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Die Nationale Volksarmee der DDR. Anmerkungen zu ... - aggi-info.de

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Generalmajor a. D. Prof. Dr. Reinhard Brühl<strong>Die</strong> <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong><strong>Anmerkungen</strong> <strong>zu</strong> ihrem Platz in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte(Vortrag beim wissenschaftlichen Symposion „<strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> – Armee für <strong>de</strong>nFrie<strong>de</strong>n“ <strong><strong>de</strong>r</strong> Karl-Theodor-Molinari-Stiftung im Frühjahr 1995)Einheit in Deutschland <strong>zu</strong> vollen<strong>de</strong>nerwächst aus <strong><strong>de</strong>r</strong> ehrlichen und nüchternen Einsichtin die unterschiedlichem Entwicklungenwährend <strong><strong>de</strong>r</strong> über vierzigjährigen Teilung unseres Lan<strong>de</strong>s.Sie erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>tVerständnis für die jeweils unterschiedlichenLebenserfahrungen und Lebenslagen auf<strong>zu</strong>bringenund in gegenseitiger Anerkennungaufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>zu</strong><strong>zu</strong>gehen.Wort <strong><strong>de</strong>r</strong> evangelischen und katholischenBischöfe DeutschlandsEs gibt mancherlei Grün<strong>de</strong>, nach <strong>de</strong>m Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte <strong>zu</strong> fragen.Historisch Interessierte möchten wissen, „wie es wirklich war". Sie sehen nicht nurdas En<strong>de</strong> dieser Armee und sinnieren nicht nur darüber, ob man sie nun Volks- o<strong><strong>de</strong>r</strong>Parteiarmee nennen müsse. Sie interessiert viel mehr, wie diese Armee in eineGeschichte ein<strong>zu</strong>ordnen ist, die über weite Strecken von Militarismus und Krieg, aberebenso von Frie<strong>de</strong>nsehnsucht <strong>de</strong>s Volkes und Kampf gegen Militarismus und Krieggeprägt ist.Politische Verantwortungsträger suchen Antworten, die ihnen helfen sollen bei Entscheidungendarüber, wie mit <strong>de</strong>m ungeliebten „Erbe NVA“ für<strong><strong>de</strong>r</strong>hin um<strong>zu</strong>gehen sei.Für Juristen scheint nicht <strong><strong>de</strong>r</strong> historische Platz, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n vor allem „Staatsnähe" unddie Prüfung von Interesse <strong>zu</strong> sein, ob ein „Straftatbestand“ nach<strong>zu</strong>weisen ist.Für die Bun<strong>de</strong>swehr stellt sich die Frage, weil sie sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflicht sieht, einenBeitrag <strong>zu</strong>r Gestaltung <strong><strong>de</strong>r</strong> inneren Einheit <strong>zu</strong> leisten. Dabei ist nicht nur an die etwa2800 Offiziere und 5700 Unteroffiziere <strong>zu</strong> <strong>de</strong>nken, die - aus <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA kommend -En<strong>de</strong> 1994 noch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr dienten. Mehr ins Gewicht fallen vermutlich diekünftigen Soldaten aus <strong>de</strong>n neuen Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n, dürften nicht wenige von ihnendoch von ihren Vätern und Großvätern gesagt bekommen, daß sie ihren <strong>Die</strong>nst in <strong><strong>de</strong>r</strong>NVA als <strong>Die</strong>nst für Frie<strong>de</strong>n und Sozialismus verstan<strong>de</strong>n und ihn in Übereinstimmungmit <strong>de</strong>m Völkerrecht und <strong>de</strong>m Staatsrecht <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> leisteten.Das „Weißbuch 1994 <strong>zu</strong>r Sicherheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland und <strong>zu</strong>r Lage<strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr" verweist neben Erfolgen auf <strong>de</strong>m Weg <strong>zu</strong>r „Armee <strong><strong>de</strong>r</strong> Einheit" (1)auch auf noch ungelöste Probleme. Eines <strong><strong>de</strong>r</strong> wichtigsten ist die För<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>stieferen gegenseitigem Verstehens zwischen <strong>de</strong>n Soldaten aus Ost und West, <strong>de</strong>sAkzeptierens einer an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Biographie. Das ist - so General Schönbohm – „dieeigentliche Integration. Ohne dieses Verstehen aber gibt es keine wirkliche Einheit."(2)Für <strong>de</strong>n ehemaligen Berufssoldaten dieser NVA schließlich ist es die Frage nach<strong>de</strong>m Sinn seines <strong>Die</strong>nstes o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar Lebens. Und er weiß und spürt, daß die Antwort


auch darauf Einfluß hat, wie er in <strong>de</strong>m neuen, größeren Deutschland angenommenund behan<strong>de</strong>lt wird.<strong>Die</strong> Frage nach <strong>de</strong>m Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte ist also keine nur „aka<strong>de</strong>mische"Frage, und die Antworten darauf wer<strong>de</strong>n - wenn Bun<strong>de</strong>stag undBun<strong>de</strong>sregierung keine solchen politischen Entscheidungen fällen, welche dieBarrieren für die Herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> inneren Einheit nie<strong><strong>de</strong>r</strong>reißen - diese auch weiterhinbehin<strong><strong>de</strong>r</strong>n.1. Momentaufnahme o<strong><strong>de</strong>r</strong> historische Betrachtung?Bun<strong>de</strong>swehr und <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> hatten ihr Selbstbild und ihr Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong>an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>de</strong>utschen Armee. Ihr Selbstbild sah sich sehr ähnlich. Bei<strong>de</strong> betrachtetennur ihren Staat und sich selbst im Rahmen <strong>de</strong>s Bündnisses, <strong>de</strong>m sie angehörten, alseiner konsequenten Frie<strong>de</strong>nspolitik verpflichtet. Auch ihr Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>enArmee war sehr ähnlich. Man sah sie als die Armee eines Staates und eines Bündnisses,von <strong>de</strong>ssen Gesellschaftssystem Kriegsgefahr ausging. Eingebun<strong>de</strong>n in Militärpakte,<strong><strong>de</strong>r</strong>en je<strong><strong>de</strong>r</strong> sich vom an<strong><strong>de</strong>r</strong>en bedroht fühlte, und militärisches Instrumentvon Staaten mit gegensätzlicher gesellschaftspolitischer Zielstellung sowie wesentlichenUnterschie<strong>de</strong>n im Demokratieverständnis, war das Bild bei<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utscherArmeen von <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>zu</strong> einem Feindbild verinnerlicht. <strong>Die</strong> politische und militärischeFührung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> legte Wert darauf, daß dieses Bild beim Namen genanntwur<strong>de</strong> und die NVA ein „klares Feindbild“ habe. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik entschie<strong>de</strong>nBun<strong>de</strong>skanzler Schmidt und Verteidigungsminister Leber, diesen Begriff nicht mehr<strong>zu</strong> verwen<strong>de</strong>n, da man kein Feindbild brauche. Doch das Bild, das man sich von <strong><strong>de</strong>r</strong>NVA machte, trug alle Merkmale eines Feindbil<strong>de</strong>s. (3)Das bei<strong><strong>de</strong>r</strong>seitige Negativbild begann sich <strong>zu</strong> entkrampfen, als in <strong>de</strong>n achtzigerJahren eine neuerliche Entspannung in <strong>de</strong>n Ost-West-Beziehungen einsetzte, in<strong><strong>de</strong>r</strong>en Gefolge sich Offiziere <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr bei internationalenTagungen o<strong><strong>de</strong>r</strong> als Manöverbeobachter persönlich begegneten. Es wuchs dieBereitschaft, Verständnis für <strong>de</strong>n soldatischen <strong>Die</strong>nst auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>de</strong>utschenArmee auf<strong>zu</strong>bringen. In <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA führte die Militärdoktrin <strong>de</strong>s Warschauer Bündnissesvon 1987 <strong>zu</strong>r Trennung von <strong>de</strong>m so lange gefor<strong><strong>de</strong>r</strong>ten und propagierten Feindbild(4), in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr billigte man auch <strong>de</strong>m Soldat in <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Armee <strong>zu</strong>,„von einer Berufswahl aus(gegangen <strong>zu</strong> sein), bei <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Die</strong>nst am Frie<strong>de</strong>n in einemDeutschland, von <strong>de</strong>m nie mehr Krieg ausgehen darf, ein leiten<strong>de</strong>s Motiv war undbleibt“. (5)Seit 1990 hat die Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>set<strong>zu</strong>ng um <strong>de</strong>n frie<strong>de</strong>nsbewahren<strong>de</strong>n Auftrag <strong><strong>de</strong>r</strong>NVA und damit indirekt auch das Motiv <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nens in dieser Armee wie<strong><strong>de</strong>r</strong> stark<strong>zu</strong>genommen. Deutlich zeigt sich das vor allem in seit 1990 erschienenen Pressebeiträgenund Aufsätzen, in Broschüren <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr (6) und in Büchern. (7)Sie alle sind von Zeitzeugen - darunter vor allem Angehörige <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr und<strong><strong>de</strong>r</strong> NVA - geschrieben und verständlicherweise mehr o<strong><strong>de</strong>r</strong> weniger <strong>de</strong>utlich geprägtvon <strong><strong>de</strong>r</strong>en Überzeugungen, Erkenntnissen und Erlebnissen, Gefühlen und Emotionen.Das macht sie für <strong>de</strong>n Leser interessant und spannend, vermittelt ihm abernatürlich die stark subjektiv geprägte Sicht <strong>de</strong>s Autors.Während ehemalige Angehörige <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA trotz nicht selten <strong>de</strong>utlicher Kritik an ihrerArmee nach wie vor von <strong><strong>de</strong>r</strong>en frie<strong>de</strong>nspolitischen Auftrag sprechen, wird dieser von<strong>de</strong>n Autoren aus <strong>de</strong>n alten Bun<strong>de</strong>slän<strong><strong>de</strong>r</strong>n stark in Zweifel gezogen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gänzlich in


Abre<strong>de</strong> gestellt. Der Generalinspekteur <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr vermei<strong>de</strong>t in <strong>de</strong>m von ihmherausgegebenen Buch eine direkte Positionierung <strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage, ob das Motiv <strong><strong>de</strong>r</strong>Soldaten <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Die</strong>nst am Frie<strong>de</strong>n gewesen sei. Er hebt jedoch hervor, „daßdie NVA im Konfliktfall ihre Aufträge mit großer Entschlossenheit <strong>zu</strong> erfüllen versuchthätte" und daß sie „Teil einer nicht nur angriffsfähigen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n konsequent aufOffensive ausgerichteten multinationalen Militärkoalition" war. (8) Unterlagen vonKommandostabsübungen und Manövern auf <strong>de</strong>m Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> dienen alsBeweis dafür.An<strong><strong>de</strong>r</strong>e Autoren holen erneut Aussagen aus <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>s Kalten Krieges hervor.In einer von <strong><strong>de</strong>r</strong> Aka<strong>de</strong>mie für Information und Kommunikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehrherausgegebenen Schrift heißt es, die NVA sei 1943 in Krasno Gorsk bei Moskaugegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, habe schon in <strong>de</strong>n sechziger Jahren mit mehreren tausend Mann„ver<strong>de</strong>ckte Einsätze out of area" durchgeführt und sei nichts weiter gewesen als „einletztlich von einer politischen Gesamtstrategie angeleitetes Zielerreichungsunternehmen"mit <strong>de</strong>m Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> kommunistischen Weltrevolution. (9) Der Autor einerStudie über „<strong>Die</strong> NVA 1956-1990" für die von Herrn Eppelmann geleitete Enquetekommission<strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>stages ignoriert nicht nur das Recht <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> auf Selbstverteidigung,son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch jeglichen geschichtlichen Hintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> Entstehung <strong><strong>de</strong>r</strong>NVA wie auch ihren Verfassungsauftrag und ihr Selbstverständnis. Nach seinemBild „diente (die NVA) von Anfang an primär frem<strong>de</strong>n Interessen und war ein Produkt<strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjets. Letztlich hatten die NVA-Soldaten <strong>de</strong>n Status von 'Hilfswilligen' innerhalb<strong>de</strong>s sowjetischen Herrschaftssystems..." (10)Für die einen ist ein so umrissenes Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA diskussionslos <strong>zu</strong>treffend,an<strong><strong>de</strong>r</strong>e fin<strong>de</strong>n darin <strong>de</strong>n Auftrag <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA und <strong>de</strong>n Sinn soldatischen <strong>Die</strong>nstes in <strong><strong>de</strong>r</strong><strong>DDR</strong> entstellt. Für mich ist es - unabhängig davon, daß in ihm <strong>zu</strong>treffen<strong>de</strong> Aussagenenthalten sind - <strong>zu</strong> einseitig, undifferenziert und i<strong>de</strong>ologisch geprägt. Es ist nichtgeeignet, <strong>de</strong>n Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte annähernd genau <strong>zu</strong> umreißen.Wohl eine Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Berufssoldaten <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA hat die Zeit seit 1990<strong>zu</strong>m Nach<strong>de</strong>nken über diese ihre Armee, über das Bündnis, <strong>de</strong>m sie angehörte undüber <strong>de</strong>n Staat, in <strong>de</strong>ssen <strong>Die</strong>nst sie stand, genutzt. Sie haben alte Überzeugungenund Positionen kritisch hinterfragt, auch dann, wenn es schmerzlich war. Deutlichererkannten sie Kritikwürdiges an dieser Armee, vor allem die große Schere zwischenAnspruch und Wirklichkeit. Und selbstkritisch fragen sie sich auch, warum es erst<strong>de</strong>s Zusammenbruchs <strong>de</strong>s "Realsozialismus" bedurfte, ehe sie kritisch hinterfragtenbzw. ihre Kritik lauthals äußerten o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar daraus persönliche Konsequenzen zogen.Es sind bei weitem nicht nur Nostalgiker o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ewiggestrige, die <strong><strong>de</strong>r</strong> gegenwärtigenTen<strong>de</strong>nz <strong>zu</strong>r Verabsolutierung eines Negativbil<strong>de</strong>s von <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprechen.Auch jene, die die kritische Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>set<strong>zu</strong>ng mit <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA und die damit notwendigeSelbstkritik nicht scheuen, sehen sich nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, in ein einseitigesPauschalurteil ein<strong>zu</strong>stimmen. Das kommt nicht nur daher, daß sich, wer nur diesesBild kennt, die Frage stellen wird: Wie konnte auch nur ein anständiger Mensch indieser Armee ohne Zwang dienen, gar Berufssoldat sein? Es kommt auch daher,daß diese Menschen nicht dafür <strong>zu</strong> haben sind, ihr früher i<strong>de</strong>ologisch geprägtes undungenügend differenziertes Bild von <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA jetzt gegen ein ebensolches, nur mitan<strong><strong>de</strong>r</strong>en i<strong>de</strong>ologischen Vorzeichen, ein<strong>zu</strong>tauschen. Auch möchten sie die NVA nichtnur mit einer Momentaufnahme von 1989/90, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n durch ein Weitwinkelobjektiv inihrer Gesamtheit erfaßt wissen.Ein Großteil <strong><strong>de</strong>r</strong> nach 1990 veröffentlichten Arbeiten über die NVA sind „Momentaufnahmen"in doppeltem Sinne. Erstens hatte keiner <strong><strong>de</strong>r</strong> Autoren schon die


notwendige Distanz <strong>zu</strong>m Gegenstand NVA, um unbeeinflußt von seinen bisherigenAnsichten urteilen <strong>zu</strong> können. Durch <strong>de</strong>n so plötzlichen Zusammenbruch <strong>de</strong>s „realenSozialismus" fühlten sich die einen in die Rolle <strong>de</strong>s Siegers, die an<strong><strong>de</strong>r</strong>en in die <strong>de</strong>sVerlierers versetzt. „Sine ira et studio“, d.h. <strong>de</strong>n Gegenstand ohne Haß o<strong><strong>de</strong>r</strong> Gunst<strong>zu</strong> studieren, war ihnen schwerlich möglich, auch wenn sie sich darum bemühten.Zweitens betrachteten viele von ihnen die NVA vorwiegend aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicht von1989/90, aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit ihrer Endphase und Auflösung. Sie urteilten nach <strong>de</strong>m, was indieser Zeit das Bild dominierte: Akzeptanzverlust <strong>de</strong>s Staates und aller seiner Einrichtungen,Autoritätsverfall, Auflösungserscheinungen usw. Das im Einigungsvertragvorgegebene politische Urteil „Unrechtsstaat" beeinflußte auch die Haltung<strong>zu</strong>r NVA und <strong>de</strong>n Tenor <strong><strong>de</strong>r</strong> Berichte über sie, <strong>de</strong>nn selbstverständlich war sie, wieje<strong>de</strong> Armee, das Instrument ihres Staates. Je nach<strong>de</strong>m, von welcher Position einAutor urteilte, überwog in seiner Darstellung und Bewertung entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> die Ten<strong>de</strong>nz<strong>zu</strong>r Anklage o<strong><strong>de</strong>r</strong> die <strong>zu</strong>r Rechtfertigung <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA.<strong>Die</strong>se Gefahr hängt auch mit <strong>de</strong>n Schwierigkeiten <strong>zu</strong>sammen, die sich einerobjektiven Bewertung zeitgeschichtlicher Ereignisse immer entgegenstellen. Nichtsist allseitig und endgültig <strong>zu</strong> analysieren und <strong>zu</strong> bewerten, da alle Prozesse noch imFluß sind. Es gibt zwar je<strong>de</strong> Menge von tagespolitischen Interessen und Augenblickseindrückengeprägte Meinungsäußerungen, aber kaum o<strong><strong>de</strong>r</strong> nur lückenhaftPrimärquellen, die ein objektiveres Urteil ermöglichen. Der Zeitzeuge neigt viel stärker<strong>zu</strong>r emotionalen. parteilichen Auswahl von Fakten und Interpretationen <strong>de</strong>s vonihm miterlebten Ereignisses als <strong><strong>de</strong>r</strong> Historiker, <strong><strong>de</strong>r</strong> mit großem zeitlichen Abstand undgestützt auf umfangreiches sowie von allen Beteiligten stammen<strong>de</strong>s QuellenmaterialEreignisse analysiert, die er selbst nicht miterlebte. Wenn aber <strong><strong>de</strong>r</strong> urteilen<strong>de</strong> Zeitzeugedann auch noch Mitgestalter bzw. Partei in <strong>de</strong>n Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>set<strong>zu</strong>ngen seinerZeit war, so überwiegen nicht selten parteiliche, emotionsgela<strong>de</strong>ne Urteile. Danngerät Kritik leicht <strong>zu</strong>r Anklage, Erklärung leicht <strong>zu</strong>r Rechtfertigung.<strong>Die</strong> Schwierigkeiten bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Analyse und Bewertung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeitgeschichte bekommtwohl je<strong><strong>de</strong>r</strong> Autor <strong>zu</strong> spüren. Voltaire sagte das mit folgen<strong>de</strong>n Worten: „Wer immerdie Geschichte seiner Zeit schreibt, muß gegenwärtigen, daß man ihm alles vorwerfenwird, was er gesagt, und alles, was er nicht gesagt hat." (11) Ich weiß, daßauch ich mit solchem Vorwurf rechnen muß, <strong>zu</strong>mal ich nur einzelne Aspekte auseinem Thema ansprechen kann, über das man wohl künftig noch manches Buchschreiben wird. Deshalb möchte ich darauf verweisen, daß ich keinen Forschungsberichtvortrage. <strong>Die</strong> Probleme, auf die ich eingehe, behandle ich aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Sichtmeiner heutigen Erkenntnisse. In Ihnen verbin<strong>de</strong>n sich in Jahrzehnten <strong><strong>de</strong>r</strong> Zugehörigkeit<strong>zu</strong>r NVA gelebte Haltungen und Überzeugungen mit <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>sjüngsten kritischen Hinterfragens dieser Ansichten und Überzeugungen sowie mitneuen Einsichten und Erkenntnissen, vorwiegend gewonnen aus neuen Fragestellungenan das Thema sowie aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Auswertung mir früher nicht <strong>zu</strong>gänglicherQuellen. Doch nicht je<strong>de</strong>s Hinterfragen und nicht je<strong>de</strong> neue Quelle führte auch <strong>zu</strong>einer neuen Antwort o<strong><strong>de</strong>r</strong> Erkenntnis.Wer heute Rankes Frage, „wie es wirklich war", in be<strong>zu</strong>g auf die NVA nachgehenund auf <strong><strong>de</strong>r</strong> Suche nach <strong><strong>de</strong>r</strong>en historischem Platz eine hohe Annäherung an dieWahrheit erreichen will, darf sich nicht mit einer Momentaufnahme begnügen. Seinerster Vorsatz sollte sein, <strong>de</strong>n Gegenstand, <strong><strong>de</strong>r</strong> ja ein historischer ist, auch historisch<strong>zu</strong> betrachten. Das verlangt, <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach<strong>zu</strong>gehen, warum und unter welchenUmstän<strong>de</strong>n diese NVA entstan<strong>de</strong>n ist, weshalb sie sich so und nicht an<strong><strong>de</strong>r</strong>s entwickelthat. Der Betrachter wird dabei sicherlich Schlußfolgerungen erkennen, diesich aus länger <strong>zu</strong>rückliegen<strong>de</strong>n Ereignissen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Geschichte, aus


nismus bis <strong>zu</strong> jenem Völkermord gesteigert wor<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> Ju<strong>de</strong>n, Sinti und Romasowie an<strong><strong>de</strong>r</strong>e „Min<strong><strong>de</strong>r</strong>wertige" ebenso vernichten sollte wie Kommunisten undMenschen an<strong><strong>de</strong>r</strong>er Weltanschauungen und politischen Überzeugungen, die sich <strong>de</strong>mNS-Terror nicht <strong>zu</strong> beugen bereit waren.Vor und während bei<strong><strong>de</strong>r</strong> Weltkriege hatten führen<strong>de</strong> Militärs ihr fachliches Könnennicht nur in Ausübung ihrer Pflichten in <strong>de</strong>n <strong>Die</strong>nst einer solchen Politik gestellt,son<strong><strong>de</strong>r</strong>n freiwillig und maßgeblich <strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>en Vorbereitung und Umset<strong>zu</strong>ng bis <strong>zu</strong>mbitteren En<strong>de</strong> beigetragen. Zugleich waren Vaterlandsliebe und Pflichtbewußtsein<strong><strong>de</strong>r</strong> Soldaten sowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Einsatz- und Opferbereitschaft skrupellos in <strong>de</strong>n <strong>Die</strong>nsteiner aggressiven und volksfeindlichen Politik gestellt wor<strong>de</strong>n. Stand das schon imGegensatz <strong>zu</strong> <strong>de</strong>m erhobenen Anspruch, „Gott, Kaiser und Vaterland“ bzw. „Führer,Volk und Vaterland“ <strong>zu</strong> dienen, so büßte die Wehrmacht ihr Ansehen <strong>zu</strong><strong>de</strong>m durchdie Verstrickung in Kriegsverbrechen ein.Es ist we<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>zu</strong> weit hergeholt noch propagandistischer Zweck, solche Aspekte<strong>de</strong>utscher Militärpolitik ins Blickfeld <strong>zu</strong> rücken, wenn nach <strong>de</strong>m Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong>Geschichte gefragt wird. Sie spielten eine ganz wesentliche Rolle bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Begründung<strong><strong>de</strong>r</strong> Militärpolitik <strong><strong>de</strong>r</strong> SED und <strong><strong>de</strong>r</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>bewaffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>. Von ihrersozialökonomischen und politischen Ordnung wür<strong>de</strong>n keine Kriege ausgehen. Wennsie <strong>de</strong>nnoch Streitkräfte aufbaute, so nur, weil sie <strong>zu</strong>m Schutz dieser Ordnung und<strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns als notwendig betrachtet wur<strong>de</strong>n.Doch <strong>zu</strong>nächst lautete nach <strong>de</strong>m Zusammenbruch <strong>de</strong>s Dritten Reiches die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung<strong><strong>de</strong>r</strong> Sieger und <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorsatz <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen, daß sich solches nie mehr wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holendürfe. Entmilitarisierung und Entnazifizierung Deutschlands stan<strong>de</strong>n auf <strong><strong>de</strong>r</strong>Tagesordnung. Sie wur<strong>de</strong>n mit unterschiedlicher Konsequenz durchgeführt und wiesenin <strong>de</strong>n Westzonen erheblich mehr Defizite auf als in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ. Aber noch ehediese Aufgaben umfassend gelöst waren, gerieten die Deutschen in <strong>de</strong>n Stru<strong>de</strong>l <strong>de</strong>sOst-West-Konflikts. Er war ebenso ein grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> struktureller Konflikt zweiersich unversöhnlich gegenüberstehen<strong><strong>de</strong>r</strong> Gesellschaftssysteme wie Ausdruck <strong>de</strong>sAufeinan<strong><strong>de</strong>r</strong>prallens von machtpolitischen und hegemonialen Zielstellungen <strong><strong>de</strong>r</strong>führen<strong>de</strong>n Mächte dieser bei<strong>de</strong>n Systeme. Bei<strong>de</strong> Seiten zielten in ihm letztlich aufdie Ausschaltung <strong>de</strong>s Gegners aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltpolitik.In dieser Situation erhielt Deutschland einen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Stellenwert. An Elbe undWerra sahen die großen Siegermächte USA und UdSSR die vor<strong><strong>de</strong>r</strong>e Grenze ihrerSicherheitszone in Europa. Aus <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach „Sicherheit vor Deutschland“wur<strong>de</strong> sehr bald die For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach einem Beitrag Deutschlands <strong>zu</strong>r Gewährleistungihrer eigenen Sicherheit. Sie fand bei Ulbricht wie bei A<strong>de</strong>nauer Unterstüt<strong>zu</strong>ng, versprachensich doch bei<strong>de</strong> vom Aufbau eigener Streitkräfte auch eine Stärkung ihrerPosition.<strong>Die</strong> in dieser Situation auf Befehl <strong><strong>de</strong>r</strong> sowjetischen Besat<strong>zu</strong>ngsmacht in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZbeginnen<strong>de</strong> Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>bewaffnung war sowohl Ausdruck <strong><strong>de</strong>r</strong> sicherheits- und machtpolitischenInteressen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion wie Konsequenz aus <strong>de</strong>m inzwischen weitvorangekommenen staatspolitischen Verselbständigungsprozeß in bei<strong>de</strong>n TeilenDeutschlands. Sie lösten bei <strong>de</strong>n Bürgern <strong><strong>de</strong>r</strong> Westzonen/BRD Bedrohungsgefühleaus, die man im Osten nicht <strong>zu</strong>r Kenntnis nehmen wollte o<strong><strong>de</strong>r</strong> als unbegrün<strong>de</strong>t abtat.Den Bürgern <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ/<strong>DDR</strong> wäre ein entmilitarisiertes Gesamt<strong>de</strong>utschland liebergewesen als die Remilitarisierung eines gespaltenen Lan<strong>de</strong>s. Dennoch stieß dieWie<strong><strong>de</strong>r</strong>bewaffnung bei ihnen nicht nur auf Unverständnis o<strong><strong>de</strong>r</strong> Ablehnung. Es gabauch Verständnis und Zustimmung, und die nahmen in <strong>de</strong>m Maße <strong>zu</strong>, wie sich die


<strong>DDR</strong> stabilisierte und wie die Entwicklung in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik als bedrohlichempfun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.Grün<strong>de</strong> für das Bedrohungsgefühl in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ/<strong>DDR</strong> gab es durchaus: weil im Westenjene sozial-ökonomischen Ordnung wie<strong><strong>de</strong>r</strong>erstarkte, aus <strong><strong>de</strong>r</strong>en Schoß zwei Weltkriegeentstan<strong>de</strong>n waren; weil dort an <strong>de</strong>n Schalthebeln <strong><strong>de</strong>r</strong> ökonomischen Machtvielfach wie<strong><strong>de</strong>r</strong> dieselben Personen wie vor <strong>de</strong>m zweiten Weltkrieg saßen; weil dieEntnazifizierung dort halbherzig betrieben und auf halber Strecke abgeschlossenwur<strong>de</strong> und Männer wie Globke, Filbinger und an<strong><strong>de</strong>r</strong>e in höchste Staatsämteraufsteigen konnten, weil die westlichen Besat<strong>zu</strong>ngsmächte aus ehemaligen Wehrmachteinheitenrelativ starke <strong>de</strong>utsche <strong>Die</strong>nstgruppen unterhielten; weil dort eineKriegsliteratur erschien, die als Rechtfertigung <strong>de</strong>s von Hitler<strong>de</strong>utschland entfesseltenKrieges und als Begleitmusik <strong>zu</strong> <strong>de</strong>n antikommunistischen und antisowjetischenÄußerungen maßgeblicher Persönlichkeiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik verstan<strong>de</strong>nwer<strong>de</strong>n mußte; weil die von ehemaligen Offizieren im Auftrag <strong>de</strong>s AmtesBlank verfaßte „Himmero<strong><strong>de</strong>r</strong> Denkschrift" in ihren operativen Aussagen ganz anWehrmachtserfahrungen anknüpfte; weil A<strong>de</strong>nauer und Strauß frühzeitig <strong>de</strong>n Drang<strong>zu</strong>r Atombewaffnung <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik erkennen ließen und weil dies alles vor <strong>de</strong>mHintergrund <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung nach einem Deutschland in <strong>de</strong>n Grenzen von 1937 und<strong><strong>de</strong>r</strong> Hallstein-Doktrin geschah, die als staatsrechtliche Rechtfertigung <strong><strong>de</strong>r</strong> existentiellenBedrohung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> fungierte.Freilich spielte in <strong><strong>de</strong>r</strong> Auseinan<strong><strong>de</strong>r</strong>set<strong>zu</strong>ng mit diese Faktoren durch die Propaganda<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> auch die I<strong>de</strong>ologie eine erhebliche Rolle. Das „Feindbild Imperialismus"war von Vorurteilen sowie Dogmen beeinflußt und gab eine vereinfachte und z.T.verzerrte Darstellung <strong>de</strong>ssen, was in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik geschah. Aber es war ebenauch nicht nur Imagination o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar pure Unterstellung, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n hatte sehr wohlganz handfeste und reale Be<strong>zu</strong>gspunkte.<strong>Die</strong> neue Ordnung fühlte sich auch im Innern bedroht, nicht nur von Schiebern undSpekulanten, auch von politischen Gegnern. Das Wort von <strong><strong>de</strong>r</strong> „Verschärfung <strong>de</strong>sKlassenkampfes" war <strong>zu</strong>sätzliche Rechtfertigung für <strong>de</strong>n 1948 beginnen<strong>de</strong>n Aufbauvon Bereitschaften <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkspolizei und die 1952 erfolgte Bildung <strong><strong>de</strong>r</strong> KaserniertenVolkspolizei. Den Weg in eine neue, bessere Gesellschaft wollte man sich nichtverbauen lassen, auf „reaktionäre" Gewalt notfalls mit „revolutionärer" Gewalt antwortenkönnen.Das war die Situation, in <strong><strong>de</strong>r</strong> 1952 erstmals alle Parteien <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> - SED, CDU,LDPD, NDPD und DBD - öffentlich erklärten: „Wer heute <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n will, muß dieVerteidigung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns wollen. Wer <strong>de</strong>n <strong>de</strong>mokratischen Staat bejaht, darf ihnnicht schutzlos <strong>de</strong>n Angriffen seiner Fein<strong>de</strong> aussetzen." (12) <strong>Die</strong>se Erklärung warauch eine Reaktion darauf, daß die USA ein militärisch neutrales Deutschland nach<strong>de</strong>m Vorbild <strong>de</strong>s Staatsvertrages mit Österreich nicht wollten. Sie waren nicht bereit,über die entsprechen<strong>de</strong>n sowjetischen Vorschläge von 1948 und 1952 (13) auch nur<strong>zu</strong> verhan<strong>de</strong>ln.Zwar wur<strong>de</strong> die neue Ordnung in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> von oben installiert, nach sowjetischemVorbild sowie mit Moskauer Anleitung und Unterstüt<strong>zu</strong>ng, aber sie fand nach <strong>de</strong>mArbeiteraufstand von 1953 doch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit wachsen<strong>de</strong> Zustimmung auch unten.1955/56 stimmten alle in <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkskammer vertretenen Parteien und Massenorganisationen<strong>de</strong>m Beitritt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> <strong>zu</strong>m Warschauer Vertrag und <strong>de</strong>m Gesetz <strong>zu</strong>rSchaffung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>Nationale</strong>n <strong>Volksarmee</strong> und <strong>de</strong>s Ministeriums für <strong>Nationale</strong> Verteidigung<strong>zu</strong>. Allerdings hatte es in keiner von ihnen vorher eine ungehin<strong><strong>de</strong>r</strong>te, alles Fürund Wi<strong><strong>de</strong>r</strong> behan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Diskussion darüber gegeben. Eine „Ohne-mich-Bewegung“gegen die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>bewaffnung wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik konnte sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> nicht


entfalten. <strong>Die</strong> Volkskammer und die Regierung, die Führungsgremien <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteienund Massenorganisationen sowie alle Medien zeichneten in jener Zeit das Bild einermehrheitlichen Zustimmung <strong>zu</strong> diesen Maßnahmen - ein Bild, das mancherortsangezweifelt, aber durch die Forschung bisher noch nicht wi<strong><strong>de</strong>r</strong>legt ist. <strong>Die</strong>se sicherheitspolitischenEntscheidungen wur<strong>de</strong>n als notwendiger und gerechtfertigter Aktstaatlichen Selbstbehauptungswillens erläutert und so von einer Mehrheit akzeptiert.Wer heute über <strong>de</strong>n Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte nach<strong>de</strong>nkt, darf insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>enicht jene einschnei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Konsequenzen außer acht lassen, welche die Einbindung<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik in sich feindlich gegenüberstehen<strong>de</strong> Militärblöckezeitigte:- sie machte die Wie<strong><strong>de</strong>r</strong>herstellung <strong><strong>de</strong>r</strong> staatlichen Einheit auf unabsehbare Zeitunerreichbar,- sie machte bei<strong>de</strong> <strong>de</strong>utsche Staaten <strong>zu</strong> Frontstaaten im Kalten Krieg und dieGrenze zwischen ihnen <strong>zu</strong>r Grenze zwischen <strong>de</strong>n Blöcken,- sie verwan<strong>de</strong>lte das Territorium bei<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utscher Staaten in das Hauptaufmarschgebiet<strong><strong>de</strong>r</strong> in Europa stationierten Streitkräfte dieser Blöcke und <strong>zu</strong> einemmit Waffen vollgestopften potentiellen Kriegsschauplatz.Nun lagen <strong>de</strong>n Bedrohungsängsten in Ost wie in West auch noch die im jeweilsan<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>de</strong>utschen Teilstaat stationierten Armeen, Luftflotten und Kernwaffen <strong>de</strong>sgegnerischen Bündnisses <strong>zu</strong>grun<strong>de</strong>. Keine Re<strong>de</strong> konnte mehr davon sein, sie wärennur das Produkt i<strong>de</strong>ologischer Vorurteile und Feindbil<strong><strong>de</strong>r</strong>. Wohl aber erhielten gera<strong>de</strong>sie dadurch neue Nahrung und konnten sich verfestigen. Schon gar nicht ließensich diese Ängste dadurch verdrängen, daß bei<strong>de</strong> Seiten erklärten, ihre Rüstungendienten nur <strong><strong>de</strong>r</strong> eigenen Sicherheit, nicht aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Bedrohung <strong>de</strong>s Kontrahenten.Kein Land, das es ernst nahm mit seiner Sicherheit, ist in ähnlicher Situation untätiggeblieben. Sie alle leiteten aus ihrem Feindbild und ihren Bedrohungsängsten dieLegitimität und Pflicht <strong>zu</strong> eigener Sicherheitsvorsorge auch mit militärischen Mittelnab.Hier sei ein erster Punkt <strong>zu</strong>r Markierung <strong>de</strong>s Platzes <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichtegesetzt: <strong>Die</strong> NVA entstand als Ausdruck <strong>de</strong>s Selbstbehauptungswillens undMachtanspruchs eines Gesellschaftssystems, das als historische Alternative <strong>zu</strong>mimperialistischen antrat; sie entstand <strong>zu</strong><strong>de</strong>m als Ausdruck <strong>de</strong>s Selbstbehauptungswillens<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>, die - als Produkt <strong>de</strong>s Ost-West-Konflikts entstan<strong>de</strong>n - eine legitimeAlternative <strong>zu</strong>m zerschlagenen NS-Staat bil<strong>de</strong>te. <strong>Die</strong> NVA stand für einen Staat, <strong><strong>de</strong>r</strong>sich bedroht fühlte und <strong><strong>de</strong>r</strong> das Recht auf individuelle und kollektive Selbstverteidigungwahrnahm. Sie stand für einen Staat, <strong><strong>de</strong>r</strong> in seiner Außen- undMilitärpolitik mit <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s imperialistischen Deutschland gebrochen hatte und <strong><strong>de</strong>r</strong>darauf hinwirkte, daß von Deutschland nie mehr Krieg ausgehe.Hierin vor allem dürften die Grün<strong>de</strong> liegen, die <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in all <strong>de</strong>n Jahren seit 1956bei einer unterschiedlich großen Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bevölkerung Akzeptanz verschaffte.Soziologische Untersuchungen zeigen, daß Maßnahmen <strong>zu</strong>r Verteidigung zwar nichtgera<strong>de</strong> für wünschenswert, aber von <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrzahl <strong><strong>de</strong>r</strong> Bürger doch für notwendigund berechtigt gehalten wur<strong>de</strong>n. Schon 1956 bekun<strong>de</strong>ten über 60 % ihre persönlicheVerteidigungsbereitschaft und in <strong><strong>de</strong>r</strong> Mitte <strong><strong>de</strong>r</strong> 70er sowie noch einmal <strong>zu</strong>Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> 80er Jahre stieg diese Zahl auf etwa 85 % an. Sogar noch in einersoziologischen Untersuchung vom Mai 1989,wur<strong>de</strong> die Frage nach <strong><strong>de</strong>r</strong> persönlichenVerteidigungsbereitschaft von 57 % <strong><strong>de</strong>r</strong> befragten Lehrlinge, von 63 % <strong><strong>de</strong>r</strong> befragten


Arbeiter, von 65 % <strong><strong>de</strong>r</strong> befragten Stu<strong>de</strong>nten und von 72 % <strong><strong>de</strong>r</strong> befragten Angehörigen<strong><strong>de</strong>r</strong> Intelligenz <strong>zu</strong>stimmend beantwortet. (14)3. Eingebun<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Warschauer Pakt<strong>Die</strong> Einbindung in <strong>de</strong>n Warschauer Vertrag brachte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> die Sicherheit, die sieallein nicht gewährleisten konnte. <strong>Die</strong> Gegenleistung dafür bestand darin, daß die<strong>DDR</strong> bei ihren militär- und sicherheitspolitischen Entscheidungen die Sicherheitsinteressen<strong><strong>de</strong>r</strong> führen<strong>de</strong>n Macht <strong>de</strong>s Bündnisses, <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion, als übergeordnet<strong>zu</strong>grun<strong>de</strong> legen mußte. Angesichts <strong>de</strong>s Beitrages <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion und ihrer Streitkräfte<strong>zu</strong>r Befreiung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Volkes vom NS-Regime sowie ihrer Rolle alsstärkster Macht in diesem Bündnis - <strong><strong>de</strong>r</strong> einzigen, die globalstrategische Verantwortungtrug und strategische Kampfmittel besaß - fan<strong>de</strong>n wir Soldaten es normal,daß ihrer Stimme in diesem Bündnis auch beson<strong><strong>de</strong>r</strong>es Gehör geschenkt wur<strong>de</strong>. Dasstand für uns nicht im Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch <strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung, daß die <strong>DDR</strong> und ihreArmee gleichberechtigtes Mitglied im Bündnis sei. <strong>Die</strong> Bürger <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> hörten undlasen ja auch in allen Verlautbarungen, daß die Grundlinien <strong><strong>de</strong>r</strong> Außen- und Sicherheitspolitikgemeinsam erarbeitet und abgestimmt wur<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Offiziere <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA erlebtendie sowjetischen Offiziere in aller Regel als verläßliche Kamera<strong>de</strong>n undWaffenbrü<strong><strong>de</strong>r</strong>. Nur einzelne machten Bekanntschaft mit jenen wenigen Befehlshaberno<strong><strong>de</strong>r</strong> Komman<strong>de</strong>uren <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetarmee, die sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> noch immer alsVertreter einer Besat<strong>zu</strong>ngsmacht aufführten.Keiner <strong><strong>de</strong>r</strong> Soldaten <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA fühlte sich berufen o<strong><strong>de</strong>r</strong> in die Pflicht genommen, auf<strong>de</strong>n Spitzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Bajonette <strong>de</strong>n Sozialismus nach Westen <strong>zu</strong> exportieren. Sie fühltensich nicht als „Hiwis" einer aggressiven Sowjetunion, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n als Verbün<strong>de</strong>te diesesLan<strong>de</strong>s, das in <strong>de</strong>n Jahrzehnten <strong>de</strong>s Ost-West-Konflikts <strong>de</strong>n entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Beitrag<strong>zu</strong>r Sicherheit <strong>de</strong>s eigenen Lan<strong>de</strong>s leistete.Hinter die Kulissen <strong><strong>de</strong>r</strong> Beziehungen <strong>DDR</strong> - UdSSR aber konnte kaum einer sehen.Vom Verhältnis zwischen <strong>de</strong>m Moskauer und <strong>de</strong>m Berliner Politbüro o<strong><strong>de</strong>r</strong> zwischen<strong>de</strong>m Moskauer und <strong>de</strong>m Strausberger Verteidigungsministerium, von <strong><strong>de</strong>r</strong> Rolle <strong>de</strong>sOberkommandos <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Streitkräfte o<strong><strong>de</strong>r</strong> solcher Gremien wie <strong>de</strong>s Komitees<strong><strong>de</strong>r</strong> Verteidigungsminister erfuhren selbst Generale nur das, was die offiziellen Kommuniquesverlautbarten.Überblicken ehemalige Berufssoldaten <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> vom heutigen Stand ihrer Erkenntnisdie sicherheitspolitischen Konsequenzen <strong><strong>de</strong>r</strong> Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> in das von <strong><strong>de</strong>r</strong>UdSSR dominierte Warschauer Bündnis, so müssen sie manche ihrer früherenAnsichten korrigieren. (15) Das gilt auch für <strong>de</strong>n Autor dieses Beitrages. (16) Gewißgewährleistete diese Einbindung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> Sicherheit, aber nur solange, wie dieUdSSR meinte, diesen Vorposten <strong>zu</strong> ihrer eigenen Sicherheit <strong>zu</strong> benötigen. Gewißgab es kollektive Bündnisorgane, doch fielen die grundlegen<strong>de</strong>n sicherheitspolitischenEntscheidungen letztlich in Moskau und unter vorrangiger Beachtung <strong><strong>de</strong>r</strong>sowjetischen nationalen Sicherheitsinteressen. Gewiß gab es <strong>de</strong>mokratische Elementebei <strong><strong>de</strong>r</strong> Herbeiführung von Beschlüssen, doch letztlich war das Demokratieverständnisim Warschauer Pakt dominiert von <strong><strong>de</strong>r</strong> Anerkennung <strong><strong>de</strong>r</strong> führen<strong>de</strong>n Rolle<strong><strong>de</strong>r</strong> KPdSU und <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR. All das heißt nicht, daß die Teilnehmerstaaten <strong>de</strong>sWarschauer Vertrages die Interessen ihres Lan<strong>de</strong>s generell <strong>de</strong>n Wünschen, For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungenund Empfehlungen aus Moskau untergeordnet hätten, doch <strong><strong>de</strong>r</strong>en ParteiundStaatsführungen wußten - viel konkreter als die Bürger ihres Lan<strong>de</strong>s - recht gutum ihre Abhängigkeit von Moskau und die damit gezogenen Grenzen eigenständigenHan<strong>de</strong>lns.


<strong>Die</strong> NVA wur<strong>de</strong> von vornherein als Koalitionsarmee aufgebaut. Das erfolgte inGlie<strong><strong>de</strong>r</strong>ung und Struktur, Bewaffnung, Ausrüstung und Ausbildung kompatibel <strong>zu</strong>rSowjetarmee. Auch die sowjetische Militärdoktrin wur<strong>de</strong> in ihren Hauptkomponentenübernommen. Da<strong>zu</strong> zählten auch die Ansichten über die Vorbereitung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>sund <strong><strong>de</strong>r</strong> Streitkräfte auf die Abwehr einer Aggression sowie die Vorstellungen vomVerlauf und Ausgang eines möglichen Krieges. Daraus resultierten äußerst hoheAnfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an <strong>de</strong>n operativen Ausbau <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s, an technische und wissenschaftlicheLeistungen für die Erhöhung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verteidigungsbereitschaft und an eineständig hohe Gefechtsbereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Truppe. <strong>Die</strong> bis 1987 gültige Doktrin orientierteim Falle eines feindlichen Überfalls auf eine offensive Kriegführung bis hin <strong>zu</strong>rZerschlagung <strong>de</strong>s Aggressors auf <strong>de</strong>ssen eigenem Territorium.<strong>Die</strong>se Doktrin war keine <strong><strong>de</strong>r</strong> Aggression, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n - so wird es in <strong>de</strong>m vom Generalinspekteur<strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr herausgegebenen Buch über die NVA festgestellt - sie„setzte apriorisch, daß ein Krieg NATO/Warschauer Pakt durch eine Aggression <strong><strong>de</strong>r</strong>NATO ausgelöst wür<strong>de</strong>".(17) In ihr schlugen sich vor allem die bitteren Erfahrungenaus <strong><strong>de</strong>r</strong> Anfangsperio<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utsch-sowjetischen Krieges nie<strong><strong>de</strong>r</strong>. Sie hatten <strong>zu</strong><strong>de</strong>m festen Vorsatz geführt: „So etwas darf uns nie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> passieren." Für diesenVorsatz brachten wir NVA-Angehörigen Verständnis auf. Doch mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Zeit stießendie überzogenen For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an die Gefechtsbereitschaft auf Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch - in <strong>de</strong>nachtziger Jahren selbst bei <strong>de</strong>n Chefs <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilstreitkräfte. Aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en Be<strong>de</strong>nkenund Vorschläge wur<strong>de</strong>n nicht gehört. Gegen die überzogenen For<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen <strong>de</strong>ssowjetischen Generalstabes an die Gefechtsbereitschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA wollte die politischeFührung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> offenbar nicht angehen. Vielleicht, weil sie als eine Bestätigungihrer eigenen Bedrohungsperzeption ausgegeben wer<strong>de</strong>n konnten. Vielleichtauch <strong>de</strong>shalb, weil sie dadurch ihre eigene Politik <strong>de</strong>s faktischen Unterlaufens dieserFor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen - in <strong>de</strong>n achtziger Jahren waren stets mehrere tausend Armeeangehörige<strong>zu</strong> Hilfsdiensten in die Volkswirtschaft abkommandiert - notdürftigkaschieren konnte.General Naumann schreibt in <strong>de</strong>m von ihm herausgegebenen Buch „NVA - Anspruchund Wirklichkeit", die Ergebnisse <strong><strong>de</strong>r</strong> darin enthaltenen Studien resümierend: „So wiedie <strong>DDR</strong> sich in ihrer Sicherheitspolitik gänzlich in das sicherheitspolitische Konzept<strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR einfügte, so plante auch die <strong>DDR</strong> ihre Streitkräfteentwicklung undKriegsoperationen im Rahmen sowjetischer Vorgaben ... <strong>Die</strong> NVA war somit Teileiner nicht nur angriffsfähigen, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n konsequent auf Offensive ausgerichtetenmultinationalen Militärkoalition.“ (18)Das ist <strong>zu</strong>treffend. Möglicherweise aber hätte Generalfeldmarschall Helmut vonMoltke wie einst gesagt, daß dies die Wahrheit, nichts als die Wahrheit, die volleWahrheit, aber nicht die ganze Wahrheit sei.(19) <strong>Die</strong> erwähnte Passage ignoriertnämlich jene äußerst wichtige Aussage <strong><strong>de</strong>r</strong> gemeinsamen Militärdoktrin, die auch <strong><strong>de</strong>r</strong>Anlage aller Übungen <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA <strong>zu</strong>grun<strong>de</strong> lag: Es ist die Aufgabe <strong><strong>de</strong>r</strong> Streitkräfte, dieErrungenschaften <strong>de</strong>s Sozialismus <strong>zu</strong>verlässig <strong>zu</strong> schützen. <strong>Die</strong> Staaten <strong>de</strong>s WarschauerVertrages wer<strong>de</strong>n niemals <strong>de</strong>n Weg <strong><strong>de</strong>r</strong> Aggression beschreiten. Und erstdann folgt <strong><strong>de</strong>r</strong> Satz, daß die Streitkräfte im Falle einer Aggression <strong>de</strong>n Auftrag haben,diese auf<strong>zu</strong>halten, sie mit einer strategischen Offensive <strong>zu</strong> beantworten und <strong>de</strong>nAggressor auf seinem Territorium <strong>zu</strong> schlagen. (20)Es gehörte <strong>zu</strong>r Schizophrenie <strong>de</strong>s Kalten Krieges, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> einen Seite <strong>de</strong>n atomarenKrieg als nicht mehr führ- und gewinnbar <strong>zu</strong> erklären, auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite jedoch ineinem ununterbrochenen Prozeß vorhan<strong>de</strong>ne Waffen <strong>zu</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nisieren und neue,noch vernichten<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong>zu</strong> entwickeln. Das taten bekanntlich bei<strong>de</strong> Seiten, ebenso wiein Kommandostabsübungen, Manövern und Dokumenten <strong><strong>de</strong>r</strong> Zielplanung nicht nur


<strong><strong>de</strong>r</strong> Warschauer Vertrag, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch die NATO <strong>de</strong>n Kernwaffeneinsatz auf gegnerischesTerritorium vorsah. Während sich die Sowjetunion und ihre Verbün<strong>de</strong>tenin dieser schizophrenen Situation als nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage erwiesen, überzeugen<strong>de</strong>Konzepte <strong>de</strong>s Krisenmanagements <strong>zu</strong> entwickeln und damit ihre Militärdoktrin <strong>de</strong>nneuen Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nissen an<strong>zu</strong>passen, waren und sind die USA und die NATO damalsund bis heute nicht bereit, auf ihre Doktrin <strong>de</strong>s Kernwaffenerstschlages <strong>zu</strong> verzichten.Das Bedrohungsgefühl blieb auf bei<strong>de</strong>n Seiten immer gegenwärtig und erhielt auchimmer neue Nahrung. Künftige Forschungen wer<strong>de</strong>n uns genauere Auskunft darübergeben, wo es echte Grün<strong>de</strong> für diese Bedrohungsperzeption gab, wo und weshalbdie Situation auf <strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Seite falsch beurteilt wur<strong>de</strong> bzw. wo und weshalbman eine Gefahr von außen wi<strong><strong>de</strong>r</strong> besseres Wissen beschwor o<strong><strong>de</strong>r</strong> überhöhte.Auch diese Situation ist <strong>zu</strong> beachten, will man <strong>de</strong>n Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichteannähernd <strong>zu</strong>treffend bestimmen. Als weiterer Punkt <strong>zu</strong>r Markierung dieses Platzeswäre also <strong>zu</strong> nennen: <strong>Die</strong> NVA war eine Koalitionsarmee, von <strong><strong>de</strong>r</strong> Supermacht <strong>de</strong>sBündnisses dominiert und in ihre Militärdoktrin eingebun<strong>de</strong>n. In<strong>de</strong>m sie in <strong>de</strong>n Jahrzehnten<strong>de</strong>s Ost-West-Konflikts, in <strong>de</strong>m sich bei<strong>de</strong> Seiten von <strong><strong>de</strong>r</strong> jeweils an<strong><strong>de</strong>r</strong>enbedroht fühlten und <strong>de</strong>shalb ihre militärische Stärke als Mittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Abschreckung undFrie<strong>de</strong>nsbewahrung für notwendig hielten, ihren Beitrag <strong>zu</strong>r Komplettierung <strong>de</strong>sWarschauer Vertrages leistete, schuf sie Sicherheit für ihren Staat und trug <strong>zu</strong>rBewahrung <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns bei. (21)4. Staat und MachtverständnisIm Bedrohungsgefühl und im Sicherheitsbedürfnis <strong><strong>de</strong>r</strong> SED- und Staatsführungäußerte sich auch <strong><strong>de</strong>r</strong>en Machtverständnis. Einmal im Besitz <strong><strong>de</strong>r</strong> Macht, war sienicht bereit, sich diese durch <strong>de</strong>mokratische Wahlen in periodischen Abstän<strong>de</strong>nerneut legitimieren <strong>zu</strong> lassen o<strong><strong>de</strong>r</strong> sie nach <strong>de</strong>m Votum von Mehrheitsentscheidungenwie<strong><strong>de</strong>r</strong> ab<strong>zu</strong>geben. Stalinistisches Machtverständnis ließ in keinem Land <strong>de</strong>sWarschauer Paktes <strong>zu</strong>, daß sich die kommunistische Partei- und Staatsführungwirklich freien Wahlen stellte und damit <strong>de</strong>n Weg <strong>zu</strong> einem <strong>de</strong>mokratischen Machtwechselöffnete.Seit Gründung <strong><strong>de</strong>r</strong> Republik beanspruchte die SED die führen<strong>de</strong> Rolle in Staat undGesellschaft. Zur Begründung verwies sie vor allem auf <strong>de</strong>n vermeintlichen Charakter<strong><strong>de</strong>r</strong> Epoche als <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>s Übergangs vom Kapitalismus <strong>zu</strong>m Sozialismus, auf einedaraus abgeleitete historische Mission <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterklasse sowie darauf, daß sie<strong><strong>de</strong>r</strong>en mit einer wissenschaftlichen Weltanschauung ausgerüstete Vorhut sei. Mit <strong><strong>de</strong>r</strong>Annahme einer neuen Verfassung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> im Jahre 1968 avancierte dieser Anspruch<strong>zu</strong>m Verfassungsgrundsatz. Damit erhielt auch <strong><strong>de</strong>r</strong> ungeteilte Führungsanspruch<strong><strong>de</strong>r</strong> SED gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA verfassungsrechtliche Untermauerung.Doch was mit <strong>de</strong>m Begriff von <strong><strong>de</strong>r</strong> führen<strong>de</strong>n Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> Arbeiterklasse und ihrermarxistisch-leninistischen Partei umschrieben wur<strong>de</strong>, war in Wirklichkeit <strong>zu</strong>rautoritären Führung <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteispitze und <strong>de</strong>s Parteiapparates über die Gesellschaft -einschließlich <strong><strong>de</strong>r</strong> Mehrheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteimitglie<strong><strong>de</strong>r</strong> - gewor<strong>de</strong>n. Wie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunionbezeichnete man auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> als <strong>de</strong>mokratischen Zentralismus, was <strong>zu</strong> einembürokratischen <strong>de</strong>generierte. (22) In diesem System waren die Vorstellungen <strong>de</strong>sMachtzentrums Politbüro maßgebend dafür, was unter Demokratie <strong>zu</strong> verstehen sei.We<strong><strong>de</strong>r</strong> von Seiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Legislative noch <strong><strong>de</strong>r</strong> Exekutive und Jurisdiktive warenEntscheidungen <strong>de</strong>nkbar, die <strong>de</strong>n Auffassungen und <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik dieses Zentrums<strong>zu</strong>wi<strong><strong>de</strong>r</strong>liefen. Es herrschte über die I<strong>de</strong>ologie, war ausgestattet mit <strong>de</strong>m Monopol


<strong><strong>de</strong>r</strong> Situationsbeurteilung und überzeugt, stets die „richtige Entscheidung <strong>zu</strong>r rechtenZeit" <strong>zu</strong> treffen.Militärpolitische Fragen galten in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> wie in an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Staaten auch als Machtfragen.Doch im Unterschied <strong>zu</strong> <strong>de</strong>mokratischer Praxis ließ das Machtzentrum gera<strong>de</strong>auf diesem Gebiet keinerlei Abweichen von seinen autokratisch-zentralistischenSpielregeln <strong>zu</strong>. Grundlegen<strong>de</strong> militärpolitische Entscheidungen - laut Verfassung <strong><strong>de</strong>r</strong>Volkskammer sowie <strong>de</strong>n ihr rechenschaftspflichtigen Organen <strong>Nationale</strong>r Verteidigungsratund Ministerrat vorbehalten - fielen im Politbüro. Allerdings erfuhren siedanach in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel noch eine <strong>de</strong>m vorherrschen<strong>de</strong>n Demokratieverständnis entsprechen<strong>de</strong>Legitimation - innerhalb <strong><strong>de</strong>r</strong> SED durch Beschlüsse von Parteitagen,staatsrechtlich durch solche <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkskammer. Das muß zwar aus heutiger Erkenntnisin bei<strong>de</strong>n Gremien wohl mehr als ein nachträgliches Abnicken <strong>de</strong>nn als einesorgfältig und allseitig geprüfte eigene Entscheidung gewertet wer<strong>de</strong>n. Doch dasän<strong><strong>de</strong>r</strong>t nichts daran, daß sie damit nach <strong>DDR</strong>-Recht verfassungskonform und für alleStaatsorgane verbindlich waren.In Machtfragen zeigten sich das Politbüro und <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteiapparat auch gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong>eigenen Bevölkerung, selbst gegenüber <strong>de</strong>n Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Partei, kaum dialog- undnoch weniger kompromißbereit. Kritische Stimmen durchaus partei- bzw. systemverbun<strong>de</strong>nerBürger erhielten, vielfach mit <strong>de</strong>m Hinweis auf „notwendigeKlassenwachsamkeit", keine Gelegenheit, sich öffentlich Gehör <strong>zu</strong> verschaffen.Regimekritikern o<strong><strong>de</strong>r</strong> -gegnern begegnete die Staatsgewalt mit administrativen o<strong><strong>de</strong>r</strong>repressiven Maßnahmen. In Machtfragen war das Machtzentrum <strong>zu</strong> keinen Zugeständnissenbereit, auch nicht in Form von Reformen innerhalb <strong>de</strong>s Systems. Sowur<strong>de</strong>n - wie erst durch jüngste Forschungen bekannt gewor<strong>de</strong>n - schon <strong>zu</strong> Beginn<strong>de</strong>s Aufbaus <strong><strong>de</strong>r</strong> bewaffneten Kräfte alle Versuche <strong>zu</strong> <strong>de</strong>mokratischer Gestaltungihres Innenlebens - wie etwa <strong>zu</strong>r Schaffung einer Gewerkschaft <strong><strong>de</strong>r</strong> Volkspolizei o<strong><strong>de</strong>r</strong><strong>zu</strong>r Wahl von Vertrauensleuten – von Ulbricht und an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Mitglie<strong><strong>de</strong>r</strong>n <strong><strong>de</strong>r</strong> Parteiführung<strong>zu</strong>rückgewiesen. (23)Ihre Macht nicht antasten <strong>zu</strong> lassen, war Axiom <strong>de</strong>s Machtverständnisses <strong><strong>de</strong>r</strong> Führungenaller Staaten <strong>de</strong>s Warschauer Paktes. Das betrachteten sie als notwendigsowohl <strong>zu</strong>r Bewahrung <strong>de</strong>s inneren wie <strong>de</strong>s äußeren Frie<strong>de</strong>ns. Auf diesem Verständnisberuht auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschluß <strong>de</strong>s Politischen Beraten<strong>de</strong>n Ausschusses <strong><strong>de</strong>r</strong>Staaten <strong>de</strong>s Warschauer Vertrages über die Errichtung „eines stabilen Grenzregimes"an <strong><strong>de</strong>r</strong> Grenze zwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik. <strong>Die</strong> von <strong><strong>de</strong>r</strong><strong>DDR</strong> praktizierte Grenzsicherung gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik war in <strong><strong>de</strong>r</strong> Form nurmöglich, weil sie gera<strong>de</strong> so auch <strong>de</strong>n Sicherheitsvorstellungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunionentsprach.Dem Politischen Beraten<strong>de</strong>n Ausschuß folgend beschloß die Volkskammer dasGrenzgesetz. Es erklärte Anschläge auf die Staatsgrenze <strong>zu</strong> Anschlägen auf dieSouveränität <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n, also <strong>zu</strong> Verbrechen. Sie waren damit Straftatenim Sinne <strong>de</strong>s Strafgesetzbuches <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>. <strong>Die</strong> in ihm enthaltenen Schusswaffengebrauchsbestimmungenbesagten, daß die Schußwaffe <strong>zu</strong>r Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung solcherStraftaten „nur in solchen Fällen angewandt wer<strong>de</strong>n (darf), wenn die körperlicheEinwirkung ohne o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit Hilfsmitteln erfolglos blieb o<strong><strong>de</strong>r</strong> offensichtlich keinen Erfolgverspricht" (24). Das Gesetz war <strong><strong>de</strong>r</strong> Öffentlichkeit bekannt, das Grenzgebiet fürje<strong>de</strong>n sichtbar markiert.In Durchführung dieser Gesetze kamen Menschen <strong>zu</strong> Scha<strong>de</strong>n bzw. <strong>zu</strong> To<strong>de</strong>. Siewur<strong>de</strong>n <strong>zu</strong> Opfern <strong><strong>de</strong>r</strong> restriktiven Ausreisepolitik <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>-Führung und - wie auchAngehörige <strong><strong>de</strong>r</strong> Grenztruppen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> - <strong>zu</strong> Opfern <strong>de</strong>s Ost-West-Konflikts. Je<strong>de</strong>s


von ihnen war <strong>zu</strong>viel und ist <strong>zu</strong> bedauern. Es beruht jedoch auf einer Verkennung<strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtslage. wenn dafür jene Soldaten juristisch <strong>zu</strong>r Verantwortung gezogenwer<strong>de</strong>n, die durch ihr <strong>Die</strong>nst- und Treueverhältnis <strong>zu</strong>r Verhin<strong><strong>de</strong>r</strong>ung solcher Straftatenverpflichtet waren und dies im Sinne <strong><strong>de</strong>r</strong> exakten Vorgaben <strong><strong>de</strong>r</strong> Gesetzeveranlaßten o<strong><strong>de</strong>r</strong> taten. <strong>Die</strong>se Soldaten konnten davon ausgehen, daß die Maßnahmen<strong>de</strong>s 13. August 1961 als im Interesse <strong><strong>de</strong>r</strong> Erhaltung <strong>de</strong>s europäischenFrie<strong>de</strong>ns liegend auch von <strong>de</strong>n westlichen Regierungen toleriert wor<strong>de</strong>n waren, daßdie Vollversammlung <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen <strong>zu</strong> keiner Zeit Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruch gegen dieseRechtsakte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> erhoben und daß Erich Honecker als Vorsitzen<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>sStaatsrates <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und Helmut Kohl als Bun<strong>de</strong>skanzler <strong><strong>de</strong>r</strong> BRD am 12. März1985 bekräftigt hatten: „<strong>Die</strong> Unverletzlichkeit <strong><strong>de</strong>r</strong> Grenzen und die Achtung <strong><strong>de</strong>r</strong>territorialen Integrität und <strong><strong>de</strong>r</strong> Souveränität aller Staaten in Europa in ihren gegenwärtigenGrenzen sind eine grundlegen<strong>de</strong> Bedingung für <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n". (25)Nach außen äußerte sich das Machtverständnis <strong><strong>de</strong>r</strong> Partei- und Staatsführung <strong><strong>de</strong>r</strong><strong>DDR</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zustimmung <strong>zu</strong>r Breshnew-Doktrin. Ulbricht und Honecker bewerteten -wie auf <strong>de</strong>m Seminar <strong><strong>de</strong>r</strong> Molinari-Stiftung <strong>zu</strong>r Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in internationalenKrisen- und Konfliktsituationen (26) nachgewiesen - Reformversuche auch in <strong>de</strong>n„realsozialistischen" Nachbarlän<strong><strong>de</strong>r</strong>n als existentielle Bedrohung für die <strong>DDR</strong> und<strong>de</strong>n Sozialismus. Deshalb z.B. unterstützten sie die völkerrechtswidrige Intervention<strong>de</strong>s Warschauer Vertrages gegen die CSSR im Jahre 1968 nicht nur politischdiplomatisch,son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch dadurch, daß sie zwei Divisionen <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA inBereitstellungsräume auf <strong>de</strong>m Territorium <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> nahe <strong><strong>de</strong>r</strong> Grenze <strong>zu</strong>r CSSRverlegten und zeitweilig unmittelbar sowjetischem Kommando unterstellten. Deshalbauch gehörte Honecker 1980 neben Breshnew, Husak und Shiwkow <strong>zu</strong> <strong>de</strong>n ParteiundStaatschefs <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerstaaten <strong>de</strong>s Warschauer Vertrages, die einemilitärische Intervention in Polen für <strong>de</strong>n Fall für notwendig erachteten, daß es <strong><strong>de</strong>r</strong>polnischen Führung nicht selbst gelingt, die Situation in ihrem Lan<strong>de</strong> im Sinne„realsozialistischer" Verhältnisse <strong>zu</strong> stabilisieren. Doch auch hier blieb <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA wie1968 <strong><strong>de</strong>r</strong> Befehl <strong>zu</strong>m Einmarsch in ein verbün<strong>de</strong>tes Land - nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Breshnew-Doktrin eine "internationalistische Hilfeleistung“ - erspart.Hier ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Platz <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte mit einem weiteren Punkt <strong>zu</strong> markieren:Der Charakter <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA als <strong>Volksarmee</strong> und ihr frie<strong>de</strong>nspolitischer Auftrag nahmenScha<strong>de</strong>n durch die Entwicklung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> <strong>zu</strong> einem diktatorisch geführten Obrigkeitsstaatund das Machtverständnis seiner Führung. Zwar betrieb sie eine vom Volkmitgetragene Politik <strong>zu</strong>r Gewährleistung <strong><strong>de</strong>r</strong> Sicherheit und <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns, beeinträchtigteund beschädigte diese aber selbst durch un<strong>de</strong>mokratische bzw. völkerrechtswidrigeMaßnahmen o<strong><strong>de</strong>r</strong> Vorhaben <strong>zu</strong>r Sicherung ihrer machtpolitischenExistenz. Das wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in dieser Deutlichkeit nicht erkannt. So steht dieNVA auch für <strong>de</strong>n Schutz eines Staates, <strong><strong>de</strong>r</strong> autoritär statt <strong>de</strong>mokratisch regiertwur<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ssen Führung sich einer <strong>de</strong>mokratischen Gewaltenteilung undMachtkontrolle entzog. Sie erfüllte ihren Verfassungsauftrag in einem Staat, <strong><strong>de</strong>r</strong> seineBürger flächen<strong>de</strong>ckend überwachen ließ, <strong><strong>de</strong>r</strong> ihnen gewichtige politischeMenschenrechte - z.B. das auf freie Ausreise - verweigerte und <strong><strong>de</strong>r</strong> gegen An<strong><strong>de</strong>r</strong>s<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>mit Repressalien und Verfolgung vorging.5. Persönliche MotiveEs war schmerzlich, die Fehlentwicklung <strong>de</strong>s Staates und das stalinistische Machtverständnissowie <strong><strong>de</strong>r</strong>en Konsequenzen für die NVA erkennen <strong>zu</strong> müssen. Wohl diemeisten <strong><strong>de</strong>r</strong> ehemaligen Soldaten haben sich schon wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt gefragt, warum sie


diese Entwicklung nicht früher erkannten, sich nicht dagegen auflehnten o<strong><strong>de</strong>r</strong> etwagar <strong>de</strong>n <strong>Die</strong>nst quittierten. Auch Bürger, die nicht in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> gelebt haben, stellenihnen diese Frage. Nicht selten lautet sie mit entrüstetem Unterton: „Wie konnten Sienur?" Und unausgesprochen hört man heraus: „Mir wäre das nicht passiert."Vielfältig waren die persönlichen Motive für die Aufnahme <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nstes als Berufssoldatin <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA. Sie reichten von <strong><strong>de</strong>r</strong> aus verschie<strong>de</strong>nen Quellen gespeistenHoffnung, eine grundlegen<strong>de</strong> Wen<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Militärgeschichte mitgestalten<strong>zu</strong> können bis <strong>zu</strong>r Suche nach einem Arbeitsplatz, <strong><strong>de</strong>r</strong> bei <strong>de</strong>n einen persönlichenNeigungen entgegenkam, an<strong><strong>de</strong>r</strong>en einfach <strong>de</strong>n Lebensunterhalt gewährleistete.Auch für die z.T. jahrzehntelange Ausübung dieses <strong>Die</strong>nstes sind die persönlichenMotive vielfältig. Mit Sicherheit aber spielte das Motiv Frie<strong>de</strong>nsbewahrung bei nahe<strong>zu</strong>allen Berufssoldaten eine zentrale Rolle. <strong>Die</strong>ses Motiv war nicht „verordnet", eswar auch nicht nur durch Indoktrination aufgenommen, es entsprach <strong>de</strong>m Denkenund Fühlen, <strong><strong>de</strong>r</strong> Hoffnung und meist auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Überzeugung dieser Soldaten.Ich will die Frage nach <strong>de</strong>m persönlichen Motiv <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nstes in <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA nicht füran<strong><strong>de</strong>r</strong>e beantworten, da je<strong><strong>de</strong>r</strong> darauf seine persönliche Antwort geben kann undmuß. Für mich aber möchte ich antworten. Zum entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Einschnitt in meinemLeben wur<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Zweite Weltkrieg mit <strong><strong>de</strong>r</strong> sich anschließen<strong>de</strong>n Kriegsgefangenschaftin <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion. Schon das Kriegserlebnis selbst, mehr noch aberdas nachträglich erlangte Wissen um <strong>de</strong>n Charakter und die Ziele dieses vonHitler<strong>de</strong>utschland entfesselten Krieges sowie um die gegenüber an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Völkern,vor allem <strong>de</strong>nen <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR, Polens und Jugoslawiens begangenen Verbrechenentsetzten und beschämten mich <strong>zu</strong>tiefst. Man hatte uns Soldaten für verbrecherischeZiele mißbraucht. Das sollte mir nie wie<strong><strong>de</strong>r</strong> passieren. Und dann kam dieBekanntschaft mit <strong>de</strong>m Marxismus-Leninismus. <strong>Die</strong> Hoffnung auf eine neue Welt tatsich vor mir auf, auf eine Welt <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialen Gerechtigkeit und <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns.Ernst Nolte - <strong><strong>de</strong>r</strong> Sympathie für <strong>de</strong>n Marxismus unverdächtig - schreibt in seinemBuch „Geschichts<strong>de</strong>nken im 20. Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t": „Der Marxismus war eine Geschichtsauffassung,die sich von allen an<strong><strong>de</strong>r</strong>en dadurch unterschied, daß sie <strong>zu</strong>m enthusiastischenGlauben einer großen Anzahl von Menschen und <strong>zu</strong> einer politischenBewegung wur<strong>de</strong>." Der Marxismus war diejenige Geschichtsphilosophie, die nichtnur lebendig blieb, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die eine überwältigen<strong>de</strong> Aktivität auslöste, weil „sie dieHoffnungen zahlloser Menschen auf sich <strong>zu</strong> ziehen wußte". (27)Ausgerüstet mit dieser Geschichtsauffassung, mit <strong>de</strong>m Wissen um zwei auf <strong>de</strong>mBo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Imperialismus entstan<strong>de</strong>ne Weltkriege und mit meinen persönlichenErfahrungen aus <strong>de</strong>m zweiten dieser Kriege gehörte auch ich <strong>zu</strong> jenen Menschen,die nicht nur auf eine neue, bessere Gesellschaft hofften, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n an die Möglichkeit,sie <strong>zu</strong> errichten, glaubten. Als Weg dahin war mir nur einer bekannt gewor<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong>,<strong>de</strong>n man <strong>de</strong>n sozialistischen nannte. Und als die <strong>DDR</strong> diesen Weg einschlug, dakonnte auch ich mich <strong><strong>de</strong>r</strong> Auffassung anschließen, daß sie <strong>de</strong>s bewaffnetenSchutzes <strong>zu</strong> ihrer Entwicklung bedurfte. Waren nicht das Schicksal <strong><strong>de</strong>r</strong> PariserKommune und <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Novemberrevolution, die ausländische militärischeIntervention gegen die junge Sowjetmacht und <strong><strong>de</strong>r</strong> Überfall Hitler<strong>de</strong>utschlands aufdie Sowjetunion ausreichend Bestätigung dafür?Ich wur<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> Soldat, weil ich in ihr eine legitime Alternative <strong>zu</strong> einem imperialistischenDeutschland, vor allem <strong>zu</strong>m vorangegangenen NS-Staat sah. Angesichts<strong><strong>de</strong>r</strong> aus <strong>de</strong>m Ost-West-Konflikt erwachsen<strong>de</strong>n Kriegsgefahr und einesmilitanten Antikommunismus hielt ich die <strong>DDR</strong> für verteidigungsbedürftig und wegen


ihres Anspruchs als Arbeiter-und-Bauern-Macht sowie ihres Frie<strong>de</strong>nsbekenntnissesfür verteidigungswürdig.Ein General <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr, <strong>de</strong>ssen soldatischer Wer<strong>de</strong>gang <strong>zu</strong>r selben Zeit un<strong>de</strong>benso wie <strong><strong>de</strong>r</strong> meine begann, <strong><strong>de</strong>r</strong> aber seine „reeducation “ in <strong>de</strong>n USA erhielt unddanach ein Studium <strong><strong>de</strong>r</strong> Politikwissenschaft in <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik absolvierte, sagtemir in einem Gespräch: „Ich kann nicht ausschließen, daß ich unter Ihren Bedingungen<strong>de</strong>n gleichen Weg wie Sie gegangen wäre."<strong>Die</strong> NVA betrachtete ich als Ausdruck einer Wen<strong>de</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Militärgeschichte.<strong>Die</strong>ser Staat <strong>DDR</strong> wür<strong>de</strong> seine Armee nicht für Aggressionen um Kohleund Öl und auch nicht für rasseni<strong>de</strong>ologische Vernichtungsfeldzüge mißbrauchen.Sie wür<strong>de</strong> das <strong>zu</strong> verteidigen haben, was uns als Errungenschaft galt: dasgesellschaftliche Eigentum an <strong>de</strong>n grundlegen<strong>de</strong>n Produktionsmitteln, die sozialeSicherheit und ein bezahlbares Dach über <strong>de</strong>m Kopf für alle, die kostenlose medizinischeBetreuung ebenso wie die kostenlose Schul- und Hochschulbildung, einenArbeitsplatz für je<strong>de</strong>n, <strong><strong>de</strong>r</strong> ihn wollte, Kitas und Jugendclubs, ein beachtliches Maßan Solidarität und an Kollegialität im Arbeitskollektiv u.a.m.Heute weiß ich, wie teuer manches davon erkauft wur<strong>de</strong>, wie es vor allem mit einemVerlust an Demokratie und fehlen<strong><strong>de</strong>r</strong> Bereitschaft <strong>zu</strong> notwendigen politischen undökonomischen Reformen bezahlt wer<strong>de</strong>n mußte. Doch damals gehörten diese Dinge<strong>zu</strong> <strong>de</strong>m, was die <strong>DDR</strong> für uns verteidigungswert machte. Erst allmählich lernte ichauch begreifen, wie trügerisch Hoffnungen sein und wie unkritisch Überzeugungenmachen können. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Zwischenzeit mußte ich erkennen, daß mich meine Hoffnungin manchem getrogen hat und daß ich gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Weltanschauung, die ich alseine wissenschaftliche akzeptierte, sowie gegenüber <strong><strong>de</strong>r</strong> Politik <strong><strong>de</strong>r</strong> SED in einemMaße unkritisch wur<strong>de</strong>, das mich noch immer betroffen macht.Mein Glaube an <strong>de</strong>n Staat <strong>DDR</strong> als Alternative wur<strong>de</strong> auch dann noch nichtgebrochen, als ich erkennen mußte, daß er sich in manchem von seinem sozialistischenAnspruch entfernte. Das war nach meiner damaligen Ansicht weniger o<strong><strong>de</strong>r</strong>kaum systembedingt, vielmehr die Folge entwe<strong><strong>de</strong>r</strong> von Umstän<strong>de</strong>n, die ihn da<strong>zu</strong>zwangen, o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber einer fehlerhaften Politik <strong><strong>de</strong>r</strong> selbstgefälligen und überaltertenPartei- und Staatsführung. Ich hielt <strong>de</strong>n Staat noch für reformfähig. An seinemFrie<strong>de</strong>nswillen und seiner Frie<strong>de</strong>nsbereitschaft zweifelte ich nicht.Mit <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlußakte von Helsinki 1975 verband ich die Hoffnung, daß die Regierung<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> nun auch die Bestimmungen <strong>de</strong>s Korbes drei <strong><strong>de</strong>r</strong> Schlußakte von Helsinkieinhalten und es international <strong>zu</strong> wirklicher Abrüstung und durchgreifen<strong><strong>de</strong>r</strong> Entspannungkommen wür<strong>de</strong>. Meine Enttäuschung, daß sich diese Hoffnungen nichterfüllten, war groß. Doch die Ursachen dafür sah ich nicht nur in <strong><strong>de</strong>r</strong> Halsstarrigkeiteiner reformunwilligen <strong>DDR</strong>-Führung sowie in <strong>de</strong>n sowjetischen SS 20 und <strong><strong>de</strong>r</strong>Intervention <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR in Afghanistan. Ich sah sie entschie<strong>de</strong>n mehr im erneutenÜbergang <strong><strong>de</strong>r</strong> Carter-Administration auf Konfrontationskurs, in <strong><strong>de</strong>r</strong> von <strong>de</strong>n USAbetriebenen nuklearen Hochrüstung, sowie in <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterstüt<strong>zu</strong>ng dieses Kurses durchmaßgebliche politische Kreise <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik. Eine erneute Bestätigung meinesGlaubens an <strong>de</strong>n frie<strong>de</strong>nsbewahren<strong>de</strong>n Auftrag <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA erhielt ich, als <strong><strong>de</strong>r</strong>Vorsitzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>s <strong>Nationale</strong>n Verteidigungsrates <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> <strong>zu</strong> Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong> AchtzigerJahre erklärte: „Jetzt erst recht alles für <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n", und als er amerikanische wiesowjetische Atomwaffen meinte mit <strong><strong>de</strong>r</strong> For<strong><strong>de</strong>r</strong>ung: „Weg mit <strong>de</strong>m Teufelszeug."Erst als ich erkennen mußte, daß die politische Führung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>zu</strong> notwendigenReformen im Innern <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s we<strong><strong>de</strong>r</strong> fähig noch willens war und daß die immer


offenkundiger wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Krise <strong>de</strong>s Regimes auch systembedingte Ursachen hatte,gehörte ich gemeinsam mit Persönlichkeiten wie <strong>de</strong>n Schriftstellern Christa Wolf undStephan Heym, <strong>de</strong>n Künstlern Frank Beyer und Tamara Danz, <strong>de</strong>n TheologenFriedrich Schorlemmer und Günter Krusche, <strong>de</strong>n Bürgerrechtlern Sebastian Pflugbeilund Ulrike Poppe sowie an<strong><strong>de</strong>r</strong>en <strong>zu</strong> <strong>de</strong>n Erstunterzeichnern <strong>de</strong>s Aufrufs in <strong>de</strong>m eshieß: „Wie wir bisher gelebt haben, können und wollen wir nicht mehr leben." Wirsprachen uns für eine grundlegen<strong>de</strong> Reform <strong>de</strong>s Staates aus und riefen da<strong>zu</strong> auf,„eine solidarische Gesellschaft <strong>zu</strong> entwickeln, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Frie<strong>de</strong>n und soziale Gerechtigkeit,Freiheit <strong>de</strong>s Einzelnen, Freizügigkeit aller und die Bewahrung <strong><strong>de</strong>r</strong> Umweltgewährleistet sind." (28) Doch dafür war es - wie sich schließlich herausstellte - <strong>zu</strong>spät.Ich habe mich seither wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt auch nach persönlichem Irrtum und persönlicherMitverantwortung sowie danach gefragt. ob ich mich nicht vorher schon <strong>de</strong>m Systemhätte verweigern müssen. Dabei stieß ich beim Lesen <strong>de</strong>s Lebensberichts eineshöheren Offiziers <strong><strong>de</strong>r</strong> Wehrmacht auf Passagen, die ich hier nicht <strong>zu</strong>r Rechtfertigung<strong><strong>de</strong>r</strong> Berufsoffiziere <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA, wohl aber <strong>zu</strong>m Nach<strong>de</strong>nken für jene zitiere, die sievorwurfsvoll fragen: „Wie konnten Sie nur ... ?" o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Warum haben Sie diesemSystem keinen Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stand geleistet?".Der Autor schreibt, daß er Anfang 1942 noch „gedämpftes Vertrauen" in die obersteFührung <strong>de</strong>s Reiches gehabt habe, sein Urteil aber <strong>zu</strong>nehmend skeptischergewor<strong>de</strong>n sei. Als Grün<strong>de</strong> nennt er u.a. „die je<strong><strong>de</strong>r</strong> Vernunft wi<strong><strong>de</strong>r</strong>sprechen<strong>de</strong>n Entscheidungenvon höchster Stelle", die ihm bekannt gewor<strong>de</strong>nen Kriegsverbrechen,die er umschreibt als „Vorgänge in <strong>de</strong>n rückwärtigen Gebieten, die nicht nur dassoldatische Anstandsgefühl verletzten, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch gegen die Moral und dasVölkerrecht verstießen“. sowie „die für uns <strong>zu</strong>nehmend erkennbare Amoralität <strong><strong>de</strong>r</strong>Führung".(29)Auf die ihn selbst quälen<strong>de</strong> Frage, warum er bis <strong>zu</strong>m bitteren En<strong>de</strong> diente, gibt erfolgen<strong>de</strong> Antwort: „Ich habe mich <strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> mir anerzogenen und überlieferten Pflichterfüllungentschie<strong>de</strong>n. Viele Ältere und Jüngere, auch Gegner <strong>de</strong>s Regimes, habendas Gleiche getan. Geprägt von Begriffen <strong><strong>de</strong>r</strong> Vaterlandsliebe und <strong>de</strong>s <strong>Die</strong>nstes amGemeinwohl, glaubten wir, inmitten eines Krieges, auch wenn er sich <strong>de</strong>m En<strong>de</strong><strong>zu</strong>neigte, nicht 'aussteigen' <strong>zu</strong> dürfen, uns <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflichterfüllung nicht entziehen <strong>zu</strong>können. " (30) Das Buch trägt <strong>de</strong>n Titel "In <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflicht“. Sein Autor ist <strong><strong>de</strong>r</strong> spätereGeneralinspekteur <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr, Ulrich <strong>de</strong> Maiziere.Auch die Berufssoldaten <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> entschie<strong>de</strong>n sich für Pflichterfüllung gegenüberihrem Staat. Sie taten das, weil er sich <strong>zu</strong> einer Politik <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns und <strong><strong>de</strong>r</strong> sozialenGerechtigkeit bekannte, weil er Freiheit und Menschenwür<strong>de</strong> nicht an <strong>de</strong>n Maßstäbeneiner profitorientierten Gesellschaftsordnung messen wollte, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n an<strong>de</strong>nen einer auf gesellschaftlichem Eigentum beruhen<strong>de</strong>n (wobei ihnen erst nach1990 <strong><strong>de</strong>r</strong> Unterschied zwischen gesellschaftlichem und Staatseigentum bewußtwur<strong>de</strong>). <strong>Die</strong>ser Staat hatte sie nicht in einen verbrecherischen Krieg verstrickt, hattekeinen Holocaust in Szene gesetzt, hatte nicht Hun<strong><strong>de</strong>r</strong>ttausen<strong>de</strong> in KZs einsperrenund ermor<strong>de</strong>n lassen. Er for<strong><strong>de</strong>r</strong>te von ihnen die Erfüllung eines Verfassungsauftragesund eingegangener Bündnispflichten, die in Übereinstimmung mit <strong><strong>de</strong>r</strong>Charta <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Nationen und <strong>de</strong>m Völkerrecht stan<strong>de</strong>n.Nach <strong>de</strong>m Scheitern dieses Staates hatten auch seine Berufssoldaten Zeit undMöglichkeit, ihr Selbstverständnis von <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und ihrer NVA einer kritischenPrüfung <strong>zu</strong> unterziehen. Dabei wur<strong>de</strong> vielen von ihnen bewußt, daß <strong><strong>de</strong>r</strong> Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>spruchzwischen i<strong>de</strong>alsozialistischem Anspruch und realsozialistischer Wirklichkeit tiefer und


grundsätzlicher war, als sie ihn bisher wahrgenommen hatten. So sehen sie sichheute nicht mehr in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage, die willkürliche Einschränkung <strong>de</strong>mokratischer Rechteund Freiheiten, die Verlet<strong>zu</strong>ng bzw. Verweigerung bestimmter politischerMenschenrechte sowie begangenes Unrecht gegenüber An<strong><strong>de</strong>r</strong>s<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n mitangeblichen Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>nissen <strong>de</strong>s Klassenkampfes <strong>zu</strong> begrün<strong>de</strong>n und <strong>zu</strong> rechtfertigen.Sie gelangten auch <strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> bitteren Einsicht, daß ihr <strong>Die</strong>nst nicht nur <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>sFrie<strong>de</strong>ns und <strong>de</strong>ssen galt, was Bürgern <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> sozialistische Errungenschaftenwaren, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n auch <strong>de</strong>m Schutz eines staatenübergreifen<strong>de</strong>n Systems, das einstalinistisches war und das im Interesse seiner Machterhaltung sowohl in <strong><strong>de</strong>r</strong> Außenwiein <strong><strong>de</strong>r</strong> Innenpolitik auch <strong>zu</strong>m Mittel <strong><strong>de</strong>r</strong> Androhung und Anwendung militärischerGewalt griff.Der Prozeß kritischen Nach<strong>de</strong>nkens über <strong>de</strong>n Staat <strong>DDR</strong> und <strong>de</strong>ssen Politik sowieüber <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> und <strong>de</strong>n Sinn militärischen <strong>Die</strong>nstes unter <strong>de</strong>nGegebenheiten <strong><strong>de</strong>r</strong> Sinnkrise <strong>de</strong>s Krieges hatte unter <strong>de</strong>n Berufssoldaten allerdingsnicht erst im Herbst 1989 eingesetzt. Als ausschlaggebend hierfür erwiesen sichimmer <strong>de</strong>utlicher sichtbare Krisenerscheinungen im Sozialismus und die Sinnkrise<strong>de</strong>s Krieges.Den Berufssoldaten war <strong><strong>de</strong>r</strong> Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> Entfremdung einer wachsen<strong>de</strong>n Zahl <strong><strong>de</strong>r</strong>Bürgerinnen und Bürger von ihrem Staat seit <strong>de</strong>n Achtziger Jahren nicht entgangen.Auch sie erkannten o<strong><strong>de</strong>r</strong> spürten eine krisenhafte Entwicklung. die mehr war alsbloßer Ausdruck von vorübergehen<strong>de</strong>n Schwierigkeiten. Es war eine Wertekrise <strong>de</strong>sSozialismus, die alle realsozialistischen Staaten erfaßt hatte und Ausdruck <strong><strong>de</strong>r</strong>Fehlentwicklung <strong>de</strong>s Systems, <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftlichen Stagnation und <strong><strong>de</strong>r</strong> (in <strong>de</strong>neinzelnen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n unterschiedlich ausgeprägten) Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit ihrerFührungen <strong>zu</strong> grundlegen<strong>de</strong>n ökonomischen und politischen Reformen. <strong>Die</strong> vorallem mit <strong>de</strong>m Namen von Gorbatschow verbun<strong>de</strong>ne Politik von Glasnost undPerestroika schien eine Überwindung <strong><strong>de</strong>r</strong> Krise <strong>zu</strong> ermöglichen. Als sich dann aberdie Führung <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> dieser Politik verweigerte und keinerlei Bereitschaft <strong>zu</strong>notwendigen Reformen zeigte, da verstärkte gera<strong>de</strong> dies auch unter Berufssoldatendas Verlangen nach ebensolchen Reformen.Über die Sinnkrise <strong>de</strong>s Krieges wur<strong>de</strong> unter Offizieren schon seit Beginn <strong><strong>de</strong>r</strong>Achtziger Jahre diskutiert. Anfangs gab es aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Führung <strong>de</strong>s Ministeriums für<strong>Nationale</strong> Verteidigung heftige Wi<strong><strong>de</strong>r</strong>stän<strong>de</strong> gegen eine öffentliche Diskussion <strong>de</strong>sProblems, weil sie als nachteilig für die Verteidigungsbereitschaft angesehen wur<strong>de</strong>.Doch an <strong><strong>de</strong>r</strong> Einsicht, das in einem Krieg <strong><strong>de</strong>r</strong> Systeme, noch da<strong>zu</strong> unter Einsatz vonKernwaffen, keines von bei<strong>de</strong>n überleben wür<strong>de</strong>, daß also ein solcher Krieg sinnloswäre, weil er vernichten wür<strong>de</strong>, was man <strong>zu</strong> schützen vorhatte, führte kein Wegvorbei. Von dort war es zwar nicht mehr weit, aber <strong>de</strong>nnoch kein einfacher Weg bis<strong>zu</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Konsequenz, daß das Wichtigste nicht mehr die eigene Sicherheit aufmöglichst hohem Niveau, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n die gemeinsame Sicherheit auf möglichst niedrigemNiveau sein müsse. <strong>Die</strong> neue Militärdoktrin <strong>de</strong>s Warschauer Vertrages entsprachdieser Konsequenz. Sie machte nun auch gewissermaßen „bündnisamtlich“<strong>de</strong>n Weg frei für die Verabschiedung von Feindbild und Haßerziehung. (31)In <strong>de</strong>m Maße, wie <strong>de</strong>n Berufssoldaten die Wertekrise <strong>de</strong>s Sozialismus und dieSinnkrise <strong>de</strong>s Krieges bewußt wur<strong>de</strong>n und sie die Unfähigkeit o<strong><strong>de</strong>r</strong> Unwilligkeit <strong><strong>de</strong>r</strong>politischen Führung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s <strong>zu</strong> grundlegen<strong>de</strong>n Reformen erkannten, verringertesich auch ihr Vertrauen in diese Führung und ihre Bereitschaft, dieser weiterhinGefolgschaft <strong>zu</strong> leisten. So stellten diese Erkenntnisprozesse „eine geistige Vorbedingungfür das Verhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>mokratischen Revolution" von 1989 dar.(32) Nicht nur Wehrpflichtige. auch Berufssoldaten hatten die Notwendigkeit von


Reformen in Staat und Armee erkannt. Sie brachten auch Vorschläge dafür ein, soz.B. über eine Militärdoktrin <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> und <strong>zu</strong>r Demokratisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA. Siebegannen auch mit <strong><strong>de</strong>r</strong>en Umset<strong>zu</strong>ng, doch die Zeit reichte nicht, um über ersteAnsätze hinaus <strong>zu</strong> kommen. (33)An dieser Stelle sei ein letzter Punkt <strong>zu</strong>r Markierung <strong>de</strong>s Platzes <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong>Geschichte genannt: In <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA wur<strong>de</strong> die Notwendigkeit grundlegen<strong><strong>de</strong>r</strong> Reformenin Staat und Gesellschaft erkannt. Zwar wur<strong>de</strong> die Armee kein Motor dieser Reformen,marschierte sie nicht im Geiste Schamhorsts an <strong><strong>de</strong>r</strong> Spitze <strong>de</strong>s Fortschritts,aber sie begann mit Reformen an sich selbst und war - einge<strong>de</strong>nk ihres Namens„<strong>Volksarmee</strong>" - we<strong><strong>de</strong>r</strong> bereit noch willens, sich <strong>de</strong>m Prozeß <strong><strong>de</strong>r</strong> gesellschaftlichenUmgestaltung <strong>zu</strong> wi<strong><strong>de</strong>r</strong>setzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> gar mit militärischer Gewalt gegen das eigeneVolk vor<strong>zu</strong>gehen. Sie erhielt von ihrer politischen Führung auch keinen Befehl da<strong>zu</strong>.Und als die letzte Volkskammer <strong>de</strong>n Beitritt <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> <strong>zu</strong>r Bun<strong>de</strong>srepublik beschloß,da war es - nach <strong>de</strong>n Worten von Egon Bahr – „<strong><strong>de</strong>r</strong> Stolz dieser Armee, sichgeordnet und diszipliniert ein<strong>zu</strong>bringen o<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>zu</strong> übergeben o<strong><strong>de</strong>r</strong> sich auf<strong>zu</strong>lösen,je<strong>de</strong>nfalls ihre Geschichte <strong>zu</strong> been<strong>de</strong>n.“ (34)Ich erhebe mit <strong>de</strong>n von mir genannten Punkten <strong>zu</strong>r Markierung <strong>de</strong>s Platzes <strong><strong>de</strong>r</strong> NVAin <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Doch ich glaube, sie allegehören <strong>zu</strong>r Bestimmung dieses Platzes.<strong>Anmerkungen</strong>1. Weißbuch <strong>zu</strong>r Sicherheit <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>srepublik Deutschland und <strong>zu</strong>r Lage undZukunft <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr, o. O. 1994, S. 15 ff.2. J. Schönbohm: Vorwort. In: NVA. Ein Rückblick für die Zukunft, hrsg. vonManfred Backerra, Köln 1992, S. 6.3. Siehe hier<strong>zu</strong> H.-M.. Bernhardt: Vorausset<strong>zu</strong>ngen, Struktur und Funktion vonFeindbil<strong><strong>de</strong>r</strong>n. In: Feindbil<strong><strong>de</strong>r</strong> in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>utschen Geschichte, hrsg. von Ch. Jahr/U.Mai/K. Roller, Berlin 1994, S. 19 ff.; siehe auch A. Ostermann/H. Nicklas:Vorurteile und Feindbil<strong><strong>de</strong>r</strong>. München/Berlin/Wien 1976; Feindbild. Geschichte –Dokumentation – Problematik, hrsg. von G. Wagenlehner, Frankfurt a.M. 1989.4. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Erklärung „Über die Militärdoktrin <strong><strong>de</strong>r</strong> Teilnehmerstaaten <strong>de</strong>s WarschauerVertrages heißt es: „Sie betrachten keinen Staat und kein Volk als ihren Feind."Zitiert nach <strong>Volksarmee</strong>, Nr. 23/1987.5. So Generalleutnant von Scheven, zitiert nach: W. Scheler: (Ost)DeutscheSoldaten im geistigen Umbruch. In: Interdisziplinärer WissenschaftsbereichSicherheit (IWBS), Arbeitspapiere Heft 3, hrsg. von <strong><strong>de</strong>r</strong> Militäraka<strong>de</strong>mie „FriedrichEngels" 1990, S. 9.6. ·Erbe NVA - Eindrücke aus ihrer Geschichte und <strong>de</strong>n Tagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Wen<strong>de</strong>, hrsg.von <strong><strong>de</strong>r</strong> Aka<strong>de</strong>mie für Information und Kommunikation <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr, München1992; Armee für Frie<strong>de</strong>n und Sozialismus - <strong>Die</strong> Geschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> bewaffnetenOrgane <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>, hrsg. von <strong><strong>de</strong>r</strong> Universität <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr, München 1992.7. ·R. Eppelmann: Wen<strong>de</strong>wege. Briefe an die Familie, hrsg. von D. Herbst,Bonn/Berlin 1992; W.E. Ablaß: Zapfenstreich. Von <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA <strong>zu</strong>r Bun<strong>de</strong>swehr,Düsseldorf 1992; NVA. Ein Rückblick in die Zukunft, hrsg. von Manfred Backerra,Köln 1992; J. Schönbohm: Zwei Armeen und ein Vaterland. Das En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong>


<strong>Nationale</strong>n <strong>Volksarmee</strong>. Berlin 1992; Ein Staat - eine Armee. Von <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA <strong>zu</strong>rBun<strong>de</strong>swehr, hrsg. von D. Farwick, Frankfurt a.M./Bonn 1992; Abenteuer Einheit.Zum Aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Bun<strong>de</strong>swehr in <strong>de</strong>n neuen Län<strong><strong>de</strong>r</strong>n, hrsg. von H.-P. Kirchbach/M.Meyers/V.Vogt, Frankfurt a.M./Bonn 1992;H.-J. Gießmann : Das unliebsamErbe. <strong>Die</strong> Auflösung <strong><strong>de</strong>r</strong> Militärstruktur <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>, Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n 1992; <strong>Die</strong><strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong>. Beiträge <strong>zu</strong> Selbstverständnis und Geschichte <strong>de</strong>s<strong>de</strong>utschen Militärs von 1945 – 1990, hrsg. von D. Bald, Ba<strong>de</strong>n- Ba<strong>de</strong>n 1992;NVA - Anspruch und Wirklichkeit, hrsg. von K. Naumann, Berlin/Bonn/Herford1993; <strong>Volksarmee</strong> schaffen - ohne Geschrei. Studien <strong>zu</strong> <strong>de</strong>n Anfängen einer„ver<strong>de</strong>ckten Aufrüstung' in <strong><strong>de</strong>r</strong> SBZ/<strong>DDR</strong> 1947 - 1952, hrsg. von B. Thoß,München 1994.8. NVA – Anspruch, wie Anmerkung 7,S. 9.9. D. Schössler: Kurze Betrachtung <strong><strong>de</strong>r</strong> Geschichte und <strong>de</strong>s Selbstverständnisses<strong><strong>de</strong>r</strong> NVA. In: Erbe NVA, wie Anm. 6, S. 5 ff.10. P.-J. Lapp: <strong>Die</strong> NVA 1956 - 1990. Expertise für die Enquete-Kommission„Aufarbeitung von Geschichte und Folgen <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Diktatur in Deutschland“,Köln 1993, S. 68 f.11. Voltaire in Brief an Valentin Philippe <strong>de</strong> Rocheret vom 14. April 1772.12. Siehe Zeittafel <strong>zu</strong>r Militärgeschichte <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong> 1949 -1988, 2. Aufl., Berlin 1988, S.30 f.13. Deklaration <strong><strong>de</strong>r</strong> Außenminister Albaniens, Bulgariens, Jugoslawiens, Polens,Rumäniens, <strong><strong>de</strong>r</strong> Tschechoslowakei, Ungarns und <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR vom 24. Juni 1948.In: Dokumente <strong>zu</strong>r Deutschlandpolitik <strong><strong>de</strong>r</strong> Sowjetunion, Bd. 1, hrsg. vomDeutschen Institut für Zeitgeschichte, Berlin 1957, S. 183 ff., Entwurf <strong><strong>de</strong>r</strong>Grundlagen eines Frie<strong>de</strong>nsvertrages mit Deutschland, unterbreitet von <strong><strong>de</strong>r</strong>Regierung <strong><strong>de</strong>r</strong> UdSSR am 10. März 1952. In: Ebd., S. 290 ff.14. W. Friedrich: Veröffentlichte Befragungsergebnisse über politische Einstellungenund I<strong>de</strong>ntifikationen <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>-Jugend zwischen 1970 und 1990 mit ausgewähltenTabellen aus Untersuchungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugendforschung; siehe u.a. auch <strong>de</strong>n ArtikelMentalitätswandlungen <strong><strong>de</strong>r</strong> Jugend in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>. In: Aus Politik und Zeitgeschichte.Beilage Das Parlament, H. 16 - 17/1990.15. Siehe unter an<strong><strong>de</strong>r</strong>em J. Goldbach: <strong>Die</strong> <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> - eine <strong>de</strong>utscheArmee im Kalten Krieg. In: <strong>Die</strong> <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong>, wie Anm. 7, S.125 ff.; sieheauch K. Harms: Im Oberkommando <strong><strong>de</strong>r</strong> Vereinten Streitkräfte. In: NVA, wie Anm.7, S. 333 ff.16. Zu diesen früheren Auffassungen siehe R. Brühl: Bündniserfahrungen. Gedanken<strong>zu</strong>m 25. Jahrestag <strong>de</strong>s Warschauer Vertrages. In: Militärgeschichte 2/1980,S. 133 ff.17. NVA - Anspruch, wie Anm. 7, S. 51.18. Ebd., S. 9.19. Zitiert nach: E. Kessel: Moltke. Stuttgart 1957, S. 505.20. Siehe Sowjetische Militärenzyklopädie. Auswahl, Berlin 1980, S. 12 f.21. „Das <strong>de</strong>utsche militärische Potential. heute geteilt, dient <strong><strong>de</strong>r</strong> Komplettierung <strong><strong>de</strong>r</strong>bei<strong>de</strong>n Sicherheitssysteme und schafft damit selbst Sicherheit für die bei<strong>de</strong>n Teile


Deutschlands." So E. Bahr 1965. In: Sicherheit für und vor Deutschland,München/Wien 1991, S. 33.22. Siehe H. Bock: Partei - Staat - bürokratische Kaste. In: Ansichten <strong>zu</strong>r Geschichte<strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>DDR</strong>, hrsg. von D. Keller, H. Modrow und H. Wolf, Bd. 3, Bonn/Berlin 1992, S.78 ff.23. Siehe G. Glaser: „Neuregelung <strong><strong>de</strong>r</strong> Polizeifragen" o<strong><strong>de</strong>r</strong> getarnte Bewaffnung <strong><strong>de</strong>r</strong>SBZ im Kalten Krieg? In: Hefte <strong>zu</strong>r <strong>DDR</strong>-Geschichte Nr. 22, Berlin 1994, S. 12 ff.24. Gesetzblatt <strong><strong>de</strong>r</strong> Deutschen Demokratischen Republik, Teil 1, Nr. 11 vom29.3.1982, S. 201.25. Zitiert nach Zeittafel <strong>zu</strong>r Militärgeschichte, wie Anm. 12, S. 540.26. Siehe hier<strong>zu</strong> L. Prieß: <strong>Die</strong> Furcht <strong><strong>de</strong>r</strong> SED-Führung vor <strong><strong>de</strong>r</strong> Sozial<strong>de</strong>mokratisierung<strong><strong>de</strong>r</strong> KPC, in: <strong>Die</strong> <strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong> im Kalten Krieg, hrsg. von A. Prüfert,Bonn 1995, S. 77 ff. und W. Markus: <strong>Die</strong> NVA und die Ereignisse in Polen1980/81. In: Ebd., S. 101 ff.27. E. Nolte: Geschichts<strong>de</strong>nken im 20 Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Von Max Weber bis Hans Jonas.Berlin, Frankfurt a.M. 1991, S. 596.28. Für unser Land. In: Neues Deutschland vom 29.11.1989.29. U. <strong>de</strong> Maiziere: In <strong><strong>de</strong>r</strong> Pflicht. Lebensbericht eines <strong>de</strong>utschen Soldaten im 20.Jahrhun<strong><strong>de</strong>r</strong>t. Herford/Bonn 1989, S. 81 f.30. Ebd., S. 101.31. Siehe Anm. 4.32. W. Scheler: <strong>Die</strong> Sinnkrise <strong>de</strong>s Militärs. Eine geistige Vorbedingung für dasVerhalten <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA in <strong><strong>de</strong>r</strong> <strong>de</strong>mokratischen Revolution. In: <strong>Die</strong> <strong>Nationale</strong><strong>Volksarmee</strong> m Kalten Krieg, wie Anm. 26, S.133 ff.33. M. Kutz: Demokratisierung <strong><strong>de</strong>r</strong> NVA? <strong>Die</strong> verspätete Reform 1989/90. In: <strong>Die</strong><strong>Nationale</strong> <strong>Volksarmee</strong>, wie Anm. 7, S. 87 ff.34. E. Bahr: Vorwort. In: H.-J. Gießmann: Das unliebsame Erbe, wie Anm. 7, S. 10 f.

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