seiner Lage? Sollte ein alter Fölenberg zwischen Kaiseringen<br />

und Storzingen noch darauf hinweisen? Ritter Rudolf<br />

von Reischach zu Straßberg hat an die Kaplanei zu<br />

L a i z vor dem Jahre 1374 das Gut Sonnlingen gestiftet<br />

mit Aeckern, Wiesen, Holz und Feld, Ehehaftinnen und allem<br />

Zubehör, das sein Sohn Rudolf mit 100 Pfund Hellern auslösen<br />

durfte. Schon am 17. April 1364 verkaufte Cunz der<br />

Toud von Veringen als Reutlinger Bürger dem genannten<br />

Rudolf von Reischach dem älteren u. a. auch ein Gut Stubingen,<br />

samt Mühlstatt und Zubehör, Fischenz und Wiesen,<br />

Aeckern Holz und Feld auf dem Berg um 100 Pfund<br />

weniger 10 ß Hlr. Siegler war Hans v. Weggenstein zu<br />

Schiltau (Jungnau) gesessen. Die Umstände dieses Verkaufs<br />

scheinen auf das Schmeiental zu weisen. Wer weiß Näheres?<br />

Endlich wird 1532 bei Straßberg auch ein Krautgarten im<br />

Wyler erwähnt. Existiert der Flurname noch? Joh. Ad. Kr.<br />

St. Leonhard zu Stetten bei Haigerloch. Von dem sog. Kaltischen<br />

Hof zu Bierlingen sind wegen Rückstands und öfterem<br />

Wechsel des Inhabers 67 Malter an Früchten, 55 Gänse<br />

und 54 Hennen zur St. Leonhardpflege in Stetten bei Haigerloch<br />

von vielen Jahren her ausständig, was am 23. 11. 1758<br />

auf 180 Gulden und 14 Kreuzer veranschlagt wurde. Die<br />

jährliche Gilt war zwar jetzt wieder in Gang gebracht und<br />

voriges Jahr wieder geliefert worden, aber betr. des Restes<br />

wurde der bischöfl. Geistliche Rat in Konstanz angerufen.<br />

Dieser beratschlagte, man könne dem Inhaber des Kaltischen<br />

Hofes freistellen, dten alten Rückstand mit 100 fl bar zu<br />

begleichen, oder alljährlich den doppelten Giltzins der Kirche<br />

St. Leonhard entrichten, bis der ganze Ausstand nach und<br />

nach abgeführt sei. (Erzb. Archiv Freiburg Ha 235, S. 54.) -<br />

Am 12. Januar 1769 erbat der Dekan Waldraff des Kapitels<br />

Haigerloch in Konstanz die Erlaubnis, die St. Leonhardskapelle<br />

in der Pfarrei Stetten, die sehr ruinös am Eyachfluß<br />

stehe, abzubrechen. Es sei nur zweimal die hl. Messe drin,<br />

am Fest Dedicatio (Kirchweih) und am Patrozinium. Unterhaltsmittel<br />

seien keine vorhanden. Der Fürst in Haigerloch<br />

wolle zum allgemeinen Wohl eine steinerne Brücke über die<br />

Eyach bauen, wozu man die Steine der Kapelle verwenden<br />

möchte. In der Pfarrkirche in Stetten könnte ein Antoniusaltar<br />

errichtet, und die 2 Messen diort gelesen werden. Die<br />

Erlaubnis wurde von Konstanz unter der Bedingung gegeben,<br />

daß der Erlös der Steine zum Brückenbau zu diesem Antoniusaltar<br />

benützt würden (Ha 238, 419). Schon am 28.<br />

Januar 1768 hatte man im Geistl. Rat erwogen, ob zur Erbauung<br />

des baufälligen Kirchturms in Stetten b. Haigerloch<br />

nicht die Pfarrei für 3—4 Jahre vakant gelassen werden<br />

könne, da der kürzliche Pfründeinhaber Franz Anton Hafner<br />

zwar den Bau 36 Jahre vorgehabt, aber wegen der Kriegszeiten<br />

und Mißjahre nicht dazu gekommen sei, trotzdem er<br />

alle Zehnten einnahm, (als Universal-Decimator). In<br />

Konstanz jedoch hatte man Bedenken gegen die Vacatur,<br />

auch wenn der Fürst sich bereit erklärte, auf das Vogtrecht<br />

zugunsten des Turmbaus zu verzichten. (Ha 238, 112). Kr.<br />

Kaplanei Veringendorf. Der Geistl. Rat des Bischofs zu<br />

Konstanz beschloß am 28. Mai 1721: Der Kaplan Johann<br />

Franz Falkner ad St. Johannem Evangelistam in Veringendorf<br />

will an Franz Grüener, Burger und Bierbräu allda, eine<br />

zu seiner Pfründe gehörige Hofraite samt anliegendem Bauingärtle<br />

für 90 fl verkaufen. Da hieraus die Pfründe glaubwürdigen<br />

Eutzen ziehen wird, sei der Verkauf bestätigt. Im gleichen<br />

Jahr wollte Pfarrer Franz Dangel daselbst auf seine<br />

Pfarrei verzichten, die dann der Sohn des Hechinger Kanzlers.<br />

Dr. Paul Stengel, erhalten soll. (Erzb. Arch. Freiburg Ha<br />

221; 280, 298.) Krs.<br />

An das<br />

in<br />

Postamt


32 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Wallfahrt zu Tafertsvveiler. Das Protokoll des Geistl. Rates<br />

Konstanz meldet unterm 30. September 1700: In der Pfarr<br />

Dauertschweyler will sich eine newe Wallfahrt hervor thuei'<br />

derentwegen dasiger Herr Pfarrer pro sua direktione h<br />

Revmo. Officio sich Beschaid erholet. Beschluß: Dem Herrn<br />

Pfarrer zu Ostrach soll aufgetragen werden, sowohl die bereits<br />

diesorts aufgehenkte Anathemata (Weihgaben?) abzuheben,<br />

als auch das vorgestellte Schmerzhafte U. Lb. Frauen-<br />

Bild bei nächtlicher Weil citra strepitum (ohne Geräusch)<br />

unvermerkter Dinge hinweg zu tun und bis auf weitere Verordnung<br />

in seinem Pfarrhof beizusetzen. (Erzb. Archiv Freiburg<br />

Ha 216, S. 182). Krs.<br />

Veringenstadt. Hammer heißt nach Mitteilung des H. H.<br />

Pfarrers Bürkle von Heiligenzimmern eine Flur an der<br />

Lauchert, unmittelbar am unteren Ortsausgang von Veringenstadt.<br />

Hier stand also das Eisenwerk im 18. Jahrhundert.<br />

Kr.<br />

Sigmaringen, Veringen, Hohenberg. Eine knappe auf 10<br />

Seiten zusammengedrängte aber gründliche Geschichte der<br />

beiden österreichischen Grafschaften Sigmaringen und Veringen<br />

schrieb Dr. Franz Herberhold im 2. Band des Werkes<br />

„Vorderösterredch" (hgg. vom Alemannischen Institut in Freiburg<br />

unter Leitung von Prof. Friedr. Metz, Verlag Rombach,<br />

Freiburg, <strong>1959</strong>; 48 DM). Interessant ist darin das Ergebnis<br />

der Doktorarbeit von D. W. Mayer-Tuttlingen, daß die Grafschaft<br />

Sigmaringen erst 1460 auf Grund von Forstrechten<br />

entstand, wobei die Vogtei der Klöster Wald, Heiligkreuztal<br />

und Habstal eine bedeutende Rolle spielten. Die Grafschaft<br />

Hohenberg findet im gleichen Werk eine gute Behandlung<br />

durch Staatsoberarchivrat Dr. Eugen Stemmler-Sigmaringen<br />

(S. 551—574). Beidemal ist wertvolle Literatur angegeben.<br />

Ueber Darren oder Dörrvorrichtungen, wie sie früher auch<br />

bei uns eine große Rolle spielten, berichtet mit Illustrationen<br />

H. Heimberger in „Bad. Heimat" 1957 S. 252—266. Man findet<br />

da Dörrobstherstellung, Flachsdarren, Hanfrößen, Brechlöcher<br />

und Brechhäuser und deren Anlage, Zwetschgenund<br />

Grünkerndarren. Letztere scheinen allerdings bei uns<br />

nicht gebräuchlich gewesen zu sein, wohl aber spielten die<br />

Hanfrößen und Brechlöcher überall eine große Rolle. Krs.<br />

Werktägliche Choralvesper in Trochtelfingen. Der Dekan<br />

Engelhart, Stadtpfarrer zu Trochtelfingen, berichtet am 4.<br />

April 1784 an den Geistlichen Rat nach Konstanz: Durch Erlaß<br />

der Donaueschinger Regierung sei die bisher tägliche<br />

Choralvesper (außer an Sonn- und Feiertagen und den Vortagen<br />

dieser Feste) abgeschafft worden, damit der Schulmeister,<br />

der dabei jedesmal zu erscheinen gehabt, besser dem<br />

Unterricht der Jugend obliegen könne. Man beschloß: „Es<br />

soll eine Ahndung nach Donaueschingen gehen mit dem Antrag,<br />

daß man darüber als in einer Kirchensache den bischöflichen<br />

Ordinariatseinfluß und Dispensation hätte erwarten<br />

mögen." Krs.<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch<br />

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Veriags-<br />

postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis<br />

von 80 Pfennig.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deutliche<br />

Schrift wird gebeten.<br />

Gedachte Grafen finden aus alten Pergamenten gleichwohl<br />

anders nit autentischen Urbarbüchern, daß vor diesem dem<br />

Heiligen St. Valentin zu Trillfingen etliche<br />

Malter Roggen vom Zehnten zugeeignet, die aber seit 50<br />

Jahren her. nicht geliefert worden. Sie verlangen, man solle<br />

den Pfarrer anhalten, daß er sein Angebürnus dem Heiligen<br />

zukommen lasse, wogegen die Grafen sich erbieten, auch das<br />

Ihrige zu tun. Man beschloß, den Pfarrer bei Gelegenheit<br />

nach Konstanz kommen zu lassen und ihn anzuhören.<br />

Der Grosselfinger Pfarrer Mathias Rot bat am 29. Dezb.<br />

1615 um Nachlaß der Geldstrafen, die ihm wegen Rückständen<br />

der primi fructus zudiktiert waren, mit der Begründung:<br />

daß ihm solche Strafen wegen Kleinheit der Pfründe und<br />

anderen ihm begegneten Beschwerlichkeiten zu bezahlen<br />

nicht möglich sei. Beschluß: Der Herr Fiskal soll procedieren<br />

(weitermachen). (Konstanzer Protokoll im Erzb. Archiv Frbg.<br />

Ha 209, S. 329.)<br />

Ecker oder Keys waren nach der Herrschaftsordnung von<br />

Straßberg 1548 anzeigepflichtig. Während Ecker leicht als<br />

Eckerich (Büchein und Eicheln) verstanden werden, bezeichnet<br />

Keys oder Kess, Köß soviel wie Ge-äß, also Eßbares<br />

(außer Büchein vermutlich auch Wildobst). Kr.<br />

Kaplanei Gammertingen. Das Protokoll des Geistl. Rates<br />

zu Konstanz berichtet unterm 15. Juli 1784, die Kaplanei<br />

Pfründe St. Catharina zu Gammertingen sei im Jahre 1616<br />

wegen geringen Einkünften mit der Pfarrei vereinigt worden.<br />

Nun habe der von dort gebürtige Burgermeister Franz<br />

Xaver Reiser zu Aichach in Churbayern im Jahre 1777 5000 fl.<br />

dazu gestiftet, und auch die Hälfte schon bezahlt. Bis zur<br />

Neuerrichtung seien die bisher mit der Pfarrei vereinigten<br />

Einkünfte gesperrt worden. Inzwischen starb obiger Stifter,<br />

die Stadt sperrte seinen Nachlaß und erhob sogar Ansprüche<br />

auf die schon g2zah>ten 2500 fl. Dar Geistl. Rat wandte sich<br />

daher an den Churbayerischen Rat, um die Sache zu regeln.<br />

Krs.<br />

Flurnamenbuch. Flurnamenbeschreibung in amtl. Karten,<br />

1958 hgg. vom Landesvermessungsamt und Württbg. Landesstelle<br />

für Volkskunde, Großformat (21—30 cm) 161 Seiten.<br />

Das sehr übersichtlich angeordnete Werk behandelt die Bedeutung<br />

der Fl. N. und 10 Regeln zur richtigen Schreibung.<br />

Den Hauptteil nimmt das Verzeichnis und die äußerst knappe<br />

aber treffende Erklärung ein. „Bar nackt, bloß" wird<br />

übrigens auf der Alb in Wörtern barfuß uid barhaupt nicht<br />

wie „Rad" ausgesprochen, sondern bor. Die Beund ist ein<br />

umbundenes d. h. umzäuntes Feldstück. Daß Gehai neben<br />

„gehegtem Platz" auch dunstige Stelle b:deute, überzeugt<br />

nicht ganz. Eine Satel (spr. Sootel) ist ein Ackerstück so breit,<br />

als der Same beim Säen in einem Wurf fliegt, also Saatbahnbreite.<br />

Der Schaub (nicht das) ist in Ringingen nur nicht<br />

gebrochenes Stroh, niemals Heu. Scherrcn wird schäarra<br />

gesprochen. Die Schraie bedeutet nach Buck, Vollmann und<br />

Schnetz soviel wie „Zaun aus schrägen Stangen"; Wasserrinne<br />

kennen sie nicht. Warum nicht Schwaige beibehalten?<br />

Die Aussprache wie „mein" will wegen des nasalen ei in<br />

letzterem nicht recht passen. „Schweigen machen" spricht<br />

man z. B. in Ringingen als „schwoiga", also nicht wie Stein!<br />

Daß „der Schwein" einen jungen Menschen bedeuten soll,<br />

könnte nach Keinath höchstens auf Norddeutssfiland zutreffen,<br />

und dies selbst scheint zweifelhaft. Im übrigen ist das<br />

richtungweisende Werk bestens zu empfehlen. Kr.<br />

Jetzige und zukünftige Ortsnamen-Forscher in<br />

Hohenzollern möchte ich auf ein Büchlein hinweisen, in dem<br />

Glatt in Hohenzollern öfters erwähnt ist:<br />

H. Heckschen, Der G 1 a d e - Kreis.<br />

(Ortsnamen des Wortstammes „glad").<br />

Eine sprach- und ortsgeschichtliche Studie,<br />

erschienen in Mönchen-Gladbach 1956.<br />

Heckschen kommt zu einer anderen Auffassung als sie Stehle<br />

Seite 267 vertritt, die wohl auf Michel Buck zurückgeht.<br />

Heckschen glaubt die Auffassung erhärten zu können, daß<br />

„glade", „glode" usw. „Graben", „Bruch", Bach", „Sumpf"<br />

meinen. Nach ihm handelt es sich um ein keltisch-germanisches<br />

Substantiv, das erst später mit dem ahd. und mhd.<br />

Adjektiv glat = glänzend zusammengefallen ist.<br />

Dr. Fl. Bonn.<br />

Herr Fabrikant Christian Maute in Bisingen stellte uns die Druckstöcke<br />

für die Bilder Seite 19 und 23, die Landeskommunalverwaltung<br />

in Sigmaringen für die Bilder Seite 24, 25, 26 und 29 unentgeltlich<br />

zur Verfügung. Herzlichen Dank!


Hohenzollerische Heimat<br />

Viertel jahresblätter für Schule und Haus<br />

Herausgegeben vom Verein für Geschichte,<br />

in Verbindung mit<br />

Schriftleitung:<br />

Josef Wiest, Gammertingen<br />

Postverlagsort Gammertingen<br />

Preis halbjährlich 0.80 DM<br />

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern<br />

der hohenz. Lehrerschaft<br />

Druck:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Nummer 3 Gammertingen, Juli <strong>1959</strong> I 9. Jahrgang<br />

Vom Dorfschmied, seinem Kohlenhaufen und anderem<br />

„Der Meister hämmert, der Amboß klingt,<br />

daß weit es über das Dorf hin dringt.<br />

Es quietschet der Blasbalg, die Esse glüht,<br />

ein beißender Qualm durch die Schmiede zieht."<br />

1. Kaum 100 Schritte von meinem Vaterhaus entfernt arbeitete<br />

der Schmiedjosef, Seine dröhnenden Hammerschläge<br />

gehörten zur täglichen Musik und zogen uns Buben in den<br />

magischen Zauber aer dunklen „Schmitte", in deren Hintergrund<br />

das Kohlenfeuer glühte. Hei, wie die Funken sprühten,<br />

wenn der Schmied, die Hemdärmel eingestülpt und mit<br />

starkem Lederschurz angetan, mit der Zange das glühende<br />

Eisen auf den Amboß hielt und mit der Rechten den Hammer<br />

darauf niederfallen ließ. Da wichen wir jedesmal auf<br />

seinen Warnruf zurück, damit unsere Kleider keinen Schaden<br />

nähmen. Denn dies hätte bedenkliche Schwierigkeiten<br />

mit sich gebracht, die man nach bitteren Erfahrungen tunlichst<br />

vermied. Aber es lockte das Feuer. Hatte ich doch<br />

einmal am Karsamstag früh als Vorschulpflichtiger während<br />

des ganzen langen Morgengottesdienstes das Osterfeuer hinter<br />

unseren Kirchentännlein unterhalten, was mir zwar das<br />

Lob der größeren Schüler veranlaßte, die dann den ganzen<br />

Vormittag am Feuer zündeln konnten, mir ebenso aber auch<br />

eine ordentliche Tracht ungebrannter Asche zu Hause einbrachte.<br />

Die ältere Schwester hatte nämlich von der Orgelempore<br />

aus, wo sie mitsang, meine Geschäftigkeit beobachtet<br />

und mich nach der Feier prompt verschwätzt.<br />

Hier beim Schmied aber durfte unsereiner ohne Zagen<br />

am Feuer stochern, wenn es nur die Arbeit nicht störte, und<br />

manchmal bekamen wir sogar das Ehrenamt, den großen<br />

Blasbalg zu ziehen. Der Meister hatte nur an den viel zu<br />

hohen Handgriff der Zugstange ein Garbenseil zu binden,<br />

damit wir hinauflangen konnten. Da fand sich neben der<br />

Feuerstelle ein Trog mit Ablöschwasser, dazu an der Wand<br />

ein ganzes Regal mit den verschiedensten Hämmern, runden,<br />

spitzen, eckigen, eingetieften, großen und kleinen, dann<br />

Meißel, Feilen und Raspeln und Zangen, auch Schrauben in<br />

Reih und Glied, vorn am Fenster die Werkbank mit Nägeln,<br />

dem Ausschneidmesser zum Hufbeschlag, auch mächtige<br />

Schraubstöcke, eine Bohrmaschine, Gewindeschneider und<br />

im Hintergrund zwei Schleifsteine, die wir nur kurz in<br />

Drehung halten konnten, wenn der Schmid das Eisen mit<br />

großer Kraft daraufdrückte, mochte er auch das Tropfhähnle<br />

darüber in Gang gesetzt haben. Ein bestimmter<br />

Eisen- und Kohlenvorrat vervollständigte das Inventar. T n<br />

der Mitte aber thronte auf einem mächtigen Stein der alles<br />

beherrschende Amboß mit einem runden und einem kantigen<br />

Horn, einem viereckigen Seitenausläufer, einem Loch<br />

zum Einstecken eines scharfen Meißelklobens oder eines<br />

runden Dorns, je nachdem man es benötigte. Wie oft waren<br />

wir Zeuge, wenn man einen Radreif unter Zugabe von Sand<br />

eines zerstoßenen Sandsteins zusammenschweißte, Kettenglieder<br />

kunstvoll zusammenfügte, Roßeisen formte und anpaßte,<br />

auch ein Wagenrad oder unsere Ochsen oder die<br />

Gäule unseres Dette und anderer neu „beschlug". Noch<br />

später als 20 Jähriger habe ich in den Ferien in Notfällen<br />

dem Schmiedjosef das Eisen schmieden helfen, indem icn<br />

den großen Vorschlaghammer mit beiden Händen führen<br />

dürfte, während er das Eisen hielt und mit dem Handhammer<br />

es bearbeitete oder melodisch den Taut dazu schlug.<br />

Doch damals als kleiner Bube kam ich aus naheliegenden<br />

Gründen nicht in die Versuchung, den großen Hammer auch<br />

nur zu lupfen.<br />

2. Eines Tages nun war die Schmiede geschlossen und kein<br />

Amboß klang. Was war los? Der Lexejochem wußte Bescheid:<br />

„Dr Schmied riicht a dr Käppelestoig an Kohlahaufa,<br />

dr muaß Kohla brenna." Das ließen wir uns nicht zweimal<br />

sagen, der Seffer, dr Gottl und ich, da mußten wir hin!<br />

Hatten wir doch schon einmal beim Schmiedphilipp auf der<br />

Kälberweide am Burladinger Zehnten einen Kohlenmeiler<br />

gesehen Alte Kohlplatten gab es auch in Saya unter<br />

den Wäld ob Bräuneschmack gegen den St. Johannes<br />

und auf der Hagenwiese am Dannemer Weg oder Kernenwies,<br />

unterm Kohihäldele. und auf der Flur Ziegeihütte.<br />

So machten wir Achtjährige uns denn auf durch den Hohlweg<br />

Burladingen zu bis zu den Weilerwiesen und bei der<br />

großen Buche hinauf zwischen der alten und neuen Käppelestaig.<br />

Da fanden wir einige Männer mit dem Schmied beschäftigt,<br />

zwischen den Abraumhügeln ehemaliger Bohnerzgruben<br />

einen ebenen Platz von etwa 20 Metern herzurichten,<br />

der ziemlich windgeschützt war. Gleichzeitig wurde auch die<br />

Wohnhütte mit Lagerstatt für den Josef gebaut, teils in die<br />

Erde eingetieft und mit Brettern ausgeschlagen. Das Häuslein<br />

wurde mit einer Blähe in Dachform überdeckt. Dann<br />

schaffte man eine Menge Holz herbei, vor allem Hartholz<br />

in Scheiterform, auch Roller und Prügel. So konnte der Bau<br />

des Meilers beginnen. In der Mitte des Platzes wurde eine<br />

aufrechte Stange In die Erde gesteckt und darum die Hölzer<br />

aufrecht stehend rings angeordnet, so daß sich ein Holzstapel<br />

von etwa 2V2 bis 3 Meter Durchmesser und ebensolcher Höhe<br />

ergab, der sich oben kegelförmig zuspitzte. Um das Ganze<br />

legte man einen Mantel von Rasen, Erde und Moos, sodaß<br />

nur oben eine Art Kamin und unten an der Seite ein Anzündloch<br />

freiblieben. Als wir nach zwei Tagen wiederkamen,<br />

war der Meiler schon in Brand gesetzt und rauchte zu allen<br />

Fugen heraus.<br />

„Deet qualmets und ruichts uf zmol us em Wald,<br />

daß menger rnoit, s' brenn, ma mias sturma bald!<br />

Doch siicht ma koi Fuir, s' bleibt griabig und ruicht,<br />

a Rauchfah(n) ganz gstät iber da Burra num zuicht."<br />

Es war ein schweres Stück Arbeit für den Schmied und seine<br />

Helfer gewesen. Von der Güte der Abdichtung hängt nämlich<br />

der Erfolg des Verkohlens ab. Der Haufen darf glosten, aber<br />

niemals in Flamme brennen, da sonst statt der wertvollen<br />

Holzkohlen nur ein Aschenhaufen übrig bleiben würde. Deswegen<br />

muß der Meister nun Tag und Nacht auf dem Posten<br />

sein, sobald der Meiler brennt, und den Rauch überprüfen.<br />

Bald steigt er hier, bald dort mit einem Leiterlein hinauf,<br />

macht hier etwas Luft, dort wieder mit einem Wasenstück<br />

etwas zu, oder wirft Erde darauf, wenn das Feuer herausschlagen<br />

will, das die ganze Arbeit in Frage stellen würde.<br />

Das Essen muß man dem Schmied hinaufbringen. Nachts<br />

schläft er nur jeweils kurz in seiner Hütte, um gleich wieder<br />

nach dem Feuer zu sehen. Ein starker Regen oder ungünstiger<br />

Wind sind sehr unerwünscht aus begreiflichen Gründen!<br />

Es braucht nicht betont zu werden, daß wir Knirpse jede<br />

freie Minute beim Köhler verbrachten, seine Hütte inspizierten,<br />

da und dort mithalfen, so daß unsere Hände und<br />

Hosen entsprechend Zeugen unseres Eifers bildeten. Der<br />

Schmied sagte, er wolle sich ein wenig hinlegen. Wenn<br />

Feuer herausschlage oder wir heimgingen, sollten wir ihn<br />

wecken. Das haben wir auch vorgehabt, aber der Meister<br />

kam, bevor wir heim mußten.


34 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Nach etwa 2 Tagen und 2 Nächten — so genau weiß ich<br />

es nicht mehr — zeigten Probeöffnungen, daß das Holz alles<br />

verkohlt war. Der Wangerbalthes brachte ein ganzes Güllenfaß<br />

voll Wasser, das er aus dem Trog des Weilerbrunnens<br />

neben unserem Haus geschöpft hatte, und der Kohlhaufen<br />

wurde abgelöscht, nachdem er schon merklich in sich zusammengesunken<br />

war. Beim Abräumen kam eine Menge herrlicher<br />

großer und kleiner Stücke Holzkohlen zum Vorschein,<br />

wie wir sie als Ministranten auch zum Rauchfaß brauchten,<br />

oder die Mutter auf die Glut im Bügeleisen legte. Der Josef<br />

schaffte die reiche „Ernte" schmunzelnd heim. Der Vorrat<br />

mußte auf 1—2 Jahre reichen. Er reichte leider viel länger.<br />

Denn inzwischen brach der große Weltkrieg aus, und der<br />

Schmiedjosef mußte zum Militär einrücken. Fern in Frankreich<br />

hat dann unser anderer Nachbar, der Beiterhanne, sich<br />

nochmals als Militär-Köhler versucht. Dann war es endgültig<br />

bei uns in Ringingen mit dieser Kunst vorbei. Steinkohlen<br />

haben inzwischen die Holzkohlen überflügelt, auch<br />

elektrisches Schweißen weitgehend das uralte Schmieden des<br />

Eisens abgelöst.<br />

Ein altes Gewerbe starb damit aus, aber auch ein Stück<br />

Romantik. In Schluchten und Talklingen, wo sich die Abfuhr<br />

von Holz schwierig gestaltete, hat man bis zu Beginn unseres<br />

Jahrhunderts Köhlerei getrieben. Die leichten Erzeugnisse<br />

konnten bequem in Säcken herausgetragen werden. In<br />

Ringingen gab es schon 1404 den Familiennamen Kohler, der<br />

erst ums Jahr 1750 ausstarb. Der letzte hieß Judas Thaddäus,<br />

im Haus 93. In den Jahren 1735 bis 1737 sind aus den Herrschaftswäldern<br />

Ringingens 1571 Bergklafter Kohlen ins<br />

Thiergarter Bergwerk geliefert worden.<br />

3. Von der Köhlerhütte an der Kirchholzerstaig war nichts<br />

übrig geblieben als einige Bretter des im Boden steckenden<br />

Unterbaues. Als nun unsere Bubenkompanie dort in der<br />

Gegend 1915 „Manöver" abhielt und genug in den Erdlöchern<br />

herum mit Tannenzapfen geschossen hatte, wurde Friede<br />

geschlossen, und der Bau einer Friedenshütte in der Stille<br />

des Tannenwaldes ausbedungen. — Wann machen es die<br />

Völker und Staaten endlich auch so? —<br />

Von wem der großartige Plan stammte, diese im Dickicht<br />

des Burrenhaile oberhalb des Kohlplatzes auf vier Tannen<br />

zu errichten, ist leider nicht aufgeschrieben worden. Somit<br />

kann der Erfinder auch keinen Orden oder Denkmal erhalten.<br />

Aber die Tatsache bleibt jedenfalls bestehen, daß<br />

wir Buben neue Wege des Hausbaues beschritten. Zunächst<br />

wurde ein Gang durch das Gebüsch und Unterholz gehauen,<br />

einen „Hoopen" brachten wir natürlich mit. Der<br />

Gang konnte jedesmal mit mächtigen Dornheken geschlossen<br />

werden, so daß kein Unberufener ihn fand. Dann wurde<br />

mittels zweier dürrer, in der Nähe gefundener Tännchen eine<br />

Leiter konstruiert, die Sprissel nicht gebohrt, sondern aufgenagelt.<br />

Die paar Restbretter der Köhlerhütte wurden in<br />

l agelanger Schwerarbeit aus dem Boden gebuddelt und gaben<br />

auf vier angenagelten Bengeln in 4 Meter Höhe zwischen<br />

vier Tannen einen herrlichen Stubenboden unseres<br />

Neubaues. Wenn das der gute Schmid geahnt hätte!<br />

Die Wände und das Dach wurden aus Tannenästen gebildet,<br />

auf Bengei gehängt oder gelegt. Tagelang waren wir<br />

so beschäftigt, denn es blieben nur die schulfreien Stunden<br />

hierfür übrig, auch war ja der Anmarschweg in Rechnung<br />

zu stellen. Beim Weggehen wurde die Leiter in einer alten<br />

Bohnerzgrube im Tannendunkel in Sicherheit gebracht und<br />

der geheime Gang sorgfältig geschlossen. Ein Problem bildete<br />

die Bestimmung der Zeit, in der wir täglich unbedingt<br />

daheim sein mußten, um Weiterungen zu vermeiden. Zwar<br />

läutete der Mesner täglich um halb 5 Uhr für die Leute auf<br />

dem Felde „Feierabend", aber der Schauplatz unserer Heldentaten<br />

lag unglücklicherweise gerade weit hinter dem bewaldeten<br />

Nähberg, der selten den Glockenton zu uns gelangen<br />

ließ. Eines Tages trafen wir einen Holzfuhrmann und<br />

erfuhren, daß es schon Fütterungszeit sei. Also schleunigst<br />

heim! Auf der holperigen alten Staig aber stolperte ich und<br />

fiel so unglücklich auf die linke Hand, daß der Ballen eine<br />

Woche lang schmerzte und fast keine Arbeit zuließ. Gemerkt<br />

aber haben sie daheim nichts.<br />

Da mußte für die Zukunft vorgebaut werden, denn ein<br />

Zuspätkommen hätte unter Umständen unsere ganze Freiheit<br />

und damit unsere Pläne gefährdet. Eine Uhr besaß<br />

keiner von uns. So wurde Kriegsrat gehalten, was zu tun sei.<br />

Da fiel uns ein, schon von einer Sonnenuhr gelesen zu haben,<br />

die durch den wandernden Schatten die Zeit anzeige. Daß<br />

der Baumschatten immer in der sonnabgewandten Seite sich<br />

von Westen nach Norden bewege, hatten wir längst ernannt.<br />

Was bei einem Baume möglich war, mußte auch bei<br />

einem senkrechten Stäbchen gelingen. So haben wir daheim,<br />

wo eine Kontrolle an der Kirchenuhr möglich war, ein Brettchen<br />

waagrecht hingelegt, in dessen Mitte ein senkrechtes<br />

Stäbchen stak. Von Stunde zu Stunde zeichneten wir die<br />

Uhrzeit an dem durch das Stäbchen verursachten Schatten<br />

an. Die Länge des letzteren wechselte zwar beim Steigen<br />

und Sinken der Sonne, aber die Schattenrichtung stimmte.<br />

An einem Freitag beim Elfeläuten, das wegen des günstigen<br />

Windes auch im Burrenhaile hörbar war, wurde dort unsere<br />

Uhr in der Sonne ausgerichtet und funktionierte gut, aber<br />

eben leider nur, solange die Sonne schien. Auch dauerte die<br />

Herrlichkeit nicht lange. Denn eines Tages hat ein Ungeschickter<br />

unachtsam unser Uhrentäfelchen samt dem Zeiger<br />

zuschanden getreten! So mußten wir uns wieder ohne Uhr<br />

behelfen.<br />

4. Inzwischen war unsere Aufmerksamkeit auf eine bessere<br />

Ausrüstung gerichtet. Die Holzgewehre mußten überholt,<br />

die Säbel und Papphelme erneuert, Pfeil und Bogen<br />

hergerichtet, Wurfspeere neu gespitzt werden. Die Waffenfabrik,<br />

nämlich der Schneidstuhl in unserer unteren Stube<br />

oder Werkstatt kam fast nicht mehr zur Ruhe, die Manöver<br />

in Lexes Scheuerle und Krutzes Garten wollten kein Ende<br />

nehmen. Da tauchte ein neues Problem auf: Für Tapferkeit<br />

vor dem Feinde mußten auch notwendig Auszeichnungen beschafft<br />

werden. Da war guter Rat teuer. „Wir gießen einfach<br />

Eiserne Kreuze und Verdienstmedaillen aus Blei", schlug der<br />

Seffer vor. Und schon gings mit Feuereifer an die Vorbereitungen.<br />

Eine Medaille oder Gedenkmünze von 5 cm Durchmesser<br />

wurde in einer Rumpelkammer aufgestöbert. Die Inschrift<br />

paßte zwar nicht. Aber das nahmen wir nicht so tragisch.<br />

In einiger Entfernung von der Heldenbrust war sie ja<br />

doch nicht mehr zu lesen. Wir drückten die Medaille zwischen<br />

zwei Lehmbrocken ab, die nachher wieder zusammengefügt<br />

und oben mit einem Gußloch versehen wurden. Blei von<br />

alten Fenstern oder anderem Abfall fand sich auch, ebenso<br />

eiß altes Schmalzpfändle mit Stiel. So konnte man ans<br />

Gießen gehen. In Nähe unseres Baumhauses wurde ein<br />

Feuer zwischen Steinen entzündet, das Blei im Pfännle<br />

flüssig gemacht, die Lehmfoim aufgestellt und bald konnte<br />

das hellglänzende Metall hineingegossen werden. In der Aufregung<br />

und Sorge, ob es auch gelinge, haben wir manches<br />

verschüttet. Aber das konnte man wieder benützen. Anfangs<br />

wurde die Form auseinandergesprengt, bis wir sie in<br />

die Erde eingruben, daß sie nicht mehr weichen konnte. Da<br />

gelang der Guß! Nur das Entfernen des Gußkopfes blieb<br />

eine dauernde Schwierigkeit, denn unser Taschenmesser war<br />

nicht stark. Wenn oben von Abfall die Rede war, so handelte<br />

es sich vor allem um Ueberreste vom Bau der Wasserleitung<br />

vom Jahre 1911, wo wir ja täglich das Bleigießen<br />

bei Verbindung der Rohrmuffen mitgemacht hatten, chwieriger<br />

war die Herstellung einer Form für die Eisernen<br />

Kreuze, die aus Pappdeckel ausgeschnitten und dann in den<br />

Lehm wie vorhin gesagt abgedruckt wurde. Hei, wie die<br />

gelungenen Gußstücke dann im Lichte funkelten! Leider<br />

dauerte die Freude nicht lange. Schon nach Wochen hatte<br />

das Blei genau die stumpfe graue Farbe angenommen, wie<br />

es die Bleistücke vor dem Gusse zeigten.<br />

Zur größeren Sicherheit wurden die vier Tannenstämme,<br />

die unser Haus trugen, mit Stacheldraht und Karrensalbe<br />

„unpassierbar" gemacht. Allein durch den Verrat Jaköbles,<br />

der übrigens wie der Seffer im zweiten Weltkrieg dann<br />

jämmerlich zu Tode kommen sollte, erfuhren die Gegner im<br />

Unterdorf von unserer Baumfestung und um sie nicht<br />

in ihre Hände fallen zu lassen, haben wir sie eigenhändig<br />

„geschleift", wie zwei Winter zuvor unsere herrliche gotische<br />

Kirche aus Schnee ins Gregoris Garten.<br />

5. Schließlich wurden wir aber doch vom Pech verfolgt.<br />

Oder war es unser Glück?<br />

„Hoch grüßt aus den Wipfeln das alte Schloß;<br />

dort durften wir träumen von Ritter und Roß.<br />

Am mächtigen Turm und Graben umher,<br />

da spähten wir nach der Schwelher-Mär.<br />

Doch nicht mehr erschien uns der alte Mann,<br />

weil ja für die Sünden war Buße getan.<br />

So fühlten wir selbst uns als Ritter und Herr'n<br />

der Berge, der Wälder ums Dorf, nah und fern."<br />

Die vom Häuslein übrig gebliebene Leiter sollte im Herbst<br />

nochmal zu unrühmlicher Bedeutung kommen. Da wollten<br />

wir das alte Schloß auf dem Nähberg besteigen, dessen 15<br />

Meter hoher Turm nur mittels einer 7—8 Meter langen Leiter<br />

zu erreichen ist. Der Nähbergturm oder das Schloß des<br />

Kleinhansen Schwelher war einige Jahre zuvor plötzlich in<br />

den Mittelpunkt unserer Bubenphantasie gerückt, als unser<br />

Nachbar Gottlieb plötzlich einen alten Säbel vorwies, den er


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 35<br />

bei besagter Burgruine über dem Dorf gefunden haben<br />

wollte, worauf der Herr Lehrer sogar im Unterricht über<br />

den Wert und Anzeigepflicht von Altertümern zu uns sprach.<br />

Am Nachmittag führte der Finder unsere ganze Kameradschaft<br />

den Berg hinauf, wohlbewaffnet mit Stecken und<br />

Prügeln gegen einen dort angeblich herumstreunenden Fuchs.<br />

Gottlieb zeigte uns unter dem Schloßfelsen eine Nische, in<br />

der eine alte Zeitung lag und behauptete, hier habe er die<br />

Waffe gefunden. Wir räumten die ganze Nische aus, aber<br />

außer altem Laub, verfaultem Holz und Steinen fand sich<br />

nichts. Auf einmal merkte einer, wie der angebliche Finder<br />

verschmitzt lächelte. „Du schwindelst uns a(n)!" sagte er ihm<br />

auf den Kopf zu, und nach anfänglichem Leugnen mußte er<br />

zugeben, daß er uns alle am Narrenseil herumgeführt hatte.<br />

Sein älterer Bruder gestand auch, der Säbel sei schon immer<br />

in ihrer Stubenkammer auf dem Kleiderkasten herumgelegen<br />

und habe wohl früher zum Theaterspielen und<br />

zum Stutzen des Heckenzaunes ihres Gartens gedient.<br />

Diesmal aber war es kein Spaß, wie wollten die Burg<br />

besteigen! Der Seffer hatte bei seinem Metzgervetter einen<br />

alten Leiterbaum gefunden, ein zweiter wurde aus einer abgestandenen<br />

Tanne fabriziert, die Sprossen aus Prügeln<br />

draufgenagelt bzw. eingesteckt und mit vereinten Kräften<br />

In der ehemals frei-reichsritterschaftlichen Stadt Gammertingen<br />

tobte im 17. Jahrhundert zwischen der Spethschen<br />

Standesherrschaft und den Bürgern ein erbitterter<br />

Kampf um Zehnten, Fronen, Weideplätze, Weid- und Jagdgerechtigkeiten.<br />

Ein volles Jahrhundert dauerte dieser verspätete<br />

Bauernkrieg, und wir erhalten dabei tiefen Einblick<br />

in die armen Lebensverhältnisse der Einwohner. Die rohen<br />

Sitten des 30jährigen Krieges brachten es mit sich, daß der<br />

Kampf oft in rauhe Formen ausartete. Einige Bürger, die<br />

um das Jahr 1655 auf Seiten der Herrschaft blieben, und<br />

zwar Schultheiß Hans Michael Reiser, Christof Hanner, Peter<br />

Kaus und der Schulmeister Hundersinger, bekamen die<br />

Schärfe des Kampfes zu spüren. Das Wohnhaus des Peter<br />

Kaus stand unten am Hummelberg. Während einer Nacht<br />

luden Gammertinger Bürger einen bei der herrschaftlichen<br />

Mühle lagernden Mühlstein auf den Wagen und beförderten<br />

ihn auf die Höhe des Berges. Von dort ließen sie den schweren<br />

Stein den Berg hinabrollen, um das Haus des Peter<br />

Kaus zu zerstören. Die Stadt gab dem Schulmeister Hundersinger<br />

keinen Lohn mehr, beraubte ihn mitten im Winter<br />

des Brennholzes und verlangte, daß er mit seinem Weib und<br />

seinen 6 Kindern Gammertingen verlassen müsse. Als Hundersinger<br />

sich weigerte, dieser Forderung nachzukommen,<br />

fuhren 2 Wagen vor, und Gammertinger Bürger luden die<br />

mit Gewalt abgebrochenen Betten, Kasten usw. auf die<br />

Wagen und fuhren damit nach Pfronstetten, woselbst die<br />

Möbel im Speth'schen Schlosse abgeladen wurden. Alles<br />

Bitten Hundersingers blieb vergeblich, Gammertingen stellte<br />

einen neuen Schulmeister an. Gegen Schultheiß Reiser, Christof<br />

Hanner und Peter Kaus wendeten die Gegner noch ein<br />

eigenartiges Kampfmittel an, das Pfählen.<br />

Sie schlugen in den Hofplatz vor dem Hause einen Pfahl,<br />

den Bannpfahl. Dem Schultheiß blieben Roß und Vieh in<br />

den Stall gebannt. Er durfte die Tiere nicht mehr zum<br />

Tränken an die Lauchert treiben und nicht mehr zum Ziehen<br />

benützen. Reiser kaufte in Neufra Heu, konnte es aber<br />

Die Vorgeschichte der Auffindung unseres jüngsten Bisinger<br />

Alemannenfundes ist die heute leider allgemein übliche.<br />

Ein Bagger walzt auf der ihm vorgeschriebenen Strecke<br />

seine Bahn und reißt mit seinem allesfressenden Eisenmaul<br />

rücksichtslos die ihm vorgeschriebene Form aus der bergenden<br />

Erde. Aufenthalt, Hemmnis oder gar längere Unterbrechung<br />

darf es nicht geben im Zeitalter der Technik. Umso<br />

dankbarer sind wir daher den Gemeindearbeitern unter<br />

ihrem Vormann A. Hodler, daß durch ihre Aufmerksamkeit<br />

die vom Bagger herausgerissenen hauptsächlichsten Grabbeilagen,<br />

ja in der Folge noch neue Funde gemacht und<br />

geborgen werden konnten.<br />

Im allgemeinen liegen die Gräber unserer alemannischen<br />

Vorfahren pietätvoll gebettet in 1 bis iy2 m Tiefe; diese<br />

Gräberstätte aber wurde schon oben in der unteren Humusschicht<br />

direkt unter dieser angefahren, ihr tiester Punkt lag<br />

38 cm unter der heutigen Grasnarbe. Daher unterlagen auch<br />

die Arbeiter zunächst der Vorstellung, in den aus der Gra-<br />

Vom Pfählen<br />

Neuer Bisinger Alemannenfund<br />

die Leiter unter Stöhnen und Seufzen aufgerichtet. Aber sie<br />

war zu kurz, die Eingangsschwelle des Bergfrieds zudem<br />

bröckelig. Der Seffer wird ins Dorf geschickt, um von seinem<br />

Vater, der Maurer war, einige Ristseiler zu holen. Vier<br />

Mann rückten aus aufs Burrenhaile, um die dort versteckte<br />

kleine Leiter beizuschaffen. Flugs banden wir beide zusammen,<br />

aber jetzt waren sie zu schwer für unsere Kinderarme.<br />

Alles Bemühen, sie aufzurichten, schlug fehl. Selbst<br />

die Zuhilfenahme einer Astgabel, wie sie sonst auch die<br />

großen Leute benützten, war umsonst. Den ganzen Nachmittag<br />

werkten und würgten wir an der Leiter herum. Sie<br />

war einfach nicht hochzukriegen, höchstens ein Stück weit<br />

an der Mauer. Das Läuten der Feierabendglocke setzte unseren<br />

Bemühungen ein jähes Ende. Schnell wollten wir sie<br />

im Dickicht in Sicherheit bringen, und einer zog rasch am<br />

unteren Ende. Sie plumste schwer zur Erde über einer<br />

Desche, so daß der alte Leiterbaum in der Mitte abbrach!<br />

Jetzt war alles verloren. Wir machten die Seile ab und<br />

eilten den Berg hinab ins Dorf. Am andern Tag aber war<br />

das Unglück voll: ein Unbekannter hatte beide Leitern zu<br />

Brennholz vermacht und weggeschafft. Aber vermutlich bedeutete<br />

dies doch ein Glück für uns, weil es Schlimmeres<br />

verhütete! Krs.<br />

mit seinen Pferden nicht holen. Auch der Schafauftrieb nach<br />

Feldhausen blieb ihm verboten. Als der Schultheiß heimlich<br />

zum Pflügen hinausfuhr, spannten ihm die Gegner die Tiere<br />

draußen auf dem Feld vom Pflug ab und trieben sie in ihren<br />

Stall. Die Obrigkeit betonte immer wieder, daß sie die Bannung<br />

der Felder nie zugeben könne, da die Untertanen als<br />

leibeigene Leute ein solches Recht auch nach altem Herkommen<br />

nicht haben können.<br />

Dieses eigenartige Kampfmittel wird in der langen Gammertinger<br />

Geschichte nur dieses eine Mal urkundlich erwähnt.<br />

Es dürfte wohl ein Stück alten Volksrechtes aus der<br />

Alemannenzeit darstellen, das sich bei Ernte- und Feldbestellungsarbeiten<br />

verhängnisvoll und ungemein schädigend<br />

auswirkte. (Wer kennt ähnliche Fälle in Hohenzollern über<br />

Bannung von Stall und Feld?) W.<br />

Fechtende Handwerksburschen<br />

Unsere Sprache ist eine lebende Sprache. Erscheinungen<br />

des täglichen Lebens führen dem Sprachschatz neue Worte<br />

und Sprachbilder zu. Im Laufe der Jahre wandeln manche<br />

Wörter ihre ursprüngliche Bedeutung, vielfach erfahren sie<br />

eine Verallgemeinerung.<br />

Gemäß den Zunftordnungen mußten alle Handwerksgesellen<br />

die Heimat verlassen und sich in der Fremde weiterbilden.<br />

Nach dem 30jährigen Kriege war es für Gesellen oft<br />

nicht möglich, eine handwerksmäßige Beschäftigung zu finden.<br />

Manche Handwerksburschen lernten die Kunst des<br />

Fechtens und zeigten ihre erreichte Fertigkeit in Stadt und<br />

Land vor den Türen. Anschließend baten sie um eine kleine<br />

Gabe. Das Wort „fechtende" Handwerksburschen übertrug<br />

sich dann auf alle „walzenden" (wandernden) und um eine<br />

Unterstützung bittenden Gesellen. Hierdurch erhielt das<br />

Wort „fechten" den Sinn von betteln. Heute sind die „Fechter"<br />

(Fäachter) selten geworden.<br />

benwand herausragenden Eisenteilen alte Faßreifen vor sich<br />

zu haben, denen sie dann auch die entsprechende Behandlung<br />

zuteil werden ließen. Dann zogen sie die noch in der<br />

Wand steckenden, infolge dieser Behandlung leider nun abgebrochenen<br />

Reste heraus, und nun nahmen die ärgerlichen,<br />

hinderlichen Dinge die Form alter Waffen an. Diese kamen<br />

über Ortsbaumeister Ruhland an den Vorsitzenden des Heimatvereins<br />

Bisingen-Steinhofen, Rektor Zimmermann, und<br />

eine daraufhin angesetzte Besichtigung der Oertlichkeit ergab<br />

aus der westlichen Grabenwand hervorstehende Knochen,<br />

und zwar Unterschenkelknochen! Sollte nicht alles<br />

verdreht, d. h. ein Alemanne einmal gegen W bestattet sein,<br />

so mußte das Grab gestört, verrutscht oder die Beigaben<br />

hangabwärts gewandert sein, denn unterhalb der Füße<br />

wurde noch nie die gesamte Bewaffnung eines Alemannen<br />

gefunden. Diese Vorgänge wären erklärlich: Die Grabstätte<br />

liegt dicht an einem Feldweg, und so manche schwere Fuhre<br />

mag im Laufe der Jahrhunderte die Beigaben von ihrer ur-


36 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

sprünglichen Liegestatt wegdrückend dicht daran vorbei oder<br />

darüber hin gefahren sein, und gleich jenseits des Feldweges<br />

geht es zunehmend steil an den eng benachbarten<br />

Eibach hinab, der sich hier etwa 8 bis 10 m tief eingefressen<br />

hat. Dadurch wurde die Abtragung am Hang „Auf der<br />

Halde" durch Wind und Wetter wesentlich erhöht, und die<br />

Grabstätte wanderte auf diese Weise langsam auf ihre heutige<br />

„Höhenlage" empor.<br />

Mit modernen Mitteln ausgeführte Bauarbeiten und Gräber,<br />

besonders Gräber mit solchen Beigaben, wie sie dann<br />

zu unserer dankbaren Freude zu Tage kamen, vertragen<br />

sich nun schlecht. Daher wurde sofort, des Sonntags an die<br />

Freilegung des Grabes gegangen. War nun das Auffinden<br />

eines Alemannengrabes in der SW-Flanke des alten Dorfkernes<br />

an sich schon überraschend, so sollte weiterhin noch<br />

manche Merkwürdigkeit erscheinen.<br />

Im Verfolgen des Skelettes kam zuerst eine stark patinierte<br />

Scheibe zum Vorschein, die sich dann als auf dem<br />

Grund eines Täschchens liegende Münze entpuppte. Daneben<br />

lag eine durchlochte Gagatperle, und weiter oben in 17 cm<br />

Abstand ein Eisenring mit Dorn in dickem Ledermulm liegend.<br />

Dicht über und 3 cm oberhalb des linken Kniees lag<br />

eine gut erhaltene Knebeltrense. Täschchen sind Frauenbeigabe,<br />

Waffen und Trensen solche eines Mannes. Im weiteren<br />

Verlauf der Freilegung ergab sich dann, daß das durch den<br />

Bagger herausgerissene Grab ein Männer-, das im Verfolgen<br />

des Skelettes freigelegte ein Frauengrab, die Grabstätte also<br />

ein Doppelgrab war. Mit der Lage der Trense stimmt die<br />

Aussage der Arbeiter überein, die Waffen seien in der Grabwand<br />

nur wenig höher gesteckt, als dann später beim Ausputzen<br />

derselben die Knochen zum Vorschein gekommen<br />

seien. Da die gegenüberliegende Grabenwand keinerlei<br />

Spuren einer Bestattung mehr zeigte, mußte das Männerskelett<br />

etwa mit der Beckengegend über den Füßen der Frau<br />

gelegen sein. Eine darüber mehr aussagende Beobachtung<br />

konnte leider nicht gemacht werden: Es fanden sich nur<br />

dürftige Reste des sehr hoch gelegenen, daher der Verwitterung<br />

und Zerstörung in stärkstem Maße ausgesetzten<br />

Männerskelettes.<br />

Das Skelett der Alemannenfrau dagegen war etwas besser<br />

erhalten. Am besten der Unterkiefer, einige Wirbelknochen,<br />

die linke Hand und natürlich die Arm- und Beinknochen,<br />

letztere aber durch das Gewicht des darüber hinweggewalzten<br />

Baggers vielfach zerbrochen, so daß kein Stück als<br />

Ganzes geborgen werden konnte. Immerhin ließ die Feinheit<br />

der Röhrenknochen, besonders aber der Hände und der<br />

Beckenbefund einwandfrei die Feststellung eines Frauenskelettes<br />

zu, ganz abgesehen von den weiteren Grabbeilagen.<br />

Es stand nun beim freigelegten Skelett die Länge Becken-<br />

Schultergürtel in keinerlei Verhältnis zur Länge Becken-<br />

Beine (erstere 90 cm, letztere 21 cm). Der Länge des Oberschenkels<br />

entsprechend sollte die Gesamtlänge des Frauenskelettes<br />

etwa 1,65 bis 1,70 m betragen haben. Der Fundbericht<br />

sagt hierüber:<br />

Auffallend ist 1.) das Mißverhältnis in der Länge Beine/<br />

Becken zum Oberkörper; 2.) das Tieferliegen der Oberkörpermitte<br />

gegenüber Hals/Kopf und Becken/Beinen; 3.) die<br />

eigentümliche Abwärtsrichtung der Rippen; 4.) lagen die<br />

Halswirbel nicht in gerader Verlängerung der unteren Körpermitte,<br />

sondern nach rechts verschoben und 5.) die eigenartige<br />

Verschiebung der Wirbelsäule vom 5. Lendenwirbel<br />

an aufwärts: dieser und die vorhergehenden 4 Lendenwirbel<br />

einmal über die Hälfte ihres Halbmessers nach rechts hin<br />

verlagert und dazu noch staffelweise tieferliegend, soviel<br />

bobachtet werden konnte nach oben zunehmend bis gegen<br />

1 h ihrer Stärke. — Schließlich sind noch die Einbettungsverhältnisse<br />

zu beachten: Warum lag der Schädel auf einer<br />

dort durchgehenden und beiderseits des Grabes wieder vorspringenden<br />

Kalksteinlage von 9 bis 12 cm Mächtigkeit auf<br />

(eben der Betrag des Tieferlegens des Oberkörpers!), während<br />

diese vom Hals an abwärts offenbar aus Anlaß der<br />

Bestattung herausgenommen worden war?<br />

Schade, daß vom 3. Halswirbel an bis hinunter zum 2.<br />

Lendenwirbel die ganze Wirbelsäule mitsamt den Gelenkköpfen<br />

der Rippen und auf der rechten Körperseite diese<br />

selbst zumeist völlig aufgelöst und verschwunden waren.<br />

Eine in diesem Falle sicher längere Zeit nach der Bestattung<br />

stattgehabte Verformung des Skelettes durch Druck von<br />

oben oder den Seiten vermag deshalb keine Erklärung zu<br />

geben, weil keinerlei Verschiebung der ganzen Armknochen<br />

und des Schultergürtels, kein Bruch derselben, weder einfacher<br />

noch sperriger Art beobachtet werden konnte, der<br />

Teile derselben nach der Seite oder Tiefe verlagert hätte. Für<br />

eine krankhafte Veranlagung nach Art der Kyphoskoleose<br />

(Schiefrückigkeit) geben die erhaltenen Wirbel keinen Beweis.<br />

Allem Anschein nach hat sich die Alemannenfrau beim<br />

Tode infolge großer Schmerzen zusammengekrümmt, und<br />

die Bestattung erfolgte innerhalb der folgenden 24 Stunden,<br />

also bei noch bestehender Leichenstarre.<br />

Erfahrungsgemäß liegen die Gräber der Alemannen nicht<br />

genau in einer Geraden, wie diejenigen unserer Friedhöfe.<br />

Sie sind so gerichtet, daß die Füße nach O weisen, das Gesicht<br />

des Toten der aufgehenden Sonne entgegengerichtet ist.<br />

Aus der jeweiligen Grabrichtung (Abweichungen von der<br />

OW-Linie) läßt sich ungefähr die Zeit der Bestattung ablesen:<br />

unser Frauengrab liegt OSO gerichtet, woraus sich als<br />

Bestattungszeit etwa Mitte Frühjahr oder Herbst ergibt.<br />

An Grabbeigaben der Frau wurden noch gefunden an der<br />

Innenseite das Proximal = (zum Körper zeigenden) Gelenkkopfes<br />

des rechten Unterschenkels ein kleineres Messer, an<br />

der Außenseite des Distal- (vom Körper zeigenden) Gelenkkopfes<br />

des linken Oberschenkels ein Hausschlüssel mit Ring<br />

und ein Steckschlüssel lose in einem Eisenringe steckend;<br />

am Grundglied des linken Ringfingers fanden sich je ein<br />

geschlossener und ein offener Ring aus Bronzedraht dicht<br />

beieinanderliegend und unter dem Ringfinger ein etwas<br />

längeres und schmaleres Messer in die tote Hand so eingeschoben,<br />

daß die Knochen des kleinen Fingers unter, die des<br />

Ringfingers auf und die des Mittelfingers neben dem Messer<br />

lagen. Beim Abheben des Kreuzbeines kam unter diesem<br />

eine ovale eiserne Schnalle mit Dorn in ockerfarbenem Ledermulm<br />

zum Vorschein und dicht darunter ein schmales,<br />

sehr dünnes zerbrochenes Bronzeplättchen, letzte Zeugen des<br />

(ledernen?) Hüftgürtels der Frau, an dem auch einst das<br />

Täschchen hing.<br />

Wenn die Münze den wichtigsten (Zeitbestimmung des<br />

Grabes) Fund darstellt, so die Perlenkette den schönsten. Die<br />

größten und schönsten Glas- und Bernsteinperlen der Kette<br />

lagen auf einem Häufchen beisammen der linken Brustseite<br />

zu, etwa 5 cm halswärts und ein wenig tieferliegend ein<br />

zweites Häufchen größerer und besonders gestalteter und<br />

gefärbter Glas- und Bernsteinperlen zusammen. Aus diesem<br />

Grunde wurde beim Zusammensetzen der Kette diese als<br />

Doppelkette wieder neu gefaßt. Die Halskette bsteht aus 14<br />

Bernsteinperlen, 134 erhaltenen Glasperlen und der Perlmutterschale<br />

eines kleinen Austerchens. Mehrere Perlen<br />

waren von Baumwurzeln durchbohrt und zersprengt, konnten<br />

aber wieder zusammengeklebt werden. Beim Zählen der<br />

Perlen sind die (bis zu 5 Einzelgliedern) zusammenhängenden<br />

Kleinstperlen (Perlenröhren) als 1 Perle gezählt worden.<br />

Vorhanden sind noch die Reste einer mittelgroßen, weißen<br />

Glasperle, diejenigen von 5 gelben und 1 grüner Kleinstperle,<br />

die Hälfte einer kleinen Bernsteinperle und las Bruchstück<br />

einer Verschlußperle. Zu Mehl zerfielen beim Herausnehmen<br />

1 grüne und 2 gelbe Kleinstperlen. Den 149 erhaltenen<br />

Kettenteilen entsprachen also mindestens 161 ursprüngliche,<br />

wobei die eine oder andere Kleinstperle trotz<br />

größter Sorgfalt beim Bergen doch verloren gegangen sein<br />

mag. Die größte Bernsteinperle ist schön klar, 4,5 cm lang<br />

und gegen 3 cm breit; die übrigen kleineren bestehen zur<br />

Hälfte aus Rindenstücken und sind sehr brüchig. Die große<br />

Mehrzahl der Bernsteingaben zeigt neben muscheligem<br />

Bruch, der beim Lossprengen der Stücke aus größerem Verbände<br />

auftritt, noch Politur, d. h. Schliff. Die Kanten sind<br />

überall gebrochen, nirgends findet man scharfe Grate oder<br />

Ecken. Ein geschliffenes Rindenstück, in seiner Größe das<br />

Gegenstück zur größten, klaren Bernsteinperle, steht mit<br />

seiner gelben, aus dunkelbraunem Grund hell abstechenden<br />

Schieren effektmäßig neben den Millefioriperlen. Ein scheibenförmiges,<br />

sehr flaches, in seiner Längserstreckung durchbohrtes<br />

rotes Bernsteinstück läßt bei der Sprödigkeit des<br />

Stoffes erkennen, daß die Durchbohrung der Bernsteinperlen<br />

nicht durch einen Bohr-, sondern einen Schmelzvorgang<br />

vermittels eines heißen Drahtes bewerkstelligt sein muß.<br />

Etwa Va der Glasperlen sind siena-braun die übrigen, jeweils<br />

in geringerer Anzahl, sind ockergelb, schwefelgelb,<br />

kobatblau, chromgrün, weiß und rot. Eine einzige braune<br />

Klein- und eine blaue Kleinstperle zeigen noch den ursprünglichen<br />

Glasglanz, alle anderen sind durch Verwitterung<br />

mehr oder minder angefressen und stumpf, die<br />

Farbe jedoch ist noch immer kräftig. Deren Wirkung wird<br />

noch erhöht durch die Form der Perlen: doppelkonisch flache<br />

wechseln mit doppelkonisch hohen, faßförmige mit zylindrischen,<br />

scheibenförmige mit ringförmigen ab. Besori -'.is<br />

ins Auge springt eine rauchgraue, fast durchsichtige Perle<br />

von „Gugelhupf-Form"; sie war umgeben von 2 doppelkonisdien<br />

großen grünen Flachperlen, 2 sienabraunen


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 37<br />

Augenperlen, deren blaue auf weißem Grund liegende Augen<br />

umgeben waren von je 4 schwefelgelben Punkten; zusammen<br />

mit 2 schönen Millefiori- und den beiden großen Bernsteinperlen<br />

bildeten sie das untere Perlenhäufchen, offenbar<br />

als auffallendste, größte und schönste Stücke an entsprechender<br />

Stelle getragen. Genau so ist es mit dem oberen Perlenhäufchen,<br />

nur daß hier die Perlen etwas kleiner und in<br />

ihrer Farbtechnik schlichter sind. Im Grabe lagen die übrigen<br />

Perlen im ganzen Brustraume des Skelettes verteilt, der<br />

größere Teil war nach rechts gerutscht, was wiederum auf<br />

die individuelle Besonderheit des Leichnams hinweist, denn<br />

sehr früh haben sich die Perlen verlagert, beim Verwesungsvorgang,<br />

der auch ihnen den Halt nahm durch Zerstörung<br />

des Wolle- oder dünnen Flachsfadens, an dem sie<br />

aufgereiht waren.<br />

Dieses Grab mit seinen Beigaben bedeutet für unsere Bisinger<br />

Sammlung einen besonders wertvollen Fund, da uns<br />

bisher außer einer Bronzenadel noch nichts aus einem<br />

Frauengrab zugekommen ist. Daß uns gleich das erste so<br />

reichlich frauliche Geräte und Schmuck lieferte, ist mit der<br />

Schmuckmünze und der durch sie wohl möglichen genaueren<br />

Datierung des Grabes zusammen schon ein außerordentlicher<br />

Glücksfund. Wir erkennen aber auch im Verein mit den<br />

Beigaben des Männergrabes, daß hier ein Paar eingebettet<br />

lag, das mindestens zu den wohlhabenderen und bedeutenderen<br />

der Gegend gehört haben mag.<br />

Dem herrlichen Schmuck der Frau entsprachen ganz die<br />

Beigaben im Männergrab. Nur ein kraftvoller, stolzer und<br />

selbstbewußter freier Bauernkrieger mag die größten und<br />

schwersten Waffen sein Eigen genannt und im Kampfe geschwungen<br />

haben. Wenn bei all unseren bisherigen Gräberfunden<br />

nur kurze Wurfsaxe und ein Langsax geborgen werden<br />

konnten, so enthielt dieses Grab einen Scramasax, die<br />

überlange germanische Beidhänderwaffe, die schwerste, gewichtigste<br />

und furchterregendste jener Zeit; daneben eine<br />

leider nicht vollständige Spatha mit Parierstange am Griff.<br />

Eine trotz abgebrochener Tülle (gegen 20 cm dürften fehlen)<br />

46,5 cm lange und sehr schmale Speerspitze und ein stark<br />

zerfressener und zerbeulter Schildbuckel vollenden die Bewaffnung,<br />

soweit sie gefunden wurde. Zum Wehrgehänge<br />

mögen gehört haben ein Bronzeknopf mit einer Lasche unter<br />

dem pyramidenförmigen Kopf und einer seitlichen Platte<br />

mit 2 kleinen Nieten und eine stilbertauschierte, seitlich<br />

gezackte Eisenplatte mit größeren Bronzenieten, das Ganze<br />

an einem halbkugeligen hohlen eisernen Kopf, über den ein<br />

dornartiger Bügel läuft, und mit einer anscheinend bronzenen,<br />

3,6 cm langen Spange auf der Plattenunterseite; diese<br />

letztere und der Hohlraum zwischen Kugelkopf und ge-<br />

schwungenem Dornbügel war dick voller Ledermulm. Zur<br />

Scheide sicher des Scramasaxes gehört als Versteifung ein<br />

Eisenband von 4,5 cm Breite und 21,4 cm erhaltener Länge<br />

mit auf dieser Erstreckung 3 deutlich sichtbaren Durchbohrungen.<br />

Schließlich sei noch eine große „Perle" gefunden<br />

worden, die leider den Arbeitern aber wieder verloren ging,<br />

sicher einer der Knaufe der Spatha oder des Saxes, die<br />

gerne mit einem Stück gefärbten Glases, ja sogar Edelsteinen<br />

geschmückt wurden.<br />

Bedauerlich, daß dieser Teil des Doppelgrabes nicht beobachet<br />

werden konnte und uns dadurch sicher manche<br />

Stücke verloren gegangen sind. So zeigt der Scramasax auf<br />

seiner linken Seite in seinem Unterteil 2 ringförmige Patina-Belage,<br />

deren Mittelpunkt haargenau 2 Durchbohrungen<br />

des Eisenbandes der Scheidenrückenseite entsprechen: dort<br />

sind um die mit Birkenrinde gewöhnlich umwickelte Scheide<br />

schmale Stoff- oder Eisenbänder (kein Patinaspur!) als<br />

äußerer Halt umgelegt gewesen, die auf der Außenseite mit<br />

Bronzenieten zusammengehalten wurden, denen ihrerseits<br />

wieder bronzene Zierscheiben aufgesetzt waren. Diese Scheiben<br />

und sicher noch andere Kleinstücke, z. B. das Ortsband<br />

der Saxscheide, sind nicht gefunden worden.<br />

Von einem Stein- oder Holzsarg, von einer Bettung der<br />

Toten auf Heu, oder von Holzgeräten, die oft noch Nahrungsreste<br />

enthalten, war nichts zu beobachten. Letztere sind<br />

sicher vergangen und Steine mögen aus dem Acker oder<br />

Wiesengrund entfernt worden sein, als sie durch die Abtragung<br />

der Oberfläche zu nahe kamen. Aber wie überall,<br />

wo immer man auf Alemannengräber stoßen mag, zeugt<br />

auch diese Grabstätte von dem kindlich schlichten, frommen<br />

Glauben unserer Vorfahren. Drüben im Jenseits braucht der<br />

Tote all die Habe des diesseitigen Lebens. So gibt man ihm<br />

seinen Schmuck, seine Waffen und Gerätschaften, den Stolz<br />

seines diesseitigen Lebens mit, auch Speise und Trank, ja<br />

Licht für den Weg ins Totenreich.<br />

Nochmals danken wir den Arbeitern der Gemeinde, deren<br />

Wachsamkeit uns einen weiteren, tieferen Blick eröffnete in<br />

die Frühgeschichte unserer Ortschaft, in die Zeit etwa des<br />

6. bis 7. Jahrhunderts, als unsere alemannischen Vorfahren<br />

zumeist noch als freie Bauern ihre Aecker bestellten, jederzeit<br />

bereit, den Pflug mit dem Schwert zu vertauschen, jederzeit<br />

bereit, ihre und der Ihren Freiheit mit der Waffe zu<br />

schützen, und gar mit solchen Waffen, wie sie uns dieses<br />

Grab bescherte! — Kein Wunder, wenn die Franken diesen<br />

Bauernkriegern in ihren stolzen holzgebauten Herrenhöfen<br />

drüben in den „Stein-Höfen" eine Wache vor die Nase<br />

setzten. Walther Reiff.<br />

Unsere Hohenzollerische Heimatbücherei in Hechingen<br />

hat ihr drittes Jahrzehnt hinter sich gebracht<br />

In dieser Zeit gab sie 7334 Bände an 1751 Entleiher aus.<br />

Im Durchschnitt der letzten zehn Jahre entnahmen je Jahr<br />

75 Benützer 300 Bände.<br />

Die HHB begann bald nach Ostern 1928 mit 25 Landkarten<br />

und 20 Büchern zur Geschichte und Landeskunde Hohenzollerns<br />

und hat heute einen Bestand von etwa 12000 Bänden<br />

und Bändchen aller Größenordnungen, einige Hunderte<br />

Kartenblätter, zahlreiche Landschafts- Orts- und Personenbilder<br />

und viele Tausende Einblattdrucke, Zeitungs- und<br />

Zeitschriftenaufsätze, Zeitungsausschnitte und Gelegenheitsdrucke.<br />

In ihrer Aufmachung, sachlichen Erschließung und<br />

Unterbringung im Hechinger Landratsamt kann sie sich<br />

sehen lassen als Ergebnis einer Zusammenarbeit aller dazu<br />

Berufenen und vieler treuen Freunde.<br />

Und wie ist dies alles zustande gekommen?<br />

Nach dem Jahre 1918 wurde in den preußischen höheren<br />

Schulen monatliche Pflichtwandertage eingeführt, die wohl<br />

pflichtgemäß eingehalten, aber meist planlos durchgeführt<br />

wurden. Man machte eben einen Ausflug! Erst seit der Reform<br />

der höheren Schulen 1924/25 wurde verlangt, die Wandertage<br />

überall und bewußt dem Schulunterricht, und damit<br />

in erster Linie der Heimatkunde dienstbar zu machen. Das<br />

bedeutete für die Fachlehrer der verschiedenen Richtungen<br />

ein Einarbeiten in die Geschichte, Natur und Kultur ihres<br />

Wirkungskreises; vor allem die „landfremden" Lehrer mußten<br />

sehen, wie sie damit fertig wurden.<br />

Der Verfasser regte daher an, das heimatkundliche Material<br />

der Lehrerbücherei des Hechinger Realgymnasiums im<br />

Lehrerzimmer zu einer stets greifbaren „Wanderbücherei"<br />

zusammenzustellen. Das geschah im Herbst 1927. Bei der<br />

Entlassungsfeier der Abiturienten zu Ostern 1928 nahm der<br />

Verfasser als Klassenlehrer die Gelegenheit wahr, unter dem<br />

Titel „Heimatkunde und Heimatschutz" die Schulgemeinde<br />

mit seinen Gedanken über die Notwendigkeit der Schaffung<br />

einer Hohenzollerischen Heimatbücherei vertraut zu machen<br />

und Wege zu weisen, wie man das durchführen könne. Die<br />

Hechinger Zeitungen brachten die Ansprache im vollen<br />

Wortlaut (vgl. Zoller vom 7. 4. 1928).<br />

Im Somer 1928 begannen wir mit dem Sammeln der Literatur<br />

in den Heimen der Schüler und ihrer Verwandten,<br />

auch bei Behörden und sonstigen Gönnern. Im Sommer<br />

1929 verteilte das Realgymnasium an die Familien in Stadt<br />

und Land durch die Schüler ein von Direktor und Lehrkörper<br />

unterzeichnetes Flugblatt mit einem Sammelaufruf —<br />

und bald kamen viele Druckschriften aller Art herein und<br />

wurden in die HHB eingestellt. Bei der Inventarisierung<br />

wurde gleich eine Kartei angelegt, die neben dem Verfassernamen<br />

auch Stichwortkarten erhielt, um das ganze Material<br />

der schnellen Auffindung zu erschließen. Es wurden auch Verfahren<br />

gefunden, um die im äußeren so unterschiedlichen<br />

Stücke und Blätter in eine bibliothekmäßige handliche Form<br />

zu bringen. So wuchs unsere Bücherei — und sie wurde benutzt.<br />

Es sprach sich herum, wo man Rat und Stoff für<br />

heimatkundliche Studien finden konnte.<br />

Etwa um die gleiche Zeit, als das Realgymnasium seine<br />

Heimatbücherei aufbaute, bemühten sich die in Hechingen<br />

gebürtigen Geschwister Dr. med. Ernst Senn/Konstanz und<br />

Frau Irene Wiedel-Senn in Berlin in jahrelanger Arbeit um<br />

die Schaffung einer Hohenzollerischen Bibliographie und


38 HOHENZOLLE ISCHE HEIMAT lahrg^E <strong>1959</strong><br />

sammelten zugleich etwa im selben Rahmen wie wir alles,<br />

was nur irgendwie „zollerisch" war. Sie planten die Gründung<br />

einer Hohenzollerischen Landesbibliothek, die in Sigmaringen<br />

entstehen sollte. Die Sache kam nicht zustande,<br />

es fand sich in Sigmaringen kein Träger für das neue<br />

Institut. Aber Berge von Material hatten die Senns schon<br />

beisammen und traten an unsere HHB heran, um ihren<br />

Bestand unter dem Namen einer „Sennschen Stiftung" mit<br />

dem unsrigen zu vereinen. Das geschah im Jahre 1930. Die<br />

Geschw. Senn brachten neben ihren Druckschriften einen<br />

großen Bestand an Landschafts- und Personenbildern mit<br />

und sammelten unentwegt und erfolgreich weiter für uns.<br />

Die Eltern, Justizrat Senn und Gattin in Hechingen gaben<br />

noch eine Kapitalstiftung von 1000 Mark dazu! Seit 1931<br />

bekam unsere Bücherei von Kreis und Stadt Hechingen einen<br />

Jahreszuschuß zur Bestreitung ihrer laufenden Unkosten.<br />

Hie und da kam auch einmal von einem Spender ein größerer<br />

Geldschein für Ankäufe hinzu, die dankbar angenommen<br />

wurden. Einen sehr wertvollen und großen Zuwachs brachte<br />

das Jahr 1933, als durch Generalversammlungsbeschluß vom<br />

12. Juli die HHB die Verwaltung der heimatkundlichen Bestände<br />

der Bibliothek des Hohenzollerischen Geschichts- und<br />

Altertumsvereins übernahm, einschließlich des Zeitschriftentausch<br />

Verkehrs.<br />

Das ging nun nicht alles so glatt, wie es hier zu lesen ist.<br />

Es gab schriftliche und mündliche Verhandlungen mit Behörden,<br />

mit dem <strong>Geschichtsverein</strong> und Einzelpersonen. Wir<br />

wurden auch in der Zeitung „bekleckert", und die Gelehrten<br />

veröffentlichten Kampfartikel in der Presse. Aber der Fortgang<br />

des Ausbaus der HHB konnte das alles nicht stören!<br />

Ende 1931 hatten wir schon 2000 Bände. Sie waren in Sachgebiete<br />

aufgeteilt, von denen hier nur einige genannt seien:<br />

Landeskunde, Landkarten, Landesgeschichte, Kulturgeschichte,<br />

Kunst, Schöne Literatur, Religiöse Schriften, Zeitschriften,<br />

Fürstliches Haus, Hohenz. Persönlichkeiten, Dissertationen,<br />

Schriften hohenz. Verfasser und vieles mehr. Von<br />

den Stiftern seien hier nur genannt die Verwaltung der<br />

Fürstenhäuser Hohenzollern und Fürstenberg und viele<br />

Familien, deren Vorfahren einst in unserem Lande wirkten.<br />

Schwere Zeiten kamen mit dem zweiten Weltkrieg. Das<br />

Realgymnasium wurde im Herbst 1939 von der Deutschen<br />

Luftwaffe beschlagnahmt, und so mußte gegen Ende des<br />

Jahres die Bücherei ihre Räume freimachen. Herr Landgerichtspräsident<br />

Lutterbeck stellte im ersten Stock des<br />

Landgerichts einen geeigneten Raum zur Verfügung, aber<br />

leider brannte der obere Teil des Gebäudes am 26. September<br />

1940 ab. Es gelang, die Bücherei auszuräumen, ehe die<br />

vom Löschwasser durchtränkte Decke herunterfiel. Verfasser<br />

stellte eine trockene Scheune, die zu seiner Mietwohnung<br />

Heiligkreuzstr. 19 gehörte, als Nötunterkunft zur Verfügung<br />

und ließ bald danach zwei Dachkammern seiner Wohnung<br />

durch das städt. Wohnungsamt für die Bücherei beschlagnahmen.<br />

Dort fand sie Aufstellung bis etwa zu Ostern 1952.<br />

Die Landgarbe<br />

Die 4 Bauern und die 7 Seidner (Kleinbauern) zu Hornstein<br />

waren schuldig und verbunden, von allen ihren einheimsenden<br />

Früchten statt einer Gült die 4. Garbe auf dem<br />

Acker, nach Abzug des Zehnten, der hochfürstlichen, gnädigen<br />

Herrschaft (Hohenzollern) zu liefern und in der Scheuer<br />

zu führen, auch selbst zu dreschen, wofür jedoch die Bauern<br />

und Seidner Stroh und Briez wiederum zu Händen nehmen<br />

durften.<br />

1810: Aus einer Tabelle vom Jahre 1810 ist ersichtlich, was<br />

jeder Bürger statt der Landgarbe für Früchte zu liefern<br />

und was alle Bürger insgesamt liefern mußten. Im ganzen:<br />

Roggen 5 Mltr., Vesen 21 Mltr., Gerste 5 Mltr., Hafer 8 Mltr.<br />

Als Beispiel seien einige aufgeführt, wieviel sie Garben<br />

hatten und wieviele Landgarben daraus entfielen.<br />

Auf Jakobi 1810: Bauer Schultheiß Deschler: Roggen: 136<br />

Garben, 34 Landgarben, Vesen: 616 Garben, 154 Landgarben,<br />

Gerste: 139 Garben, 35 Landgarben, Hafer: 200 Garben, 50<br />

Landgarben; Bauer Josef Lutz: Roggen: 116 Garben, 29<br />

Landgarben, Vesen: 615 Garben, 153V4 Landgarben, Gerste:<br />

225 Garben, 56 Landgarben, Hafer: 315 Garben, 79 Landgarben;<br />

Seidner Michael Härle: Vesen: 114 Garben, 28'/2 Landgarben;<br />

Gerste: 20 Garben, 5 Landgarben, Hafer: 28 Garben,<br />

7 Landgarben; Seidner Krisost Henne: Roggen: 12 Garben,<br />

3 Landgarben, Vesen 71 Garben, lO'/a Landgarben.<br />

1826: Nach einem im Jahre 1826 mit dem fürstl. Rentamt<br />

Sigmaringen abgeschlossenen Vertrag wurde vereinbart,<br />

In diesen Jahren blieb die HHB von Kriegsschäden verschont.<br />

Auch als die Franzosen einrückten, geschah ihr nichts,<br />

außer daß sie vom f. Mai 1945 bis 31. März 1946 gesperrt<br />

war. Ihre Inventar-Zweitschrift mußte an die Franzosen<br />

abgeliefert werden, und gem. deren Befehlen kamen eine<br />

Anzahl Landkarten und etliche Bücher in ein Depot; wir<br />

erfuhren nichts über ihren Verbleib, doch konnten die meisten<br />

dieser Stücke in den folgenden Jahren wieder beschafft<br />

werden. Im Frühjahr 1952 stellte das Landratsamt Hechingen<br />

in seinem Sitz in der Kaufhausstraße einen Raum zur Aufstellung<br />

zur Verfügung, und als das Amt im Herbst 1954<br />

in seinen Neubau übersiedelte, erhielt die HHB durch den<br />

Herrn Landrat Dr. Speidel einen schönen Saal zugewiesen.<br />

Herr Bürgermeister Bindereif veranlaßte die Beschaffung<br />

einer neuen Inneneinrichtung durch die Stadtverwaltung.<br />

Seitdem ist es ein Vergnügen, dort zu arbeiten. Bald nach<br />

dem Umzug bekamen wir zwei bedeutende Zugänge. Wir<br />

erbten nach dem Tode von Frau Irene Wiedel/Senn eine<br />

Menge sehr erwünschter Stücke, und Herr Dr. Senn/Konstanz<br />

machte eine neue Stiftung von vielen hundert Schriften<br />

und Bildern. Eine reiche Gabe spendete uns auch Frl.<br />

Maria Daiker aus dem Nachlaß ihres Großvaters, des Heimatdichters<br />

und Schriftstellers Ludwig Egler.<br />

Noch ein Wort über die „Kundschaft". Heimatfreunde jeden<br />

Alters und Standes suchen und holen bei uns. Auswärtige<br />

Bibliotheken verweisen auf uns, wenn es sich um rein lokale<br />

Schriften handelt. Hochschulseminare und Lehrerbildungsanstalten<br />

raten ihren Studenten, bei uns nachzufragen. Die<br />

Presse benutzt unsere Personenabteilung, um schnelle Auskunft<br />

zu erhalten, oder auch, wenn sie über ältere hohenz.<br />

Angelegenheiten berichten muß. Alljährlich gehen der Bücherei<br />

Anfragen über hohenzollerische Dinge zu, manchmal<br />

auch aus dem Ausland. Zu wenig bekannt ist es noch, daß wir<br />

über alle hohenzollerische Ortschaften Karteikarten und<br />

sogenannte Ortsmappen führen, aus denen manches zur<br />

Ortsgeschichte zu entnehmen ist. Das wußten schon viele<br />

Orts- und Vereinschronisten zu schätzen, wenn sie vor der<br />

Aufgabe standen, aus besonderem Anlaß etwas Geschichtliches<br />

JDder Kulturelles zusammenzusuchen. Hierher gehören<br />

auch die vielen Aufsätze in Sammelwerken und Zeitschriften,<br />

die alle verkartet sind. Für die Ortschronisten<br />

stehen auch unsere Urkundenbücher, sowie auch Orts- und<br />

Landschaftsbilder zu Verfügung. Besonders reichhaltig ist<br />

unser Bestand an naturwissenschaftlichem Material: Pflanzen,<br />

Tiere, Mensch, Erdbeben, Geologie und Himmelserscheinungen.<br />

Für die Volkskundler seien die Bestände über Volkscharakter,<br />

Mundart, Sitten und Gebräuche, Aberglaube und<br />

„Originale" genannt.<br />

Ihren Trägern: Kreis, Städt und Gymnasium Hechingen<br />

ist die Hohenzollerische Heimatbücherei für alle oisherige<br />

Förderung und Unterstützung herzlichen Dank schuldig, der<br />

sich auch über alle die zahlreichen Gönner und Freunde<br />

erstreckt. Möge es auch in Zukunft so bleiben!<br />

H. Fassbender<br />

in Hornstein<br />

statt der 4. Garbe auf 9 Jahre von jeder Jauchert im Winterösch<br />

6 Vtl. Vesen, von jeder Jauchert im Sommerösch 5<br />

Vtl. Hafer zu liefern.<br />

1835: Nach Ablauf obigen Vertrags ließ das fürstliche<br />

Rentamt Sigmaringen in Hornstein alle Felder auf ihre<br />

Kosten in württembergische Morgen vermessen.<br />

1835—1838: In diesen 3 Jahren war nocn die nämliche Gült.<br />

Das fürstl. Rentamt zog in diesen 3 Jahren den Zehnten auf<br />

unsern Lehensfeldern selbst in die Zehntscheuer ein, um<br />

festzustellen, wie groß der Gültbetrag neben dem Zehnten sei.<br />

1838: Nach dem am 23. Juni abgeschlossenen Gültvertrag<br />

sollten die Hornsteiner Lehensfelder nach der Zehntberechnung<br />

53 Schfl. Vesen und 40 Schfl. Haber tragen.<br />

1838: konnten 109 Morgen Aecker und Oedfelder mit dem<br />

fürstlichen Rentamt getauscht werden.<br />

1838: Verkauf der Landgarbenscheuer an den Bauer Josef<br />

Deschler am 13. September um 478 fl und 30 kr.<br />

1826: Aufhebung der Leibeigenschaft.<br />

1861: Zehntablösung des Großzehnten am 17. September.<br />

1862: Ablösung des Kleinzehnten.<br />

(Ein Seidner ist der Inhaber einer Seide, d. h. eines Häusleins<br />

mit einigen Grundstücken, also ein Taglöhner oder<br />

Kleinstbauer.) Josef Härle.


Fürstliches Schloß Sigmaringen


40 H O H E N Z O L L E JLL S C H E HEIMAT Jahrgang] 959<br />

Kirchenkampf um Prozessionen im Fürstenbergischen<br />

Die Aemter Trochteiflngen und Jungnau waren bekanntlich<br />

bis 1806 samt den zugehörigen Orten fürstenbergisch.<br />

Das Donaueschinger Wochenblatt vom 17. Mai 1786 veröffentlichte<br />

eine Generalverordnung, die am 3. Juni im Konstanzer<br />

Geistlichen Rat zur Debatte stand. Es war nämlich<br />

darin verfügt: Außer den Prozessionen an den Monats- oder<br />

Bruderschaftssonntagen um die Kirchen sollen alle andern<br />

auf die alten Kirchengebräuche und das römische Rituale<br />

beschränkt bleiben. Es bleiben also außer obigen nur die<br />

Bittgänge an Markustag, am Montag, Dienstag und Mittwoch<br />

der Bittwoche, am Herrgottstag und dessen Oktavdonnerstag.<br />

Alle andern werden abgeschafft, ebenso alle Prozissionalischen<br />

Wallfahrten, Reiterprozessionen, Eschritte.<br />

Für Uebertretung sind „willkürliche Strafen" festgesetzt, Gegenvorstellungen<br />

werden erschwerend behandelt. Alle damit<br />

zusammenhängenden Einkünfte der Pfarrer und Kirchendiener<br />

hören auf. Dagegen bleibt es den Pfarreien unbewehrt,<br />

statt der Bittgänge eine Betstunde vor dem Aller -<br />

heiligsten zu halten. Alle Andachtsübungen an den verbotenen<br />

bzw. aufgehobenen kirchlichen Feiertagen sind auf den<br />

nächsten Sonntag zu verlegen. Die fürstlichen Beamten haben<br />

darauf zu halten, die Zuwiderhandelnden ungesäumt<br />

zur Verantwortung zu ziehen und der Regierung Bericht zu<br />

erstatten.<br />

Verschiedene Pfarrer fragten nun in Konstanz an, was zu<br />

tun sei. Der Geistliche Rat stellte fest, der fürstliche Erlaß<br />

stehe im Gegensatz zu den Rechten des Bischofs, der mindestens<br />

bittweise hätte angegangen werden müssen. Das<br />

allerdurchlauchtigste Erzhaus (nämlich das Kaiserhaus<br />

Oesterreich) habe seine geplanten Abänderungen der Prozessionen<br />

vor den Bischof gebracht und höchstselben anfänglich<br />

zwei derselben zur freien Bestimmung überlassen. Und<br />

obschon die vom Ordinariat zunächst bestimmten zwei Prozessionen<br />

(von Kaiser Josef II.) wiederum abgestellt wurden,<br />

so ist doch an Seine Fürstl. Gnaden (den Bischof) darüber<br />

eine Nachricht gegeben worden mit dem Ansuchen, den<br />

österreichischen Klerus (auch in den Herrschaften Sigmaringen<br />

und Veringen!) über die Aenderung zu verständigen, sodaß<br />

für die ex voto bestehenden Bittgänge eine bischöfliche<br />

Dispensation erbeten werden konnte. Fürstenberg aber setzt<br />

sich über alles dies weg, auch mit der Verschiebung auf den<br />

nächsten Sonntag, die doch Sache des Ordinarius ist. Es soll<br />

daher an den Fürsten ein Beschwerdeschreiben gesandt wer-<br />

den, da ein solches an die Regierung doch ohne Wirkung<br />

sein werde. .<br />

Den anfragenden Pfarrern wolle die Weisung gegeben<br />

werden, sie hätten die Bittgänge wie bisher zu halten<br />

und keinerlei fürstenbergische Verordnung in Kirchensachen<br />

zu befolgen, wenn nicht ein besonderer Auftrag der<br />

Kirchenbehörde gegeben sei, weil „derlei Gegenschritte des<br />

Bischofs den fürstenbergischen Jurisdiktions-Eingriffen allerdings<br />

angemessen sein dürften."<br />

Noch andere Eingriffe erlaubte sich Fürstenberg. So wenn<br />

es durch Verordnung vom 5. Oktober 1779 den Novalzehnt<br />

von den Reutefeldern und Almendgütern nicht mehr dem<br />

Pfarrer sondern der Landesherrschaft zusprach, trotz der<br />

alten Abmachungen von 1590, 1648 und 1600. Ferner verlangte<br />

es von den Pfarrern, bevor es sie präsentiert, darüber<br />

einen schriftlichen Revers (so z. B. vom Pfarrer von Inneringen,<br />

Herrn von Laßberg) legte den Pfründebesitzern<br />

unerhörte Lasten auf (Schulhalten). Es verlangte auch von<br />

denjenigen Pfarrern den Beitrag zur Feuerversicherung, die<br />

keine Bauschuldigkeit haben, forderte von andern Zuschüsse<br />

zur Bauunterhaltung, verlangte die Abhör von Kirchenrechnungen<br />

neuestens auf den Kanzleien und nicht mehr im<br />

Pfarrhaus, zahlte den Pfarrer trotz des weiten Weges nur 2<br />

fl, überläßt ihnen kein Rechnungsexemplar, stellt eigene Beamte<br />

zur Rechnungsführung an mit großen Gehältern, die<br />

den Pfarrern auf ihr Anmelden kaum die Kirchennotwendigkeiten<br />

oder gar nichts verabfolgen lassen. Von vermöglichen<br />

Heiligenpflegern werden Beiträge an minder vermögliche<br />

gegeben, so daß hierdurch den auswärtigen Zehntherren<br />

eine widerrechtliche Beschwerde aufgedrängt wird.<br />

Filial- und Bruderschaftrechnungen werden gegen den<br />

bischöflichen Erlaß nicht separat, sondern mit der Mutterpfarrei<br />

verrechnet. In Engen war gar mit 10 Thalern den<br />

Geistlichen (und 2 Thalern den Laien) gedroht worden, falls<br />

sie mit der Prozession gingen. Für Eintritt ins Kloster hat<br />

Fürstenberg das 24. Lebensjahr festgesetzt, gegen die Verordnung<br />

des Tridentinischen Konzils; einem Mann von Möhringen<br />

sogar die Rückkehr seiner Tochter aus dem Kloster<br />

bei 20 Reichstalern Strafe abverlangt, dem Kloster Amtenhausen<br />

einen Neubau verweigert. In Blumberg hat es den<br />

Jahrmarkt auf den abgeschafften Feiertag Mariä-Geburt gelegt,<br />

wo er doch sonst am Tag hernach war. (Protok. des<br />

Geistl. Rates, Erzb. Archiv Freiburg H 251). Krs.<br />

Die Herren in Burladingen, ihre Burgen,<br />

ihre Geschichte, ihre Wappen<br />

Wie ein strahlender Komet am schwarzen Nachthimmel<br />

plötzlich aufsteigt und ebenso rasch wieder verlischt, so treten<br />

in unserer schwäbischen Heimat unvermutet adelige<br />

Geschlechter aus dem Dunkel der Geschichte, um in gleicher<br />

Weise wieder zu verschwinden: wir meinen die stattliche<br />

Reihe des Ortsadels, der in fast allen Orten auch unseres<br />

Zollerlandes in seinen Burgen gehaust und gelebt hat. Die<br />

Burgställe von Ringingen und Killer, von Salmendingen und<br />

Melchingen, von Holnstein ob Stetten und Erpfingen, um<br />

nur einige von vielen zu nennen, sind oft die einzigen stummen<br />

Zeugen früherer Geschehnisse und einstiger Begebenheiten.<br />

Auch der aufstrebende Flecken Burladingen im<br />

weiten Hochtal der obersten Fehla hatte seinen eigenen<br />

Ortsadel, der hauptsächlich im 13. und 14. Jahrhundert genannt<br />

wird und im Bereich der Ortsmarkung gleich vier<br />

oder fünf Burgen besessen haben mag, die aber im Laufe<br />

der Zeit alle abgingen und von denen heute nur noch geringe<br />

Spuren sichtbar sind 1 ).<br />

1. Die Burladinger Burgen<br />

Berthold Hagen nennt 1544 im Band Burladingen seines<br />

Lagerbuches 2 ) neben dem neuen Schlößle, das Graf Friedrich<br />

v. Zollern, Bischof von Augsburg, um dem edlen Waidwerk<br />

zu obliegen, anno 1492 baute 3 ) und das 1886 teilweise<br />

und dann 1925 vollständig abbrannte, auch noch ein altes<br />

Schloß hart neben dem alten Friedhof bei der Georgskirche<br />

„oben im Dorf" (von Hechingen aus gesehen), das vermutlich<br />

nur noch aus Wirtschaftsgebäuden bestand und wohl an<br />

Stelle der Gemeindescheuer und heutigen alten Lehrerwohnung<br />

zu suchen ist. Noch hatte die Gemeinde die Pflicht, das<br />

nötige Holz fronweise herbeizuführen, wofür die einzelnen<br />

ein Fronbrot bekamen. Ueber die Erbauung dieses alten<br />

Schlosses ist nichts bekannt. Man möchte hier den alten<br />

Maierhof und ursprünglichen Sitz des Dorfadels vermuten,<br />

der dann im 12. Jahrhundert der Zeitsitte gemäß die Höhenburgen<br />

erbaute. Die Vermutung, das ehemalige Jagdschloß<br />

der Grafen von Zollern sei vielleicht auf den Resten der<br />

alten Burg der Herren von Burladingen aufgeführt worden 4 ),<br />

wird durch diese Angabe in Hagens Lagerbuch eindeutig<br />

widerlegt.<br />

Nördlich vom Marktflecken Burladingen steigt die 893 m<br />

hohe Eich- oder Sommerhalde 170 m über das Tal empor.<br />

Auf der höchsten Stelle des Berges finden sich Reste eines<br />

Turmes, rings umgeben von teils abschüssigen Geröllhalden<br />

mit Mauertürmen, teils ebenen Terrassen und Vorhöfen, auf<br />

denen gegen Norden Wehrbauten angelehnt gewesen sein<br />

mögen. Durch das Bauen eines Fußweges und Abführen von<br />

Steinen zu Pflasterungen hat der Platz jedoch viel von seiner<br />

Unberührtheit und Uebersichtlichkeit eingebüßt, so daß der<br />

Gedanke an eine vollständige Burg, an der nicht zu zweifeln<br />

ist, verloren ging. Nur Grabungen könnten hier beweisen,<br />

daß es sich nicht nur um einen Wachtturm handelt, wie man<br />

aus dem heutigen Namen Hohe Wacht, welcher sicher nicht<br />

über das vorige Jahrhundert zurückreicht, schließen könnte,<br />

sondern um eine Hohenburg der Herren von Burladingen.<br />

Die Burg scheint um 1185 erbaut, denn nach dem Burladinger<br />

Kirchenkalender und Anniversar von 1687 unter Pfarrer<br />

Benedikt Schmid von Trochteiflngen, der ein älteres von<br />

1617 abschrieb, heißt es: „Im Jahre 1185 war Kirchweihe der<br />

Burgkapelle zu Ehren der Apostelfürsten Petrus und Paulus<br />

und Johannes Baptista, deren Jahrtag am Tag nach Sommerjohannis<br />

gefeiert wurde. Allein in einem vandalischen<br />

Krieg wurden Kapelle samt Altar zerstört"®). Leider kennen<br />

wir den Vandalischen Krieg nicht, der unserer Burgkapelle<br />

so verhängnisvoll wurde. Es wird irgendeine der zahlreichen<br />

Ritterfehden gemeint gewesen sein, die eben vandalisch<br />

hieß, weil entgegen sonstiger Gewohnheit die Kapelle zugrunde<br />

gerichtet wurde.


•Tahreane 1953 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 41<br />

Links über dem Stettener Sträßle im Anna- oder Jennetal<br />

sieht man die noch deutlichen Ueberreste der Doppelburg<br />

Falken. Die vordere Burg scheint mehr die Wirtschaftsgebäude<br />

und ein Vorwerk umfaßt zu haben. Von der Bergseite<br />

war sie einst durch einen heute fast verschwundenen<br />

Graben und eine mächtige Mauer getrennt, deren Trümmer<br />

noch ihre Stärke ahnen lassen. Auf dem kühn emporsteigenden<br />

Felsen fanden sich Mauerwerk längst verschwundener<br />

Gebäude und an der Halde mittelalterliche Scherben.<br />

Folgt man dem Hange nach Norden, so stößt man nach etwa<br />

80 Schritten auf die hintere Falkenburg, die durch doppelten<br />

Felsgraben von der Bergebene getrennt und dahinter durch<br />

einen mächtigen Turm gesichert war. Von ihm sieht man<br />

noch einiges Mauerwerk in großen Quadern. Links an ihm<br />

vorbei mag der Zugang zur Burg zu suchen sein, der jedoch<br />

sehr schmal gewesen sein muß. Nach der Talseite verbreitert<br />

sich der Fels so, daß ein festes Schlößchen in mäßigem Ausmaße,<br />

aber in aller wünschenswerten Sicherung dort Platz<br />

finden konnte. Auch hier ist längst fast die ganze Mauer abgeräumt.<br />

Der Falken war vielleicht später für nachgeborene<br />

Söhne erbaut, und der Jagdfalke im Wappen des Adelsgeschlechts<br />

(s. u.) ist offenbar eine Anspielung auf die Falkenburg.<br />

Rechts über dem Stettener Sträßle im Jennetal befindet<br />

sich die Burgstelle auf dem Gottfriedfelsen, bei der nur noch<br />

ein Abschnittgraben und einige Schutthaufen zu sehen sind.<br />

Der Name ist sicher neueren Ursprungs. Der Sage nach soll<br />

von der Falkenburg zum Gottfriedfelsen eine lederne Brücke<br />

gespannt gewesen sein, was nicht mehr zu besagen braucht,<br />

als daß beide Felsen zusammen eine Rolle spielten. Aber<br />

auch sonst erzählen sich die Leute im Flecken allerlei Geheimnisvolles<br />

vom spukenden Geist des Ritters Gottfried,<br />

der hier oben sein gespenstisches Unwesen treiben soll und<br />

sogar in neuerer Zeit ahnungslosen Besuchern unsanft mitgespielt<br />

habe.<br />

Ob auf dem Rabenstein, links von der Straße nach Hermannsdorf,<br />

wie die Sage wissen will, eine weitere Burg oder<br />

dergleichen gestanden hat, läßt sich durch nichts beweisen,<br />

wie der Name überhaupt neueren Datums zu sein scheint.<br />

Jedenfalls konnte bis heute noch nicht die geringste Spur<br />

einer solchen Anlage dort wahrgenommen werden. Auch die<br />

Behauptung, die Burg des Adelsgeschlechts von Burladingen<br />

sei ein ehem. römisches Kastell 6 ), entbehrt jeglicher Grundlage.<br />

Grabungen im Kastell Burladingen, im Ackerfeld auf<br />

der Schlichte zwischen Burladingen und Hausen, in den Jahren<br />

1912 und 1914 zeigten keinerlei mittelalterliche Reste 7 ;<br />

Umgekehrt wurden in den oben angeführten Burgstellen, die<br />

überdies außerhalb des Alblimes liegen, keine römischen<br />

Ueberreste festgestellt; ferner errichteten die Römer ihre<br />

Militärlager nie als Hang- oder Höhenburgen!<br />

2. Die urkundlichen Zeugnisse<br />

Im Vergleich zu den meisten anderen Geschlechtern der<br />

Hohenzollerischen Lande sind die urkundlichen Nachrichten<br />

über unsere Herren mehr als spärlich. So nennen beispielsweise<br />

die sonst reichhaltigen Collectaneen des Oswald Gabelkover<br />

8 ) zwar den Namen Burladingen im Register, aber<br />

der Text des Bandes selbst weist keinen Eintrag über Burladingen<br />

auf. Wir geben daher im folgenden alle uns erreichbaren<br />

Angaben und Aufzeichnungen, ohne jedoch dabei<br />

einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen.<br />

Begütert waren die Herren in Hemmendorf (Kreis Tübingen),<br />

Buchheim (Kreis Stockach), Bächingen (abgegangener<br />

Burladingen, alte Pfarrkirche. Hochaltar, Antependium.<br />

Ort, Kreis Stockach, nicht Bechingen, Kreis Ehingen) 0 ), Munderkingen<br />

(Krs. Ehingen), Hausen am Bussen (Kreis Ehingen),<br />

Mägerkingen (Kreis Reutlingen), Steinhilben (Kreis<br />

Sigmaringen), Gammertingen (Kreis Sigmaringen) und nicht<br />

zuletzt in Burladingen selbst. Die Notiz im Kunstdenkmälerband,<br />

Besitz oder Rechte in der Stadt Trochtelfingen haben<br />

im 14. Jahrhundert auch Herren von Burladingen 10 ), läßt sich<br />

trotz eingehender Nachforschungen bis jetzt nicht durch<br />

Urkunden belegen und beruht wohl auf einem Irrtum. Der<br />

Anlaß hierzu ist mit ziemlicher Sicherheit bei jenem Hans<br />

von Salbadingen (Salmendingen) zu suchen, der am 9. Nov.<br />

1354 als Bürge in einem Pergament vom Pfarrhaus Stetten<br />

u. H. mit dem Zusatz „von Burladingen", gesessen „zu<br />

Trochtelfingen", genannt wird 11 ) und der am 28. Juni 1356<br />

eine Pfandsumme von 500 Pfund Heller über die Dörfer<br />

Burladingen und Maigingen quittiert, die ihm Graf Friedrich<br />

von Zollern, gen. der Straßburger, zurückgezahlt hatte 12 ).<br />

Bikelspergs zollerisches Lagerbuch von 1435 nennt in Burladingen<br />

noch das „Salmadings guot", das dem Aulber für<br />

Hafer und Hanfsamen geliehen ist 13 ).<br />

Die Herren von Burladingen treten um die Mitte des 12.<br />

Jahrhunderts auf die schwäb. Bühne des südwestdeutschen<br />

Geschehens. In Hemmendorf erhält das Kloster Hirsau<br />

ums Jahr 1140 von Konrad von Burladinen durch Geschenk<br />

eine Wiese 14 ). Nach 1174 ist in einer Urkunde Diethelms, des<br />

Abts von Reichenau, als Ministeriale des Gotteshauses u. a.<br />

Zeugen auch Landoldus de Burladingen 15 ). Dann lassen uns<br />

die Quellen fast 100 Jahre im Stich, denn erst Zingeler und<br />

Laur nennen für 1268 und 1272 einen Eberhard de Burladingen<br />

und bemerken weiter unten, daß es ein Angehöriger des<br />

ansässigen Ortsadels sei 16 ).<br />

Gotefridus de Burladingen, „vir nobilis", erscheint am 2.<br />

Sept. 1283 zu Grunzheim (Kr. Ehingen) mit seiner Gattin<br />

Judenta von Stadion und seiner Tochter Christina als Zeuge<br />

einer Schenkung, bei der Walther von Stadion, der Bruder<br />

der Judenta, für sein und seiner Väter Seelenheil den Klöstern<br />

St. Blasien und Ochsenhausen das Dorf Bichishausen<br />

(Kreis Münsingen) mit allem Zubehör, ausgenommen das<br />

Vogtrecht, mit Einverständnis u. a. der Obigen vermacht 17 ).<br />

Dieser Goetfridus de Burladingen amtet zwei Jahrzehnte<br />

später als „Landrichter zum Heiligenberg". Am 1. Februar<br />

1307 beurkundet nämlich zu Schattbuch (= Schapbuch, Hof,<br />

Gemeinde Weildorf, Kreis Ueberlingen) Goetfridus de Burladingen<br />

„nobilis, judex provincialis per totum comitatum<br />

Sancti Montis ex parte nobilis viri domini Hugonis comitis<br />

de Werdenberg et de Sancto Monte", eine Erwerbung von<br />

Leibeigenen durch das Kloster Salem. Das Siegel des Ausstellers<br />

zeigt im Schilde auf dreigipfeligem Berge einen Vogel<br />

und die Inschrift: S'. (= sigillum) GOTFRIDI . De .<br />

BVRLODINGEN , 18 ). Am 2f Mai 1311 verzichtet zu Konstanz<br />

Graf Rudolf von Hohenberg auf sein Eigentumsrecht an<br />

einem Hof, „curie dicte dez Burledingers guot", in Buchheim<br />

zu Gunsten des Klosters Salem 19 ). Der Hof gehörte vorher<br />

ohne Zweifel zu den Besitzungen der Herren. Wenig später<br />

hat der Burladinger einen anderen Amtsbezirk. Goetfrid von<br />

Burladingen, nun Landrichter in der Grafschaft zu Fridberg,<br />

urkundete am 3. April 1312 zu Riedlingen wegen eines Gutes<br />

zu Ostrach. Der Aussteller siegelt 20 ).<br />

Konrad von Burladingen ist seit 1350 im italienischen<br />

Kriegsdienst bezeugt 21 ). Am 20. Dezember 1350 stehen 125<br />

deutsche Reiterführer des Herzogs Werner von Ursnngen<br />

mit 2^75 Ritterpferden im Kriegsdienst der Stadt Bologna,<br />

und darunter erscheint auch als Reiteroffizier („Kaporal")


42 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Das Wappen der Herren von Burladingen<br />

(Photokopie aus: Alberti Württbg. Wappenbuch)<br />

Coradus de Baorlading mit 15 Mann zu Roß 22 ). Diese berühmte<br />

Reiterschar, die in der Hand eines kräftigen Herrschers<br />

für den Reichsgedanken Glänzendes hätte leisten<br />

können, mußte unter den damaligen Verhältnissen ihre kriegerische<br />

Kraft im Wechsel der italienischen Politik vergeuden.<br />

Hervorragende Feldherrntalente befinden sich unter<br />

den Namen. Wir brauchen nur an den Herzog selbst wie an<br />

den Grafen Konrad von Landau und Konrad Wolf von<br />

Wolfurt zu erinnern. Außer diesen drei vortrefflichen Feldherrn<br />

finden wir noch manchen bekannten Adelsnamen unter<br />

den „conestabiles". Im Januar 1351 steht Konrad im<br />

Heere des Herzogs in Diensten des Papstes, denn am 2.<br />

Januar (nach Florentiner Zählung 1350) schließen der Rektor<br />

der päpstlichen Provinz Romagna und Herzog Werner einen<br />

Soldvertrag ab.<br />

Am 13. Februar 1363 wird der Soldvertrag der Stadt<br />

Florenz mit den „insignes viri" des Ritterbundes Hermanns<br />

von Winden (compagnia del Fiore) abgeschlossen. Darin erscheint<br />

neben Hugo von Melchingen und Albert v. Reischach<br />

Corradi de Burlanding als einer der 3 von 4 „marischalchis"<br />

der genannten Kompanie 23 ), die damals von der Stadt Florenz<br />

mit 1000 Pferden bzw. Reitern und 58 Konstablern in<br />

Sold genommen war. Die beiden Führer der deutschen<br />

Compagnia del Fiore, Hugo von Melchingen und Hermann<br />

von Winden, erhalten monatlich 150 fl., jeder Abteilungsführer<br />

(„conestabilis") 20 fl., jeder Reiter („barbuta") 6 fl.<br />

Der Ritterbund del Fiore entzweit sich aber mit dieser Stadt.<br />

Am 6. Sept. 1363 wird in einer Soldurkunde das Banner des<br />

Conradi de Burladingen nach dem des Hugo von Melchingen<br />

im kaiserlich-gibellinischen Dienste zu Pisa aufgeführt 24 ). Da<br />

er sonst nur auf guelflsch-päpstlicher Seite kämpft, ist seine<br />

(wie der anderen Offiziere und Reiter des genannten Ritterbundes)<br />

vorübergehende Anwesenheit im Pisaner Heere<br />

vielleicht durch eine Zurücksetzung oder Beleidigung seitens<br />

des guelfischen Florenz zu erklären. Hier in Pisa lernen wir<br />

die einzelnen Reiter der Fähnlein kennen, unter denen sich<br />

viele bekannte schwäbische Namen befinden, so Heinrich von<br />

Gammertingen, Hans und Konrad Speth, Ansal (!) von Hornstein,<br />

Konrad von Liechtenstein, Benz und Hans von Salmendingen.<br />

Die meisten von ihnen treten im Spätherbst 1363 in Sieneser<br />

Dienst. Am 8. Oktober 1363 nimmt Konrad von Burladingen<br />

mit Hugo von Merchingen u. a. Bannern an der<br />

Ritterschlacht von Torrita für die Stadt Siena teil. Die<br />

deutschen Ritter tragen einen glänzenden Sieg über die italienische<br />

Kompanie del Capelleto davon. Hugo von Melchingen<br />

zeichnet sich durch Wegnahme der Fahne des feindlichen<br />

Anführers Graf Nikolaus von Montefeltro aus, Albert<br />

von Reischach, indem er das Banner des feindlichen Führers<br />

Graf Giovanni da Sarteano dei Manenti eroberte. Auch ein<br />

Bannerherr Konrad von Lichtenstein nimmt am Gefechte<br />

teil. Hugo von Melchingen, den die Italiener wegen seines<br />

Flügelwappens (silberner Fittich in blau „Ugo dell' Ala"<br />

(ala = Flügel) nannten, ist mit seinem Banner auf dem<br />

großen Fresko im Rathaus von Siena abgebildet, wo im<br />

Prunksaal der Sieg bei Torrita verherrlicht ist. Nach einem<br />

Aktenstück vom 18. Dezember 1363 im Staatsarchiv zu<br />

Siena erhält Churado di Burlenden mit 14 Hengsten (mit<br />

Rittern), 3 Runziten (Walachen, d. i. Packpferde mit Knappen),<br />

2 „Gnadensöldnern" und dem Pfeifer 181 Gulden Belohnung<br />

25 ). Derselbe wird auch in den folgenden Monaten<br />

besoldet, wie dies bereits am 12. Dezember 1363 geschieht 20 ).<br />

Am 16. März 1378 wird Conradus Burladum als Bürge eines<br />

Vertrages zwischen den Kaporalen Fritzelin von Gundelsheim,<br />

Rudolf von Gundelsheim, dessen Bruder, und Raynald<br />

von Mengen mit einer Kommission des Bologneser<br />

Rates genannt 27 ). Am 4. August 1378 wird im Kriegsdienst<br />

von Bologna unter dem Bannerherr Walther Söler als „caporal"<br />

noch einmal Conradus Burland genannt 26 ).<br />

Wir möchten in Konrad von Burladingen den alten Kun<br />

vermuten, von dem wir im folgenden noch Näheres hören;<br />

denn bei einer Gegenüberstellung der italienischen Ereignisse<br />

mit denen in der Heimat (s. u.) ergeben sich in der<br />

zeitlichen Abfolge keinerlei Schwierigkeiten. Kun ist eine<br />

Abkürzung für Kunrad. Am 1. September 1352 setzen Herren<br />

von Gundelfingen bei einem Verkauf innerhalb ihrer<br />

Familie als Bürge u. a. Kuoni von Burladingen. Das Siegel<br />

Kunis von Burladingen hat im Siegelfeld einen Vogel, der<br />

auf fünfgipfeligem Berge sitzt, und die teilweise abgefallene<br />

Umschrift: + S ... . BVRLADING .. . 2I1 ). Im Lehenbuch Graf<br />

Eberhard des Greiners von Wirtemberg heißt es zum Jahre<br />

1367: „min herre hat gelihen Kuon von Burladingen ze Megrichingen<br />

(Mägerkingen) dem dorff, ekker vnd wisen, waz<br />

Buerklin selig von Megrichingen da het, vnd andere guot,<br />

die ouch da ligen, die Dietheren seligen von Liehtenstein<br />

waren, vnd eyn guotlin ze Stainhuelben (Steinhilben) daz<br />

ouch dez egenannten Dietheren von Liechtenstein was" 39 ).<br />

Im Jahre 1369 empfängt er ebenfalls diesen Besitz zu Lehen<br />

31 ). Bald darauf wird er mit seinem gleichnamigen Sohn<br />

erwähnt. Am 5. März des Jahres 1376 verpfändet Kun von<br />

Burladingen, der alt, und Kun, sein Sohn, alle ihre von Graf<br />

Wölflin und Graf Fritz von Veringen übernommenen Rechte<br />

zu Gammertingen an ihren Oheim Marquard von Bubenhofen<br />

wegen einer Schuld bei Gerung dem Obristen in Rottenburg<br />

und andern, ihnen in Rottenburg und Balingen<br />

gewordenen Leistungen. An der Urkunde hängt ein undeutliches<br />

Siegel, ein zweites ist abgerissen 32 ). Einige Zeit danach<br />

ist der alte Kun gestorben, denn eine Pergamenturkunde<br />

vom Veringenstadter Pfarrhaus meldet. Am 12. Mai<br />

1390 verkauft Cuon von Burladingen, des alten Cuonen selig<br />

von Burladingen Sohn, ehem. wohnhaft zu Gammertingen,<br />

dem Veringer Bürger Hans Murnhart sein Gütle zu Burladingen,<br />

das Albrecht der Kayser baut, um 33 Pfund Heller.<br />

Zeugen sind: Pf äff Richli (wohl von Veringen), Heinz<br />

Gretzinger, Hans Rudiger, Hensli Brüly. Der Aussteller<br />

Burladingen, alte Pfarrkirche. Deckenbiid im Langhaus.


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 43<br />

siegelt mit einem ruhenden Falken, der auf einem Dreiberg<br />

steht, dann Sweniger von Liechtenstein, zu Holnstein gesessen,<br />

und Eberhard von Obrenstetten, gesessen zu Gammertingen<br />

33 ). Das Bickelspergsche Lagerbuch der Grafschaft<br />

Zollern von 1435 führt nun unter den Vogtrechten zu Maygingen<br />

und zu Burladingen an, daß „Hans von Mayingen<br />

git von der von Burladingen guot" 34 ), zweifelsohne das einstige<br />

Gut des ehem. Adels von Burladingen.<br />

Noch um dieselbe Zeit wie der alte Kun begegnet uns der<br />

alte Götz von Burladingen, der daher möglicherweise der<br />

Bruder des kriegerischen Koni ad sein dürfte. Goetz von<br />

Burladingen, der alte und Goetz, sein Sohn, resignieren am<br />

11. Juni 1359 dem Grafen Heinrich von Veringen zu Gunsten<br />

des Klosters Salem den Laienzehnten zu Bächingen, den sie<br />

von ihm zu Lehen hatten und der ein Drittel des Dorfzehnten<br />

daselbst ist 35 ). Am 21. desselben Monats beurkundet zu<br />

Pfullendorf Goetz von Burladingen der alt, daß er sein<br />

Drittel des Zehnten zu Bächingen dem Kloster Salem, dem<br />

die beiden andern Drittel dieses Zehnten ebenfalls gehören,<br />

um 133 Pfund Heller verkauft habe. Zu „rehten weren"<br />

setzt er dem Kloster seinen Sohn Goetz von Burladingen<br />

und seinen Tochtermann Cuonrat Graemlich, Amman zu<br />

Pfullendorf. Es siegeln der Aussteller (s. u.) und die zwei<br />

„weren" 36 ). 1361 empfangen Götz von Burladingen, Egloff<br />

und Walter von Emerkingen. alle drei Gebrüder, Zehnten in<br />

Munderkingen von der Abtei Reichenau zu Lehen'-'). 1362<br />

verkauft Götz von Burladingen, ein Bruder Heinrichs von<br />

Amerkingen (Emerkingen), seinen Laienzehnten zu Munderkingen<br />

an das Kloster Marchtal 35 ). Sollte dieser Götz nur<br />

ein Stiefbruder sein? Der alte Götz war offenbar schon tot;<br />

denn das Kloster Marchtal erhält in Hausen am Bussen 1361<br />

zwei Güter, die Götz von Burladingen von seinem Vater<br />

ererbte 38 ).<br />

Damit erschöpfen sich die wenigen Quellen über unsere<br />

Herren, und die Urkunde vom Pfarrarchiv Veringenstadt<br />

aus dem Jahre 1390 ist somit das letzte einwandfreie Zeugnis<br />

ihres hiesigen Lebens und Wirkens. Ueber ihr weiteres<br />

Schicksal tappen wir eigentlich im Dunkein, nur der fleißige<br />

Schreiber Wernherus Bickelsperg, Sekretär, Notar und Diplomat<br />

im Dienste der Zollergrafen, zeigt uns in seinem<br />

Lagerbuch vom Jahre 1435 den vermutlichen Weg aus dem<br />

tiefen Schweigen der Geschichte. Er vermerkt unter den<br />

Ausleuten (außerhalb der Grafschaft wohnende Leibeigene),<br />

die gen Hechingen gehören, „die zwein Woelff von Burladingen,<br />

haisset der ain Schlaeglin, sitzet ainer zuo Oberndorff<br />

im Goe und der ander zuo Bondorff." (Bondorf sw.<br />

Herrenberg) 40 ). Was Joh. Ad. Kraus bei den Herren von<br />

Ringelstein und Killer, genannt Affenschmalz, im benachbarten<br />

Ringingen so augenfällig nachgewiesen hat, scheint<br />

auch hier eingetreten zu sein: die Nachkommen des Burladinger<br />

Adels sind unfrei geworden und in den bürgerlichen<br />

Stand herabgesunken, nachdem sie alle ererbten Familiengüter,<br />

wie wir sahen, langsam veräußert hatten. Der helle<br />

Stern war gleich einer Schnuppe herabgefallen, Burladingen<br />

hatte aufgehört, Sitz eines edelfreien Geschlechtes zu sein.<br />

3. Das Burladinger Adelswappen<br />

Das Wappen der Herren von Burladingen beschreibt Siebmachers<br />

Wappenbuch wie folgt: in Gold auf grünem Berg<br />

ein silberner Falke mit roter Kappe. Der Falke wiederholt<br />

sich auf dem gekrönten Helme (s. Abb.), im Codex Stadion<br />

ohne Helmschmuck. Die Farben scheinen unsicher zu sein").<br />

Albertis Wappenbuch enthält aus der Reichenauer Chronik<br />

in Lindau das Falkenwappen, w. o. geschildert, dann das<br />

Siegel des Götz von Burladingen von 1359 (s. o.): ein Falke<br />

ohne Kappe auf einem Dreiberg, ohne Farben, ferner von<br />

Gotzo von Burladingen für das Jahr 1380 (woher?) kein<br />

Wappen, sondern nur eine Helmzier, w. o. beschrieben, der<br />

Falke aber ohne Knappe und keine Farben 42 ). Kindler von<br />

Knobloch gibt als Wappen des Geschlechtes nach Gallus<br />

Oehm an: In Gold auf grünem Dreiberg ein rotverkappter<br />

silberner Falke 43 ).<br />

Zusammenfassend glauben wir mit Berücksichtigung der<br />

ob aufgeführten Siegel festlegen zu können, daß das Wappen<br />

derer von Burladingen einen silbernen Jagdfalken, gewöhnlich<br />

mit roter Kappe, in goldenem Feld zeigte, wie er auf<br />

einem grünen Drei- oder Fünfberg steht, wobei die Farben<br />

nicht überliefert zu sein brauchen. Sollte der drei- oder<br />

fünfgipfelige Berg etwa auf eine mögliche Teilung der Familie<br />

in zwei Linien hindeuten?<br />

Vieles muß noch ungeklärt bleiben, da die Vergangenheit<br />

ihre geheimen Schätze meist allzu eifersichtig hütet und oft<br />

nur widerwillig preisgibt. Wir aber hoffen, mit diesem Beitrag<br />

einen kleinen Baustein zur Erforschung unseres gemeinsamen<br />

Heimatlandes beigesteuert zu haben, indem wir<br />

die allerorts verstreuten Nachrichten über die Burladinger<br />

Herren an einer Stelle zusammentrugen.<br />

Anmerkungen<br />

1) vgl. J. A. Kraus, „Burgruinen an der Fehla" in Blättern des<br />

Schwab, i erelns 1933 S. 9—16. 2) Fürstl. Archiv, Hagens Lagerbuch.<br />

3) Hohz. Heimat 1952, S. 43. 4) Kunstdenkmäler Hohenzoll. I<br />

S. 54. 5) Hohz. Heimat 1957, S. 29. 6) K. H. Schäfer, Deutsche Ritter<br />

und Edelknechte in Italien 3 S. 272 Anm. 25; Deutsche Gesch. Blätter<br />

1912 S. 62. 7) E. Nägele, Bl. des Schwab. Albvereins 1912 S. 137; G.<br />

Bersu, Germania 1917, S. 111 ff. 8) Württ. Landesbibliothek Stuttgart,<br />

Handschr. Cod. hist. 2 22. 9) Krieger, Topogr. Wörterbuch des Großherzogtums<br />

Baden, 2. Aufl. I, 99 f. 10) Kunstdenkm. Hohenzoll. II<br />

S. 358. 11) Hohz. Jahreshefte 1955, S. 80 f. 12) Mon. Zoll. I, 193; vgl.<br />

Hohz. Heimat 1958, S. 9. 13) Herberhold, Das Bickelspergsche Lagerbuch<br />

d. Grafsch. Zollern v. 1435, 99. 14) Beschreibung des OA. Rottenburg<br />

II 194. 15) Cod. Sal. I, 28. 16) Zingeler-Laur, Die Bau- und<br />

Kunst-Denkmäler in den Hohenz. Landen, Art. „burladingen", leider<br />

gelang es nicht herauszufinden, worauf diese Nachricht fußt, wer<br />

weiß etwas? 17) Fürst. Urk.-Buch V, Nr. 227. 18) ebd. Nr. 179; Cod.<br />

Sal. III, 111. 19) Mon Hohenb. 222. 20) Cod. Sal. III, 51. 21) vgl.<br />

Hohz. Heimat 1951, S. 29. 22) Schäfer, a. a. O. 2 S. 196,65. 23) ebd.<br />

4 S. 162,5. 24) ebd. 3 S. 268,47. 25) ebd. 4 S. 274,40. 26) ebd. 4 S.<br />

272,16. 27) ebd. 4 S. 39,4. 7. 28) ebd. 4 S. 42,119. 29) Fürst. Urk.-Buch<br />

V, Nr. 517. 30) Württemb. Vjrsh. 1885 S. 125. 31) a. a. O. S. 135.<br />

32) Staatsarchiv Sigmaringen Kasten B, Fach 17, Fas. 111); Crusius,<br />

Schwab. Chronik II, 463; Hohz. Heimat 1952, S. 48. 33) Hohz. Heimat<br />

1955, S. 31. 34) Herberhold, a. a. O. 97. 35) und 36) Cod. Sal III,<br />

137. 37) Beschr. des OA. Ehingen II 150; Blätter des Schwab. Albvereins<br />

1933 S. 13. 38) Memminger, Beschr. d. OA. Ehingen, 162. 39)<br />

Beschr. d. OA. Riedlingen, 2. Bearb. 778. 40) Herberhold, a. a. O. 13.<br />

41) Siebmachers Wappenbuch Bd. VI, 2 S 84. T. 49. 42) von Alberti,<br />

Württ. Adels- und Wappenbuch 1. Bd. S. 102. 43) Kindler von Knobloch,<br />

Oberbad. Geschlechterbuch 1. Bd. Art. "von Burladingen".<br />

Heimat R i s c h e r t.<br />

Ein Graf Hug von Zollern-Hohenberg, der bisher der<br />

Forschung entgangen zu sein scheint, findet sich in einer<br />

Straßberger Urkunde vom 3. April 1287. Wenigstens kennt<br />

ihn Lud. Schmid in seiner Geschichte der Grafen nicht, ebensowenig<br />

wie Großmann in seiner „Genealogie des Gesamthauses<br />

Hohenzollern". Allerdings hat man die ganze Urkunde<br />

bei uns gar nicht beachtet, trotzdem sie schon 1883<br />

von Ferdinand Vetter in den Schriften des Vereins für Geschichte<br />

des Bodensees veröffentlicht wurde. Sie handelt von<br />

einem Hof des Klosters Stein am Rhein, der<br />

zu Burg bei Straßbe r g lag. Dabei wird Graf Hug,<br />

der Herr zu Hohenberg, als Vogt und Herr über dieses Gut<br />

angeführt (Nachweis: Hohenzoll. JHeft <strong>1959</strong>!). Man kannte<br />

bisher nur einen späteren Grafen Hugo von Hohenberg von<br />

1330—1354, der somit der zweite dieses Namens wäre. Der<br />

erste Hugo dagegen könnte vielleicht so in die Stammtafel<br />

eingereiht werden, daß man in ihm den dem Taufnamen<br />

nach unbekannten Sohn des Grafen Burkart II. (1207—1217)<br />

sieht, wie ihn Großmann unter Nr. 790 angibt. Somit wäre<br />

er ein Bruder Burkarts III., der von 1226 bis 1253 urkundlich<br />

vorkommt. Man möchte annehmen, daß schon dieser Hugo<br />

I. den Straßberger Besitz als Lehen vom Stift Buchau gehabt<br />

habe, mit Ausnahme des Hofes und der Pfarrei, die<br />

nach Stein am Rhein gehörten. Krs.<br />

Burladingen, alte Pfarrkirche. Muttergottes


44 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang <strong>1959</strong><br />

Kunst und Kultur in den Heiligenrechnungen von Burladingen<br />

1698 dem Maler v. Andelfingen (Georg Ferd. Veeser?)<br />

die zwei Seitenaltäre zu fassen 50 fl. Die Bilder<br />

auszubessern als Trinkgeld 3 fl 30 kr. Christ Mautz macht<br />

eine neue Uhrentafel 4 fl 10 kr. Dem Schreiner für das<br />

Neben- und Laubwerk und den vier Säulen an<br />

den Altären zu machen 2 fl. Dem Maler von Ringingen<br />

für ein neues Kreuz zu der Prozession 1 fl 40 kr.<br />

Item ist obgemelten beiden Malern von Andelfingen<br />

(!) von der Uhrentafel zu malen gegeben worden<br />

8 fl. (Der eine hat offenbar sich in Ringingen aufgehalten,<br />

wo laut Ehebuchs 1697 ein Maler Georg Jakob<br />

Mayer von Ueberlingen heiratete. Für 8 Gulden haben<br />

sie sicher die Uhrtafel nicht nur angestrichen!)<br />

1699 dem Maler von Inneringen ist von der ganzen<br />

Bühne in der Kirche, Kanzel, Gätter vor dem Altar, wie<br />

auch der völligen Pfarrkirchen zu malen und zu streichen<br />

gegeben worden 22 fl. Dem Bildhauer von, . lingen (wohl<br />

Riedlingen, es ist ein Stück abgerissen; viel. Georg Martini?)<br />

von St. Katharinen, St. Barbaras Bildn<br />

u s s e n zu schnitzeln und zu verfertigen gegeben worden<br />

3 fl. (Beide Statuen zieren jetzt die Sakristei der Fideliskirche.<br />

Auch hier trügt die Stilkritik, die irreführend in den<br />

Anfang des 16. Jahrhunderts weist!) Item dem Maler von<br />

Inneringen dieselben zu fassen 3 fl. Dem Glaser von<br />

Gammertingen für 20 Scheiben. Item ein kleines Fensterlein<br />

in die Mauer, wo die Ampel steht, zu machen 12 kr.<br />

1701 zum Kirchendach 600 Blatten, 300 Oberziegel, 60 Firstziegel,<br />

6 Scheffel Kalch und 40 Latten, letztere vom Vogt von<br />

Hausen gekauft. Dem Sägmüller von Jungingen für 31 Bretter<br />

samt Fuhrlohn zahlt 5 fl. Für zwei Antipendien oder<br />

Fürhäng, wozu die Bretter geben, 43 kr.<br />

1702 für 2 neue Fenster dem Glaser zu Gammertingen und<br />

alte zu bessern 4 fl 24 kr. Für 6 Wägen Sand bei der Wolfsgrube<br />

graben 1 fl 15 kr.<br />

1703 den Maurern von Gausefingen für Kirchendach und<br />

Mauer, Treppen usw. 13 fl 30 kr. Dazu 22 Scheffel Kalk und<br />

7 Wagen Sand. Dem Schreiner für neue Kanzel<br />

12 fl.<br />

1704 dem Hans Georg Bulach von Hechingen dort unsere<br />

Uhr zu machen, daß sie wieder in Gang kommen, 14 fl 45<br />

kr. Item haben wir an den Konstanzer abgeschlagenen<br />

Kreuzern verloren 2 fl, ebenso an roten Pfennigen 2 fl. Für<br />

13 Ehlen rote Bändelen an die Sterbe- und Rosenkranzbruderschaft<br />

ausgelegt 30 kr.<br />

1706 für 5Vs Ehlen Zeug zu einem Rock Unser Ib.<br />

Frauen 5 fl 45 kr, 15V-2 Ehlen Zeug dem St. Josef zu<br />

einem Rock und einem Meßgewand 17 fl 3 kr. (Damals<br />

war es üblich, die Statuen zu bekleiden, bis Josef II. diese<br />

Sitte verbot. Der St. Josef stand 1931 noch verlassen auf der<br />

Kirchenbühne mit einem Christus an der Geißelsäule, einem<br />

leuchtertragenden Engel, einer hl. Magdalena unter dem<br />

Kreuz, dessen Stamm jedoch abgesägt war.) Ein armes Bettelweib<br />

zu vergraben 30 kr.<br />

1708 fünf Ehlen Zeug von Seiden Unser Lb.<br />

Frauen zu einem Mantel 5 fl 50 kr.<br />

1709 Generalvisitation durch Ihre Gnaden Herrn Weybischoffen<br />

(Konrad Geist von Wildegg) aus Konstanz zu<br />

Trochtelfingen.<br />

1711 dem Maurer Peter Geiger für Dach und Mauern ausbessern<br />

7 fl. Dem Bildhauer für die 4 Evangelisten zur Kanzel<br />

4 fl. Dem Franz Vogel, Maler (von Hechingen)<br />

die neu Kanzel zu fassen 25 fl, ferner demselben für<br />

beide Seitenaltäre blau zu färben und mit<br />

Goldadern zu sprengen 7 fl 30 kr. (Nicht die heutige<br />

Kanzel und Altäre!) Dem Malerjungen 30 kr.<br />

1712 dem Goldschmied von Balingen den Kelch<br />

zu vergolden 7 fl 30 kr.<br />

1715 Pfleger sind Johann Dähmer und Caspar Baur. Der<br />

Vogt Zachar Pfister hat von dem Heiligenfond 22 fl aufgenommen,<br />

die von der Rosenkranzbruderschaft herrühren.<br />

1716 am Veitstag sind acht fremde Herren hier gewesen,<br />

4 fl. Dem Ziegler zu Grosselflngen für 18 Malter<br />

Kalch 5 fl 24 kr und Fuhrlohn 3 fl 22 kr. Für 3 Wagen Sandstein<br />

von Rommerstal unterhalb Stein b. Hech. anherführen<br />

3 fl 56 kr.<br />

1717 für ein Castrum zu den Exequien (sonst „Castrum<br />

doloris" oder Tumba) dem Schreiner 30 kr.<br />

1718 ein neues Fahnenblatt 2 fl. Johann Ygel, Schneider<br />

in Riedlingen, erhält für einen neuen Fahnen 6 fl 30 kr. Den<br />

Himmel repariert 1 fl 16 kr.<br />

1720 dem Maurer Josef Schäfer von Stetten u.<br />

Höllstein für einen neuen Ansatz oder Chor an die<br />

(Schluß)<br />

Kirche veraccordiert für 150 fl, gleich bezahlt 56 fl. Steine<br />

und Ziegel mit Fuhrlohn 38 fl 8 kr. 102 Va Scheffel Kalch 8<br />

fl 32 kr 3 hl. Item hat gnädigste Herrschaft 4000 Blatten und<br />

60 Malter Kalch aus dero Ziegelhütten gnädigst verabfolgen<br />

lassen für 30 fl. Fuhrlohn hierher 5 fl 15 kr, den Kalch abzulöschen<br />

8 fl 7 kr 3 hl. Für Sandgraben an der Herrenstaig<br />

und vom Gaißziehl, auch für Brunnensand im Dorf samt<br />

Fuhrlohn 29 fl 22 kr. Dem Ziegler für Blatten und Ziegel<br />

20 fl 40 kr 3 hl; Bretter von Ebingen und Jungingen und<br />

Stein 54 fl 8 kr. Jakob Herre (von Neufra?) für den Dachstuhl<br />

auf den Chor zu machen 15 fl. Demselben für den<br />

Dachstuhl auf die neue Sakristei und Bohrbühne<br />

oder Gestell zu der Orgel zu machen samt Türgerichter<br />

5 fl 33 kr. (Hier ist erstmals die Rede von einer Orgel,<br />

die vielleicht vorn auf der Sakristei stand?) Für Zimmerholz<br />

und Gerüststangen 14 fl 12 kr. Bestechen der<br />

Mauern 8 fl 32 kr. Für ein Getäfer im neuen Chor und<br />

Sakristei und ganzer Kirche, den Altartrappen und anderes<br />

22 fl 21 kr. Dem Schmied 15 fl 50 kr. Dem Nagelschmied 9<br />

fl. Dem Glaser von Gammertingen für 2 neue Fenster in den<br />

Chor, ferner reparieren in Sakristei und Borkirche (Empore)<br />

15 fl 30 kr. Dem Pedellen, als er die Erlaubnis zu Bauen<br />

überbracht, 2 fl 20 kr. Summa Baukosten 379 fl 29 kr 3 hl.<br />

1721 dem Orgelmacher von Hechingen für eine<br />

neue Orgel 55 fl. Dem Schreiner für Blasbälg mit Bretter zu<br />

fassen 1 fl. Für Stangen, Bretter und Kloben 4 fl 39 kr.<br />

1722 dem Schreiner von Ringingen für den<br />

Choraltar zu erweitern und zu erhöhen sambt<br />

vier neuen Säulen und Nebengestell zu machen<br />

und zu fassen 16 fl 30 kr. Trinkgeld und Zehrung 2 fl. Demselben<br />

die Bruderschaftsstäb zu fassen 3 fl 30 kr. Demselben<br />

Schreiner für drei Bilder St. Georg, St. Veit und<br />

St. Pelagii auszubessern und zu fassen 2 fl.<br />

Item verschiedene Bilder auszubessern und zu fassen 3 fl.<br />

Für Gold und Farben von Ebingen 3 fl 30 kr. (Es ist sicher<br />

einer der drei Schreiner Hascher, Raimund, Hansjörg<br />

und Philipp, die 1713—14 die Altäre in Ringingen erbauten.<br />

Der mittlere arbeitete 1712 in Weilheim, heißt „von Hechingen".<br />

Raimund heiratete 1716 zu Ringingen ins Haus 17 und<br />

starb 1726. Hansjörg scheint 1719 als Schulmeister zu Ringingen<br />

fungiert zu haben.) Für ein Kreuz zu den Prozessionen<br />

und Umbgäng 2 fl. Für Lindenholz zum Altar und Stangen<br />

herzuführen 49 fl. Demselben Schreiner für 2 Lilien<br />

auf den Bruderschaftsaltar 30 kr. Demselben für ein Kreuz<br />

zu der Bruderschaft 48 kr. Dem Schreiner für einen<br />

Arm und Hand auf die Kanzel 20 kr. Demselben<br />

das Kreuz auf dem Kirchhof auszubessern und zu fassen<br />

1 fl 30 kr. Ihm dem Schreiner von einer Sonnenuhr<br />

an die Kirche auszuteilen und zu malen 40 kr<br />

Ihm verehrt 12 kr. Item den Kirchendienern, welche sich<br />

das Jahr über bei der Orgel gebrauchen lassen, 6 Personen,<br />

verehrt 1 fl 30 kr. Denen Ministrantenbuben dieses Jahr 24<br />

kr. Wie die Orgel wieder gestimmt worden, dem, so dabei<br />

die Bälge gezogen, gegeben 10 kr. Dem Maurer von Stetten<br />

von seinen 94 fl bezahlt 47 fl 30 kr. (Die Jahre 1724—38<br />

fehlen.)<br />

1739 dem Schneider für 4 Meßgewänder umzukehren 3 fl<br />

6 kr. Für Kinderlehrwaren 54 kr. Den Herren Martin und<br />

Christian Schmid von Hechingen, Glasern, für die Kirchenfenster<br />

zu machen, so durch das Hochgewitter eingeschlagen<br />

worden, 9 fl 37 kr. Im Ausstand geblieben dieses<br />

Jahr um der Armut der Leute willen im Ganzen 177<br />

fl 56 kr IV 2 kr.<br />

1740 dem Herrn Pfarrer statt der Refection (Vesperbrot)<br />

in festo Corporis Christi gegeben 30 kr. Zwei Maienbüschle<br />

auf den Hochaltar 2 fl 19 kr. Für Convivia-Täfelchen 6 kr.<br />

Ein Fäßle Oel mit 8'/.' Maß, so wir zu Memmingen erkauft<br />

4 fl 10 kr. Für das K r i p p 1 e und Tafeln ausbessern 46 kr.<br />

Josef Mautz, Mesner und Fieckenschreiber, hat dieses<br />

Jahr unsere sämtlichen Einnahmen und <strong>Ausgabe</strong>n zu<br />

Papier gebracht und deswegen als Lohn erhalten 20 kr. Im<br />

Ausstand geblieben 191 fl 23 kr 3 hl. Heiligenpfleger sind<br />

Vogt Peter Mayer und Johann Diemer (Dehmer) Sonnenwirt.<br />

Als der Kelch zu Zwiefalten geweiht worden, bezahlt 24 kr.<br />

Dem Sägmüller von Jungingen für Bretter, Flecken und Latten<br />

12 fl 52 kr. Dem Orgelmacher von Ueberlingen<br />

für eine neue Orgel 110 fl (etwa dem von<br />

Hechingen stammenden Aichgasser?), woran aber von der<br />

Bruderschaft bezahlt worden 43 fl 20 kr. Dem Orgelbauer<br />

beim Orgel-Aufrichten Kostgeld für 12 Tage ä 12 kr, zusammen<br />

7 fl 12 kr. Dem Christian Schey für ermelte Orgel<br />

von Ueberlingen anher zu führen 8 fl 30 kr. Dem Zimmer-


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 45<br />

mann Andreas Miller für einen neuen Durchzug zu der<br />

Orgel ferner die Borbühne (Empore) mit Stühlen (zu versehen<br />

) für 25 Tage, ä 18 kr, macht 7 fl 30 kr. Dem Christian<br />

Baur wurde wegen abbrechen der alten Orgel, die neue aufrichten<br />

und mit Kreuzgatter einzufassen für 28 Arbeitstage<br />

gegeben 7 fl 28 kr. Dem Landschreiber Mader (in Heeningen)<br />

für Renovation des Heiligen 42 fl 30 Kr (Beschreibung der<br />

Heiiigeneinkünfte!). Ihre wohlehrwürdigen Herin Pfarrer<br />

(Joh. Christian Schopf), als er im Namen von Konstanz der<br />

Renovation 15 Tage beiwohnte 10 fl. Den 12 (Orts-)Richtern<br />

wegen Unterschreiben der Renovation jedem 8 kr, macht 1<br />

fl 36 kr. Dieses Jahr blieben austehen 176 fl 1 kr 3 hl.<br />

1742 für Ehlen Band zu der Muttergottes und St. Josef<br />

1 fl 24 kr. Kinderlehrsachen (für Christenlehre) 1 fl 16 kr.<br />

Ein Weihwedel 18 kr. Dem Ziegler Wendelin Entreß für 400<br />

Blatten 2 fl. Dem Schreiner für Laubwerk zu der Orgel<br />

3 fl 43 kr. Die Orgel zu malen und Färb dazu 2 fl 30 kr.<br />

1746 an Kirchenstrafen gingen ein 43 kr, und an Opfer<br />

am St. S e b a s t i a n s t a g 1 fl 53 kr 3 hl. Opfer an St.<br />

Veitstag 8 fl 29 kr und dazu aus geopferten Hühnern erlöst<br />

von 11 Stück 2 fl 12 kr. Aus dem Opfterstock dieses Jahr<br />

erhoben 40 kr (d. h. 1742/43; Termin wohl Ostern!) Von der<br />

Gemeind allhier haben wir von der Viehseuche auch<br />

an Opfer eingenommen 18 fl 24 kr. Für die Fleckenkerze<br />

haben die Burgermeister von der Burgerschaft eingesamblet<br />

und anhero geliefert 2 fl 11 kr. Für die Jägerkerze<br />

wurde von dem fürstl. Meisterjäger anher geliefert<br />

1 fl. Für 2 Malter 4 Viertel Veesen zahlt der Sonnenwirt Johann<br />

Dehmer 15 fl, für 4 Mit. 4 Vtl. 2 Imi Haber zahlte derselbe<br />

19 fl 24 kr. Für 2 verkaufte alte (wohl geopferte) ihmen<br />

wurde gelöst 8 fl 20 kr, für einen jungen Ihmen 2 fl. Der<br />

Heilige von Gauselfingen hat für die Hostien jährlich zu<br />

zahlen insgesamt 10 kr. Den Maurern Michael und Andreas<br />

Bauß von Stetten u. Holnstein für 78 Tag<br />

Kirchenrenovation 31 fl 12 kr, also täglich 24 kr.<br />

1748 dem Uhrmacher Benedikt Fischer für eine neue<br />

Kirchenuhr in allhiesige Pfarrkirche 62 fl 52 kr. Dem<br />

Schreineer (Josef Neser, Altarschreiner!) von R i n g i ng<br />

e n für 2 neue Uhrentafeln zu machen 22 fl. Dazu benötigt<br />

24Va Pfund Baumöl zu 6 fl 7 kr. Und weilen die Uhr 2Va<br />

Zentner gewogen, hat der Uhrmacher zu einer Zubuß weiter<br />

verlangt 8 fl. Als man die alten Uhrtafeln abbrochen und die<br />

neuen angemacht, ist durch Herrn Pfarrer, Heiligenrechner,<br />

Mösner, Schreiner und 2 Männer in den 2V2 Tagen verzehrt<br />

worden 2 fl 23 kr.<br />

1749 von einem hl. Geist samt den sieb : n Gaben<br />

zu machen und zu fassen ist bezahlt worden<br />

2 fl 30 kr. Von 3 Votivtafeln zu machen 1 fl 48 kr. Für 2<br />

Gläser vor die Reliquien 1 fl 20 kr. Dem Christ<br />

Bauren für ein Totenbährlein in die Kirche, zu den Jahrtägen<br />

zu halten, samt 4 Leuchtern 1 fl.<br />

1750 dem Glaser von Stetten für die Fenster flicken, so<br />

durch das Hochgewitter hereingeschlagen worden, 2 fl<br />

48 kr. Franz Scherb für die Blasbälg ziehen 1 fl 30 kr.<br />

1752 zwei große und 2 kleine Bruderschaftsfähnlein kosten<br />

69 fl 15 kr. Davon trug die Bruderschaft 16 fl 30 kr. (Maler)<br />

Ambros Reiser in Gammertingen erhält für 4<br />

Fahnenblätter und 4 Fahnenstangen und einen<br />

Christus zu malen und zu fassen 15 fl baar.<br />

1753 dem Maler mußte von dem großen Kruxifix,<br />

Mutter Gottes und St. Johannes ±sild zu<br />

fassen und zu malen geben werden 6 fl. Für die Bilder<br />

nach Gammertingen tragen und wieder holen 16 ki. Dem<br />

Glaser von Stetten u. Höllstein für 3 neue Fenster 23 fl.<br />

Dem Schmied für Eisen und Arbeit 24 fl 12 kr 3 hl.<br />

1755 sind Heiligenpfleger Peter Mayer Vogt, und Christian<br />

Schülzle.<br />

1756 für 2 Kränze auf St. Veits Altar und die<br />

alten Blumen auszubessern 2 fl 45 kr. Dem M a -<br />

ler von Veringenstadt für verschiedene Malarbeit<br />

in der Kirche 12 fl. Dem Kantengießer für 1 Käntlein 7 kr.<br />

Für Türkisch Papier bezahlt 2 kr.<br />

1757 Hans Martin Hoch von Gönningen, Bienenmann, erhält<br />

für 34 Pfund Wachs 27 fl 12 kr.<br />

1758 für 4 Buch Beichtzettel 2 fl (bisher war nie die Rede<br />

von solchen!). Dem Juden Heilbronner mußte vermög Anweisung<br />

vom Herrn Vicaris (Peter Mayer von hier!) für<br />

einen Kelch zu vergulden bezahlt werden 7 fl 25 kr. Dem<br />

Zimmermann für Glockenstuhl und Uhrenhäusle machen 2<br />

fl 54 kr. Dem Uhrmacher Georg Jakob Bulach von Hechingen<br />

für die Kirchenuhr reparieren 44 fl. (Auf einem Zettel:<br />

„Diesem Herrn Collectanten Johanni Steiner solle von dem<br />

Heiligen herausgegeben werden als eine Beisteuer 1 fl, sage<br />

1 Gulden".)<br />

1759 dem Herrn Vicari für einen schwarzen Kragen bezahlt<br />

30 kr. Dem Orgelmacher zu Hechingen für<br />

die Orgel zu reparieren 6 fl 30 kr.<br />

1762 dem Veit Hegner vom Steig für die Uhr einzurichten<br />

12 kr. Dem Karl Cary von Hechingen für Damast und Zubehör<br />

für ein Meßgewand 30 fl 8 kr 3 hl. Dem Herrn<br />

Pfarrer Färber zu dem Pfarrhofbau 53 fl 49 kr.<br />

1764 dem Herrn Pfarrer zum Pfarrhausbau vorgeschossen<br />

d. h. zur Reparation 120 fl 52 kr 3 hl. Dem Michael Winter<br />

für den Ihmen zu futtern 12 kr. Dem Uhrmacher von Hechingen<br />

für die Kirchenuhr reparieren 9 fl 55 kr. Dem Herrn<br />

Pfarrer zur Reparation des Pfarrhofes 50 fl.<br />

1765 sind Anton Demer, Vogt, und Josef Rieoer, Mesner,<br />

auch Heiligenpfleger. Die Reparation des Pfarrhauses kostöte<br />

insgesamt 290 fl, dazu hat der Heilige noch beigetragen 38 fl<br />

11 kr.<br />

1767 dem Johann Christoph Schmid von Augsburg für 2<br />

Meßkäntlein 3 fl. Johann und Georg Graf erhalten für Sandgraben<br />

zum Turm 3 fl. Acht Pfd. Eisen zum Gehängwerk, den<br />

Turm zu reparieren 1 fl 18 kr. Den Maurern Peter, Michael<br />

und Philipp Klaiber von Gauselfingen für Reparierung der<br />

einen Turmseite und ein Stück der Kii chenrnauer 12 fl 36<br />

kr. Nach Konstanz um Erlaubnis ein altare portatile (Tragaltar)<br />

in der (Kapelle) brauchen zu dürfen laut Cliterals bezahlt<br />

4 fl 20 kr.<br />

1768 für ein Singbuch in die Kirche samt Band nach Augsburg<br />

bezahlt 2 fl 48 kr. (Neuer Hochaltar vom<br />

Hechinger Schreiner Johann Georg Glocker<br />

für die vorhandene Madonna erbaut.) Den Klosterfrauen<br />

nach Stetten für eine Krone zum Ciborium 5 fl. Für eine<br />

neue "Messe 12 kr.<br />

1770 für 4 neue Messen nach Konstanz (wohl ins Meßbuch)<br />

16 kr. Zu dem Kirchenbau sind heuer beigetragen<br />

worden 161 fl. (Da die Rechnungen des Jahres 1769/70 fehlen<br />

und bisher nichts von einem Kirchenbau zu finden war, kann<br />

dieser nur in diesem Rechnungsjahr getätigt worden sein.<br />

Offenbar hatte der Heilige keine Baupflicht. Auch ist nicht<br />

sicher, ob es sich nicht nur um einen Umbau durch Großbayer<br />

handelte!)<br />

1771 dem Lammwirt Fortunat Bailer für 15 Maß Kommunikanten-<br />

und St. Johannissegen-Wein, ä 12 kr, macht 3<br />

fl. Dem Orgelmacher von Hechingen für die Reparatur<br />

der Orgel 20 fl. Mit dem Maler (Ferdinand Dent)<br />

zu Hechingen wegen Malung der Kirche<br />

wurde ein Akkord abgeschlossen, wobei verzehrt<br />

worden 2 fl 20 kr. Dann sind wir wegen dem Kirchenbau<br />

nach Hechingen geschickt worden und brauchten an Zehrung<br />

1 fl 12 kr. (Zum Malakkord siehe „Mittig. Hohenzollern" 63,<br />

1932, S. 44—45!) Dem Adlerwirt dahier wurde für Kost bezahlt<br />

11 fl 46 kr. Am 17. Juli wurde dem Maler vom Kirchenmalen<br />

vorerst bezahlt 50 fl. Den Maurern für 31 Klafter<br />

neue Kirchenmauer und Arbeit 45 fl 12 kr. Dieses<br />

Jahr wurde beim Einwechseln besserer Münz verloren 1 fl<br />

Fischingen. Ruine Wehrstein.


46 HOHENZOLLEKISCHE HEIMAT Tghrsane<br />

46 kr. Dem Ziegler für Kalch und Blatten zur neuen Kirchenmauer<br />

20 fl 26 kr. Dem Johann Graf für Arbeit auf dem<br />

neugeweihten Friedhof 24 kr. (Er war offenbar erweitert<br />

worden.) Dem Schreiner Johann Georg<br />

G1 o c k e r von Hechingen, da selbiger die Kirchenstühle<br />

gemacht und Altäre samt Kanzel aufgerichtet,<br />

14 fl.<br />

1772 zu St. Veits Tag haben wir in des Pfarrers Kuchel<br />

Trinkgeld geben 30 kr. Den hiesigen Arbeitern, da ein Stück<br />

von der Mauer eingefallen 7 fl 3 kr. Dem Maler zu<br />

Hechingen von seinem Konto weiter 50 fl. (1772 schuf<br />

laut Signierung Maler Josef Anton Vogel von<br />

Hechingen das Obere Gemälde am Hochaltar!) Denen<br />

hiesigen Maurern für den Großbayer wegen<br />

dem Kirchenbau noch bezahlt 25 fl. Dem Großbayer<br />

selbsten seine Forderung gar (vollends) abgeführt<br />

mit 5 fl 41 kr. (Dieser Großbayer ist niemand anders als der<br />

Baumeister Christian Großbayer von Haigerloch, der in der<br />

Umgegend einige Kirchen baute, vgl. Hodler, Gesch. des<br />

Oberamts Haigerloch 1928, S. 584. Die Architektur der St.<br />

Georgskirche in Burladingen verrät unverkennbar dieses<br />

Baumeisters Hand!)<br />

1773 dem Maler Ferdinand Dent von Hechingen<br />

sind an seiner rückständigen Forderung heuer bar<br />

bezahlt worden 61 fl. Dem Maler Vogel allda für<br />

den Hochaltar zu fassen, so die Rosenkranzbruderschaft<br />

beigelegt, beigesteuert 15 fl. Dem Schreiner<br />

G 1 o c k e r von Hechingen für Schneidarbeit am<br />

Hochaltar 6 fl. Orgelreparatur 8 fl. Den Burladinger<br />

Maurern für ringsherum die Mauer abheben und neu dekken<br />

12 fl 16 kr. Den beiden Pflegern für 2 Gäng nach Hechingen<br />

wegen dem Maler und der Rechnung und der<br />

Kirchweihung bezahlt 1 fl 26 kr.<br />

1774 für Beicht- und Kommunionzettel einem Buchdrucker<br />

von Riedlingen (wohl Ulrichs sei. Witwe) bezahlt 4 fl 4 kr.<br />

Dem Maler Josef Anton Vogel zu Hechingen ist<br />

nacheinander bei dreimaligem Hiersein bezahlt worden und<br />

der Rosenkranzbruderschaft (zum Altar?) beigesteuert 43 fl<br />

30 kr. Dem Schreiner G 1 o c k e r allda für Arbeit am Hochaltar<br />

7 fl. Dem Schreiner Josef Graf dahier für Arbeit beim<br />

Glocker zum Altar 1 fl und 25 kr. Dem Maler Dent in<br />

Hechingen in zwei malen 42 fl. Dem Herrn Forstmeister für<br />

ein Wildstück, die vom Maler Vogel ihm assignierten 5 fl.<br />

Dem Josef Scherb von hier für Nägel zur Kanzel und zum<br />

Altar 2 fl 21 kr. Dem Bartie Sauter für Kohlen für den<br />

Maler Vogel beim Altarfassen 56 kr. Richard Baur<br />

machte das Gerüst zum Halten des Hochaltars für 54 kr.<br />

Maler und Schreiner und 4 Mann verzehrten beim Altaraufrichten<br />

2 fl 28 kr. Drei Maurer erhalten für weitere Arbeit<br />

an der Kirchenmauer 6 fl 18 kr.<br />

1775 dem Glaser Gottlieb Barth von G a m m e r -<br />

t i n g e n die Fenster zu glasen, so durch das Hochgewitter<br />

1765 verschlagen worden, 3 fl 12 kr. Dem Richard Baur für<br />

eine Mettenrätsche und Bretter an das Schalloch 50 kr. Dem<br />

Maler Ferdinand Dent für Verdienst 25 fl 41 kr.<br />

(Alles in allem empfing er laut eigenhändiger Quittung 230<br />

fl 41 kr von 1772 bis 1776 ) Dem Uhrmacher von Meldun-<br />

Der Trochtelfinger Dekan Januarius Fidelis Severin Engelhart<br />

erhielt am 9. April 1796 vom Ordinariat Konstanz den<br />

Auftrag, sich nach Bisingen und Umgegend zu begeben und<br />

den Antrag der Gemeinde, auf eine eigene Kaplanei wegen<br />

seiner Durchführbarkeit zu prüfen, die Antragsteller samt<br />

den Pfarrern von Steinhofen und Thanneim und den Kollegiatsherren<br />

von Hechingen anzuhören, den Stand der vorhandenen<br />

Mittel, auch das Kircherigebäude zu untersuchen<br />

und ein Protokoll aufzunehmen.<br />

Am 10. Mai wurde dann in Bisingen die Untersuchung eröffnet,<br />

wo namens der Gemeinde der herrschaftliche Vogt<br />

Friedrich Sauter, der Burgermeister Melchior Gfrörer, die<br />

beiden Heiligenpfleger Hubert Ott und Josef Lämmle, ferner<br />

Luzian Binder und Mathias Rager die Wiedereinrichtung<br />

der früheren Kaplanei beantragten. Sie konnten<br />

jedoch keinen Stiftungsbrief vorlegen, sondern vermuteten,<br />

er liege im Archiv des Fürsten in Hechingen, was sich<br />

jedoch nicht bewahrheitete.<br />

Sie sagten, ihre Gemeinde sei 170 Familien stark, während<br />

Steinhofen und Thanheim zusammen fast um ein Drittel<br />

schwächer seien. Gegen ihren Pfarrer in Steinhofen hätten<br />

sie keine Klage, aber es sei bei ihnen nur all ander Sonnund<br />

Feiertage eine Frühmesse, und außer an Patrozinium<br />

(St. Nikolaus) und Kirchweihe niemals Predigt, und dazu<br />

Von der Bisinger Kaplanei<br />

gen für Ausputzen und Reparierung der Uhr 5 fl 30 kr. Für<br />

ein Pfund Weih- und 3 Pfund Waldrauch 1 fl 30 kr. Dem<br />

Josef Graf, Schreinermeister, für 3 Kinderstühlchen in den<br />

Chor 20 kr.<br />

1776 für 6. Kugeln und ein Ampelglas zum Heiligen<br />

Grab dem Dilger in Hechingen ausgelegt 44 kr. (Diese<br />

farbigen Glaskugeln waren damals sehr beliebt; es wurde<br />

je eine Kerze oder Ampel dahintergestellt!) Richard Baur<br />

machte das Gerüst zum Glockenturm für 3 fl 6 kr. Kaspar<br />

Hauser hat den Turm frisch bestochen usw. für 16 fl 20 kr.<br />

1780 weitere 13 Kugeln zum hl. Grab kosten 2 fl 10 kr.<br />

Für einen bischöflichen Katechismus bezahlt 9 fl 8 kr. Der<br />

Philipp Klaiber von Gauselfingen erhält für Einbinden eines<br />

Taufbuchs 30 kr.<br />

1782 für die Kirchenfenster, so der Sturm hereingerissen,<br />

4 fl 15 kr. Dem Maler von Gammertingen für ein<br />

Fahnenblatt (Oelgemälde für eine Fahne) 5 fl 30 kr. Dem<br />

Mathias Heim die Uhr nach Hechingen zu führen 30 kr. Sie<br />

zu renovieren 6 fl.<br />

1783 dem Anton Mayer die Uhr nach Hechingen zu führen<br />

1 fl 12 kr. Dem Mathias Heim dieselbe wieder zu holen 1 fl<br />

12 kr. Dem Jakob und Josef Färber wegen ihres Herrn Bruders<br />

hinterlassener Kirchenbaurechnung zurückbezahlt<br />

123 fl 23 kr. (Ihr Bruder war nämlich Pfarrer in Burladingen<br />

gewesen.) Dem Jakob Färber für 2 Peroquen (Perücken!<br />

für die Mutter Gottes und das Jesuskind bezahlt<br />

1 fl 30 kr.<br />

1784 dem Herrn Stadtpfarrer Lelle (?) bezahlt 1 fl 30 kr.<br />

Ein versilbertes Rauchfaß samt Schiffle kostet bei Sebastian<br />

Engel 16 fl 30 kr. Dem Jörg Glocker, Schreiner, für<br />

Farben zum hl. Grab 40 kr. Dem Glasträger Benedikt für<br />

6 Kugeln und 1 Ampel 42 kr.<br />

1785 dem Eisenhändler Kasimir Lorch von Killer für ein<br />

Sakristeiglöckle und Sanktusschellen bezahlt 3 fl 4 kr. Sebastian<br />

Rieber hier, F r i s e r und Schneider, hat für die<br />

Kirch bei der Spinnerin falsche Spitz geholt, die Elle zu 12<br />

kr, dazu Seide für 14 kr. Hat ferner ein Ziboriummäntelchen<br />

gemacht für 8 kr, den Manibel und Stol geflickt für 6 kr.<br />

Den Engel frisiert für 1 fl, eine Vorstecknadel zu den<br />

Haaren geliefert zu 5 kr, Summa 1 fl 37 kr. Der Uhrmacher<br />

Thomas Oth von Melchingen hat die Uhr repariert für 30 kr.<br />

1787 Jakob Bulach von Hechingen repariert die<br />

Uhr für 7 fl. Das Beinhaus zu reparieren kostet 7 fl. Der<br />

Seiler Ott zu Ringingen erhält für 2 Totenseiler<br />

30 kr.<br />

1788 Johann Baur hat die Mettenrätsche geflickt und eine<br />

Klapper gemacht zu 16 kr. Heiligenpfleger sind Moritz Jauch<br />

und Peter Pfister. Der Maler von Gammertingen<br />

erhält für Fahnenblätter 8 fl 12 kr.<br />

1792 Konrad Keppner, Orgelmach, r von<br />

Geisingen, erhält für Reparatur der Orgel 17 fl.<br />

Doch brechen wir hier ab. Manchem Leser mag schon bisher<br />

Langeweile gekommen sein. Doch wer offenen Auges<br />

und regen Sinnes die trockenen Angaben liest, findet viel<br />

Wissenswertes auf den Gebieten der Kunst, des Handwerks,<br />

der Kultur und des Gottesdienstes, sowie des Geldwesens.<br />

Joh. Adam Kraus.<br />

Christenlehre nur alle 14 Tage. Dies alles falle ihnen mit<br />

ihren 700 Einwohern überaus schmerzlich, zudem sie eine<br />

Kirche hätten, aber darin keine Gelegenheit den „sakramentaiischen<br />

Gott anzubeten und in vorfallenden täglichen Anliegen<br />

des Leibes und der Seele Trost und Hilf» zu suchen."<br />

Auch bestrebe sich ihr Pfarrer seit neuestem, ihnen entgegenzuwirken,<br />

statt behilflich zu sein. Der Kirchweg nach<br />

Steinhofen sei auch nicht so leicht zu machen, weil die<br />

Aecker alle über ihn Wegstrecken, und folglich der Weg den<br />

Bauersleuten im Pflügen hinderlich sei.<br />

Als Einkommen des hl. Nikolaus in Bisingen geben sie an:<br />

Ewige Helierzinsen 1 fl 30 kr, Kapitalien 816 fl 55 kr. An<br />

Früchten solle das Kollegiatstift Hecningen wegen des Zehnten<br />

von 70 Jauchert Acker und 7 Mannsmahd Wiesen jährlich<br />

geben: Vesen 5 Malter 6 1 /» Viertel, und Haber 2 Mit.<br />

I2V2 Vtl., die aber trotz der 1719 und 1749 ergangenen richterlichen<br />

Erkenntnis bis dato nicht geliefert wurden.<br />

Ferner ist aus einem alten pergamentenen Büchlein mit<br />

Beschreibung der Zinsen und Güter des Heiligen, die dem<br />

Kaplan zur Nutznießung überlassen wurden, zu entnehmen,<br />

daß er die Kirche mit dem Mesner und allen andern Notwendigkeiten<br />

versehen soll. Danach hätte die Heiligenpflege<br />

9 Jauchert Ackerfeld gehabt, aber heute keine Furche mehr.


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 47<br />

Laut Hagens Erneuerung vom Jahre 1544 bezog der Kaplan:<br />

Hellerzins 4 Pfund 17 Schilling (ß), Jahrzeitgeld zur<br />

Ingebühr 1 Pfd 15 ß 6 hlr, ablösig Jahrtagsgeld 5 ß 8 hlr und<br />

zelglich Geld auf dem Fürst 10 ß, an Vesen 12 Mit Burgmeß,<br />

nach Zeig Hochstraß Baiinger Meß 2 Vtl, nach Zeig Haitelberg<br />

Balg. Meß 2 Malter, nach Zeig Leeh Balg. Meß 6 Viertel.<br />

(1 Mit = 16 Vtl. 1 Pfund = 40 kr, oder 20 ß = 12 hlr).<br />

Haber 8 Mit Burgmeß. An Gütern besaß damals der Kaplan<br />

12 M Wiesen und 1 Platz, wovon 4 Mm zu Ackerfeld gebaut<br />

wurden. Andere Gefälle an den Kaplan waren: 4 Schultern<br />

(Schinken), 4 Gänse, 18 junge Hühner, 2 Viertel oder 240<br />

Eier, dazu Blut-, Hanf-, Kraut- und Obstzehnten aus einem<br />

gewissen Distrikt des Dorfes. Dazu kam das Kaplaneihaus<br />

mit Scheuer, die aber 1554 vom Grafen Jous Niklas von<br />

Zollern um 135 fl an Gilg Pfärsisch und Martin Schmid zu<br />

Bisingen verkauft worden waren. Was mit diesem Geld geschah,<br />

ist nicht bekannt.<br />

Hiergegen machte sich die heutige Bürgerschaft anheischig,<br />

dem Kaplan eine anständige Wohnung zu bauen und zu<br />

unterhalten, auf dem Platz neben der Kirche einen Garten<br />

anzulegen, einen Holzteil zu geben und auch sein Vieh und<br />

seine Schafe auf die Gemeindeweide zuzulassen. Falls dies<br />

alles nicht ausreichen sollte, will die Bürgerschaft die Güter<br />

und Gefälle an sich nehmen und dafür jährlich in bar dem<br />

Kaplan bezahlen, solange er lieber das Geld will.<br />

Am Nachmittag, den 11. Mai, wurde der Pfarrvikar von<br />

Thanheim verhört, Johann Nep. Schirott. Er brachte vor, die<br />

Kaplanei Bisingen sei seit 1598 mit der Pfarrei Thanheim<br />

verbunden und im württembergischen Präsentationsschein<br />

sei sie auch als Nebeneinkommen erwähnt. Nach einer<br />

Renovation von 1607 unter dem Hechinger Dekan Joh. Jakob<br />

Walch und fürstlichen Untervogt Melchior Zündelin vom<br />

Renovator Fecker angelegt, sei die Gemeinde Bisingen damals<br />

mit der Vereinigung der Kaplanei mit der Pfarrei<br />

Thanheim einverstanden gewesen. Bei einer Trennung hätten<br />

beide Geistliche nicht mehr ihr genügendes Auskommen.<br />

Er habe als Verweser von Thanheim all ander Sonn- und<br />

Feiertage in Bisingen Frühmesse zu halten, sowie am Nikolaustag<br />

und Kirchweih Predigt mit Amt und beziehe derzeit<br />

aus der Kaplanei Bisingen: Vesen 22 Scheffel 5 Viertel, und<br />

2Va Imi; Haber 13 Scheffel 6 Viertel, Hellerzinsen und Heuzehnten<br />

aus den Weilergärten ca. 3 fl. Die Kaplanei habe<br />

auch einen Garten, der Bugen genannt, den Kraut- und<br />

Hanfzehnten und aus 41 Häusern den Blutzehnten, ferner<br />

Aecker 4 Jauchert und Wiesen 7 Mannsmahd und 1 Viertel.<br />

Der Hechinger Stiftverwalter Brodorotti schickte am 12.<br />

Mai ein Schreiben, wonach der Zehntanteil der Kaplanei im<br />

Jahre 1602 vom Stift Hechingen käuflich erworben und der<br />

Kaufpreis einem Gläubiger ausgehändigt worden sei. Durch<br />

Uebereinkunft vom Jahre 1749 zwischen der fürstlichen<br />

-entkammer und Dekan Christian Debele zu Weilheim und<br />

Edmund Gottlieb Herp, Kammerer zu Steinhofen einerseits,<br />

Das redende Wappen der Boller<br />

Die Hechinger Familie der Boller oder „von Boll" hat wohl<br />

ihren Namen nach dem Herkunftsort, dem benachbarten<br />

Boll am Zollerberg. Ihr Wappen ist im Urkundenbuch des<br />

Klosters Stetten (Hohz. JHef 1957 Anhang S. 348 beschrieben<br />

und S. 385 abgebildet. Es stellt im Schild ein querliegendes,<br />

halbmondförmig gebogenes, Horn dar, auf dem ein<br />

aufrechter Stengel mit endständiger grasbüschelähnlichem<br />

Blütenquirl steht. Man vermutet, daß es sich um die sog.<br />

„Bolerblume" (Mentha pulegium) handelt, die als „redendes<br />

Zeichen" stark an den Namen Boller anklingt. Bekanntlich<br />

war dieses Anklingen bei den Wappen sehr beliebt, ohne<br />

daß man jedoch aus einem „redenden Wappen" auch die<br />

Erklärung des meist viel älteren Namens entnehmen könnte.<br />

Gibt es doch Wappen erst seit der Mitte des 12. Jahrhunderts!<br />

Beispiele sind u. a. für Böcklin ein Steinbock, für<br />

Ringingen 3 Ringe, für Bolzhausen 3 Bolzen, für Thum 1<br />

Turm, für Urach ein Ur oder Auerochs usw.<br />

Wie verhält es sich aber, wenn die Sprache inzwischen<br />

den alten Ausdruck für die Wappenfigur verloren, oder diese<br />

Figur überhaupt nicht mehr gekannt ist? Es sei nur an den<br />

Zuckerhut erinnert, der den Aelteren von uns wohlbekannt<br />

sein dürfte, von dem aber heute schon 20jährige Leute<br />

überhaupt sich keine Vorstellung mehr machen können, vor<br />

allem was den Hut angeht! Denn eine solche Hutform, wie<br />

einst die Zuckerhüte sie hatten, trägt doch kein Mensch<br />

mehr!<br />

Man kann sich nun fragen, ob nicht auch das Horn im<br />

Bollerwappen eine Anspielung auf den Namen enthalten<br />

und anderseits den Heiligenpflegern Abraham Lacher und<br />

Josef Schilling übernahm die Rentkammer und Dekan Christian<br />

Debele zu Weilheim und Edmund Gottlieb Herp, Kammerer<br />

zu Steinhofen einerseits, und anderseits den Heiligenpflegern<br />

Abraham Lacher und Josef Schilling übernahm die<br />

Rentkammer die Schuld von 385 fl 44 kr, hat aber noch<br />

nichts zurückgezahlt, sonst wäre ein Kapital von 816 fl vorhanden.<br />

Vor 7 Jahren hat die Gemeinde Bisingen die baufällige<br />

alte Kirche abgebrochen und neu erstellt.<br />

Dazu schössen zu: Das Kollegiatstift Hechingen als<br />

Zehntherr 500 fl, der Fürst 100 fl, eine Muttergotteskapelle<br />

im Flecken 400 fl. Württemberg als Zehntherr<br />

von 60 Morgen war zu 200 fl angesetzt, zahlte aber nichts,<br />

ebensowenig die Pfarrei Steinhofen wegen des Noval- und<br />

Kleinzehnten zu 50 fl, und die Pfarrei Thanheim zu 35 fl.<br />

Somit hat die Gemeinde außer obigen 1000 fl alles selbst<br />

getragen, wenn auch die Kirche noch nicht ganz „ausgemacht"<br />

ist. Alle Beteiligten unterschrieben das Protokoll.<br />

Vom Jahre 1436 2. Juli wissen wir, daß Kaplan Heinrich<br />

Zehender zu Bisingen auch die Pfarrei Steinhofen wie schon<br />

bisher seit einigen Monaten versehen soll (Kopb. 360, Stuttg.).<br />

Der dortige Pfarrer Conrad Zehender war wohl ein Verwandter.<br />

Am 10. April 1519 verzichtete Kaplan Johannes<br />

Y s e 1 i n auf die Kaplanei St. Katharina und Nikolaus in<br />

Bisingen. Für ihn wird als Kaplan verkündet Magister<br />

Eberhard Vogel von Meldungen, präsentiert durch den<br />

Grafen Joachim von Zollern als Vormund der Kinder des<br />

Grafen Franz Wolfgang. Er wurde am 17. Mai investiert,<br />

während Yselin als Pfarrer nach Dotternhausen kam.<br />

Die Bestrebungen der Gemeinde Bisingen um Wiederbelebung<br />

ihrer Kaplanei sind schon seit 1704 nachweisbar, wovon<br />

Akten in Freiburg vorhanden sind. Am 25. September<br />

1848 regte das Hechinger Dekanat auf Bitte der Gläubigen<br />

die Sache von neuem (auch bezüglich Zimmern) an, worauf<br />

das Ordinariat sich an die Regierung wandte. Diese jedoch<br />

bezeichnete den Plan als undurchführbar. Neue Anträge der<br />

Gemeinde Bisingen ergingen in den sechziger Jahren mit<br />

Unterschriftsammlung, wogegen sich die Pfarrer von Thanheim<br />

und Steinhofen wegen Schwächung ihres Einkommens<br />

sperrten. Letzterer erklärte sich dann 1864 zur Abtretung<br />

eines Kapitals von 13 750 fl einverstanden, worauf in Freiburg<br />

ein Dotationsurkunde der künftigen Kuratie von Bisingen<br />

entworfen wurde. Am 17. August 1865 wurde dann<br />

der Kaplan von Oberhaigerloch Otto von Frank als erster<br />

Kurat angewiesen, der in einem Privathaus unterkam. Dieses<br />

wurde dann gekauft und 1872 neu gebaut. 1870 folgte als<br />

Kurat Josef Fidel K1 o z in Zimmern, 1873 Josef S p e h in<br />

Wilflingen, 1885 Engelbert Schon in Liggersdorf, während<br />

Speh erst 1887 verzichtete, als er dann schon Pfarrverweser<br />

in Jungnau war. Kr.<br />

An das<br />

in<br />

Postamt


48 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

wollte. Merkwürdigerweise findet sich nämlich im Wappen<br />

derer von Bollstadt, denen der berühmte Gelehrte Albertus<br />

Magnus zugehörte, ebenfalls in rotem Schild ein aufrechtes,<br />

etwas geschwungenes weißes Horn, das seitlich mit<br />

drei Lilien besteckt ist. Das dürfte schwerlich ein bloßer Zufall<br />

sein! Dagegen nicht von Belang ist das Mundstück oben<br />

an diesem Büffelhorn der Bollstadt. Das Horn muß irgend<br />

etwas mit dem Namen Boll zu tun haben.<br />

Aber was? Im Mittelhochdeutschen Taschenwörterbuch von<br />

Lexer von 1930 S. 24 findet sich ein Zeitwort „bolen oder<br />

boln", das soviel wie „blöken, hupen, schreien oder<br />

tuten" bedeutet, also eben das Geräusch bezeichnet, das<br />

ein solches Naturhorn mit Hupen hervorbringt! Das Zeichen<br />

im Schild ist demnach ein Bolerhorn oder Blashorn<br />

und soll zusammen mit der Bolerblume zweifellos in doppelter<br />

Hinsicht ein redendes Wappen darstellen! Völlig verfehlt<br />

wäre jedoch die Vermutung, wenn jemand meinen<br />

möchte, die Boller hätten sich durch Tragen eines solchen<br />

Hornes oder Blasen desselben ausgezeichnet, oder seien gar<br />

mit Albertus dem Großen verwandt gewesen!<br />

Erwähnt sei noch, daß die Rottweiler Familie der<br />

Boller offenbar nicht hierhergehört, denn sie führte ein anderes,<br />

ebenfalls redendes Wappen: In Rot drei goldene gestielte<br />

Mohnkapseln oder -Bollen nebeneinander.<br />

Im Jahre 1957 hat unsere Gemeinde Boll am Hohenzoller<br />

von der Regierung folgendes Ortswappen genehmigt bekommen:<br />

„Unter von Weiß und Schwarz geviertem Schildhaupt<br />

in Weiß ein schwarzes Jagdhorn mit schwarzem<br />

Band." Somit ist das alte Horn der Boller wieder zu neuen<br />

Ehren gekommen.<br />

Nachträglich darf noch bemerkt werden, daß auch unser<br />

Zeitwort poltern zur obigen Wortfamilie b o 11 e r n gehört,<br />

denn das t ist nachträglich eingeschoben! Nach all dem<br />

scheint es nicht mehr zu abwegig, auch unser Festböller<br />

als Schallinstrumente hierherzurechnen, wenn man<br />

auch seit Schmellers bayerischem Wörterbuch die Böller als<br />

Wurfmaschinen erklären wollte, als was sie bei dem besten<br />

Willen nicht angesehen werden können! Joh. Adam Kraus.<br />

Kurznachrichten<br />

Hohenzollern<br />

Hohenzollern mißt 1142,283 qkm; davon entfallen auf das<br />

qkm. Es liegt (ohne die Exklaven) zwischen 47° 50' 12" und<br />

48° 27' 30" nördlicher Breite und zwischen 8° 32' 39"<br />

und 9° 27' 30" östlicher Länge. Ende 1958 zählte Hohenzollern<br />

96 208 Einwohner (davon der Kreis Hechingen 49 582 Einwohner<br />

und der Kreis Sigmaringen 46 626 Einwohner. Am 1.<br />

1. 12. 1910 zählte Hohenzollern 71 011, am 1. 7. 1914 72 966<br />

und am 8. 10. 1919 70 751 Einwohner.<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch<br />

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags-<br />

postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis<br />

von 80 Pfennig.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deutliche<br />

Schrift wird gebeten.<br />

Dotation der Frühmesse Benzingen<br />

1443 28. März. Die Gemeinde durch Schultheiß und Richter<br />

von Benzingen machen mit Zustimmung des Königs Friedrich,<br />

als ihres Kirchenvogts und Patronatsherrn, von dem sie<br />

einen besiegelten Brief deswegen haben, und des ehrsamen<br />

Pfaffen Rudolf Gaiß, Kirchherrn daselbst, und mit Hilfe<br />

der gemeinsamen Bauernschaft zur Ehre Gottes, der Mutter<br />

Maria und ihrer aller Seelenheil eine Stiftung an ihre Frühmesse<br />

am Marienaltar der Pfarrkirche. Sie stifteten folgendes:<br />

Hans Hartmann gibt jährlich 1 Pfd. 18 hlr. auf 1 Wiese<br />

in der Bitzi und aus 1 Acker imVogelsang, stoßt an die<br />

Gasse. Derselbe gibt 30 hlr. von der Hofstatt vor seinem<br />

Haus. Konrad Herr gibt 9 ß von 1 Wiese auf Schorren. Ulin<br />

Löffler gibt 10 ß von seinem Haus zu Veringen. Hans Klotz<br />

gibt ebenda aus seinem Haus 10 ß. Der junge Konrad Fauller<br />

gibt 5 ß aus seinem Haus, und Hans Behain 10 ß aus seiner<br />

Badstube, Hans Knisei 4 ß aus dem Haus, das früher des<br />

Fritz Kriesen war. Burkart Kriesen gibt 10 ß aus 1 Acker,<br />

den er von Pauli Löffler kaufte. Heinz Löffler 10 ß aus 3<br />

Juchart. Das Dorf gibt 4 Pfdi. von Waid und Holz zu Weinstetten.<br />

Doch soll der Kaplan das Recht haben, in einem<br />

Bühl Brennholz zu holen. Item 12 ß von Wiesen auf dem<br />

Hart. 30 ß aus einem Garten zu Veringendorf, 10 ß aus 1<br />

Wiese in Harbruck, 5 ß aus lWiese zw. dem Dorf und der<br />

Langenay gelegen. Konrad Fauler gibt 3 Pfd. 5 ß aus 1 Wiese<br />

am Stadacker, 14 ß von Cablins Wiese. Cuonz Witzigmann<br />

12 ß auf 1 Wiese zu Winterlingen unter Volken Zihl. Klaus<br />

Eckmann gibt 3 ß aus 1 Wiesen zu Winterlingen. Hans Fad<br />

6 Mit. 8 Vtl. Korn und Haber und 30 Eier aus 1 Lehen zu<br />

Weinstetten. Werner Berner 10 Schf. Korn und Haber und<br />

30 Eier. Konz Schick 2 Mit. Korn und Haber aus 1 Lehen zu<br />

Weinstetten. Hans Hartmann 6 Schf. Korn und Haber von<br />

Weinstetten. Peter Knaus 13 Vtl. Korn und Haber, auch 8<br />

Vtl. 30 Eier aus 1 Lehen in Weinstetten. Des Schmidlins<br />

Lehen und des Schiitzharts Lehen 2 Mit. Korn und Haber.<br />

Hans Hartmann 3V2 Mit. von Kochers Gut, Korn und Haber.<br />

Werner Berner 6 Vtl. Vesen und ebensoviel Haber. Bnez<br />

Mayer 6 Vtl. Vesen und 5 Vtl. Haber und nach der Zeig 2<br />

Schf. aus den Aeckern, die nicht verliehen sind. Pfründe hat<br />

eigene Behausung, Kaplan soll wöchentlich 2—3 Messen<br />

lesen in der Frühe. Sie bitten den Bischof Heinrich von<br />

Konstanz um Bestätigung. Siegler: Konr. Müstel Kirchherr<br />

zu Meßstetten, Dekan des Kapitels Ebingen und für den<br />

Pfarrer Rud. Gaiß, der kein Siegel hat. Friedr. Vogel, Kirchherr<br />

zu Bingen. Die Gemeinde hat kein Siegel. Vom Gen.<br />

Vik. bestätigt 3. 4. 1443. (Orig. Dom. Arch. Sigmaringen;<br />

schlechte Kopie im Erzb. Archiv Freiburg Urk. Z. 592; vgl.<br />

REC 4, 10743). Kraus.<br />

Das Urkundenbuch der Abtei St. Gallen, dessen erste<br />

Bände von Wartmann herausgegeben wurden, ist inzwischen<br />

auf Band 6 angewachsen, der von 1917 mit Unterbrechungen<br />

erschien und im Jahre 1955 mit Lieferung 6 (Register)<br />

von Stiftsarchivar Stärkle abgeschlossen wurde. Er erschien<br />

in der Fehr'schen Buchhandlung in St. Gallen in der<br />

Schweiz und reicht bis zum Jahr 1463.<br />

Das Wort „Bräutlauf", das in Ringingen noch um 1930(!)<br />

eine Art Verlobungsfeier in der Wirtschaft bezeichnete,<br />

und zwar am Tage, da die Verlobten beim Pfarrer ihre<br />

Hochzeit ansagten, bzw. deren Eltern die güterrechtlichen<br />

Abmachungen schlössen, bedeutete nicht „Wettlauf um die<br />

Braut", sondern soviel wie „Brauttanz" (Osk. Eberle in<br />

„Der Geschichtsfreund, Mitteilg. d. histor. Vereins von Luzern<br />

und Uri"; Bd. 111, 1958, S. 120 f.) Das altgermanische<br />

„hlaupan • • laufen" bedeute nämlich nicht eine Vorwärtsbewegung,<br />

sondern ein „auf und ab der Bewegung", oder<br />

tanzen, in die Knie gehen, auf- und abspringen. Nach dem<br />

ursprünglichen rituellen Brauttanz wurde schließlich die Gesamtheit<br />

der Hochzeitsfeierlichkeiten benannt. Unser Friedrich<br />

Eisele kannte das Wort in seiner „Geschichte Trochtelfingens"<br />

nur noch in der Bedeutung einer Abgabe an die<br />

Obrigkeit für die Hochzeitserlaubnis. In Ueberlingen bestand<br />

im 13. Jahrhundert die Bestimmung, daß zum Brautlauf<br />

höchstens 20 Schüsseln (beim Festessen) zugelassen seien!<br />

Merkwürdigerweise gehören hierher auch die Ortsnamen<br />

Laufen, Laufenburg o. ä. an Stellen, wo ein Bach<br />

über eine Felsbank hinabspringt. Ein solcher Wasserfall<br />

hieß nämlich im Mittelhochdeutschen 1 o u f. Vielleicht<br />

gehören sogar zur gleichen Wortfamilie die Wörter Luft<br />

(ursprünglich das Obere, der Himmel), das schwäbische<br />

lupfen = herauf- oder hinaufheben, sowie das (sich auf<br />

und abbewegende) Laub und die Laube, die eigentlich<br />

das (oben befindliche) Schutzdach oder das Luftige bedeutet.<br />

Krs.


Hohenzollerische Heimat<br />

Vierteljahresblätter für Schule und Haus<br />

Herausgegeben vom Verein für Geschichte,<br />

in Verbindung mit<br />

Schriftleitung:<br />

Josef Wiest, Gammertingen<br />

Postverlagsort Gammertingen<br />

Preis halbjährlich 0.80 DM<br />

Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern<br />

der hohenz. Lehrerschaft<br />

Druck:<br />

Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen<br />

Postscheckkonto Stuttgart 35 892<br />

Nummer 4 Gammertingen, Oktober <strong>1959</strong> 9. Jahrgang<br />

Man schrieb das Jahr 1565. Ein Spätherbstabend wars. Der<br />

Sturm brauste übers Land und trieb wilde Regenschauer<br />

prasselnd gegen die bleigefaßten Fensterscheiben. Aus dem<br />

Hochwald im Westen von Weildorf traten zwei in Regentücher<br />

gehüllte Gestalten. Die schreckten der Sturm und Regen,<br />

das klagende Aechzen der vom Wind gebogenen Tannen,<br />

das Krachen der biechenden Aeste nicht.<br />

Einige Schritte aus dem Wald getreten, erblickten ihre, an<br />

die Dunkelheit gewöhnten Augen, die mächtigen Umrisse<br />

der gewaltigen Eiche, die nicht fern vom Waldesrand stand.<br />

„Bei der Eich' draußen", bezeichnet man im Volksmund<br />

heute noch diesen Platz, obgleich die Eiche schon mehr als<br />

100 Jahre beseitigt ist.<br />

„Jetzt kenne ich mich wieder aus", sagte der eine der<br />

Wanderer, „dort steht die Eiche und wenn's nicht so finster<br />

wäre, sähen wir schon die Häuser von Weildorf." „Also<br />

kehren wir wieder zu unsern Leuten zurück" darauf der andere,<br />

„denn für einen Besuch dort ist es noch zu früh."<br />

Sie machten kehrt und verschwanden wieder im Waldesdunkel,<br />

gingen den leichten Hang hinauf und kamen in den<br />

Waldteil, wo sicn mehr als 200 Trichtergruben befinden.<br />

Dort war bereits eine Bande verwilderter Menschen daran,<br />

mit Holz und Reisig die tiefsten Löcher abzudecken. An vom<br />

Sturm geschützten Stellen brannten Feuer, um welche frierend<br />

zerlumpte Kinder kauerten.<br />

Wüstes Fluchen und rohes Gelächter übertönte manchesmal<br />

wieder das Heulen des Sturmes, und sicher hätten die<br />

Erzählungen vom Wodansheer neue Bestätigung gefunden,<br />

wenn ein verirrter Wanderer den wirren Lärm gehört und<br />

die von der gespenstigen Helle der Lagerfeuer beschienenen<br />

Gestalten, mit vom Wind gepeitschten Gewändern hätte hin<br />

und her eilen sehen.<br />

Am selben Abend, als im Walde draußen so reges Leben<br />

herrschte, saßen beim Dorfvogt von Weildorf, namens Nikolaus<br />

Pfeffer, der sein Anwesen in Klein-Weildorf, hinter<br />

dem Friedhof der dortigen Kirche hatte, eine Anzahl Leute<br />

beieinander. Das Anwesen des Vogts umfaßte eben 40 Jauchert<br />

Feld and war dem Frauenkloster Kirchberg zins- und<br />

zehntpflichtig. Der Lehnhof von Klein-Weildorf ward der<br />

Besitz genannt. Lehgasse heißt heute noch jener Weg, der<br />

dort vorbei führt.<br />

Der Schein de^ Kienspanfeuers, das im Ofen brannte, beleuchtete<br />

die große, kräftige Gestalt des Vogts. Dichtes, teilweise<br />

ergrautes Haar und ein blonder Bart umrahmten ein<br />

Gesicht, aus dem noch die blauen Augen mit jugendlichem<br />

Feuer blitzten.<br />

Der Vogt stand in der Mitte der Sechziger und hatte in<br />

seinem Leben schon viel mitgemacht. Unaufhörliche Kämpfe<br />

der Grafen untereinander verwüsteten das Land, und nur<br />

seine Tatkraft und rasche Entschlossenheit hatten bis jetzt<br />

größeres Unheil abzuwenden vermocht.<br />

Der, welcher dem Vogt gegenüber am Eichentische saß,<br />

war sein Freund und Nachbar Georg Huber, dessen Besitz<br />

ebenfalls in Klein-Weildorf lag und an die südliche Kirchhofmauer<br />

grenzte. Huber versah neben seiner Landwirtschaft<br />

noch den Mesnerdienst in den zwei Kirchen Weildorfs und<br />

unterrichtete in den Wintermonaten die Dorfbewohner, soweit<br />

sie hierzu Willens waren, im Lesen und Schreiben.<br />

Der Vogt und der Mesner waren außer dem Pfarrer die<br />

einzigen Männer, die geläufig lesen und schreiben konnten.<br />

In ihren Jugendjahren waren beide als Knechte im Kloster<br />

Kirchberg gewesen und hatten sich dort in ihrer freien Zeit<br />

diese Kenntnisse angeeignet.<br />

Bauern und Bettelleut<br />

Erzählung von H. Eger - Weildorf t<br />

Dort hatte Georg Huber auch unter Anleitung einer Klosterfrau<br />

Musik gelernt und brachte, als er heimkehrte, als<br />

Geschenk der Ordensfrauen eine Geige mit, die der Tiroler<br />

Tieffenbrucker in Bologna gebaut.<br />

Neben dem Mesner saß der Bruder des Vogts, Johannes<br />

Pfeffer, der Dorfschmied, der um einige Jahre jünger, seinem<br />

Bruder an Körpermaß und Kraft nicht nacnstand. Sein<br />

Anwesen und seine Werkstatt lagen in der Nähe der heutigen<br />

Pfarrkirche. Auf dem Kilchberg nannte man jenen<br />

Ortsteil.<br />

Peter Benz, der Bauer und zugleich Wagner der Gemeinde,<br />

saß dem Schmied Pfeffer gegenüber. Sein Hof stand im Unterdorf<br />

von Groß-Weildorf Dort hatte auch der vierte Mann,<br />

der außer dem Vogt an der Zusammenkunft teilnahm, seine<br />

Behausung. Er hieß Adam Kirn und war der Maurer und<br />

Baumeister der Gemeinde.<br />

Man hieß dieses Collegium in alten Zeiten den Rat der<br />

„Vierer", und die Männer, welche ihm angehörten, genossen<br />

großes Ansehen. Wichtige Angelegenheiten waren es, die<br />

den Rat an diesem Abend zusammenführten.<br />

Aber nicht allein waren sie in der Stube. Nächst dem<br />

Ofen und damit dem Kienspanlicht, saßen, die Spindeln<br />

drehend, des Vogts Weib Veronika geborene Stauß und des<br />

Mesners Tochter Barbara, die mit dem Vater gekommen.<br />

Barbara war jetzt 18 Jahre alt, hatte aber schon seit Jahren<br />

keine Mutter mehr. Des Vogts Weib nahm sich mit mütterlicher<br />

Liebe ihrer an, so daß sie jetzt des Vaters Haushalt<br />

musterhaft besorgen konnte. Sie war ein stilles, braves Mädchen<br />

und für ihre Jugend blickten ihre braunen Augen etwas<br />

traurig in die Welt. Es war kein Wunder, denn ein großes<br />

Kreuz lastete auf dem elterlichen Haus: inr Bruder, jetzt 25<br />

Jahre alt, war fast ganz erblindet. Eine Krankheit, die ihm<br />

vor einigen Jahren in die Augen zog, hatte das Unheil verschuldet.<br />

Doch hell strahlten Barbaras Augen auf, wenn sie am<br />

Sonntag im Amt mit ihrer glockenreinen Stimme des Vaters<br />

oder Bruders Geigenspiel begleitete.<br />

Eben trat der Sohn des Vogts namens Gabriel, ein Hüne<br />

von Gestalt, der seinen Vater noch um Haupteslänge überragte,<br />

mit seinem armen blinden Freund, dem Mesnerssonn<br />

Dominikus in die Stube, und die beiden setzten sich still auf<br />

die Ofenbank, dem Gespräch der Männer zu lauschen.<br />

Dominikus war etwas mehr als mittelgroß, hatte dunkelblondes,<br />

lockiges Haar, und sein Antlitz war von solch edlem<br />

Schnitt, daß die Leute ihn nicht Dominikus, sondern Angelus,<br />

den Engel, nannten.<br />

Zu den beiden Freunden gesellte sich nachher noch des<br />

Vogts Tochter Luzia, die 20 Jahre zählte. Schwarze Haare<br />

und braune Augen hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Voll<br />

Güte und Liebe schaute sie auf den Blinden, setzte sich an<br />

seine andere Seite, und weich legte sie ihre Hand in die<br />

seine. Er kannte diese Hand und Luzia nannten seine Lippen<br />

halblaut ihren Namen.<br />

„Wenn nicht alles trügt", nahm jetzt der Vogt das Wort,<br />

nachdem man bisher von dem und jenem geredet, „gehen<br />

wir wieder unruhigen Zeiten entgegen. Heute war ich bei<br />

den Dominikanerinnen auf Kloster Kirchberg, und die Priorin<br />

weiß Bescheid von bewaffneten Haufen, die von Rottweil<br />

her im Anzug sind. Von den Stadtsoldaten Rottweils<br />

vertrieben, sollen sie sich in die Waldungen bei Leideringen<br />

verschlagen haben, aus denen sie bald wieder irgendwo hervorbrechen<br />

werden.


50 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Es seien an die 300 Leute, darunter etwa 70 Männer, die<br />

zum großen Teil bewaffnet seien. Er hätte, führte der Vogt<br />

weiter aus, den Rat der Vierer zusammenberufen, um von<br />

ihm zu hören, wie man sich verhalten solle, wenn ein Einfall<br />

ins Dorf erfolge.<br />

„Wenns nur Bettelvolk ist", darauf der Mesner, „dann gibt<br />

man dem Gesindel zu essen und zu trinken, und sie werden<br />

wieder weiterziehen." „Damit wir nachher selber Hunger<br />

leiden müssen. Jahr um Jahr gehts jetzt so fort. Fehden,<br />

hin und hin, Zigeuner, Bettlerzüge, entlassene Soldaten mit<br />

Wehr und Waffen, von Weib und Kind gefolgt, verlangen<br />

Kleidung, Speis und Trank. Lohnt sich's überhaupt, noch<br />

eine Scholle anzubauen und ein Stück Vieh zu halten", rief<br />

der Schmied, des Vogts Bruder, und schwer, als ob er Eisen<br />

auf dem Amboß schmiedete, fiel auf den Eichentisch die<br />

harte Faust. „Recht hast, Schmied", ließ sich jetzt Adam Kirn,<br />

der Maurer, hören. „Schon Jahr und Tag vergeht, kein Stein<br />

kommt mehr zum andern, niemand baut nur einen Hühnerstall,<br />

denn seines Hab und Guts ist keiner sicher. Land<br />

auf Land ab gehen Haus und Hof in Flammen auf, und<br />

kampflos sollen wir dazu noch die Bande füttern."<br />

Benz, der Wagner, mischt sich bedächtig ins Gespräch, er<br />

galt im Handel und Verkehr als Klügster der Gemeinde.<br />

„Was der Schmied und Kirn sagen, stimmt ja schon. Hunderte<br />

von Landstreichern und Bettlern suchen uns seit Jahren<br />

heim. Jedes abgebrannte Dorf und jeder Hof bringt den<br />

Horden neuen Zuwachs, denn das Gesinde schließt sich,<br />

durch die Vernichtung der Arbeitsstätte brotlos geworden,<br />

ihnen an, um wenigstens des Lebens Unterhalt zu finden.<br />

Doch es ist zwecklos, sich ihrer mit Gewalt zu erwehren. Des<br />

Mesners Meinung bin ich auch, suchen wir, falls unser Dorf<br />

von den Banden heimgesucht wird, zu erreichen, daß sie<br />

bald weiterziehen, wenn wir auch dies und jenes opfern<br />

müssen.<br />

Jetzt trat des Vogts Sohn, Gabriel, der bisher still, aber<br />

mit steigender Erregung zuhörte, in den Lichtkreis der<br />

Stube und rief aus: „Der Schmied und der Maurer Kirn, sie<br />

haben recht. Schon seit Jahren müssen wir diesen umherziehenden<br />

Bettler- und Diebesbanden einen zweiten und<br />

dritten Zehnten geben."<br />

Der Vogt erhob sich. Mit ernsten Blick maß er den Sohn<br />

und sprach: „Wir sind hier versammelt als der Rat der Vierer,<br />

und du hast kein Recht, dich in unser Gespräch zu<br />

mischen. Um ein Urteil abzugeben, bist du mit deinen 24<br />

Jahren noch zu jung. —• Hörst du Jen Herbststurm durch<br />

die Gassen heulen? Ein Feuerbrand, geschleudert auf das<br />

Strohdach eines Hauses, setzt unser ganzes Dorf in Flammen.<br />

Die Drescharbeit ist kaum angefangen, nichts bliebe uns in<br />

solcher Lage, durch eine Feuersurunst von Haus und Hof<br />

vertrieben, den Wrnter über auch bettelnd von Dorf zu Dorf<br />

zu ziehen. Die Jugend mag dies leichter nehmen als das<br />

Alter. Wohl kannst du mit deiner Riesenstärke zehn darniederhauen,<br />

doch gegen Hinterlist und Tücke schützen keine<br />

Menschenkräfte.<br />

Ich steh zum Mesner und zum Benz. Kommt ein Einfall<br />

in unser Dorf, werden wir versuchen, die Horden im Frieden<br />

wieder los zu bringen. Gelingt dies aber nicht, ists immer<br />

noch Zeit, mit Bengeln areinzuschlagen."<br />

Der Schmied und Maurer Kirn waren noch nrcbt so schnell<br />

von dem überzeugt, was zu Gunsten einer friedlichen Regelung<br />

vorgebracht wurde.<br />

Der Schmied riet, Wachen auszustellen, durch Feuersignale<br />

und Sturmgeläute alle wehrhaften Leute von Weildorf und<br />

der Umgebung zusammenzurufen, wenn Gefahr drohe, dann<br />

werde es gelingen, einen Angriff abzuschlagen. Das Recht<br />

müsse ooch zum Siege führen. Demgegenii .er beharrte der<br />

Vogt auf seinem Standpunkt, schilderte die Kämpfe des<br />

Bauernkrieges, die er als 25-Jähriger erlebt und gab der<br />

Meinung Ausdruck, daß nach seinen Erfahrungen im menschlichen<br />

Leben Recht nicht immer Sieg bedeute. Furcht kenne<br />

er nicht, aber er wolle keine Gefahr unnütz heraufbeschwören.<br />

Einen Augenblick trat Stille ein, denn keiner getraute sich<br />

mehr, dem Vogt zu widersprechen, der ja die Mehrheit aus<br />

dem Rat der Vierer mit seiner eigenen Stimme schon auf<br />

seiner Seite hatte. —<br />

Mit Angst und Schrecken hatten die Frauenspersonen dem<br />

Gespräch der Männer gelauscht. Was sollte daraus werden,<br />

wenn den ganzen Winter über keine Ruhe im Land war.<br />

Schon seit Jahren sah man voll Angst der Nacht, mit Furcht<br />

dem neuen Tag entgegen. Das Kauben der Mordbrenner<br />

nahm kein Ende. Schreckenstaten von nah und fern wurden<br />

jeden Tag von Dorf zu Dorf erzählt.<br />

Unter dem Eindruck dieser Zeitverhältnisse sahen die<br />

Leute, welche an jenem Abend in der Lehnhofstub' beisammen<br />

waren und durch den Vogt von der Möglichkeit eines<br />

Bettlereinfalls unterrichtet wurden, mit Bangen der dunklen,<br />

stürmischen Herbstnacht entgegen.<br />

Was wird sein? Was wird werden? Dies waren die stummen<br />

Fragen, die auf allen Lippen schwebten, bis auf einen,<br />

der Vogtssohn Gabriel, der sich vom Vater zurechtgewiesen,<br />

still auf seinen Platz zurücksetzte.<br />

An ihm bebte alles vor Erregung, der er nicht mehr Ausdruck<br />

zu geben wagte. Sie sollen nur kommen, die Banditen,<br />

er fühlte Kraft in sich, es mit einem ganzen Haufen aufzunehmen.<br />

Man redete nicht mehr viel. Der Schmied stützte den Kopf<br />

auf die geballten Fäuste und überlegte, wie er Sensen gerade,<br />

Keulen schmieden wolle, mit denen man einen Angriff<br />

abwehren könnte.<br />

Voll Sorge um das ganze Dorf, das eigne Gut, so ging,<br />

es mochte abends 9 Uhr sein, der Rat der Vierer auseinander.<br />

Etwas abseits der Lehenhofgasse und der Häuser von<br />

Klein-Weildorf stand am südlichen Hang eine armselige<br />

Hütte, schon seit Jahren bewohnt von einer Frau, die man<br />

im Ort und der ganzen Umgebung nur die „Kräuter-Annl"<br />

nannte.<br />

Woher sie kam, wußte niemand bestimmt. In dem leeren<br />

Häuschen, das zum Lehnhof gehörte, ließ sie sich mit des<br />

Vogts Erlaubnis nieder, flickte die Wickelwände aus und<br />

reparierte das morsche Strohdach mit Roggenstroh, das sie<br />

vom Lehnhof erbat. Den Sommer über sammelte die Kräuter-Annl<br />

in Feld und Wald allerlei Heilpflanzen und Wurzeln<br />

zu Arzneien für Mensch und Vieh, die sie in den Dörfern<br />

verkaufte oder gegen Lebensmittel eintauschte. Jetzt, im<br />

Alter von 40 Jahren stehend, war die Kräuter-Annl eine<br />

große stattliche Frau und bewegte sich trotz ihrer Armut so<br />

stolz und selbstbewußt, als ob sie über Länder zu gebieten<br />

hätte.<br />

Man erzählte sich, sie sei einst die Geliebte eines Grafen<br />

gewesen, von diesem aber, als er ihrer überdrüssig, der Not<br />

und Armut überlassen worden. Voll Zorn hätte sie jene Gegend<br />

verlassen und wie viele in jenen Zeiten, jahrelang ein<br />

wildes Wanderleben geführt.<br />

Dessen satt, sei für die Kräuter-Annl die elende Hütte ein<br />

willkommener Unterschlupf gewesen.<br />

Doch wußten die Leute in den Dörfern nicht, daß die Annl<br />

die Verbindung mit ihren früheren Bekannten aus der Vaganten-<br />

und Zigeunerwelt noch nicht ganz abgebrochen und<br />

sie, wenn im Frühjahr die ganze Natur sproßte und blühte,<br />

ein ungezügelter Drang hinaus führte zu den wilden Scharen,<br />

mit denen sie dann wochenlang umherzog.<br />

„Gräfin" nannte man Annl in diesen Kreisen und mit einer<br />

gewissen abergläubischen Furcht schauten auch die Verwegensten<br />

der Bande zu ihr empor.<br />

An dem Spätherbstabend nun, als im Vogtshaus der Rat<br />

der Vierer tagte, saß die Kräuter-Annl in ihrem Häuschen<br />

am Feuer und träumte von vergangenen Zeiten.<br />

Es war eine Stunde vor Mitternacht, als jemand an ihre<br />

Türe klopfte. Sie öffnete, und vor ihr standen jene zwei<br />

Menschen, die schon bei einbrechender Dunkelheit das Terrain<br />

sondiert hatten.<br />

„Was wollt ihr hier?" herrschte sie die Kräuter-Annl an.<br />

„Verzeih, Gräfin", sprach der eine, „daß wir bei so später<br />

Stunde noch deine Ruhe stören, aber wir sind draußen im<br />

Holgenwald und bei diesem Hundewetter halb erfroren."<br />

„Dann nehmt hier am Feuer Platz und wärm + euch", wurden<br />

sie von der Annl eingeladen. Beide traten in den Feuerschein<br />

und legten ihre Regentücher ab. Der eine war mittelgroß<br />

und kräftig gebaut. Schwarzes struppiges Haar bedeckte sein<br />

Haupt, und ein verwilderter Bart in dem Gesicht voller<br />

Pockennarben gab dem Mann, der weitherum als der<br />

„schwarze Peter" bekannt, das Aussehen eines Räubers.<br />

Klein und schmächtig war sein Begleiter, und aus seinen<br />

Gesichtszügen sprachen List und Tücke. Er, ein verkrachter<br />

Student, der durch seinen Leichtsinn aus der Bahn geworfen,<br />

war zum Landstreicher geworden. Den „Fuchs" nannten sie<br />

ihn bei der Bande, sein eigentlicher Name war niemand<br />

bekannt.<br />

„Wir brauchen zu essen", nahm jetzt der schwarze Peter<br />

das Wort, „denn wir lagern mehr als 300 Personen draußen<br />

in den Gruben des Holgenwaldes. Durch die Waldungen<br />

kamen wir gegen Abend über den Zigeunerweg in die Nähe<br />

von Weildorf. Ich kenne die Gegend von meiner Jugendzeit<br />

her, wo ich im Winter frosterstarrt vom Schmied Pfeffer<br />

aufgenommen wurde, der mich, da er kinderlos, im Schmiedhandwerk<br />

ausbilden wollte. Doch hielt ich es nur ein Jahr<br />

aus, und als der zweite Sommer ins Land zog, lief ich davon.<br />

Weildorf habe ich aber seitdem immer gemieden." „Du weißt<br />

warum", höhnte sein Begleiter. „Dir war es angst vor deinem<br />

früheren Meister, auch heute noch, sonst säßen wir an-


.Tr. l - . r q a n p <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 51<br />

statt im Walde draußen bei den Bauern von Weildorf in der<br />

warmen Stube.<br />

„Sei du still", brauste Peter auf, „so schlimm wie mit dir<br />

stehts um mich noch lange nicht, denn du bist nur mit<br />

knapper Not dem Strick entgangen, als sie die Räuberbande<br />

des Franz Kugel aus dem Allgäu fingen." (Prozeß hierüber<br />

1556.)<br />

Die „Gräfin" hatte ruhig zugehört und fragte nun verwundert:<br />

Zu Essen braucht ihr und kommt zu mir, ich meine,<br />

ihr habt euch in der Tür geirrt, bei mir ist nichts zu holen."<br />

„Wegen dessen sind wir zu dir nicht gekommen und gehen<br />

wie ler, nachdem wir uns gewärmt", sagte Fuchs, „und du<br />

weißt von nichts, wenn morgen im Dorf etwas nicht in Ordnung<br />

sein sollte."<br />

„Es wäre mir lieber gewesen, wenn ihr nicht in die Gegend<br />

gekommen, denn die Leute hier taten mir nur Gutes. Was<br />

ihr zwei diese Nacht noch treibt, geht mich nichts an, aber",<br />

sprach die Gräfin und erhob sich von der Bank, auf der sie<br />

bisher saß und stellte sich drohend vor die Banditen, die<br />

sich unwillkürlich duckten, „in Weildorf will ich keinen<br />

mehr von euren Leuten sehen."<br />

„Morgen gegen Abend ziehen wir weiter, dem Mühlbach<br />

zu", versprach der schwarze Peter.<br />

Sie schieden bald darauf mit kurzem Gruß.<br />

Der Sturm tobte in aller Heftigkeit fort, und rabenschwarz<br />

war die Nacht, als die beiden Gauner durch des Vogts<br />

Scheuer in den Stall drangen, der abseits vom Wohnhaus an<br />

der Giebelseite der Scheune stand. Dort hatte, wie dem<br />

schwarzen Peter von der Jugendzeit her bekannt, der Lehnhofer<br />

sein Jungvieh stehen.<br />

Zwei der besten Stücke, wie sie durch Befühlen feststellten,<br />

machten die Banditen los, legten ihnen die mitgebrachten<br />

Halfter an und führten diese durch die vorher<br />

geöffnete Stalltüre ins Freie.<br />

Ganz geräuschlos ging der Raub nicht ab, aber dadurch,<br />

daß der Stall von den Wohnräumen ziemlich entfernt lag<br />

und das Heulen des Sturmes jedes Schreien der Tiere übertönte,<br />

war es den Dieben möglich, ihre Beute in Sicherheit<br />

zu bringen.<br />

Im Wald draußen brach, als der schwarze Peter und Fuchs<br />

mit ihrem Raub eintrafen, lauter Jubel aus.<br />

Andere von der Bande hatten durch Einbruch und Drohung<br />

im nahen Gruol ein Fäßchen Branntwein erbeutet. Brot<br />

war vom letzten Streifzug her noch vorhanden, so konnte die<br />

Mahlzeit bald beginnen. In etwa 30 Gruben hatten sich die<br />

Scharen gelagert, und überall flammten, frisch geschürt, die<br />

Lagerfeuer auf.<br />

Gegen 5 Uhr morgens legte sich der Sturm, und leichter<br />

Schneefall zog der Mutter Erde den ersten weißen Wintermantel<br />

an.<br />

Damit wurden die Spuren des nächtlichen Raubes verwischt.<br />

Hechingen, Schloß Lindich von Süden<br />

Kaum graute der Tag, als die Bauern von Klein-Weildorf<br />

an die gewohnte Tagesarbeit gingen. Der Lehnhofbauer war<br />

der erste, welcher die Stallungen betrat und sofort im hinteren<br />

Stall das Fehlen der zwei Stück Vieh bemerkte, denn<br />

die Stalltüre stand weit offen, und an der Krippe lagen die<br />

Ketten, mit denen die Tiere angebunden gewesen.<br />

Er ging ins Haus zurück, traf dort im Pferdestall den<br />

Sohn, den er fragte, ob gestern abend im Rinderstall die<br />

Türe nicht richtig geschlossen worden sei.<br />

Gabriel beteuerte jedoch, er hätte gut verriegelt. „Es fehlen<br />

zwei der schönsten Rinder", sagte der Vogt, und die Türe<br />

stand weit offen, „der Sturm dieser Nacht wird durch aas<br />

ständige Rütteln die Riegel verschoben und die Tiere, von<br />

den Ketten losgekommen, das Freie aufgesucht haben."<br />

Gabriel wurde unsicher, möglich war dies schon, aber<br />

dann konnten sie nur nach der Herbstweide im Auchtet, auf<br />

der sie bis in die letzten Tage aufgetrieben gewesen, gelaufen<br />

sein. Also galt es, dort Nachschau zu halten.<br />

„Warten wir noch einige Stunden", meinte sein Vater,<br />

„dann muß der Schnee der Sonne weichen, denn das Wetter<br />

hellt sich auf. Da im Neuschnee keine Spuren zu entdecken,<br />

sind die Tiere, vor es schneite, fortgelaufen und ihr Weg<br />

wird verfolgt werden können."<br />

Hiergegen war nichts einzuwenden, denn das Vieh, welches<br />

in jenen Zeiten Tag für Tag auf die Weide ging, kehrte<br />

am Abend schon selber heim. Deshalb war die Sorge darum<br />

auch nicht groß.<br />

Als die Leute vom Lehnhof dann beim Morgenessen, einem<br />

Haferbrei, saßen, kam der blinde Dominikus vom Mesnerhaus<br />

herüber und mit ihm sein Wolfshund „Karo", der ihn<br />

tagsüber auf Schritt und Tritt begleitete.<br />

Dominikus erzählte, er hätte beinahe die ganze Nacht<br />

gewacht und glaube bestimmt, Vieh schreien gehört zu<br />

haben, auch sein Hund sei sehr unruhig gewesen.<br />

Die Leute vom Lehnhof lachten.<br />

„Du hast dich nicht getäuscht, Dominikus", gab der Vogt<br />

Bescheid, „denn der Sturm hat die Türe am hinteren Stall<br />

aufgerüttelt und zwei Rinder, die losgekommen, liefen weg,<br />

jedenfalls auf die noch gut bekannte Herbstweide im Auchtet.<br />

Wenn wir gegessen, der Schnee der Sonne gewichen und<br />

man den Spuren folgen kann, wird Gabriel auf die Suche<br />

gehen und die Tiere in den Stall zurücktreiben. Da es bisher<br />

trocken war, werden sich die Spuren in dem durch den Regen<br />

von heute nacht aufgeweichten Boden gut verfolgen<br />

lassen."<br />

Inzwischen hatte sich auch die Kräuter-^ nnl im Lehnhof<br />

eingefunden, etwas Milcn zu holen, hauptsächlich aber, um<br />

zu erfahren, ob im Dorf nichts vorgekommen. Bald wußte<br />

sie von dem Fehlen des Viehs und verließ des Vogts Haus<br />

wieder. Sie ging nach ihrer Hütte, verweilte aber nicht lange<br />

dort, denn kurz darauf schritt sie einen Fußweg das Tal


52 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

entlang dem Holgenwalde zu. Der Schnee hatte inzwischen<br />

der Sonne weichen müssen.<br />

Ungefähr zu gleicher Zeit folgte Gabriel, mit einem Stock<br />

ausgerüstet, den leicht kenntlichen Spuren des Viehes, nur<br />

fiel ihm bald auf, daß menschliche Fußeindrücke sich in<br />

gleicher Richtung zeigten. Bei der Eiche draußen in der Nähe<br />

des Waldes zweigten die Spuren vom Wege nach dem Weideplatz,<br />

dem Auchtet, ab und führten dem Holgenwalde zu.<br />

Die Fußeindrücke von Mensch und Vieh weiter, mit immer<br />

rascheren Schritten verfolgend, hörte der Vogtssohn bald<br />

den wirren Lärm von Menschen. Auf der Höhe angelangt,<br />

sah er das Lager der Landstreicher vor sich.<br />

Nur einige Schritte von ihm entfernt lagen die abgetrennten<br />

Köpfe und Häute der aus dem Stall seines Vaters<br />

verschwundenen Rinder.<br />

Eine unbändige Wut erfaßte Gabriel und als in dem<br />

Augenblick „Fuchs" der Räuber aus den Büschen trat, höhnisch<br />

an ihm empor schaute, zugleich in den Wald hineinrufend:<br />

„He aufgepaßt, Goliath kommt vor das Lager Israels",<br />

schlug ihn der Vogtssohn, ohne ein Wort zu verlieren,<br />

mit einem Fausthieb nieder.<br />

Zugleich aber eilten aus dem Lager wild aussehende Männer<br />

herbei, die Gabriel umringten und wissen wollten, warum<br />

er ihren Kumpanen geschlagen habe.<br />

„Ihr habt meinem Vater, dem Vogt von Weildorf 2 Rinder<br />

gestohlen, dort liegen die Köpfe und Häute."<br />

„Lumpenpack", rief in höchster Erregung Gabriel, „haben<br />

wir etwa den Rindern die Halfter angebracht, die jetzt noch<br />

an den Köpfen hängen, waren es unsere Tritte, die man<br />

vom Stall her neben den Spuren der Tiere verfolgen kann?"<br />

Eine Diebs- und Räuberbande seid ihr!<br />

„Was sagst du", brüllte Peter und schritt drohend auf den<br />

Vogtssohn zu, der ihm mit seinem Stock einen Schlag versetzte,<br />

daß er bewußtlos zusammenbrach. Bei dem Hieb aber<br />

brach der Stock entzwei und war als Abwehrmittel unbrauchbar.<br />

Es drangen alle auf Gabriel ein. Von einer mächtigen<br />

Tanne im Rücken gedeckt, wehrte sich der riesenhafte junge<br />

Mann um sein Leben, denn es war ihm vollständig klar, daß,<br />

falls er hier unterlag, ihn diese Menschen kaltblütig ermordeten.<br />

Die meisten von ihnen, je nach Bedarf und Lohn<br />

in aller Herren Länder fechtend, kannten keine Scheu vor<br />

Blutvergießen. Was galt ihnen Recht oder Unrecht der Partei,<br />

für die sie kämpften. Man wurde für den Mord bezahlt,<br />

und dem Sieger winkte reiche Beute. Erhielten sie im<br />

Kriegshandwerk keine Beschäftigung oder war man ihrer<br />

müde, zogen diese völlig verwilderten Gesellen mit ihrem<br />

Anhang von Weibern und Kindern im Land herum, stahlen<br />

und bettelten, was sie brauchten. Setzte sich ihnen von irgend<br />

einer Seite Widerstand entgegen, ergriffen sie die<br />

Flucht, falls der Gegner zu viele, schreckten aber auch vor<br />

Menschenmorden nicht zurück, falls sie in der Ueberzahl<br />

waren. Wohl teilte Gabriel mit einem Prügel, den er einem<br />

der Banditen zu entreißen vermochte, kräftige Hiebe aus,<br />

aber endlich lag er doch, vom Kampf gegen die Uebermacht<br />

ermattet, am Boden. Auf seinen Armen und Füßen knieten<br />

die Räuber.<br />

Jetzt trat „Fuchs", der sich von dem Schlage erholt, aber<br />

bisher in respektvoller Entfernung gehalten, auf den Kampfplatz.<br />

In seiner Hand blitzte ein Dolch. —<br />

Mit funkelnden, haßerfüllten Augen trat der unheimliche<br />

Mensch heran und setzte dem, sich in letztem Lebenswillen<br />

nochmals Hochaufbäumenden, den Dolch auf die Brust.<br />

„Mich hat noch keiner ungestraft geschlagen, auch du nicht<br />

großer Vogtssohn von Weildorf", rief er aus, da wurde der<br />

Räuber von hinten gefaßt und zurückgeschleudert.<br />

Inmitten der Banditen stand die Kräuterannl und rief<br />

denen, welche auf Gabriel knieten ein scharfes: „Zurück von<br />

diesem Manne!" zu.<br />

„Die Gräfin", schrien diese, sprangen empor und starrten<br />

auf die große stolze Frau, welche, in einen buntfarbigen<br />

Mantel gehüllt, wie eine Königin unter den wilden Gesellen<br />

stand.<br />

Keiner wagte ein Wort zu sagen. Eine abergläubische<br />

Furcht vor diesem immer noch schönen Weib, in deren tiefdunklen<br />

Augen in der Erregung ein unheimliches Feuer<br />

brannte, hielt sie in Atem. Als „die Gräfin" befahl, „Zurück<br />

in euer Lager", schlichen sie wie getretene Hunde davon.<br />

Sie nahm Gabriel an der Hand wie eine Mutter ihr<br />

Kind und sprach mit leisem Vorwurf: „Wie konntest du dein<br />

Leben auch so aufs Spiel setzen? Hätte ich nicht geahnt, daß<br />

dir Unheil droht und wäre dir auf dem Weg nach dem<br />

Walde gefolgt, weiltest du jetzt nicht mehr unter den Lebenden.<br />

Die Bande hätte dich ermordet und deine Leiche<br />

irgendwo in den Gruben des Holgenwaldes verscharrt."<br />

Bei dem plötzlichen Auftauchen der Kräuter-Annl, von<br />

seinen Gegnern befreit, war der Vogtssohn aufgestanden. Erstaunt<br />

schaute er auf die Bewohnerin der Hütte seines Vaters<br />

in Klein-Weildorf. Mit scheuem Blick maß der Hüne die<br />

Frau an seiner Seite mit der Frage:<br />

„Wie wußtest Du, daß mir Gefahr drohte und warum hatten<br />

die Leute solche Furcht vor Dir?" „Daß dir Gefahr droht,<br />

habe ich aus dem Gespräch vernommen, welches heute morgen<br />

im Haus deines Vaters geführt wurde.<br />

An ein freiwilliges Entlaufen des Viehs habe ich nicht geglaubt,<br />

sondern Diebstahl vermutet. —• Die Leute fürchten<br />

mich, weil sie mir geheime Kräfte zumessen — sie glauben,<br />

ich hätte Zaubermittel, um ihnen zu schaden.<br />

Dankbar drückte Gabriel ihre Hand und bat, mitzukommen<br />

nach dem Hof des Vaters. Dies lehnte die Kräuter-Annl jedoch<br />

bestimmt ab und sprach: „Ich will keinen Dank für das,<br />

was ich gefehlt. In Klein-Weildorf nahm man mich mit<br />

Liebe auf, Gutes will ich tun, wo ich nur kann, denn heute<br />

morgen graute mir zum erstenmal vor diesen Menschen,<br />

denen ich einst nahe stand."<br />

Ihre Wege trennten sich. Annl ging ihrer Hütte, Gabriel<br />

dem Lehnhof zu, wo er den Vorfall berichtete. Da hiebei<br />

auch Leute von Groß-Weildorf zugegen waren, wußte bis<br />

zum Mittag das ganze Dorf, was in der Nacht und am Vormittag<br />

passiert war.<br />

Unter Führung des Schmieds Pfeffer und des Baumeisters<br />

Kirn rotteten sich die Männer und Burschen vor dem Lehnhof<br />

zusammen. Es waren an die hundert. Die meisten hatten<br />

irgend eine Waffe, Gabel, Sense oder Dreschflegel bei sich,<br />

andere verließen sich auf ihre Fäuste. Der Vogt trat unter<br />

die erregten Leute, mahnte zur Ruhe und bat, wegen seiner<br />

zwei Stück Vieh, die ja schon verloren seien, nichts zu unternehmen.<br />

„Wenn ihr auch die Bande aus dem Wald vertreibt,<br />

geht dies nicht ohne Blutvergießen auf beiden Seiten<br />

ab. Die Landstreicher haben weiter nichts zu verlieren, aber<br />

bei uns stehen Haus und Hof auf dem Spiel."<br />

„Ich kenne deine Gründe", sagte der Schmied, „doch nach<br />

solcher Frechheit gibt es keine Rücksicht mehr. — Auf Leute,<br />

folget mir!<br />

Im Walde angekommen, fanden die von Weildorf das Lager<br />

von Weibern und Kindern geräumt, aber die Männer<br />

saßen noch um die Lagerfeuer und stritten sich wegen der<br />

von den meisten gezeigten Angst vor der Gräfin.<br />

Als die Bauern auftauchten, sprangen sie jedoch schnell<br />

entschlossen empor und griffen nach den stets bereiten<br />

Waffen.<br />

Wild stürmten die von Weildorf vor, geschickt wichen die<br />

kampfgewohnten Landstreicher aus. Durch die Unebenheit<br />

des Bodens wurden die Kämpfenden getrennt und nach kurzer<br />

Zeit standen sich einzelne Gruppen um die Trichtergruben<br />

streitend gegenüber.<br />

Auf beiden Seiten gab es schon Verwundete.<br />

Gabriel, mit einem sogen. Morgenstern, einer zackenbesetzen<br />

Keule bewaffnet, sprang von Grube zu Grube und<br />

schlug da und dort einen der Banditen nieder. Er suchte<br />

jemand, den Räuber Fuchs, welcher ihn am Morgen hatte<br />

erstechen wollen. Aber auch dieser war auf der Hut und<br />

wollte eben, wie ein Wiesel in den Büschen verschwinden,<br />

als ihn Gabriel noch am Kragen faßte und mit seiner Riesenkraft<br />

in eine der tiefsten Gruben schleuderte.<br />

Vom Anführer der Bande, „dem schwarzen Peter", war<br />

dieser Vorgang nicht beachtet worden, sonst hätte er seinen<br />

Spießgesellen kaum im Stich gelassen, so ermahnte ein von<br />

ihm gegebenes Pfeifensignal seine Bande zum Rückzug.<br />

Diese lösten sich von den Angreifern und verschwanden einzeln<br />

in den Waldungen der „Maike", einem weiten Waldgebiet,<br />

wo sie bald die Hoheitsgrenze überschritten.<br />

Damit war eine weitere Verfolgung für die Weildorfer<br />

unmöglich gemacht, bewaffnet durften sie ohne größte Not<br />

kein fremdes Land betreten.<br />

Diese Territorial-Wirtschaft bildete nicht nur eine Ursache<br />

der ständigen Kämpfe und Fehden der Grafen untereinander,<br />

sondern begünstigte auch in außergewöhnlichem<br />

Maß das Verbrecher- und Gaunertum.<br />

Der Kampf war beendet. Von der ganzen Bande blieb nur<br />

einer in den Händen der Bauern von Weildorf, „Fuchs", der<br />

noch schwer betäubt in der Grube lag, wohin ihn die Faust<br />

des Vogtsohnes geschleudert. Die verwundeten Weildorfer<br />

konnten alle noch gehen, der Räuber aber mußte auf einer<br />

schnell gefertigen Bahre getragen werden.<br />

Im Ort angekommen, erwachte er bald aus seiner Ohnmacht<br />

und wurde noch am Abend dem Gericht in Haigerloch<br />

vorgeführt. Vorerst im Schloßturm eingesperrt, war ein<br />

Entweichen nicht mehr möglich.<br />

In Weildorf stellten die Bürger Wachen aus, welche besonders<br />

die Gegend nach dem Walde zu im Auge behielten.<br />

(Fortsetzung folgt!)


• [ahrgang 19;.- HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 53<br />

Im Albdorf wurde ein Laubtag angesagt. Das war nichts<br />

Besonderes, sondern wiederholte sich meist alle Jahre. Der<br />

Polizei-Bäschel schritt wie gewohnt durch die Gassen und<br />

schwang an seit alters festgelegten Punkten seine große<br />

Handschelle in altgewohntem Takte zweimal: „Bimbim, bimbim,<br />

bimbimbelibim, bimbim!" Schon rief unsere Mutter:<br />

„Loosne ao ois, was man scheallet, i ka it vo meim Toig<br />

und da Bachkrättle aweagg!" Ich lief und riß die Haustüre<br />

auf. Ueberall öffneten sich Fenster und Türen, auch meine<br />

ältere Schwester trat aus der Scheuer. Schon hub die Stimme<br />

des Uniformierten an: „Am Sontig z'Mittaag zuit der Salmadinger<br />

Gmoidsreachner d'Haifealdsteira ei(n) ufm Rothaus.<br />

— D' Weibr sollat aufromma, dr Kimmatfeagr ischt<br />

hia. — Am nächsta Michta ist ällgmoiner Laubtag. — Bei<br />

der „Sonna" sind scheene Milchseile foil; Borgfrist bis Martini!"<br />

— Und weiter schritt der Ortsgewaltige dem Pfarrhof<br />

zu, um auch dem Hairle das Neueste kundzutun. Ich wollte<br />

lachen: ,,S' Hairle kauft doch koine Seile", aber meine<br />

Schwester belehrte mich, daß auch der Herr Pfarrer von<br />

seinen Grundstücken auf der Markung Salmendingen Grundsteuer<br />

zahlen und den Kaminkehrer hineinlassen müsse.<br />

Dann berichteten wir alles der Mutter, die nicht verwinden<br />

konnte zu bemerken, daß der Kaminkehrer doch erst vor 6<br />

Wochen dagewesen sei und eine „Mordssauerei" gemacht<br />

habe. Mir selber kam es sehr amüsant vor, wenn man in<br />

der Küche die Eisentür aufmachte, aus der dann der Kaminkehrer<br />

kohlschwarz hervorkam, nachdem er kurz vorher<br />

barfuß im Bühnenraum eingestiegen war. Selten, daß er<br />

durchs Dorf gehen konnte, ohne daß die Buben ihm nachriefen:<br />

„Kimmatfegr voola Rueß, hoscht a Schepple (Wei(n)<br />

im Fueß, und a bißl im Ehlabooga; was 'r sait ischt älls vrlooga."<br />

Doch heute plagte mich der Wunderfitz: „Muetter<br />

was ischt a Borgfrischt?" „Ha dees ischt so, wenn d' Leit<br />

junge Seile kaufa weand und koi Geald haoad, noch kriaget<br />

se's uf d'Beit oder Borg bis a Maatistag." Aber ich war noch<br />

nicht zufrieden: „Kaufat mir au Sacha uf d' Beit?" „Noi,<br />

dees hots bei aos no nia gea, wenn ma koi Geald hot zum<br />

Zahla, noch wuut au noitz kaoft!" Das war für uns alle ein<br />

wohlbekannter Grundsatz, über den es keinen Disput gab.<br />

Der Mittwoch kam und mit ihm ein herrlicher Frühlingstag.<br />

Die Sonne weckte uns schon früh, die Hähne krähten<br />

um die Wette, und die Vöglein jubilierten voll Lust in den<br />

Morgen hinein. In jedem Haus, in dem man Vieh hielt<br />

— und das war mit Ausnahme des Pfarr- und Schulhauses<br />

überall der Fall — beeilte man sich mit de. . Füttern und<br />

Misten. Eine stattliche Anzahl, nicht nur Alte, gingen damals<br />

auch regelmäßig zur Messe, und ich möchte heute<br />

noch wissen, wo sie und besonders unsere Mutter als Witwe<br />

mit einem ansehnlichen Bauerngut die Zeit dazu hernahmen,<br />

Der Laubsack<br />

Bad Imnau, Fürstenbau<br />

denn heute wird man trotz der neuen Maschinen nirgends<br />

mehr fertig und einen Feierabend auf einem Bänkle vor<br />

dem Haus gibt es nur noch in der Erinnerung der Sechziger<br />

und Aelteren.<br />

Nach 8 Uhr zog alles mit Säcken und Rechen und Besen<br />

bewaffnet hinaus in die noch lichten Buchenwälder, um das<br />

trockene Laub zusammenzuschaffen und einzufassen. Denn<br />

im Vorjahr hatte es wegen Trockenheit nicht allzu viel Stroh<br />

gegeben, und man benötigte das Laub zum Streuen der<br />

Haustiere. Der Gemeindeschütz und der herrschaftliche Waldhüter<br />

waren auch auf den Beinen, um überall nach dem<br />

Rechten zu sehen. Besonders günstige Stellen, kleine Vertiefungen<br />

und Däschen, wo der Wind besonders reichliche<br />

Mengen zusammengeblasen hatte, waren meist schon vorher<br />

auskundschaftet und bildeten wahre Fundgruben. Bei vielen<br />

Haushaltungen genügten die prall gefüllten Säcke, zusammengebunden<br />

und zu mehreren auf dem Kopf heimgetragen<br />

nicht mehr, man mußte den Leiterwagen mit den<br />

Heugattern holen, die eben kurz vorher im Orte Mode geworden<br />

waren. Der Selte-Josef soll die Idee dazu von auswärts<br />

mitgebracht haben, die bald dem alten Wiesbaum ein<br />

Ende machte und sich mit den Spannseilen allein begnügte.<br />

Als wir Kleine aus der Schule kamen, lag schon ein großer<br />

Haufen dürres Laub vor dem Haus ausgebreitet im bekiesten<br />

Hof. Meine 10 Jahre ältere Schwester war damit beschäftigt,<br />

es mit dem Rechen zu wenden, damit die warme Sonne<br />

auch die letzte Feuchtigkeit wegküsse. Auch las Liesbeth<br />

sorgfältig auch die kleinsten dürren Zweiglein heraus, während<br />

man doch sonst das Laub unbesehen einfach in die<br />

Scheuer oder einen Winkel des Stalles aufhäufte. „Morum<br />

zamserlest alles so sauber raus?" wollte ich wissen. „I mues<br />

doch da Laubsack filla", war die Antwort.<br />

Was dies bedeuten sollte, wurde mir erst gegen Abend<br />

klar. Wir hatten nämlich damals neben den modernen Betten<br />

mit Matratzen (d. h. Rösten aus mit Stoff bespannten<br />

und Roßhaar gefütterten Eisenfedern) noch ältere mit Laubsäcken<br />

in der Trippelkammer, während die Bettdecke und<br />

Kissen samt Pfulben bei beiden Arten mit Federn gefüllt<br />

waren. Zweifellos stellten die Laubsäcke eine weit ältere<br />

Form der sonst auch üblichen Strohsäcke dar, denn auf Laub<br />

haben sicher schon die ältesten Siedler und Jäger der Alb<br />

sich zum Schlafe ausgestreckt, als noch niemand an die Verwendung<br />

des erst mühsam herzustellenden Strohes denken<br />

konnte. So hat man, als die Sonne sich im Westen senkte,<br />

den frisch gewaschenen großen Sack aus rauhem selbstgesponnenen<br />

Tuch prall mit Laub gefüllt und mit großen Stichen<br />

zugenäht, daß er wie ein dicker Ballon fast nicht mehr in<br />

die Bettstatt hineinpaßte. „Dr ist doch vill z'vool" meinte<br />

ich in Erinnerung des früheren Sackes, in dem sich so eine


54 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang <strong>1959</strong><br />

mollige Grube vom Hineinliegen gebildet gehabt. Aber die<br />

Mutter wußte es besser: ,,S'Laub wuut se schao ducka."<br />

Allerdings mußten wir "beim Zubettgehen für mich fast eine<br />

kleine Leiter holen, um auf den Sack hinaufzukommen, doch<br />

tats schließlich auch ein Stuhl, der Hilfestellung leistete.<br />

Und nach einigen Wochen hatte sich der Sackinhalt „gesetzt".<br />

Man schlief darauf geradezu „königlich" und im Winter<br />

warm, sicherlich viel besser als auf den kalten und teils<br />

auch harten Bettmatratzen. Selige Kinderzeit vor 1914! Wir<br />

waren viel glücklicher auf unsern armen Laubsäcken als alle<br />

Millionäre der Welt zusammen auf ihren Daunenbetten<br />

Aber eine unruhige Nacht hat mir mein Laubsack doch<br />

bereitet. Das kam so: Ich wache nachts einmal zufällig auf.<br />

Aber was ist das? Es regt sich etwas in meinem Sack, und<br />

deutlich raschelt der Inhalt. Eine kleine Bewegung meinerseits<br />

läßt das Geräusch verstummen. Ich warte eine Weile.<br />

Da ist wieder ein deutliches Rascheln und Bewegen im Laub.<br />

Ich rufe meinen Bruder wach, der im andern Bette schnarcht<br />

und fast nicht munter zu kriegen ist. Er meint zuerst ich<br />

träume. Aber wieder knisterts deutlich im Sack neben mei-<br />

Alemannengräber in Jungingen<br />

nem Pfulben. Mit einem Satz ist er bei mir: „Dees ischt a<br />

Maus!" Mit einer Hand packt er den hölzernen Stiefelhund,<br />

mit dem unser Michel sonst seine langen Rohrstiefel auszuziehen<br />

pflegte, mit der andern greift er nach dem Zipfel<br />

des Strohsacks-und mit den Worten: „Do hao se" schlägt er<br />

mit dem Hartholz auf den Zipfel, bis sich darin nichts mehr<br />

rührt.<br />

Befriedigt legen wir uns wieder hin und schlafen bald<br />

friedlich ein. Bei näherem Zusehen am nächsten Morgen<br />

entdeckte man ein Loch im Sack, und der Bruder, der sich<br />

damals als Wühlmausfänger bewährte, förderte bald mit<br />

seiner Hand den nächtlichen Ruhestörer zutage und trug ihn<br />

triumphierend unserer Hauskatze zu, die eben auf dem Trippel<br />

träumte, aber bei Ansicht des Leckerbissens sich wie toll<br />

gebärdete. Jedenfalls verschmähte sie das Mäuslein nicht.<br />

Seitdem sind 50 Jahre vergangen. Die Laubsäcke haben<br />

längst ausgedient. Aber ich muß gestehen, die Schlaraffia-<br />

Betten können neben den Säcken der Kinderzeit keineswegs<br />

bestehen, auch wenn Rost und Matratzen jetzt viel teurer,<br />

buntfarbiger und mehrteiliger sind. s.<br />

Der Schlüssel für wertvolle Erkenntnisse aus der Gründerzeit des Dorfes<br />

Wenn Jungingen bisher nur durch die Endung „ingen"<br />

als Alemannensiedlung ausgewiesen wurde, so ist in diesen<br />

Tagen die beweiskräftige „Bodenkunde" hinzugetreten. Am<br />

16. April hat ein Planierbagger auf der „Lehr" zwischen<br />

Annakapelle und Gemeindehaus größere Bodenbewegungen<br />

vorgenommen und dabei vier Gräber freigelegt, die durch<br />

Art der Bestattung und Grabbeigaben einwandfrei als Alemannengräber<br />

ausgewiesen wurden.<br />

Schon lange war die Entdeckung des Alemannenfriedhofes<br />

fällig. Hat doch bereits vor einigen Jahrzehnten ein alter<br />

Mann erzählt, wie einmal im vorigen Jahrhundert ein<br />

Junginger Landwirt beim Ackern auf der „Lehr" mit dem<br />

Pfluggespann plötzlich eingebrochen sei. Eine Grabkammer<br />

wäre zum Vorschein gekommen, die ein Skelett und auch<br />

Waffen enthalten hätte. Wohin die Funde verschwunden<br />

seien, wußte er nicht zu sagen.<br />

Bei den Ausschachtungsarbeiten zum Gemeindehaus im<br />

Jahre 1951 war man eigentlich enttäuscht, weil nichts gefunden<br />

wurde. Hätte man sich genauer an die Bedeutung<br />

-des Flurnamens „Lehr" oder „Lair" gehalten (ein Zinsrodel<br />

von 1466 über St. Pankratius und Sylvester in der Kapelle<br />

zu Jungingen enthält bereits die Bezeichnung „uff der 1er",<br />

dann wäre man vielleicht schon früher fündig geworden.<br />

Er ist nämlich ein altes Wort für Grabhügel oder Grenzhügel.<br />

Hinzu kommt noch die Bezeichnung „Auf dem Burren",<br />

die ebenfalls auf Grabhügel hindeutet. So wäre es<br />

eigentlich selbstverständlich gewesen, daß Gräber nur an der<br />

höchsten Stelle dieser Flur zu finden waren.<br />

Dem Baggerführer, Herrn Betz jr., Burladingen, muß an<br />

dieser Stelle Anerkennung dafür gezollt werden, daß er sofort<br />

dem Bürgermeister Meldung erstattete, als er eine<br />

„Dole" angeschnitten hatte. Sie entpuppte sich dann bei<br />

näherer Untersuchung als Grabkammer. Inzwischen waren<br />

aber in der nächsten Umgebung bereits Knochen durcheinandergewirbelt<br />

und Reste einer weiteren Grabkammer<br />

freigelegt worden. Die Kreisstelle für archäologische Bodenforschung<br />

in Hechingen und die beiden Landeskonversatoren<br />

in Sigmaringen und Tübingen wurden sofort benachrichtigt.<br />

Glücklicherweise waren die Baggerarbeiten am gleichen<br />

Abend beendet, so daß weiteres Unheil nicht mehr angerichtet<br />

werden konnte. Am nächsten Morgen waren dann<br />

Landrat Dr. Speidel und Kreisbaumeister Wachendorfer zur<br />

Stelle, und nachmittags hat Landeskonservator Dr. Rieth,<br />

Tübingen, unter Mithilfe einer Assistentin die Funde geborgen<br />

und zu Forschungszwecken mitgenommen. Bürgermeister<br />

Bumiller und zwei Gemeindarbeiter leisteten hierbei<br />

tatkräftige Mithilfe.<br />

Beschreibung der Gräber und Funde<br />

Grab Nr. 1 ist eine sehr gut erhaltene Steingrabkommer.<br />

Der Bagger hat lediglich die Fußplatte hinweggerissen und<br />

damit das Grab geöffnet. Die Maße sind an der Decke etwa<br />

1,80 mal 1 m, am Boden 1,80 mal 0,80 m. Die Tiefe vom<br />

Rasen bis zum Boden ist etwa 1,50 m, die Deckplatte liegt<br />

0,50 m unter der Erdoberfläche. Als Material wurden die 10<br />

cm starken Blaukalkplatten benützt, die auf unserer Markung<br />

in der Braun-Gamma-Stufe etwa 50 m höher auf der<br />

„Wacht" anstehen. Linke Seitenplatte und Deckplatte be-<br />

Von M. Lorch- Jungingen<br />

stehen aus je einem einzigen Stück, während die rechte<br />

Seite und die Kopf platte aus je zwei Platten zusammengesetzt<br />

sind. Diese „Gruft" ist so stabil gebaut, daß sie noch<br />

weiterhin viele Jahrhunderte überdauern wird. Der schwere<br />

Planierbagger fuhr hundertmal darüber hinweg, ohne daß<br />

eine Veränderung sichtbar wurde. Auf den ersten Blick erschien<br />

die geöffnete Grabkammer vollständig leer. Bei näherem<br />

Zusehen entdeckte man auf dem Boden eine etwa 20<br />

"TT<br />

Jia.qe.pt^ der ^e^^nfnfraier<br />

J au.f uler<br />

cm dicke Schicht aus reinem Lehm. Er war im Laufe der<br />

Jahrhunderte vom Regenwasser durch die Fugen und Ritzen<br />

eingeschwemmt worden und hatte allmählich das Skelett<br />

vollständig eingehüllt. Dieses mußte dann auch Stück für<br />

Stück herausgebrochen werden. Die Stärke der Kochen<br />

läßt auf ein Frauenskelett schließen; weil sie jahrhundertelang<br />

der Luft und Feuchtigkeit ausgesetzt waren, ließ ihre<br />

Erhaltung und Vollständigkeit zu wünschen übrig.<br />

Als Beigaben fanden sich zwei gut erhaltene einfache<br />

Bronzeringe von 6 cm Durchmesser, deren Lage links und<br />

rechts vom Schädel sie als Ohrringe auswies. Weitere bei der<br />

Ungestörtheit des Grabes zu erhoffende Beigaben waren<br />

leider nicht vorhanden. Landeskonservator Dr. Rieth vermutete<br />

darum eine sogenannte „Spätbestattung" aus dem<br />

frühen V. Jahrhundert, als schon das Christentum seinen<br />

Einfluß auszuüben begann und die Grabbeigaben aus der<br />

früheren heidnischen Zeit unterblieben.<br />

Grab Nr. 2 war ebenfalls eine Steingrabkammer, doch aus<br />

mehreren schwächeren Einzelplatten zusammengesetzt. Sie<br />

war auch vom Bagger in ihrem oberen Teil schon stark mitgenommen<br />

und teilweise zerstört worden. Die Ausmaße<br />

waren die gleichen wie beim ersten Grab. Uberraschenderweise<br />

fand man hier in einer höher liegenden Lehmschicht<br />

ebenfalls ein etwas schwächeres Skelett, während darunter<br />

in Kies eingebettet ein Männerskelett zum Vorschein kam,<br />

dessen ursprüngliche Lage aber in früherer Zeit einmal gestört<br />

worden sein mußte. Auch hier kamen die Teile von<br />

zwei Bronzeohrringen zum Vorschein, mit je 8 cm Durchmesser.<br />

Bei flüchtiger Betrachtung wurden darauf in Abständen<br />

von etwa 2 cm Rillenverzierungen festgestellt. Eine


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3 u. V s wtMAefA&iti'iA rissujyffx.<br />

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genauere Untersuchung ergab an diesen Stellen eine Auflage<br />

aus dünnster Edelmetallfolie, die der Fachmann als<br />

reine Silberauflage feststellte. Man muß staunen, wie mit<br />

den damals doch primitiven Handwerksmethoden diese Verzierung<br />

so exakt und schön herausgearbeitet wurde, daß sich<br />

das heutige Kunsthandwerk nicht daran zu schämen<br />

brauchte! Die Grünspan-Patina hat übrigens an den Berührungsstellen<br />

den guterhaltenen Unterkiefer (mit lückenloser,<br />

gesunder Zahnreihe!) und das Schlüsselbein tiefgehend<br />

mit Kupfervitriol getränkt. Als weitere Beigaben aus Bronze<br />

fanden sich zwei Ringe in der Größe von Fingerringen, eine<br />

eicheiförmige Kapsel mit durchstecktem Bronzedorn und ein<br />

weiteres Bronzeblättchen. Diese beiden Stücke könnten Gewandschmuck<br />

oder Fassungen für Steine gewesen sein. Die<br />

Perlenhalskette war leider zerstört; nach mühsamer Sucharbeit<br />

konnten aus dem Lehm noch 26 Perlen geborgen werden.<br />

Farben: gelb, grün, braun, grau, grauweiß; Größe:<br />

Stecknadelkopf bis Murmel; Formen: einfach doppelt, dreifach,<br />

tonnenförmig, gugelhupfförmig, eine „Warzenperle",<br />

zwei mit augenförmigen Verzierungen. Die größte der Perlen<br />

scheint ein durchbohrtes unregelmäßiges Bernsteinstück von<br />

17 mm Länge und 10 mm Durchmesser zu seir. Beim Männerskelett<br />

fanden sich einige stark verrostete Eisenbrocken,<br />

die Dr. Rieth als Überrest einer „Riemenzunge" bezeichnete.<br />

Grab Nr. 3 war die reine Erdbestattung einer Männerleiche<br />

ohne Beigaben. Auffallend ist hier der Unterkiefer<br />

eines Pferdes, der etwa handbreit über diesem Skelett liegend<br />

in 60 cm Tiefe gefunden wurde. Handelt es sich hier<br />

um Uoerreste einer Kulthandlung, um eine Opfergabe, oder<br />

kam er durch Zufall dorthin?<br />

Grab Nr. 4, ebenfalls reine Erdbestattung, wurde schon beim<br />

ersten Baggerhub aufgedeckt, war also nur 50 cm tief unter<br />

der Oberfläche. Auch hier lagen zwei Skelette dicht ÜDereinander,<br />

das obere mit schwächeren, das untere mit stärkeren<br />

Knochen, ohne besondere Beigaben.<br />

Bei der einige Wochen später erfolgten Planierung des<br />

Geländes wurden zwei weitere Grabkammern angeschnitten.<br />

Bei Grab Nr. 5 war der Deckel eingebrochen und ein Män-<br />

Jtu*<br />

k— ¥<br />

HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 55<br />

^ t tfOrtX-J<br />

nerskelett fand sich darunter in unzerstörter Lage. Es enthielt<br />

keinerlei Beigaben.<br />

Bei Grab Nr. 6 fehlte der Deckel, die Skelettlage war stark<br />

gestört, Beigaben nicht vorhanden.<br />

In allen Gräbern wurden auch größere oder kleinere<br />

Überreste von Holzkohle gefunden. Mit der Bestattung muß<br />

also wohl eine Kulthandlung verbunden gewesen sein, die<br />

Feuer benötigte. Sämtliche Leichen lagen ausgerichtet mit<br />

dem Gesicht zur aufgehenden Sonne, wie das bei allen Alemannenfriedhöfen<br />

üblich war.<br />

Die beiden senkrecht stehenden Einzelsteine Nr. 7/8 könn-<br />

ten auf eine ehemalige Umrandung oder wenigstens Kennzeichnung<br />

des Gräberfeldes hindeuten.<br />

Einige Topfscherben (Zeichnung Nr. 5) fanden sich auf<br />

dem Boden von Grab 2 und an der Oberfläche von Grab 6.<br />

Dr. Rieth und Dr. Schiek, (Tbg.) stellten übereinstimmend<br />

römische Herkunft fest.<br />

Funde aus alemannischer Zeit sind im Killertal nur zweimal<br />

erwähnt worden. In Zingeler-Laur „Bau- und Kunstdenkmäler<br />

Hohenzollern" vom Jahre 1896 heißt es Seite<br />

116: „Oestlich von Hausen wurden vereinzelte Funde gemacht,<br />

welche auf Reihengräber schließen lassen." Welcher<br />

Art diese Funde waren, wohin sie gekommen sind, ob sie<br />

ausgewertet wurden, ist nicht bekannt. In Schlatt fand man<br />

1899 eine durchbrochene Zierscheibe aus Bronze, Bronzeknöpfe,<br />

Perlenkette und zwei Saxe (einseitige Kurzschwerter),<br />

die sich in der Landessammlung auf dem Zoller befinden.<br />

Auch dieser Fund scheint nicht ausgewertet zu sein.<br />

Wie wichtig aber die Auswertung der Funde ist und was<br />

für Anhaltspunkte aus der Gründerzeit eines Alemannendorfes<br />

sie bietet, besonders wenn man sie in Beziehung setzt<br />

zu den ältesten „lebendigen Urkunden", den Flurnamen, das<br />

soll am Beispiel Jungingen gezeigt werden.<br />

Ums Jahr 260 n. Chr. erstürmten die Alemannen den<br />

römischen Grenzwall und nahmen das ZeTintland, unsere<br />

jetzige Heimat, in Besitz. In sogenannten Hundertschaften<br />

(„Huntaren") und Sippschaften besiedelten sie das Tand, was<br />

ungefähr einen Zeitraum von 200 Jahren erforderte. Um<br />

die Mitte des 5. Jahrhunderts läßt sich ein rasches Aufblühen<br />

des Landes erkennen. Die meisten der heutigen<br />

Dörfer haben damals schon bestanden.<br />

Wie entstand eine Siedlung?<br />

Welches war nun die Grund- und Vorbedingung zur Siedlung?<br />

Ein alter Verkehrsweg mußte vorhanden und das lebensnotwendige<br />

Wasser in greifbarer Nähe sein. Ein Hügel war<br />

willkommen als üpferstätte (Kultstätte), Versammlungsplatz<br />

(Thingstätte) und Begräbnisplatz. Das angrenzende Gelände<br />

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56 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

mußte Möglichkeiten bieten zur Anlage und Bewirtschaftung<br />

eines Bauern- oder Maierhofes.<br />

Wie schön dies alles für Jungingen zutrifft, zeigt die<br />

Kartenskizze (Zeichnung Nr. 6), ein Ausschnitt aus dem<br />

Ortsplan von 1863. Hier läßt sich genau erkennen, wo die<br />

Gründer zu siedeln angefangen haben. Die Namen „Lehr"<br />

(„Lair") und „Burren" bezeichnen immer den Hügel, wo die<br />

Toten bestattet, wo Versammlungen und Gericht gehalten<br />

und wo Kulthandlungen vorgenommen wurden (Opferstätte).<br />

Das Christentum hat die Kultstätte belassen, sie aber in eine<br />

christliche Opferstätte umgewandelt, und darum heute noch<br />

an dieser Stelle die Annakapelle. Sie war das erste Dorfkirchlein<br />

von Jungingen. Bei den Bestattungen muß es sich<br />

um vornehmere, reichere Sippenangehörige gehandelt haben;<br />

denn sonst hätte man nicht mit großer Mühe die dauerhaften<br />

Steingrabkammern errichtet und den Frauen ihren<br />

Schmuck mitgegeben. Das Fehlen der Waffen kann, wie bereits<br />

angedeutet, schon mit dem Einfluß des Christentums<br />

zusammenhängen. Auch mußte sich die Mehrzahl der Toten<br />

mit viel bescheideneren Beigaben, besonders solchen aus vergänglichen<br />

Stoffen begnügen.<br />

Angrenzend an den Friedhof finden wir die „Hofstatt",<br />

jenen Platz, wo der Dorfgründer „Jung" oder „Jungo" von<br />

seiner Sippe das beste Land für seinen Maierhof zugesprochen<br />

bekam. Als Sippenhaupt, Führer, Berater, Richter<br />

und vielleicht auch Priester hatte er wohl ein Anrecht darauf.<br />

Ob die späteren Edlen von Jungingen direkte Nachkommen<br />

dieser Gründer waren, kann natürlich nicht festgestellt<br />

werden. Eng mit dem Meierhof zusammen steht der<br />

anstoßende „Baurengarten", d. i. der Garten des großen<br />

Bauern oder Hofbesitzers. Wasser mußte als lebensnotwendig<br />

leicht beschafft werden können: Die Starzel mit<br />

ihrem gewundenen Lauf (vor der Bachregulierung) kam dem<br />

Hof entgegen, der etwa dort zu suchen war, wo heute wie<br />

vor Jahrhunderten schon im „Gäßle" die Gebäude Nr. 160<br />

bis 163 stehen. Wohnstätten selbst sind bis jetzt nicht nachweisbar<br />

gewesen, da die Alemannen Untergeschosse und<br />

Keller nicht kannten. Der Hof war durch einen Weg (in<br />

der Karte noch als Fußweg eingezeichnet), das „Gäßle" genannt,<br />

mit dem wichtigen „Burren" oder „der Lehr" verbunden.<br />

— Auch die Urstraße durch das Killertal, also der<br />

älteste Verkehrsweg, führte von Hechingen aus auf dem<br />

linken Starzelufer ins Tal, etwa dort, wo heute die Eisenbahnlinie<br />

verläuft. Es dürfte der Weg sein, der an der Fabrik<br />

„Bosch u. Speidel" herauf ins Unterdorf hereinführt.<br />

In alten Urkunden wird er immer wieder der „alte Heerweg"<br />

oder „alter Herrenweg" genannt und damit als voroder<br />

frühzeitlicher Fernweg ausgewiesen. Im obersten<br />

Schwarzjura und untersten Braunjura (siehe Weilerschrofen!)<br />

sind die Ufer der Starzel tief eingeschnitten. Sie ermöglichten<br />

in jener Frühzeit keinen bequemen Uebergang.<br />

Erst beim Eintritt in die zweite Braunjuraschicht war bei<br />

seichten Ufern eine Furt gestattet, und von dieser aus erreichte<br />

man auch nach wenigen Schritten den Meierhof, die Urzelle<br />

von Jungingen. Die „alte Heerstraße" hielt sich jetzt ziemlich<br />

eng an den Bach, hat in der heutigen Dorfmitte noch einen<br />

Ueberrest im sogen. „Herrengäßle", zieht über „die Schütte"<br />

hinauf zur „Kälbergasse". Das Junginger Fleckenbuch meldet<br />

von hier ab (S. 18): Gehet ein ehrhafter Fuhrweg (der ehemalige<br />

„Herrenweg") von der „Kälbergaß" bis an die Killer-Grenze,<br />

welcher vom Stichle in der „Kälbergaß" anfangt,"<br />

— (und Seite 19) „Wiesen, welche von Killerbahn<br />

an in „Brucken" und unter dem „alten Herrenweg" liegen,<br />

gehören bis an die Zinnenbrunnenäcker alle diesem „alten<br />

Herrenweg" zu. Bei der heutigen Eisenbahnbrücke lassen<br />

sich diesseits und jenseits des Baches noch deutlich die tief<br />

eingeschnittenen Spuren erkennen, wo diese Urstraße zuerst<br />

in einer Furt den Wasserlauf überquert hat.<br />

Wurde dem Sippenhaupt für die Lage seines Hofes schon<br />

ein bevorzugter Platz zugestanden, so traf dies auch zu für<br />

JFZISSDRUTF GUI$ ORTSPUN~JUA([W(JERLF$(&


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 57<br />

den zum Hof gehörenden Wald, den wir im naheliegenden<br />

„Jungholz" zu suchen haben. Obwohl der Wald sonst Allgemeingut<br />

(Allmende) war, haben wir hier ein Beispiel für<br />

den Einzelbesitz, und der Name des Dorfgründers „Jung" ist<br />

uns doppelt erhalten geblieben, im Siedlungsnamen Jungingen<br />

und im Flurnamen „Jungholz". — Unterhalb „Jungholz",<br />

auf dem steilen Abhang vom „Schebdach", schleuderte<br />

man einst zur Sonnenwende die brennenden Scheiben ins<br />

Tal.<br />

Eine ganz besondere Ueberraschung bereiteten uns die<br />

römischen Topfscherben. Sie sind erst- und einmalig im<br />

Killertal und dürften den bereits beschriebenen Urweg als<br />

Verbindungsweg zwischen dem wichtigsten römischen Verwaltungszentrum<br />

„Sumelocenna" (Rottenburg a. N.) und dem<br />

Burladinger Kastell im Alblimes bestätigen. Mit unsern<br />

Gräbern werden sie wohl wenig zu tun haben; liegt doch<br />

zwischen der Vertreibung der Römer und der Dorfgründung<br />

ein Zeitraum von etwa 300 Jahren. Und doch haben sie<br />

uns noch etwas zu sagen, wenn wir sie in Beziehung setzen<br />

zu den Namen der an dem Fundort anstoßenden Fluren. Da<br />

ist zunächst die Flur „Weilbach", bisher immer mit dem<br />

abgegangenen „Weiler ob Schlatt" in Zusammenhang gebracht.<br />

Das Wort „Weil" (aus lat. Villa = Landhaus) ist aber<br />

immer Kennwort für Spuren römischer Siedlungen (Weilheim,<br />

Rottweil). Da ist der sonderbare Namen „Janusgarten",<br />

den zweigesichtigen römischen Gott „Janus" enthaltend.<br />

Da ist weiter die „Ziegelwies". Namen mit „Ziegel"<br />

beziehen sich dann und wann auf Scherben vorchristlicher<br />

oder römischer Zeit. Und da ist zuletzt der Name „Holder".<br />

Er steht besonders häufig im Zusammenhang mit den Grundmauern<br />

eines römischen Gutshofes. Die Alemannen wollten<br />

von den Steinhäusern der Römer nichts wissen; sie wurden<br />

zerstört und verfielen unter Einwirkung der wechselvollen<br />

Witterung im Laufe von Jahrhunderten. Soweit sie nicht mit<br />

dem Pflug umgebrochen, blieben sie als Oedplätze erhalten,<br />

wurden überwuchert von wildwachsendem Unkraut und<br />

Buschwerk, u. a. von Holdergebüsch. Es sind allerdings erst<br />

vier Scherben- und vier Flurnamen, und die Beweiskraft<br />

dürfte noch nicht groß sein, weil ja auch noch andere Deutungsmöglichkeiten<br />

bestehen. Halten wir in den genannten<br />

Fluren von nun an die Augen offen —• vielleicht sammeln<br />

sich dann weitere Anhaltspunkte zu einem beweiskräftigen<br />

Gefüge!<br />

Folgerungen<br />

Zusammenfassend kann gesagt werden: Der Gräberfund<br />

auf der „Lehr" war gleichsam der Schlüssel, der uns wertvolle<br />

Erkenntnisse aus der Gründerzeit unseres Dorfes erschlossen<br />

hat. Die Skelette sind die letzten sterblichen Ueberreste<br />

unserer ältesten Vorfahren, unserer Ahnen. Ueber 40<br />

Generationen liegen zwischen ihnen und uns in mehr als<br />

1300 Jahren. Und doch kann behauptet werden, daß irgend<br />

ein Quentlein ihres Blutes, irgend eine Spur ihrer körperlichen<br />

und geistigen Eigenschaften durch den Erbstrom der<br />

Jahrhunderte hindurchgetragen wurde bis zu uns und auch<br />

weiterhin auf die folgenden Geschlechter übergehen wird.<br />

Es beschleicht uns, als die unmittelbar Beteiligten, ein etwas<br />

seltsames, ja unbehagliches Gefühl, wenn diese letzten<br />

Ueberreste jetzt zwar zu berechtigten wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

weggeholt, aber dann vielleicht für immer verschwinden<br />

und verloren gehen sollen. Wäre es nicht ein Akt<br />

der Pietät, wenn wir diese Gebeine wieder zurückerhalten<br />

würden zur Beisetzung an ihrer ursprünglichen Ruhestätte?<br />

Die Gemeinde ist jedenfalls bereit, die noch bestehende<br />

Grabkammer als ältestes von Menschenhand errichtetes „Totenhaus"<br />

weiterhin zu erhalten und zu einer bescheidenen,<br />

aber würdigen Gedächtnisstätte herzurichen! Die Grabbeigaben<br />

werden nach ihrer Konservierung in der Landessammlung<br />

auf dem Zoller zur Ausstellung kommen.<br />

Aus unserer Mundart und Umgangssprache<br />

Unser Schriftdeutsch wird seit Jahren von fremdländischen<br />

Ausdrücken nahezu überschwemmt. Ohne Wörterbuch kann<br />

auch der einfache Mann bald nicht mehr auskommen. —<br />

Da ist es erfreulich zu hören, wie unsere Mundart und Umgangssprache<br />

von diesem fremdsprachlichen Einbruch kaum<br />

berührt wurden. Dem raschen Wandel der Dinge in der heutigen<br />

Zeit setzt vor allem die Mundart ihre altbewährte<br />

Ursprünglichkeit, ihre Ruhe und Festigkeit gegenüber. Unsere<br />

bäuerlichen Vorfahren haben sie einst in ihrer Urwüchsigkeit,<br />

Natur- und Lebensnähe nach Inhalt und Form<br />

geschaffen. Sie war für die Welt, in der sie seelisch-geistig<br />

lebten und sich auch ausdrückten. Ueberaus sinnfällig sind<br />

hierbei vor allem die spärlichen Bilder, außerordentlich zutreffend<br />

die zahllosen Vergleiche, die den Menschen mit<br />

seinen Stärken und Schwächen der Tierwelt gegenüberstellen.<br />

Was hat da der Mensch nicht alles gemeinsam mit der ihn<br />

täglich umgebenden oder ihm bekannten Tierwelt! — Er ist<br />

beispielsweise dumm und faul wie ein Esel, hat dann und<br />

wann auch Ohren wie ein Esel. Wieder eine andere, die vor<br />

lauter Männerwerben bald nicht mehr sieht, ist „ein rechter<br />

Gaul" oder „verrückt wie ein Gaul". Und dort steht einer,<br />

der ist „stärrig wie ein Bock, widerwärtig wie ein Och s".<br />

Hat jemand eine besondere Schwäche für großen Schmuck<br />

und zeigt sich gerne in dessen Vollglanz, dann ist er<br />

„gschmückt wie ein Pfingst och s".<br />

Ist einer in seinen körperlichen Ausmaßen und in seinem<br />

Verhalten über das gewohnte Mittelmaß hinausgeraten,<br />

dann ist er „ein Denger wie ein H a g a oder ein Kerle wie<br />

ein B ä r". Ein solcher hat dann auch Kraft, Pratzen und<br />

Füße wie ein Bär. — Wei sich ungeschlacht benimmt, „ist<br />

aubacha wie ein Stück V i e h". Hat jemand Magen und<br />

Bauch durch übermäßiges Essen und Trinken zu stark ausgeweitet,<br />

dann hat er einen „Ranzen wie eine K u h". Bei<br />

einer solchen Körperfülle hapert es dann nicht selten mit<br />

dem Schnaufen, und so einer muß dann „treeßen wie eine<br />

alte Kuh". — Kinder hingegen, wenn sie erkältet sind, „husten<br />

wie ein Schoof" (Schaf), und sehen aus „wie-s<br />

Kätzle am Bauch." Wer von einem Regen überrascht wird<br />

und keinen Schutz hat, der „sieht aus wie eine blutte Maus<br />

und friert nachher wie ein nasses Kälble."<br />

Versteht es eine ihre Wohlhabenheit oder ihr Liebessehnen<br />

geschickt zu verbergen und doch bei passender Gelegenheit<br />

gebührend ans Licht zu bringen, dann ist sie „hälinge<br />

fett wie eine G e i ß." Ein Weibsbild kann nach der Mund-<br />

Vergleiche menschlicher Eigenschaften mit der Tierwelt<br />

art auch „schmeicheln, falsch oder lieb sein wie eine<br />

Katze". Und in Punkto Unsauberkeit wird die Sau in<br />

allen Variationen zum Vergleich herangezogen. Da gibt es<br />

eine Drecksau, Waldsau, Gransau — aber auch einen Saukerle<br />

und einen Sau hund. Wer tüchtig schafft, hat Hunger<br />

wie ein Wolf und Durst wie ein Fisch. Wenn sich zwei<br />

gegenseitig nicht vertragen, so sind sie spinnefeind,<br />

oder leben zusammen „wie Hund und K a t z e".<br />

Es kann ein Menschenkind auch „gring sei wie ein H ä t -<br />

tele (Kitzle), dumm wie eine Gans, krank wie eine<br />

Henne, giftig wie eine Schlange, lahm wie eine<br />

Schnecke oder eine K r o 11 und wackeln wie eine<br />

Ente". Bei heftigen Schmerzen krümmt man sich wie ein<br />

Wurm. Wer seine Zunge im Zaume hat, ist mitunter<br />

„stumm wie ein Fisch".<br />

Auch die Tiere des Waldes und Feldes hat die Mundart<br />

in ihrem Wesen festgehalten. Wie oft hört man da: „Der<br />

kann springen wie ein Reh oder ein Has; der ist schlau<br />

wie ein Fuchs; der ist flink wie ein Wiesel; der kann<br />

klettern wie ein Eichhörnchen und schlafen wie ein<br />

Dachs.<br />

Mancher stellt auch seine Haare wie ein Igel.<br />

Wer allzusehr an irdischer Habe hängt, niemand etwas<br />

gibt oder gönnt, „der ist hungrig wie eine Kirchenmau s."<br />

Und wenn jemand schlecht zwischen „mein und dein" unterscheidet<br />

und nichts an seinem Platze liegen lassen kann,<br />

„dann stiehlt er wie eine Ratte oder wie ein M a r d e r."<br />

Verdrießliche Leute lassen mitunter den Rüssel hängen<br />

wie ein Elefant. Heitere Menschen jedoch sind lustig und<br />

können singen und pfeifen wie die Vögel. Ihnen ist es<br />

auch vögeleswohl. Wen die Natur in Punkto Schönhei' etwas<br />

stiefmütterlich behandelt hat, kann wüast und häßlich<br />

sein wie eine Grapp (Rabe) oder wie eine K r o 11. Zierliche<br />

Wesen jedoch „sind feine T ä u b 1 e". Wer anderen alles<br />

nachplappert, „ist ein Papagei", und wer immer und überall<br />

alles auskundschaftet und alles am besten weiß,, „der hört<br />

die Flöh husten." Menschen aber, die nicht viel taugen,<br />

der Arbeit aus dem Weg gehen und nur auf anderer Leute<br />

Kosten leben, „sind U n z i e f e r."<br />

Die Mundart ist die Hüterin des Wesentlichen in der<br />

Sprache. Sie ist aber auch der Urquell und ständige Nährboden<br />

des Hochdeutschen. Schätzen, pflegen und erhalten wir<br />

sie deshalb als ein großes Gut der Gemeinschaft.<br />

Joh. Wannenmacher.


58<br />


.Tr. l-.rqanp <strong>1959</strong> HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 59<br />

eifrig beiwohnen und das gewöhnliche Opfer auf den Altar<br />

legen. Zur Ablaßgewinnung sind nötig Beicht, Kommunion<br />

und das obige Allgemeine Gebet. 4.) Jährlich sind drei Gottesdienste<br />

nachmittags mit Predigt, Vesper und Umgang<br />

nämlich außer dem Sebastianstag noch an G e o r g i und am<br />

Sonntag vor K o n r a d i e. Sie können auch an Georgi, Peter<br />

und Paul, Sonntag vor Konradi und Weihnachtstag einen<br />

Ablaß von 7 Jahren und 7 Quadragenen nach Beicht, Kommunion<br />

und Allgemeinem Gebet gewinnen. 5.) Auf Bruderschaftskosten<br />

wird an Sonn- und Feiertagen eine Kerze<br />

(wohl auf dm Sebastiansaltar) gebrannt, um die Mitglieder<br />

zu erinnern, daß sie im Licht des wahren Glaubens und mit<br />

brennendem Herzen für einander und die Verstorbenen<br />

beten sollen. 6.) Bei häufigem Sakramentenempfang im Lauf<br />

des Jahres sollen sie eben solchen Eifer am Tag des Schutzpatrons,<br />

des hl. Sebastian, an den Tag legen, um den hl.<br />

Ablaß zu gewinnen. 7.) Sie sollen alle Sünden und Laster<br />

meiden, besonders auch die Gotteslästerung, das Fluchen<br />

und Schwören, anderfalls sie ausgestoßen werden. 8.) Die<br />

Aemter (der Vorsteher) sind jährlich neu zu besetzen oder<br />

neu zu bestätigen und am Georgitag zu verlesen. 9.) Kranke<br />

Mitglieder sollen mit Fleiß besucht, der Bruderschaftspfeil<br />

von Verstorbenen alsbald dem Pfarrer geschickt werden,<br />

damit der Tote mit Vorantragung der Bruderschaftsfahne<br />

von den Mitgliedern zu Grabe geleitet werde, worauf am<br />

nächsten Sonntag für ihn die 5 Vater und Ave und der<br />

Glauben gebetet werde. 10.) Jährlich sind zwei Jahrtage für<br />

die Heimgegangenen zu halten mit Seelenamt und Beimesse,<br />

bei dem die Mitglieder fleißig erscheinen, für die Mitglieder<br />

beten und das gewöhnliche Opfer legen sollen, wobei man<br />

die Namen der Verblichenen vorliest. 11.) Die Bruderschaft<br />

wird von dem Pfarrer als Präses und von zwei Pflegern<br />

verwaltet, die Rechnung getreulich abgeschlossen und zwar<br />

in Gegenwart des Schultheißen und eines Adjunkten.<br />

Die endlosen Namenlisten durchzugehen ist nicht von geringem<br />

Interesse. Im 18. Jahrhundert weiterte sich die Bruderschaft<br />

räumlich weiter aus. Eine Reihe von Nachbarpfarrern<br />

und Kaplänen findet sich darin, so wie Franziskanerpatres<br />

von Hedingen und Augustiner aus Weilderstadt (warum<br />

nicht von Beuron?). Letztere haben vermutlich jeweils im<br />

Beichtstuhl ausgeholfen. Wir finden: Kaplan Sebastian<br />

Z i egl e r-Benzingen, die drei Kapläne Josef H e pp, Mathias<br />

Fauler und Ignaz Eggstein zu Veringen 1715,<br />

Pfarrer Georg D i r h e i m e r-Kettenacker 1719, Kaplan Seb.<br />

Wonlhiete r-Straßberg 1720, Pfarrer Jakob Miller-<br />

Benzingen 1722, Kaplan Franz Johann Hofe r-Straßberg<br />

1722,Kaplan Franz F a 1 k n e r-Veringendorf 1723, Kaplan<br />

Jon. B. Brunbach - Jungnau 1724, Obervögtin Maria Urs.<br />

Graneckerin- Straßberg 1725 mit den Jungfrauen Maria<br />

Theresia und Maria Anna Hiller, offenbar den Töchtern des<br />

Obervogts, Kaplan Simon R e 11 i n g-Straßberg 1725, Johann<br />

Kreuzer, Jagdkaplan zu Burladingen 1725, Franziskanerpater<br />

Zacharias R i p f i n g e r von Hedingen und Laienbruder<br />

Nemesius Brandstetter von da, 1726, Pfarrer Sebastian<br />

H e p p von hier, F Zacharias Sattler von Ueberlingen,<br />

Franziskaner 1726, Carl Anton von Au, Benefiziat in Veringen<br />

1733, Benef. Josef Glambser von Jungingen. Anton<br />

Wald, ehemaliges Kloster, Gastflügel<br />

Mauz, Bürger und Cortonweber von Augsburg 1734 (von hier<br />

gebürtig?), Georg Adam Löble-Wimpfejj am Berg, Benef.<br />

Johann B. S c h m i d-Benzingen 1737, Josef Schoch von Lignau<br />

i. Bregenzerwald 1742. Maria Reiterin geb. aus Preßburg<br />

i. Ungarn. Der' durchlauchtigste Fürst Karl Meinrad<br />

von Hohenzollern-Sigmaringen und seine Gemahlin Johanna<br />

geb. Gräfin von Bregen-Sternberg und Poxmär 1751, Joh.<br />

Mich. Widman, Cornet des Schwäb. Kreysregts. von Zollern<br />

zu Pferd und Franz Heinrich Fauler, Fähnrich des schwäb.<br />

Kreys Inft. Regt, von Würtemberg. Benef. Joser Friedrich<br />

A 11 s e i t s-Veringen, Vikar Mathias P f e i f f e r-Benzingen,<br />

später Dautmergen 1751, Franz Anton Dubonage vonPeronne<br />

(Picardie) hochfürstl. hohz. Sigmaringer Haarfriser 1751!<br />

Johann Mautz, Jäger von Burladingen, Benef. Josef Fried.<br />

D ü r h e i m e r-Veringendorf 1753, Benef. Franz Josef Jakob<br />

Greysing in Bergatreute, Johann Schmiu-Ringingen,<br />

Pfarrer Heinrich Jos. Ant. d e L e o-Benzingen, Johann Bapt.<br />

Seifried archigrammataeus in Veringenstadt, Viktor Andreas<br />

Abt-Benzingen 1761, Pfarrer Wendelin Blau, hier, 1762,<br />

Benef. Joh. Matthias Saute r-Veringenstadt und Benef.<br />

Anton Bayer von da, 1770. Eremit Fidelis Glanz, Drittordensbruder<br />

zu Dillstetten 1772, Josef Rettig von Veringendorf,<br />

Organist all hier in Harthausen 1776, Franz Josef<br />

Schreck, Sakristan in Maria Dillstetten 1778, u. a. m.<br />

Im Jahre 1815 sind für vier Einschreibungen 16 kr und an<br />

Opfern 41 kr eingegangen. Hier bemerkt Pfarrer Steffelin:<br />

„Dabei gingen 4 und auch schon 5 Urnen Bier auf, jede zu<br />

4'/ä Maß zu je 5 kr. Wenn noch Brot dazu gegeben wird,<br />

dürfte klar sein, daß aus dem gewöhnlich geringen Opfergeld<br />

für mich und die Bruderschaft nichts mehr übrig bleibt.<br />

Die Sitte dieses Trunkes fand ich schon vor, so daß ich nicht<br />

verantwortlich bin, daß die Sänger für ihre Mühe nichts<br />

mehr bekommen. Der Kaikant oder Balgtreter bekam 4 kr,<br />

die Ministanten 8 kr, die Sängerinnen sonst 8 kr, der Lehrer,<br />

der Kirchenadjunkt (Mesner) und vier Sänger einen Trütfk<br />

und Brot, so verbleibt nichts, als Schaden für die Bruderschaft."<br />

Auch weiterhin blieben die Einkünfte mager. 1819 schrieb<br />

der Pfarrer in seinem Unmut: „O Ihr Bruderschaften, Eure<br />

Abschaffung wäre schon längst erwünscht! Fast keine Frucht<br />

(Nutzen) und viele Mißbräuche. Es ist genug, weil alles versucht<br />

wurde um einen heilsamen Zweck zu erreichen, aber<br />

bisher war alles umsonst."<br />

Um jene Zeit wurde die Bruderschaft in eine allgemeine<br />

der tätigen Liebe Gottes und des Nächsten umgenannt. Der<br />

Überschuß an Geld wurde an die Heiligenpfleger abgegeben,<br />

so 1831 unter Pfv. Göggel und Weihrauch von Haigerloch.<br />

1835 ist die Rede von Kerzengeld von 3 Personen mit 3 fl<br />

18 kr, die der Heilige erhielt. Im folgenden Jahre durfte<br />

dann auf Anordnung der Sigmaringer Regierung nicht<br />

mehr zu Opfer gegangen werden! Als letzten<br />

Eintrag finden wir 1856 zwanzig Personen, wohl alle von<br />

Harthausen. Wessenbergianismus und Staatskirchentum, vereint<br />

mit religiöser Gleichgültigkeit, waren Schuld am Ende.<br />

Zum Schluß würde noch die Frage interessieren, ob sich<br />

vielleicht irgendwo ein solcher Bruderschaftspfeil als Abzeichen<br />

noch erhalten hat. Joh. Ad. Kraus.


60 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Die Adelsfamilie der Schwelher von Wielandstein war im<br />

15. Jahrhundert in Ringingen, Stetten u. Holst, und Straßberg<br />

begütert und teils auf den dortigen Burgen wohnhaft.<br />

In einem größeren Aufsatz im Hohenzollerischen Jahresheft<br />

1938, Seite 94—148, wurde ihren Wegen nachgegangen und<br />

auch 4je Hohenzollerische Heimat 1951, Seite 18, 1954, Seite<br />

14 und 1955, Seite 63 hat von ihnen berichtet. Besonders<br />

bekannt ist die Geistergeschichte des Kleinhans Schwelher<br />

zu Ringingen durch die Zimmerische Chronik. Dessen Frau<br />

haben wir ebenda 1954, Seite 14, als Anna von Freiberg<br />

dargetan. Als Letzten des Geschlechts kennt man • Peter<br />

Schwelher zu Straßberg 1470—1513, über den auch das neueste<br />

Hhz. Jahresh. <strong>1959</strong> in der Geschichte Straßbergs berichtet.<br />

Heute sind wir in der glücklichen Lage, eine alte Inschrift<br />

zu zeigen, deren Bild wir der Zeitung „Der Teckbote" in<br />

Ein Schwelher-Rätsel von 1326<br />

F . MMSM<br />

•M i i*• 11 i i i- n Biü m mm<br />

h *h u e m d o t t<br />

§ röfM f ocT^hur- anno<br />

S5 burrmmin<br />

ÖTLI BOQI '<br />

Nun braucht einen sein Versagen nicht zu entmutigen.<br />

Größere Gelehrte haben sich mit dem Rätsel beschäftigt<br />

und folgendes herausgebracht (wobei bemerkt sei, daß die<br />

Kleinbuchstaben als Abkürzungen ergänzt sind). Es heißt<br />

also:<br />

DE Re GnO LItiGAntibuS<br />

REGE Friderico DVCE AVStriE, Ludowico BAvERIE<br />

t HEC RENOVACIO MONA -<br />

STERII FACTA FUIT ANNO<br />

DOmlNI MiLLesimO CCCXX"VI<br />

SvB DIScreTIS MILITIBus Friderico, Berchtoldo,<br />

Henrico, Udalrico<br />

L :TIS SV fCLHer ET ITem (?) SACerdotlBus Conrado<br />

DE HAILFingen ET Conrado DE AOSMETlnGEN<br />

Als um das Königreich stritten:/König Friedrich, Herzog<br />

von Oesterreich, und Ludwig von Bayern:/ t Diese Erneuerung<br />

des Münsters ist gemacht worden im Jahre des Herrn<br />

1326/unter den gestrengen Rittern Friedrich, Berthold, Heinrich<br />

und Ulrich genannt Schwelher und auch unter den<br />

Priestern Conrad von Hailfingen und Conrad von Onstmettingen."<br />

Wenn ein Unerfahrener meint, die Ergänzungen seien<br />

vielleicht willkürlich gemacht, sü möge er wissen: sie entsprechen<br />

genau den Regeln der damaligen Schreibkunst und<br />

der genauen Kenntnis der Gegend und der Orts- und Landesgeschichte!<br />

Oberlenningen liegt am Fuß des Wielandsteins,<br />

wo die Gebrüder Schwelher damals wohnten (siehe<br />

obigen größeren Aufsatz). Zweifellos haben sie die Kirchen-<br />

Am 10. November 1785 wurde vor dem bischöflichen<br />

..Geistlichen Rat" in Konstanz die Eingabe des Veringendorfer<br />

Pfarrers verhandelt, die er an den Kaiser Josef II.<br />

gerichtet hatte. Laut neuer kaiserlicher Verordnung durfte<br />

nämlich kein Geistlicher zwei verschiedene Pfründen innehaben.<br />

Graf Meinrad von Hohenzollern aber war nicht nur<br />

Pfarrer von Veringendorf, sondern auch Domkapitular in<br />

Konstanz, und hatte gebeten, man möge ihm die Pfarrei<br />

doch belassen. Als Gründe führte er an, er sei seit 30 Jahren<br />

Pfarrei Veringen mit 4 Filialen<br />

Kirchheim u. Teck verdanken, in der Carl Mayer am 17. 1.<br />

<strong>1959</strong> die Geschiche des Wielandsteins erzählte. Die Inschrift<br />

findet sich über dem Westportal der Martinskirche zu Oberlenningen<br />

in der Nähe der Teck und des Wielandsteins und<br />

wurde bei einer Renovation dieser frühromanischen Basilika<br />

1932 entziffert (Albvereinsblätter 1934, Seite 229). Man<br />

sehe die Abbildung einmal an! Besonders unsere Lateiner,<br />

oder die es werden wollen, können ihren Ehrgeiz darein<br />

setzen, das Rätsel der altertümlichen Buchstaben zu deuten.<br />

Aber sie werden bald sehen, daß dies nicht so einfach ist.<br />

Zwar lassen sich einzelne Wörter leicht lesen, aber andere<br />

Zeichen scheinen überhaupt keinen Sinn zu geben. Zudem<br />

ist der Anfang der Inschrift bis zu dem Kreuzlein später<br />

nachgetragen und unvollständig. Wer wagt es nun, die harte<br />

Nuß zu knacken?<br />

renovation gefördert, ohne daß die Buchstaben B und S an<br />

den Säulen des „Münsters" sich auf Berthold Schwelher<br />

beziehen müssen, sondern es sind wohl Steinmetzzeichen.<br />

Die beiden Priester stellen offenbar den Pfarrer und dessen<br />

Helfer dar. Merkwürdigerweise sagt heute noch die Mundart<br />

wie vor 600 Jahren „Aoschmettinga". Die Burgen auf dem<br />

Wielandstein, von denen die hintere Feste gegen die Alb<br />

besonders erwähnt wird, hat um 1411 ein Konrad von Freiberg,<br />

genannt Stubenrauch, bewohnt, ein Sohn Burkarts<br />

von F. zu Altsteußlingen. Dieser Konrad dürfte der Vater<br />

obiger Anna von Freiberg, der Ringinger Schloßherrin,<br />

gewesen sein. Dieser hat nämlich im Jahre 1416 zusammen<br />

mit Ulrich von Sperberseck und dem Owener Bürger Hans<br />

Eveli das Erbe der Schwelher unter die drei Gebrüder Hans<br />

Schwelher geteilt, deren ältester als Burgvogt auf Achalm<br />

war. Mettelhans bekam damals den württembergischen<br />

Schuldschein über 2000 fl betr. Owen, den Teil der Feste<br />

Holnstein, der Swenigers von Lichtenstein gewesen, samt<br />

dem zugehörigen Hof mit Leuten zu Stetten. Der übrige<br />

Besitz blieb dem älteren und jüngsten Schwelher gemeinsam<br />

(Staatsarchiv Sigmaringen).<br />

Die Burgen auf dem Wielandstein waren im 16. Jahrhundert<br />

zerfallen. Heute sieht man nur noch die nackten Felsen.<br />

Von der Schwelherburg Ringingen dagegen steht noch der<br />

15 m hohe, vom Wetter und noch mehr von Lausbuben<br />

schwer beschädigte Bergfried. Der Turm der Schalksburg<br />

wurde in unserer Zeit mit Hilfe amerikanischer Hubschrauber<br />

für 95000 DM wieder aufgebaut, und bei uns werden<br />

altüberlieferte Heimatwerte gedankenlos oder böswillig<br />

vernichtet! Bitter, aber wahr! J. A. Kraus.<br />

im Besitz der letzteren, habe in den ersten 8 Jahren seinem<br />

Vorgänger jährlich 750 fl verabreichen und die Pfründe<br />

gleichsam erkaufen müssen. Auch sei er die meiste Zeit des<br />

Jahres auf seiner Pfarrei zugegen und unterhalte zugleich<br />

fünf Kapläne, damit zur Zeit seiner Abwesenheit, die er<br />

meist mit Besuchung seiner Filialen zubringe, die Seelsorge<br />

versehen sei. Da die Veringer Pfarreinkünfte nicht zureichend<br />

seien, nebst dem Pfarrer vier erforderliche Kapläne<br />

zu unterhalten, so habe er (der Graf) bisher durch die


Jahrgang } HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 61<br />

Zuflüsse von den drei Reichsfilialen die Veringer Pfarrbedürfnisse<br />

ersetzt. Wenn er auf diese Filialen verzichten<br />

müsse, würde dem allgemeinen Kirchenfond eine größere<br />

Last mit Unterhalt der Kapläne erwachsen. Auch habe er<br />

in Anbetracht der erhaltenen Pfarrei zur Aufrechterhaltung<br />

des fürstlichen Hauses auf die vertragliche Familien-Apanage<br />

verzichtet, also die Pfarrei nur titulo oneroso (mit<br />

beschwerlichem Rechtsgrund) an sich gebracht. Er genieße<br />

bei dem Konstanzer Domstift keine Kuratpräbende, auch<br />

dürfte die Abtrennung der Pfarrei von den drei Reichsfilialen<br />

zu vielen Differenzen Inlaß geben, dagegen erwachse<br />

durch die Belassung des bisherigen Bestandes der Pfarrpfründe<br />

und dem Kirchenfond immer ein Vorteil.<br />

Die Sache war dem Geistlichen Rat zu Ohren gekommen,<br />

weil die kaiserliche Regierung von Freibarg um nähere<br />

Auskünfte bezüglich des Gesuches gebeten hatte, und zwar<br />

im Auftrag des Kaisers.<br />

Sie wollte also wissen, ob die nebst der Pfarrei vom Grafen<br />

innegehabten Benefizien zu Jungnau, Hochberg und<br />

Egelfingen mit Seelsorge belastet und wie sie verwaltet<br />

worden seien. Ferner ob die in Veringenstadt und Veringendorf<br />

angestellten Geistlichen nur vom Pfarrer willkürlich<br />

auf seine Kosten angestellt seien oder eigene gestiftete Benefizien<br />

hätten? Ob nebst den dortigen Benefiziaten noch<br />

weitere fünf Hilfspriester vom Pfarrer unterhalten würden?<br />

Vor allem aber, ob die für einen Domkapitular von Konstanz<br />

vorgeschriebene Residenzpflicht es zulasse, daß der<br />

Domherr und Graf von Hohenzollern seinem Vorgeben<br />

nach die meiste Zeit jeden Jahres in der Pfarrei Veringendorf<br />

persönlich zugegen sein könne?<br />

Nach Vermutung des Geistlichen Rates soll diese Bittschrift<br />

nicht vom Grafen selber, sondern von einer dritten<br />

Hand und ohne des Grafen Vorwissen bei der kaiserlichen<br />

Majestät eingereicht worden sein, was reichlich unglaubwürdig<br />

scheinen will! Sie enthalte viele unstatthafte Angaben<br />

aus Mangel hinreichender Belehrung des Verfassers,<br />

und müßte deswegen in Wien höchstens auffallend gewesen<br />

sein. Daher wurde der geistliche Rat Huber auf Wunsch des<br />

in fataler Lage befindlichen Grafen von Veringen geschickt,<br />

um dort Erkundigungen einzuziehen.<br />

Er nahm dann Rücksprache mit dem Grafen Meinrad, dem<br />

hechingischen Hofkanzler, auch verschiedenen Geistlichen<br />

und Pfarrangehörigen und berichtete hierauf:<br />

Graf Meinrad von Hohenzollern erhielt vom verstorbenen<br />

Fürsten zu Hohenzollern-Sigmaringen freiwillig und ganz<br />

ohne Bedingungen schon vor 30 Jahren die Pfarrei Veringendorf.<br />

Er mußte zwar anfänglich seinem ziemlich untüchtigen<br />

Vorgänger bis zu dessen Tod eine vom Ordinariat und<br />

Patron festgesetzte Summe als Pension bezahlen, nämlich<br />

750 Gulden, etwas hernach überließ er an seine in kaiserlichen<br />

Kriegsdiensten gestandenen Brüder, die ihm vom<br />

Fürstenhaus zustehende Apanage (Abfindung) aus eigenem<br />

Weilheim, Zehntscheuer, Kirchturm und Pfarrhaus<br />

Antrieb. Von einem Kauf der Pfarrei könne also keine Rede<br />

sein. Pfarrkirche und Pfarrhof liegen in Veringendorf, wozu<br />

als Filialen gehören: Veringenstadt, sodann die im Reichsterritorium<br />

gelegenen fürstenbergischen Orte Jungnau und Hochberg,<br />

auch der reichsritterschaftliche freiherrlich stauffenbergische<br />

Ort Egelfingen, in welchen Orten noch besondere<br />

Geistliche wohnen, ausgenommen Hochberg.<br />

Die Pfarrei Veringen hat nur ein einziges Kuratbenefizium<br />

und der Graf Meinrad besitzt die in den Filialen<br />

überhaupt befindlichen besonderen Pfründen nicht, sondern<br />

er läßt aus seinen Pfarreinkünften den in den Filialen<br />

sitzenden Priestern einen Beitrag zufließen, damit sie in der<br />

Seelsorge sich brauchen lassen. Was besonders die Filiale<br />

Jungnau betrifft, so befindet sich im daselbstigen fürstenbergischen<br />

Schloß ein Hofkaplan, der eine eigene für sich<br />

bestehende Pfründe besitzt und weiters zu keiner Seelsorge<br />

verbunden ist. Indessen wird diesem vom Pfarrer von<br />

Veringen zu seinem Benefizium jährlich ein Beitrag gereicht,<br />

damit er der Seelsorge an Händen gehe.<br />

Zu Hochberg ist kein besonderer Kaplan, sondern die<br />

dortigen Pfarrkinder wohnen in der Mutterkirche zu Veringendorf<br />

dem Gottesdienste bei.<br />

Der Kaplan zu Egelfingen, der bloß von einem zeitlichen<br />

Pfarrer in Veringen abhängt, wird auch von solchem außer<br />

einigen von dortiger Kirchenfabrik beziehenden Einkünften<br />

vollkommen besoldet, und hat dagegen die Obliegenheit,<br />

der Seelsorge an jenem Filial aushilfsweise vorzustehen.<br />

Uebrigens ist die Veringer Pfarrei durch den Grafen Meinrad<br />

und dem eigens auf seine Kosten in Veringendorf im<br />

Pfarrhof verhaltenen Vikar nach dein einstimmigen Zeugnis<br />

der Pfai rangehörigen und benachbarten Geistlichen bisher<br />

immerfort unklagbar mit allseitig vollkommener Zufriedenheit<br />

versehen worden. Alle Sonn- und Feiertäg wird allda<br />

Predig und Christenlehr gehalten, die hl. Sakramente ordentlich<br />

und eifrig gespendet, die Kranken fleißig besucht und<br />

versehen, auch überhaupt alle pfärrliche Verrichtung und<br />

Obliegenheit auf das genaueste besorgt.<br />

Auch haben die in Veringenstadt benefizierten zwei Geistlichen<br />

ihre eigenen gestifteten Pfründen und sind solche<br />

vermög derselben dem Pfarrer zur Mithilfe in der Seelsorge<br />

verpflichtet. Sie werden nicht vom jeweiligen Pfarrer aufgestellt,<br />

sondern erhalten von ihm nur eine verhältnismäßige<br />

Zulage. Der Vikar in Veringendorf ist, wie gesagt, ohne<br />

eigene Pfründe, sondern vom Pfarrer zur Aushilfe aufgenommen<br />

und besoldet. Tn Veringendorf ist außerdem noch<br />

eine Frühmeßpfründe, die mit keiner Seelsorge belastet<br />

ist. Der Frühmesser lebt vom Einkommen seiner Pfründe.<br />

Außer den erwähnten Benefiziaten in Veringenstadt, den<br />

Kaplänen zu Jungnau und Egelfingen, dem Frühmesser und<br />

dem Vikar zu Veringendorf sind in der Pfarrei Veringen<br />

keine weiteren Subsidiarii (Hilfspriester) vorhanden. (Die


62 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jährgang !P r--<br />

Zahl dürfte wahrhaftig ausgereicht haben; oder was soll<br />

man unter heutigen Verhältnissen sagen?)<br />

Bekannterdingen ist einem Domkapitular in dem Domstift<br />

Konstanz keine gewisse und bestimmte Residenzzeit vorgeschrieben,<br />

daß er durch Nichterscheinen der Pfründe verlustig<br />

gehe. Das Kanonikat ist demnach kein Hindern<br />

i s, daß Graf Meinrad von Hohenzollern nicht die größere<br />

Zeit des Jahres auf seiner Pfarrei Veringen zubringen<br />

könnte. Nur bezieht er umsoweniger von seiner Dompräbende,<br />

je weniger er bei den Kathedralgottesdiensten<br />

erscheint. Inzwischen hat der Graf dafür Sorge getragen,<br />

daß während seiner Abwesenheit die Pfarrei samt ihren<br />

Die nach 1905 erstellte Lourdesgrotte an der alten Kirche<br />

am Ostgiebel angebracht, wurde in größerem Maßstab auf<br />

die Primiz des Neupriesters Franz Gluitz am Pfingsmontag<br />

3 958 in der Südwestecke des Friedhofes wieder aufgebaut,<br />

und zwar so, daß der Blick vom Kirchenportal aus direkt<br />

auf die Grotte fällt. Dieser Platz ist gut gewählt und nach<br />

Stiftung einer Bernadette-Figur durch ungenannt sein wollende<br />

Spender eine Bereicherung des ganzen Bildes. Gefertigt<br />

wurde die „Bernadette" mit dem gut gelungenen Ausdruck<br />

der inneren Ergriffenheit vom Bildhauer Schaumann-<br />

Rielasingen.<br />

Die in der alten Kirche seinerzeit im Schiff angebrachten<br />

Heiligenfiguren wurden von Kirchenmaler Lorch-Sigmaringen<br />

sehr schön restauriert und um die großen Felder oberhalb<br />

der Stationen dort Ende 1958 wieder angebracht. Es<br />

könnte nun sein, lediglich unter dem Gesichtspunkt der<br />

Kunst, daß jemand das beanstanden würde. Aber letzten<br />

Endes wird man beim Schmuck der Kirche bei allem Verständnis<br />

für Kunst auf die Volksfrömmigkeit Rücksicht<br />

nehmen müssen. Zudem sind vor allem drei Figuren als<br />

Kirche Kettenacker<br />

(Vergleiche Hohenz. Heimat 1957, Nr. 1)<br />

Filialen durch die oben genannte Zahl Priester besorgt<br />

wird. Dies alles kann der kaiserlichen Regierung in Freiburg<br />

zurückgeantwortet werden. Soweit der Bericht Hubers.<br />

Für uns Heutige ist es unbegreiflich, wie man den Unfug<br />

der Doppelpfründen so lange bestehen ließ und erst der<br />

Kaiser Josef II. hier ein Machtwort sprechen mußte. (Erzb.<br />

Arch. Freiburg Ha 250, 654).<br />

Am 1. April und 20. Mai 1786 bestand der Kaiser auf<br />

seiner ersten Entschließung: Graf Meinrad soll auf seine<br />

Pfarrei ziehen. Aber er erscheint noch im Personalschematismus<br />

von 1794 als Domherr und Pfarrer zugleich. Geboren<br />

war er am 1. Juni 1730 zu Freiburg. Krs.<br />

Barockfiguren sehr gut, wenn es auch leider mit Rücksicht<br />

auf den Kreuzweg nicht möglich war, sie bei der Restaurierung<br />

im Holzton zu halten. Nach Urteil von Kennern<br />

verträgt aber die Kirche sehr wohl als Verbindung zu den<br />

Altären die Aufstellung der Figuren.<br />

Zu guter Letzt wurde nun im Frühjahr am Westgiebel<br />

ein großes Martinusrelief aus einem sehr haltbaren Muschelkalkstein<br />

im Gewicht von ca 50 Zentnern eingefügt. Das<br />

geschah im Interesse der Gliederung der großen Außenfläche<br />

des Giebels, und man kann sagen, das ist sehr gut<br />

gelungen, wie auch die Ausführung des Reliefs sehr gut<br />

und würdig bewerkstelligt wurde durch Bildhauer Schaumann-Rielasingen:<br />

Martinus, majestätisch, hoch zu Roß<br />

mit dem Blick der Hilfsbereitschaft, und der Bettler, durch<br />

Not und Kummer vergrämt. Wie eine Diagonale geht die<br />

ganze Komposition nach rechts oben, die ihren Abschluß<br />

findet im Kirchturm auf der Nordseite der Kirche.<br />

So wird sich wohl alles schön und harmonisch einfügen in<br />

das Gesamtbild der Kirche. Locher, Pf.<br />

Graf Eitel Friedrich II. zu Zollern beim hl. Rock in Trier<br />

Bevor man die alte Stifts- und Pfarrkirche in Hechingen<br />

1778 abbrach, wurde ein Verzeichnis der Inschriften auf den<br />

abgenommenen Wappen, Tafeln und Fahnen angefertigt. In<br />

einer Notiz im Pfarrarchiv steht aus diesem Verzeichnis<br />

folgende Angabe:<br />

Eitelfriedrich Gräfe zo Zollern des heil. Rom. R. Erbkämmerer<br />

Rom, K. Maj. Rottmeister und Hauptmann der Herrschaft<br />

Hohenberg Starb am 12ten Tag des Monats Junii in<br />

der Heiligen Stadt Trier als der Römische Kayser Maximilian<br />

ein Reichstag da hielt, und den Rock unseres Heiligmachers<br />

Christi allda mit zusamt andern loblichen Heiltum<br />

gefunden. Der hier als erster Stifter dieses Stiffts begraben<br />

worden ist als man zählt nach Christi unseres lieben Herrn<br />

Geburt 1512 Jahr. Der Gott der seel. Gnad und barmherzigkeit<br />

ertheilen wolle."<br />

Etwa gleichzeitig mit diesen Zeilen erscheint im Hohenzollerischen<br />

Jahresheft <strong>1959</strong> ein größere Abhandlung über<br />

die ehemaligen Orte Straßberg, Frohnstetten und Kaiseringen<br />

und ihre Beziehungen zu den Klöstern St. Gallen,<br />

Rheinau, Stein a. Rh., Beuron und Buchau sowie den Adelsgeschlechtern<br />

von Hohenberg, Reischach, Stein, Schwelher,<br />

Homburg und Westerstetten. Bis ins 16. Jahrhundert und<br />

vielleicht länger hieß der Platz bei der Kirche und dem<br />

jetzigen Rathaus in Straßberg „U f B u r g", darf also nicht<br />

verwechselt werden mit der Höhenburg oder dem Schloß<br />

links der Schmeie gegen Winterlingen! Der Name Burg<br />

geht hier auf alte Mauerfunde zurück, wie ja in Württemberg-Baden<br />

viele Plätze mit römischen Mauerresten und<br />

Kastellen oder ehemaligen Festungswerken anderer Zeitepochen<br />

den Namen Burg oder Bürgle oder ähnlich tragen.<br />

Freilich sind die Mauerreste von Straßberg zu wenig untersucht<br />

worden, um sie eindeutig als römisch zu erweisen!<br />

Prof. Eugen Nägele-Tübingen hat z. B. schon in den Blättern<br />

des Schwäb. Albvereins XV, 1903, S. 158, diese Mauerreste<br />

wegen ihrer auffallenden Stärke mit seinen als fränkisches<br />

Castrum bzw. Reichshof angesprochenen Funden der<br />

Grundmauern von Altenburg am Neckar, nordöstlich von<br />

Tübingen, verglichen. Während westlich des Dörfleins Altenburg<br />

sich auf der Flur „Bürgle" römische Reste fanden, zeigt<br />

das große Mauerviereck im Ort selbst keinerlei Römerfunde,<br />

Straßberg-Burg<br />

In der „Chronik der Stadt Hechingen" wird dazu bemerkt,<br />

daß die noch anwesenden Fürsten, Grafen und Herren, Bischöfe,<br />

Aebte und Gesandten eine große Leichenfeier mit 145<br />

Seelenmessen bereiteten. Die Leiche wurde in einem Bleisarg<br />

nach Hechingen verbracht und feierlich in der (alten)<br />

Stiftskirche beigesetzt. Die Platte seines Grabmals ziert noch<br />

heute die Stiftskirche. (Evangelienseite beim Hochaltar.) Der<br />

Graf hatte zusammen mit seinem Bruder, Bischof Friedrich<br />

von Augsburg, 1495 die 22 Jahre vorher erbaute Kirche in<br />

eine Kollegiatkirche erhoben, in dem er 10 Kaplaneien in<br />

Kanonikate verwandelte und noch 2 Kooperatoren anstellte.<br />

Diese hatten zusammen die kirchlichen Tagzeiten zu beten<br />

und feierlichen Gottesdienst zu halten. (Wie heute in Beuron.)<br />

Zum Unterhalt bekamen sie den Großzehnten von<br />

Steinhofen, Bisingen und Thanheim. M.<br />

aber Mauern von 3,30 m Stärke mit vielen 4 m im Quadrat<br />

messenden vorspringenden Türmen. Die Mauer selbst sei<br />

durch Steine und Leim mit angelegtem Holzfeuer hergestellt,<br />

wodurch der Lehm hartgebrannt wurde; sog. Feuermauerung<br />

wurde. Nägele bringt dabei Beispiele aus andern Teilen<br />

Deutschlands, besonders aus Sachsen, wo unter der fränkischen<br />

Herrschaft, besonders aber unter Karl dem Großen<br />

768—814 solche viereckige feste Plätze (castra) von 120 zu<br />

100 m beispielsweise angelegt seien, die zur militärischen<br />

Sicherung des Landes und zugleich zum Schutze für den<br />

jeweils davon umschlossenen Reichshof dienten. Gewöhnliche<br />

römische Gebäude, auch Kastelle, haben bei weitem keine<br />

solchen starken Mauern, sind auch anders gebildet, und zeigen<br />

römische Gefäßscherben. Da von Straßberg die Struktur<br />

der alten starken Mauern unter dem jetzigen Rathaus<br />

und in Nähe der Kirche in dem merkwürdigen Gartenviereck<br />

nicht genau bekannt ist, auch wegen der Lage zum<br />

römischen Straßennetz und zum Kastell Lautlingen schwerlich<br />

an eine römische Befestigung gedacht werden kann,<br />

meint Nägele mit annehmbaren Gründen: hier könne ehemals<br />

ein fränkisches Castrum mit umschlossenem<br />

Gutshof gestanden haben. Die schwachen sonst dort vorkommenden<br />

Römerspuren sprächen nicht dagegen. Ein Münzfund<br />

von spätmittelalterlichen Hällern in Straßberg nach<br />

1890 (Albv. Blätter XIII, 1901, 223) ist hoffentlich nicht mit


Jahrgang <strong>1959</strong><br />

•nyu'.ft<br />

den Silbermünzen von 1869 identisch, die Br. Stehle den<br />

Römern zuschreibt (Hohenzollern 1925 S. 463). Da nach<br />

neueren Forschungen der größte Teil unseres Adels zur Zeit<br />

Karls des Großen aus Franken bestand, dem wohl auch<br />

jener Adalhart von Burg 843 als Verwandter des Königs<br />

Ludwig d. Dtsch. angehörte, würde ein fränkisches Castrum<br />

als Sitz Adelharts sehr gut in unsere Kenntnisse passen.<br />

Aber zum Beweis müßten eben die alten Mauern „Uf Burg"<br />

näher untersucht sein! Krs.<br />

Am 19. Juli 1742 meldete der Kammerer des Kapitels<br />

Haigerloch an den bischöflichen „Geistichen Rat" zu Konstanz<br />

den Todesfall des O w i n g e r Pfarrers Franz Anton<br />

B e r g e r. Daraufhin sei er im Auftrag des Dekans mit noch<br />

zwei andern Geistlichen in Pfarrhaus gegangen, um die Obsignation<br />

(Versieglung) des Nachlasses vorzunehmen. Während<br />

dies geschah, habe sich ein fürstl. hechingischer Hofrat<br />

Trisano (oder Dresanus) eingefunden, dem er (der Kammerer),<br />

um das obwaltende Obsignationswerk in allweg amicabiliter<br />

(freundschaftlich) zu vollführen, bis an die untere<br />

Stiegen entgegengehen und ihn als fürstlichen Commissar<br />

mit behörigen Ehrenbezeugungen empfangen wollte. Er habe<br />

aber von diesem ein ganz widrig und ohnverhofftes Tractament<br />

erfahren müssen. Der Hofrat hab nämlich ohne jeden<br />

Gegengruß sogleich die rechte Hand zu behaupten gesucht,<br />

die er aber nicht erhielt, indem er mit wenigen ganz eifrigen<br />

Worten seine vorhabende Commission dahin eröffnet,<br />

er sei dazu gekommen, um die Mitsiegelung auf die gleiche<br />

Weise vorzunehmen, wie solche in dem Flecken Owingen<br />

schon anno 1731 geübt worden sei. Der Kammerer erwiderte,<br />

der durchlauchtigste Fürst werde doch hoffentlich das Kapitel<br />

Haigerloch mit keiner solchen Ungnade beladen und<br />

eine solche Gerechtsame suchen, die nicht nur das gemeine<br />

Recht verbiete, sondern gegen die auch die zwischen dem<br />

Fürsten und dem Klerus anno 1673 getroffene Abmachung<br />

stehe. Die Mitsieglung, die der durch die halbe Welt in seiner<br />

Gewalttätigkeit nur allzuwohl bekannte vormalige Hofrat<br />

Wolf anno 1731 vornahm, sei kein Beweis, sondern ein<br />

von allen Rechten verworfenes Werk. Hierauf ereiferte sich<br />

der Hofrat Trisano noch mehr und brach mit aller Ungestimme<br />

in folgende Worte aus: „Die Mitsiegelung müsse vorgenommen<br />

werden und sollte der Donner dreinschlagen." Ja<br />

wenn anstatt der Pfaffen zwölf Teufel daher kommen sollten,<br />

so würden sie ihn dennoch nicht abschrecken. Hierauf<br />

rief er, man solle gleich Sturm schlagen und alles zusammen<br />

kommen lassen. Dann schimpfte er weiter: Er wolle dem<br />

Kammerer und seinen beiden Confratres beim tausend Sakrament<br />

zeigen, wen sie vor sich hätten." Gleichzeitig ergriff<br />

er seinen Hirschfänger, zog ihn aber nicht heraus. Währenddessen<br />

hatte sich das ganze Zimmer mit herbeigerufenen<br />

Bauern gefüllt, denen der Hofrat bei Vermeidung von<br />

'0 Reichstaler Strafe gebot, keinen der anwesenden Pfarrer<br />

hinauszulassen, bis sie ihm die Conobsignation gestattet<br />

hätten. Zur Vermeidung weiterer Tätlichkeiten ließen die<br />

Geistlichen nun die Siegelung zu, nachdem sie das Papier,<br />

mit welchem der Hofrat signieren wollte, dreimal abgerissen<br />

hatten. Sie protestierten jedoch feierlich gegen diesen<br />

gewaltsamen Eingriff in die kirchlichen Rechte. Zum Schluß<br />

habe der Hofrat das Pult, worin der Kammerer die Pfarrurbarien,<br />

Bruderschaftsrechnungen und andere Dokumenta<br />

verschlossen gehabt, mit einer Axt aufbrechen lassen.<br />

Dei Geistl. Rat beschloß nun, den Hofrat zu citieren. Auch<br />

solle der Kammerer den Tatsachenbericht beim Fürsten einreichen,<br />

damit der Hofrat zur Wiedergutmachung angehalten<br />

werde.<br />

Am 16. August berät der Geistl. Rat, was zu tun sei, da<br />

die Hechinger Hofräte die Citation des Dresanus zurückschickten<br />

und verlangten, der Kammerer müsse seine Klage<br />

gegen diesen an sie einreichen. Man wies darauf hin, der<br />

Hofrat von Dresanus habe die kirchliche Immunität verletzt<br />

und sei daher schuldig, die behörige Parition zu leisten,<br />

d. h. habe vor dem Kirchengericht zu erscheinen, ansonsten<br />

verwirke er die Strafe des Kirchenbannes. Da aber der<br />

der Fürst die Sache selbst in die Hand nehmen wollte,<br />

schickte man ihm die aufgelaufenen Akten. Der Vertrag von<br />

1673 lege die geistlichen und bürgerlichen Rechte pro Immunitate<br />

der Geistlichen unumstößlich fest, wodurch die bis<br />

dahin eingeschlichenen Mißbräuche der Obsignation und<br />

Erb-Traktation geistlicher Nachlässe durch weltliche Herrschaften<br />

klar vor Augen geführt werde.<br />

H O H E N Z O L L E R I S C H E H E I M A T<br />

- . __ --J—-yi—r,<br />

Aus Owingen<br />

Wir bieten an:<br />

Silvestro a Mediolano: Vita Beati Fidelis ä' Sigmaringen<br />

Suevi (1730, 272 S., Pgt., sehr gut 1 'erhalten)<br />

gegen Metzler: Versuch einer medizinischen Topographie<br />

der Stadt Sigmaringen (1822, vollständig mit 30 Tafeln)<br />

oder von Runkel: Geschichte der Truppen des Fürsten<br />

von Hohenzollern (1900—1905, 3 Bde.)<br />

oder andere seltene Zollerana, resp. allerhöchste<br />

Preise geboten!<br />

Angebote an die Schriftleitung.<br />

Hierauf beschwerte sich der Fürst hinwiederum, da die<br />

von der bischöflichen Behörde unternommenen Schritte ein<br />

Eingriff in seine Rechte seien. Das Ende des Streites ist nicht<br />

zu ersehen. 1673 war beschlossen worden, daß nur an den<br />

Orten, wo es bisher der Fall war, der Fürst obsignieren<br />

dürfe.<br />

Kurznachrichten<br />

Hettingen. 1694. 30. April. Papst Innozens XII. verleiht in<br />

einer Bulle der Pfarrkirche zu Hettingen St. Martini für eine<br />

dort bestehende Bruderschaft unter dem Titel Jesus, Maria,<br />

Josef einige Ablässe. Beim Eintritt und Sakramentenempfang<br />

einen vollkommenen, im Todeskampf ebenso, wenn die Mitglieder<br />

wenigstens noch reumütig den Namen Jesus denken,<br />

dann für Mitglieder, die nach Beicht und Kommunion eine<br />

Kirche oder Kapelle oder Oratorium am Fest Mariä Reinigung<br />

besuchen und beten um Frieden unter den christlichen Fürsten,<br />

Ausrottung der Irrlehren und Erhöhung der Kirche. Ebenso<br />

an Festen der hl. Josef, Nativitas Johannis Bapt., Michaels,<br />

Martin. Einen Ablaß von 7 Jahren und 7 Quadragenen so oft<br />

sie an Gottesdiensten in obiger Kirche teilnehmen; Bei Armen<br />

ein Almosen geben, Frieden stiften, verstorbene Mitglieder<br />

und andere zu Grabe geleiten, an bestätigten Prozessionen<br />

teilnehmen, das Allerheiligste begleiten oder im<br />

Verhinderungsfall beim Glockenzeichen ein Vaterunser und<br />

Ave Maria oder dieses 5 mal für Verstorbene beten, einen<br />

Irrenden zum Heilsweg zurückbringen, Unwissende lehren<br />

oder Werke der Nächstenliebe verrichten: 60 Tage. Dies soll<br />

für alle Zukunft gelten, unter Aufhebung aller früheren Ablässe,<br />

auch bei Anlehnung an eine Erzbruderschaft.<br />

1695 5. Januar. Der Vize-Generalvikar Michael Waibel des<br />

Bischofs Marquard Rudolf von Konstanz bestätigt obige<br />

Bulle für die Bruderschaft, deren Statuten schon genehmigt<br />

sind. (Pfarramt Hettingen).<br />

Die Klischees Seite 51, 53, 59 und 61 wurden von der Hohenz.<br />

Kommunalverwaltung unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Besten<br />

Dank!<br />

An das<br />

in<br />

Postamt<br />

63


64 H O H E N Z O L L E B I S C H E HEIMAT Jahrgang 195«<br />

Frohnstetten. Durch ein ärgerliches Versehen in der Geschichte<br />

des Dorfes im neuen Hohz. Jahresheft <strong>1959</strong> ist S. 36<br />

und 64 ausgefallen: Am 24. November 1376 verkauften Johann<br />

von Thierberg von der Wilden Thierburg, seine Schwester<br />

Anastasia und deren Gemahl Fritz von Westerstetten<br />

dem Kirch- und Altarherrn der Kirche zu Meßstetten (also<br />

wohl Württemberg) ihre Hofstatt, genannt der von Thierberg<br />

Hofstatt, mit dem Kirchensatz (Patronat)<br />

in Frohnstetten samt allen Rechten, die Kirche zu<br />

leihen, um 160 Pfund Heller (OA. Balingen S. 453). Offenbar<br />

war das Patronatsrecht an diese Hofstatt zu Frohnstetten<br />

geknüpft.<br />

Zur Herkunft des Arztes Franz X. Metzler, des berühmten<br />

Sigmaringer Doktors, über den im Hohenzollerischen Jahresheft<br />

1953 eine Abhandlung erschien, teilt uns freundlicherweise<br />

Herr Dr. W. Fauler in Bad Krozingen bei Freiburg<br />

(dessen Familie übrigens aus Hohenzollern stammt)<br />

folgendes mit: An der Südseite der Pfarrkirche St. Alban<br />

in Bad Krozingen, dicht beim Oelberg steht der gemeinsame<br />

Grabstein der Eltern des Dr. Franz X. Metzler. Sein Vater<br />

Peter Metzler war am 17. Januar 1725 in Murg bei Säckingen<br />

geboren und starb am 16. Juli 1794 in Krozingen. Er wurde<br />

also 68 Jahre alt. Die Mutter Katharina Butz lebte 92 Jahre,<br />

und 56 Jahre lang war sie Hebamme in Krozingen, bis sie<br />

am 25. März 1820 das Zeitliche segnete. Ihre Verehelichung<br />

hatte am 12. April 1749 stattgefunden. Dies sind die Daten<br />

Andelsbachtal 1<br />

Aschenlauge 9<br />

Bachhaupten Klosterhof . 1<br />

Bachnamen-Hohenzollerns 12<br />

Bauern und Bettelleut 49<br />

Benzingen-Frühmesse 48<br />

Bettelleut<br />

Bisingen-Alamannenfund 33<br />

Bisingen-Kaplanei 46<br />

Bittelschießer Täle-Eremit 16<br />

Bleisle-Händlersprache 4 u. 21<br />

Bräutlauf 48<br />

Bodenfunde-Kreis Sigmaringen 1957/58 6<br />

Boller, redendes Wappen 47<br />

Bucheckern 32<br />

Burladingen-Archäologiscäles 13<br />

Burladingen-Adelsgeschlechter 40<br />

Burladingen-Heiligenrechnungen 24 u. 44<br />

Büttelbrunnen 15<br />

Darren 32<br />

Dießen, Pfarrer von 15<br />

Empfingen-Zehnten 16<br />

Eremitenplage 16<br />

Esseratsweiler-Rechtsbruch 31<br />

Fechter 35<br />

Fidelispredigt-Rottweil 16<br />

Flurnamenbuch 32<br />

Frohnstetten-Kirchensatz 64<br />

BESTELL-SCHEIN<br />

zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat"<br />

Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch<br />

die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Veriags-<br />

postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis<br />

von 80 Pfennig.<br />

Vor- und Zuname<br />

Genaue Anschrift<br />

Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbestellungen<br />

der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deutliche<br />

Schrift wird gebeten.<br />

Sachregister des Jahrgangs <strong>1959</strong><br />

Gammertingen-Jahrtage v. Speth 15<br />

Grosselfingen-Friedhofskapelle 8<br />

Gammertingen-Kaplanei 32<br />

Gammertingen-Prozession 16<br />

Glade-Kreis 32<br />

Graf Eitel Friedrich-HI. Rock 62<br />

Hausen i. K.-Archäologisches 13<br />

Heimatbücherei/Hechingen 37<br />

Hettingen Ablaß 63<br />

Tornstein-Landgarbe 3F<br />

Hug, Graf v. Zollern-Hohenberg 4d<br />

Jungingen-Alamannengräber 54<br />

Kettenacker Kirche 62<br />

Kinderzutragen/Wizen 31<br />

Kirchenkampf-Fürstenberg 40<br />

Kreuzwegbilder-Maler Bantle 64<br />

Lauhsack 53<br />

Lautertal-Wanderbuch 15<br />

Liggersdorf-Pfarrhaus 16<br />

Metzler, Arzt-Sigmaringen 64<br />

Mundart und Tierwelt 57<br />

Oelmühle-Trochtelfingen 18<br />

Ostung der Gräber 15<br />

Owingen-Rechtsstreit 30<br />

Owingen-Siegelungsstreit 63<br />

Owingen-Weilerkirche 30<br />

Pestbruderschaft-Harthausen a.d.Sch. 58<br />

Pfählen-Gammertingen 35<br />

auf dem Grabstein, der im Jahre 1827 von den dankbaren<br />

Kindern und Enkeln auf dem alten Krozinger Friedhof über<br />

dem Grab der Eltern errichtet wurde. Heute ist dieser Friedhof<br />

nur noch an der ihn umgebenden Mauer an einzelnen<br />

Stellen zu erkennen. Er dient jetzt als Kirchenvorplatz, Weg<br />

und Autoparkplatz vor dem Rathaus. Bei der Kirchenerweiterung<br />

im Jahre 1932 wurde der schon 1841 aufgelassene<br />

Friedhof zum Teil überbaut und einige der besonders schönen<br />

Grabsteine hat der Pfarrer und Geistl. Rat J. Vomstein<br />

der Nachwelt erhalten, indem er sie an der Kirchenmauer<br />

aufstellen ließ. Wahrscheinlich haben die folgenden Verse<br />

auf dem weißgrauen Sandstein dazu Anlaß gegeben: „Im<br />

Grabe sind wir alle gleich / Reich sind wir dann, wenn wir<br />

auf Erden / Von Tag zu Tage besser werden. / Dies ist ein<br />

Schatz, der nie vergeht, / Weil er in Gottes Händen steht."<br />

Auf einem alten Kirchhofplan des Jahres 1840 ist auch das<br />

Haus eingetragen, worin die Schwester Metzlers, namens<br />

Barbara wohnte, südlich der Kirche, keine 10 Meter vom<br />

Grabstein entfernt. Wir dürfen annehmen, daß dieses auch<br />

das Vater- und Geburtshaus Metzlers war, wenn dies auch<br />

nicht absolut sicher bewiesen werden kann. Weiß man doch,<br />

daß sein Elternhaus nicht weit von dem Bache Neumagen<br />

lag, der etwa 120 m von diesem Haus entfernt vorbeifließt.<br />

Leider gibt das Gemeindearchiv darüber keinen näheren<br />

Aufschluß, da ein großer Teil der Archivalien beim letzten<br />

Kriegsende verloren ging.<br />

Rangendingen-Frauenkloster 9<br />

Rangendingen-Kirchengeschichte 11<br />

Ringingen-Kohlenmeiler 33<br />

Salem-Kloster-Totenbuch 14 u. 28<br />

Salmendingen-Dreschart 30<br />

Schelme, Diebe-Haigerloch/Horb 16<br />

Schulwesen 1782 27<br />

Schwelher-Familie 15<br />

Schwelher-Rätsel 60<br />

Siedlungen, verschwundene 31<br />

Stetten b. Haigerloch/St. Leonhard 31<br />

St. Gallen und Glatt 11<br />

St. Gallen-Urkundenbuch<br />

Straßberg-Burg 62<br />

Straßberg-Zeugenverhör 27<br />

Tafertsweiler-Wallfahrt 32<br />

Trillfingen-St. Valentin 32<br />

Trochtelfingen-Choralvesper 32<br />

Urgeschichtsforschung/Aufgaben 17<br />

Veringen-Ffarrei 60<br />

Veringendorf-Kaplanei 31<br />

Veringenstadt/Flurname Hammer 32<br />

Vilsingen-Annakapelle 64<br />

Wappenbuch-Kreis Sigmaringen 10<br />

Wetz Fidelis-Maler 13<br />

Zollerburg-Kaplan 15<br />

St. Annakapelle Vilsingen. Das Protokoll des Geistl. Rates<br />

zu Konstanz berichtet unterm 15. Mai 1715: Der Herr Pfarrer<br />

von Gutenstein habe vor, das schon vorher gestandene<br />

und auch processionaliter besuchte Kapellchcn St. Annae zu<br />

Vilsingen auf seine eigene Kosten von Grund auf neu zu<br />

bauen und zu erweitern. Der Herr Pfarrer zu Meßkirch aber<br />

habe sich dagegen gesperrt, weil dadurch der Wallfahrt zu<br />

Engelswies praejudiciert werde, weswegen auch schon ein<br />

Bauverbot abgegangen. Der Pfarrer von Gutenstein hat<br />

schon seine Beweggründe schriftlich eingeschickt, daß der<br />

Engelswieser Wallfahrt kein Schaden geschehe. Darnach versuchte<br />

der Pfarrer von Meßkirch eine juristische Deduktion<br />

einzureichen. Was weiter geschah, ist nicht ersichtlich. U. W.<br />

ist die kleine Kapelle erst um 1920 abgegangen. (Frbg. Ha<br />

219, 100). Krs.<br />

Illustriertes Bestimmungsbuch für Wiesen- und Weidepflanzen des<br />

mitteleuropäischen Flachlandes. Teil A: Echte Gräser (Gramineae).<br />

Von Dipl.-Landw. Rudolf 'Ciffmann, 171 -eising-Weihenstehphan ly58<br />

(2. Auflage. — 26 Seiten Text und 23 Tafeln mit 109 Abbildungen,<br />

alles auf Kunstdruckpapier, brosch. DM 3.75. — (Als Manuskript gedruckt,<br />

zu beziehen durch den Verfasser, Dipl-Landwirt Rudolf Kiffmann,<br />

(13b) Freising-Obb., Dr. v. Daller-St-, 20/1.) — Das mit dem<br />

vorliegenden, einzeln erhältlichen Gräserbestimmungsbuch zu erscheinen<br />

beginnende Bestimmungswerk für Wiesen- und Weidepflanzen<br />

soll durch seine große Uebersichtlichkeit und Gemeinverständlichkeit<br />

allen Interessierten, auch den pflanzenkundlich nicht<br />

vorgebildeten das Kennenlernen dieser Pflanzengruppe ermöglichen.<br />

Durch ein sinnvoll angebrachtes Randregister kann das Bestimmen<br />

besonders rasch erfolgen. Das Bestimmungswerk ermöglicht das Bestimmen<br />

von Pflanzen in nichtblühenden, blühenden und fruchtenden<br />

Zustand.<br />

In der Steyler Verlagsbuchhandlung taldenkirchen: Weg les Kreuzes<br />

von P. Philipp mit Stationso Ldern von unserem "n o h e n z.<br />

Maler Hermann Anton Bantle. („Ein Kreuzwegtext:<br />

volkstümlich und doch tief, lebensnah und dabei dogmatisch fest<br />

fundiert, deshalb warm empfehlenswert.") Die Originalbilder befinden<br />

sich in der Kirche zu Dhron in der Eifel. Das Büchlein umfaßt<br />

30 Seiten in Din A 5 Format.

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