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Sonderheft<br />

Juni 2012<br />

DAS MAGAZIN FÜR MARKENFÜHRUNG<br />

markenartikel<br />

60 Jahre<br />

SElEKtIvKoSMEtIK<br />

themen – trends – thesen


Wir gratulieren dem<br />

<strong>VKE</strong><br />

zu 60 erfolgreichen Jahren!<br />

www.cosmopolitan.de www.joy.de www.shape.de<br />

MVG MEDIEN VERLAGSGESELLSCHAFT MBH & CO.<br />

Arabellastraße 33 · 81925 München · Telefon (0 89) 92 34- 0 · Fax (0 89) 92 34 -183


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

» Die sehr persönliche Verbindung zum<br />

Konsumenten verleiht den selektiven<br />

Kosmetikmarken eine Position ganz<br />

besonderen Vertrauens.<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />

mit dem vorliegenden Jubiläumswerk zum 60-jährigen Bestehen des <strong>VKE</strong>-Kosmetikverbandes möchten<br />

wir die Arbeit und Aufgaben des Verbandes darstellen. Zugleich wollen wir die wirtschaftliche<br />

und gesellschaftliche Bedeutung der Prestigemarken im Bereich Kosmetik, Duft und Körperpflege hervorheben<br />

und ihre besondere Bedeutung für die Konsumenten darlegen.<br />

Bei den prestigeträchtigen, selektiven Kosmetikmarken baut sich in aller Regel nicht nur eine sehr persönliche,<br />

sondern auch eine sehr intensive Beziehung zwischen Konsument und Produkt beziehungsweise<br />

Marke auf. Diese Marken nutzt der Kunde nahezu jeden Tag, um sich zu profilieren und zu<br />

positionieren. Diese sehr persönliche Verbindung zum Konsumenten verleiht den Prestigemarken aus<br />

dem Kosmetikbereich eine Position ganz besonderen Vertrauens, die für die Hersteller Verpflichtung<br />

und Herausforderung zugleich ist.<br />

Für das MARKENARTIKEL-Team ist es eine besondere Ehre, zum 60-jährigen Bestehen des <strong>VKE</strong>-<br />

Kosmetikverbandes ein Sonderheft auf den Markt zu bringen. In diesem Sinne möchten wir uns bei<br />

dem Präsidenten Stephan Seidel, dem gesamten Vorstand und dem Geschäftsführer Martin Ruppmann<br />

für das Vertrauen und die Unterstützung bedanken.<br />

Wir wünschen dem <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband für die Zukunft weiterhin viel Erfolg und freuen uns auf<br />

die künftige Zusammenarbeit. Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir eine anregende Lektüre.<br />

Peter Strahlendorf<br />

Chefredakteur MARKENARTIKEL<br />

Vanessa Göbel<br />

Chef von Dienst MARKENARTIKEL<br />

EDITORIAL 60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

3


60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

4<br />

INHALT<br />

Kosmetik: Ein Markt in Bewegung 12<br />

Recht: Branche stärken 32<br />

Handel: Gemeinsam Wertschöpfung schaffen 48<br />

8<br />

9<br />

10<br />

11<br />

12<br />

16<br />

20<br />

24<br />

28<br />

32<br />

36<br />

39<br />

42<br />

46<br />

48<br />

50<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong>-KOSMETIKVERBAND<br />

Philipp Rösler, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie:<br />

Kosmetikbranche ist wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

Franz-Peter Falke, Präsident des Markenverbandes: Enge Kooperation<br />

der Verbände für die Marke<br />

Nola Bergner, Vorsitzende des Bundesverbandes Parfümerien:<br />

Gemeinsam Position beziehen, Interessen der Branche wahren<br />

Dr. Rüdiger Mittendorff, Vorsitzender des IKW: Gemeinsame Ziele<br />

mit klarer Aufgabenteilung<br />

Interview: <strong>VKE</strong>-Präsident Stephan Seidel und <strong>VKE</strong>-Geschäftsführer<br />

Martin Ruppmann über Trends und Entwicklungen in der Branche<br />

Historie: Die Kultur des Schönen pflegen, Interessen der Hersteller<br />

selektiver Kosmetikprodukte in Gesellschaft und Politik vertreten<br />

Wertewandel: Self-Designing gewinnt an Bedeutung<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Kosmetikmarkt: Veränderte Verbrauchergewohnheiten sorgen für<br />

dynamische Entwicklung des Kosmetiksegments<br />

Wachstum: Verbrauchern den Mehrwert der Produkte vermitteln<br />

Selektivvertrieb: Kartellrechtliche Rahmendaten anpassen<br />

Kaufprozess: Internet wird als Informations- und Inspirationsquelle<br />

immer wichtiger<br />

Interview: Steffen Seifarth, Coty Prestige, über den Kampf gegen<br />

Produkt- und Markenpiraterie und das Engagement der Branche<br />

Kosmetik-Index: Hersteller müssen glaubwürdig agieren und ihre<br />

propagierten Werte auch leben<br />

Interview: Andreas Sistig, Shiseido Deutschland, über die Zusammenarbeit<br />

mit dem Handel und das Thema Wertschöpfung<br />

Interview: Rolf Sigmund, L’Oréal Luxe, über Luxuskosmetik in der Werbung<br />

und die Besonderheiten der unterschiedlichen Werbekanäle<br />

Shopping-Erlebnis: Die Kunden mit guten Inszenierungen am POS in<br />

die Markenwelt entführen


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

52<br />

55<br />

58<br />

60<br />

62<br />

66<br />

68<br />

72<br />

74<br />

78<br />

IMPRESSUM<br />

»60 Jahre <strong>VKE</strong>«<br />

Markenartikel-Sonderheft<br />

Juni 2012<br />

Herausgeber:<br />

<strong>VKE</strong> - Verband der Vertriebsfirmen<br />

Kosmetischer Erzeugnisse e.V.<br />

Unter den Linden 42<br />

10117 Berlin<br />

Tel. +49 30/206168-22<br />

Fax. +49 30/206168-722<br />

E-Mail: info@kosmetikverband.de<br />

Produktmanagement:<br />

Antje Brüne, Martin Ruppmann<br />

Dufte: Bei der Parfumkreation entscheidet der richtige Riecher<br />

Interview: Michael Lindner, Annemarie Börlind, erläutert, worauf es<br />

bei grünen Produkten ankommt und warum Authentizität Trumpf ist<br />

POS: Kunden in einem ansprechenden Ambiente beraten<br />

Interview: Susanne Rumbler, Beauté Prestige International, über Düfte<br />

bekannter Designer und den Hauch der Verführung<br />

Authentischer Dialog: Über das Gestern, Heute und Morgen der<br />

Kosmetikwerbung<br />

Interview: Beate Fastrich, Estée Lauder, über Charity-Projekte<br />

mit persönlichem Hintergrund, Kontinuität und Authentizität<br />

Print: Verlage setzen auf opulente Bilderstrecken<br />

Trends: Produkte gesellschaftlichen Entwicklungen anpassen,<br />

kognitive Dissonanzen vermeiden<br />

Präsentation: Kosmetik braucht Glory, Bravour und Joy<br />

Überblick: Informationen zum <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband<br />

Verlag:<br />

New Business Verlag GmbH & Co. KG<br />

Nebendahlstr. 16<br />

22041 Hamburg<br />

Fon: 040 / 60 900 9-0<br />

Fax: 040 / 60 900 9-15<br />

E-Mail: redaktion@markenartikel-magazin.de<br />

www.markenartikel-magazin.de<br />

Chefredakteur: Peter Strahlendorf (ps)<br />

Chef vom Dienst: Vanessa Göbel (vg)<br />

Redaktion:<br />

Uwe Käckenhoff (kae)<br />

Torsten Schöwing (tor)<br />

Autoren dieser Ausgabe (s. gekennzeichnete Beiträge)<br />

55<br />

Grafik/Layout: Daniela Rocksin<br />

Titelgestaltung: Anne Bartel (Fotos: fotolia)<br />

Geschäftsführung: Antje-Betina Weidlich-Strahlendorf<br />

Anzeigenleitung: Jens Jansen (-52)<br />

Anzeigendisposition: Silke-Reyher-Timmann (-54)<br />

Vertriebsmarketing: Birgit Jessen (-62)<br />

Vertrieb: Angelika Schmidt (Ltg. -65), Ingrid Siegmund<br />

Anzeigen-Preisliste: Nr. 35 vom 1. Januar 2012<br />

ISSN: 0342-1236<br />

Bankverbindung:<br />

Hamburger Sparkasse 12 17 / 13 13 23 (BLZ 200 505 50)<br />

Commerzbank 48 22 821 (BLZ 200 400 00)<br />

Ust.-Id.-Nr.: DE 217 920 773<br />

Nachhaltigkeit: Konsequent und authentisch<br />

62<br />

Werbung: Trends und Entwicklungen<br />

Das Heft und alle enthaltenen Beiträge sind urheberrechtlich<br />

geschützt.<br />

Mit Ausnahme der gesetzlich zugelassenen Fälle ist<br />

die Verwertung nur mit schriftlicher Einwilligung des<br />

Verlages erlaubt.<br />

Für unverlangt eingesandte Manuskripte, Datenträger<br />

und Fotos wird keine Haft ung übernommen.<br />

Namentlich gekennzeichnete Fremdbeiträge geben<br />

nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Copyright Markenartikel 2012<br />

Druck: Lehmann Offsetdruck GmbH, Norderstedt<br />

Schutzgebühr: 15,- Euro<br />

INHALT<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

5


* Quelle: MA 2012 I; Basis: Frauen gesamt (35,92 Mio.);<br />

Brutto-Reichweite BUNTE, InStyle, ELLE, freundin, burda style (7,82 Mio.)<br />

Size<br />

Burda Style Group.


matters.<br />

Die Magazine der Burda Style Group faszinieren regelmäßig mehr als 7,82 Mio. Frauen*<br />

in Deutschland. Journalistische Kompetenz und starke Zeitschriftenmarken schaffen<br />

höchste Aufmerksamkeit für effi ziente Kommunikationskampagnen. Nur so kann man<br />

langfristig erfolgreich sein.<br />

Wir gratulieren dem <strong>VKE</strong> zum runden Geburtstag!<br />

Ab 18.08.<br />

monatlich!


60 JAHRE <strong>VKE</strong> GRUSSWORT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

8<br />

Wichtiger Wirtschaftsfaktor<br />

in Deutschand<br />

»<br />

Ob Zahncreme, Duschgel oder Shampoo:<br />

Kosmetische Produkte sind<br />

fester Bestandteil unseres Alltags.<br />

Viel zu wenig bekannt ist aber, dass<br />

Kosmetika auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für<br />

unser Land sind. Allein im vergangenen Jahr erwirtschaftete<br />

die deutsche Kosmetikindustrie einen<br />

Jahresumsatz von rund 17 Milliarden Euro. Schönheitspflegeprodukte<br />

und Parfums haben daran den<br />

Löwenanteil.<br />

Geistiges Eigentum mit Nachdruck schützen<br />

Mir ist ein großes Anliegen, dass die Branche ihren<br />

erfolgreichen Wachstumskurs weiter fortsetzen<br />

kann. Deshalb setze ich mich für einen starken Industriestandort<br />

ebenso ein wie für fairen Wettbewerb<br />

im Vertrieb. Ein wichtiges Thema ist etwa der<br />

Kampf gegen Markenpiraterie: Gerade im mittel-<br />

und hochpreisigen, selektiven Kosmetikbereich stellen<br />

solche Fälschungen eine erhebliche Herausforderung<br />

dar. Der Schutz des geistigen Eigentums muss<br />

deshalb auf internationaler Ebene weiter vorangetrieben<br />

und zugleich national mit entsprechendem Nachdruck<br />

durchgesetzt werden.<br />

Der Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse<br />

e.V. hat sich in den 60 Jahren seines Bestehens<br />

einen herausragenden Ruf als kompetenter<br />

Ansprechpartner für alle Fragen der Kosmetikwirtschaft<br />

erarbeitet. Er hat es immer wieder verstanden,<br />

mit guten Argumenten für den Erhalt eines fairen<br />

Leistungswettbewerbs im Kosmetikmarkt zu kämpfen.<br />

Und er hat auch die Zukunft im Blick, etwa<br />

wenn es um die neuen Herausforderungen im Internethandel<br />

geht.<br />

Klare Werte und Optimismus als Fundament<br />

Klare Werte und Zukunftsoptimismus – das ist ein<br />

gutes Fundament, um Deutschland im internationalen<br />

Wettbewerb weiter nach vorn zu bringen. Bauen<br />

Sie darauf weiter auf! Ich gratuliere herzlich zum Verbandsjubiläum<br />

und wünsche dem <strong>VKE</strong> und seinen<br />

Mitgliedsunternehmen weiterhin viel Erfolg.<br />

Dr. Philipp Rösler<br />

Dr. Philipp Rösler ist seit Mai 2011 Bundesminister für<br />

Wirtschaft und Technologie. Zudem ist er Bundesvorsitzender<br />

der FDP und deutscher Vizekanzler. Zuvor war Rösler unter<br />

anderem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie<br />

Bundesminister für Gesundheit.


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Einsatz für die Marke<br />

» Seit nunmehr 60 Jahren vertritt der<br />

<strong>VKE</strong>-Kosmetikverband die gemeinsamen<br />

Berufs- und Fachinteressen<br />

von Anbietern von Kosmetika mit ihren über 200<br />

sehr bekannten Marken. Dass Marken nicht nur gelebt,<br />

sondern immer wieder auch gepflegt und geschützt<br />

werden müssen, diese Grundüberzeugungen<br />

teilen der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband und der Markenverband.<br />

Gemeinsam zum Wohle der Marke<br />

Im Sinne der gemeinsamen Sache, der Marken, kooperieren<br />

der <strong>VKE</strong> und Markenverband seit zwölf<br />

Jahren sehr erfolgreich. Unter anderem bündeln sie<br />

ähnlich gelagerte vertriebs- und markenpolitische<br />

Interessen, vertiefen Expertise auf dem Gebiet des<br />

Markenaufbaus und der Markenpflege und vertreten<br />

selbstverständlich auch eine gemeinsame ordnungspolitische<br />

Linie auf den Gebieten des Marken- und<br />

Kartellrechts, zum Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie<br />

und mit Blick auf die Beziehungen zwischen<br />

Industrie und Handel.<br />

60 Jahre <strong>VKE</strong> bietet Gelegenheit zu herzlichem<br />

Glückwunsch, bestem Dank und hoffnungsfrohem<br />

Ausblick. Persönlich und im Namen des Markenverbandes<br />

beglückwünsche ich den <strong>VKE</strong> zu diesem runden<br />

Geburtstag und danke für die gute Zusammenarbeit<br />

zum Wohle der Marke.<br />

Dieser Dank schließt die Freude auf eine gemeinsame<br />

erfolgreiche Zukunft ein. Ich freue mich auf<br />

viele weitere Jahre und Jahrzehnte, in denen <strong>VKE</strong><br />

und Markenverband sich für ihre gemeinsame Leidenschaft<br />

einsetzen.<br />

Persönlich betrachte ich die Wirkung namhafter<br />

Marken im Verein mit ihren Konsumenten als Beitrag<br />

zur zeitgenössischen »Konsumkultur«. Marken<br />

sind die Juwelen einer modernen Gesellschaft und<br />

ihrer schöngeistigen Lebensart.<br />

Franz-Peter Falke<br />

GRUSSWORT<br />

Franz-Peter Falke, geschäftsführender Gesellschafter der Falke<br />

KGaA, ist seit 2005 Präsident des Markenverbandes, der 400<br />

markenorientierte Unternehmen der Konsum- und Gebrauchsgüterindustrie<br />

sowie der Dienstleistungswirtschaft organisiert.<br />

Der Textilunternehmer startete seine berufliche Karriere<br />

bei der Firma Dr. Oetker, bevor er in das Familienunternehmen<br />

wechselte. Er ist u. a. Mitglied im Beirat für Mittelstandsfragen<br />

beim Bundesministerium für Wirtschaft.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

9


60 JAHRE <strong>VKE</strong> GRUSSWORT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

10<br />

Dynamik und Kontinuität<br />

» Mit seinem Gründungsjahr 1952 steht<br />

der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband geradezu<br />

stellvertretend für viele Bereiche der<br />

deutschen Wirtschaft, die nach dem<br />

Ende des zweiten Weltkrieges langsam, aber sicher zur<br />

Normalität zurückfanden. Das noch junge deutsche<br />

Staats- und Wirtschaftssystem begann sich nach dem<br />

Krieg neu zu erfinden, Baden-Württemberg wurde gegründet<br />

und auch die politische Interessenvertretung<br />

der Wirtschaft und mit ihr ihre Verbände und Organisationen<br />

wagten einen Neustart.<br />

Neues Lebensgefühl treibt Kosmetikbranche<br />

Der <strong>VKE</strong> war hier mit seinem Gründungsjahr 1952<br />

ganz vorne dabei. Nicht ohne Grund, denn nach den<br />

Erfahrungen und Entbehrungen des zweiten Weltkrieges<br />

standen Kosmetik und Luxusprodukte hoch im<br />

Kurs. Die deutschen Konsumenten hatten wieder Geld<br />

und wollten es auch ausgeben. Passé der alte Spruch:<br />

»Ein deutsches Mädchen schminkt sich nicht.« Brigitte<br />

Bardot und Zsa Zsa Gabor, stellvertretend für den neuen<br />

Lebensstil dieser Zeit, bereiteten den Boden für ein<br />

neues Lebensgefühl und damit auch für eine stürmische<br />

Entwicklung im Kosmetiksektor.<br />

Die Erwartungen der Verbraucher, ein breites Sortiment<br />

mit internationalen Luxusmarken in einem gehobenem,<br />

wertigen Umfeld mit hohen Ansprüchen an Service und<br />

Beratung kaufen zu können, führten zur Gründung der<br />

ersten Parfümerien und zur Entwicklung des selektiven<br />

Vertriebs. Diese Vertriebsform und mit ihr das Marken-<br />

und Kartellrecht wurden in der Folge zu einem der wichtigsten<br />

Betätigungsfelder des jungen <strong>VKE</strong>.<br />

Der Bundesverband Parfümerien, damals noch als Verband<br />

des Seifenhandels, konstituierte sich 1953. Die<br />

Folgen waren nicht unerheblich, denn von nun an waren<br />

unsere beiden Verbände, der eine auf Lieferanten-,<br />

der andere auf Handelsseite durch ein gemeinsames<br />

Schicksal verbunden. Bei allen natürlichen Gegensätzen<br />

galt es, vielfach gemeinsam Position zu beziehen<br />

und die Interessen der gesamten Branche zu wahren.<br />

Aufgaben werden komplexer<br />

Die Aufgaben für die Branche und damit für ihre Verbände<br />

werden seitdem ständig komplexer: angefangen<br />

von der Etablierung und Festigung des selektiven Vertriebssystems,<br />

über marken- und kartellrechtliche Fra-<br />

Nola Bergner, Bergner Parfum & Beauty aus Pfaffenhofen, ist<br />

seit 2012 Vorsitzende des Bundesverbandes Parfümerien.<br />

gestelllungen bis hin zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />

oder zu wichtigen Themen wie Verbraucherschutz.<br />

Mit dem Internet hat sich die Situation zusätzlich verändert.<br />

Den vielen Chancen und Möglichkeiten, die es<br />

für die Branche zu ergreifen gilt, stehen auch neue Risiken<br />

und Herausforderungen des Vertriebsweges gegenüber:<br />

Ungeregelte Einfuhren aus dem außereuropäischen<br />

Ausland, nicht verkehrsfähige oder überalterte<br />

Ware sowie Fälschungen und Plagiate gefährden nicht<br />

nur den Verbraucher, sondern auch den guten Ruf unserer<br />

Produkte.<br />

Dennoch, das 60. Jubiläum des <strong>VKE</strong> ist ein Grund, positiv<br />

in die Zukunft zu blicken. Die Zusammenarbeit<br />

der beiden Verbände funktioniert – heute wie gestern –<br />

einwandfrei. Der Erfolg ist sichtbar: Auch nach 60 Jahren<br />

ist unsere Branche noch immer quicklebendig. Sie<br />

kann sogar mit einem überdurchschnittlichen Wachstum<br />

im Rücken in das Jubiläumsjahr des <strong>VKE</strong> starten.<br />

Damit das auch in Zukunft so bleibt, wünsche ich, zusammen<br />

mit meinen Kollegen aus Vorstand und Geschäftsführung,<br />

dem <strong>VKE</strong> auch weiterhin viel Erfolg bei<br />

unserer gemeinsamen Aufgabe: Der Wahrung der Interessen<br />

unserer Branche – gestern, heute, und morgen.<br />

Dufte Grüße,<br />

Nola Bergner


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Gemeinsam für<br />

die Schönheit<br />

»<br />

Als Vorstandsvorsitzender des IKW<br />

Industrieverband Körperpflege- und<br />

Waschmittel e. V. ist es mir eine besondere<br />

Freude, dem <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband<br />

zu seinem 60-jährigen Bestehen meine herzlichen<br />

Glückwünsche auszusprechen. Sowohl der <strong>VKE</strong><br />

als auch der IKW blicken auf eine lange Geschichte<br />

zurück. Bereits seit Jahrzehnten arbeiten die beiden<br />

Verbände auch eng zusammen. Dabei gibt es – nicht<br />

zuletzt historisch bedingt – eine klare Arbeitsteilung.<br />

Klare Aufgabentrennung trotz Überschneidungen<br />

So vertritt der <strong>VKE</strong> die Interessen der Importeure und<br />

Alleinvertriebshändler sowie der Lizenzhersteller ausländischer<br />

Fertigkosmetika wie auch der Anbieter,<br />

die im selektiven Vertrieb, besonders im mittel- und<br />

hochpreisigen Bereich, Kosmetika in Deutschland<br />

vertreiben.<br />

Der IKW hingegen repräsentiert gleichermaßen kleine,<br />

mittelständige und große Hersteller, hat jedoch<br />

insbesondere durch die Konzentration von Produktionsstandorten<br />

zunehmend auch solche Firmen unter<br />

seinen Mitgliedern, die in Deutschland keine eigene<br />

Herstellung mehr haben, sondern nur noch Produkte<br />

vertreiben. Aber auch der alleinige Vertrieb eines Produktes<br />

entlässt eine Firma nicht aus der Verantwortung,<br />

die – trotz einer EU-weit einheitlichen Gesetzgebung<br />

– nationalen Kennzeichnungsvorschriften zu<br />

erfüllen. Ein Schwerpunkt der IKW-Arbeit liegt daher<br />

in der Beratung der Firmen über die Anwendung<br />

und Auslegung aller produktbezogenen Vorschriften.<br />

Diese Entwicklung führte in den vergangenen Jahren<br />

durchaus zu Überschneidungen. Dies hat aber eher dazu<br />

geführt, dass die Zusammenarbeit beider Verbände<br />

– vor dem Hintergrund der klaren Aufgabentrennung<br />

– noch vertieft wurde.<br />

Hohes Ansehen durch fachliche Kompetenz<br />

Vor allem bei Vertriebsproblemen, Marktzugangsfragen<br />

und den daraus folgenden Anforderungen für die<br />

Depotkosmetik auf dem deutschen Markt suchen seine<br />

Mitgliedsfirmen gerne Rat beim <strong>VKE</strong>. Durch seine<br />

Kontakte mit den Vertretern der für diesen Teil der<br />

Branche typischen Vertriebskanäle, die Koordination<br />

der Arbeit der Fragrance Foundation Deutschland und<br />

der hervorragenden Platzierung der jährlichen Ver-<br />

WERTEWANDEL<br />

Dr. Rüdiger Mittendorff ist seit 1994 bei der Sebapharma GmbH<br />

& Co. KG in Boppard tätig und dort Vorsitzender der Geschäftsleitung<br />

sowie Vertriebschef. Zuvor arbeitete er u.a. bei The Dial<br />

Corporation und Beiersdorf.<br />

leihung des deutschen Parfumduftpreises Duftstars<br />

erfüllt er seine Aufgaben in ausgezeichneter Form.<br />

Ebenso wie der IKW auf dem gesamten Gebiet der<br />

Herstellung kosmetischer Mittel und des Kosmetikrechts<br />

hat auch der <strong>VKE</strong> in den von ihm bearbeiteten<br />

Themen durch fachliche Kompetenz hohes Ansehen<br />

bei seinen Dialogpartnern erworben.<br />

Eine besondere Aufgabe sieht der <strong>VKE</strong> zudem in der<br />

Unterstützung seiner Mitglieder in der Bekämpfung<br />

von Produkt- und Markenpiraterie. Seine gemeinsam<br />

mit dem Markenverband hierzu entfalteten Aktivitäten<br />

sind natürlich auch für die Mitglieder des IKW<br />

sehr hilfreich. Wir freuen uns auf weitere Jahre der<br />

erfolgreichen Zusammenarbeit. Im Namen des IKW<br />

wünsche ich dem <strong>VKE</strong> alles Gute für die Zukunft.<br />

Dr. Rüdiger Mittendorff<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

11


60 JAHRE <strong>VKE</strong> IM GESPRÄCH MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

12<br />

Kompetent und<br />

konsequent<br />

Der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband steht seinen Mitgliedern in politischen,<br />

gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Belangen mit Rat und Tat<br />

zur Seite. Präsident Stephan Seidel und Geschäftsführer Martin<br />

Ruppmann sprechen über die Herausforderungen des Marktes.<br />

MARKENARTIKEL: Vor 60 Jahren wurde der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband<br />

gegründet. Was waren in diesen Jahren einschneidende<br />

Veränderungen in der Kosmetikbranche?<br />

STEPHAN SEIDEL: 60 Jahre sind ein langer Zeitraum, und<br />

die Veränderungen gehen seit Ende der 1990er-Jahre<br />

immer schneller vonstatten. Die Halbwertszeit für<br />

Innovationen hat sich dramatisch verkürzt, und die<br />

Verbraucher sind informiert wie noch nie. Unsere<br />

Branche ist insofern mit einer herausfordernden Mischung<br />

aus gesellschaftlichen, technologischen, handelspolitischen<br />

und rechtlichen Entwicklungen konfrontiert,<br />

die alle auf ihre spezifische Art und Weise<br />

unseren Markt beeinflusst haben beziehungsweise<br />

weiterhin massiv beeinflussen.<br />

MARKENARTIKEL: Können Sie diese Entwicklungen erläutern?<br />

SEIDEL: Beispielsweise ist es spannend zu beobachten,<br />

wie sich die Einstellung von Männern zu Kosmetik verändert<br />

hat. Was heute fast selbstverständlich erscheint<br />

– etwa eigene Pflegeprodukte, der Besuch im Kosmetikstudio<br />

und vielleicht sogar die Verwendung von Gesichtspuder<br />

– war vor gut zehn Jahren nur etwas für<br />

eine sehr kleine Randgruppe. Oder nehmen Sie die weiterentwickelten<br />

Möglichkeiten, hochwirksame Inhaltsstoffe<br />

zu gewinnen, die den Konsumenten neue, fortschrittliche<br />

Produkte beschert haben. Aber auch die<br />

zunehmende Konzentration im Handel hat den Markt<br />

in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder sehr beeinflusst,<br />

bewegt ihn weiterhin und macht ihn in mancher<br />

Hinsicht leider recht unbeweglich.<br />

MARKENARTIKEL: Die Zusammenarbeit mit dem Handel<br />

gehört zu einem der wichtigsten Knackpunkte bei der<br />

Arbeit des <strong>VKE</strong>-Kosmetikverbandes...<br />

MARTIN RUPPMANN: Dem <strong>VKE</strong> als Fachverband geht es in<br />

seiner Arbeit vor allem darum, das Verständnis für Depotkosmetik<br />

zu stärken und auf allen politischen, wirtschaftlichen<br />

beziehungsweise gesellschaftlichen Ebe-<br />

nen zu manifestieren. Kernpunkte unserer Tätigkeit<br />

als wichtiger Meinungsbildner der Branche sind demzufolge<br />

der Erhalt und die Festigung des selektiven Vertriebssystems,<br />

der Schutz der Marke sowie die Information<br />

der Verbraucher. Und ja, besonders wichtig ist<br />

uns dabei auch die Sicherstellung einer fachlich kompetenten,<br />

autorisierten, im Sortiment umfassenden, qualitativ<br />

hochwertigen Distribution.<br />

SEIDEL: Die Schaffung beziehungsweise Erhaltung von<br />

Markenwerten am POS durch entsprechende Kommunikation<br />

mit unseren Handelspartnern ist uns sehr<br />

wichtig. Im Fokus steht dabei die konstruktive Ausgestaltung<br />

der Beziehungen zwischen Industrie und Handel.<br />

Dies ist nicht immer einfach und erfordert erhebliches<br />

Beharrungsvermögen.<br />

<strong>VKE</strong>-Präsident Stephan Seidel


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

<strong>VKE</strong>-Geschäftsführer Martin Ruppmann<br />

MARKENARTIKEL: Klingt, als seien die Beziehungen zum<br />

Handel nicht immer unproblematisch. Welche Herausforderungen<br />

gibt es?<br />

SEIDEL: Ich glaube, unsere Branche ist überwiegend von<br />

einer zielorientierten Zusammenarbeit zwischen Lieferanten<br />

und dem Einzelhandel geprägt. Natürlich<br />

gibt es immer wieder Punkte, wo es gewaltig knirscht.<br />

Punkte, wo handelsseitig Ideen entwickelt, Konzepte<br />

versucht oder Forderungen erhoben werden, die einer<br />

rechtlichen Prüfung nicht standhalten. Hier werden<br />

wir als Verband im Sinne unserer Mitglieder aktiv<br />

und versuchen, im gebotenen Rahmen des Kartellrechts<br />

tragfähige Lösungsangebote zu entwickeln. Eine<br />

besondere Herausforderung sind in diesem Zusammenhang<br />

sicherlich die fortgesetzte Preisfokussierung<br />

des Handels, die teilweise unbefriedigende Inszenierung<br />

von Markenwelten und eine unangemessen dominante<br />

Eigenmarkenpolitik.<br />

RUPPMANN: Zwei Projekte, die wir deshalb in enger Zusammenarbeit<br />

mit dem Handel umgesetzt haben beziehungsweise<br />

gerade umsetzen, sind die Multi-Client-Studie<br />

»Duft & Kosmetik« zur Wahrnehmung des<br />

Parfümerie-Angebotes aus Kundensicht und der Branchenguide<br />

»Stammdatenaustausch Selektive Kosmetik«.<br />

MARKENARTIKEL: Welche Ziele verfolgen Sie mit den beiden<br />

Initiativen?<br />

RUPPMANN: Im Rahmen der Multi-Client-Studie wurden<br />

unter anderem Erkenntnisse zum Einkaufsverhalten<br />

und zum Thema Einkaufserlebnis gewonnen, die<br />

jetzt fundierte Hilfestellung bei der Optimierung des<br />

Category Managements bieten. Beim Branchenguide<br />

geht es darum, umfassende Möglichkeiten aufzuzeigen,<br />

wie insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen<br />

auf Basis bewährter Standards Artikelstammdaten<br />

austauschen, ihre Prozesseffizienz erhöhen, eine<br />

Steigerung der Wirtschaftlichkeit generieren und durch<br />

erhöhte Kundenzufriedenheit eine verbesserte Kundenbindung<br />

erreichen können.<br />

IM GESPRÄCH<br />

MARKENARTIKEL: Der <strong>VKE</strong> setzt sich damit klar für die<br />

Belange der Industrie ein.<br />

RUPPMANN: Die Bedeutung und Verwendung von Kosmetik<br />

in unserer Gesellschaft hat zugenommen und damit<br />

verbunden natürlich auch die wirtschaftlichen, sozialen<br />

und gesellschaftlichen Interessen der Beteiligten. Wichtig<br />

ist uns, in dem für uns relevanten Umfeld gehört zu<br />

werden. Dazu gehört es auch, Themen unter Umständen<br />

gar nicht erst groß zu machen. Wir agieren häufig<br />

schon im Vorfeld beratend und vermittelnd – aber<br />

eher im Hintergrund. Dabei kommt es beispielsweise<br />

darauf an, die bilateralen Beziehungen zwischen Handel<br />

und Industrie zu gestalten und dort konsequent tätig<br />

zu werden, wo es angemessen, notwendig und natürlich<br />

juristisch einwandfrei möglich ist.<br />

MARKENARTIKEL: Haben Sie ein Beispiel?<br />

RUPPMANN: Seinerzeit haben wir etwa unsere Mitglieder<br />

mit Rat und Tat durch die Karstadt-Insolvenz begleitet.<br />

Auch konnten eine Reihe unberechtigter Handelsforderungen<br />

zurückgewiesen werden. Zudem ist der <strong>VKE</strong><br />

durch konsequente PR-Arbeit sicherlich eine bedeutende<br />

Stimme, wenn es um das Thema Kosmetik geht.<br />

SEIDEL: Und das wird er bleiben. Ich bin jetzt seit vier<br />

Jahren Präsident des Kosmetikverbandes. Mein Ziel ist<br />

es, die exzellente Arbeit meiner Vorgänger auf hohem<br />

Niveau fortzuführen und dabei notwendige Anpassungen,<br />

Modernisierungen oder auch Optimierungen<br />

vorzunehmen. Ich denke, dies ist bislang im erforderlichen<br />

Maße gelungen. Wir arbeiten insgesamt strategischer.<br />

Die Mitglieder bringen sich in erfreulicher<br />

Weise ein und das Vorstandsteam ergänzt sich ideal.<br />

MARKENARTIKEL: Beste Voraussetzungen, um den Herausforderungen<br />

des Marktes zu begegnen.<br />

SEIDEL: Zu unseren Tätigkeitsschwerpunkten gehören ja<br />

insbesondere auch die Eindämmung des Graumarktes<br />

und der Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie<br />

sowie das Eintreten für die Wahrung selektiver Ver-<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

13


» Wir müssen die Glaubwürdigkeit und<br />

Begehrlichkeit unserer Marken nachhaltig<br />

im Bewusstsein zu verankern.<br />

Stephan Seidel, <strong>VKE</strong>-Präsident<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong> IM GESPRÄCH MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

14<br />

triebssysteme. Hier gibt es noch viel zu tun – und das<br />

können wir nur gemeinsam schaffen.<br />

RUPPMANN: In diesem Zusammenhang ist auch enorm<br />

wichtig, einen klaren ordnungspolitischen Rahmen zu<br />

setzen, in dem wir mit unseren Geschäftspartnern auf<br />

der Basis eines fairen Leistungswettbewerbs perspektivisch<br />

agieren können. Selektive Vertriebssysteme mit<br />

ihren Feinheiten, die allen Beteiligten zugute kommen<br />

– also Industrie und Handel Wertschöpfung generieren<br />

lassen und den Konsumenten ganz besondere Einkaufserlebnisse<br />

mit erheblichem Mehrwert verschaffen<br />

–, müssen auch weiterhin möglich sein. Und mit Blick<br />

auf die Produkt- und Markenpiraterie fordern wir eine<br />

stringentere Umsetzung der vorhandenen gesetzlichen<br />

Vorschriften zur Eindämmung des Problems. Unter anderem<br />

setzen wir uns für die Einführung einer Mindestfreiheitsstrafe<br />

von einem halben oder besser einem Jahr<br />

für gewerblich begangene Schutzrechtsverstöße ein.<br />

MARKENARTIKEL: Forderungen, die sicher Gehör finden<br />

sollten. Schließlich ist der Wirtschaftsfaktor Kosmetik<br />

hierzulande nicht unerheblich.<br />

SEIDEL: Der <strong>VKE</strong> hat heute über 50 namhafte Mitgliedsunternehmen<br />

und repräsentiert einen Einverkaufs-Umsatz<br />

von knapp zwei Milliarden Euro in Deutschland.<br />

Unsere Mitglieder und deren Zulieferer, aber auch unsere<br />

Partner aus dem Handel, den Agenturen und den<br />

Medien stehen für tausende Arbeitsplätze. Und wir gehen<br />

auch für die Zukunft von einer kontinuierlich positiven<br />

Entwicklung aus. Wichtig ist natürlich außerdem<br />

die gesellschaftliche Bedeutung von Kosmetik.<br />

MARKENARTIKEL: Wie meinen Sie das?<br />

SEIDEL: Wer jeden Tag mit dem Thema Schönheit zu<br />

tun hat, weiß, wie elementar die Bedeutung von gutem<br />

Aussehen für nahezu alle Menschen ist. Und ich meine<br />

nicht nur diejenigen, die sich täglich an einem guten<br />

Duft erfreuen, die Spaß an den aktuellen Nagellackfarben<br />

haben und damit Akzente setzten, die vielleicht<br />

ein paar Hautunreinheiten mit einem neuen Make-up<br />

kaschieren oder diejenigen, die sich mit einer hochwertigen<br />

Pflege puren Luxus gönnen. Ich meine insbesondere<br />

die Frauen, die eine gesundheitlich bedingte Krise<br />

durchleben. Auch hier kann Kosmetik helfen, wieder<br />

ein Stück mehr Lebensqualität zu erlangen.<br />

MARKENARTIKEL: Inwieweit hat sich das Verbraucherverhalten<br />

denn mit den Jahren verändert – und was bedeutet<br />

das für die Vermarktung von Selektivkosmetik?<br />

SEIDEL: Die Verbraucher sind informierter und kritischer,<br />

sehr qualitäts- und zugleich äußerst preisbewusst.<br />

Zudem sind die Erwartungen an die Industrie<br />

immer weiter gestiegen: Neue Produkte müssen<br />

immer noch wirksamer sein. Für die Vermarktung<br />

der Selektivkosmetik bedeutete dies, auf Basis inhaltlich<br />

überdurchschnittlicher Produkte die richtige Verbraucheransprache<br />

zu finden, um die Glaubwürdigkeit<br />

und Begehrlichkeit unserer Marken nachhaltig<br />

im Bewusstsein zu verankern und den Mehrwert klar<br />

zu kommunizieren.<br />

MARKENARTIKEL: In diesem Zusammenhang spielt auch<br />

das Internet zunehmend eine wichtige Rolle. Wie sieht<br />

Ihrer Meinung nach das optimale Zusammenspiel zwischen<br />

On- und Offline aus?<br />

SEIDEL: Auf die weite Zukunft gesehen, wäre das bei der<br />

rasanten Entwicklung neuer Technologien und Möglichkeiten<br />

ein Blick in die Glaskugel. Mittelfristig und<br />

zum Teil auch kurzfristig bin ich jedoch sehr optimistisch,<br />

dass gerade die Kosmetikbranche prädestiniert<br />

ist für ein gutes Miteinander von On- und Offline. Das<br />

hat auch unsere aktuelle Untersuchung zu diesem Thema<br />

ergeben. Sie zeigt, dass Duft und Kosmetik vom<br />

Look and Feel und der Beratung im stationären Fachhandel<br />

leben. Nachkäufe dürfen dagegen auch schon<br />

mal im Internet erfolgen.<br />

MARKENARTIKEL: Wenn Sie jetzt einen Blick in die Zukunft<br />

werfen: Welches sind die größten Herausforderungen,<br />

denen sich der <strong>VKE</strong> künftig stellen muss?<br />

RUPPMANN: Das Tagesgeschäft hält immer wieder aufs<br />

Neue grundlegende Herausforderungen bereit. Wir<br />

sehen uns als aufmerksamer Marktbeobachter, der<br />

Trends und Entwicklungen aufgreift, analysiert,<br />

aufbereitet, diskutiert und Handlungs- oder Reaktionsmöglichkeiten<br />

ableitet. Das Thema Online- oder<br />

Multichannel-Handel ist und bleibt auf absehbare<br />

Zeit eines der schwierigen Themen, weil es äußerst<br />

vielschichtig ist. Zudem ist Nachhaltigkeit ein wichtiges<br />

Gebiet, das stark mit dem gesellschaftlichen<br />

Wertewandel verbunden ist und immer mehr Einzug<br />

auch in unsere Branche hält. Der <strong>VKE</strong> als Interessenvertreter<br />

der Selektivkosmetik muss sich daher<br />

den sich verändernden Rahmenbedingungen anpassen<br />

und neuen Themen stellen. Verbandsarbeit ist<br />

eben nicht statisch, sondern in unserem Fall außerordentlich<br />

dynamisch.<br />

Interview: Vanessa Göbel


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60 JAHRE <strong>VKE</strong> VERBANDSHISTORIE MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

16<br />

Die Kultur des<br />

Schönen pflegen<br />

Als Interessenvertretung für hochwertige Kosmetika ist der <strong>VKE</strong>-<br />

Kosmetikverband vor 60 Jahren an den Start gegangen. Seitdem<br />

hat sich nicht nur der gesamte Kosmetikmarkt, sondern auch das<br />

Aufgabenspektrum des Verbandes stetig gewandelt und vergrößert.<br />

DEUTSCHLAND NIMMT ZUM ERSTEN MAL seit Kriegsende wieder<br />

an den Olympischen Spielen teil. Die Insel<br />

Helgoland kommt wieder unter deutsche<br />

Verwaltung. Japan und die Bundesrepublik<br />

nehmen diplomatische Beziehungen<br />

auf. Bundespräsident Heuss und Bundeskanzler<br />

Adenauer einigen sich auf<br />

das »Deutschlandlied« als Nationalhymne.<br />

Die Bundesrepublik wird Mitglied<br />

des Internationalen Währungsfonds<br />

und der Weltbank. Und der<br />

deutsche Theologe und Missionsarzt<br />

Albert Schweitzer erhält für<br />

sein Wirken den Friedensnobelpreis.<br />

Würde man all diese Ereignisse<br />

aus dem Jahre 1952 unter<br />

eine gemeinsame Formel<br />

bringen, könnte sie lauten:<br />

Rückkehr zur<br />

Normalität. International<br />

gewann<br />

Deutschland<br />

nach den Gräueltaten<br />

des Zweiten<br />

Weltkrieges<br />

wieder an Ansehen,<br />

und der Wiederaufbau<br />

des zerstörten<br />

Der Griff zum Schminkpinsel<br />

ist für Frauen inzwischen eine<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Foto: iStock Photo<br />

Landes lief auf Hochtouren.Wirtschaftswunder<br />

lautete das<br />

Wort der Stunde.<br />

Beste Rahmenbedingungen<br />

also, um im<br />

gleichen Jahr in Frankfurt<br />

am Main eine Interessenvertretung<br />

für<br />

hochwertige Kosmeti-<br />

ka zu gründen, den Verband der kosmetischen Einfuhrfirmen<br />

(<strong>VKE</strong>). Denn mit der zunehmenden Normalisierung<br />

des Alltags nach dem Krieg entstand immer<br />

stärker der Wunsch, wieder die Kultur des Schönen<br />

zu pflegen und zu leben – mit Genuss, Stil und Leidenschaft.<br />

Und genau für diese Werte steht der <strong>VKE</strong><br />

von Anfang an.<br />

Sprachrohr für Genuss, Stil und Leidenschaft<br />

Die Organisation, die Anfang 2007 ihren Sitz nach<br />

Berlin verlagerte, vertritt heute wie damals die gemeinsamen<br />

Berufs- und Fachinteressen der mit der Vermarktung<br />

von Parfums, Kosmetik und Körperpflegeprodukten<br />

befassten deutschen Distributeure und<br />

Herstellerfirmen.<br />

Die Zahl der Mitglieder wuchs dabei über die Jahre auf<br />

heute knapp sechzig vorwiegend selektiv vertreibende<br />

Tochterunternehmen ausländischer Stammhäuser beziehungsweise<br />

deutsche Kosmetikanbieter, die zusammen<br />

mehr als 200 zum Teil weltbekannte Marken anbieten<br />

und einen Deutschland-Umsatz von fast zwei<br />

Milliarden Euro repräsentieren.<br />

Der Verband vertritt dabei vor allem die Anbieter von<br />

Kosmetika des mittleren, hohen und höchsten Preissegments.<br />

Entscheidend sind aber keinesfalls Größe oder<br />

Umsatz der Einzelunternehmen, sondern die Einhaltung<br />

der qualitativen Kriterien des beratungsintensiven<br />

selektiven Vertriebs.<br />

Bei seiner Arbeit geht es dem <strong>VKE</strong> seit Anbeginn vor<br />

allem darum, das Eigenverständnis der Depotkosmetik<br />

zu stärken und auf allen politischen und wirtschaftlichen<br />

Ebenen zu manifestieren. Stark im Fokus steht<br />

dabei, die Position des selektiven Vertriebssystems<br />

weiter zu festigen und Imagepflege für den gehobenen<br />

Konsum zu betreiben. Sichergestellt werden soll eine<br />

fachlich kompetente, autorisierte, im Sortiment umfassende,<br />

qualitativ hochwertige und trotzdem breite<br />

Distribution – ein Anspruch, den besonders auch der<br />

im Januar 2001 gegründete Arbeitskreis »Selektiver


Quelle: Brigitta KA 2012<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

KONSUMENTINNEN ZWISCHEN MARKENTREUE UND PROBIERLUST<br />

Dekorative Kosmetik Make-up, Nagellack,<br />

Lippenstift, Wimperntusche usw.<br />

Gesichtspflege Tagescreme, Nachtcreme,<br />

Reinigungs-milch, Gesichtsmaske<br />

usw.<br />

Körperpflege Seife, Deodorant, Bade-/<br />

Duschzusätze usw.<br />

Haarpflege Shampoo, Haarkur, Haarspray,<br />

Tönungsmittel usw.<br />

Düfte Parfüm, Eau de Cologne, Eau de<br />

Toilette<br />

Ich kaufe aus<br />

Überzeugung<br />

immer die<br />

gleiche Marke<br />

Vertrieb und Recht« verfolgt. Gestärkt werden sollen<br />

insbesondere auch das Anspruchsbewusstsein und der<br />

Produktinformationsgrad beim Verkaufspersonal in<br />

den deutschen Parfümieren und Drogerien.<br />

Verbraucherschutzstandards sicherstellen<br />

Ein weiteres Tätigkeitsfeld des <strong>VKE</strong> als Industrieverband<br />

und damit Informationsdrehscheibe zwischen Experten<br />

aus Wissenschaft, Handel, Endverbrauchern,<br />

Verbänden und den Regierungsinstitutionen ist, die<br />

Einhaltung der hohen europäischen Verbraucherschutzstandards<br />

sicherzustellen. Ein anderes zentrales<br />

Anliegen ist die Bekämpfung der Produktpiraterie beziehungsweise<br />

der Einfuhr von Kosmetika über sogenannte<br />

Graumärkte sowie die Bewahrung eines fairen<br />

Wettbewerbs im Kosmetikmarkt.<br />

In diesem Zusammenhang spielt die 2001 mit dem<br />

Markenverband eingegangene enge Kooperation eine<br />

wichtige Rolle. Gemeinsam wurden gleich gelagete<br />

vertriebs- und markenpolitische Interessen gebündelt,<br />

ebenso die vorhandene Expertise auf dem Gebiet des<br />

Markenaufbaus, der Markenpflege und vor allem des<br />

Marken- sowie Kartellrechts.<br />

Produkt- und Markenpiraterie wird dabei als innovationsfeindlich,<br />

Gefahr für die Verbrauchersicherheit und<br />

Arbeitsplatzvernichter bekämpft. Allein 2011 wurden<br />

im Produktsegment Parfum und Kosmetik vom Zoll in<br />

Deutschland gefälschte Waren im Wert von 1,3 Millio-<br />

Ich habe eine<br />

bestimmte Auswahl<br />

von Marken,<br />

zwischen denen<br />

ich je nach Lust<br />

und Laune auswähle<br />

Ich habe eine bestimmte<br />

Auswahl<br />

von Marken, unter<br />

denen ich diejenige<br />

aussuche, die<br />

gerade besonders<br />

preisgünstig ist<br />

Ich nehme immer<br />

das Preisgünstigste,<br />

ohne auf die<br />

Marke zu<br />

achten<br />

Kaufe ich nie<br />

14 % 41 % 25 % 10 % 9 %<br />

31 % 33 % 24 % 8 % 4 %<br />

14 % 39 % 34 % 13 % 0 %<br />

23 % 37 % 30 % 9 % 0 %<br />

18 % 48 % 23 % 6 % 6 %<br />

Sonnenschutzmittel 18 % 25 % 32 % 18 % 7 %<br />

Zahnpflege Zahnpasta, Mundwasser,<br />

Zahnbürste usw.<br />

27 % 30 % 29 % 14 % 0 %<br />

Basis: 29,99 Mio. Frauen zwischen 14 und 70 Jahren<br />

VERBANDSHISTORIE<br />

Setze Frau früher meist auf eine einzige Lieblingsmarke, wählt sie heute nach Lust, Laune und Preis aus einer Gruppe verschiedener Produkte.<br />

nen Euro sichergestellt – bei einer vermutet sehr hohen<br />

Dunkelziffer gefälschter Kosmetika, die über nicht autorisierte<br />

Vertriebswege, etwa Internet-Auktionsplattformen,<br />

ihren Weg zum Verbraucher finden. Nicht zuletzt<br />

deshalb unterstützt der <strong>VKE</strong> das multilaterale<br />

Handelsabkommen ACTA, um die globale Verfolgung<br />

des Diebstahls von geistigem Eigentum zu ermöglichen.<br />

Auch die Öffentlichkeitsarbeit gehört zu den Schwerpunkten<br />

der <strong>VKE</strong>-Arbeit: Der Verband ist Ansprechpartner<br />

für alle Medien, wenn es beispielsweise um<br />

hochwertige Kosmetik, quantitative und qualitative<br />

trends und Entwicklungen im Markt, Konsumentenverhalten<br />

sowie alle Fragen rund um das Aufgabengebiet<br />

des Verbandes geht.<br />

Zudem versteht man sich als kompetenter Ansprechpartner<br />

im Falle diskriminierender oder diffamierender<br />

Äußerungen in der Öffentlichkeit, zum Beispiel durch<br />

fragwürdige Berichte über vermeintlich gesundheitsgefährdende<br />

Inhaltsstoffe. Mit Hilfe von Experten aus<br />

Forschung und Wissenschaft erhalten die betroffenen<br />

Mitgliedsfirmen fundierte Argumentationshilfen.<br />

Doch auch ein wenig Glamour erlaubt sich der <strong>VKE</strong>:<br />

Der Verband koordiniert die Arbeit der Fragrance<br />

Foundation Deutschland, um der Banalisierung des<br />

Kulturguts Parfum entgegenzutreten und die Faszination<br />

Parfum zu fördern – etwa durch die jährliche Verleihung<br />

des deutschen Parfumpreises »Duftstars« im<br />

Rahmen einer aufwändigen Galaveranstaltung.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

17


60 JAHRE <strong>VKE</strong> VERBANDSHISTORIE MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

18<br />

PARFUM GEHÖRT INZWISCHEN FÜR VIELE ZUR TÄGLICHEN ROUTINE<br />

Wie häufig verwenden Sie Eau de<br />

Toilette oder Eau de Parfum?<br />

Täglich oder fast täglich<br />

3-4 Mal pro Woche<br />

1-2 Mal pro Woche<br />

1-2 Mal im Monat<br />

Seltener als einmal im Monat<br />

Nie<br />

18<br />

15<br />

12<br />

16<br />

Ein Markt in steter Bewegung<br />

Dass sich die Arbeit des <strong>VKE</strong> lohnt, zeigen nicht zuletzt<br />

die Zahlen. In einer repräsentativen Umfrage haben<br />

der Verband und TNS Infratest 1045 Männer und<br />

Frauen im Alter von 18 bis 64 Jahren zu ihren persönlichen<br />

Verwendungsgewohnheiten von Duft befragt.<br />

Fast die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer<br />

gaben dabei an, täglich Eau de Toilette oder Eau<br />

de Parfum zu verwenden. Für jeden Zweiten ist die<br />

Verwendung damit tägliche Routine. Bei den 18- bis<br />

34-Jährigen greifen sogar genau so viele Männer wie<br />

Frauen täglich zum Duft. Auffällig dabei: Selten- bzw.<br />

Nicht-Verwender gibt es nur wenige. Lediglich jeder<br />

fünfte Mann und noch weniger der Frauen verwenden<br />

niemals Eau de Toilette oder Eau de Parfum.<br />

Die Verwendung von Düften ist also für die meisten<br />

Menschen selbstverständlich geworden – nur noch<br />

wenige können sich einen Verzicht darauf vorstellen.<br />

Zwischen Frauen und Männern zeigen sich dabei nur<br />

geringfügige Unterschiede: Besonders bei den jungen<br />

Männern ist die Verwendung genauso selbstverständlich<br />

wie bei den Frauen.<br />

Auch wurden von <strong>VKE</strong> und TNS Infratest 507 Frauen<br />

im Alter zwischen 18 und 64 Jahren zu den Verwendungsgelegenheiten<br />

dekorativer Kosmetik befragt. Dabei<br />

beantworteten 22 Prozent der Konsumentinnen<br />

die Frage, zu welchen Gelegenheiten sie die von ihnen<br />

verwendete dekorative Kosmetik auftragen, mit<br />

»immer«. Zu Hause oder beim Sport legen Frauen jedoch<br />

deutlich weniger Wert darauf, sich zu schminken:<br />

Im Durchschnitt gaben hier nur knapp 10 Prozent der<br />

Frauen an, dekorative Kosmetik aufzutragen. Verlassen<br />

sie das Haus, ergibt sich jedoch ein ganz anderes<br />

Bild: Bereits bei alltäglichen Dingen wie dem Einkauf<br />

gaben 22 Prozent an, sich zu schminken.<br />

Geht es zu geselligen Anlässen wie Feierlichkeiten,<br />

8<br />

7<br />

5<br />

12<br />

13<br />

19<br />

Total Alter<br />

45<br />

30<br />

Frauen<br />

Männer<br />

18 - 34 35 - 54 55 - 64<br />

Quelle: TNS Infratest, Repräsentative Online-Befragung, 1045 Frauen und Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren, Juni 2011, Deutschland<br />

Fast die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer verwenden täglich Eau de Toilette oder Eau de Parfum.<br />

20<br />

17<br />

12<br />

16<br />

6<br />

7<br />

7<br />

8<br />

19<br />

17<br />

37<br />

35<br />

15<br />

17<br />

13<br />

19<br />

9<br />

8<br />

5<br />

13<br />

26<br />

9<br />

17<br />

50<br />

21<br />

9<br />

11<br />

9<br />

8<br />

6<br />

3<br />

15<br />

13<br />

26<br />

44<br />

34<br />

in die Diskothek oder zu einem Date, so verwenden<br />

durchschnittlich 55 Prozent der befragten Konsumentinnen<br />

dekorative Kosmetik. Und besondere Gelegenheiten<br />

wie eine Hochzeit veranlassen sogar fast drei<br />

Viertel der Frauen sich zu schminken.<br />

Mascara ist dabei das Produkt, das Frauen am häufigsten<br />

verwenden: Zwei Drittel der 18- bis 64-Jährigen<br />

nutzen es mindestens einmal in der Woche. Zum<br />

Vergleich: Nagellack wird zwar auch von drei Viertel<br />

der Frauen gelegentlich verwendet, aber die meisten<br />

lackieren sich die Nägel eher zu besonderen Gelegenheiten<br />

– nur ein Viertel tut dies regelmäßig.<br />

Besonders verbreitet ist die Nutzung von Mascara unter<br />

jüngeren Frauen (18 bis 34 Jahre). Andere Produkte,<br />

die besonders von Jüngeren verwendet werden,<br />

sind Puder und Make-up, wobei letzteres auch von<br />

Frauen mittleren Alters öfter genutzt wird. Lippenstift<br />

und Lipliner dagegen nutzen die Jüngeren zwar gelegentlich,<br />

häufiger werden diese Produkte aber von<br />

Frauen über 35 Jahren verwendet.<br />

Optimistisch in die Zukunft<br />

Der Parfum- und Kosmetikmarkt entwickelt sich also<br />

beständig weiter, und auch die Unternehmen des<br />

selektiven Kosmetikvertriebs konnten 2011 auf das<br />

erfolgreichste Geschäftsjahr seit mehr zehn Jahren<br />

zurückblicken. Die vom <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband repräsentierten<br />

Unternehmen der mittel- und höherpreisigen<br />

Kosmetik melden für 2011 ein überdurchschnittliches<br />

Umsatzplus von 5,2 Prozent im Vergleich zum<br />

Vorjahr.<br />

Als Gründe dafür angesehen werden starke Qualitätsmarken,<br />

hohe Innovationskraft und konstruktive<br />

Lösungsansätze zur Fortentwicklung des Marktes.<br />

Zudem habe eine geänderte Absatzpolitik in den Parfümerien<br />

dazu geführt, den Konsumenten den Wert


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

MASCARA IST BEI DER DEKORATIVEN KOSMETIK BESONDERS BELIEBT<br />

Total 18-34 Jahre 35-49 Jahre 50-64 Jahre<br />

in % n=507 n=182 n=219 n=105<br />

Mascara<br />

Make-up<br />

Puder<br />

Lippenstift<br />

Rouge<br />

Lipliner<br />

Nagellack<br />

31<br />

27<br />

38<br />

von Marken noch deutlicher zu machen und damit ihr<br />

Vertrauen zurückzugewinnen.<br />

Aber es gibt auch immer wieder neue Herausforderungen.<br />

Beispielsweise hält es der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband<br />

auch in Zukunft für unerlässlich, dass seine Mitgliedsunternehmen<br />

der auch in der Kosmetikbranche<br />

wachsenden Nachfragemacht der Händler begegnen<br />

und überzeugende Konzepte von dort einfordern. Ferner<br />

gelte es, übermäßige regulatorische Eingriffe auf<br />

europäischer sowie nationaler Ebene zu verhindern,<br />

um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.<br />

Wie die Branche in 60 Jahren dasteht und welche Geschehnisse<br />

dann die Menschen bewegen werden, lässt<br />

51<br />

46<br />

45<br />

66<br />

58<br />

70<br />

66<br />

77<br />

83<br />

78<br />

76<br />

24<br />

24<br />

37<br />

38<br />

regelmäßige Verwendung Verwendung überhaupt<br />

(zumindest 1-2mal / Woche)<br />

Quelle: TNS Infratest, Repräsentative Online-Befragung, 1045 Frauen und Männer im Alter von 18 bis 64 Jahren, Juni 2011, Deutschland<br />

Dek. Kosmetik<br />

allgemein<br />

56<br />

55<br />

Klarer Favorit: Zwei Drittel der 18- bis 64-Jährigen nutzen Mascara mindestens einmal in der Woche, um sich zu schminken.<br />

ZU WELCHEN ANLÄSSEN DEKORATIVE KOSMETIK ZUM EINSATZ KOMMT<br />

56<br />

78<br />

68<br />

78<br />

77<br />

84<br />

82<br />

90<br />

26<br />

40<br />

35<br />

46<br />

52<br />

50<br />

63<br />

60<br />

71<br />

68<br />

73<br />

81<br />

79<br />

80<br />

Mascara Lippenstift Make-up<br />

in % n = 507 n = 422 n = 397 n = 392<br />

Bei besonderen Gelegenheiten (z.B. Hochzeit,<br />

Jubiläum, andere Feste/Feierlichkeiten)<br />

71<br />

76<br />

75<br />

74<br />

Wenn ich abends tanzen oder in eine Bar gehe<br />

55<br />

66<br />

58<br />

60<br />

Bei kulturellen Anlässen (Theater, Oper, Ausstellung<br />

etc.)<br />

55<br />

64<br />

56<br />

57<br />

Wenn ich abends Essen gehe<br />

47<br />

64<br />

52<br />

52<br />

Wenn ich ein Date habe<br />

52<br />

63<br />

51<br />

57<br />

Wenn ich ins Kino gehe<br />

Bei der Arbeit<br />

Wenn ich mich spontan mit engen Freunden treffe<br />

Beim Einkaufen<br />

Wenn ich mit meinem Partner/meiner Familie Zeit zu<br />

Hause verbringe<br />

Wenn ich alleine zu Hause bin<br />

Beim Sport<br />

Immer<br />

33<br />

31<br />

27<br />

22<br />

14<br />

9<br />

8<br />

53<br />

53<br />

47<br />

43<br />

27<br />

19<br />

17<br />

41<br />

Quelle: TNS Infratest, Repräsentative Online-Befragung, 507 Frauen ab 18 Jahre, Februar 2011, Deutschland<br />

22<br />

34<br />

30<br />

29<br />

24<br />

12<br />

8<br />

5<br />

18<br />

37<br />

37<br />

31<br />

25<br />

15<br />

9<br />

8<br />

25<br />

30<br />

39<br />

36<br />

33<br />

32<br />

51<br />

49<br />

sich heute natürlich noch nicht beantworten. Die nahe<br />

Zukunft aber, soviel lässt sich schon jetzt sagen,<br />

scheint vielversprechend. Das zeigen auch die aktuellen<br />

Einschätzungen der <strong>VKE</strong>-Mitgliedsunternehmen.<br />

Demnach erwarten 54 Prozent von ihnen für 2012 steigende<br />

Umsätze. Der <strong>VKE</strong> rechnet daher für das laufende<br />

Gesamtjahr mit Umsatzzuwächsen von bis zu drei<br />

Prozent. Dabei sehen die Firmen vor allem die Dekorative<br />

Kosmetik, Damendüfte sowie das Herrensegment<br />

als Wachstumssegmente. Denn Genuss, Stil und Leidenschaft,<br />

kurzum die Kultur des Schönen gilt es heute<br />

ebenso zu pflegen wie schon vor sechs Jahrzehnten<br />

bei der Gründung des <strong>VKE</strong>.<br />

Torsten Schöwing<br />

54<br />

63<br />

59<br />

58<br />

75<br />

77<br />

72<br />

VERBANDSHISTORIE<br />

Selbst zum Einkauf schminken<br />

sich 22 Prozent der Frauen. Und<br />

bei Hochzeiten verwenden sogar<br />

fast drei Viertel aller Frauen<br />

dekorative Kosmetik.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

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60 JAHRE <strong>VKE</strong> WERTEWANDEL MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

20<br />

Die Versportung<br />

des Selbst<br />

Die Werte der Deutschen Wandeln sich. Freiheit, Familie und Gesundheit<br />

werden immer wichtiger. Dieser Wertewandel hat Auswirkungen<br />

auf den Kosmetikmarkt der Zukunft. Self-Designing<br />

gewinnt an Bedeutung.<br />

WIR HABEN GENAU HINGEHÖRT: Eine halbe Million Dokumente<br />

im Internet wurden ausgewertet, um mehr darüber<br />

zu erfahren, was die Deutschen denken und<br />

was ihnen wichtig ist. Herausgekommen ist eine Top<br />

10-Liste der wichtigsten Werte der Deutschen: der<br />

Werte-Index 2012. Auf den ersten drei Plätzen und<br />

damit die wichtigsten Werte der Deutschen: die Freiheit,<br />

die Familie und die Gesundheit.<br />

Freiheit bedeutet Autonomie<br />

Von den veränderten Bedürfnissen der Menschen ist<br />

die Kosmetikbranche unmittelbar betroffen. So steht<br />

mit der Freiheit zwar der gleiche Wert an der Spitze<br />

des Werte-Rankings wie schon in der ersten Auswertungs-Welle<br />

aus dem Jahr 2009. Doch das, was die<br />

Menschen mit dem Begriff Freiheit meinen, unterliegt<br />

einem Wandel – und dieser ist eng mit dem verknüpft,<br />

wofür die Kosmetikbranche steht. Denn Freiheit bedeutet<br />

heute nicht mehr freie Auswahl oder mehr Individualität,<br />

sondern Autonomie. Wir möchten selbstbestimmt<br />

leben, eigenständig an unserem Glück arbeiten<br />

– und Kosmetikprodukte können im besten Fall helfen,<br />

uns dieses gute Gefühl zu vermitteln.<br />

Ob es sich um ein Deo handelt, das 72 Stunden wirksam<br />

ist oder um ein Make-up, das den ganzen Tag<br />

hält, nicht abfärbt und angenehm in seiner Textur ist<br />

– gerade die Innovationen im Kosmetiksektor helfen<br />

den Menschen dabei, ein Leben nach ihren eigenen<br />

Vorstellungen und frei von Zwängen zu führen. Die<br />

Botschaft: Die Herausforderungen des Alltags sind<br />

spannend. Wir sollten optimal auf alle Eventualitäten<br />

vorbereitet sein.<br />

Das Bedürfnis nach dem Selbst-Design des eigenen<br />

Aussehens bekommt so in den nächsten Jahren immer<br />

stärker eine sportliche Note. Vor allem auf dem Wachstumsmarkt<br />

der Männerkosmetik werden sich die Umsätze<br />

mit diesem Produktversprechen ausweiten lassen.<br />

Die Unzufriedenheit des Mannes mit seinem Aussehen<br />

wächst, gleichzeitig aber auch die Bereitschaft mittels<br />

Kosmetik die Kontrolle über das Selbst zurückzugewinnen.<br />

Und so neue Freiheit zu erfahren.<br />

Tryvertising-Optionen versprechen Freiheit<br />

Auf der Vertriebsschiene sind es unter anderem die<br />

Tryvertising-Angebote, die auf dieses Konto einzahlen.<br />

Testangebote wie die amerikanische Birchbox.com<br />

stehen für die Lust am Ausprobieren. Zum Preis von<br />

zehn US-Dollar im Monat beziehungsweise 110 US-<br />

Dollar im Jahr bekommen die Kundinnen monatlich eine<br />

hochwertige, pinkfarbene Box per Post zugeschickt,<br />

die mit fünf Produktproben aus dem High End Beauty-Bereich<br />

gefüllt sind. Mit einem Bonuspunktesystem<br />

werden die Abonnenten beim Kauf der Originalgrößen<br />

belohnt und zum Weiterempfehlen in ihrem persönlichen<br />

Netzwerk animiert. Um das Bedürfnis männlicher<br />

Verwender nach Versportung des Selbst zu<br />

bedienen, wurde unlängst Hiskit.com gelauncht. Zu<br />

einem Preis von zwölf US-Dollar im Monat bekommen<br />

Männer hier ebenfalls Testboxen per Post zugeschickt<br />

– gefüllt mit Kosmetika, aber auch Unterwäsche, Parfumproben<br />

oder Telekommunikationsaccessoires.<br />

Eine andere Möglichkeit, die Kunden zum Kauf zu animieren<br />

und gleichzeitig ihr Bedürfnis nach Freiheit ernst<br />

zu nehmen, besteht in den vielfältigen neuen Virtual<br />

Makeover-Simulatoren. Diese machen es möglich, neue<br />

Produkte an einem Abbild seines Selbst auszuprobieren.<br />

Bildschirme in japanischen Shiseido-Filialen oder digitale<br />

Spiegel in britischen L’Oréal-Verkaufsstellen zeigen,<br />

wie die Zukunft in diesem Segment aussehen wird.<br />

Kosmetik ist auch Wärme und Pflege<br />

Der Wert, der den Deutschen derzeit am zweitwichtigsten<br />

ist, ist die Familie. Familie ist das Versprechen<br />

eines sicheren Hafens in einer unsicheren und zunehmend<br />

komplexen Welt. Wem Familie gelingt, der demonstriert<br />

Optimismus, Flexibilität, Selbstsicherheit<br />

und Belastungsfähigkeit – allesamt Attribute, die auch<br />

von den Herstellern von Kosmetikprodukten benutzt


Foto: iStock Photo<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Virtual Makeover-Simulatoren wie digitale Spiegel in britischen L’Oréal-Verkaufsstellen zeigen, wie die Zukunft in diesem Segment aussehen wird.<br />

werden, um ihre Abverkaufszahlen zu erhöhen. Die<br />

Pflege von Haut und Haar, die dekorative Gestaltung<br />

des Selbst und die Kontrolle über Gestalt und Geruch<br />

des eigenen Äußeren ist die Schnittstelle zwischen Innen<br />

und Außen, zwischen Beruf und Familie.<br />

Selbstverständlich ist Familie dabei auch ein Synonym<br />

für Gemeinschaft. Der Wert, der auf Platz 4 im Ranking<br />

des Werte-Index landet – und der damit der größte<br />

Aufsteiger im Vergleich zur ersten Befragungswelle ist.<br />

Noch vor drei Jahren landete Gemeinschaft auf dem<br />

zehnten Rang. Heute signalisieren die hohe Einstufung<br />

von Familie und Gemeinschaft, dass es sich in Zukunft<br />

kein Hersteller mehr leisten kann, an diesem Bedürfnis<br />

vorbei neue Produkte und Services zu entwickeln. Vor<br />

allem kommunikativ wird es in den nächsten Jahren<br />

darum gehen, den Konsumenten Angebote zu unterbreiten,<br />

die ihre Sehnsucht nach einem neuen Wir-Gefühl<br />

aufgreifen. Gerade bei so intimen Produkten wie<br />

Kosmetika gilt es, Vertrauen zu schaffen und den Verwendern<br />

die Möglichkeit zu geben, sich mit Gleichgesinnten<br />

über die Produkte auszutauschen.<br />

WERTEWANDEL<br />

Neben den Unternehmens-Websites und Facebook-<br />

Profilen bieten sich dafür künftig Microblogs und<br />

Microsites an. Damit sind Webseiten mit wenigen Unterseiten<br />

und geringer Navigationstiefe gemeint, die geeignet<br />

sind, ein ganz spezielles Thema zu vertiefen oder<br />

zu einem Gespräch einzuladen.<br />

Ein Beispiel für eine Microsite in der Kosmetikbranche<br />

ist die »Make-up Lounge« von L’Oréal. Unter www.<br />

inside-loreal-paris.de/makeuplounge gibt es Schminktipps<br />

von Testimonial Miriam Jacks, die als Visagistin<br />

in amerikanischen TV-Shows auftritt. Dabei wird bewusst<br />

darauf verzichtet, das Angebot groß bekannt zu<br />

machen. Es geht vielmehr um das Gefühl, Insiderwissen<br />

innerhalb einer begrenzten Gruppe vermittelt zu<br />

bekommen, das es wert ist, weitergetragen zu werden.<br />

Healthstyle ist der neue Lifestyle<br />

Bei dem Trend, der auf Platz 3 des aktuellen Werte-<br />

Index landet, liegt die Verbindung zur Kosmetikindustrie<br />

ebenfalls nahe. Längst hat sich die Gesundheit<br />

weg von der Abwesenheit von Krankheit und<br />

Unternehmen müssen den Konsumenten Angebote<br />

unterbreiten, die ihre Sehnsucht nach<br />

einem neuen Wir-Gefühl aufgreifen. Es gilt,<br />

Vertrauen zu schaffen und den Verwendern<br />

die Möglichkeit zu geben, sich mit Gleichgesinnten<br />

über die Produkte auszutauschen.<br />

Neben Unternehmens-Websites und Facebook-Profilen<br />

bieten sich dafür Microblogs<br />

und Microsites an. Ein Beispiel ist die »Make-up<br />

Lounge« von L’Oréal.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

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60 JAHRE <strong>VKE</strong> WERTEWANDEL MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

22<br />

Die Menschen werden in Zukunft noch stärker als bisher versuchen werden, die Gestaltung ihres Aussehens selbst in die Hand zu nehmen.<br />

hin zu einem Synonym für Leistungsfähigkeit, persönliches<br />

Wohlgefühl, Schönheit und Jugendlichkeit<br />

entwickelt. Produkte im Grenzbereich zwischen der<br />

Kosmetik und der Medizin wie zum Beispiel Inneov<br />

boomen und symbolisieren einen Wachstumsmarkt,<br />

der sich aus dem anhaltenden Altersbeben in unserer<br />

Gesellschaft ergibt. Je älter wir werden, desto jünger<br />

möchten wir sein. Kosmetika können uns dabei helfen,<br />

diesen Wunsch in Erfüllung gehen zu lassen.<br />

Neben den Cosmeceuticals werden es die hochinnovativen<br />

Kosmetikprodukte sein, die in den nächsten Jahren<br />

für neue Umsätze sorgen werden. Die tiefe Sehnsucht<br />

nach Verjüngung auf Seiten der Konsumenten<br />

sorgt dafür, dass sich die Investitionen in die Entwicklung<br />

neuer Wirkstoffe und Wirkverfahren auszahlen.<br />

Hier sind vor allem Produkte auf der Basis von pflanzlichen<br />

Stammzellen, Gluco-Glycerol zur Aktivierung<br />

der Aquaporine, Apiaceen-Peptide und weiterhin Hyaluronsäure<br />

und Urea zu nennen. Aber auch Ungewöhnliches<br />

wie der Acerola-Extrakt als Inhaltsstoff<br />

in Kosmetika oder Anti Aging-Produkte mit Arctiin,<br />

das aus der Klettenfrucht gewonnen wird, werden den<br />

Markt verändern.<br />

Naturkosmetik kennt viele Spielarten<br />

Daneben werden die Umsätze im Bereich der Naturkosmetik<br />

weiter steigen – auch dafür sorgt die wachsende<br />

Bedeutung des Wertes Gesundheit. Unabhängig<br />

davon, dass es für die Konsumenten schwierig ist, den<br />

Unterschied zwischen zertifizierter und nicht zertifizierter,<br />

naturnaher und herkömmlicher Kosmetik zu<br />

durchschauen. Mit einem Umsatz von 800 Millionen<br />

Euro ist Deutschland europaweit der größte Markt für<br />

Naturkosmetik. Jeder achte der 12,6 Milliarden Euro,<br />

die die Deutschen im vergangenen Jahr für Pflegeprodukte<br />

ausgegeben haben, floss bereits in Naturkosmetik.<br />

Davon profitieren sowohl die klassischen<br />

Anbieter wie Weleda oder Dr. Hauschka als auch die<br />

großen Hersteller wie Beiersdorf, denen mit der Ein-<br />

führung der Serie Nivea Pure & Natural im Jahr 2011<br />

ein Riesenerfolg geglückt ist.<br />

Die Alten versuchen sich zu verjüngen, die Jungen spielen<br />

mit den Attributen des Alters und färben sich die<br />

Haare silbern – im Spiel mit dem Aussehen werden Bedürfnisse<br />

sichtbar, bei deren Befriedigung die Kosmetikbranche<br />

wertvolle Dienste leisten kann.<br />

Self Designing als Schlüssel zu Freiheit<br />

Der Werte-Index 2012 zeigt, dass die Menschen in Zukunft<br />

noch stärker als bisher versuchen werden, die<br />

Gestaltung ihres Aussehens selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Das Self Designing ist der Schlüssel zu Freiheit,<br />

Gemeinschaftsgefühl und Gesundheit und wird zunehmend<br />

sportlich angegangen. Wir wünschen uns, von<br />

den Herstellern als Individuen ernst genommen zu werden<br />

– wenn wir uns im Beiersdorf Flagshipstore eine<br />

Analyse unserer Haut erstellen lassen oder von Rituals<br />

nach unseren Kosmetikvorlieben via Facebook oder<br />

Twitter gefragt werden. Und wir möchten darauf vertrauen<br />

können, dass die Produkte, die wir so nah an<br />

unser Gesicht, an Haut und Haar heranlassen, auch<br />

wirklich das halten, was sie versprechen.<br />

Prof. Peter Wippermann<br />

Peter Wippermann ist<br />

Gründer des Hamburger<br />

Trendbüros, ein Beratungsunternehmen<br />

für gesellschaftlichen<br />

Wandel.<br />

Seit 1993 ist er als Professor<br />

für Kommunikationsdesign<br />

an der Folkwang<br />

Universität der Künste<br />

tätig.<br />

Foto: iStock Photo


6oJahre<br />

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Kontakt: Gesamtanzeigenleitung Women Lifestyle · Norbert Wysokowski · norbert.wysokowski@bauermedia.com · Tel.: 040/3019-3141<br />

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60 JAHRE <strong>VKE</strong> ZIELGRUPPENTRENDS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

24<br />

Zielgruppentrends<br />

im Kosmetikmarkt<br />

In jüngerer Zeit haben sich vor allem die mittel- und höherpreisigen<br />

Segmente im Kosmetikmarkt dynamisch entwickelt. Veränderte<br />

Verbrauchergewohnheiten, aber auch soziodemografische<br />

Verschiebungen sind die Treiber des Wandels.<br />

IN DER GESAMTEN BEVÖLKERUNG ist der Wunsch nach einem<br />

gepflegten Äußeren in den vergangenen Jahren deutlich<br />

gewachsen. Dennoch ist der Kosmetikmarkt vor allem<br />

ein Frauenmarkt. Für die Damen spielen pflegende und<br />

dekorative Kosmetik sowie Düfte eine zentrale Rolle.<br />

Befragt nach 54 Themeninteressen, die den Bogen<br />

von Politik und Wirtschaft über Urlaub und Finanzen<br />

bis hin zu konkreten Produktmärkten spannen, nennen<br />

Frauen seit Jahren »Hautpflege, Körperpflege« als<br />

wichtigstes Thema. Knapp die Hälfte interessiert sich<br />

dabei in besonderem Maße für Themen und Produkte<br />

der pflegenden Kosmetik. Der Kreis der insgesamt Interessierten<br />

umfasst mehr als 90 Prozent.<br />

Auch die Themen Haarpflege und Frisuren, Make-up<br />

sowie Parfum/Düfte belegen Plätze im ersten Drittel<br />

des weiblichen Interessenspektrums. In der Altersgruppe<br />

der unter 30-jährigen Frauen ist dies noch deutlich<br />

stärker akzentuiert. Pflegende Kosmetik, Haarpflege<br />

und dekorative Kosmetik belegen die ersten drei Plätze.<br />

Das sind Ergebnisse der jährlich durchgeführten Allensbacher<br />

Markt- und Werbeträgeranalyse, die auch<br />

den Kosmetikmarkt untersucht.<br />

Männer: Interesse an Kosmetikthemen steigt<br />

In der männlichen Bevölkerung genießen Kosmetikthemen<br />

diese hohe Aufmerksamkeit nicht. Dennoch<br />

bietet gerade das Herrensegment den Herstellern und<br />

Distributeuren ein bedeutendes Entwicklungspotenzial.<br />

Seit Jahren wächst der Anteil vor allem junger<br />

Männer, die auf Styling und gepflegtes Aussehen<br />

Wert legen. Bei den unter 30-Jährigen ist ihr Anteil<br />

seit 1990 von 43 Prozent auf 56 Prozent gestiegen.<br />

Parallel hierzu ist das Interesse für Kosmetikthemen<br />

spürbar gewachsen. Inzwischen sind gut 70 Prozent<br />

der jungen Männer am Thema Haut- und Körperpflege<br />

interessiert und gut 62 Prozent am Thema Haarpflege/Frisuren<br />

(Grafik 1). Der engere Kreis der in besonderem<br />

Maße Interessierten ist in den vergangenen<br />

Jahren ebenfalls deutlich gewachsen, ist mit 22 beziehungsweise<br />

19 Prozent aber deutlich kleiner.<br />

In vielen Produktgruppen ist die Anzahl der jüngeren<br />

männlichen Verwender heute erheblich größer als vor<br />

20 Jahren. So benutzt heute jeder Zweite Haargel oder<br />

andere Produkte für das Haarstyling, 1990 waren es<br />

erst 17 Prozent. Spezielle Herrendüfte werden heute<br />

von 46 Prozent der jungen Männer getragen, 1990<br />

nur von 28 Prozent. 40 Prozent der Männer lassen<br />

sich dabei bei der Auswahl von Kosmetika und Düften<br />

beraten, 60 Prozent entscheiden darüber ganz allein.<br />

Frauen entscheiden in diesem Produktfeld häufiger<br />

autonom als Männer (zu 86 Prozent).<br />

In den vergangenen Jahren ist der Kreis der Verwenderinnen<br />

von Make-up weiter gestiegen. Nach den Photo<br />

jüngsten Erhebungen haben 48 Prozent der weiblichen<br />

iStock<br />

Bevölkerung zwischen 14 und 69 Jahren in den vergangenen<br />

sieben Tagen Produkte für ein Gesichts-Ma- Fotos:


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

GRAFIK 1: JUNGE MÄNNER LEGEN WERT AUF IHR STYLING<br />

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ke-up verwendet. 2005 lag der Anteil der Verwenderinnen<br />

bei 43 Prozent. Beim Augen-Make-up hat sich<br />

der Kreis der Verwenderinnen im gleichen Zeitraum<br />

von 46 Prozent auf 52 Prozent vergrößert.<br />

Auch die Verwendung von Damendüften ist weiter gestiegen<br />

– auf 66 Prozent. Hier lag die Hauptphase des<br />

Wachstums allerdings in der zweiten Hälfte der 1990er.<br />

Zwischen 1995 und 2000 erweiterte sich der Kreis der<br />

Verwenderinnen von Eau de Toilette oder Eau de Parfum<br />

von 45 auf 65 Prozent der Frauen bis 69 Jahre.<br />

Vor allem bei den unter 30-Jährigen liegen Produkte<br />

zur Haarentfernung im Trend. 45 Prozent der Frauen<br />

in dieser Altersgruppe benutzen Produkte für die Rasur<br />

TABELLE 1: FRAUEN NUTZEN ZEITSCHRIFTEN<br />

Reichweite<br />

in Prozent<br />

Affinitätsindex<br />

Gesamt 100,0 100<br />

Monatliche Frauenzeitschriften (Affinitätsindex > 150)<br />

Jolie 5,3 191<br />

Glamour 9,2 191<br />

InStyle 8,4 190<br />

Joy 5,2 186<br />

Myself 2,6 183<br />

Elle 6,2 169<br />

Vogue 7,5 169<br />

Shape 1,6 167<br />

Cosmopolitan 9,1 164<br />

Madame 2,7 164<br />

Laviva 2,6 164<br />

Maxi 4,7 154<br />

Basis: Bundesrepublik Deutschland, deutsche Bevölkerung, kosmetikinteressierte<br />

Frauen 14 bis 69 Jahre ( 8,37 Mio.)<br />

Quelle: Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse, AWA 2011<br />

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von Beinen oder Achseln oder Cremes zur Entfernung<br />

der Haare. Vor zehn Jahren waren es erst 24 Prozent.<br />

Im vergangenen Jahrzehnt ist die Verwendung von<br />

Anti-Aging-Produkten kontinuierlich gestiegen. Heute<br />

nutzt nahezu ein Fünftel der Frauen bis 69 Jahre Antifaltencremes,<br />

mit denen die Alterung der Haut hinausgezögert<br />

werden soll. Vor allem Frauen ab 35 greifen<br />

zu Anti-Aging-Produkten. Am höchsten ist die Verwenderrate<br />

in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen,<br />

ohne aber in den anschließenden Altersgruppen<br />

abrupt abzufallen. Angesichts der zunehmenden Alterung<br />

der Gesellschaft wird dieses Produktsegment in<br />

Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen.<br />

Kosmetikinteressierte Frauen sind printorientiert und lesen ein breites Spektrum von Zeitungen und Zeitschriften.<br />

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ZIELGRUPPENTRENDS<br />

Vor allem junge Männer legen zunehmend<br />

Wert auf ihr Aussehen.<br />

Bei den unter 30-Jährigen ist ihr Anteil<br />

seit 1990 von 43 Prozent auf 56<br />

Prozent gestiegen. Zudem sind gut<br />

70 Prozent der jungen Männer am<br />

Thema Haut- und Körperpflege interessiert<br />

und gut 62 Prozent am Thema<br />

Haarpflege/Frisuren.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

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60 JAHRE <strong>VKE</strong> ZIELGRUPPENTRENDS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

26<br />

GRAFIK 2: FRAUEN VERWENDEN LÄNGER MAKE-UP<br />

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Einen großen Teil ihrer Dynamik beziehen die Kosmetikmärkte<br />

aus einer deutlichen Verschiebung der<br />

Altersschwellen für die Verwendung von dekorativer<br />

Kosmetik und eingeschränkt auch von pflegender<br />

Kosmetik. In der Vergangenheit lagen die Absatzpotenziale<br />

vor allem bei jüngeren Zielgruppen. In einer<br />

alternden Gesellschaft wäre dies automatisch mit<br />

Absatzverlusten verbunden, wenn es nicht durch steigende<br />

Absatzchancen in den höheren Altersgruppen<br />

kompensiert oder gar überkompensiert würde.<br />

Auch Ältere setzen auf Make-up<br />

Beispiel Augen-Make-up: Heute wie vor 30 Jahren ist<br />

die Verwenderrate in den jüngsten Altersgruppen am<br />

höchsten (Grafik 2). Während die Verwenderrate aber<br />

1980 schon in der Altersgruppe der 35- bis 39-jährigen<br />

Frauen deutlich zurückging, liegt sie heute bis zur Altersgruppe<br />

der 60- bis 64-Jährigen auf recht hohem Niveau<br />

und bricht erst bei den 65- bis 69-Jährigen scharf<br />

ein. Seit 1980 hat sich diese Altersschwelle um etwa<br />

30 Jahre nach oben verschoben. Der Kosmetikmarkt<br />

profitiert von einer mentalen Verjüngung der höheren<br />

Altersgruppen unserer Gesellschaft.<br />

Dass heute Frauen aller Altersgruppen regelmäßig<br />

Make-up und andere Kosmetikprodukte verwenden,<br />

führt zu einer stärker nach Preis und Qualität differenzierten<br />

Nachfrage. Gerade in den oberen sozialen<br />

Schichten nehmen viele Frauen erhebliche Unterschiede<br />

in der Qualität von Kosmetikprodukten wahr.<br />

Die Allensbacher Studie ‚Top Level – Freude am Luxus’<br />

belegt zudem, dass sich viele Damen für Neuheiten<br />

bei Kosmetika und Düften interessieren und<br />

eher als in anderen Produktbereichen bereit sind, für<br />

gute Qualität auch einiges auszugeben. Viele hochpreisige<br />

Marken konnten deshalb ihre Bekanntheit und ihre<br />

Verwendung erheblich steigern – gerade in der Zielgruppe<br />

der Frauen mit höherem Einkommen und mit<br />

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Vor allem jüngere Frauen nutzen<br />

Make-up. Während die Verwenderrate<br />

aber 1980 schon in der Altersgruppe<br />

der 35- bis 39-jährigen<br />

Frauen deutlich zurückging, liegt<br />

sie heute bis zur Altersgruppe der<br />

60- bis 64-Jährigen auf recht hohem<br />

Niveau und bricht erst bei den 65-<br />

bis 69-Jährigen scharf ein.<br />

hoher Ausgabebereitschaft für Kosmetik und Düfte.<br />

Die überwiegende Mehrheit der kosmetikinteressierten<br />

Frauen sind regelmäßige Nutzerinnen des Internets.<br />

Ganz selbstverständlich informieren sie sich<br />

dort über Produkte, lesen Testberichte, besuchen Seiten<br />

von Produzenten und nutzen Preisvergleichsmöglichkeiten.<br />

Sie tauschen sich überdurchschnittlich häufig<br />

in sozialen Netzwerken aus und informieren sich in<br />

Blogs. Mehr als zwei Drittel kaufen online ein, viele<br />

mit überdurchschnittlicher Kauffrequenz. Gleichzeitig<br />

ist die überwiegende Mehrheit der kosmetikinteressierten<br />

Frauen auch printorientiert: Sie lesen ein breites<br />

Spektrum von Zeitungen und Zeitschriften. Besonders<br />

nahe stehen ihnen Titel wie �������, �������, ����,<br />

����� oder ������������ (Tabelle 1).<br />

Dr. Johannes Schneller<br />

Dr. Johannes Schneller ist<br />

seit 1993 Leiter der Mediaforschung<br />

beim Institut<br />

für Demoskopie Allensbach<br />

und verantwortet u.a. die<br />

Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse<br />

AWA und die<br />

Allensbacher Computer- und<br />

Technik-Analyse ACTA.


VERFÜHREN<br />

IST EINE<br />

KUNST Madame,<br />

L´Officiel Hommes,<br />

Jolie, Petra und Für Sie<br />

gratulieren zu 60 Jahren <strong>VKE</strong>.<br />

www.bm-brandmedia.de


60 JAHRE <strong>VKE</strong> MEHRWERT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

28<br />

Mehr-Wert schaffen<br />

Um auch künftig mehr Umsatz zu generieren, können die Hersteller<br />

von Kosmetik- und Körperpflegeprodukten nicht mehr<br />

allein auf Mengenwachstum bauen. Es muss gelingen, den Verbraucher<br />

den Mehrwert der Produkte zu vermitteln.<br />

BANKEN- UND EURO-SCHULDENKRISE, internationale Spannungen<br />

und Kriege – all das beunruhigt den Verbraucher,<br />

lässt ihn aber in seinem persönlichen Umfeld<br />

nicht in eine Phase des Konsumverzichts fallen.<br />

Ganz im Gegenteil: Während der Wachstumstreiber<br />

in Deutschland jahrelang ausschließlich der Export<br />

war und die Deutschen energisch zu mehr Inlandskonsum<br />

gemahnt werden mussten, scheinen sie jetzt<br />

wach geworden zu sein. Der Geschäftsklimaindikator<br />

im Einzelhandel (Ifo Konjunkturtest März 2012) verzeichnet<br />

einen starken Anstieg. Die Einzelhändler berichten<br />

von einer deutlich verbesserten Geschäftssituation<br />

und sind auch hinsichtlich der Entwicklung in den<br />

kommenden Monaten sehr zuversichtlich (Chart 1).<br />

Umsatzsteigerungen durch Mengenwachstum<br />

Dies spiegelt sich auch in den Umsatzentwicklungen<br />

des Jahres 2011 wider: Die Abverkäufe wurden in den<br />

meisten Warenkörben wertiger. Mengenwachstum<br />

gab es nur noch in wenigen Bereichen – die Umsatzsteigerungen<br />

wurden durch höhere Preise beziehungsweise<br />

höherwertige Produkte erzielt. Die Verbraucher<br />

gaben ihr Geld gezielter aus und schauten auf Qualität.<br />

Grund waren im Bereich der Nahrungsmittel insbesondere<br />

die Lebensmittelskandale, aber auch gestiegenen<br />

Rohstoffpreisen, die zumindest teilweise an die<br />

Verbraucher weiter gereicht wurden.<br />

Der Warenkorb der Körperpflege/Kosmetik weist dahingegen<br />

auf den ersten Blick ein anderes Bild auf:<br />

Foto: fotolia


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

KÖRBERPFLEGE UND KOSMETIK ÜBERWIEGEND IM PLUS<br />

Körperpflege/Kosmetik: Umsatzverteilung nach Einkaufsstätten: Jahr 2010/2011<br />

Körperpflege/Kosmetik total 8,62 Mrd €; +1,1% VÄ vs Vorjahr in %<br />

Parf/KWH;<br />

22,2<br />

sonstige;<br />

9,6<br />

Discounter;<br />

8,7<br />

DM; 43,7<br />

VM; 15,9<br />

Discounter<br />

Verbrauchermärkte<br />

Drogeriemärkte<br />

Parfümerie/KWHs<br />

sonstige<br />

Quelle: SymphonyIRI Group - InfoScan Retailer; LEH>200m² + Drogeriemärkte inkl. Aldi, Parfümerien, KWHs, Apotheke*<br />

(*Apotheke für ausgewählte Kategorien) Januar – Dez 2011 vs. VJ<br />

Relativ geringe Umsatzzuwächse wurden durch Mengenwachstum<br />

erzielt, die Preise waren sogar leicht<br />

rückläufig (Chart 2). In diesen Zahlen stecken zwei<br />

sehr unterschiedliche Trends, die eng mit der Entwicklung<br />

einzelner Handelsschienen verbunden sind.<br />

Mit Ausnahme der deutlich rückläufigen Discounter<br />

und des kleinflächigen LEH gelang es in allen Kanälen,<br />

die Umsätze für Körperpflege/Kosmetik auszuweiten.<br />

Während die Drogeriemärkte sich weiterhin<br />

im scharfen Wettbewerb untereinander befanden, waren<br />

es die Verbrauchermärkte, die stärker in die Optik<br />

des Konsumenten gelangten. Höherwertige Ladenkonzepte<br />

und stärkere Konzentration auf diese<br />

Warenbereiche zeigten Erfolg. Gerade Rewe und Edeka<br />

sind in diesen Sortimentsbereichen stark vertreten<br />

und setzen ihre Politik auch 2012 ungebrochen fort:<br />

Eine komplette Handzettelseite nur mit Kosmetik- und<br />

Körperpflegeangeboten bei Rewe wie im Januar – ein<br />

Anblick, den man so viele Jahre nicht kannte. Im eher<br />

höherpreisig geprägten Umfeld der Parfümerien sowie<br />

ABVERKÄUFE WERDEN IN DEN WARENKÖRBEN WERTIGER<br />

FMCG, Entwicklung Abverkäufe in Wert und Stück, Preise 2010/2011<br />

FMCG Total<br />

Getränke<br />

Nahrungsmittel incl. Baby<br />

Gelbe und weiße Linien<br />

Süße und salzige Snacks<br />

Körperpflege inkl. Baypflege<br />

TK-Kost<br />

WPR<br />

Tiernahrung und -hygiene<br />

Papierwaren inkl. Frauenhygiene<br />

und Windeln<br />

restliche<br />

2,2<br />

3,9<br />

2,7<br />

5,1<br />

-0,3<br />

1,1<br />

1,1<br />

1,0<br />

-0,4<br />

-0,9<br />

0,5<br />

-2,9<br />

-1,0<br />

-1,3<br />

-2,0<br />

-2,3<br />

-2,3<br />

-0,4<br />

0,0<br />

0,7<br />

-6,3<br />

Veränderung Umsätze in % Veränderung Stückverkäufe in % Veränderung Preise in %<br />

Quelle: SymphonyIRI Group - InfoScan Retailer; LEH>200m² + Drogeriemärkte inkl. Aldi, C&C, Parfümerien, KWH; Getränkemärkte<br />

2,0<br />

-4,0<br />

15,4<br />

2,2<br />

1,7<br />

2,0<br />

Die meisten Einkaufsstätten konnten<br />

2011 ihre Umsätze mit Kosmetik-<br />

und Körperpflegeprodukten<br />

steigern. Verluste verbuchten allerdings<br />

die Discounter und der<br />

kleinflächige LEH.<br />

der Kauf- und Warenhäuser wurde mit einem Umsatzplus<br />

von zwei Prozent im zweiten Jahr hintereinander<br />

ein gutes Ergebnis erzielt. Konzentriert man sich<br />

auf die drei Kernbereiche – Düfte, dekorative Kosmetik<br />

und Gesichtspflege – war es sogar ein Plus von<br />

drei Prozent. Besonders hervorzuheben ist das positive<br />

Ergebnis bei den Karstadt, Kaufhof und Co. (Chart<br />

3). Endlich ein kleiner Hoffnungsschimmer nach den<br />

vergangenen Jahren kontinuierlichen Abwärtstrends.<br />

Der Hauch von nicht vergänglichem Luxus<br />

In diesem selektiven Umfeld gibt es mehrere Wachstumstreiber:<br />

Bei den Düften finden höherwertige und<br />

höherpreisige Neuheiten das Interesse des Kunden.<br />

Gleichzeitig erinnern sich einige Firmen verstärkt an<br />

ihre Kernkompetenzen und stellen die prestigehaltigen<br />

Fashionnamen wieder stärker in den Vordergrund.<br />

Klassiker wie Chanel und Dior verzeichnen hohe Zuwachsraten.<br />

Sie vermitteln dem Verbraucher gerade<br />

in unsicheren Zeiten einen Hauch von nicht vergäng-<br />

-12,9<br />

-0,9<br />

-1,5<br />

1,6<br />

3,3<br />

1,0<br />

1,9<br />

4,3<br />

3,5<br />

5,7<br />

6,5<br />

MEHRWERT<br />

Mengenwachstum gab es nur noch<br />

in wenigen Bereichen – die Umsatzsteigerungen<br />

wurden durch höhere<br />

Preise beziehungsweise höherwertige<br />

Produkte erzielt. Die Verbraucher<br />

gaben ihr Geld gezielter aus<br />

und schauten auf Qualität.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

29


60 JAHRE <strong>VKE</strong> MEHRWERT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

30<br />

DÜFTE LASSEN DIE UMSÄTZE STEIGEN<br />

DÜFTE<br />

DEKORATIVE KOSMETIK<br />

GESICHTSPFLEGE<br />

Tsd.€<br />

Parfümerien<br />

KWH<br />

2010 2011 2010 2011<br />

VAE %<br />

+5<br />

61% 61% 61% 63%<br />

+4<br />

19% 19% 22% 21%<br />

-3<br />

20% 19% 17% 16%<br />

1.918.307 1.980.894 +3 370.204 380.274<br />

lichem Luxus – für den er dann auch bereit ist, hohe<br />

Preisniveaus zu akzeptieren.<br />

Die dekorative Kosmetik schafft es mittlerweile in Serie,<br />

Jahr für Jahr ihre Umsätze zu erhöhen. 2011 waren<br />

es vor allem Mascara und Nagellacke, die für Wachstum<br />

sorgten. Gerade bei den Nagellacken aber zeigt<br />

sich, wie schnelllebig die Mode ist: Während ähnlich<br />

wie bei den Düften die großen Designermarken<br />

Farbtrends vorgeben und es teilweise schaffen, durch<br />

Verknappung des Angebots regelrechte Hypes auszulösen,<br />

sind die Verfolger im preiswerten Einstiegsbereich<br />

mittlerweile fast zeitgleich mit ähnlichen Angeboten<br />

für den kleineren Geldbeutel anzutreffen. Beide<br />

Angebotsgruppen finden ihre Käufer. Allerdings ist es<br />

durchaus fraglich, ob sich die Parfümerie mit Nagellack-Angeboten<br />

für unter zwei Euro wirklich die Kunden<br />

heranzieht, die sie auf Dauer benötigen.<br />

Bleibt zuletzt noch der Blick auf die Gesichtspflege, das<br />

Sorgenkind des Jahres 2011 in allen Kanälen. Ob preiswert<br />

oder hohes Preisniveau, ob Apotheke oder Drogeriemarkt:<br />

Die Kundin cremt weniger. Liegt es an fehlenden<br />

neuen Angeboten? Die Neuheitenpalette war im<br />

vergangenen Jahr sehr übersichtlich, es wurde von Industrie<br />

und Handel wenig investiert. Oder mag es die<br />

Konsumentin lieber natürlich? Auch das ist ein Trend,<br />

der sich verstärkt hat. Insgesamt sieht es so aus, als<br />

hätte die Verbraucherin 2011 lieber ihre Restbestände<br />

verbraucht. Ein guter Punkt, um sie in diesem Jahr<br />

dort abzuholen und für neue Angebote zu gewinnen.<br />

Suche nach Sicherheit und Konsistenz<br />

Zusammenfassend kann man sagen: 2011 war für<br />

die Körperpflege/Kosmetik ein gutes Jahr. Aber was<br />

bringt die Zukunft? Das Stichwort Mehr-Wert zeigt<br />

den Weg: Gerade in der längerfristigen Betrachtung<br />

wird es zwangsläufig weniger Mengenkonsum geben.<br />

Umsatzwachstum durch höhere Preise ist auf Dauer<br />

nur machbar, wenn dem Verbraucher glaubhaft der<br />

VAE %<br />

+6<br />

-4<br />

+1<br />

3<br />

Konzentriert man sich auf die<br />

drei Kernbereiche Düfte, dekorative<br />

Kosmetik und Gesichtspflege,<br />

konnten Parfümerien sowie<br />

der Kauf- und Warenhäuser 2011<br />

ein Plus von drei Prozent erzielen.<br />

Mehr-Wert vermittelt wird. Gerade ein Konsument,<br />

der in anderen Lebensbereichen dauerhaft mit Wechsel<br />

und Unwegsamkeiten leben muss, sucht in seinem<br />

Konsumportfolio nach Sicherheit und Konsistenz über<br />

die Jahre. Eine kontinuierliche Markenpolitik, überzeugend<br />

kommuniziert, wird immer wichtiger.<br />

Hier spielt auch die Entwicklung der Alterspyramide<br />

eine große Rolle: Ältere Konsumenten verfügen über<br />

die Möglichkeiten, ihr Portfolio in der Kosmetik wertiger<br />

zu gestalten. Allerdings haben sie auch die notwendige<br />

Erfahrung, um Markenstrategien verstehen<br />

oder auch entlarven zu können. Die Pflege des Konsumenten<br />

– basierend auf dem Wissen um seine Wünsche<br />

– wird damit immer entscheidender.<br />

Sofern es Industrie und Handel schaffen, diese Punkte<br />

verstärkt und überzeugend aufzugreifen, dürfte die<br />

künftige Entwicklung der Körperpflege/Kosmetik in<br />

Deutschland weiterhin von einem Abwärtstrend verschont<br />

bleiben.<br />

Sabine Hefter<br />

Sabine Hefter ist Director<br />

Premium Cosmetics bei der<br />

SymphonyIRI Group. Seit<br />

1990 war sie federführend<br />

am Aufbau des selektiven<br />

Kosmetikpanels in Deutschland<br />

beteiligt und leitet diesen<br />

Themenbereich seit 1996 in<br />

eigener Verantwortung. Zuvor<br />

war sie in der Pharma-Industrie<br />

und bei der GfK tätig.


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60 JAHRE <strong>VKE</strong> SELEKTIVVERTRIEB MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

32<br />

Woher und wohin?<br />

Die Depotkosmetik hat stürmische Zeiten erlebt und ein sich<br />

ständig änderndes rechtliches Umfeld. Als eine der wenigen<br />

Branchen ist sie vom Selektivvertrieb geprägt. Ob das so bleibt, ist<br />

offen. Noch passen die kartellrechtlichen Rahmendaten nicht.<br />

IN DEUTSCHLAND RUHTE DER SELEKTIVVERTRIEB für Jahrzehnte<br />

auf zwei Säulen: einerseits dem Verbot der Ungleichbehandlung<br />

und andererseits der Freiheit der Hersteller<br />

zur Ausgestaltung ihres Absatzsystems nach eigenem<br />

Gutdünken. Für Markenartikel spielte der Selektivvertrieb<br />

dabei insbesondere als Mittel zur Abwehr<br />

des (imageschädlichen) Versandhandels eine wichtige<br />

Rolle. Auf Ebene der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />

(EWG) galt ebenfalls das Diskriminierungsverbot.<br />

Hier drohte allerdings das allgemeine<br />

Kartellverbot, von dem der Europäische Gerichtshof<br />

(EuGH) nur für »bedürftige Produkte« eine Ausnahme<br />

machen wollte. Zudem mußten Vertriebsbindungsverträge<br />

bei der Kommission zur Freistellung vom Kartellverbot<br />

angemeldet werden.<br />

Aura von Luxus: Düfte ebnen den Weg<br />

1992 brachten die Freistellungen der Kommission für<br />

Givenchy und Yves Saint Laurent (YSL) einen Durchbruch<br />

für die Branche, denn damit war die Zulässigkeit<br />

des Selektivvertriebs für Luxusparfums erstmals<br />

auf europäischer Ebene geklärt. Das verlor jedoch<br />

an Bedeutung, nachdem ab Mitte der 1990er-Jahre<br />

die Kommission den Selektivvertrieb für eine geplante<br />

Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) branchenunabhängig<br />

in den Blick nahm. Diese Verordnung<br />

2790/99 trat zur Jahrtausendwende in Kraft.<br />

Bereits zuvor waren die Verträge von Givenchy und YSL<br />

auf dem Prüfstand des EuGH, der mit einer Entscheidung<br />

vom Dezember 1996 beiden Unternehmen das<br />

Recht zur Lieferverweigerung gegenüber dem französischen<br />

Einzelhandelsriesen Leclerc zugesprochen hatte.<br />

Das Gericht bestätigte den Unternehmen eine Notwendigkeit<br />

zur Pflege und Aufrechterhaltung der »Aura von<br />

Luxus« als Besonderheit der Depotkosmetik.<br />

Die novellierte Gruppenfreistellungsverordnung Nr.<br />

330/10 vom 20. April 2010 schreibt die Vorgaben der<br />

ersten Verordnung fort. Sie bringt aber mit der nunmehr<br />

auch für den Handel geltenden Marktanteils-<br />

schwelle von 30 Prozent die Depotkosmetik vor allem<br />

hierzulande in Probleme. Denn der größte deutsche<br />

Händler überschreitet diese Schwelle, weshalb sich jeder<br />

Hersteller fragen muss, ob er ihn auch ohne den<br />

Schirm der Gruppenfreistellung weiter beliefert.<br />

Online-Handel: Gefahr für das Besondere<br />

Im Vorgriff auf die neue GVO hatte sich die Branche<br />

vehement einem Zwang zur Online-Zulassung wiedersetzt,<br />

denn die durch den EuGH geadelte »Aura<br />

von Luxus« war nach allgemeiner Ansicht im Internet<br />

existentiell bedroht. Am Ende konnte man sich<br />

schließlich mit der Kommission auf das Leitbild des<br />

Internet-Handels als »virtuelles Schaufenster« des<br />

physischen Ladengeschäfts verständigen.<br />

Wie wichtig das war, zeigte sich anläßlich der Belieferungsklage<br />

von Beautynet gegen Lancaster, die mit<br />

der BGH-Entscheidung »Depotkosmetik im Internet«<br />

vom November 2003 abgewiesen wurde. Der Bundesgerichtshof<br />

stellte dabei vor allem auf die Nähe des Internethandels<br />

zum Versandhandel als Rechtfertigung<br />

für die Zurückweisung des reinen Online-Handels ab.<br />

Lancaster hatte den Internetshop nicht mit Kosmetika<br />

beliefern wollen, weil das Web nicht den Grundsätzen<br />

selektiver Vertriebssysteme entspräche und somit nicht<br />

die »Aura des Luxus« gewährleiste.<br />

Die Kommission hatte sich bereits in den Leitlinien<br />

zur ersten GVO des Jahres 1999 bezüglich des Online-Handels<br />

an ihren Kriterien für zulässige und unzulässige<br />

Gebietsaufteilungen nach aktiven und passiven<br />

Verkäufen orientiert. Entsprechend definierte sie<br />

den Internet-Handel als passiven Verkauf. Damit wird<br />

es unmöglich, den Vertrieb über diesen Kanal zu verbieten.<br />

In den Leitlinien des Jahres 2011 wurden die<br />

Daumenschrauben zur erzwungenen Öffnung des Online-Vertriebs<br />

nochmals angezogen. Denn die bis dahin<br />

üblichen Klauseln zur mengenmäßigen Beschränkung<br />

des Online-Vertriebs zugunsten des Offline-Vertriebs<br />

wurden kategorisch als unzulässig erklärt.


Foto: fotolia<br />

Die Kosmetikbranche sieht<br />

die »Aura des Luxus« im<br />

Web bedroht.<br />

Damit können die Absatzwege<br />

heute nicht mehr nach eigenem<br />

Gutdünken ausgestaltet<br />

werden. Die Branche muss<br />

ihren Depositären den Internethandel<br />

freigeben. Sie hat jedoch<br />

die Möglichkeit zur Steuerung des<br />

Erscheinungsbildes und der Geschäftsabwicklung<br />

über gesonderte Internetkriterien in<br />

ihren Depotverträgen. Schon dieser Zwang ist abzulehnen.<br />

Zudem zeigen bereits einige Depositäre eine klare<br />

Tendenz, sich mit ihrem Online-Shop möglichst vom<br />

physischen Ladengeschäft (auch namensmäßig) abzusetzen,<br />

um dort eine reine Discounter-Vermarktungsstrategie<br />

zu verfolgen. Stand das Jahr 1996 noch ganz ist Zeichen<br />

von »AoL« (Aura of Luxury), so gibt 2012 Search<br />

Engine Optimizing (SEO) den Takt vor.<br />

Problematischer Markenschutz im Internet<br />

Vom markenrechtlichen Ausgangspunkt her sind fast<br />

alle Marken der Depotkosmetik »bekannte Marken«,<br />

die für sich einen erweiterten Schutz beanspruchen<br />

können. Von Dritten werden sie im Internet als Anker<br />

oder Navigationshilfen benutzt, um auf eigene<br />

Geschäftsangebote aufmerksam zu machen. Das beeinflusst<br />

die Hoheit des Markeninhabers über die<br />

Marke als Kommunikationsmittel. In diesem Zusammenhang<br />

geht es auch um die Reichweite des Schutzes<br />

gegen Bekanntheits- und Rufausbeutung bei der<br />

Markenverwendung auf unautorisierten Seiten – insbesondere<br />

im Rahmen der Suchwortwerbung. Zudem<br />

gewinnen Facebook und Co. an Bedeutung und erfordern<br />

von den Herstellern eine neue Politik.<br />

Zukünftig wird die Branche der Markendarstellung<br />

und Markenbenutzung ihrer Depositäre im Internet<br />

noch größere Aufmerksamkeit widmen müssen. Die<br />

Auseinandersetzungen über die Affiliate-Werbung und<br />

sonstige Aktivitäten zur Suchmaschinenoptimierung<br />

sind durch Anfragen aus Handelskreisen ins Rollen<br />

SELEKTIVVERTRIEB<br />

gebracht, aber längst noch nicht zu einem Abschluß<br />

gebracht worden. Es geht hierbei um Instrumente der<br />

Kundenerfassung und Kundensteuerung, die allesamt<br />

datenschutzrechtlich problematisch sind und es geht<br />

insbesondere um die gezielte Verlinkung von Inhalten<br />

autorisierter Seiten auf die Webseiten Dritter. Diese<br />

»Partnerschaften« mögen für den Online-Depositär<br />

nützlich sein, weil sie neuen Verkehr auf der eigenen<br />

Seite generieren. Allerdings geht damit genau<br />

das verloren, was der Selektivvertrieb bezweckt<br />

– die Herrschaft über das Erscheinungsbild<br />

des eigenen Markenauftritts<br />

auch am virtuellen Point of Sale.<br />

Bei Keyword-Werbung ist Google<br />

aufgrund der Entscheidung »Google<br />

France« des EuGH vom März 2010<br />

zwar zunächst aus der Schusslinie. Die<br />

Folgeentscheidungen »Ice.de«, »Bergspechte«,<br />

»Portakabin« und »Interflora« markieren jedoch eine<br />

Entwicklung zu erhöhten Anforderungen an die Werbenden<br />

und damit neue Gestaltungsformen von Markenrechtsverletzungen.<br />

Graumarkt: Kein unmittelbarer Rechtschutz<br />

Anfang der 1990er war hierzulande aufgrund der BGH-<br />

Entscheidung »Schweizer Loch« der Rechtsschutz gegen<br />

Außenseiter zusammengebrochen. Darunter versteht<br />

man nicht autorisierte Händler, die sich aus dem Graumarkt<br />

mit Ware versorgen. Bis dahin war der Außenseitervertrieb<br />

wettbewerbswidrig. Fortan galt auch das<br />

Dekodieren, das heißt die Entfernung oder Unkenntlichmachung<br />

von Kontrollnummern, nicht mehr als Wettbewerbsverstoß.<br />

Graumarktquoten im zweistelligen Prozentbereich<br />

waren danach keine Seltenheit mehr.<br />

Zehn Jahre später, im Juli 1999, konnte sich jedoch<br />

Lancaster nicht nur mit einem neuen Kodierungssystem<br />

auf der Grundlage der Chargennummer vor dem BGH<br />

durchsetzen. In der Entscheidung »Entfernung der Herstellungsnummer«<br />

nahm der BGH zugleich eine Richtungsänderung<br />

vor und bestimmte, dass es fortan auf<br />

die praktische Lückenlosigkeit nicht mehr ankomme.<br />

Anstelle dessen wurden die Kontrollinstrumente geschärft,<br />

mit denen die Vertriebsbinder ihr System überwachen<br />

sollten. Das zielte allerdings nicht mehr auf die<br />

Außenseiter, sondern auf die vertragsuntreuen Händler<br />

im System. Als Konsequenz dieser Entwicklung ist heute<br />

das früher erreichbare Verbot eines Außenseiterver-<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

33


60 JAHRE <strong>VKE</strong> SELEKTIVVERTRIEB MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

34<br />

triebs abgeschafft. Es ist durch einen Kontrollnummernschutz<br />

ersetzt, der eine Verpflichtung<br />

der Hersteller begründet, ihre Vertriebssysteme<br />

von innen her sauber zu halten.<br />

Allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass es zukünftig<br />

auch wieder zu einem unmittelbaren<br />

Rechtsschutz gegen Außenseiterangebote<br />

kommt, wenn sich die Grundsätze der »Dior/<br />

Copad«-Entscheidung des EuGH vom April<br />

2009 durchsetzen. Denn danach gehört die Sicherung<br />

einer angemessenen Luxusumgebung<br />

zum Qualitätssicherungssystem des Markeninhabers<br />

und ist damit markenrechtlich geschützt.<br />

Wer gegen vertragliche Vorgaben zur Sicherung<br />

der angemessenen Verkaufsumgebung verstößt<br />

und damit nachweislich das Markenimage beeinträchtigt,<br />

begeht nach dieser Entscheidung<br />

nicht nur selbst eine Markenrechtsverletzung, sondern<br />

er setzt zugleich die Ursache für ein markenrechtsverletzendes<br />

Verhalten seiner Abnehmer. Das ist neu und revolutionär,<br />

aber bislang auch reine Theorie.<br />

Ebay: Mühsames Miteinander<br />

Schon lange führt Ebay gegen die Kosmetikbranche einen<br />

versteckten Kampf, denn Ebay möchte auch Depositären<br />

der Luxuskosmetik den Betrieb eines Ebay-Shops<br />

ermöglichen. Das gipfelte 2009 in einer Grassroot-Campaign<br />

und dem an die EU-Kommission adressierten Papier<br />

»A Call for Action«, mit dem Ebay die Abschaffung<br />

des Selektivvertriebs als Handelshemmnis zwischen den<br />

Mitgliedsstaaten propagierte.<br />

Hierbei geht es Ebay auch um vorbeugenden Selbstschutz,<br />

denn obwohl sich abzeichnet, dass es einer<br />

der Haupthandelsplätze für Fälschungen und Nachahmungen<br />

ist, laufen die Hersteller bis heute mühsam<br />

den Einzelanbietern hinterher. Allerdings erging im Juni<br />

2011 auf eine von L’Oréal in England erhobene Klage<br />

hin ein richtungsweisendes Urteil des EuGH. Dabei qualifizierten<br />

die Richter nicht nur spezifisch Angebote von<br />

Parfumtestern oder Angebote von kosmetischen Produkten<br />

ohne Umverpackung als rechtswidrig. Vielmehr<br />

schufen sie erstmals auch die notwendigen Grundlagen<br />

für eine eigenverantwortliche Haftung des Plattformbetreibers.<br />

Danach ist er für rechtsverletzende Angebote<br />

auf seinem Portal (mit-)verantwortlich, wenn er die betroffene<br />

Marke selbst in der eigenen Suchwortwerbung<br />

für sich benutzt oder seinen Anbietern in sonstiger Weise<br />

aktive Verkaufsunterstützung zukommen lässt.<br />

Foto: fotolia<br />

Wohin geht die Reise? Zukünftig wird die Kosmetikbranche der<br />

Markendarstellung und Markenbenutzung ihrer Depositäre im Internet<br />

noch größere Aufmerksamkeit widmen müssen.<br />

Rufausnutzung durch Trittbrettfahrer<br />

Das Geschäft mit Duftnachahmungen wird professionell<br />

betrieben. Hersteller wie Bellure oder Kecofa<br />

haben ein breites Sortiment von »Markendüften«<br />

im Programm. Die dazu eingesetzten Duftvergleichslisten<br />

waren schon in den 1990er-Jahren von den deutschen<br />

Oberlandesgerichten einheitlich als unzulässige<br />

vergleichende Werbung oder als markenrechtsverletzende<br />

Rufausbeutung qualifiziert worden. Was aber<br />

die versteckteren Nachahmungsbotschaften anging, erlitten<br />

die der Markenhersteller gegen diese Trittbrett-<br />

Industrie mit der BGH-Entscheidung »Imitationswerbung«<br />

vom Dezember 2007 einen herben Rückschlag.<br />

»Icy Cold« sah »Cool Water« ähnlich, roch wie »Cool<br />

Water« und war angeblich doch nicht ausreichend klar<br />

als Imitationsprodukt zu erkennen. Sehr viel beherzter<br />

ging der Europäische Gerichtshof im Juni 2009 in der<br />

Entscheidung L’Oréal/Bellure das Thema an, indem er<br />

feststellte, dass der Hersteller Bellure sich mit seinen<br />

Nachahmungen von Lancôme-Düften in die Sogwirkung<br />

bekannter Marken begeben habe, um daraus unlauter<br />

für sich zu profitieren.<br />

Leider ist die Botschaft des EuGH in Deutschland immer<br />

noch nicht verstanden worden. Vor den hiesigen<br />

Gerichten bis hin zum BGH scheitern weiterhin auch<br />

klarste Fälle der Produktimitate und Rufausbeutung.<br />

Immerhin hatte der BGH kürzlich so weit ein Einsehen,<br />

dass er jetzt nicht nur den angeblich unwissenden<br />

Verbraucher berücksichtigt, der zum Beispiel in »Oracle«<br />

den bekannten Lancôme-Duft Miracle nicht erkennen<br />

soll, sondern auch die Händler derartiger Produkte,<br />

die natürlich ein ganz anderes Branchenwissen<br />

haben. Vielleicht klappt es ja damit.<br />

Testerhandel: Ungelöste Problematik<br />

Irgendwann wollten Coty Prestige und Ebay einmal ihre<br />

juristischen Positionen gerichtlich klären lassen. Sie<br />

verständigten sich auf Testerangebote beim Auktionshaus<br />

als den vermeintlich klarsten Fall einer Markenrechtsverletzung.<br />

Das ging gründlich daneben, denn<br />

sowohl das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg als<br />

auch der Bundesgerichtshof sahen die Markenrechte<br />

von Coty schon bei der Auslieferung an den Depositär<br />

erschöpft. Erst der Umweg über eine Vorlage des OLG<br />

Nürnberg brachte Abhilfe: Im Juni 2010 entschied der<br />

Europäische Gerichtshof im Verfahren »Coty/Simex«<br />

zu Recht, dass derjenige eine Markenrechtsverletzung<br />

begeht, der ein als unverkäuflich bezeichnetes Produkt,


»<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

SELEKTIVVERTRIEB<br />

Die Hersteller müssen ihre Interessen<br />

artikulieren und die Eckpunkte des<br />

Selektivvertriebs verteidigen.<br />

35<br />

das dem Handel ausschließlich zu Werbezwecken überlassen<br />

wird, anbietet oder verkauft.<br />

Für die Zukunft wird sich daran mit Sicherheit nichts<br />

ändern. Allerdings geht die Problematik inzwischen<br />

deutlich weiter. Denn der Kosmetikbranche ist klar geworden,<br />

dass auch an sonstigen Werbemitteln wie Plakaten,<br />

Filmen, Fotos etc. Rechte Dritter existieren, deren<br />

Nutzung oft nur für eine gewisse Zeit gestattet ist.<br />

Die Hersteller müssen sich deshalb darauf einstellen, die<br />

Sachherrschaft und den Zugriff auf den einmal in den<br />

Handel gegebenen Werbemittel zu erhalten und sowohl<br />

die unkontrollierte Verbreitung im Internet als auch die<br />

Weiterbenutzung abgelaufener Rechte zu verhindern.<br />

Travel Retail: Sonderkonditionen gerechtfertigt<br />

Im Juni 1999 liefen die Ausnahmeregelungen zum steuerfreien<br />

Verkauf an Bord von Fähren, Flugzeugen und<br />

Flughäfen aus. Das bedeutete aber keineswegs das Ende<br />

für einen vom nationalen Binnenmarkt getrennten<br />

Absatzkanal. Duty Free existiert als Travel Retail weiter<br />

und wird weiterhin zu Sonderkonditionen beliefert,<br />

um die traditionell niedrigeren Preise zu halten. Den Depositären<br />

der nationalen Binnenmärkte ist das ein Dorn<br />

im Auge. Hier rechtfertigen jedoch die hohen Flächenkosten,<br />

die Lagerbedingungen und die besondere Nachfrage<br />

in den Absatzstätten sowohl die eingeschränkten<br />

Anforderungen an die Sortimentsführung als auch die<br />

günstigeren Konditionen. Ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot<br />

ist nicht zu befürchten.<br />

Die privilegierte Behandlung des Travel Retail-Geschäfts<br />

ist aber nur dann aufrecht zu erhalten, wenn sie den<br />

Charakteristika dieses Absatzkanals verpflichtet bleibt.<br />

Sowohl die Einrichtung von Border-Shops als auch die<br />

sich abzeichnende Aufnahme eines Internetvertriebes<br />

stehen damit nicht in Einklang. Hier sollte die Branche<br />

auf eine saubere Abgrenzung zwischen dem nationalen<br />

Selektivvertrieb und Travel Retail achten.<br />

Zwischen Datenschutz und Datennutzung<br />

Schon mit dem Engagement in sozialen Netzwerken und<br />

der eigenen Kundenkommunikation über Internet bewegen<br />

sich die Hersteller heute in einem Datenstrom und<br />

speichern dazu große Mengen persönlicher Daten. Bei<br />

der Verfolgung von Rechtsverletzungen im Internet stehen<br />

Auskünfte über die realen Namen der Anbieter mit<br />

an erster Stelle. Das setzt aber eine Vorratsdatenspeicherung<br />

der Internetunternehmen voraus, die bekanntermaßen<br />

rechtlich äußerst problematisch ist. In beiden<br />

Bereichen sind die Trennlinien zwischen Datennutzung<br />

und Datenschutz völlig ungeklärt. Möglicherweise liegt<br />

hier am Ende die Lösung in einer Trennung der Daten<br />

nach geschäftlichen und privaten Anbietern schon bei<br />

der Erfassung und Speicherung.<br />

Funktionentrennung von Herstellern und Handel?<br />

Die Grenzen zwischen Herstellern und Händlern verschmelzen<br />

zunehmend. So hat etwa LVMH Sephora gekauft<br />

und Douglas plant die Aufstockung des Umsatzanteils<br />

der Exklusiv- und Eigenmarken von bislang zehn<br />

auf zwanzig Prozent. Zudem rüsten immer mehr Hersteller<br />

ihre Websites auf E-Commerce um. Außerdem<br />

wächst die Kooperation zwischen Herstellern und Handel.<br />

Die Kosmetikproduzenten bieten unter anderem Exklusivlinien<br />

für einzelne Kunden an und Kooperationen<br />

im Marketing sind längst Alltag. Diesen Aktivitäten tragen<br />

die neuen Leitlinien zur Gruppenfreistellungsverordnung<br />

Rechnung, indem sie das Preisbindungsverbot<br />

für zeitlich begrenzte Werbeaktionen und für zeitlich<br />

begrenzte Markteinführungskampagnen lockern. Das<br />

Bundeskartellamt hat sich dem verweigert und 2011 mit<br />

einer »Handreichung« an Unternehmen des Lebensmittelhandels<br />

Kooperationen eine kategorische Absage erteilt.<br />

Das Amt geht weiterhin von einer strengen Funktionentrennung<br />

zwischen Herstellern und Handel aus.<br />

Das ist nicht mehr zeitgemäß und auch im Sinne des<br />

Wettbewerbs nicht förderlich.<br />

Für die Kosmetikbranche bleiben die Zeiten spannend.<br />

Nicht zuletzt der technische Forschritt und neue Urteile<br />

dazu sorgen dafür, dass der Markt sich verändert. Die<br />

Hersteller müssen ihre Interessen artikulieren und die<br />

Eckpunkte des Selektivvertriebs verteidigen. Das ist für<br />

ihr größtes Gut, die Marken, überlebensnotwendig. Das<br />

erhält den Verbrauchern eine echte Alternative zur reinen<br />

Bedarfsdeckung und sichert die Existenz eines Fachhandels,<br />

der diesen Namen verdient. Dr. Andreas Lubberger<br />

Rechtsanwalt Dr. Andreas<br />

Lubberger ist Mitbegründer<br />

der Berliner Sozietät Lubberger<br />

· Lehment. Zuvor war er unter<br />

anderem bei der Kanzlei Linklaters<br />

Oppenhoff & Rädler tätig.<br />

Er konzentriert sich auf die<br />

Bereiche Gewerblicher Rechtschutz<br />

und Selektivvertrieb.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong>


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KAUFPROZESS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

36<br />

Die ungeschminkte<br />

Wahrheit über Kunden<br />

Konsumentinnen greifen aus unterschiedlichen Gründen zu<br />

Kosmetik und Parfum. Aber egal, welche Motivation den Kauf<br />

treibt: Das Internet wird als Informations- und Inspirationsquelle<br />

im Kaufprozess immer wichtiger.<br />

ONLINE VERÄNDERT VERHALTEN – und dies nachhaltig. Ob<br />

zur Information, Diskussion, Unterhaltung, ob zum<br />

Kaufen, Flirten, Arbeiten oder Spielen – das Internet<br />

gehört für breite Bevölkerungsschichten mittlerweile<br />

wie selbstverständlich zum täglichen Leben. Diese Veränderungsprozesse<br />

machen auch vor Marketing, Media<br />

und Handel nicht halt. Langjährig gelernte Entscheidungs-<br />

und Kaufprozesse werden auf den Kopf<br />

gestellt, Vertriebs-, Verkaufs- und Distributionsmechaniken<br />

greifen nicht mehr optimal. Handel und Markenführung<br />

müssen sich auf die neuen Begebenheiten<br />

einstellen und Strategien entwickeln, um Geschäftsmodelle,<br />

Vermarktungs- und Kommunikationskonzepte<br />

den neuen Rahmenbedingungen anzupassen.<br />

Diskussion über Kosmetik mit Fokusgruppen<br />

Wir haben uns die Frage gestellt, inwieweit dieser Wandel<br />

auch für die Produktbereiche Parfum und dekorative<br />

Kosmetik zutrifft. Wie stark haben sich durch<br />

Kauf- und Entscheidungsprozesse verändert? Wie müssen<br />

Media und Marketing auf diese Entwicklungen reagieren,<br />

um weiter erfolgreich zu sein? Um die Fragen<br />

beantworten zu können, war ein Forschungsszenario<br />

notwendig, das zum einen möglichst authentisch und<br />

lebensnah die Faszination von Parfum und Kosmetik<br />

auf Frauen in den Blick nimmt, zum anderen einen Einblick<br />

in Kauf- und Entscheidungsprozesse gewährleistet.<br />

Dafür boten sich qualitative Verfahren an, die im<br />

Rahmen der Studie zum Einsatz kamen. In einem ersten<br />

Schritt galt es, die Rolle und Funktion von Parfum<br />

und Kosmetik im Alltag zu verstehen. Das Verständnis<br />

über die psychologischen und gesellschaftlichen Mechanismen,<br />

die dabei eine Rolle spielen, ist entscheidend,<br />

da sie letztendlich unmittelbaren Einfluss auf<br />

Markenwahrnehmung und Kauf haben.<br />

Hierzu wurden mehrere qualitativ-psychologische Fokusgruppen<br />

mit Frauen zwischen 20 und 39 Jahren<br />

durchgeführt, die mindestens regelmäßig Markenkosmetik<br />

und Parfum kaufen und verwenden. Auf die-<br />

sen Ergebnissen aufbauend, wurde mit einer onlinebasierten<br />

»Insight Community« eingesetzt. Für zwei<br />

Wochen wurde zusammen mit dem Paneldienstleister<br />

Respondi eine Onlineplattform ins Leben gerufen und<br />

99 Konsumentinnen eingeladen, miteinander und mit<br />

Moderatoren über Beauty-Produkte zu diskutieren. Jede<br />

Teilnehmerin konnte einen Blog führen, in dem sie<br />

ihre Kauf- und Suchprozesse im Internet nachzeichnen<br />

und jeweils mit Links, Bildern und Erklärungen veranschaulichen<br />

konnte. In einem Forum wurden gezielt<br />

Themen gesetzt und Diskussionen unter den Verwenderinnen<br />

angeregt. In Echtzeit-Chats wurden Onlinefokusgruppen<br />

durchgeführt, um bestimmte Themen zu<br />

vertiefen. Insgesamt wurden über 1.100 Beiträge und<br />

mehr als 250 Blogbeiträge mit 380 Kommentaren generiert.<br />

Zusätzlich wurden knapp 100 Bilder hochgeladen,<br />

aus denen Insights aus dem unmittelbaren Alltag<br />

der Verwenderinnen gewonnen werden konnten.<br />

Rollenbilder wandeln sich<br />

Die Studie zeigt, dass Parfum und Kosmetik im Alltag<br />

von Frauen eine sehr wichtige Rolle spielen. Dies lässt<br />

sich unmittelbar aus der gesellschaftlichen und sozialen<br />

Lebenswirklichkeit heraus erklären. Denn das Aufbrechen<br />

tradierter Rollenbilder führt dazu, dass die<br />

Erwartungen an Frauen steigen. Zu den bestehenden<br />

Rollenbildern kommen weitere hinzu, die es zu erfüllen<br />

gilt. Frauen haben alles zu sein: liebende Ehefrau,<br />

fürsorgliche Mutter und fleißige Hausfrau, die gleichzeitig<br />

zielstrebig ihre Karriere vorantreibt und sich um<br />

ihr soziales und familiäres Umfeld kümmert.<br />

Frauen müssen immer wieder in die unterschiedlichsten<br />

Rollen schlüpfen. Und genau hier entfalten Beauty-<br />

Produkte auf der psychologischen Ebene ihre Stärke.<br />

Denn ihnen wohnt das Versprechen der Wandlungsfähigkeit<br />

inne und damit die Möglichkeit, verschiedene<br />

Rollenbilder einnehmen zu können. Dabei kann<br />

das Wandlungsversprechen durchaus unterschiedlich<br />

sein: Profilierungsstrategien dienen beispielsweise da-


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Quelle: MediaCom / Foto: Beauty International<br />

zu, aus der Menge herauszustechen, aufzufallen sowie<br />

Einzigartigkeit und Individualität zu vermitteln. Knallige<br />

Farben, ein extravaganter Look sowie schwere und<br />

markante Düfte helfen, den eigenen Charakter zu unterstreichen.<br />

Uniformierungsstrategien dienen dahingegen<br />

der Anpassung. Sie helfen dabei, nicht aufzufallen,<br />

mit dem Mainstream zu gehen und sich beinahe<br />

unsichtbar zu machen. Gedeckte Farben und dezente<br />

Düfte sind Teil dieser Strategie.<br />

Käufertypen: von emotional bis funktional<br />

In der Studie haben sich verschiedene Käufertypen herauskristallisiert.<br />

Insgesamt wurden sieben Konsumententypen<br />

identifizieren, mit zum Teil völlig unterschiedlichen<br />

Needs und Motivationen. Dabei lassen sich<br />

emotionale und funktionale Käufe unterscheiden.<br />

������������ Das Auffüllen des zur Neige gehenden<br />

Bestandes ist die funktionalste Kaufvariante und nur in<br />

sehr geringem Maße emotional aufgeladen. Der Kaufentscheidungsprozess<br />

ist stark verkürzt, da man genau<br />

weiß, was man will. Bei diesem Käufertyp dominieren<br />

faktische Überlegungen wie Preis, Verfügbarkeit, Geschwindigkeit<br />

und Einfachheit.<br />

����������������Der Vorratskauf gehört nur auf den ersten<br />

Blick zu den funktionalen Käufen. Das Bunkern<br />

wird von den Verwenderinnen auch als Angstkauf geschildert.<br />

Hat man einmal das richtige Parfum gefunden,<br />

das zur eigenen Persönlichkeit passt, weckt dies<br />

gleichzeitig Befürchtungen, dass dieser Artikel in absehbarer<br />

Zeit nicht mehr verfügbar sein könnte. Es<br />

wird gelagert und gehamstert.<br />

��� ��������������� Hier steht eindeutig das Einkaufserlebnis<br />

im Vordergrund. Das Produkt ist eher<br />

nebensächlich. Die Frauen verglichen den Einkauf mit<br />

einem Wellness-Erlebnis, bei dem Wohlfühlen und Entspannen<br />

an erster Stelle stehen. Zum Einkauf sind Parfümerien<br />

gut geeignet, wo man Produkte ausprobieren<br />

kann und vom Personal beraten wird. Eindeutige Botschaft:<br />

»Hier stehe ich im Mittelpunkt.«<br />

KAUFPROZESS<br />

Kosmetikkäufe werden<br />

von unterschiedlichen<br />

Bedürfnissen getrieben.<br />

Entsprechend gibt es<br />

emotionale und funktionale<br />

Käufe.<br />

������������� Stress mit dem Chef? Ärger mit Kunden<br />

oder Streiti mit dem Partner? Dies wird von vielen<br />

Frauen mit kleinen Frustkäufen im Bereich der dekorativen<br />

Kosmetik kompensiert – als kleine Trostpflaster.<br />

Ob Lipgloss oder Nagellack, gerade die niedrigpreisigen<br />

Produkte dienen dazu, Frust und Verärgerung im<br />

Alltag zu kompensieren.<br />

�������������� Den Ersatzkauf kann man als eine Art Sicherheitskauf<br />

beschreiben, bei dem man zu Bewährtem<br />

greift, wenn einen der Mut zur Veränderung verlässt.<br />

Frauen mit dem Wunsch nach einem Typwechsel testen<br />

am POS verschiedene Dinge aus, fallen aber dann doch<br />

wieder in die eigene Komfortzone zurück und kaufen<br />

die Artikel, die sie sonst immer kaufen.<br />

������������ Auch als situativer Spontankauf zu bezeichnen,<br />

der sehr stark impulsgetrieben ist und als<br />

kleine Freude den Alltag versüßt. Diesen Lustkäufen<br />

geht keine konkrete Einkaufsverfassung voraus, sondern<br />

sie können spontan durch externe Impulse ausgelöst<br />

werden – etwa durch ein interessantes Onlinewerbemittel<br />

oder POS-Aktivitäten. Zwischen Impuls und<br />

Kauf liegen oftmals nur wenige Minuten.<br />

��������������� Diese Käufe sind klassische Zusatzkäufe<br />

im Zuge einer ausgiebigen Shopping-Tour. Oftmals<br />

kombiniert mit Bekleidungskäufen werden hier<br />

Kosmetikartikel mit dem Ziel gekauft, das Einkaufserleben<br />

zu komplettieren oder zu verlängern. Zum<br />

Hauptkauf werden noch weitere Kleinigkeiten zum<br />

Verwöhnen hinzugekauft, die in der ohnehin schon beträchtlichen<br />

Gesamtsumme des Einkaufes kaum auffallen.<br />

Auch dies ist ein emotionaler Kauf, der im Rausch<br />

des Hauptkaufes mitgenommen wird.<br />

Wie man sieht, ist Kauf nicht gleich Kauf. Somit kann<br />

es keine singuläre Antwort auf die Frage geben, was<br />

diesen nun eigentlich treibt. Jeder Kauf hat seine eigenen<br />

Gesetze. Diese zu verstehen, in entsprechende<br />

Kommunikationskonzepte zu übersetzen und passende<br />

Off- und Online-Touchpoints optimal zu nutzen, ist<br />

aus Media- und Marketingsicht existenziell.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

37


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KAUFPROZESS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

38<br />

ZUSAMMENSPIEL VON ON- UND OFFLINE IM KAUFPROZESS<br />

Inspiration, Entscheidung und Kauf<br />

Eine Frage, die die Studie beantworten sollte, ist die<br />

nach dem Zusammenspiel von Online und Offline auf<br />

dem Weg zum Kauf der Kosmetika. Es zeigte sich, dass<br />

es drei Stufen auf diesem Pfad gibt: Inspiration und Information,<br />

Entscheidung und Kauf.<br />

Inspiration findet kontinuierlich statt, unabhängig von<br />

einem geplanten Kauf. Inspirieren lassen sich die Kosmetikkundinnen<br />

dabei sowohl explizit durch Werbung,<br />

Produktbesprechungen in Zeitschriften/Blogs und die<br />

Präsentation am POS, als auch implizit – das heißt<br />

spontan aus dem Kontext heraus. Online spielt bei beiden<br />

Aspekten eine wichtige Rolle, denn die Frauen nutzen<br />

unterschiedliche Quellen und tauschen sich in Social<br />

Networks über Kosmetik aus. Insbesondere bei<br />

Düften spielt aber die sinnliche Wahrnehmung am POS<br />

eine wesentliche Rolle bei der Inspiration.<br />

Aus der Inspiration und der gesammelten Information<br />

speist sich die Produktentscheidung. Hier spielt die<br />

sinnliche Erfahrung eine zentrale Rolle. Der ganzheitliche<br />

Eindruck – Verpackung, Flakon, persönliche Beratung<br />

und das Produkterleben – bilden den Rahmen<br />

für die Entscheidung. Den meisten Frauen ist am POS<br />

die Möglichkeit des direkten Vergleichs der Produkte<br />

wichtig. Online holen sie sich dahingegen rationalen<br />

Input – zum Beispiel über Inhaltsstoffe, vor allem in<br />

Zusammenhang mit Allergien und Hautunverträglichkeiten,<br />

und ethische Aspekte wie Tierschutz.<br />

Klaus Stinnertz ist Director Media<br />

Research bei der MediaCom<br />

– Agentur für Mediaberatung<br />

in Düsseldorf. Er verantwortet<br />

den Bereich der Konsumentenforschung<br />

und beschäftigt<br />

sich schwerpunktmäßig mit<br />

qualitativen Methoden sowie<br />

der Zielgruppen-, Medien- und<br />

Werberezeptionsforschung.<br />

Quelle: MediaCom<br />

Je nach Käufertyp finden Inspiration<br />

und Information, Entscheidung<br />

und Kauf online oder im<br />

stationären Handel statt. Die<br />

Offline-Tester lassen sich zum<br />

Beispiel im Web inspirieren und<br />

informieren sich dort, im Entscheidungsprozess<br />

testen sie<br />

die Produkte offline, bevor sie<br />

sie im Internet kaufen.<br />

Zwar wird die Kaufentscheidung also letztlich unverändert<br />

wesentlich vom direkten Erlebnis vor Ort geprägt.<br />

Nichtsdestotrotz können Marken durch Online-<br />

Kommunikation ihren Käuferinnen die Entscheidung<br />

leichter machen. Neben Werbung und der Kommunikation<br />

über Fashion- und Beautyblogs können sie<br />

beispielsweise Farbberatung, virtuelle Stylingtest etc.<br />

anbieten. Dadurch erhalten die interessierten Frauen<br />

nicht nur die von ihnen gewünschten Informationen,<br />

sondern die Marke wird als serviceorientiert und offen<br />

wahrgenommen.<br />

Der Mix aus On- und Offline macht’s<br />

Unternehmen sollten es den Kundinnen so leicht wie<br />

möglich machen, sich im Web über die Marke umfassend<br />

zu informieren. So können sie sie durch das virtuelle<br />

Markenerlebnis inspirieren, so dass die Marke<br />

anschließend am POS im Relevant Set ist.<br />

Je nach Funktion, die der Kauf für die Frau erfüllt, wird<br />

der Entscheidungsprozess unterschiedlich stark von der<br />

direkten Erfahrung im Store und der indirekten Information<br />

im Internet beeinflusst. Allerdings spielt das<br />

Web im Kaufprozess eine immer wichtigere Rolle, um<br />

etwas über Marke und Produkt zu erfahren. Die Kommunikationsstrategie<br />

sollte dem Rechnung tragen. Unternehmen<br />

müssen beginnen, On- und Offline stärker<br />

miteinander zu verzahnen.<br />

Jörg Blumtritt, Klaus Stinnertz.<br />

Jörg Blumtritt ist Managing<br />

Director bei MediaCom<br />

Science, der Forschungsunit<br />

von MediaCom. Zuvor war er als<br />

European Operations Officer<br />

in der Geschäftsleitung des<br />

Bewegtbildvermarkters Tremor<br />

Media. Weitere Stationen waren<br />

ProSiebenSat.1 Media, El Cartel<br />

Media und Hubert Burda Media.


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Billig gekauft,<br />

teuer bezahlt<br />

Zu den großen Aufgaben der Kosmetikbranche gehört, die<br />

Produkt- und Markenpiraterie einzudämmen, erklärt Steffen<br />

Seifarth, Regional Vice President DACH/Eastern Europe bei<br />

Coty Prestige und Vizepräsident im <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband.<br />

MARKENARTIKEL: In den vergangenen Jahrzehnten ist Produkt-<br />

und Markenpiraterie gerade auch in der Kosmetikindustrie<br />

zu einem ernst zu nehmenden Thema<br />

geworden. Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten<br />

Faktoren, die zum Anstieg dieser Wirtschaftskriminalität<br />

geführt haben?<br />

STEFFEN SEIFARTH: Gefälscht wird, was der Verbraucher<br />

schätzt und gerne kauft. Das rückt die bekannten und<br />

mit Prestige behafteten Produkte in den Fokus. Verführt<br />

wird der Verbraucher dann noch durch die beliebte<br />

Jagd nach einem Schnäppchen – doch das bedeutet<br />

am Ende: billig gekauft, aber teuer bezahlt.<br />

MARKENARTIKEL: Wie meinen Sie das?<br />

SEIFARTH: Ein geringer Aufwand in der Produktion –<br />

von der Ausbeutung der Arbeiter unter unmöglichen<br />

Arbeitsbedingungen bis hin zu verbotener Kinderar-<br />

Steffen Seifarth ist bei Coty Prestige Regional Vice<br />

President der Region DACH/Eastern Europe sowie<br />

Vizepräsident im <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband.<br />

PRODUKTPIRATERIE<br />

beit – stehen so ergaunerte hohe Gewinnmargen gegenüber.<br />

Das Entdeckungs- und Verfolgungsrisiko ist<br />

durch aufgespaltete Strukturen gering, und die ausgesprochenen<br />

Strafen fallen oftmals lächerlich niedrig<br />

aus. So erreicht man keine wirksame Abschreckung.<br />

MARKENARTIKEL: Warum ist den Fälschern so schwer beizukommen?<br />

SEIFARTH: Der Hersteller kann die Fälscher meist erst<br />

am Ende der Kette packen und muss von da an mühsam<br />

den Weg zurückverfolgen – wenn es denn überhaupt<br />

geht. Simple Verkaufsmöglichkeiten in Kleinstmengen,<br />

zum Beispiel Straßenhändler, Flohmärkte<br />

oder Urlaubsbasare, bedeuten eine einfache Distribution<br />

ohne Nachwehen und allzu große Kosten. Und<br />

dann kommt das große dunkle Feld des weltweiten Internetvertriebes<br />

dazu, der das Verfolgungsrisiko nochmals<br />

dramatisch nach unten sacken lässt. Kurz, mit<br />

Fälschungen kann man schnell auf Kosten anderer und<br />

der Gesundheit des Verbrauchers Geld machen, ohne<br />

dass eine empfindliche Strafe winkt.<br />

MARKENARTIKEL: Nicht alle Verbraucher haben überhaupt<br />

das Bewusstsein, dass gefälschte Ware häufig<br />

minderwertig oder sogar gesundheitsgefährdend ist.<br />

Wie versucht der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband, die Öffentlichkeit<br />

über das Thema aufzuklären?<br />

SEIFARTH: Entsprechende Anfragen von Verbrauchern<br />

werden von uns beantwortet oder an die betroffene<br />

Firma weitervermittelt. Der <strong>VKE</strong> arbeitet hier Hand in<br />

Hand mit dem Aktionskreis der deutschen Wirtschaft<br />

gegen Produkt- und Markenpiraterie, kurz APM, der<br />

sich dieser Aufgabe als spezialisierter Verband widmet.<br />

Es gibt eine ständige Wanderausstellung, die in<br />

den ECE-Einkaufscentern zu sehen ist und die wir finanziell<br />

unterstützen. Allerdings scheint der Lernprozess<br />

eher langsam voran zu schreiten und wird immer<br />

wieder von der Aussicht auf einen günstigen Kauf gestört.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

39


60 JAHRE <strong>VKE</strong> PRODUKTPIRATERIE MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

40<br />

dukt- und Markenfälscher offensichtlich immer geschickter<br />

und professioneller vorgehen und sich<br />

verstärkt mit anderen Bereichen der organisierten<br />

Kriminalität verbünden, zum Beispiel auf Vertriebswege<br />

des internationalen Drogenhandels zurückgreifen.<br />

Auch kommen gefälschte Waren immer stärker<br />

auf dem Postweg und in kleineren Einheiten ins Land<br />

und nicht mehr im Container – für Zoll und Industrie<br />

eine neue Stufe im Kampf gegen die Fälscher. Wie<br />

kann man diesen Entwicklungen aus Ihrer Sicht am<br />

effektivsten entgegentreten?<br />

SEIFARTH: Einerseits durch eine intensive Zusammenarbeit<br />

mit Behörden und Zoll – es werden regelmäßige<br />

und weltweite Zollschulungen durch sehr viele<br />

Herstellerfirmen veranstaltet. Andererseits aber auch<br />

durch Verbesserung der Produktsicherung, etwa die<br />

Markierung zur Verfolgbarkeit, sowie die Verfolgung<br />

durch die Hersteller mittels ihrer spezialisierten Abteilungen.<br />

Weiter durch eine Nulltoleranz-Politik der<br />

Herstellerfirmen. Und schließlich durch zusätzliche<br />

Ermittlungen durch Detekteien in den Herstellerländern.<br />

Eine große Rolle spielt auch die enge Zusammenarbeit<br />

mit dem Markenverband als Sprachrohr<br />

der gesamten Markenwirtschaft und der Erfahrungsaustausch<br />

mit anderen Markeninhabern.<br />

Noch nicht alle wissen, dass<br />

die Qualität gefälschter Ware<br />

häufig minderwertig ist.<br />

Fotos: iStock Photo MARKENARTIKEL: Sie haben schon angedeutet, dass Pro-<br />

Die Aussicht auf einen günstigen Kauf lässt einige Verbraucher zu billigen<br />

Fälschungen greifen. Auf deren Gefahren weist eine Kampagne<br />

des Aktionskreises gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) hin.<br />

MARKENARTIKEL: Was könnte man noch tun?<br />

SEIFARTH: Weiter wünschen wir uns den Ausbau der<br />

vormals ATLAS genannten E-Agent-Datenbank. Diese<br />

überregionale Datenbank des Zolls sollte auch die<br />

Polizei nutzen können – bislang ist der E-Agent noch<br />

eine reine Zolldatenbank. Verbrechensbekämpfung<br />

muss also vernetzter werden. Die Zuständigkeitsbereiche<br />

von Zoll und Polizei sollten in den Ländern<br />

klar positioniert sein und Grenzkontrollen an neuralgischen<br />

Punkten verstärkt werden, zum Beispiel an<br />

einigen Grenzübergängen zwischen Tschechien und<br />

Deutschland. Zudem ist der Tatbestand der Markenverletzung<br />

vom Nebenstrafrecht ins Strafgesetzbuch<br />

zu transferieren.<br />

MARKENARTIKEL: Welche Maßnahmen erwarten Sie dabei<br />

konkret von der Politik?<br />

SEIFARTH: Dass die vorhin genannten Maßnahmen als<br />

Ziele der Politik erkannt und aufgenommen werden<br />

und in eine entsprechende Gesetzgebung münden. Weiter<br />

eine intensivere internationale Zusammenarbeit der<br />

Behörden sowie politischer Druck auf Länder, in denen<br />

Fälschungen hauptsächlich hergestellt werden.<br />

MARKENARTIKEL: Wie könnten auch die Betreiber von<br />

Handelsplattformen stärker in die Pflicht genommen<br />

werden? Durch das Internet ist der Handel mit gefälschter<br />

Ware ja deutlich leichter geworden.<br />

SEIFARTH: Einmal direkt durch die Maßnahmen der Her-


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Etliche Firmen leiden unter Fälschungen. Darum fordert der <strong>VKE</strong>, den Tatbestand der Markenrechtsverletzung ins Strafgesetzbuch aufzunehmen.<br />

steller, etwa intensive Überwachung von Angeboten<br />

im Internet, das Einschalten von Anwälten und privaten<br />

Ermittlern sowie die Ergreifung entsprechender<br />

rechtlicher Maßnahmen. Das Problem ist häufig, dass<br />

die dahinter stehenden Personen und Strukturen nicht<br />

leicht zu indentifizieren sind oder falsche Daten und<br />

Adressen hinterlegt haben. Ein weiteres Problem ist<br />

die Flut der Überwachungsarbeit und darauf folgender<br />

Maßnahmen. Wenn man jeden Tag 1.000 neue Auktionen<br />

zu überwachen hat und nur zehn Prozent davon<br />

rechtsverletzend sind, ertrinkt man förmlich in Arbeit –<br />

von den Kosten und dem Zeitaufwand ganz zu schweigen,<br />

bis man alle Fakten für eine rechtliche Maßnahme<br />

hat und bis dann das Gericht ein Urteil fällt, das<br />

dann noch an den Richtigen zugestellt werden muss.<br />

MARKENARTIKEL: Kein leichtes Unterfangen also…<br />

SEIFARTH: Ohne eine tatkräftige Mithilfe und Verantwortung<br />

der Betreiber von Handelsplattformen ist<br />

dieser Kampf nicht zu führen, geschweige denn zu<br />

gewinnen. Leider ist die Rechtslage aufgrund des Telemediengesetzes<br />

und der sogenannten E-Commerce-<br />

Richtlinie nicht sehr günstig, und die Internet-Service-Provider<br />

bieten meist nur eine Entfernung der<br />

rechtsverletzenden Auktion an – das sogenannte Notice-and-Take-Down.<br />

Das ist aber keine dauerhafte<br />

Lösung: Die Fälschung verschwindet nur vom Bildschirm,<br />

sie wird aber nicht aus dem Wirtschaftskreislauf<br />

entfernt und kann jederzeit wieder eingestellt<br />

werden oder bei einem anderen Anbieter auftauchen.<br />

Gerade die Handelsplattformen im Internet sind deshalb<br />

aufgerufen, ihren Anteil zu tragen und Initiative<br />

und Verantwortung zu übernehmen. Einiges wird auf<br />

diesem Feld schon getan, nur reicht es oftmals nicht.<br />

Der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband setzt sich dafür ein, dass<br />

die Sicherheit im Netz verbessert wird.<br />

PRODUKTPIRATERIE<br />

MARKENARTIKEL: Was muss die Kosmetikbranche beim<br />

Thema Produkt- und Markenpiraterie künftig noch<br />

stärker schaffen?<br />

SEIFARTH: Eine noch intensivere Aufklärung und Sensibilisierung<br />

des Verbrauchers über mögliche Risiken<br />

und Nebenwirkungen von Fälschungen. Hier können<br />

Politik und Medien wertvolle Unterstützungsleistungen<br />

erbringen. Leider beobachten wir eine Zunahme<br />

von Ex-Officio-Fällen, in denen die Behörde<br />

aus eigenem Betreiben vorgeht, ohne dass die betroffenen<br />

Markeninhaber informiert oder beteiligt werden.<br />

Hier gehen wertvolle Informationen für den<br />

Markeninhaber verloren. Nicht dass dies falsch verstanden<br />

wird: Wir begrüßen es, wenn die Behörden<br />

aus eigenem Antrieb handeln, nur darf der Austausch<br />

und Informationsfluss zum Hersteller nicht versiegen,<br />

nur weil die Behöre selbst ermittelt. Auch wird<br />

durch verbesserte Produktionsmethoden der Fälscher<br />

die Erkennbarkeit für den Verbraucher immer<br />

schwieriger, insbesondere im Internet, wenn nach<br />

einem Bild gekauft wird. Die Produktmarkierungen<br />

der Hersteller können nicht die Vorsorge und Eigenverantwortung<br />

des Verbrauchers ersetzen.<br />

MARKENARTIKEL: Was raten Sie deshalb dem Verbraucher?<br />

SEIFARTH: Er sollte, ob in einem Geschäft oder im Internet,<br />

nur bei einer vertrauensvollen Stelle kaufen.<br />

Den Händler um die Ecke kennen die meisten und<br />

können ihn bei Fragen oder Problemen leicht aufsuchen<br />

oder anrufen. Meist hat er auch eine Internetseite<br />

oder einen Internetshop. Das Risiko, hereingelegt<br />

zu werden, ist zwar gestiegen und steigt weiter.<br />

Wer aber weiß, bei wem er kauft, der fährt sicher.<br />

Interview: Torsten Schöwing<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

41


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIK-INDEX 2012 MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

42<br />

Verbünde Dich mit denen,<br />

die Deine Werte teilen<br />

Die Welt und damit die Werte der Menschen wandeln sich rasant.<br />

Unternehmen müssen darauf reagieren und klar aufzeigen,<br />

wofür sie und ihre Marken stehen. Nur wer glaubwürdig agiert<br />

und die propagierten Werte auch lebt, wird erfolgreich sein.<br />

Der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband hat 2011 erstmals den<br />

Kosmetikindex veröffentlicht. Er soll abbilden, welche<br />

Bedeutung Kosmetik für Konsumenten hat. Untersucht<br />

werden Anschaffungsneigung, Ausgabebereitschaft sowie<br />

die Bereitschaft zu Verzicht. Dafür werden über<br />

1.000 Personen zu ihrer Einstellung gegenüber Kosmetikprodukten<br />

befragt, aber auch zu anderen Lifestyle-<br />

Produkten wie Designerkleidung, Wellnessangeboten<br />

und Accessoires. Die positive Botschaft: Bezogen auf<br />

Anschaffungsneigung, Ausgabebereitschaft und Verzichtsbereitschaft<br />

sind die Daten 2012 grundsätzlich<br />

stabil geblieben (Abb. 1).<br />

Darüber hinaus wurde nach dem persönlichen Involvement<br />

und der gesellschaftlichen Bedeutung von Lifestyle-Produkten<br />

und speziell Kosmetikprodukten gefragt.<br />

Hier ist das Bild schon differenzierter: Während<br />

grundsätzlich das persönliche Involvement wie 2011<br />

auf einem relativ stabilen Niveau bleibt, wird die gesellschaftliche<br />

Bedeutung von Kosmetik zukünftig eher<br />

geringer eingeschätzt als noch im vergangenen Jahr<br />

(Abb. 2). Warum ist das so? Sind es die gesellschaft-<br />

Kosmetikprodukte<br />

Kosmetikindex 2012 vs 2011<br />

%<br />

99<br />

(Düfte, Gesichtspflege-, Schminkprodukte)<br />

99<br />

Wellnessbehandlungen<br />

89<br />

(z.B. Massagen, Kosmetikbehandlungen usw.)<br />

96<br />

Bekleidung von Designermarken<br />

Accessoires<br />

(z.B. Schmuck, Uhren, Taschen)<br />

Durchschnitt: Lifestyle-Index<br />

lichen, politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen,<br />

die die Konsumenten verhalten stimmen. Ist es<br />

nach den vielen Krisen nicht mehr opportun, sich selbst<br />

etwas zu gönnen? Fakt ist, dass wir uns in einem beschleunigten<br />

gesellschaftlichen Wandlungsprozess befinden,<br />

auf den sich auch die Kosmetikindustrie einstellen<br />

muss. Im Kern wird es darum gehen, sich von den<br />

Vorstellungen und Werten sowie dem Bild des Konsumenten<br />

des 20. Jahrhunderts endgültig zu lösen. Das<br />

bedeutet, dass auch Marketing- und Kommunikationsstrategien<br />

grundlegend überdacht werden müssen.<br />

Eine Welt im Wertewandel<br />

Wie rasant sich die Welt und damit die Werte der Menschen<br />

wandeln, können wir fast täglich beobachten:<br />

Wer hätte vor einem Jahr mit einem so breiten Anti-Atomkraft-Konsens<br />

gerechnet oder damit, dass Revolutionen<br />

so viele Staaten des Mittleren Ostens und<br />

Nordafrikas erfassen? Wer ahnte, dass Baden-Württemberg<br />

einen grünen Ministerpräsidenten wählen und<br />

die Piraten-Partei eine Chance haben würde, die dritt-<br />

ABB. 1: WEITERHIN POSITIVE EINSTELLUNG ZUM BEAUTY-KONSUM<br />

Der Kosmetik-Index bleibt - wie der Lifestyle-Index insgesamt -stabil.<br />

Geringerer Wert für Wellnessbehandlungen.<br />

Repräsentative Online-Befragung , 2011 n=1034, 2012 n=1049 (jeweils Februar)<br />

Indexwerte zwischen 0 und 200<br />

2012 2011<br />

39<br />

43<br />

52<br />

55<br />

72<br />

72<br />

Quelle: TNS Infratest


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

…die Bedeutung der Lifestyle-Kategorien im gesellschaftlichen<br />

Gesamtkontext wird dagegen geringer eingeschätzt als 2011.<br />

Kosmetikprodukte<br />

(Düfte, Gesichtspflege-, Schminkprodukte)<br />

Wellnessbehandlungen<br />

(z.B. Massagen, Kosmetikbehandlungen usw.)<br />

Bekleidung von Designermarken<br />

Accessoires<br />

(z.B. Schmuck, Uhren, Taschen)<br />

2011<br />

stärkste politische Macht im Land zu werden? All dies<br />

sind Anzeichen eines fundamentalen Wertewandels.<br />

Diesen dokumentiert der Werte-Index 2012 – ein Kooperationsprojekt<br />

von Trendbüro und TNS Infratest.<br />

Er belegt, wie häufig und in welchen Kontexten zwölf<br />

grundlegende Werte im Web besprochen werden. Dazu<br />

wurden über 500.000 Online-Beiträge analysiert<br />

(siehe Kasten). Demnach stehen Freiheit, Familie, Gesundheit,<br />

Gemeinschaft und Sicherheit ganz oben auf<br />

der Werteskala. Klassischer ökonomischer Erfolg wird<br />

gegenüber persönlichen Zielen und dem eigenen Wohlbefinden<br />

deutlich unwichtiger (Abb. 3).<br />

Für die Kosmetikbranche bedeutet dies, dass man sich<br />

vom alten Konsumentenbild verabschieden muss. Kosmetik<br />

und Luxusprodukte ändern als Insignien des Erfolges<br />

ihre Bedeutung. Gleichzeitig werden Gesundheit<br />

und Aussehen zu wichtigen Erfolgsfaktoren. Sie müssen<br />

sich aber in neuen Bedeutungen und Kontexten<br />

wiederfinden und einen neuen Sinn stiften.<br />

Kosmetik im Kontext von Gesundheit – das ist sicherlich<br />

noch greifbar und auch für die Marketingabtei-<br />

Verliert allgemein<br />

an Wichtigkeit (5)<br />

lungen der großen Kosmetikunternehmen umsetzbar.<br />

Aber nehmen wir den wichtigsten Aufsteiger des Werte-Index<br />

2012: den Wert »Gemeinschaft«. Wie aber<br />

wird er für Unternehmen greifbar?<br />

Gemeinschaft bietet Rückhalt in Vertrauenskrise<br />

Angesichts einer unsicheren Zukunft, in der staatliche<br />

Institutionen immer weniger Sicherheit bieten, wird<br />

Rückhalt verstärkt in übersichtlichen und gleich gesinnten<br />

Gemeinschaften und Netzwerken gesucht –<br />

auch ein Ausdruck einer tiefgreifenden Vertrauenskrise<br />

in staatliche Institutionen und Organisationen.<br />

Unternehmen und Marken können sich als Unterstützer<br />

von Gemeinschaften positionieren – wobei hier<br />

nicht allein die Marke, sondern gemeinsame Werte und<br />

Ziele im Mittelpunkt stehen. Marken, die bereits über<br />

Communities im Netz verfügen, können sich glücklich<br />

schätzen. Sie aufmerksam, wertschätzend und auf Augenhöhe<br />

zu pflegen, ist Pflicht. Zusätzlich kann diese<br />

Beziehung gestärkt werden, wenn gemeinsame Erlebnisse<br />

auch im realen Raum ermöglicht werden. Ziel<br />

METHODE DES WERTE-INDEX<br />

Der Werte-Index analysiert die User-Diskussion im deutschsprachigen Web sowohl quantitativ als auch qualitativ. Grundlage des Werte-Index<br />

2012 ist eine Social Media-Analyse. Dabei wurden Einträge der Nutzer auf unterschiedlichen Plattformen inhaltlich analysiert und ausgewertet.<br />

Die Methode zeigt, welche Werte für Menschen so wichtig sind und sie so bewegen, dass sie von sich aus darüber diskutieren. Die Vorteile:<br />

Zum einen wird der Themenfokus nicht durch Forscher gesetzt, sondern durch die User. Zum anderen nehmen die Nutzer im Internet kein<br />

Blatt vor den Mund – zum Teil auch befördert durch die Anonymität im Netz. Die einbezogenen Quellen und Instrumente sollten eine möglichst<br />

breite thematische Ausrichtung besitzen und von einem großen Userkreis genutzt werden. Deshalb wurden die Top-Sites aus dem Alexa-Ranking<br />

(www.alexa.com) und den deutschen Blogcharts (www.deutscheblogcharts.de) als Quellen herangezogen.<br />

Im Rahmen der Sichtung von Beiträgen traten viele Besonderheiten zu Tage, die zu der Entscheidung führten, die Inhaltsanalyse manuell durchzuführen<br />

– also durch Menschen, die interpretieren. So mussten beispielsweise Nutzer-Meinungen von redaktionellen und werblichen Beiträgen<br />

getrennt werden. Zudem führt die Längenbegrenzung auf Twitter zu extrem verdichteten, schwer interpretierbaren Beiträgen. Überdies<br />

sollten Re-Tweets (einfaches Wiederholen/Weiterleiten des Beitrages einer anderen Person) nicht als eigenständige Meinungsäußerungen<br />

interpretiert werden. Nicht zuletzt wurde durch die manuelle Bearbeitung ausgeschlossen, dass Beiträge auftauchten, die nicht im Sinne des<br />

gesuchten Inhalts waren (die Formulierung »das ist echt krank« wurde so weder im Sinne von ‚Echtheit‘ noch von ‚Gesundheit/Krankheit‘ interpretiert).<br />

Analysiert wurden Beiträge, die zwischen dem 1. März 2010 und dem 28. Februar 2011 erschienen sind.<br />

4 2<br />

2012<br />

Gewinnt allgemein<br />

an Wichtigkeit (1)<br />

Quelle: TNS Infratest ABB. 2: GESELLSCHAFTLICHER STELLENWERT VON KOSMETIK NIMMT LEICHT AB<br />

KOSMETIK-INDEX 2012<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

43


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIK-INDEX 2012 MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

44<br />

»GEMEINSCHAFT« IST DER AUFSTEIGERWERT<br />

sollte sein, Kunden, Fans und Vertreter der Marke sowie<br />

die Mitarbeiter zusammenzubringen. Sie sollten an<br />

der Markengeschichte teilhaben.<br />

Was so einfach klingt, ist für viele Marken eine große<br />

Herausforderung. Beispiele der jüngsten Vergangenheit<br />

zeigen, dass sich manche Markenartikler im Übergang<br />

von der Industrie- zur Netzwerkökonomie noch<br />

schwer tun. Nur ein Beispiel: Ein großer Versicherer,<br />

der mit einer neuen Werbekampagne im Jahr 2011<br />

auf die Themen »Vertrauen« und »Transparenz« setzte<br />

und dann am Verhalten der eigenen Mitarbeiter und<br />

Führungskräfte scheiterte. Aber auch abseits dieses<br />

prominenten Beispiels beobachten wir, dass nur wenige<br />

Unternehmen intern auf den Umgang mit ihren eigenen<br />

Werten eingestellt sind. Was bedeutet es tatsächlich,<br />

einen Dialog mit Konsumenten zu führen? Wie<br />

gewinne ich das Vertrauen der Konsumenten?<br />

Reputation wird zum zentralen Erfolgsfaktor<br />

Unternehmens- oder Markenreputation sind die Summe<br />

der gelebten Werte. Aber: Eine aktuelle Untersuchung<br />

des Hernstein-Institutes belegt, dass mehr als die<br />

Hälfte aller Unternehmen in Deutschland keine Werte<br />

für sich definiert haben, weder in Bezug auf eine Führungsphilosophie,<br />

noch auf eine Vision oder Mission.<br />

Wofür steht mein Unternehmen? Wofür stehen meine<br />

Marken? Und wofür arbeiten meine Mitarbeiter? Wer<br />

nicht weiß, wie er sich seinen Mitarbeitern und Kunden<br />

erklären soll beziehungsweise wofür er steht, wird<br />

zukünftig am Markt verlieren.<br />

Während man in der alten Logik der Industrie-Ökonomie<br />

und in Zeiten klassischer »One-Way-Kommunikation«<br />

als Unternehmen oder Marke Reputation<br />

schlichtweg behaupten konnte, wird sie heute tagtäglich<br />

auf den Prüfstand gestellt. Es wird in Foren diskutiert,<br />

und Blogger verbreiten ihre Meinungen und Botschaften<br />

in rasender Geschwindigkeit und erreichen<br />

Millionen. Facebook und der »Like-it-Botton«sind die<br />

neuen Währungen für die Reputation von Unternehmen<br />

und Marken.<br />

Reputation spiegelt dabei das Vertrauen in Unternehmen<br />

und ihre Marken wider. Vertrauen muss man sich<br />

aber erarbeiten. Und Vertrauen entsteht heute zunehmend<br />

über gemeinsame Werte. Unternehmen müssen<br />

ihre Werte mit ihren Mitarbeitern und Kunden teilen.<br />

Gleichzeitig müssen sie sich mit den sich weiter und<br />

schneller verändernden Wertvorstellungen ihrer Kunden<br />

vertraut machen beziehungsweise sich selbst daran<br />

messen lassen. In diesem Zusammenhang wird der<br />

soziale und gesellschaftliche Kontext auch das Konsumentenverhalten<br />

beeinflussen.<br />

Reputation beziehungsweise das Management von Reputation<br />

ist Beziehungsmanagement. Wie in zwischenmenschlichen<br />

Beziehung geht es darum, Gemeinsamkeiten<br />

oder Selbstähnlichkeiten zu erkennen und zu<br />

fördern sowie die gegenseitigen Wertvorstellungen zu<br />

akzeptieren und immer wieder miteinander abzugleichen.<br />

Wer sich darauf nicht einlässt, wird verlieren.<br />

Entsprechend sind Unternehmen heute mehr denn je<br />

gefordert, diese Beziehungsarbeit zu leisten. Mehr denn<br />

je, um glaubwürdig das Vertrauen der Konsumenten zu<br />

erreichen. Beziehungsarbeit ist Dialog. Und was für die<br />

meisten zwischenmenschlichen Beziehungen gilt, gilt<br />

auch für die Beziehung zwischen Marken und Konsumenten:<br />

Es lohnt sich.<br />

Jens Krüger<br />

Jens Krüger ist Sectorhead<br />

und Geschäftsführer von TNS<br />

Infratest Consumer & Retail,<br />

Hamburg. Er ist bereits<br />

seit 17 Jahren in verschiedenen<br />

Positionen bei TNS<br />

Emnid, danach TNS Infratest,<br />

beschäftigt. Zuletzt war er<br />

Sales Director für Consumer<br />

& Retail.<br />

Quelle: Werte-Index 2012 / Fotos: iStock Photo, fotolia


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Wertschöpfung schaffen<br />

Die Zusammenarbeit mit dem Handel stellt die Kosmetikbranche<br />

vor einige Herausforderungen. Aber nur gemeinsam können beide<br />

Seiten die Gunst der Konsumenten gewinnen, sagt Andreas Sistig,<br />

Geschäftsführer und Vice President der Shiseido Deutschland GmbH.<br />

MARKENARTIKEL: Die Beziehung zum Handel ist geprägt<br />

von einem steten Auf und Ab. Klar ist aber: Ohne einander<br />

geht es nicht.<br />

ANDREAS SISTIG: In der Tat sind Handel und Industrie wie<br />

die beiden Seiten einer Münze. Erst zusammen bilden<br />

sie den Wert. Die Qualität der Beziehungen wurde und<br />

wird dabei auch heute noch im Wesentlichen von den<br />

wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

geprägt.<br />

MARKENARTIKEL: Wobei die deutsche Handelslandschaft<br />

mit ihrer vielfältigen Parfümerielandschaft durchaus<br />

etwas Besonderes ist...<br />

SISTIG: Der rasante Aufstieg der deutschen Wirtschaft<br />

in der Nachkriegszeit mit seinen vielfältigen Existenzgründungen<br />

war der prägende Faktor für die bis heute<br />

immer noch mittelstandsstarke Parfümerielandschaft<br />

Deutschlands. Damals hatten wir einen klaren Verkäufermarkt,<br />

in dem das Angebot überschaubar war.<br />

Es gab viele potenzielle Kunden, und so mancher Außendienstmitarbeiter<br />

hatte sogar seinen eigenen Fahrer,<br />

um dorthin zu gelangen. Auch gab es einen sogenannten<br />

Gebietsschutz für den Händler, der den<br />

eigenen Standort sicherte und die lästige Konkurrenz<br />

fernhielt.<br />

MARKENARTIKEL: Aber nicht nur die Handelslandschaft<br />

boomte. Auch die Industrie profitierte von den<br />

postiven Entwicklungen.<br />

SISTIG: Der stetige Zuwachs von Parfümeriestandorten<br />

und die hohen Margen lockten in den 1980ern und zu<br />

Andreas Sistig ist seit 2007 Geschäftsführer der Shiseido Deutschland<br />

GmbH, Düsseldorf, und fungiert seit 2010 zusätzlich als Vice President. In<br />

dieser Funktion leitet er das Unternehmen an der Seite von Präsident Yoshinori<br />

Nishimura. Vor seiner Zeit bei Shiseido war Sistig bei LVMH als General<br />

Manager bei Guerlain Parfumeur tätig. Weitere Stationen waren Unilever<br />

und Revlon. Sistig ist Mitglied des Vorstands des <strong>VKE</strong>-Kosmetikverbandes.<br />

HANDELSBEZIEHUNGEN<br />

Beginn der 1990er-Jahre auch die großen Industriekonzerne<br />

an, die in ihrem angestammten Massenmärkten<br />

ebenfalls mit Sättigungsproblemen zu kämpfen hatten.<br />

So manche Luxusmarke wechselte damals den Besitzer.<br />

Stetiges Wachstum und eine Flut von Neuheiten<br />

vor allem im Duftsegment bescherten bis vor etwa 14<br />

Jahren beiden Seiten ein gutes Auskommen. Nun ist<br />

aber auch im Luxusmarkt die Sättigung eingetreten.<br />

Für den einen oder anderen kommt dies völlig überraschend,<br />

man ist nicht ausreichend darauf vorbereitet.<br />

MARKENARTIKEL: Welche Möglichkeiten gibt es, um auf<br />

diese Entwicklungen zu reagieren?<br />

SISTIG: Letzte Ausweichmöglichkeiten bieten bisher<br />

noch das Nischengeschäft oder das wachsende Pre-<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

45


60 JAHRE <strong>VKE</strong> HANDELSBEZIEHUNGEN MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

46<br />

Hochklassiges Angebot: Hersteller und Handel bieten den Kunden am POS exzellente Einkaufserlebnisse und eine perfekte Beratung.<br />

miumsegment, aber auch hier kann man nicht endlos<br />

die Preisschraube nach oben drehen. Wir müssen<br />

schmerzlich feststellen, dass aus unserem Verkäufermarkt<br />

heute ein Käufermarkt geworden ist. Damit<br />

haben sich auch die Spielregeln massiv verändert.<br />

MARKENARTIKEL: Der Konsument hat also das Sagen?<br />

SISTIG: Es gibt ein Überangebot von Ware und Verkaufsstellen,<br />

und wir müssen um den Konsumenten<br />

kämpfen. Den Chauffeur gibt es schon lange nicht<br />

mehr ebenso wenig wie den Gebietsschutz in seiner<br />

ursprünglichen Form. Zuwächse werden heutzutage<br />

sowohl auf Handels- als auch auf Herstellerseite teilweise<br />

teuer erkauft. Mit zunehmender Sättigung tritt<br />

aber auch der Serviceaspekt unseres Luxusgeschäftes<br />

wieder stärker in den Vordergrund, was wiederum<br />

neue Chancen eröffnet.<br />

MARKENARTIKEL: Inwiefern neue Chancen?<br />

SISTIG: Zu unserer Aufgabe als Hersteller gehört es,<br />

die Einhaltung der strengen selektiven Vertriebskriterien<br />

zu überwachen. So können wir zusammen mit<br />

unseren Handelspartnern dem Endverbraucher ein<br />

luxuriöses Einkaufserlebnis aus erstklassigen Produkten,<br />

exzellenter Beratung und hochwertigem Ambiente<br />

anbieten.<br />

MARKENARTIKEL: Das selektive Vertriebsbindungssystem<br />

hat also aus Ihrer Sicht Vorteile für Hersteller, Handel<br />

und Verbraucher?<br />

» bilden sie den Wert.<br />

Andreas<br />

SISTIG: Es hilft uns enorm, die Wertschöpfung für alle<br />

Beteiligten aufrecht zu erhalten. Der Hersteller kann<br />

sich sicher sein, dass die Produkte in einem für die Marke<br />

hochwertigen Umfeld verkauft werden. Der Handel<br />

hat mit seinem hochklassigen Angebot die Gewissheit,<br />

dass seine Investitionen in Ausstattung und Service<br />

auch finanzierbar bleiben. Und der Endverbraucher<br />

erhält dafür ein exzellentes Einkaufserlebnis und eine<br />

perfekte Beratung. Ohne den Vertrag dürfte jeder alles<br />

verkaufen. Der Vertriebskanal Parfümerie würde gerade<br />

in der jetzigen Marktsituation kollabieren. Deshalb<br />

ist es sowohl für unsere Handelspartner als auch<br />

für uns Hersteller unabdingbar, auf die Einhaltung des<br />

Vertrages zu setzen.<br />

MARKENARTIKEL: Gerade bei Kosmetika ist die Präsentation<br />

das A und O. Ein starker Einzelhandel lebt von Individualität<br />

und Facettenreichtum. Mit welchen Konzepten<br />

kann der Handel Ihrer Ansicht nach punkten?<br />

SISTIG: In einer Welt global agierender Marken ist es<br />

nicht zu verhindern, dass viele der Beteiligten im Handel<br />

dasselbe Sortiment haben. Man findet dieses Phänomen<br />

auch international, da sich die Umsätze auf wenige<br />

große Konzerne verteilen. Wenn natürlich alle<br />

allen alles verkaufen wollen, gibt es keine Individualität<br />

mehr und das Angebot verschwimmt. Es gibt drei<br />

Ansätze, dies zu verhindern.<br />

MARKENARTIKEL: Und die wären?<br />

SISTIG: Neben der individuellen Sortimentsauswahl be-<br />

Handel und Industrie sind wie die beiden<br />

Seiten einer Münze. Erst zusammen<br />

Sistig, Shiseido


Foto: KDW - Kaufhaus des Westens<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Ohne das stationäre Geschäft geht es auch in Zukunft nicht, denn Marken brauchen eine Bühne, auf der sie inszeniert werden.<br />

steht die Möglichkeit, sich klar für Marken zu entscheiden<br />

und ihnen eine Bühne für die Inszenierung<br />

zu bieten. Das kann ein Wettbewerber in der gleichen<br />

Stadt mit einer anderen Marke tun. Über eine derartige<br />

qualitative Differenzierung des Sortiments kann<br />

einem Standort mehr Individualität verliehen werden.<br />

Der zweite Ansatz ist das Geschäft selbst. Standort<br />

und Ausstattung müssen von Zeit zu Zeit überdacht<br />

werden. Kunden wollen interessiert und überrascht<br />

werden. Wenn man sich die Entwicklung so mancher<br />

Drogeriemarktketten anschaut, ist eindeutig der<br />

Schritt zu höherwertigen Einkaufserlebniswelten zu<br />

sehen. Das wird den Parfümerieeinzelhandel und seine<br />

Partner wiederum unter Zugzwang bringen.<br />

MARKENARTIKEL: Sie sprachen noch eine dritte Möglichkeit<br />

an. Was meinen Sie konkret?<br />

SISTIG: Hier geht es um den Service und die Beratung,<br />

das eigentliche Herzstück unseres gemeinsamen Geschäfts.<br />

Nur in ganz wenigen Märkten finden sich<br />

noch ein so großer Enthusiasmus seitens der Inhaber<br />

und ein so hohes Potenzial an Fachkräften mit Spezialwissen<br />

wie im Parfümeriemarkt. Zudem bietet die<br />

Industrie ständig Weiterbildungsprogramme an, mit<br />

denen sich Know-how nachrüsten lässt.<br />

MARKENARTIKEL: Aber welche Rolle spielen stationäre<br />

Einkaufsstätten in der multimedialen Einkaufswelt<br />

überhaupt noch? Sind sie in Zeiten des Internethandels<br />

nicht längst überholt?<br />

SISTIG: Der Online-Shop ist lediglich das virtuelle<br />

Schaufenster des stationären Geschäfts. Ohne das<br />

stationäre Geschäft geht es in unserer Branche einfach<br />

nicht. Auch wenn über das Internet mehr und<br />

mehr gekauft wird, so bedeutet das aber noch längst<br />

nicht, dass künftig alles nur noch dort verkauft wird.<br />

Das Internet ist eine gute Ergänzung und steht keinesfalls<br />

im Widerspruch zur Parfümerie als stationärem<br />

Geschäft.<br />

» Der Online-Shop ist lediglich<br />

das virtuelle Schaufenster des<br />

stationären Geschäfts.<br />

Andreas<br />

Sistig, Shiseido<br />

HANDELSBEZIEHUNGEN<br />

MARKENARTIKEL: Im Web müssen dabei die hohen qualitativen<br />

Ansprüche des selektiven Systems genauso gelten<br />

wie im stationären Handel. Wie kann es gelingen,<br />

auch in diesem Vertriebskanal die Aura des Besonderen<br />

darzustellen?<br />

SISTIG: Zunächst bleibt festzustellen, dass die Autorisierung<br />

des Online-Handels nur für stationäre Händler<br />

gelten kann, die das Geschäft verstehen. Trittbrettfahrern<br />

und Glücksrittern haben wir als Hersteller<br />

bereits massiv den Riegel vorgeschoben. Es wurde zudem<br />

bei den Depot-Verträgen für die Web-Shops viel<br />

Energie darauf verwendet, dass die Kriterien unseres<br />

selektiven Vertriebsbindungssystems auch im Internet<br />

gewahrt bleiben. Gefahr droht aber in erster Linie<br />

aus den Lücken des Systems. So wird beispielsweise<br />

unkontrolliert Ware unter Vernichtung jeglicher<br />

Luxusaspekte eingeschleust. Herausforderungen wie<br />

die Problematik des Graumarktes werden wir nur im<br />

partnerschaftlichen Miteinander lösen können.<br />

Interview: Vanessa Göbel<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

47


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIK- UND PARFÜMWERBUNG MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

48<br />

»Träume und Wünsche<br />

entstehen lassen«<br />

Kosmetik- und Parfumwerbung besetzt einen festen Platz in der<br />

Werbelandschaft. Über die Besonderheiten der unterschiedlichen<br />

Werbekanäle sprachen wir mit Rolf Sigmund, Geschäftsführer<br />

L’Oréal Luxe und Vizepräsident im <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband.<br />

MARKENARTIKEL: 60 Jahre <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband spiegeln<br />

zugleich sechs Jahrzehnte Kosmetik- und Parfumwerbung.<br />

Was waren aus Ihrer Sicht in dieser Zeit<br />

die einschneidenden und besonders markanten Veränderungen?<br />

ROLF SIGMUND: Die Kosmetik- und Parfumwerbung ist zu<br />

einem wichtigen Pfeiler der Werbewirtschaft geworden.<br />

Die Frauenzeitschriften werden heute entscheidend<br />

von der Kosmetikwerbung geprägt. Im Laufe<br />

der Zeit hat es die Kosmetikindustrie verstanden,<br />

nicht nur Konzepte zu vermitteln, sondern auch den<br />

direkten Kontakt mit den Produkten durch aufwendige<br />

Testmuster in Form von Sachets und Dufttestmustern,<br />

sogenannten Scent Strips oder Scent Sceals,<br />

in direkter Verbindung mit den Anzeigen zu ermöglichen.<br />

Darüber hinaus ist die Fernsehwerbung heute<br />

ein fester Bestandteil der Werbestrategie, insbesondere<br />

für Duftkampagnen. Dasselbe gilt für den Bereich<br />

Internet, der uns eine optimale Ansprache von jungen<br />

Zielgruppen ermöglicht.<br />

MARKENARTIKEL: Die Produkte Ihrer Branche sprechen<br />

zahlreiche Sinne an, besonders stark den Geruchs-<br />

und Tastsinn. Wie kann es gelingen, diese zentralen<br />

Produktbesonderheiten in eher visuell geprägten Medien<br />

wie Print und Fernsehen beim Konsumenten angemessen<br />

zu kommunizieren?<br />

SIGMUND: Das gelingt sehr gut durch die Einbindung<br />

von Produktproben wie den bereits erwähnten Sachets<br />

für Pflege- und Make up-Produkte sowie durch Dufttestmuster,<br />

die in eine Anzeige integriert sind.<br />

MARKENARTIKEL: Durch das von Ihnen bereits angesprochene<br />

Internet ist in jüngerer Vergangenheit ein neuer,<br />

auch für Ihre Branche sehr wichtiger Kommunika-<br />

Rolf Sigmund ist Geschäftsführer von L’Oréal Luxe Germany und Vizepräsident im Vorstand<br />

des <strong>VKE</strong>-Kosmetikverbandes sowie der Fragrance Foundation Deutschland.<br />

tionskanal hinzugekommen. Welche Bedeutung und<br />

Chancen sehen Sie in diesem Medium für die Kosmetik-<br />

und Parfumbranche?<br />

SIGMUND: Das Internet erlaubt uns, unsere Konzepte<br />

und Produkte noch genauer zu erklären und wichtiges<br />

Hintergrundwissen zu vermitteln. Zudem erreichen<br />

wir über das Internet insbesondere die junge Zielgruppe<br />

sehr gut.<br />

MARKENARTIKEL: Das wohl wichtigste Marketinginstrument<br />

beim Kosmetik- und Parfumkauf ist dennoch<br />

wohl immer noch der Point of Sale, an dem sich je-


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

doch hunderte von Marken tummeln. Wie gelingt den<br />

Waren dort eine adäquate Präsentation und welche<br />

Wünsche haben Sie für die Warenpräsentation speziell<br />

an den Handel?<br />

SIGMUND: Der große Wunsch an den Handel ist, sich zu<br />

fokussieren, denn es gilt: weniger ist mehr. Es ist niemanden<br />

gedient, ein Maximum von Marken in gleicher<br />

Form darzustellen. Stattdessen sollten die wichtigen<br />

Ankermarken besonders herausgestellt werden.<br />

Der Konsument fühlt sich sicherer, wenn er die Top-<br />

Marken, die ihm bereits bekannt sind, schnell am<br />

Point of Sale erkennen kann.<br />

MARKENARTIKEL: Manche Marktbeobachter beklagen allerdings<br />

eine Austauschbarkeit der Markenwelten von<br />

Kosmetik und Parfums. Wie können sich Marken dennoch<br />

differenzieren und Akzente setzen?<br />

SIGMUND: Aus meiner Sicht können sich Marken durch<br />

eine klare Positionierung und durch einzigartige, echte<br />

Innovationen abgrenzen.<br />

MARKENARTIKEL: Werfen wir zum Schluss noch einen<br />

Blick nach vorne: Welches sind nach Ihrer Meinung<br />

in absehbarer Zukunft die zentralen Herausforderungen,<br />

Chancen und Gefahren für die Kosmetik-<br />

und Parfumwerbung?<br />

SIGMUND: Es muss uns mehr denn je gelingen, das Besondere<br />

hervorzuheben und damit Wünsche zu kreieren,<br />

die dem Konsumenten noch gar nicht bewusst<br />

sind. Unsere Werbung soll nicht Bedürfnisse befriedigen,<br />

sondern Träume und Wünsche entstehen lassen.<br />

Die Kosmetikwerbung muss dabei aber glaubhaft bleiben.<br />

Es ist mehr denn je wichtig, die Balance zu finden<br />

zwischen perfekter Schönheit, die gleichzeitig als<br />

erreichbar und erstrebenswert gilt.<br />

Interview: Torsten Schöwing<br />

KOSMETIK- UND PARFÜMWERBUNG<br />

In Berichten, aber auch<br />

Anzeigen gehört Kosmetik<br />

zu den zentralen Themen<br />

vieler Zeitschriften.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

49


60 JAHRE <strong>VKE</strong> EINKAUFSERLEBNIS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

50<br />

Erlebniswelt Marke<br />

Ein besonderes Shopping-Erlebnis und ein Sortiment mit exklusiven<br />

Selektivmarken begeistern Kunden und sorgen für Emotionalität.<br />

Marken müssen deshalb am POS Geschichten erzählen und<br />

authentisch auftreten, um ihre Faszination erlebbar zu machen.<br />

ÜBER TRENDS, AUSSICHTEN UND CHANCEN des Kosmetikmarktes<br />

sprach MARKENARTIKEL mit den Geschäftsführern<br />

der Beauty Alliance Deutschland,<br />

Ulrich Schwarze und Christian Lorenz, sowie mit<br />

Markus Mackedanz, Category-Manager Parfümerie/Kosmetik<br />

bei der Galeria Kaufhof.<br />

MARKENARTIKEL: Starke Qualitätsmarken, hohe Innovationskraft<br />

und konstruktive Lösungsansätze beflügeln<br />

den Kosmetikkonsum. Welche Trends beobachten<br />

Sie?<br />

CHRISTIAN LORENZ: Starke Marken mit Fashion-Hintergrund<br />

entwickeln sich überdurchschnittlich gut. Dies<br />

gilt nicht nur national, sondern europaweit. Diesen<br />

Marken gelingt es, ihre dominante Position weiter<br />

auszubauen. Wir können weiterhin beobachten, dass<br />

mit Technologieprodukten hohe Umsätze generiert<br />

werden können. Hier entscheidet der Innovationszyklus<br />

über den künftigen Erfolg. Der Markenaufbau<br />

Christian Lorenz ist Geschäftsführer der<br />

Beauty Alliance Deutschland.<br />

Ulrich Schwarze ist Sprecher der Geschäftsführung<br />

der Beauty Alliance Deutschland.<br />

und ein Sortimentsgeschäft treten hier in den Hintergrund.<br />

Zudem entwickelt sich eine Fangemeinde<br />

für besondere Marken mit hoher Selektivität, sogenannte<br />

»Spezialitäten« oder auch Nischenmarken.<br />

Diesen gelingt es, eine hohe Emotionalität im Einkaufserlebnis<br />

zu schaffen und den Wunsch nach Individualität<br />

zu unterstreichen.<br />

MARKUS MACKEDANZ: Die Kunden schätzen einerseits die<br />

große Vielfalt eines Warenhauses: Die Parfümerien<br />

dort sind einzigartige Markenbühnen für hochwertige<br />

Kosmetik- und Parfümerieartikel. Hier finden sie<br />

eine große Auswahl an Premiummarken und in direkter<br />

Anbindung beispielsweise auch Produkte der<br />

Naturkosmetik. Andererseits können sie sich darauf<br />

verlassen, dort Produkte zu finden, die zu ihrem persönlichen<br />

Lebensstil passen. Galeria Kaufhof setzt<br />

im Parfümerie-Bereich auf modulare Sortimentskonzepte,<br />

die auf die individuellen Kundenbedürfnisse<br />

und Standortbedingungen zugeschnitten sind und<br />

den täglichen Luxus erlebbar machen.<br />

Markus Mackedanz ist Category-Manager<br />

Parfümerie/Kosmetik bei Galeria Kaufhof.


Foto: iStock Photo<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Parfümerien in Warenhäusern sind einzigartige Markenbühnen für hochwertige Kosmetik- und Parfümerieartikel.<br />

MARKENARTIKEL: Das zunehmende Pflegebewusstsein<br />

bei Männern wird oft als Wachstumsgarant genannt.<br />

Sehen Sie diese Entwicklung auch?<br />

MACKEDANZ: Im europäischen Vergleich bietet der deutsche<br />

Markt hier noch Potenzial. Besonders bei den selektiven<br />

Marken sind die Wachstumsprognosen sehr positiv.<br />

LORENZ: Das Männersegment wächst im selektiven<br />

Handel langsam, aber langfristig. Grundsätzlich sehen<br />

wir, dass der Einstieg im Wesentlichen über Duft<br />

und Körperpflege geschieht. Dabei ist zu berücksichtigen,<br />

dass die klassische selektive Parfümerie auf ihr<br />

Hauptklientel – die weibliche Kundschaft – ausgerichtet<br />

ist. Wir müssen darauf achten, die Parfümerien als<br />

Einkaufs- und Erlebniswelt auch für die Männer attraktiv<br />

zu machen und dem anders gelagerten Einkaufsverhalten<br />

der Männer gerecht zu werden.<br />

MARKENARTIKEL: Stationärer Fachhandel versus multimediale<br />

Einkaufswelt. Was bedeutet dies für eine Multichannel-Marketingstrategie?<br />

ULRICH SCHWARZE: Der Online-Bereich gewinnt im gesamten<br />

Handel an Bedeutung, ist aber ein sehr rationales<br />

Geschäft. Das stationäre Fachgeschäft kann<br />

dagegen mit Emotionen punkten. Der direkte Dialog<br />

zwischen Fachverkäuferin und Kundin kann im<br />

Online-Handel nicht abgedeckt werden. Für uns gilt<br />

es, beide Ansätze strategisch miteinander zu kombinieren.<br />

Wir müssen allerdings darauf achten, dass<br />

die technischen Elemente das Geschäft nicht überfrachten<br />

und so integriert werden, dass das emotionale<br />

Einkaufserlebnis erhalten bleibt.<br />

MACKEDANZ: Eine integrierte Kommunikation ist hier<br />

von ganz entscheidender Bedeutung. Wir verstehen<br />

uns als Multichannel-Retailer, der das Beste aus virtueller<br />

und realer Filialwelt miteinander verbindet.<br />

Von dieser engen Vernetzung des stationären Warenhausgeschäftes<br />

mit unserem Online-Shop profitieren<br />

unsere Kunden und diese Botschaft gilt es verstärkt<br />

über die verschiedenen Medien zu spielen.<br />

EINKAUFSERLEBNIS<br />

MARKENARTIKEL: Inwieweit hat und wird sich vor diesem<br />

Hintergrund die Warenpräsentation im klassischen<br />

Fachhandel wandeln?<br />

SCHWARZE: Bei der eigentlichen Warenpräsentation gibt<br />

es – aus unserer Sicht – keine Veränderungen durch<br />

Multichannel-Ansätze. Das Verhalten der Kundin bei<br />

der Suche nach Produkten und der Einschätzung der<br />

Sortimente ist seit vielen Jahren gleich. Wir ergänzen<br />

die Präsentation zum Beispiel durch eine Doppelplatzierung<br />

mit bewegten Bildern. Wir sehen dies<br />

allerdings als eine Fortentwicklung, nicht als einen<br />

grundsätzlichen Wandel.<br />

MARKENARTIKEL: Das Einkaufslebnis wird von starken<br />

Marken geprägt. Was bedeutet das für die selektiven<br />

Kosmetikmarken?<br />

MACKEDANZ: Wir wollen auch zukünftig Trends setzen.<br />

Gemeinsam mit unseren Partnern der selektiven<br />

Marken erarbeiten wir klar strukturierte Warenpräsentationen<br />

und schaffen mit ausgesuchten<br />

Aktionen sowie überzeugenden Produkten ein einzigartiges<br />

Beauty-Shopping-Erlebnis für unsere Kunden.<br />

Und das funktioniert nur mit qualifizierten und<br />

motivierten Mitarbeitern. Für die fachliche Kompetenz<br />

nutzen wir interne Schulungsprogramme genauso<br />

wie Angebote der Markenindustrie.<br />

LORENZ: Starke Marken leben von der Geschichte, die<br />

sie erzählen. Diese beeinflusst auch das Dufterlebnis.<br />

Daher prägen starke Marken mit einer starken Visualisierung<br />

bereits im Vorfeld das Kauferlebnis und somit<br />

auch die Erwartung der Kundin. Ein prägnantes<br />

Beispiel hierfür sind die bereits erwähnten Fashionmarken.<br />

In vielen Einkaufskanälen wird dieses Bild<br />

jedoch brüchig: Das gilt vor allem für die Einkaufsstätten,<br />

die dem Wunsch nach Emotionalität und Erlebniswelt<br />

nicht gerecht werden und der Kauf von<br />

Preis und Masse bestimmt wird.<br />

Umfrage: Uwe Käckenhoff<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

51


60 JAHRE <strong>VKE</strong> DUFTMARKETING MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

52<br />

Der richtige Riecher<br />

Um herauszufinden, welcher Duft zu einer Kosmetikmarke passt,<br />

sind zahlreiche Tests nötig. Denn der erste Eindruck ist wichtig.<br />

Nur wenn Geruch und Aussehen den Konsumenten überzeugen,<br />

wird er ein Produkt auch kaufen.<br />

MIT JEDEM ATEMZUG VERARBEITEN WIR Geruchsinformationen<br />

aus der Umwelt: Ist ein Duft bekannt? Ist er angenehm<br />

oder nicht? Welche Informationen liefert der Duft über<br />

das Produkt? An derartigen Fragen orientieren sich<br />

Verbraucher implizit, wenn sie sich beispielsweise für<br />

ein Kosmetikprodukt entscheiden. So fand eine japanische<br />

Studie in Tiefeninterviews heraus, dass Verwender<br />

von Pflegeprodukten einen angenehmen Duft als<br />

»Muss« voraussetzen.<br />

Der Produktduft ist wichtig, da er neben dem Aussehen<br />

für den ersten Eindruck verantwortlich ist und<br />

Der Duft prägt die Produkterfahrung<br />

und ist neben dem Aussehen für den<br />

ersten Eindruck entscheidend.<br />

damit die Produkterfahrung prägt. Ein besonders angenehmer<br />

Duft kann sogar zu einer verstärkten Verwendung<br />

führen. Darüber hinaus beurteilen Konsumenten<br />

anhand des Geruchs auch die Qualität und<br />

die Glaubwürdigkeit des Produktversprechens, insbesondere<br />

dann, wenn sie die Wirksamkeit kosmetischer<br />

Produkte nicht unmittelbar überprüfen können. Hersteller<br />

von Kosmetika stehen deshalb vor der schwierigen<br />

Frage, welche Düfte sie in ihren Produkten verwenden<br />

sollen.<br />

Differenzierung und Wiedererkennung<br />

Zunächst ist die strategische Entscheidung zu treffen,<br />

ob der Duft als Markenduft für alle Produkte einer<br />

Marke beziehungsweise Markenfamilie<br />

verwendet werden soll oder ob jedes<br />

Produkt einen eigenen Duft erhält. Ein<br />

prägnanter Markenduft bietet<br />

gute Differenzierungsmöglichkeiten<br />

und einen<br />

hohen Wiedererkennungswert.Immerhin<br />

hielten in der zitierten<br />

Studie nur<br />

zwei der Befragten<br />

den Duft ihrer Produkte<br />

für einzigartig.<br />

Da die Duftakzeptanz<br />

die Akzeptanz<br />

der Markenfamilie beeinflusst,<br />

hat die Kreation<br />

bei Markendüften<br />

eine große Verantwortung.<br />

Produktdüfte als anderes Extrem<br />

haben den Vorteil, dass die<br />

Verbraucher den Produktnutzen bes- Photo<br />

ser nachvollziehen können, sofern der Geruch den ge-<br />

iStock<br />

weckten Erwartungen entspricht. So erwartet man bei<br />

einem als mild ausgelobten Reinigungsversprechen ei- Fotos:


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Konsumenten beurteilen anhand des Geruchs auch die Qualität und die Glaubwürdigkeit des Produktversprechens.<br />

nen anderen Duft als bei einer Intensivreinigung. Das<br />

Produkt gewinnt damit an Glaubwürdigkeit, kann jedoch<br />

gleichzeitig an Einzigartigkeit einbüßen, wenn<br />

man nur auf produkttypische Düfte zurückgreift. Als<br />

Kompromiss zwischen beiden Extremen bietet sich die<br />

Kombination aus wieder erkennbarem Markenkernduft<br />

und produktweise variierenden Duftnuancen an.<br />

Erwartungen der Verbraucher berücksichtigen<br />

Die wesentliche Anforderung an einen Duft ist dessen<br />

hohe Akzeptanz. Immer wieder zeigen aber Auswahltests,<br />

dass Verbraucher keine eindeutigen Präferenzen<br />

für die eine oder andere Duftalternative zeigen. Dadurch<br />

werden je nach gewählter Strategie weitere Duftmerkmale<br />

bedeutsam, die die Produktwahrnehmung<br />

und -beurteilung beeinflussen können. Hierzu gehören<br />

die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher sowie<br />

die Marken- und Produktpositionierung.<br />

Erwartungen werden etwa durch die Inhaltsstoffe geweckt<br />

(z.B. Pfirsichöl), die sich geruchlich im Produkt<br />

wiederfinden können. Auch das Nutzenversprechen<br />

spielt eine Rolle, wie das Beispiel des Reinigungsversprechens<br />

zeigt. Die empfundene Duftqualität ist insbesondere<br />

für hochpreisige Kosmetikprodukte relevant.<br />

Darüber hinaus kann man die Duftkongruenz zur Produkt-<br />

und Markengestaltung beachten, zum Beispiel<br />

die Duftpassung zu verwendeten Farben, Bildern, der<br />

Verpackung und dergleichen. Sogar implizite Verwendungsmotive<br />

der Verbraucher (z.B. Bedürfnis nach Sicherheit<br />

oder nach Machtstreben) können berücksichtigt<br />

werden. Neben psychologischen Aspekten spielen<br />

natürlich auch Kosten, Hauthaftung der Düfte, rechtliche<br />

Rahmenbedingungen und dergleichen eine Rolle<br />

bei der Duftsuche.<br />

Explizite & implizite Verarbeitung von Information<br />

Damit der Duft das Image und die Positionierung einer<br />

Marke unterstützen kann, muss überprüft werden,<br />

ob die Kreationen von den Konsumenten in der beab-<br />

DUFTMARKETING<br />

sichtigten Art und Weise wahrgenommen und beurteilt<br />

werden. Die sensorische Produktforschung stellt<br />

für diese Aufgabe verschiedene Ansätze zur Verfügung.<br />

Aufgrund der Erkenntnisse der Neurowissenschaften<br />

erscheint es sinnvoll, zwischen expliziten beziehungsweise<br />

bewussten sowie impliziten beziehungsweise unbewussten<br />

Prozessen im Zusammenhang mit der Verarbeitung<br />

olfaktorischer Markeninformationen zu<br />

unterscheiden, wobei die impliziten Prozesse eine weitaus<br />

wichtigere Rolle spielen.<br />

Zur Erfassung der bewussten Verarbeitung olfaktorischer<br />

Markenreize kommen affektive Konsumententests<br />

zum Einsatz, die als Präferenz- oder Akzeptanztest<br />

angelegt sind. Bei letzterem müssen die<br />

Testpersonen anhand einer Ratingskala angeben, wie<br />

sie einen Duft isoliert (»Blindtest«) beziehungsweise<br />

im Markenkontext (»informierter Test«) beurteilen.<br />

Der normale Mensch kann jedoch aufgrund der Besonderheiten<br />

der Verarbeitung olfaktorischer Reize<br />

im Gehirn (z.B. unzureichende olfaktorische Sprache;<br />

starke Integration bei der Verarbeitung unterschiedlicher<br />

Sinneseindrücke) nicht angeben, auf welchen<br />

Wahrnehmungen seine Beurteilung eines Duftes beruht.<br />

Er kann folglich nicht verbalisieren, welche Eigenschaften<br />

für dessen spontane ganzheitliche Beurteilung<br />

verantwortlich sind.<br />

Olfaktorischer Fingerabdruck für jeden Duft<br />

Im Rahmen der sensorischen Produktforschung kommt<br />

deshalb die sogenannte deskriptive Analyse zum Einsatz.<br />

Eine sorgfältig ausgewählte und in der olfaktorischen<br />

Wahrnehmung intensiv geschulte Gruppe von<br />

Personen ist in der Lage, mithilfe einer eigens für diese<br />

Aufgabe entwickelten Sprache sowie geeigneter Referenzreize<br />

jeden komplexen Duft in seine wahrnehmbaren<br />

olfaktorischen Bestandteile zu zerlegen und somit<br />

Unterschiede zu beschreiben und zu quantifizieren. Das<br />

Ergebnis der deskriptiven Analyse ist ein „olfaktorischer<br />

Fingerabdruck“ für jeden analysierten Duft. Die<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

53


60 JAHRE <strong>VKE</strong> DUFTMARKETING MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

54<br />

Damit der Duft das Image einer Marke unterstützen kann, muss die Kreationen von den Konsumenten in der beabsichtigten Art wahrgenommen werden.<br />

multivariate Verknüpfung der Ergebnisse eines affektiven<br />

Tests mit den Ergebnissen der deskriptiven Analyse<br />

liefert schließlich Hinweise für Produktentwicklung<br />

und Markenmanagement gleichermaßen: Es lassen sich<br />

die Duftbestandteile und deren Intensitäten identifizieren,<br />

welche die Gesamtbeurteilung eines Duftes positiv<br />

beziehungsweise negativ beeinflussen.<br />

Verfahren wie die klassischen affektiven Konsumententests,<br />

die die bewussten Anteile der Verarbeitung von<br />

Markendüften erfassen, berücksichtigen jedoch nicht<br />

die mangelnde Fähigkeit zur Introspektion – insbesondere<br />

in Bezug auf Wahrnehmung und Beurteilung olfaktorischer<br />

Reize. Das heißt, dass die Befragten nicht<br />

in der Lage sind, ihre affektive Reaktion auf einen Duft<br />

zuverlässig anzugeben, weil es ihnen nicht möglich ist,<br />

die Ergebnisse ihrer unbewussten Wahrnehmungs- und<br />

Beurteilungsprozesse gegenüber dem interessierenden<br />

Stimulus aus dem Gehirn abzurufen.<br />

Passende Assoziationen wecken<br />

In jüngster Zeit haben deshalb Ansätze zur Erfassung<br />

der unbewussten Verarbeitung olfaktorischer Markenreize<br />

an Bedeutung gewonnen, von denen die reaktionszeitbasierten<br />

Verfahren die beste theoretische Fundierung<br />

sowie die größte Praxisrelevanz aufweisen. Ihr<br />

Grundgedanke besteht darin, durch die Messung der<br />

Schnelligkeit, mit der Probanden auf die präsentierten<br />

Dr. Patrick Hehn arbeitet als<br />

Duftwirkungsforscher für das<br />

Institut für Sensorikforschung<br />

und Innovationsberatung<br />

in Göttingen. Er ist zudem Lehrbeauftragter<br />

für Duftmarketing<br />

an der Hochschule Harz in<br />

Wernigerode.<br />

Stimuli reagieren, Informationen über die durch einen<br />

Duft ausgelösten Reaktionen beziehungsweise Assoziationen<br />

der Probanden zu gewinnen. Beim Forced<br />

Choice Assoziationstest (FCC) werden den Probanden<br />

am Bildschirm – zusammen mit dem Markenduft<br />

– nacheinander verschiedene beschreibende und bewertende<br />

Begriffe sowie Bilder präsentiert. Sie müssen<br />

innerhalb kürzester Zeit (2 bis 3 Sekunden) entscheiden,<br />

ob der jeweilige Stimulus zum Duft passt oder<br />

nicht. Auf diese Weise gelingt es, die unbewusste Entscheidung<br />

bezüglich der Reaktion auf den Duft (positive<br />

oder negative Valenz) sowie die Assoziationen, die<br />

durch den Duft ausgelöst werden, zu erfassen.<br />

Wer weiß, welcher Duft zu seiner Marke passt, kann<br />

dem Wettbewerb den entscheidenden Schritt voraus<br />

sein. Nur wenn Geruch und Produktversprechen stimmig<br />

sind, entsteht beim Konsumenten ein konsistentes<br />

Bild. Gerade im Kosmetikbereich sollten Hersteller<br />

deshalb darauf achten, sich mit ihrem Produkt zu differenzieren,<br />

aber sich gleichzeitig nicht zu weit von den<br />

gelernten Gerüchen der Kategorie zu entfernen. Die<br />

Kaufentscheidung wird letztendlich auch danach gefällt,<br />

welches Produkt man »am besten riechen kann.«<br />

Dr. Patrick Hehn, Prof. Dr. Andreas Scharf<br />

Prof. Dr. Andreas Scharf lehrt<br />

Betriebswirtschaft, insbesondere<br />

Marketing, an der Fachhochschule<br />

Nordhausen und<br />

ist wissenschaftlicher Leiter<br />

des Instituts für Sensorikforschung<br />

und Innovationsberatung<br />

in Göttingen.


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Ohne Rücksicht<br />

geht es nicht<br />

Nachhaltigkeit spielt in der Kosmetikbranche eine immer wichtigere<br />

Rolle. Ein Unternehmen, das hier bereits seit Jahrzehnten<br />

vorbildlich agiert, ist die Naturkosmetikmarke Annemarie Börlind.<br />

Börlind-Chef Michael Lindner erläutert, worauf es bei grünen<br />

Produkten ankommt und warum Authentizität Trumpf ist.<br />

MARKENARTIKEL: Ihr Unternehmen produziert bereits<br />

seit 1959 Naturkosmetikprodukte. Zu einer Zeit, als<br />

Cremes und Schminke ohne Silikone, Paraffine, Erdölprodukte,<br />

Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe<br />

noch als Wald-und-Wiesen-Pflege belächelt wurden.<br />

Heute wird das Thema Nachhaltigkeit von Unternehmen<br />

zunehmend forciert. Wie kommt es, dass es<br />

ein solcher Dauerbrenner geworden ist?<br />

MICHAEL LINDNER: Verantwortung und Respekt für Natur<br />

und Umwelt wie auch für Mensch und Gesellschaft<br />

sind heute für den nachhaltigen Erfolg eines<br />

Unternehmens unverzichtbar. Um es ganz deutlich<br />

zu sagen: Ohne Rücksicht auf Umwelt und ohne einen<br />

achtsamen Umgang mit unterpriviligierten Menschen<br />

aus anderen Kulturkreisen ist die Zukunft von<br />

uns allen gefährdet. Das erkennen immer mehr Konsumenten<br />

aus allen sozialen Schichten, so dass zunehmend<br />

mehr Kaufentscheidungen neben den Kriterien<br />

Wirksamkeit und Verträglichkeit auch unter<br />

den genannten Gesichtspunkten getroffen werden.<br />

MARKENARTIKEL: Auch die Kosmetikindustrie hat das<br />

längst erkannt. Immer mehr Hersteller setzten auf<br />

die Sogkraft der grünen Produkte und bringen neue<br />

Marken und Ranges auf den Markt.<br />

LINDNER: Nach meinem Dafürhalten ist dies ein Muss für<br />

alle Markenverantwortlichen. Die stark wachsende<br />

Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen mit einem<br />

grünen Mehrwert ist unübersehbar. Dieser Trend wird<br />

sich in den kommenden Jahren noch fortsetzen, ja verstärken.<br />

Durch ein nachhaltiges Produktsortiment lassen<br />

sich daher für jeden nachhaltig aufgestellten Kosmetikhersteller<br />

neue Kundengruppen sowie gute zusätzliche<br />

Umsatz- und Profilierungschancen erschließen.<br />

MARKENARTIKEL: Worauf müssen die Hersteller achten,<br />

die ihre Produkte natürlicher machen wollen?<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Michael Lindner leitet als geschäftsführender Gesellschafter die<br />

Geschäfte der Börlind Gesellschaft für kosm. Erzeugnisse mbH in<br />

Calw, zu der die Marken Annemarie Börlind, Tautropfen und Dado<br />

Sens gehören. Das Unternehmen unterstützt zahlreiche sozioökologische<br />

Initiativen: Über das Projekt KOOFA bezieht Börlind<br />

Öle aus Bio-Anbau. Das Rosenextrakt stammt aus dem Zahra<br />

Rosewater-Projekt, durch das 1.500 Menschen ein gesichertes<br />

Einkommen erhalten. Aus den Gewinnen werden Waisenhäuser<br />

und ein Frauenhaus für Ex-Prostituierte finanziert. In Mali, von wo<br />

der Großteil der bei Börlind verwendeten Karitébutter stammt,<br />

unterstützt Börlind das Projekt Häuser der Hoffnung e.V., das unter<br />

anderem finanzielle Mittel für den Aufbau der Infrastruktur, die<br />

Schulung und Ausbildung qualifizierter Fachkräfte und den Erwerb<br />

nachhaltiger Produktionsmaschinen bereitstellt.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

55


60 JAHRE <strong>VKE</strong> NACHHALTIGKEIT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

56<br />

Frauen in Mali sammeln die Nüsse der Karitébäume, aus denen Shea-Butter gewonnen wird. Börind unterstützt zusammen mit »Häuser der<br />

Hoffnung e.V.« ein sozio-ökologisches Projekt vor Ort. Im Rahmen dieser Initiative werden unter anderem qualifizierte Fachkräfte ausgebildet und<br />

Mittel für den Erwerb nachhaltiger Produktionsmaschinen bereitgestellt.<br />

LINDNER: Als erstes ist es natürlich notwendig, dass die<br />

Inhaltsstoffe möglichst natürlichen Ursprungs sein<br />

sollten. Dabei muss streng darauf geachtet werden,<br />

dass dies nicht auf Kosten der Natur erfolgt – beispielsweise<br />

durch Raubbau oder Monokultur. Dies kann sichergestellt<br />

werden durch autorisierte Kontrollinstitute,<br />

die weltweit vor Ort tätig sein müssen. Auch die<br />

Verpackung sollte möglichst umweltneutral sein.<br />

MARKENARTIKEL: Die Konsumenten legen auch Wert auf<br />

eine umweltneutrale Verpackung?<br />

LINDNER: Ich bin mir sicher, dass Verbraucher eines Tages<br />

darauf achten werden, ob beispielsweise Verkaufsdisplays,<br />

die nur kurzfristig den Verkauf ankurbeln<br />

sollen, aus wiederverwertbaren oder zumindest umweltneutralen<br />

Materialien hergestellt wurden – oder<br />

ob sie die Umwelt stark belasten.<br />

MARKENARTIKEL: Für die Unternehmen geht es bei dem<br />

Thema allerdings um weit mehr als bloße Image-Politur.<br />

Nachhaltigkeit ist längst eine wirtschaftliche<br />

Notwendigkeit geworden zu sein Kunden machen<br />

ihre Kaufentscheidung zunehmend auch vom Charakter<br />

des Unternehmens abhängig, das hinter den<br />

Marken steht. Ist diese Erkenntnis in den Köpfen der<br />

Kosmetikbranche angelangt?<br />

LINDNER: Ich bin überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit<br />

bereits sehr stark im Bewusstsein der Unternehmensverantwortlichen<br />

verankert ist. Das zeigt<br />

sich deutlich in ihrem sozialen Engagement und<br />

schlägt sich in zahlreichen umwelt-entlastenden<br />

Maßnahmen nieder. Es ist zu wünschen, dass sich<br />

künftig immer mehr Entscheidungsträger aus Industrie,<br />

Handel und Dienstleistung des global bedeutsamen<br />

Themas einer nachhaltigen Unternehmensführung<br />

annehmen und neben Worten zunehmend auch<br />

Taten sprechen lassen.<br />

MARKENARTIKEL: Wie meinen Sie das?<br />

LINDNER: Es ist wichtig, dass eine Nachhaltigkeitskommunikation<br />

nicht zum reinen Marketing- oder PR-<br />

Tool herabgewürdigt wird, sondern vielmehr authentischer<br />

Ausdruck einer gelebten Umweltphilosophie<br />

ist – fest verankert in den jeweiligen Unternehmensleitbildern.<br />

MARKENARTIKEL: Kann es dabei hilfreich sein, weltweit<br />

gültige Standards zu entwickeln? Unternehmen definieren<br />

ihre Anforderungen an sozial und ökologisch<br />

verantwortungsvolles Handeln bisher meist selbst.<br />

LINDNER: Entscheidender als ein Industriestandard sind<br />

meines Erachtens die transparente Kommunikation<br />

von Produkt- und Unternehmensqualitäten sowie die<br />

jeweiligen CSR-Standards. Aus diesem Grund haben<br />

wir uns bei Börlind für eine individuelle und unabhängige<br />

Zertifizierung durch ECO Control entschieden.<br />

So werden für den Verbraucher auch nachhaltige<br />

und soziale Aspekte unserer Kosmetik verständlich<br />

und nachvollziehbar.<br />

MARKENARTIKEL: Wer authentisch agiert, ist also klar<br />

im Vorteil.<br />

LINDNER: Man kann auf Dauer nur das nach Außen<br />

tragen, was tatsächlich auch an Substanz vorhanden<br />

ist. Früher oder später wird jedem Verbraucher<br />

klar, welche Unternehmen authentisch und transparent<br />

arbeiten und bei welchen Anbietern nur Greenwashing<br />

getrieben wird. Daher ist Ehrlichkeit nicht<br />

nur ein Gebot für Anstand in der Wirtschaft, sondern<br />

vor allem auch Voraussetzung für den langfristigen<br />

wirtschaftlichen Erfolg.<br />

Interview: Vanessa Göbel


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

NATURKOSMETIK: WACHSENDES MARKTSEGMENT<br />

Neben Börlind haben heute zahlreiche Newcomer-Marken das grüne Segment für sich entdeckt. Denn Umweltbewusstsein ist en vogue und<br />

längst nicht mehr nur etwas für spleenige Aktivisten. Klar, dass davon auch die Naturkosmetik profitiert. Das Segment boomt. Insbesondere<br />

in Deutschland: Der hiesige Naturkosmetikmarkt ist der umsatzstärkste in Europa. Nach der sprunghaften Entwicklung in den vergangenen<br />

Jahren hat sich das Wachstum 2011 zwar etwas verlangsamt. Im Vergleich zum Vorjahr verzeichnete das Marktsegment nach der Definition<br />

von Branchenexpertin Elfriede Dambacher einen Zuwachs von 2,5 Prozent auf 815 Millionen Euro (2010: 795 Mio. Euro). In den vergangenen fünf<br />

Jahren erwirtschaftete der Teilmarkt ein Umsatzplus von 200 Millionen Euro. Die Zeichen stehen jedoch weiterhin auf Wachstum. Der Marktanteil<br />

der Naturkosmetik am Gesamtkosmetikmarkt stieg in Deutschland von 6,3 Prozent im Jahr 2010 auf 6,5 Prozent im Jahr 2011. Zum Vergleich:<br />

Laut der Leitmesse für Naturkosmetik Vivanes liegt der Anteil von Naturkosmetik in den meisten anderen europäischen Ländern bei<br />

drei bis vier Prozent. Der Durchschnitt für Europa liegt bei zwei Prozent. Hinzu kommt die naturnahe Kosmetik, die hierzulande im vergangenen<br />

Jahr stark zulegen konnte und laut der Gesellschaft für Konsumforschung GfK auf einen Marktanteil von 7,8 Prozent kommt.<br />

Die gute Entwicklung lässt sich unter anderem darauf zurückführen, dass neben tradierten Namen wie Annemarie Börlind, Dr. Hauschka oder<br />

Weleda heute auch neue grüne Labels um die Gunst der Kundinnen buhlen. Zudem feilen Firmen wie L´Oréal oder Clarins an ihrem Öko-Image<br />

und entwickeln grüne Subranges. Außerdem ist die Verfügbarkeit von Naturkosmetik und naturnaher Kosmetik gestiegen. Die Produkte sind<br />

inzwischen fast überall verfügbar und werden nicht mehr nur im Biofachhandel verkauft. Der Naturkosmetik-Markt und der naturnahe Markt<br />

bleiben deshalb wichtige Wachstumsmotoren in der Kosmetikbranche.<br />

Laborchefin Guylaine LeLoarer weist<br />

eine malische Mitarbeiterin des<br />

Karitébutter-Projekts in die Qualitätsstandards<br />

von Börlind ein.<br />

LABELS FÜR NATURKOSMETIKPRODUKTE<br />

NACHHALTIGKEIT<br />

Zu den bekanntesten Zeichen zählt das BDHI-Prüfsiegel »Kontrollierte Natur-Kosmetik« des Bundesverbandes Deutscher Industrie- und Handelsunternehmen<br />

für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und Körperpflegemittel e.V. Der BDHI kontrolliert jedes Produkt auf Konformität<br />

zum BDIH-Standard. Mehr Informationen unter www.ionc.info.<br />

Ein weiteres bekanntes Siegel kommt von Ecocert, einer der größten Bio-Zertifizierungsorganisationen der Welt. Der Verband zertifiziert neben<br />

Rohstoffen auch Kosmetikprodukte mit den Labeln »Ökologische und biologische Kosmetik« sowie »Biologische Kosmetik« (www.ecocert.de).<br />

Auch die Inspektions- und Zertifizierungsstelle EcoControl zertifiziert ökologische Produkte und Qualitätssicherungs-Systeme im Non-Food Bereich.<br />

Die Bewertung für Natur- und Biokosmetik erfolgt gemäß BDIH-, COSMOS- und NaTrue-Standards. EcoControl kontrolliert auch die Hausstandards<br />

von Firmen mit ökologischen Produkten und schließt bei der Bewertung soziale/nachhaltige Fragen mit ein. Die Grundlagen für die Zertifizierung<br />

sind unter www.eco-control.com veröffentlicht.<br />

Der BDIH (Deutschland), Bioforum (Belgien), Cosmebio & Ecocert (Frankreich), Icea (Italien) und die Soil Association (Großbritannien) haben 2009<br />

zudem den COSMOS-Standard veröffentlicht, einen harmonisierten europäischen Naturkosmetikstandard. Er soll die Vergleichbarkeit möglich machen<br />

und Mindeststandards setzen, ohne die nationalen Systeme abzuschaffen. Weitere Details unter www.cosmos-standard.org.<br />

Das Naturkosmetik- Siegel NaTrue wurde 2007 von mehreren europäischen Herstellern von Natur- und Biokosmetik gegründet. Der wissenschaftliche<br />

Ausschuss des international tätigen, nicht gewinnorientierten Verbandes hat die Vergabekriterien des Labels definiert und entwickelt sie<br />

kontinuierlich weiter. Zertifiziert wird in drei Qualitätsstufen: Naturkosmetik, Naturkosmetik mit Bio-Anteil und Biokosmetik. Weitere Informationen<br />

unter www.natrue.org.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

57


60 JAHRE <strong>VKE</strong> EINKAUFSERLEBNIS MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

58<br />

Illustration: IRMA. 2012,www.irmasworld.com<br />

Ein Stück vom Glück<br />

Wer Prestigekosmetik kauft, gönnt sich damit auch ein Stück<br />

Luxus. Das Einkaufserlebnis muss deshalb stimmen. Die Kunden<br />

wollen in einem ansprechenden Ambiente beraten werden.<br />

DIE UNTERNEHMENSBERATUNG Roland Berger Strategy Consultants<br />

beziffert den deutschen Luxusmarkt auf 12,9<br />

Milliarden Euro – ein Plus von 16 Prozent im Vergleich<br />

zu 2011. Auch der <strong>VKE</strong>-Kosmetikverband meldet ein<br />

Wachstum. Die Umsätze der Mitglieder wuchsen 2011<br />

um 5,2 Prozent auf nunmehr fast 1,8 Milliarden Euro.<br />

Damit liegt die Wachstumsrate für Prestigekosmetik<br />

allerdings deutlich unter der im Luxusbereich insgesamt.<br />

Woran liegt das? Der Kosmetikmarkt hat mit<br />

Markenpiraterie und Preiserosion zu kämpfen. Ständige<br />

Billigpreisaktionen, nicht nur im Internet, belasten<br />

die Margen der Branche.<br />

Dabei spielt gerade bei Luxus- und Prestigeprodukten<br />

der Preis eine zentrale Rolle in der Markenführung. So<br />

sagte Christian Courtin, Clarins, in einem Interview<br />

in der Zeitschrift ���������: »Wenn wir morgen ein<br />

außergewöhnliches Produkt zu einem niedrigen Preis<br />

anbieten wollten, würde es sich nicht verkaufen. Die<br />

Kundin lässt sich auch vom Preis in ihrer Wahl bestätigen.«<br />

Peter Wiedemann, Parfümerie Wiedemann, ergänzt:<br />

»Nur die Industrie kann eine Luxusmarke aufbauen,<br />

wobei der Fachhandel die Markenwelt dann<br />

auch entsprechend weiterleben muss.«<br />

Online-Handel gewinnt an Bedeutung<br />

Allerdings wird heute nicht mehr nur im Fachhandel gekauft.<br />

Online-Shopping nimmt langsam zu, allerdings<br />

liegt der Anteil am weltweiten Gesamtmarkt mit drei<br />

Prozent noch im sehr niedrigen Bereich. In Deutschland<br />

gehört Douglas zu den größten Multi-Channel-Händlern.<br />

Hier sind der stationäre Handel und der Online-<br />

Shop eng verzahnt. In den Filialen stehen beispielsweise<br />

Terminals, an denen nicht vorrätige Produkte über<br />

das Internet geordert und nach Hause oder in die Filiale<br />

geschickt werden können. Andersherum hat jede Douglas-Parfümerie<br />

ein eigenes Profil, so dass sich Kunden<br />

im Web über aktuelle Angebote, Serviceleistungen oder<br />

Events in ihrer Filiale informieren können.<br />

Das Internet ist damit vor allem vor dem Kauf zur Informationsbasis<br />

geworden ist – die Lust am Einkauf<br />

mit allen Sinnen kann es nicht ersetzen. Das emotionale<br />

und multisensuale Kauferlebnis ist und bleibt das<br />

beste Kundenbindungsinstrument des klassischen POS.<br />

»Gerade zum Kauf von Düften kommen die Kunden<br />

gern in meine Parfümerie, auch wenn sie sich vorher<br />

im Internet umgesehen haben«, so Tanja Bublitz von<br />

der Parfümerie Brückner in München. Ein Problem dabei<br />

ist allerdings, dass gerade die Jüngeren keine Bedienung<br />

mehr gewohnt sind. Wiedemann: »Wenn der jüngere<br />

Kunde sich auf eine Fachberatung einlässt, dann<br />

muss sich ein ‚Wow-Effekt’ einstellen.«<br />

Im stationären Handel führen eine unscharfe Positionierung<br />

und mangelnde Beratungskompetenz schnell<br />

dazu, dass neue Mitbewerber auf den Plan treten. Michaela<br />

Andraschko von der kleinen Theatiner Parfümerie<br />

in München warnt deshalb: »Die zukünftige Kon-


Foto: Douglas<br />

MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Der stationäre Handel muss mit gezielten Aktivitäten und Sortimenten, die auf den Standort zugeschnitten sind, kundenindividuelle Wünsche befriedigen<br />

kurrenz der Parfümerie wird die gut geführte Apotheke<br />

werden.« Um der Konkurrenz zu begegnen, wird gezieltes<br />

Shoppermarketing immer wichtiger für den Erfolg.<br />

Es gilt, den Menschen in seiner spezifischen Individualität<br />

zu erreichen. Das bestätigt Helmut Baurecht,<br />

Geschäftsführer Artdeco: »Das Thema Individualität<br />

muss mehr in den Mittelpunkt der Verkaufsbemühungen<br />

gestellt werden. Der Fachhandel muss auch<br />

Nischenprodukte anbieten, die in den Massmarket-Kanälen<br />

oft nicht verfügbar sind.«<br />

Individuelle Angebote für die Kunden entwickeln<br />

Für den Handel bedeutet das, mit gezielten Aktivitäten<br />

die gestiegenen kundenindividuellen Wünsche zu befriedigen<br />

– und die Aufenthaltsqualität zu steigern. Sortimente,<br />

die auf den Standort zugeschnitten sind und<br />

die Erweiterung der Palette um Naturkosmetikprodukte<br />

sind nur Möglichkeiten, um die Attraktivität zu<br />

erhöhen. Die Parfümerie-Abteilung muss zur Markenbühne<br />

werden und Luxus erlebbar machen.<br />

Der zwischenmenschliche Kontakt am POS bleibt das<br />

A und O. Ein freundliches Wort, ein Lächeln und das<br />

spürbare und authentische Interesse für die Fragestellungen<br />

der Kunden spielen auch heute noch eine entscheidende<br />

Rolle. »Empathie ist sicher der zentrale<br />

Faktor«, sagt Michael Rotermund, Douglas. »Kunden<br />

wünschen sich eine individuelle Beratung – kompetent,<br />

freundlich und auf Augenhöhe. Sie erwarten, dass auf<br />

ihre Wünsche eingegangen wird und sie bestmöglichen<br />

und persönlichen Service genießen.«<br />

Philipp Riediger ist Gesellschafter<br />

und Mitglied der Geschäftsleitung<br />

bei der POS-Marketing-Agentur<br />

Combera, wo er seit knapp 30 Jahren<br />

tätig ist. Zudem leitete er die<br />

Plattform POS-Kommunikation im<br />

GWA Gesamtverband Kommunikationsagenturen<br />

e. V. und gehörte<br />

dem GWA-Vorstand an.<br />

EINKAUFSERLEBNIS<br />

Ein eindeutiges Profil, das vom Wettbewerb abhebt, eine<br />

Konzentration auf die wichtigsten Erfolgsfaktoren,<br />

die das entsprechende Geschäft aus der Austauschbarkeit<br />

und Beliebigkeit hebt und ihm zu einer treuen<br />

Kundschaft verhilft – das strebt der Douglas-Konzern<br />

für jede Filiale an. Damit gehen auch die anderen Anbieter<br />

konform. »Das Geschäft selbst muss eine begehrenswerte<br />

Marke werden, dann kommt die Frequenz<br />

automatisch!«, ist Bublitz überzeugt.<br />

Konsum wird auch wesentlich durch unsere innere<br />

Wertewelt bestimmt. Dadurch dokumentieren wir, wo<br />

wir gerade gesellschaftlich verortet sind. Haben wir<br />

uns für den Kauf einer teuren Handtasche entschieden,<br />

wollen wir den Kaufakt in entsprechendem Rahmen<br />

zelebrieren. Das Objekt der Begierde wird dann<br />

nicht per Web bestellt. Für den Kauf braucht man eine<br />

Bühne. Die beste Einkaufsstraße der Stadt, die man mit<br />

der Einkaufstüte entlang schlendern kann und auf der<br />

der Markenname prangt – damit jeder sieht, wo man<br />

gerade herkommt. Das ist wahres Einkaufserlebnis.<br />

»Endverbraucher sollten immer das Gefühl haben, eine<br />

echte Zusatzleistung zu erhalten, wenn sie sich in das<br />

Fachgeschäft begeben«, rät Baurecht. BMW macht es<br />

vor: Der Autobauer übergibt seine Neuwagen in der<br />

BMW-Welt auf einer VIP-Plattform. Nicht umsonst<br />

heißt die Zauberformel der POS-Marketer »identifikatorische<br />

Selbsterhöhung« – mit den Marken der Prestigekosmetik<br />

kaufe ich mir ein kleines Stück des großen<br />

Glücks und kann es stolz nach Hause tragen.<br />

Philipp Riediger, Luitgard Will<br />

Luitgard Will ist spezialisiert<br />

auf die Durchführung von<br />

Projekten und Kundenveranstaltungen<br />

und führte die<br />

Interviews für Combera durch.<br />

Ihr Steckenpferd ist die Kosmetikindustrie,<br />

in der sie 1999<br />

ihre Kariere startete.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

59


60 JAHRE <strong>VKE</strong> DESIGNER-DÜFTE MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

60<br />

Duft als persönlichstes<br />

Accessoire des Designers<br />

Düfte bekannter Designer sind auf dem Vormarsch. Über Besonderheiten,<br />

aber auch Gefahren dieses Segments sprachen wir mit<br />

Susanne Rumbler, Geschäftsführerin von Beauté Prestige International<br />

und Präsidentin der Fragrance Foundation Deutschland.<br />

MARKENARTIKEL: Designer-Düfte haben in den vergangenen<br />

Jahren im Markt deutlich an Bedeutung gewonnen.<br />

Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Gründe<br />

für diese Entwicklung?<br />

SUSANNE RUMBLER: Es sind immer die Emotionen. Nur<br />

wenige künstlich aufgebaute Marken können in ihrer<br />

Aussagekraft so lebendig und so einzigartig Menschen<br />

faszinieren wie ein anderer Mensch – in diesem Fall ein<br />

Designer. Mit seinem Namen kommuniziert ein Designer<br />

auch ein Image, das im Idealfall Prestige und eine<br />

hohe Begehrlichkeit besitzt. Wenn es vielen Konsumenten<br />

aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich<br />

ist, die Mode eines Designers zu tragen, so möchten<br />

sie doch eines seiner luxuriösen Accessoires besitzen<br />

– auch, um sich damit ihrer Umwelt als Kenner auszuweisen.<br />

Der Duft ist ein Teil des Designers, seines<br />

Universums. Der Duft ist das persönlichste Designer-<br />

Accessoire.<br />

MARKENARTIKEL: Welche Rolle spielen Designer-Düfte,<br />

betrachtet man den Gesamt-Duftmarkt: Sind sie<br />

dort eher ein Nischenthema oder stehen sie für breite<br />

Marktanteile?<br />

RUMBLER: Sowohl als auch. Der Herrenduft »Le Male«<br />

von Jean Paul Gaultier beispielsweise steht seit seiner<br />

Lancierung 1996 auf Platz 1 der Bestsellerlisten. Alle<br />

sieben Sekunden wird ein »Le Male«-Flakon verkauft.<br />

Daneben gibt es Designer-Düfte, die Klassiker<br />

sind und seit Jahren mit schönen Verkaufszahlen erfreuen.<br />

Oder auch schnell abstürzende Shooting-Stars.<br />

Dann existieren zahlreiche Designer-Düfte mit geringen<br />

Marktanteilen, die in Nischen heimisch sind. Einige<br />

werden nach einer gewissen Zeit sogar ganz vom<br />

Markt genommen.<br />

MARKENARTIKEL: Was sollten Unternehmen grundsätzlich<br />

berücksichtigen, wenn Sie im bereits hart umkämpften<br />

Duftmarkt ihr Portfolio um einen Designer-<br />

Duft ausbauen wollen?<br />

Susanne Rumbler ist Geschäftsführerin von Beauté Prestige International<br />

(BPI), Düsseldorf, sowie Präsidentin des Vorstands der Fragrance<br />

Foundation Deutschland.<br />

RUMBLER: Zunächst einmal müssen sie einen Designer<br />

mit Zukunftspotenzial entdecken und gewinnen. Bei<br />

der Entwicklung des Duftes muss dann zwingend an<br />

seinen individuellen Werten und seiner Identität festgehalten<br />

werden, was bis in die kleinsten Details des<br />

Produktauftritts kommuniziert werden sollte. Natürlich<br />

könnte ich das um zahlreiche Kriterien weiterführen<br />

– doch selbst wenn alles richtig gemacht würde,<br />

ist und bleibt ein neuer Designer-Duft immer auch ein<br />

großes Abenteuer.<br />

MARKENARTIKEL: Wo ist so ein Abenteuer aus Ihrer Sicht<br />

besonders geglückt?<br />

RUMBLER: Ein schönes Beispiel ist Narciso Rodriguez.<br />

Als Beauté Prestige International 2005 seinen ersten<br />

Duft »For Her« lancierte, war der Designer in<br />

Deutschland kaum bekannt. Inzwischen wird der Na-


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Der Herrenduft »Le Male« von Jean Paul Gaultier steht seit seiner<br />

Lancierung im Jahr 1996 auf Platz 1 der Bestsellerlisten.<br />

me Narciso Rodriguez eher mit Duft als mit Mode assoziiert.<br />

Bei der Entwicklung des Duftes haben wir das<br />

Duftprodukt gemeinsam mit dem Designer Schritt für<br />

Schritt entwickelt. Das in jedem Detail hochwertige<br />

Ergebnis entspricht in seiner Absolutheit dem Designer.<br />

Der Duft hat eine hohe, besondere Begehrlichkeit<br />

und ist auch wirtschaftlich erfolgreich.<br />

MARKENARTIKEL: Tatsächlich können Designer in unserer<br />

Mediengesellschaft schnell zu Stars avancieren, durch<br />

Misserfolge oder Skandale – siehe das Beispiel John<br />

Galliano – aber ebenso schnell von der Bildfläche verschwinden.<br />

Inwieweit gefährdet dies das Geschäft mit<br />

Designer-Düften und wie kann man solchen Risiken<br />

am besten begegnen?<br />

RUMBLER: Risiken sind nie völlig auszuschließen. Designer<br />

sind immer hochsensible Menschen – Künstler,<br />

die auch ihre Welt, ihre Marke, ihr Image leben.<br />

Ein permanenter, enger persönlicher Kontakt,<br />

Bei den Duftstars 2011 wurde<br />

der Marc Jacobs-Duft »Lola«<br />

für sein Flakon-Design ausgezeichnet.<br />

DESIGNER-DÜFTE<br />

wie ihn das Haus Beauté Prestige International mit<br />

seinen Designern pflegt, bedeutet gegenseitige Nähe<br />

und bringt beiden Seiten Vorteile. Wir respektieren<br />

uns sehr und mögen uns.<br />

MARKENARTIKEL: Sind bei der werblichen Kommunikation<br />

für Designer-Düfte eigentlich Faktoren zu beachten,<br />

die sich von denen für andere Düfte stark unterscheiden?<br />

RUMBLER: Der werbliche Auftritt kommuniziert immer<br />

Sprache und Identität des Designers – seine Ästhetik,<br />

seine Haltung und Werte, seine Welt, sein Corporate<br />

Design.<br />

MARKENARTIKEL: Und wie steht Deutschland im internationalen<br />

Vergleich bei der Produktgruppe der Designer-Düfte<br />

da: Ist die Bedeutung dieser Produkte<br />

hierzulande eher größer oder eher geringer als in anderen<br />

Industrienationen?<br />

RUMBLER: Bei unseren vier Designern steht Deutschland<br />

mit an erster Stelle.<br />

MARKENARTIKEL: Wagen Sie bitte noch einen Blick in<br />

die Zukunft: Wie wird sich wahrscheinlich das Geschäft<br />

und Potenzial von Designer-Düften in der Zukunft<br />

entwickeln – ist mit einem weiteren Wachstum<br />

zu rechnen?<br />

RUMBLER: Gegenseitige Verdrängung ist eine mögliche<br />

Option: Der Wettbewerb wird noch härter. Ich denke<br />

aber, dass allgemein die Suche nach Orientierung und<br />

Identifikation zunimmt. Menschen möchten sich stylen,<br />

ihre Persönlichkeit unterstreichen, sich selbst ein<br />

Image geben. Dafür ist ein Designer-Duft, der gleichzeitig<br />

ein Statement ist, wunderbar geeignet. Er gehört<br />

einfach dazu. Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit an<br />

Designer-Düften entspricht der wachsenden Individualisierung<br />

der Menschen.<br />

Interview: Torsten Schöwing<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

61


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIKWERBUNG MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

62<br />

Suche nach dem<br />

authentischen Dialog<br />

Ästhetik, Markenwelten, Kommunikationskanäle und Testimonials:<br />

Über das Gestern, Heute und Morgen der Kosmetikwerbung diskutierten<br />

wir mit den Agenturchefs Martin Blach (Hirschen Group),<br />

Uli Veigel (Grey Group) und Penelope Winterhager (Draftfcb).<br />

MARKENARTIKEL: Was waren aus Ihrer Sicht in den vergangenen<br />

Jahrzehnten die markantesten Änderungen<br />

in der Ästhetik und Art der Kosmetikwerbung und<br />

mit welchen weiteren Veränderungen rechnen Sie in<br />

absehbarer Zukunft?<br />

ULI VEIGEL: Seit vielen Jahren ist eine Abkehr vom diktierten,<br />

oberflächlichen Schönheitsideal zu erkennen.<br />

Das persönliche Lebensgefühl – also das »Ich fühle<br />

mich wohl in meiner Haut« – gewinnt an Bedeutung.<br />

In den 1990er-Jahren wurde die Faszination für das<br />

etwas weniger Perfekte entdeckt und etwas später<br />

dann die Faszination für das wirklich Ehrliche. Calvin<br />

Klein etwa warb mit extrem unterernährten Mo-<br />

Die Anzeigen mit Top-Model Kate Moss als Testimonial für<br />

Calvin Klein sind bereits Klassiker der Werbegeschichte.<br />

dels, und später zeigte Dove Frauen, wie sie wirklich<br />

sind. In diesem Kontext hat der authentische<br />

Dialog eine große Bedeutung für die Kommunikation<br />

bekommen und wird der kommunikative Mega-Trend<br />

für die kommenden Jahre oder sogar Jahrzehnte<br />

werden. Wenn Kosmetikmarken es schaffen,<br />

perfekte Werbewelten mit dem authentischen Dialog<br />

zu verbinden, können sie langfristig noch erfolgreicher<br />

sein.<br />

MARTIN BLACH: Tatsächlich sind die zentralen Aspekte der<br />

Kosmetikwerbung geprägt vom Wunsch der Konsumentinnen<br />

nach Natürlichkeit, Purheit und Authentizität.<br />

Während der Trend zum Einsatz normaler<br />

Frauen in der Werbung, also das angesprochene Thema<br />

Authentizität, meiner Ansicht nach seinen Höhepunkt<br />

erreicht hat, wird der Mega-Trend Natürlichkeit<br />

auch in Zukunft eine zentrale Rolle spielen.<br />

PENELOPE WINTERHAGER: Im Markt findet eine fortlaufende<br />

Perfektionierung von Schönheit statt – die Sehnsucht<br />

nach Perfektion ist ungebrochen. Dies manifestiert<br />

sich im Produktdesign, bei der Auswahl der<br />

Models und im Ausschöpfen aller Möglichkeiten der<br />

digitalen Bildbearbeitung. Immer schneller, länger,<br />

glatter, makelloser: In einer Zeit von 96-Stunden-<br />

Deos und 12-in-1-Anti-Falten-Produkten bleiben die<br />

»Ich-will-so-bleiben-wie-ich-bin«-Konzepte immer<br />

weiter zurück. Der Kundenwunsch, dass Kosmetikprodukte<br />

ihre Schönheit perfektionieren, setzt sich immer<br />

weiter durch, egal ob in China, Brasilien oder in<br />

Deutschland.<br />

MARKENARTIKEL: Neben der Ästhetik und den Inhalten<br />

haben sich zuletzt auch die Werbekanäle verändert.<br />

So ist im Mediamix eine Verlagerung von den klassischen<br />

Medien hin zum Internet zu beobachten. Wie<br />

können Anbieter hochwertiger Prestige-Kosmetik im<br />

Netz sinnvoll Flagge zeigen?<br />

WINTERHAGER: Flagge zeigen allein reicht eben nicht. Die<br />

Aufgabe ist, echten Mehrwert zu schaffen – Online


Mit einer großen Werbekampagne brachte Beauté Prestige International 2011 den Duft des Modedesigners Elie Saab auf den Markt.<br />

wie Offline. Für Kosmetikmarken ist dies von höchster<br />

Wichtigkeit, weil wir wissen, wie hoch der Wissens-<br />

und Mitteilungswunsch von Konsumenten in diesem<br />

Bereich ist. Produktvielfalt, schnelle Innovationszyklen<br />

und auch der Trend zu DIY-Profi-Produkten für Zuhause<br />

beflügeln das Bedürfnis, mehr wissen zu wollen<br />

und in den Dialog mit der Marke zu treten.<br />

BLACH: In Bezug auf den Mediamix ist das Internet inzwischen<br />

ein zentrales Medium, um gewisse Zielgruppen<br />

überhaupt noch zu erreichen. Abgesehen davon<br />

bietet es aber vor allem für Prestige-Marken mannigfaltige<br />

Möglichkeiten, vielfältig<br />

zu agieren. Als High<br />

Interest-Produkt im Bereich<br />

Kosmetik gehört einerseits<br />

der gesamte Bereich<br />

der Beratung dazu,<br />

aber auch die Welt der<br />

Marke an sich.<br />

VEIGEL: Die klassische und<br />

die digitale Kommunikationsmaßnahme<br />

müssen<br />

sich ergänzen und dürfen<br />

nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.<br />

Kosmetikmarken sollten die digitalen Kanäle und<br />

Plattformen verstärkt nutzen, um in den Kontakt mit<br />

den Konsumenten zu treten.<br />

MARKENARTIKEL: Und was genau will der Konsument<br />

von heute?<br />

VEIGEL: Er will involviert werden, sich austauschen und<br />

mitentscheiden. Das sind wichtige Identifikationskriterien.<br />

Reversa zum Beispiel zeigt, wie man eine Premium-Hautcreme<br />

für die Zielgruppe 40 Plus in einem<br />

sehr hochwertigen Online-Kontext bewerben kann.<br />

Darüber hinaus zeigt Reversa, dass sie mit der Verlagerung<br />

zu Online den Medienkonsum ihrer Zielgruppe<br />

verstanden haben, denn diese Frauen haben eine<br />

hohe Affinität zu Online-Kanälen.<br />

KOSMETIKWERBUNG<br />

MARKENARTIKEL: Einigen Beobachtern gilt die Parfum-<br />

und Kosmetikwerbung allerdings als relativ austauschbar,<br />

die Markenwelten ähneln sich. Wie kann<br />

es Marken gelingen, aus dieser scheinbaren Gleichförmigkeit<br />

auszubrechen?<br />

VEIGEL: Indem sie die klassischen Kommunikationsregeln<br />

– Beauty Shots, Anti-Aging-Fokus – verstehen<br />

lernen, um sie dann im nächsten Schritt zu brechen,<br />

wie es zum Beispiel Dove gemacht hat. Die Marke<br />

hat einen negativ besetzten Begriff durch einen positiven<br />

ersetzt: Die Pflegeserie für reifere Damen heißt<br />

heute Pro-Aging statt Anti-Aging.<br />

Oder noch ein-<br />

Martin Blach, CEO und geschäftsmal das Beispiel Reversa:<br />

führender Gesellschafter der Hir- Die Marke hat gestützt<br />

schen Group, Hamburg: »Die zentra- auf dem zielgruppenrelelen<br />

Aspekte der Kosmetikwerbung vanten Insight, dass sich<br />

sind geprägt vom Wunsch der Kon- über 90 Pozent der Frauen<br />

sumentinnen nach Natürlichkeit, über 40 Jahren mit einem<br />

Purheit und Authentizität.« zehn oder 15 Jahre jüngeren<br />

Partner wohlfühlen,aufmerksamkeitsstark<br />

und sehr erfolgreich<br />

die gelernten Regeln gebrochen und die Zielgruppe<br />

im Innersten berührt. Denn die Marke hat nicht mit<br />

der Wirkung der Hautcreme an sich geworben, sondern<br />

auf überraschende und provokante Art und Weise<br />

mit der Nebenwirkung, für junge, knackige Männer<br />

attraktiv zu sein.<br />

WINTERHAGER: Wenn Markenwelten sich so sehr ähneln,<br />

dass sie austauschbar werden, sind sie keine mehr.<br />

Allerdings wissen wir, dass eine Marke bestimmte<br />

Codes in einer Kategorie benutzen muss, um erfolgreich<br />

zu sein. Ein Deodorant verkauft sich nur, wenn<br />

man spezifische Schlüsselbilder berücksichtigt, die direkt<br />

den Autopiloten des menschlichen Gehirns ansprechen.<br />

Die Schwierigkeit liegt darin, die richtige<br />

Balance zwischen eigenen, differenzierenden Marken-<br />

Codes und passenden Kategorie-Codes zu finden und<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

63


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIKWERBUNG MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

64<br />

Parfümwerbung setzt häufig auf Celebrities. Für den Dior-Duft »J‘adore« beispielsweise ist Schauspielerin Chalize Theron im Werbeeinsatz.<br />

denen treu zu bleiben. Strategische Markenführung<br />

heißt auch, konsequent Nein zu sagen zu taktischen<br />

Inhalten, Ideen und Gestaltungen, um die Markenwelt<br />

zu schützen. Dies gilt umso mehr, wenn man international<br />

über diverse Produktkategorien und Lizenzbereiche<br />

agiert. Erfolgreiche Modemarken sind hier die<br />

besten Beispiele. Wenn diese nicht konsequent Nein<br />

sagen würden, wären sie nur austauschbare Fahnen<br />

am sich saisonal ändernden Modehimmel.<br />

BLACH: In der Werbung<br />

wird viel mit Categorie-<br />

Codes gearbeitet. Das gilt<br />

ganz besonders für die<br />

Kosmetikkommunikation:<br />

Only Beauty sells Beauty,<br />

Models, große Packshots,<br />

mindestens fünf Produktbenefits<br />

usw. sind Aspekte,<br />

die für jede Arbeit<br />

berücksichtigt werden<br />

müssen. Einige davon sind<br />

sehr sinnvoll. Dennoch ist<br />

es wünschenswert, wenn mehr Marken nicht nur den<br />

Mut haben, diese Codes zu hinterfragen, sondern sie<br />

auszutauschen. Dove hat dies vor einigen Jahren überaus<br />

erfolgreich mit der bereits erwähnten Initiative für<br />

wahre Schönheit und durch den Austausch der Models<br />

gegen normale Frauen geschafft.<br />

MARKENARTIKEL: Doch trotz dieser neu entdeckten Liebe<br />

für normale Models: Gerade auch die Parfum- und<br />

Kosmetikwerbung setzt häufig auf Stars als Testimonials<br />

– eine zu begrüßende oder eher eine zweifelhafte<br />

Entwicklung?<br />

BLACH: Das lässt sich so pauschal nicht sagen. In diesem<br />

Fall gilt die vorhin angesprochene Regel: Only<br />

Beauty sells Beauty. Über Celebrities definieren sich<br />

weltweite Schönheitsstandards. Daher ist es ein legi-<br />

timer Ansatz, diesen Mechanismus für die Kommunikation<br />

einzusetzen. Die Gefahr ist jedoch die Austauschbarkeit<br />

der Kampagnen. So ist es durchaus zu<br />

begrüßen, wenn eine Marke einen anderen Weg einschlägt.<br />

Tabac Origial startete beispielsweise gerade<br />

eine Kampagne unter dem Motto »Entweder Mann<br />

hat Charakter. Oder nicht.« Hier bleibt es nicht bei<br />

der bloßen Abbildung der prominenten, aber auch<br />

nichtprominenten Testimonials. Zentrales Element<br />

der Kampagne ist vielmehr<br />

ihre Vorstellung als<br />

Uli Veigel, Chairman & CEO der Grey<br />

Menschen mit Geschichten<br />

und Charakter.<br />

Group Germany & CEE, Düsseldorf: WINTERHAGER: Man muss<br />

»Wenn Kosmetikmarken es schaf- da differenzieren. In der<br />

fen, perfekte Werbewelten mit dem Parfumwerbung und bei<br />

authentischen Dialog zu verbinden, dekorativer Kosmetik<br />

können sie langfristig noch erfolg- werden Celebrities oft<br />

reicher sein.«<br />

eingesetzt – und zwar zu<br />

Recht. Die Produkte stehen<br />

für Glamour, sinnliche<br />

Welten, Verschönerung<br />

in Reinkultur. Ein Celebrity verkörpert dies<br />

im Idealfall und sorgt für schnellen und bleibenden<br />

Imagetransfer.<br />

MARKENARTIKEL: Und im klassischen Kosmetikbereich,<br />

also der Gesichts- und Hautpflege?<br />

WINTERHAGER: Dort werden deutlich weniger Testimonials<br />

eingesetzt. Hier geht es weniger darum, sich in<br />

Welten und Images einzukaufen, sondern einen konkreten<br />

Produktnutzen wie etwa straffere oder ebenmäßigere<br />

Haut, mehr Feuchtigkeit oder eine Verminderung<br />

der Hautalterung zu bewerben. Testimonials<br />

bergen dann eher die Gefahr, den Benefit oder die<br />

spezielle Formel zu überstrahlen oder sorgen beim<br />

Verbraucher für eine gefühlte Beliebigkeit des Produkts.


Die Hautcreme-Marke Reversa wirbt provokant mit der Nebenwirkung, Frauen für junge, knackige Männer attraktiv zu machen.<br />

VEIGEL: Wenn das Testimonial glaubwürdig ist und zur<br />

Marke passt, kann es bei dem Aufbau der Markenbekanntheit<br />

und Markenidentifikation effektiv helfen.<br />

Allerdings erhöht sich die Gefahr der Austauschbarkeit,<br />

denn gerade in der Kosmetikbranche werben viele<br />

Marken mit makellosen Testimonials. Ich bin überzeugt,<br />

dass insightgetriebene Kommunikation langfristig<br />

erfolgreicher ist.<br />

MARKENARTIKEL: Eine andere<br />

Herausforderung bei<br />

der Kommunikation für<br />

Kosmetik und Parfums<br />

ist, dass die Produkte<br />

zwar zahlreiche Sinne ansprechen,<br />

diese zentralen<br />

Produkteigenschaften<br />

aber nur schwer in visuell<br />

geprägten Medien wie<br />

Print und TV auszudrücken<br />

sind – oder?<br />

WINTERHAGER: Jede Marke,<br />

jedes Produkt tut gut daran, die Sinne zu nutzen. Da<br />

sind Düfte und Kosmetik keine Ausnahme: Auch Autos,<br />

Schokolade oder Putzmittel verkaufen sich besser<br />

über eine multisensorale Botschaftsebene: dem<br />

direkten Erleben. Print oder TV allein helfen nur begrenzt<br />

dabei, ein sinnesfreudiges Produkt wie Körpercreme<br />

effektiv zu platzieren. Allerdings sind sie aus<br />

guten Gründen ein häufig genutzter Baustein in einer<br />

Kampagnen-Architektur. Nehmen wir moderne Hotels,<br />

Airlines und hippe Casual Wear-Marken – auch<br />

diese kommunizieren mit Duft und Sensorik, brauchen<br />

aber dennoch Medien wie Online, Print und TV. Ein<br />

weiterer wichtiger Baustein ist das Packaging: Duschprodukte<br />

in transparenten Verpackungen, die das Duscherlebnis<br />

ins Regal übersetzen, helfen enorm bei der<br />

Kommunikation. Damit sind wir in einem der Kern-<br />

KOSMETIKWERBUNG<br />

bereiche zeitgemäßer Markenführung, dem Shopper-<br />

Marketing.<br />

VEIGEL: Man kann mit einem guten Insight oder einem<br />

geeigneten Celebrity die Produkteigenschaft emotional<br />

sehr gut aufladen. Aber auch der persönliche sensorische<br />

Eindruck gewinnt an Bedeutung. Deshalb ist<br />

es auch für Kosmetikmarken so wichtig, mit dem Konsumenten<br />

außerhalb von Modeläden und Parfümerien<br />

in den direkten Dialog zu treten und ihn zu involvieren.<br />

Ein schönes Beispiel ist der<br />

Schwarzkopf Pop up-Store,<br />

der anlässlich des Eurovisi-<br />

on Song Contest 2011 vier<br />

Penelope Winterhager, President<br />

Wochen in Düsseldorf auf-<br />

bei Draftfcb Hamburg: »Im Markt<br />

gestellt wurde. Er war ne-<br />

findet eine fortlaufende Perfektioben<br />

Shop auch Salon, Café<br />

nierung von Schönheit statt – die<br />

und Event-Location. Oder<br />

Sehnsucht nach Perfektion ist un-<br />

das Beispiel Esteé Lauder<br />

gebrochen.«<br />

aus den USA: Dort wurden<br />

die Kunden aktiv mit<br />

in die Produktentwicklung<br />

einbezogen.<br />

BLACH: Bewegtbilder sprechen viele Sinne gleichermaßen<br />

an. Für unseren Kunden New Yorker Fragrances<br />

etwa haben wir die Assoziationen, die ein Duft auslösen<br />

kann, in ein Feuerwerk aus Bildern übersetzt,<br />

die in einem sehr schnell geschnittenen TV-Spot zusammengefügt<br />

sind. Da Düfte aber bei jedem Menschen<br />

unterschiedliche Gefühle auslösen, werden in<br />

dieser Kampagne die Verbraucher selbst dazu aufgerufen,<br />

ihr Kopfkino mit Hilfe eines Clip-Makers bei<br />

Facebook in Bildern sichtbar zu machen. Unter dem<br />

Claim »How does it smell to you« kann jeder aus einer<br />

riesigen Menge vorproduzierter Web-Clips und<br />

Bilder seine ganz persönliche Assoziationskette zusammenstellen<br />

und mit anderen teilen.<br />

Interview: Torsten Schöwing<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

65


60 JAHRE <strong>VKE</strong> CHARITY-PROJEKTE MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

66<br />

Einsatz für die gute Sache<br />

Unternehmen aus der Kosmetikbranche stecken einen Teil ihrer<br />

Erlöse in Charity-Projekte. Das Engagement hat oft einen sehr<br />

persönlichen Hintergrund. Beate Fastrich, Geschäftsführerin Estée<br />

Lauder, erklärt, warum Kontinuität und Authentizität zentral sind.<br />

Beate Fastrich ist Geschäftsführerin der Estée Lauder<br />

Companies GmbH in München.<br />

MARKENARTIKEL: Die Estée Lauder Companies engagieren<br />

sich vor allem im Kampf gegen Aids und Brustkrebs. Die<br />

Initiativen gehen zurück auf persönliche Erfahrungen.<br />

BEATE FASTRICH: Evelyn Lauder selbst erkrankte Anfang der<br />

1990er an Brustkrebs. Ihr wurde damals bewusst, wie<br />

wichtig eine frühe Diagnose der Krankheit für die Heilung<br />

ist. Wird Brustkrebs in einem frühen Stadium diagnostiziert,<br />

überleben heute 90 Prozent der Betroffenen<br />

mehr als fünf Jahre. Deshalb hat Evelyn Lauder 1992<br />

die Kampagne »Bewusstsein für Brustkrebs« gegründet.<br />

MARKENARTIKEL: Seitdem ist die pinkfarbene Schleife zu<br />

einem weltbekannten Symbol der Initiative geworden.<br />

FASTRICH: Ja, und die Überlebensquote nach der Diagnose<br />

von Brustkrebs – übrigens die zweithäufigste Krebsart<br />

– ist deutlich gestiegen. Die 1993 ebenfalls von Evelyn<br />

Lauder initiierte Breast Cancer Research Foundation<br />

konnte dank Spenden von über 315 Millionen Dollar,<br />

die an die profiliertesten Krebsforscher medizinischer<br />

Einrichtungen weltweit gingen, außerdem belegen, dass<br />

Brustkrebs auch genetisch bedingt sein kann. Darüber<br />

hinaus konnten durch die Arbeit der Stiftung maßgeschneiderte<br />

Therapien entwickelt und über die Existenz<br />

der Brustkrebs-Stammzellen aufgeklärt werden.<br />

MARKENARTIKEL: Sie unterstützen die Frauen auch während<br />

und nach der Behandlung.<br />

FASTRICH: Wir und andere Partner aus der Kosmetikindustrie<br />

geben jährlich mehr als 6.000 Brustkrebspatientinnen<br />

in Seminaren Schmink- und Pflegetipps und<br />

stellen Produkte zur Verfügung, die im Umgang mit der<br />

Krankheit helfen.<br />

MARKENARTIKEL: Auch mit MAC engagieren Sie sich.<br />

FASTRICH: Auslöser für die Begründung der Kampagne<br />

war ebenfalls die persönliche Betroffenheit. Als immer<br />

mehr Freunde und Bekannte der MAC-Gründer Frank<br />

Angelo und Frank Toskan an HIV erkrankten, beschlossen<br />

die beiden 1994, den MAC Aids Fund ins Leben<br />

zu rufen. Sie wollten damit eine größere Aufmerksamkeit<br />

für die Krankheit und ihre Bekämpfung erreichen.<br />

MARKENARTIKEL: Auf welche Erfolge sind Sie hier besonders<br />

stolz?<br />

FASTRICH: Seit der Gründung konnten über 220 Millionen<br />

US Dollar durch den Verkauf der Viva Glam-<br />

Lipsticks und -Glosses eingenommen und an entsprechende<br />

Initiativen weitergegeben werden. Dank<br />

prominenter Testimonials wie Ricky Martin und aufsehenerregender<br />

Kampagnen konnte zudem eine breite<br />

Öffentlichkeit erreicht und viel für die finanzielle<br />

und medizinische Unterstützung von Erkrankten getan<br />

werden.<br />

MARKENARTIKEL: Bekannte Testimonials und publikumswirksame<br />

Aktionen helfen, das Bewusstsein für Brustkrebs-Früherkennung<br />

und Aids-Prävention in der Öffentlichkeit<br />

zu schärfen.<br />

FASTRICH: Es ist wichtig, dass wir immer wieder auf die<br />

Bedeutung der Früherkennung von Brustkrebs hin-


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

CHARITY-PROJEKTE<br />

Um auf die »Bewusstein für Brustkrebs«-Kampagne aufmerksam zu machen, werden jedes Jahr zahlreiche Gebäude weltweit pink angestrahlt.<br />

weisen und auf die Möglichkeiten der Prävention von<br />

Aids. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, setzen<br />

wir auf Aktionen wie die pinkfarbene Beleuchtung<br />

von Bauwerken im Rahmen der »Bewusstsein für<br />

Brustkrebs«-Kampagne. Allein im Oktober 2011 wurden<br />

rund 200 Wahrzeichen weltweit pink illuminiert.<br />

Seit dem Jahr 2000 haben wir bereits über 600 Gebäude<br />

in pinkfarbenes Licht gehüllt. Und bei der MAC<br />

»Viva Glam«-Initiative sorgen aufsehenerregende Anzeigen<br />

für eine stetig wachsende Aufmerksamkeit. Alle<br />

Anzeigen sind speziell für die Kampagnen gestaltet.<br />

Dass unsere Medienpartner wie Burda, Gruner + Jahr<br />

oder Marquard Media sie kostenfrei in ihren Publikationen<br />

veröffentlichen, ist eine immense Hilfe, für die wir<br />

uns an dieser Stelle noch einmal bedanken möchten.<br />

MARKENARTIKEL: Welche Engagements werden künftig im<br />

Fokus der Kosmetikbranche stehen?<br />

FASTRICH: Alle Themen, die für unsere Konsumenten<br />

wichtig sind, sind auch relevant für eine Charity. Die<br />

persönliche Betroffenheit sowie die Kontinuität des<br />

Engagements sorgen in unserem Fall für eine hohe<br />

Ricky Martin engagiert sich für die »Viva Glam«-Inititative von MAC.<br />

Authentizität und Glaubwürdigkeit. Wir setzen auf<br />

Kontinuität, da nur so langfristig Erfolge verzeichnet<br />

werden können. Konkret bedeutet das, dass unsere<br />

seit 20 Jahren bestehende Kampagne »Bewusstsein<br />

für Brustkrebs« genauso weitergeführt werden wird<br />

wie die »Viva Glam«-Initiative. Das schließt jedoch<br />

nicht aus, dass sich andere Marken unseres Portfolios<br />

zusätzlich in anderen Feldern engagieren.<br />

MARKENARTIKEL: So wie etwa La Mer und Aveda.<br />

FASTRICH: La Mer unterstützt seit 2006 die Organisation<br />

Oceana, die sich dem Schutz der Meere verschrieben<br />

hat. Und Aveda veranstaltet im Rahmen seiner<br />

bereits seit 1999 existierenden Umweltkampagne jährlich<br />

im April den Aveda Earth Month. Das weltweite<br />

Netzwerk der Marke konnte dadurch bislang mehr<br />

als 22 Millionen US Dollar für Umweltprojekte auf der<br />

ganzen Welt sammeln.<br />

MARKENARTIKEL: Auch Umweltprojekte werden also unter-<br />

stützt.<br />

FASTRICH: Ja. Origins fördert zu Beispiel mit der 2009<br />

gestarteten »Plant-A-Tree«-Kampagne Aufforstungsprojekte<br />

weltweit. Dabei wurden bisher mehr als<br />

153.000 Bäume gepflanzt. Unterstützt wurde das<br />

Programm auch durch die »Origins Rocks Earth<br />

Month«-Konzerte, die in New York, Taiwan und Berlin<br />

stattgefunden haben. Im Rahmen des »Return to<br />

Origins Recycling-Program« können Kunden zudem<br />

leere Kosmetikverpackungen an ausgewählten Origins-Verkaufsstellen<br />

gegen ein Origins-Produkt in limitierter<br />

Auflage eintauschen. Und last but not least<br />

engagiert sich die Marke DKNY durch den Einkauf<br />

von Rohstoffen für die Düfte pureDKNY Vanilla und<br />

pureDKNY Verbena für das Programm »Access Africa«.<br />

Die Initiative fördert die Einrichtung von dörflichen<br />

Spar- und Kreditvereinen in 39 afrikanischen<br />

Ländern und hilft so der lokalen Bevölkerung bei dem<br />

Aufbau eigener Unternehmen. Interview: Vanessa Göbel<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

67


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIKBERICHTERSTATTUNG MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

68<br />

Inspiration und Nutzwert<br />

Die Berichterstattung über Kosmetik nimmt in vielen Zeitschriften<br />

einen breiten Raum ein. Die Leser suchen Orientierung und<br />

fundierte Beratung in Sachen Schönheit und Pflege. Um dies zu<br />

bieten, arbeiten die Verlage eng mit den Herstellern zusammen.<br />

(Umfrage: Christine Lübbers)<br />

»Unsere Leserinnen sind höchst anspruchsvoll und neugierig. Sie möchten alles<br />

erfahren – von den neuesten Trends aus der Pflegewelt bis hin zu den neuesten<br />

Kreationen der Make-up-Künstler. Dazu gehören natürlich das Wissen über die<br />

effizienteste Anwendung und die besten Tricks für optimales Aussehen.<br />

Wir genießen die Zusammenarbeit mit der Kosmetikindustrie sehr. Diese Branche<br />

ist kreativ, emotional, kooperativ und dynamisch. Das erfreut uns und unsere Leserinnen<br />

und fordert auch uns zu kreativen Kooperationshöchstleistungen heraus,<br />

die fast immer zu gemeinsamen Erfolgen führen.<br />

Schaut man sich die Werbung an, so hat sie sich generell in eine sehr emotionale<br />

Richtung entwickelt. Kampagnen erzählen Geschichten – Märchen werden wahr<br />

und der Held ist das Produkt. Diese Kreationen werden mittlerweile auf vielen unterschiedlichen<br />

Medienkanälen inszeniert, so dass ein wahres Feuerwerk entsteht<br />

und die Verbraucher in verschiedenen Situationen mit den zahlreichen Facetten der<br />

Produkte konfrontiert werden. Ein sehr gelungenes Beispiel ist die aktuelle Elie Saab-Kampagne: Dieses großartige<br />

Motiv mit diesem fantastischen Duft macht jede Frau sofort zum Star.<br />

Waltraut von Mengden, Geschäftsführerin MVG<br />

»Im Vergleich zu Mode ist Kosmetik etwas leichter Erreichbares: Die Leserinnen<br />

können sich eher die Wimperntusche eines Luxuslabels wie Chanel<br />

leisten als ein Versace-Kleid für 4.000 Euro. Wenn ich mir die Berichterstattung<br />

über Düfte, Make-up und Co. anschaue, dann wird deutlich, dass im Laufe der<br />

Jahrzehnte immer mehr und immer unterschiedlichere Produkte auf den Markt gekommen<br />

sind: von der Öko- bis zur Discounter-Tusche. Der Beratungsbedarf wird<br />

daher immer größer. Unter anderem wird etwa das Thema Inhaltsstoffe immer<br />

wichtiger, Naturkosmetik und Nachhaltigkeit gewinnen ebenfalls an Bedeutung.<br />

Wir setzen in unserem Heft auf hochwertige Fotoproduktionen und arbeiten dabei<br />

mit internationalen Fotografen und Visagisten zusammen. Dabei bedienen wir<br />

zwei Seiten: Obwohl wir eine luxuriöse und opulente Optik zeigen, versuchen wir<br />

die Trends von den Catwalks der Welt so herunterzubrechen, dass sie jede Frau<br />

morgens im Badezimmer nachmachen kann.<br />

Die Zusammenarbeit mit der Industrie ist über die Jahre immer enger geworden. Jeder<br />

Kosmetikhersteller hat eine klare Vorstellung davon, wie er sein Produkt inszeniert sehen will. Wir stimmen<br />

uns häufig eng ab. Kampagnen, an die ich mich gerne erinnere? Wenn ich an meine Teenagerzeit denke, war es<br />

die »CK One«-Kampagne von Calvin Klein, die mich sehr beeindruckt hat. Aktuell ist es die Dior-Kampagne zu<br />

»J‘adore« mit Charlize Theron. Da finde ich sowohl den Spot als auch die Anzeigenkampagne extrem gelungen.<br />

Nina Maurischat, Chefredakteurin »Petra«


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

KOSMETIKBERICHTERSTATTUNG<br />

»Wir haben die Anzahl der Beautyseiten seit März vergangenen Jahres fast verdoppelt.<br />

Für uns gilt die Devise: »Weniger ist mehr.« Das bedeutet, dass wir<br />

den einzelnen Produkten einen größeren Raum einräumen und sachliche und/oder<br />

emotionale Begründungen schaffen, warum eine Konsumentin zu dem einen oder<br />

anderen Produkt greifen sollte. Unser Konzept zeichnet sich vor allem durch überraschende<br />

Momente aus. Wir wollen keine standardmäßigen, saisonalen Themenwiederholungen.<br />

Wir wollen über visuelle und sachliche Zugänge Neugierde bei unseren<br />

Leserinnen wecken. Generell ist festzustellen, dass im Pflegebereich wissenschaftliche<br />

Ansprüche und Wirkungsnachweise, aber auch natürliche Bestandteile wie pflanzliche,<br />

natürliche Inhaltsstoffe im Vordergrund der Neulancierungen stehen.<br />

Wir haben einen sehr intensiven und aktiven Dialog mit unseren Partnern aus der<br />

Industrie. Schaut an sich die Werbekampagnen der Hersteller an, muss ich sagen:<br />

Was den Konsumenten gefällt, ist gute Werbung. In der Vergangenheit hat es immer<br />

wieder Innovationen gegeben – beispielsweise das Zeigen von schönen nackten Frauen- oder Männerkörpern.<br />

Charles Revson, Gründer des Revlon-Konzerns, hat mal gesagt: »In den Fabriken stellen wir Kosmetikartikel her;<br />

über die Ladentheke verkaufen wir Hoffnung auf Schönheit.« Ann Thorer, Chefredakteurin »Maxi«<br />

»Als �������������1996 startete, wurden wir für die Pflegeseiten belächelt –<br />

nach dem Motto: »Wie, jetzt wollt Ihr den Männern auch noch beibringen,<br />

wie sie ihre Nägel schneiden müssen…«! Inzwischen ist Pflege für Männer generell<br />

akzeptiert. ������������ hat da viel wichtige Basisarbeit geleistet. Unsere Leser erwarten<br />

auch im Bereich Pflege Orientierung und alltagstauglichen Nutzwert. Was<br />

nützt mir eine Doppelseite mit wahllos zusammen gewürfelten Produkten aus den<br />

neusten PR-Meldungen, die aber nicht eingeordnet und bewertet sind und von denen<br />

ich als Leser nicht weiß, wann und wofür sie mir wirklich nutzen?<br />

Die aktuellen Trends sind bei der Männerkosmetik ganz klar eine weitere Ausdifferenzierung<br />

der Produkte sowie eine Entwicklung zu mehr Einfachheit. Ein Pflegeprodukt<br />

muss das Leben erleichtern – sei es bei der Rasur oder indem ein Duft<br />

seinen Träger mit bestimmten Attributen auflädt.<br />

Ich glaube, dass die Kraft der Marke auch in der Werbung immer wichtiger wird.<br />

Eine nach wie vor absolut prägende Kampagne ist für mich die Werbung für Yves Saint Laurents Duft »Pour<br />

Homme« aus dem Jahr 1971: mutig und auf die wesentliche Botschaft reduziert. Seither wird sie immer wieder<br />

in anderen Duft- und Modekampagnen für Männer mehr oder weniger gelungen zitiert.<br />

Wolfgang Melcher, Chefredakteur »Men‘s Health«<br />

»Kosmetik nimmt einen immer höheren Stellenwert in ��� ein. Wie wichtig das<br />

ist, sehen wir auch an den vielfältigen Anfragen unserer Leserinnen. In allererster<br />

Linie wollen wir sie beraten: Was steht mir? Was macht mich jünger? Was lässt<br />

mich strahlen? Großen Wert legen wir zudem auf Aktualität, in dem wir jede Woche<br />

über die neuesten Produkte und Beauty-Trends berichten und diese auch bewerten.<br />

Die Zusammenarbeit mit der Industrie wird dabei erfreulicherweise immer besser<br />

und intensiver, so dass wir immer öfter auch eigene Beauty-Produktionen in Zusammenarbeit<br />

mit unterschiedlichen Marken umsetzen können.<br />

Sabine Bartels, Chefredakteurin »<strong>Lea</strong>«<br />

Foto: Enver Hirsch<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

69


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KOSMETIKBERICHTERSTATTUNG MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

70<br />

»Da wir eine gut ausgebildete und gebildete Leserschaft erreichen, ist das Interesse<br />

an einem gepflegten Auftritt selbstverständlich. Beauty-Themen werden<br />

von unserer Zielgruppe zunehmend mehr eingefordert. Entsprechend haben wir<br />

den Eigenproduktionsaufwand vergrößert und stellen mehr Seiten im Heft zur Verfügung.<br />

Besonderen Wert legen unsere Leserinnen auf Pflege und Düfte, etwas weniger<br />

auf aktuelle Make-up-Trends. Zur Inspiration sind diese natürlich auch wichtig.<br />

Aber der eigene Stil steht bei unseren Leserinnen im Vordergrund. Im Bereich<br />

Düfte dominiert deshalb der Wunsch nach Individualität. Jeder sucht nach seiner<br />

eigenen unverkennbaren Duftspur – eine Vielzahl an exklusiven Nischenmarken<br />

wie Jo Malone oder Creeds konnte sich in den vergangenen Jahren am Markt etablieren.<br />

Convenience ist ein weiterer Trend in der Kosmetik. Von Shampoos mit<br />

integriertem Kur-Anteil, Make-up mit Anti-Age-Effekt und bis zum Multitasker<br />

Blemish Balm sieht man, dass Konsumenten verstärkt zu Produkten greifen, die<br />

mehrere Beauty-Bedürfnisse in einem Schritt befriedigen.<br />

Wir legen großen Wert auf den persönlichen und kontinuierlichen Kontakt zu den Entscheidern der Kosmetikbranche.<br />

Unsere Chefredakteurin sowie unsere Sales Directorin und ich besuchen Kunden regelmäßig vor<br />

Ort. Die Ressortleiterin Beauty ist in direktem Austausch mit den PR-Verantwortlichen, um stets up to date<br />

zu sein, was die neuesten Trends anbelangt. Was wir in punkto Werbung sehen, ist, dass der Konsument sehr<br />

viel stärker persönlich angesprochen wird. Themen wie Individualität treten auch hier gegenüber einem statisch<br />

vorgegeben Schönheitsideal zurück. Schön ist, was gefällt. Der eigene Style, der Ausdruck der eigenen<br />

Persönlichkeit rückt in den Mittelpunkt.<br />

Katarzyna Mol-Wolf, Herausgeberin »Emotion«<br />

»Unsere Leserinnen sind stark an Beauty-Tipps, Infos und Trends interessiert.<br />

In der Regel beinhaltet jede Ausgabe der �������� circa 15 Seiten Beauty – mit<br />

steigender Tendenz. Da �������� seit Anfang 2010 auf professionelle Models verzichtet,<br />

orientieren sich unsere Tipps am echten Leben. Wir schminken Frauen mit toller<br />

Ausstrahlung, die aber durchaus Schlupflider, Fältchen, Pigmentflecke haben – wie<br />

unsere Leserinnen eben auch. Was uns auszeichnet, ist, dass wir unsere Leserinnen<br />

in die Geschichten einbinden. Wir haben in jedem Heft einen Leserinnen-Test und<br />

veröffentlichen die Ergebnisse. Bei all unseren Angeboten legen wir großen Wert auf<br />

gut recherchierte Beiträge. Jedes von uns vorgestellte Produkt wurde durch die Redaktion<br />

getestet, und wir arbeiten mit unabhängigen Experten zusammen.<br />

Die Zusammenarbeit mit der Kosmetikbranche ist sehr gut. Wir freuen uns über<br />

den Blick ins Nähkästchen, sehen uns gern Labors an und sprechen mit Chemikern<br />

oder Dermatologen, die uns mit Hintergrundwissen versorgen. Gern machen<br />

wir Beauty-Reportagen wie die Reise um die Welt mit Chanel: Wir zeigen die Stationen, die notwendig sind,<br />

um eine Hightech-Creme entwickeln zu können.<br />

Zu den Trends in der Werbung, die wir feststellen, gehört, dass Kosmetik wissenschaftlicher geworden ist:<br />

Aussagen sind fundierter, es gibt mehr Experten, Studien und Nachweise. Ein weiterer interessanter Aspekt:<br />

Nachdem eine Zeitlang Models extrem glatt retuschiert wurden, dürfen sie jetzt auch mehr Ecken und Kanten<br />

und Lachfältchen haben.<br />

Christa Möller, Beauty-Directorin »Brigitte«


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

KOSMETIKBERICHTERSTATTUNG<br />

»Neben Mode ist Beauty das wichtigste Thema in unserem Magazin, wobei<br />

wir den Bereich Beauty sehr weit fassen: Dazu gehören neben Produktinformationen<br />

zu Pflege (Gesicht, Körper, Haare), Make-up und Düften auch die Themenfelder<br />

Styling, Gesundheit, Wellness, Spas, Fitness und Psychologie. Ein wichtiges<br />

Thema ist außerdem der Bereich Anti-Aging, ein Wort, das man bis vor einigen<br />

Jahren scheu umschrieben oder ganz vermieden hat, das heute aber selbstbewusst<br />

ausgesprochen wird. Unsere Leserinnen schätzen die opulente, emotionale Inszenierung<br />

in Form von Fotos oder Illustrationen einerseits, die Lust machen auf das Thema<br />

Beauty. Andererseits sind sie hoch interessiert an seriöser Information, Experten-Interviews<br />

und wissenschaftlichen News. Außerdem wollen die Leserinnen auf<br />

dem neuesten Stand sein in Sachen Trends, Hotspots und Lifestyle.<br />

Die Zusammenarbeit mit den verschiedensten Vertretern der Kosmetikindustrie, mit<br />

Wissenschaftlern und Ärzten, aber auch mit Designern und Stylisten funktioniert<br />

wunderbar – es ist eine Win-Win-Situation par excellence.<br />

Katrin Riebartsch, Chefredakteurin »Madame«<br />

»Der Wunsch nach Schönheit ist eines der ganz großen Grundbedürfnisse von<br />

Frauen. Allein deshalb werden erfolgreiche Frauenzeitschriften diesem Thema<br />

große Aufmerksamkeit widmen. Mit emotionalen Bilderwelten zu animieren<br />

und inspirieren gelingt nur den Magazinen, das ist der große Benefit des Mediums<br />

Print. Dazu kommt die Glaubwürdigkeit redaktioneller Berichterstattung und Empfehlung.<br />

In den Titeln der Burda Style Group finden sich nahezu alle denkbaren Facetten:<br />

Beim People-Magazin ����� spielt das Thema klassische Kosmetik auf den<br />

ersten Blick eine untergeordnete Rolle, dafür werden Bildergalerien von den roten<br />

Teppichen sehr wohl wegen den Looks der Stars gelesen. Eine ���� schwelgt in opulenten<br />

Bilderwelten und präsentiert Beauty ähnlich großzügig, artifiziell und optisch<br />

anspruchsvoll wie Mode oder Kunst. Mittendrin will eine �������� Lust auf<br />

Kosmetik machen und gleichzeitig praktische Tipps zu Produkten, Looks und Forschungsergebnissen<br />

geben.<br />

Die Industrie weiß sehr wohl um die nachhaltige Wirkung der Magazine und arbeitet auf allen Ebenen mit<br />

den Verlagen eng zusammen. Die Beauty-Industrie ist nach wie vor die größte werbungtreibende Branche im<br />

Bereich Frauenzeitschriften. Es gab und gibt wunderschöne Anzeigenmotive. Die Rolle und Bedeutung prominenter<br />

Testimonials hat dabei in den vergangenen Jahren weiter zugenommen und spiegelt einen Trend wider,<br />

der auch redaktionell eine große Rolle spielt. Ein Magazin-Konzept wie ������� basiert auf dieser Dimension<br />

öffentlicher Aufmerksamkeit und Wahrnehmung. Die Inszenierungen sind schön, luxuriös und berührend.<br />

Monika Fendt , Director Marketing der Burda Style Group<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

71


60 JAHRE <strong>VKE</strong> ERFOLGSFAKTOREN MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

72<br />

Verführung pur<br />

Kosmetikhersteller müssen mit der Zeit gehen und ihre Produkte<br />

und deren Verpackungen gesellschaftliche Entwicklungen<br />

anpassen. Dabei sollten sie aber sanft vorgehen, um kognitive<br />

Dissonanzen zu vermeiden.<br />

SCHLIESSEN SIE FÜR EINEN MOMENT die Augen. Denken Sie an<br />

Marilyn Monroe, einige Tropfen Chanel No. 5, den<br />

Flakon in der zart schimmernden Hand der Schauspielerin.<br />

Spüren Sie den verführerischen Moment? Bestimmt,<br />

denn Marilyn Monroes berühmtes Zitat »Zum<br />

Schlafen trage ich nur ein paar Tropfen Chanel Nº 5«<br />

hat sich in unsere Erinnerung eingegraben.<br />

Dass sich diese gut 90 Jahre alte Marke mit ihrer klaren,<br />

eigenständigen und zeitlos schönen Verpackung<br />

so stark in unserem Bewusstsein verankern konnte,<br />

verdankt Chanel sicher nicht allein der blonden Ikone<br />

und dem sinnlich betörenden Duft, sondern auch der<br />

Fähigkeit, eine starke Markenpersönlichkeit zu entwickeln,<br />

die Kontinuität und Konsistenz im Auftritt mit<br />

sanftem Wandel gekonnt vereint. Neben all den schönen<br />

Frauen, die über die Jahre für die Marke warben<br />

wie Catherine Deneuve, Carole Bouquet, Nicole Kidman<br />

oder Audrey Tautou, hat Chanel Nº 5 es verstanden,<br />

dem Markenkern treu zu bleiben und gleichzeitig<br />

gesellschaftliche Entwicklungen und Trends zu berücksichtigen,<br />

ohne sich selbst im Dickicht der Möglichkeiten<br />

zu verirren. Die große Kunst einer langfristig<br />

erfolgreichen Markenführung lebt vom Verzicht auf<br />

ständige Veränderung.<br />

Luxusmarken müssen sich treu bleiben<br />

Die Selektivkosmetik hat es ganz offensichtlich verstanden,<br />

ihren Marken über längere Zeiträume einen<br />

unverwechselbaren Auftritt und unverwechselbare<br />

Verpackungen zu schenken. Unbestritten hat sie<br />

es in punkto Markenführung einfacher als der Massenmarkt:<br />

Das Gefühl von Luxus folgt weltweit gleichen<br />

Vorstellungsbildern. Egal ob in Beijing, New York,<br />

Dubai, Moskau oder Paris. Wer sich Luxusartikel leisten<br />

kann, den stört es nicht, dass er einer bestimmten<br />

Klientel angehört. Statusgefühl und Prestige sprechen<br />

weltweit die gleiche Sprache, auch was die Verpackung<br />

betrifft. Je exklusiver, desto klarer und einprägsamer<br />

die Formel des Erfolges.<br />

Hohe Kontinuität im Auftritt der Marke – auch und<br />

gerade mit Blick auf die Verpackung. Dennoch ist bei<br />

aller Fokussierung auf den Markenkern und die Positionierung<br />

der Marke ein wacher Blick auf Markttendenzen<br />

und Trends unverzichtbar. Gesellschaftliche<br />

Entwicklungen formen und gestalten Lebenswelten<br />

und die Vorstellungen davon, wie Menschen leben<br />

wollen und was sie attraktiv und begehrenswert finden.<br />

Megatrends wie Nachhaltigkeit, demografischer<br />

Wandel oder Digitalisierung stehen im stetigen Wechselspiel<br />

mit den Gefühlen und Bedürfnissen der Kunden,<br />

seinen Bedürfnissen und Ansichten. So beeinflussen<br />

sie auch unmittelbar das Kaufverhalten.<br />

Nachhaltigkeit: Zwischen Wunsch und Pflicht<br />

Der Kauf eines Kosmetikproduktes hat immer etwas<br />

Sinnliches und Emotionales. Wer eine Luxusmarke erwirbt,<br />

erwirbt damit auch ein bestimmtes Lebensgefühl.<br />

Dazu gehört eine entsprechende Wertigkeit von<br />

Produkt und Verpackung. Und doch meldet sich bei<br />

aller Emotionalität die Ratio zu Wort.<br />

Hochwertigkeit und Luxuriösität alleine reichen schon<br />

lange nicht mehr. Die Ansprüche, die Kunden an Produkt<br />

und Unternehmen stellen, gehen weit darüber hinaus.<br />

Neben Fragen nach Inhaltsstoffen und Produktionsbedingungen<br />

stehen Aspekte wie umwelt- und<br />

klimagerechter Einsatz der Mittel im Zentrum des Interesses,<br />

insbesondere was Materialien und Produktionsverfahren<br />

betrifft. Überdimensionierte Verpackungen<br />

ohne Zusatznutzen, mit Lacken und übermäßigem Einsatz<br />

von Plastik- und Kunststoff landen langfristig auf<br />

dem Minuskonto einer Marke. Innovationswille beim<br />

Einsatz umweltverträglicher Mittel und Materialien<br />

zahlt langfristig positiv auf die Marke ein.<br />

Der alte Traum von ewiger Jugend und Schönheit fasziniert<br />

die Menschheit noch immer. In eindrücklichen<br />

Zeilen dichtete Goethe denn auch: »Warum bin ich Vergänglich?<br />

O Zeus? So fragte die Schönheit. Macht dich<br />

doch, sagte der Gott, nur das Vergängliche schön. Und


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Chanel Nº 5 hat es verstanden, dem Markenkern treu zu bleiben<br />

und gleichzeitig gesellschaftliche Entwicklungen zu berücksichtigen,<br />

ohne sich im Dickicht der Möglichkeiten zu verirren.<br />

die Liebe, die Blumen, der Tau und die Jugend vernahmens.<br />

Alle gingen sie weg, weinend von Jupiters Thron.«<br />

Der Wunsch nach lebenslanger Schönheit<br />

Je älter die Menschen werden, desto intensiver wird<br />

das Bedürfnis lebenslanger Schönheit. Und weil sich<br />

die Altersgrenze für ein aktives und jugendorientiertes<br />

Leben längst nach oben verschoben hat, heißt dies: Immer<br />

mehr Menschen suchen Produkte, die Falten glätten,<br />

Tränensäcke kaschieren oder Cellulite verhindern.<br />

Nichtsdestotrotz sind Verpackungen gefordert, die in<br />

Aufmachung, Lesbarkeit und Handhabbarkeit den Ansprüchen<br />

einer älteren Zielgruppe entsprechen, ohne<br />

ihr das Gefühl zu vermitteln, alt zu sein.<br />

Die Frage, welches Produkt das Richtige ist, beantworten<br />

immer mehr jene Produkte und Verpackungen, die<br />

Pharmazie und Wissenschaft vermitteln, denn sie bedienen<br />

ein Sicherheitsbedürfnis. Auf der Suche nach<br />

Produkten, die seriös und vertrauensvoll das Schönheitsversprechen<br />

einlösen, greifen die Menschen zunehmend<br />

auch zu Kosmetik aus der Apotheke oder zu<br />

Kosmetik, die medizinischen Ansprüchen gerecht wird.<br />

Dies muss ohne Frage auch die Verpackung berücksichtigen.<br />

Design und Formgebung, die mitunter eher<br />

an medizinische als an kosmetische Erzeugnisse erinnern,<br />

sind keine Seltenheit mehr – nicht nur in pharmazeutischer<br />

Umgebung.<br />

Digital kann das sinnliche Erleben nicht ersetzen<br />

Das Internet bietet unbegrenzte Möglichkeiten. Aber:<br />

Es kann uns auch überfordern mit seinen ständigen Informationen,<br />

Aktualisierungen und Neuigkeiten. Und<br />

ja, Online kann emotional sein – weil involvierend,<br />

aktivierend oder auch unterhaltsam, spielerisch und<br />

faszinierend. Das für Kosmetik darüber hinaus entscheidende,<br />

sinnliche Kauferlebnis hingegen vermag sie<br />

nicht zu ersetzen. Die Stärken des Internet liegen in<br />

einem anderen Bereich, nämlich der Orientierung und<br />

Inszenierung: Für den informationshungrigen Verbrau-<br />

ERFOLGSFAKTOREN<br />

cher bietet sich eine neue Plattform – etwa über Apps,<br />

die sich mit Features und relevanten Informationen<br />

über Unternehmen und Produkt befassen oder in die<br />

Unternehmens- und Markenwelt entführen.<br />

Kosmetikbranche muss glaubwürdig bleiben<br />

Gesellschaftliche Trends haben unbestritten großen<br />

Einfluss auf Emotionalität und Rationalität der Menschen.<br />

Und so kommt kein Unternehmen umhin, sich<br />

mit ihnen auseinanderzusetzen. Viele Trends werden<br />

an uns vorbeirauschen, ohne nennenswert Spuren zu<br />

hinterlassen. Andere hingegen werden unsere Welt, unser<br />

Denken und unser Handeln verändern, nicht nur<br />

am POS oder in der Welt der Verpackung. Integriert<br />

und verankert in der Unternehmensstrategie und konsequent<br />

in alle Unternehmensbereiche übertragen, können<br />

Marken glaubwürdig bleiben, dem Verbraucher<br />

langfristig Orientierung bieten und kognitive Dissonanzen<br />

vermeiden.<br />

Dennoch sollten Sie sich nicht davor fürchten, auch die<br />

Verpackung Ihrer starken Marken mit der Zeit gehen<br />

zu lassen! Aber seien Sie sanft! Vielleicht landen Sie<br />

dann als nächstes in der Hand einer berühmten Ikone..<br />

Prof. Uli Mayer-Johanssen<br />

Prof. Uli Mayer-Johanssen ist Chairwoman<br />

of the Executive Board der<br />

Corporate Identity-Agentur MetaDesign.<br />

Sie ist Gastprofessorin<br />

an der UdK Berlin sowie Dozentin<br />

an der Europäischen Wirtschaftschule<br />

ESCP-EAP Berlin und am<br />

Institut für Kulturmanagement der<br />

FU Berlin.<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

73


60 JAHRE <strong>VKE</strong> MESSEN MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

74<br />

Der perfekte Auftritt<br />

Mit einer Mischung aus Glory, Bravour und einer Prise Joy können<br />

Kosmetikhersteller auf Messen ein Hochgefühl bei den Besuchern<br />

auslösen. Dabei dürfen sie die Kunden aber nicht visuell überfordern,<br />

warnt Entertainment-Berater Dr. Christian Mikunda.<br />

Wichtig ist, dass die Kunden die Produkte am Stand ausprobieren können.<br />

MARKENARTIKEL: Herr Mikunda, Sie sagen, dass Sie ein<br />

großer Fan von Messen sind, warnen aber vor der<br />

visuellen Reizüberflutung. Was meinen Sie damit<br />

genau?<br />

DR. CHRISTIAN MIKUNDA: Auf Messen findet man häufig<br />

das Phänomen der Überfrachtung. Dem Besucher werden<br />

auf den Ständen so viele Angebote präsentiert,<br />

dass er den Überblick verliert und völlig orientierungslos<br />

ist. Er kann das ganze visuelle Chaos nicht ordnen<br />

oder keine Angebote identifizieren, die ihn interessieren.<br />

Die akustische und visuelle Reizüberflutung führt<br />

zu einem Zustand der kompletten Überforderung.<br />

MARKENARTIKEL: Was bedeutet das konkret im Falle der<br />

Kosmetikbranche?<br />

MIKUNDA: Die Aussteller sollten sich bei der Präsentation<br />

fokussieren und nicht versuchen, ihre komplette Warenfülle<br />

zu zeigen. Gerade bei Veranstaltungen, wo es<br />

um viele kleinteilige Objekte geht wie bei Kosmetikprodukten.<br />

Ordnung in der visuellen Präsentation ist<br />

wichtig – etwa, indem man aus Lippenstiften ein interessantes<br />

Muster kreiert oder einen Farbfächer. Reizüberflutung<br />

muss vermieden werden. Weniger ist mehr.<br />

Das, was man präsentiert, muss dafür umso besser gezeigt<br />

werden.<br />

MARKENARTIKEL: Und was kann man als Unternehmen<br />

noch tun, den Kunden ein möglichst angenehmes Erlebnis<br />

zu bieten?<br />

MIKUNDA: Viele haben erkannt, dass sie Kunden verlieren,<br />

weil diese aufgrund der Überforderung resigniert<br />

aufgeben. Deshalb setzen inzwischen viele Messestände<br />

auf Chillout-Bereiche. Das sind zum Beispiel Lounges,<br />

in die sich der Kunde zurückziehen und erholen<br />

kann.<br />

MARKENARTIKEL: Hier dürfte die Kosmetikindustrie die<br />

Nase vorn haben, die sich ja mit Beauty-Lounges und<br />

Spa-Bereichen auskennt. Fotos: Beauty International / Messe Düsseldorf


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

MIKUNDA: Die Branche lebt davon, dass die Kunden die<br />

Produkte und Anwendungen ausprobieren können. Das<br />

ist auch für die Messen von Vorteil. Hier können die<br />

Kosmetikhersteller beispielsweise Minibehandlungen<br />

anbieten oder das Make-up auffrischen. Somit sind gerade<br />

die Unternehmen aus dem Beauty-Bereich dazu<br />

prädestiniert, den Druck aus Messen herauszunehmen<br />

MESSEN<br />

und den Besuchern ein angenehmes Erlebnis zu bieten.<br />

Damit die Kosmetikbranche einen perfekten Auftritt<br />

hinlegt, muss die Mischung aus Glory und Bravour<br />

stimmen.<br />

MARKENARTIKEL: Die Mischung aus Glory und Bravour?<br />

MIKUNDA: Ja. Glory sorgt zum einen für ein erhebendes<br />

15. – 17. März 2013 16. – 18. März 2013 16. – 17. März 2013<br />

Internationale Leitmesse<br />

Kosmetik, Nail,<br />

Fuß, Wellness, SPA<br />

www.beauty.de<br />

» Damit die Kosmetikbranche einen<br />

perfekten Auftritt hinlegt, muss die<br />

Mischung aus Glory und Bravour<br />

stimmen.<br />

Dr.<br />

Die Leitmessen für Profi s<br />

Fachmesse – Show – Kongress<br />

für die internationale<br />

Friseurbranche<br />

www.top-hair-international.com<br />

Christian Mikunda<br />

Fachmesse für<br />

Maskenbildner und<br />

Visagisten<br />

www.make-up-artist-show.de<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

75<br />

Düsseldorf:<br />

it’s time for the best


60 JAHRE <strong>VKE</strong> MESSEN MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

76<br />

Der Messestand muss zum Markenerlebniszentrum werden. Keine künstliche Scheinwelt, sondern eine echte, authentische Erlebniswelt.<br />

Gefühl. Schauen Sie sich die Counter der Kosmetikindustrie<br />

in den großen Kauf- und Warenhäusern an.<br />

Die setzen auf architektonische Elemente der emotionalen<br />

Überhöhung und sehen zum Teil aus wie kleine<br />

Tempel mit Säulen, Baldachinen und viel weißer Farbe.<br />

Sie haben eine eigene Corporate Architecture, die<br />

beim Kunden ein Gefühl der Erhabenheit auslöst. Und<br />

Bravour bedeutet, dass man die Besucher eines Shops<br />

oder eines Messestandes fasziniert. Das erreicht man<br />

zum Beispiel mit gutem Personal. Vorführen ist wieder<br />

in. Es braucht Leute, die die Faszination der Produkte<br />

auch rüberbringen können. Ein Messestand muss einer<br />

Dramaturgie des Begehrens folgen.<br />

MARKENARTIKEL: Einer Dramaturgie des Begehrens?<br />

MIKUNDA: Die Besucher sollen sich ein bisschen verlieben<br />

in das, was ihnen da gezeigt wird. Dafür kann es<br />

hilfreich sein, zentrale Produkte in Rahmen oder auf<br />

Drehscheiben hervorzuheben – sie quasi auf dem Präsentierteller<br />

zu zeigen. Kosmetikhersteller müssen aber<br />

vorsichtig sein, dass sie ihre Produkte nicht zu sehr<br />

überhöhen und sie am Ende zu sakral daherkommen.<br />

MARKENARTIKEL: Zuviel Glory ist also auch nicht gut?<br />

MIKUNDA: Was den Kunden anbelangt, ist Glory schon<br />

wichtig. Das hat mit Apotheose zu tun, was wörtlich<br />

übersetzt soviel wie Gottwerdung heißt. Eine solche<br />

emotionale Überhöhung löst man aus, indem man Kunden<br />

auf einen besonderen Hocker setzt, sie anstrahlt<br />

und verwöhnt. Es ist ein erhebendes Gefühl, wenn man<br />

eine Beauty-Behandlung bekommt und quasi in eine<br />

Göttin verwandelt wird. Dabei sollte man die Kunden<br />

nicht zu sehr den gaffenden Blicken aussetzen. Das<br />

Schminken sollte in einer Art Minikokon stattfinden.<br />

MARKENARTIKEL: Den Kunden sollte man also verwöhnen.<br />

MIKUNDA: Ja, und genauso wie sie den Messebesucher<br />

in Szene setzen, können Hersteller auch ihre Produkte<br />

präsentieren. Kosmetiktiegel und Flakons sind<br />

oft kleine Kunstwerke. Da bietet es sich an, sie beispielsweise<br />

auf einem Podest zu platzieren und anzustrahlen.<br />

Aber man muss aufpassen, dass man die<br />

Produkte nicht zu sehr überhöht. Sonst werden Marken<br />

schnell als hochmütig wahrgenommen. Die Kunden<br />

finden dann keinen Zugang zu ihr und fühlen<br />

sich nicht wohl. Um das zu verhindern, ist Bravour<br />

ganz wichtig.<br />

MARKENARTIKEL: Wie kann das genau aussehen?<br />

MIKUNDA: Bravour bedeutet, dass die Hersteller ihre<br />

Stärke und Kompetenz erlebbar machen müssen. Das<br />

ist heute wichtiger denn je. Kosmetik hat man auf der<br />

Haut. Deshalb wollen die Menschen zunehmend wissen,<br />

welche Inhaltsstoffe in den Cremes und Düften<br />

Dr. Christian Mikunda gilt als »Vordenker neuer Erlebniswelten«.<br />

Er lehrte u.a. in Wien, war Gastreferent an der Harvard University<br />

in Boston und Gastprofessor in Tübingen. Er berät Unternehmen<br />

zu Themen wie Brandlands, POS-Gestaltung und Retail-Architektur.


MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

Gerade bei kleinteiligen Produkten ist Ordnung in der visuellen Präsentation wichtig. Reizüberflutung muss vermieden werden.<br />

enthalten sind, woher die Produkte kommen und wer<br />

dahinter steht. Der Preis wird immer weniger zum entscheidenden<br />

Kaufkriterium. Deshalb ist es auch wichtig,<br />

dass die Messebesucher erleben, was mit ihnen<br />

passiert, wenn sie etwas anwenden. Neben Bravour<br />

ist aber auch eine Prise Joy ganz wichtig.<br />

MARKENARTIKEL: Eine Prise Joy…<br />

BV Konsumigere Marken wie Sephora machen vor, wie<br />

es geht. Die Präsentation ist hochwertig und gleichzeitig<br />

lebhaft – fast wie auf einem orientalischen<br />

Markt. Mehr Spaß würde gerade einigen der hochpreisigeren<br />

Kosmetikmarken gut tun. Luxusmarken<br />

auf der ganzen Welt haben das erkannt und versuchen<br />

gerade, sich mit einem deutlichen Schuss Joy auch jünger<br />

zu positionieren. Etwa Louis Vuitton: Das Unternehmen<br />

hat in Japan bunte Taschen herausgebracht,<br />

die von Mangakünstlern designed worden sind. Und<br />

im Londoner Flagshipstore gibt es eine hydraulische<br />

Wand, die durch den Laden fährt und immer wieder<br />

den Blick auf andere Taschen frei gibt.<br />

MARKENARTIKEL: Ein Schuss Verspieltheit auch als Gegengewicht<br />

zu zuviel Luxus…<br />

MIKUNDA: Indem sie sich zugänglicher und spritziger<br />

präsentieren, öffnen sich die Hersteller der luxuriösen<br />

Kosmetikprodukte für neue Zielgruppen. Diese<br />

suchen nach Marken, die nicht zu abgehoben daherkommen.<br />

Man darf auch nicht vergessen, dass<br />

die Menschen heute psychologisch länger jung bleiben.<br />

Wer jetzt 50 Jahre alt ist, fühlt sich wie früher<br />

jemand mit 30 Jahren. Mehr Spaß tut deshalb gerade<br />

einigen der hochpreisigeren Kosmetikmarken gut.<br />

Es ist auch nicht so schwer, sich als Glory-Marke eine<br />

Prise Joy zu verpassen, um damit etwas verspielter<br />

und jünger zu werden. Das darf allerdings dann<br />

nicht zu viel werden.<br />

MESSEN<br />

MARKENARTIKEL: Sonst endet es wieder mit der anfangs<br />

angesprochenen visuellen Reizüberflutung.<br />

MIKUNDA: Richtig. Joy darf nicht in visuelle Überfülle<br />

ausarten. Deshalb braucht man an einem Stand ein<br />

stringentes Ordnungsprinzip. Ich bin mir aber sicher,<br />

dass gerade Kosmetikhersteller die richtige Mischung<br />

aus Glory, Bravour und Joy auf Messen und am POS<br />

finden. Sie haben die besten Voraussetzungen dafür,<br />

ihre Auftritte emotional zu gestalten, denn ihre Produkte<br />

sind an sich schon sehr emotional. Und Nähe<br />

entsteht nicht durch rationale Argumente, sondern<br />

dadurch, dass man für die Besucher emotionale Momente<br />

schafft. Der Messestand muss zum Markenerlebniszentrum<br />

werden. Keine künstliche Scheinwelt,<br />

sondern eine echte, authentische Erlebniswelt.<br />

Ein Messeauftritt ist wie ein Theaterstück, das jeden<br />

Tag neu inszeniert werden und gepflegt werden<br />

muss. Die dadurch ausgelösten Hochgefühle führen<br />

dazu, dass der A.I.M.E-Wert hochgeht.<br />

MARKENARTIKEL: Der A.I.M.E.-Wert?<br />

MIKUNDA : Ja, der Amount of invested mental elaboration.<br />

Wenn der Wert hoch ist, ist man emotional<br />

aufgekratzt und fühlt sich beschwingt. Die Aufmerksamkeit<br />

geht hoch, die Sinne werden geschärft und<br />

man fühlt sich wohl. Dann wendet man sich auch<br />

mit erhöhter Aufmerksamkeit dem Informationsangebot<br />

zu. Deshalb wirken Orte, die mit der richtigen<br />

Dosierung an Emotion arbeiten, verkaufsfördernd.<br />

Wenn eine Messe emotional ist und nicht nur<br />

brutal verkaufen will, dann sind die Chancen für<br />

Geschäftsabschlüsse viel größer. Denn wenn ich in<br />

Hochstimmung bin, kaufe ich doch eher etwas, als<br />

wenn ich mich komplett überfordert fühle und frustriert<br />

aufgebe.<br />

Interview: Vanessa Göbel<br />

60 JAHRE <strong>VKE</strong><br />

77


60 JAHRE <strong>VKE</strong> KONTAKT MARKENARTIKEL SONDERHEFT<br />

78<br />

<strong>VKE</strong> - Verband der Vertriebsfirmen Kosmetischer Erzeugnisse e.V.<br />

Unter den Linden 42<br />

10117 Berlin<br />

Tel. +49 30/206168-22<br />

Fax. +49 30/206168-722<br />

E-Mail: info@kosmetikverband.de<br />

Präsident: Stephan Seidel (Clarins GmbH)<br />

Vizepräsidenten: Steffen Seifarth (Coty Germany GmbH)<br />

Rolf Sigmund (L’Oréal Deutschland GmbH)<br />

Schatzmeister: Thomas Schnitzler (Nobilis Fragrances GmbH)<br />

Weitere Vorstandsmitglieder: Bart de Boever (LVMH Parfums & Kosmetik GmbH)<br />

Beate Fastrich (Estée Lauder Companies GmbH)<br />

Susanne Rumbler (Beauté Prestige International GmbH)<br />

Andreas Sistig (Shiseido Deutschland GmbH)<br />

Kooptiertes Vorstandsmitglied: Michael Lindner (Börlind Gesellschaft für Kosmetische Erzeugnisse mbH)<br />

Ehrenvorsitzende: Maria Augustin<br />

Gunter Thoß (Börlind Gesellschaft für Kosmetische Erzeugnisse mbH)<br />

Geschäftsführer: Martin Ruppmann<br />

Mitglieder des <strong>VKE</strong> sind:<br />

ARTDECO Cosmetic GmbH<br />

ARS Parfum Creation & Consulting GmbH<br />

AHAVA Cosmetics GmbH<br />

Beaute Prestige International GmbH<br />

Börlind Gesellschaft für kosmetische Erzeugnisse mbH<br />

Beauty Brands International GmbH<br />

BULGARI Deutschland GmbH<br />

BCG Baden-Baden Cosmetics Group AG<br />

Chanel GmbH<br />

c.l.u.b. UNIQUE BRANDS International GmbH<br />

Clarins GmbH<br />

Dermapharm AG<br />

Dr. Babor GmbH & Co.<br />

DISTRICT TWO GmbH<br />

Estée Lauder Companies GmbH<br />

FUJIFILM Deutschl./Ndl. der FUJIFILM Europe GmbH<br />

LVMH Parfums & Kosmetiks GmbH<br />

Division Guerlain<br />

ITF Germany GmbH<br />

I.P.D. International Perfume Distribution GmbH<br />

Kanebo Cosmetics Deutschland GmbH<br />

Klapp Cosmetics GmbH<br />

KSAR GmbH<br />

La mer Cosmetics AG<br />

La Prairie Group Deutschland GmbH<br />

Coty Germany GmbH<br />

Ligne St. Barth GmbH<br />

L‘Oreal Deutschland GmbH<br />

Louis Widmer GmbH<br />

LVMH Parfums & Cosmetics<br />

Parfums Christian Dior GmbH<br />

LR Health & Beauty Systems GmbH<br />

LUXESS GmbH<br />

Maria Galland GmbH<br />

Maxim Markenprodukte GmbH & Co. KG<br />

Division Créateur Cosmétiques<br />

MBR Medical Beauty Research GmbH<br />

Mäurer + Wirtz GmbH & Co. KG<br />

Markwins International GmbH<br />

MASTER BRANDS e.K.<br />

Nobilis Fragrances GmbH<br />

P&G Prestige Products GmbH<br />

LVMH Fragrance Brands<br />

PUIG Deutschland GmbH<br />

Richemont Northern Europe GmbH<br />

Cartier Parfums<br />

SA.G Perfumes Distribution<br />

SanderStrothmann GmbH<br />

Shiseido Deutschland GmbH<br />

Sisley Deutschland Vertriebs GmbH<br />

SOTHYS - Euro-Kosmetik GmbH<br />

Swiss Mountain Cosmetics GmbH & Co. KG<br />

Straub GmbH Div. Straub Beauté Selective<br />

THOMAS SABO GmbH & CO. KG<br />

Troll Cosmetics GmbH


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Unser Beitrag für die Erfolge unserer Kunden ergibt sich aus unserem tiefen Verständnis des Verhaltens,<br />

der Einstellungen und Bedürfnisse von Menschen in ihren Märkten.<br />

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