3.3.2 Strukturfunktionalistische Erklärung von - marinahennig.de

Austauschprozesse zwischen Teilsystemen einer Analyse zugänglich zu machen. Die den vier
Grundproblemen entsprechenden Funktionen werden von jeweils einem Subsystem bearbeitet, so daß jedes
Handlungssystem vier Subsysteme in sich vereinigt. Das Organismussystem/Verhaltenssystem löst das 1.
Grundproblem, das System der Persönlichkeit des Individuums löst 2., das soziale System löst 3., und das
kulturelle System löst 4.
Diese Systembeschreibung trifft für Parsons vereinfacht gesprochen auf den Menschen in Gruppen zu.
Eine Gruppe wird mithin als Handlungssystem begriffen. Das Individuum als soziales Objekt trägt die
Handlung, von ihm geht soziales Handeln aus. Es wird zugleich als Persönlichkeitssystem bezeichnet.
Genauer: Durch Interaktion zwischen Menschen werden soziale Systeme (z. B. eine Klasse) gebildet,
die Werte, Normen und Rollen begründen, quasi als Teilsystem eines allgemeinen Handlungssystems, z.
B. der Schule, die in anderer Hinsicht selbst soziales System in einem übergeordneten Handlungssystem
ist. Die kleinste Einheit eines sozialen Systems stellen zwei Individuen dar. Die Individuen selber sieht
Parsons auch als System. Als solches (Persönlichkeitssystem) sind sie Teilsystem eines allgemeinen
Handlungssystems. Entsprechend unseren obigen Ausführungen würde das Handlungssystem Schule
dann noch durch das Kultursystem (System von Symbolisierungen, wie z. B. der Sprache, der Beschäftigung
mit Grundwerten der Gesellschaft, wissenschaftlichen Modellen und Begriffen, Kunst, Religion ...) und
das Organismussystem (vereinfacht materielle Ressourcen, im Beispiel Schule etwa das architektonische
Umfeld) strukturiert.
Die umfassendste Form eines sozialen Systems ist die Gesellschaft als Gesamtsystem
(Handlungssystem), die intern in Hierarchieebenen gegliedert ist. An der Basis der hierarchischen Struktur
ist das Sozialsystem im konkreten Menschen als physischer Organismus verwurzelt. Als Persönlichkeit
nimmt das Individuum an Prozessen sozialer Interaktion mittels verschiedener Rollen teil, die
komplementär organisiert und zu Kollektiven zusammengefaßt sind (z. B. Institutionen wie Ehe, Familie,
Schule). Die Spitze des Systems bildet die Gesellschaft als Gesamtsystem.
Was zu verstehen ist, sei vereinfacht gesprochen folgendermaßen erklärt: Wenn Individuen durch
Interaktion ein soziales System bilden und so ein Handlungssystem konstituieren und dieses
Handlungssystem gleichzeitig durch die Subsysteme eines allgemeinen Handlungssystems strukturiert
wird, wie z. B. diejenigen, die auch das soziale System Gesamtgesellschaft repräsentieren, dann ist die
Komplexität des Denkmodells aufzulösen. Das ist dadurch möglich, daß das Individuum vereinfacht
gesprochen durch das bestimmt wird, was es umgibt, oder anders ausgedrückt, der Gehalt aufgrund dessen
gehandelt wird, ist bereits durch andere Subsysteme, in Sonderheit durch die Gesellschaft festgelegt und
bestimmt. Damit sind wir zu Parsons Sozialisationsbegriff vorgestoßen.
(Autorentext)
* Der Begriff, bezeichnet erstens einen Komplex von Interdependenzen zwischen Teilen,
Komponenten und Prozessen mit erkennbar regelmäßigen Beziehungen, und zweitens eine
entsprechende Interdependenz zwischen einem solchen Komplex und seiner Umgebung.
(aus: Parsons, Talcott, Zur Theorie sozialer Systeme, 1976, zitiert nach: Miebach, Bernhard, Soziologische
Handlungstheorie, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1991, S. 126)
** Soziologie (im hier verstandenen Sinn dieses sehr vieldeutig gebrauchten Wortes) soll heißen: eine
Wissenschaft, welche soziales Handeln deutend verstehen und dadurch in seinem Ablauf und seinen
Wirkungen ursächlich erklären will. ,Handeln' soll dabei ein menschliches Verhalten (einerlei ob
äußeres oder innerliches Tun, Unterlassen oder Dulden) heißen, wenn und insofern als der oder die
Handelnden mit ihm einen subjektiven Sinn verbinden. ‚Soziales' Handeln aber soll ein solches
Handeln heißen, welches seinem von dem oder den Handelnden gemeinten Sinn nach auf das
Verhalten anderer bezogen wird und daran in seinem Ablauf orientiert ist.
(aus: Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft, 1922, zitiert nach: Miebach, Bernhard, Soziologische Handlungstheorie,
Opladen, Westdeutscher Verlag, 1991, S. 17)
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