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Besonderheiten der Pharmakotherapie bei Kindern

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168<br />

PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />

Anne-Kristina Frobel und Stephanie Läer<br />

Klinische Pharmazie und <strong>Pharmakotherapie</strong><br />

Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf<br />

<strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Pharmakotherapie</strong> <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n<br />

Lektorat: Frau Apothekerin Daniela Hundelshausen, Brunnen-Apotheke, Hallenberg<br />

Herr Apotheker Dr. Jürgen Dittrich, Rathaus-Apotheke, Grünwald<br />

ABSTRACT: The medical care of the children of Europe is facing a drastic change: With the new regulation on medicinal products<br />

for paediatric use coming into effect during the next year, pharmacists will encounter a new class of pharmaceuticals.<br />

A special label showing a large, blue „P“ in front of the silhouette of a star will draw attention to drugs specifically registered<br />

for children. This is a fairly recent development. For a long time, the need of medication tailored for children has not<br />

been an issue, and as a consequence, drug therapy in children has fallen behind the mo<strong>der</strong>n standards of adult therapy. In<br />

the following, we will describe the practical implications of this problem. Also, by pointing out important features of physiology<br />

in childhood, we will show why paediatric pharmacotherapy requires special attention and care (Apothekenmagazin<br />

2006;24(07-08)168-175).<br />

ABSTRAKT: Die Arzneimittelversorgung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in Europa steht vor einem Umbruch: Mit Inkrafttreten <strong>der</strong> neuen EU-Verordnung<br />

zur Zulassung von Medikamenten für den pädiatrischen Gebrauch werden voraussichtlich nächstes Jahr Fertigarzneimittel<br />

Einzug in die Offizin halten, die mit einem großen, blauen „P“ vor dem Umriss eines Sterns gekennzeichnet sind.<br />

Speziell für Kin<strong>der</strong> zugelassene Präparate werden so auf den ersten Blick erkennbar sein und eine nie dagewesene Beachtung<br />

erfahren (1,2). Diese Entwicklung ist lange überfällig, denn ein Mangel an für die Pädiatrie entwickelten Arzneimitteln<br />

lässt Kin<strong>der</strong> nur eingeschränkt an den Fortschritten in <strong>der</strong> Erwachsenentherapie teilhaben und macht sie so zu „therapeutischen<br />

Waisen“. Der folgende Artikel soll das Ausmaß dieser Min<strong>der</strong>versorgung beschreiben, einen Einblick in die <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong><br />

<strong>der</strong> kindlichen Physiologie geben und so verdeutlichen, warum die <strong>Pharmakotherapie</strong> von Kin<strong>der</strong>n beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit<br />

und Sorgfalt erfor<strong>der</strong>t. (Apothekenmagazin 2006;24(07-08)168-175).<br />

Einleitung:<br />

Ein Beispiel aus <strong>der</strong> täglichen Praxis<br />

Die <strong>Pharmakotherapie</strong> von Kin<strong>der</strong>n ist nicht so mo<strong>der</strong>n, gut untersucht<br />

und sicher wie die von Erwachsenen; es mangelt an Arzneimitteln,<br />

die explizit für die Therapie von Min<strong>der</strong>jährigen erprobt und<br />

zugelassen wurden. Das folgende Fall<strong>bei</strong>spiel eines herzkranken<br />

Kindes, das seine Medikamente in <strong>der</strong> öffentlichen Apotheke erhält,<br />

soll veranschaulichen, in welcher Form diese Problematik dem Offizinapotheker<br />

unter Umständen begegnet.<br />

Fall<strong>bei</strong>spiel Herzinsuffizienz<br />

Ein siebenjähriger Junge hat infolge eines angeborenen Herzfehlers<br />

eine Herzinsuffizienz entwickelt und wird nach Einstellung in <strong>der</strong> Klinik<br />

nun ambulant versorgt. Die leitlinienkonforme Therapie (3)<br />

umfasst vier Medikamente: einen ACE-Hemmer, einen Betarezeptorenblocker,<br />

ein Diuretikum sowie ein Herzglykosid. Im Grunde entspricht<br />

dies <strong>der</strong> gleichen Medikation, die auch ein herzinsuffizienter<br />

Erwachsener üblicherweise erhält; doch ergeben sich, wie Tabelle 1<br />

zeigt, <strong>bei</strong> <strong>der</strong> praktischen Umsetzung wesentliche Unterschiede.<br />

Denn während ein Erwachsener die gefor<strong>der</strong>te Vierermedikation<br />

meist mit <strong>der</strong> Einnahme von nur vier Tabletten bzw. Kapseln erreicht,<br />

muss ein Kind wie in diesem Fall<strong>bei</strong>spiel bis zu neun Einzeldosen<br />

einnehmen. Für das Kind und seine Eltern ergibt sich damit ein<br />

Zwang zur Einhaltung eines regelrechten Stundenplans von Einnah-<br />

men, den man älteren Patienten nach Möglichkeit nicht zumutet. Die<br />

Folgen sind eine Vermin<strong>der</strong>ung sowohl <strong>der</strong> Compliance als auch <strong>der</strong><br />

Lebensqualität.<br />

Für die beschriebenen Unterschiede in <strong>der</strong> Einnahme gibt es verschiedene<br />

Ursachen. So wird Metoprolol <strong>bei</strong> Erwachsenen meist<br />

retardiert gegeben, wodurch nur eine Gabe pro Tag nötig ist. Dies<br />

ist <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n nicht möglich, denn es gibt keine Retardtabletten in<br />

geeigneter Dosierung (9). Da kein einziger Betarezeptorenblocker<br />

eine offizielle Zulassung für Min<strong>der</strong>jährige besitzt, ist auch keine<br />

kindgerechte Arzneiform verfügbar.<br />

Bei Ramipril handelt es sich um einen Arzneistoff, <strong>der</strong> aufgrund seiner<br />

langen Halbwertszeit nur einmal täglich eingenommen wird. Im<br />

Gegensatz dazu wird Captopril schneller eliminiert und daher zweibis<br />

dreimal täglich gegeben (5). Trotzdem findet Captopril Einsatz in<br />

<strong>der</strong> Pädiatrie, da es als einziger ACE-Hemmer eine Zulassung für<br />

min<strong>der</strong>jährige Patienten besitzt. Kin<strong>der</strong>n steht somit keine zugelassene<br />

Alternative zu Captopril zur Verfügung. Für die Therapiegestaltung<br />

von Erwachsenen dagegen finden sich in <strong>der</strong> Roten Liste ® dreizehn<br />

verschiedene ACE-Inhibitoren, die sich <strong>bei</strong> identischem<br />

Wirkungsmechanismus nur durch ihre kinetischen Eigenschaften<br />

unterscheiden, sowie eine noch größere Zahl an Kombinationspräparaten.<br />

Aus <strong>der</strong> Stoffklasse <strong>der</strong> AT1-Antagonisten, die <strong>bei</strong> Unverträglichkeit<br />

<strong>der</strong> ACE-Hemmer alternativ eingesetzt werden, ist kein<br />

einziges Präparat für Patienten unter 18 Jahren zugelassen (9).


ACE-Hemmer<br />

Betablocker<br />

Diuretikum<br />

Herzglykosid<br />

Erwachsene<br />

Arzneistoff Tagesdosis Einnahmen<br />

[mg] pro Tag<br />

Ramipril (4) 10 1<br />

Metoprololsuccinat (4) 200 1<br />

Hydrochlorothiazid (4) 25–50 1<br />

Digoxin (4) 0,1–0,5 1<br />

Ähnlich verhält es sich <strong>bei</strong> den Diuretika. Während Hydrochlorothiazid,<br />

das nicht für Kin<strong>der</strong> zugelassen ist, wegen seiner langen Halbwertszeit<br />

und noch längeren Wirkdauer nur einmal am Tag eingenommen<br />

werden muss, sind <strong>bei</strong> dem sehr kurz wirksamen Furosemid,<br />

das eine solche Zulassung besitzt, zwei Gaben nötig (7). Die<br />

Dosierung von Digoxin schließlich wird mit Hilfe von Plasmaspiegelbestimmungen<br />

individuell eingestellt.<br />

Bedarf an Kin<strong>der</strong>zulassungen<br />

Aufgrund des Fehlens geeigneter Arzneimittel müssen damit <strong>bei</strong> drei<br />

von vier Medikamenten, die das Kind in diesem Fall<strong>bei</strong>spiel erhält,<br />

Kompromisse eingegangen werden. Dieser Mangel an adäquaten<br />

Therapiemöglichkeiten bildet da<strong>bei</strong> nicht etwa eine Ausnahme, die<br />

nur <strong>bei</strong> im Kindesalter seltenen Erkrankungen eine Rolle spielt, son<strong>der</strong>n<br />

zieht sich wie ein roter Faden durch sämtliche Therapiegebiete.<br />

Bemerkenswerterweise betrifft er sogar die Behandlung von<br />

Infektionskrankheiten – das klassische Gebiet <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>therapie<br />

schlechthin. Hier ergeben sich Probleme unter an<strong>der</strong>em dadurch,<br />

dass selbst Arzneimittel, die seit langem auf dem Markt sind, nicht<br />

für die unteren Altersstufen eingesetzt werden können. So sind die<br />

Antibiotika Clarithromycin, Roxithromycin und Loracarbef auch etwa<br />

zehn Jahre nach ihrer Einführung noch immer nicht für das erste<br />

Lebenshalbjahr zugelassen (10). Hieraus folgt eine wesentliche Einschränkung<br />

des Therapiespektrums für Kin<strong>der</strong> unter sechs Monaten.<br />

Das Oralcephalosporin Loracarbef gilt laut offizieller Empfehlung<br />

<strong>der</strong> Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie als eines <strong>der</strong><br />

Mittel erster Wahl zur Behandlung<br />

von akuter Otitis media und Sinusitis<br />

in <strong>der</strong> Pädiatrie (10). Makrolid-Antibiotika<br />

wirken gegen die<br />

wichtigsten Erreger von Atemwegsinfektionen,<br />

die zu den häufigsten<br />

Infektionen <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n<br />

zählen, und sind daher ein wichtiger<br />

Bestandteil des Repertoires.<br />

Trotzdem ist die Möglichkeit einer<br />

optimalen Auswahl zwischen<br />

mehreren verschiedenen Makroliden<br />

nur für ältere Patienten<br />

selbstverständlicher Bestandteil<br />

<strong>der</strong> Therapie.<br />

Sind <strong>bei</strong> Fällen wie dem eingangs<br />

geschil<strong>der</strong>ten Beispiel „nur“ eine<br />

geringere Compliance und mögli-<br />

cherweise eine schlechtere Verträglichkeit<br />

die Folge <strong>der</strong> eingeschränktenMedikamentenauswahl,<br />

spielt <strong>bei</strong> den Antiinfektiva<br />

zusätzlich die Problematik <strong>der</strong><br />

Resistenzbildung eine Rolle. Die Situation verschlechtert sich hier<br />

kontinuierlich und überregional; so stieg <strong>bei</strong>spielsweise die Resistenzrate<br />

von E.Coli-Bakterien gegenüber Ampicillin von rund 40% im<br />

Jahr 1998 auf rund 50% in 2001 (11). Da im Falle einer Infektion mit<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

Kin<strong>der</strong><br />

Arzneistoff Tagesdosis Einnahmen<br />

[mg/kg KG] pro Tag<br />

Captopril (5) 0,3 3<br />

Propranolol (6) 1,6 2–3<br />

Furosemid (7) 1–2 2<br />

Digoxin (8) 0,01 1<br />

Tab. 1: Typische Medikation und Einnahmeschemata <strong>bei</strong> <strong>der</strong> leitliniengemäßen Therapie <strong>der</strong> Herzinsuffizienz (3, 4). Die Dosierungen<br />

sind für Erwachsene absolut, für Kin<strong>der</strong> körpergewichtsbezogen angegeben. Zahlen in Klammern verweisen auf Literaturangaben.<br />

multiresistenten Erregern jede zusätzliche Therapieoption von<br />

lebensretten<strong>der</strong> Bedeutung sein kann, stellt das Fehlen einer Zulassung<br />

für oben genannte Arzneistoffe eine ethisch bedenkliche<br />

Gefährdung dar.<br />

Ursachen <strong>der</strong> Unterversorgung<br />

Die Gründe für die beschriebene Unterversorgung von Kin<strong>der</strong>n mit<br />

Arzneimitteln liegen sowohl in ökonomischen als auch in ethischen<br />

Überlegungen: Zum einen ist das potentielle Patientenkollektiv <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> deutlich kleiner als das <strong>der</strong> Erwachsenen. Im Jahr 2003 waren<br />

gerade einmal 15% aller Bundesbürger jünger als 15 Jahre; <strong>der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> Verschreibungen, die von Kin<strong>der</strong>ärzten ausgestellt wurden,<br />

betrug nur etwa 5% (12) (Abbildung 1). Auch ist meist eine Unterteilung<br />

<strong>der</strong> nicht volljährigen Patienten in mehrere Altersklassen notwendig,<br />

für die jeweils getrennte Untersuchungen durchgeführt werden<br />

müssen. Zudem ist die Prävalenz von Erkrankungen, <strong>bei</strong> denen<br />

Medikamente wie die im Beispiel genannten Herz-Kreislauf-Medikamente<br />

indiziert sind, in älteren Patientengruppen ungleich höher.<br />

Speziell für Kin<strong>der</strong> zugelassene Arzneimittel versprechen damit<br />

deutlich weniger Gewinn als solche für Erwachsene. Zum an<strong>der</strong>en<br />

erschweren ein ausgeprägtes Risikobewusstsein und strikte Reglementierungen<br />

die Durchführung von Studien an pädiatrischen<br />

Patienten. Sie sind insbeson<strong>der</strong>e Konsequenzen aus <strong>der</strong> Beobachtung<br />

schwerer Missbildungsfälle, die im Zusammenhang mit dem<br />

Medikament Thalidomid (Contergan ® ) aufgetreten waren. Bedingt<br />

durch die Einnahme des Schlafmittels während <strong>der</strong> Schwangerschaft<br />

Abbildung 1: Prozentualer Anteil <strong>der</strong> von den verschiedenen Ärztegruppen im Jahr 2003<br />

ausgestellten Verschreibungen an <strong>der</strong> Gesamtzahl aller Verschreibungen (12)<br />

wurden von 1958 bis 1961 etwa 10.000 Kin<strong>der</strong> mit schweren Fehlbildungen<br />

an Armen und Beinen zur Welt gebracht. Das daraus<br />

gewonnene Wissen um die unabschätzbaren Risiken scheinbar<br />

harmloser Medikamente macht verständlich, dass klinische Studien<br />

169


170<br />

PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />

bevorzugt an gesunden, meist männlichen Patienten mittleren<br />

Alters, nicht jedoch an Schwangeren und Kin<strong>der</strong>n durchgeführt werden.<br />

Auf diese Weise erfährt <strong>der</strong> sich entwickelnde kindliche Organismus<br />

primär beson<strong>der</strong>en Schutz, wird aber gleichzeitig von <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Erfassung und Untersuchung ausgeschlossen. Im<br />

zweiten Schritt führt die Sorge um die beson<strong>der</strong>s Schutzbedürftigen<br />

zu <strong>der</strong>en systematischer Gefährdung.<br />

Dosisfindung mit Hilfe von Rechenmodellen<br />

Lange Zeit ist versucht worden, allein über lineare Extrapolationen<br />

aus für Erwachsene verwendeten Schemata die für Kin<strong>der</strong> korrekten<br />

Dosierungen zu bestimmen. Ein schon als historisch zu bezeichnendes<br />

Beispiel für die Unzulänglichkeit dieser Methoden ist das durch<br />

das Antibiotikum Chloramphenicol – dies gehört heute nicht mehr<br />

zur Standardtherapie – verursachte Grau-Syndrom, das im Jahr 1959<br />

<strong>bei</strong> Neugeborenen beobachtet wurde (13,14). Dieses vielfach tödlich<br />

verlaufende Krankheitsbild ist durch bleiche („graue“) Hautfarbe,<br />

aufgetriebenen Leib und Herzkreislaufkollaps charakterisiert. Die<br />

betroffenen Säuglinge hatten eine Chloramphenicoldosis erhalten,<br />

die körpergewichtsadaptiert aus <strong>der</strong> Erwachsenentherapie auf den<br />

kindlichen Körper extrapoliert worden war. Der resultierende Plasmaspiegel<br />

entsprach dem Sechsfachen <strong>der</strong> für Neugeborene toxischen<br />

Konzentration. In späteren Untersuchungen (15) konnte<br />

gezeigt werden, dass die Säuglinge aufgrund physiologischer Unreife<br />

nicht in <strong>der</strong> Lage gewesen waren, die verabreichten Chloramphenicoldosen<br />

in ausreichendem Maße zu metabolisieren. Durch ungenügende<br />

Glukuronidierung hatte <strong>der</strong> Großteil des Antibiotikums<br />

nicht ausgeschieden werden können; dies hatte zur Akkumulation<br />

geführt.<br />

Dieser extreme Fall einer mehrfachen Überdosierung macht deutlich,<br />

welche fatalen Folgen die pädiatrische Dosisberechnung ausschließlich<br />

von Daten <strong>der</strong> Erwachsenentherapie ausgehend haben<br />

kann. Zahlreiche weitere Beispiele zeigen, dass eine Berechnung<br />

allein auf <strong>der</strong> Grundlage von Körpergewicht und Körperoberfläche<br />

risikobehaftet ist (16). Wachstum ist kein linearer Prozess, und die<br />

Mechanismen <strong>der</strong> am Stoffwechsel und an <strong>der</strong> Arzneimittelwirkung<br />

beteiligten Organ- und Enzymsysteme sind hochkomplex. Die Effekte<br />

altersabhängiger physiologischer <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> des kindlichen<br />

Organismus sind somit nicht einfach aus Erwachsenendaten extrapolierbar<br />

(Abbildung 2). Obwohl sich hieraus tiefgreifende Konsequenzen<br />

sowohl für die Pharmakokinetik als auch für die Pharmakodynamik<br />

ergeben, werden sich die folgenden Darstellungen, um<br />

den Rahmen nicht zu sprengen, auf pharmakokinetische Zusammenhänge<br />

beschränken. Hier soll auf die wichtigsten <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> in<br />

<strong>der</strong> Absorption, <strong>der</strong> Verteilung, dem Abbau und <strong>der</strong> Elimination von<br />

Arzneistoffen <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n eingegangen werden.<br />

Gesamtkörperclearance<br />

Gesamtkörpervolumen<br />

1-15 Tage 1–24 Monate 2–10 Jahre 10–18 Jahre 20–60 Jahre 70–95 Jahre<br />

Abb. 2: Wachstum ist kein linearer Prozess; einige Parameter<br />

unterliegen in Abhängigkeit vom Lebensalter dramatischen Verän<strong>der</strong>ungen.<br />

So zeigt die Clearance, die hier anschaulich im<br />

Vergleich zum Körpervolumen dargestellt ist, ein Maximum im<br />

Kleinkindalter.<br />

Absorption von Arzneistoffen<br />

Die Bioverfügbarkeit von <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n applizierten Arzneistoffen<br />

weist einige <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> auf, die sich vor allem auf entwicklungsabhängige<br />

spezielle Eigenschaften <strong>der</strong> Hauptabsorptionsoberflächen<br />

Gastrointestinaltrakt, Haut und Lunge zurückführen lassen.<br />

Mit Werten über vier liegt <strong>der</strong> pH-Wert im Magen von Neugeborenen,<br />

bedingt durch eine geringere Magensäureproduktion auf <strong>der</strong><br />

einen und eine ebenfalls verringerte Gesamtsekretion auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite, deutlich über dem von Erwachsenen (16). Durch Beeinflussung<br />

<strong>der</strong> Ionisation o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Stabilität von Substanzen kann<br />

dadurch die zur Absorption bereitstehende Arzneistoffmenge verän<strong>der</strong>t<br />

werden. So haben säureinstabile Substanzen wie Penicillin G<br />

<strong>bei</strong> Neugeborenen eine höhere Bioverfügbarkeit als <strong>bei</strong> älteren<br />

Säuglingen; schwache Säuren wie Phenobarbital dagegen erfor<strong>der</strong>n<br />

unter Umständen höhere Dosierungen, damit therapeutische Plasmaspiegel<br />

erreicht werden (Abbildung 3). Obwohl bekannt ist, dass<br />

sich die Magenpassagezeiten in <strong>der</strong> ersten Lebenswoche verkürzen<br />

und sich die Darmmotilität im frühen Säuglingsalter steigert, sind<br />

die Konsequenzen für die Absorption bisher kaum systematisch<br />

untersucht worden. Eine relativ zu älteren Kin<strong>der</strong>n verlängerte Zeit<br />

bis zum Erreichen des maximalen Plasmaspiegels ist <strong>bei</strong> Neugeborenen<br />

jedenfalls beobachtet worden; weiterhin gibt es Hinweise darauf,<br />

dass die aktiven und passiven Transportmechanismen erst mit<br />

vier Monaten ausgereift sind (16).<br />

Wie an Untersuchungen <strong>der</strong> Harnsekretion von Digoxin-Metaboliten<br />

gezeigt werden konnte (16), durchläuft auch die Darmflora im Säuglingsalter<br />

eine Entwicklung. Herzwirksame Glykoside gehören, wie<br />

eingangs beschrieben, nach wie vor zur Standardtherapie <strong>bei</strong> Herzinsuffizienz<br />

(3) und werden auf Kin<strong>der</strong>- und Frühgeborenenstationen<br />

häufig eingesetzt. Da diese Pharmaka einem enterohepatischen<br />

Kreislauf unterliegen und ihre therapeutische Breite bekanntermaßen<br />

sehr gering ist, haben Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Mikroflora Relevanz<br />

für die Sicherheit <strong>der</strong> Therapie.<br />

Bei <strong>der</strong> Gabe topisch applizierter Substanzen wie zum Beispiel Corticosteroiden,<br />

Antihistaminika o<strong>der</strong> Antiseptika muss beachtet werden,<br />

dass die Aufnahme von Stoffen über die Haut <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n generell<br />

erhöht ist, also grundsätzlich die Gefahr von Überdosierungen<br />

besteht (16). So ist während <strong>der</strong> gesamten Kindheit die perkutane<br />

Absorption relativ zu Erwachsenen höher, was sich auf eine Verstärkung<br />

einerseits <strong>der</strong> kutanen Perfusion, an<strong>der</strong>erseits <strong>der</strong> Hydratation<br />

<strong>der</strong> Epi<strong>der</strong>mis zurückführen lässt. Bei Frühgeborenen ist die<br />

Absorption noch mehr gesteigert. Grund ist hier vermutlich das<br />

extrem dünne Stratum Corneum. Dazu kommt, dass die relative<br />

systemische Exposition gegenüber topischen Arzneiformen insgesamt<br />

höher liegt, da das Verhältnis von Körperoberfläche zu Körpermasse<br />

<strong>bei</strong> Säuglingen und Kleinkin<strong>der</strong>n deutlich größer ist als<br />

<strong>bei</strong> Erwachsenen (16).<br />

Entwicklungsabhängige <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> in <strong>der</strong> Lungenarchitektur<br />

und <strong>der</strong> ventilatorischen Kapazität verän<strong>der</strong>n die Deposition und<br />

damit die systemische Absorption inhalativ verabreichter Arzneistoffe<br />

(16). Dessen ungeachtet konzentrieren sich die meisten<br />

aktuellen Studien auf technologische Aspekte <strong>der</strong> Arzneiformen statt<br />

auf das altersabhängige Ausmaß <strong>der</strong> pulmonalen Absorption. Die<br />

Therapieverbesserung, die sich aus <strong>der</strong> kontinuierlichen Neuentwicklung<br />

und Optimierung von Inhalatoren ergibt, bleibt da<strong>bei</strong> meist<br />

Erwachsenen o<strong>der</strong> zumindest älteren Kin<strong>der</strong>n vorbehalten.<br />

Verteilung von Arzneistoffen<br />

Die Verteilung von Arzneistoffen wird <strong>bei</strong> Neugeborenen und jüngeren<br />

Säuglingen durch eine insgesamt erhöhte Hydrophilie des Körpers<br />

charakterisiert: Sowohl das Volumen an Extrazellulärwasser als<br />

auch das an Gesamtkörperwasser sind im Vergleich mit Erwachsenen<br />

erhöht, gleiches gilt für den Wasseranteil <strong>der</strong> Fettspeicher. Bei<br />

einer körpergewichtsbasierten Arzneistoffdosierung führt dies zu<br />

erniedrigten Plasmaspiegeln hydrophiler Substanzen (16).<br />

Der Grad <strong>der</strong> Hydrophilie eines Stoffes bestimmt neben <strong>der</strong> Verteilung<br />

in den verschiedenen Kompartimenten des Körpers auch die<br />

Wechselwirkung mit Plasmaproteinen. So enthält das Blut Neuge-


orener und junger Säuglinge weniger Albumin; dies führt zu erhöhten<br />

Konzentrationen von Substanzen mit hoher Eiweißbindung.<br />

Fetales Albumin zeigt eine reduzierte Bindungsaffinität für schwache<br />

Säuren. Hierdurch sowie durch eine erhöhte Konzentration an endogenen<br />

Substanzen wie <strong>bei</strong>spielsweise Bilirubin o<strong>der</strong> freien Fettsäuren,<br />

die mit Arzneistoffen um Bindungsstellen an Plasmaeiweißen<br />

konkurrieren können, wird die Plasmakonzentration dieser<br />

Pharmaka weiter erhöht (16).<br />

Metabolisierung von Arzneistoffen über die Leber<br />

Mit dem Reifegrad <strong>der</strong> Leber verän<strong>der</strong>t sich auch die Aktivität <strong>der</strong><br />

Leberenzyme und über diese die Metabolisierung und Ausscheidung<br />

vieler Arzneistoffe. Diese Entwicklungen können von den einzelnen<br />

Enzymen zeitlich stark versetzt durchlaufen werden, was zu einer<br />

großen Komplexität <strong>der</strong> Reifungsvorgänge führt (16). Beson<strong>der</strong>s<br />

deutlich wird diese Vielfalt des Stoffwechsels an <strong>der</strong> entwicklungsabhängigen<br />

Aktivität <strong>der</strong> arzneistoffabbauenden Cytochrom P450-<br />

Enzyme (CYP 450). Das Isoenzym Cytochrom P450 3A7 (CYP3A7)<br />

kommt vorwiegend in <strong>der</strong> Leber des Fötus vor, doch fällt seine Aktivität<br />

kurz nach <strong>der</strong> Geburt steil ab und erreicht binnen weniger Tage<br />

Werte unterhalb <strong>der</strong> Nachweisgrenze. Im Gegensatz dazu werden die<br />

Isoenzyme CYP 2E1, 2D6, 2C9 und 2C19 innerhalb <strong>der</strong> ersten Stunden<br />

nach <strong>der</strong> Geburt aktiviert. Bei CYP 1A2 dauert es bis zu drei<br />

Monate, bis die volle Aktivität erreicht ist (Abbildung 4).<br />

Diese Entwicklung <strong>der</strong> Enzyme spiegelt sich unmittelbar in <strong>der</strong> Ausscheidungsgeschwindigkeit<br />

von Arzneistoffen wi<strong>der</strong>. Die Clearance,<br />

also das Plasmavolumen, das pro Zeiteinheit von <strong>der</strong> betreffenden<br />

Substanz befreit wird, stellt damit einen stark entwicklungsabhängigen<br />

Parameter dar. So ist die Plasmaclearance von intravenös<br />

appliziertem Midazolam, einem kurzwirksamen Benzodiazepin, das<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Prämedikation von Operationen eingesetzt wird, primär<br />

eine Funktion <strong>der</strong> hepatischen CYP 3A4- und CYP 3A5-Aktivität.<br />

Sie erhöht sich während <strong>der</strong> ersten drei Lebensmonate von 1.2 auf<br />

9 ml pro Minute pro kg Körpergewicht.<br />

Ein weiteres Beispiel bilden die Enzyme CYP 2C9 und CYP 2C19, die<br />

für die Biotransformation des Antiepileptikums Phenytoin verantwortlich<br />

sind. Die Halbwertzeit von Phenytoin ist <strong>bei</strong> Frühgeborenen<br />

um den Faktor zehn höher als <strong>bei</strong> Neugeborenen. Beträgt sie <strong>bei</strong>m<br />

Frühgeborenen noch etwa 75 Stunden, vermin<strong>der</strong>t sie sich auf etwa<br />

Copyright: T. Junker<br />

Abbildung 3: Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> gastrointestinalen Funktionen von <strong>der</strong> Geburt bis zum Erwachsenenalter (16)<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

20 Stunden im reifen Neugeborenen und sinkt dann während <strong>der</strong><br />

ersten Lebenswoche auf etwa 8 Stunden ab. Die maximale<br />

Geschwindigkeit <strong>der</strong> die CYP 2C9-Aktivität wi<strong>der</strong>spiegelnden Phenytoinmetabolisierung<br />

vermin<strong>der</strong>t sich von durchschnittlich 14 mg pro<br />

Tag pro kg Körpergewicht <strong>bei</strong> Säuglingen auf bis zu 8 mg pro Tag<br />

<strong>bei</strong> jungen Erwachsenen. Diese bedeutsamen Unterschiede müssen<br />

sich für eine erfolgreiche Therapie in den täglichen Dosierungsregimen<br />

wi<strong>der</strong>spiegeln (16).<br />

Auch Carvedilol, ein Betarezeptorblocker mit vasodilatierenden<br />

Eigenschaften, wird über verschiedene CYP-Enzyme verstoffwechselt<br />

(17). Er wird <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n zur Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt,<br />

wie sie in Folge angeborener Herzfehler auftreten kann. Das<br />

Wissen um eine <strong>bei</strong> Säuglingen gegenüber Erwachsenen höhere<br />

Copyright: T. Junker<br />

Abbildung 4: Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Aktivität von CYP-Enzymen in<br />

Abhängigkeit vom Lebensalter, dargestellt als Vielfaches <strong>der</strong><br />

Normwerte für Erwachsene (16).<br />

171


172<br />

PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />

Clearance hat da<strong>bei</strong> große praktische Relevanz für die Therapie, da<br />

hier nur Erfolge erzielt werden können, wenn eine ausreichend hohe<br />

Dosierung gewählt wird (18).<br />

Elimination von Arzneistoffen über die Niere<br />

Die Nierenfunktion übt einen wesentlichen Einfluss auf Arzneistoffe<br />

mit vorwiegend renaler Ausscheidung aus. Deshalb ist es von großer<br />

Bedeutung, dass es sich <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Reifung <strong>der</strong> Niere um einen<br />

dynamischen Prozess handelt, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> Geburt nicht abgeschlossen<br />

ist, son<strong>der</strong>n von da an noch mehrere Monate andauert. Die<br />

Nephrogenese selbst erstreckt sich von <strong>der</strong> neunten bis zur 36.<br />

Gestationswoche; nach <strong>der</strong> Geburt verän<strong>der</strong>t sich insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

renale Blutfluss. Die Filtrationsrate erhöht sich in den ersten zwei<br />

Wochen sehr schnell und steigt bis zum Lebensalter von 8 bis 12<br />

Monaten stetig an. In ähnlicher Weise ist auch die tubuläre Sekretion<br />

unmittelbar nach <strong>der</strong> Geburt noch unreif und entwickelt sich<br />

innerhalb des ersten Lebensjahres vollständig. Auch diese entwicklungsabhängigen<br />

Parameter nehmen zwangsläufig großen Einfluss<br />

auf die Clearance eines Arzneistoffes.<br />

Die Auswirkungen <strong>der</strong> Korrelation von renaler Filtrationsrate und<br />

Clearance zeigt sich in dem beson<strong>der</strong>en Dosierungsschema des Aminoglykosids<br />

Tobramycin für Frühgeburten: Während das Antibiotikum<br />

<strong>bei</strong> Neugeboren täglich appliziert wird, darf die Gabe <strong>bei</strong> Frühgeborenen<br />

nur alle zwei Tage erfolgen, da es ansonsten durch die<br />

altersbedingt beschränkte renale Elimination zu Überdosierungen<br />

kommt. Durch die geringe therapeutische Breite und die vergleichsweise<br />

hohe Toxizität <strong>der</strong> Aminoglykosidantibiotika besteht die<br />

Gefahr irreversibler Nierenschäden und Hörverluste.<br />

Ein weiteres Beispiel stellt Sotalol dar, <strong>der</strong> als Betarezeptorblocker<br />

und Klasse-III-Antiarrhythmikum zur Therapie supraventrikulärer<br />

Herzrhythmusstörungen <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n eingesetzt wird (19). Bei Säuglingen<br />

gilt die <strong>Pharmakotherapie</strong> als Therapie erster Wahl, da hier<br />

Katheterablationen aufgrund <strong>der</strong> kleinen anatomischen Strukturen<br />

nicht sicher durchführbar sind. Auch Sotalol wird vorwiegend über<br />

die Niere ausgeschieden, und zwar von Neugeborenen aufgrund <strong>der</strong><br />

unreifen Nierenleistung langsamer als von Erwachsenen. Bei körpergewichtsbezogener<br />

Dosierung linear zur <strong>der</strong> von Erwachsenen<br />

entstehen <strong>bei</strong> Säuglingen etwa dreifach höhere Plasmakonzentrationen<br />

(20). Wird die Dosierung <strong>bei</strong> Neugeborenen daher nicht entsprechend<br />

niedriger gewählt, kann als unerwünschte Wirkung eine<br />

übermäßige Verlängerung <strong>der</strong> QT-Zeit im Oberflächen-Elektrokardiogramm<br />

auftreten und es besteht ein erhöhtes Risiko für lebensbedrohliche<br />

Torsade-de-pointes-Arrhythmien (19, 21).<br />

Problematik des Zulassungsmangels<br />

Die hier dargestellten <strong>Beson<strong>der</strong>heiten</strong> <strong>der</strong> Aufnahme, Verteilung,<br />

Verstoffwechslung und Ausscheidung von Arzneistoffen <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n<br />

zeigen, wie wichtig es ist, klinische Studien nicht nur für Erwachsene<br />

durchzuführen. Da<strong>bei</strong> ist eine Zweiteilung des Patientenkollektives<br />

in Volljährige und Nichtvolljährige <strong>bei</strong> weitem nicht ausreichend;<br />

so werden gemäß <strong>der</strong> Einteilung <strong>der</strong> International Conference on<br />

Harmonisation (ICH) fünf verschiedene Altersklassen unterschieden,<br />

um den verschiedenen Entwicklungsstadien gerecht zu werden<br />

(Tabelle 2). Denn Prozesse wie die oben genannten Metabolisierungen<br />

verlaufen we<strong>der</strong> linear noch korrelieren sie untereinan<strong>der</strong>;<br />

Häufigkeit <strong>der</strong><br />

Verordnung (Rang)<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

Marburg, D<br />

Arzneimittel Anteil Off-label [%]<br />

Budesonid 83<br />

Salbutamol 47<br />

Xylometazolin 53<br />

Paracetamol 35<br />

Chloralhydrat 100<br />

zusätzlich unterliegen sie starken interindividuellen Schwankungen.<br />

Bei jüngeren Kin<strong>der</strong>n überlagern sich diese Effekte am stärksten. Mit<br />

an<strong>der</strong>en Worten: Je kleiner das Kind, desto schlechter die Datenlage<br />

und desto schwieriger und risikoreicher die Therapie.<br />

So sind selbst solche Arzneimittel, die eine Zulassung „für Kin<strong>der</strong>“<br />

besitzen, <strong>bei</strong> näherem Hinsehen oft nur für Patienten ab dem Kleinkind-<br />

o<strong>der</strong> gar Grundschulalter geeignet. Für Säuglinge, noch stärker<br />

für Neugeborene und in beson<strong>der</strong>em Ausmaß für Frühgeborene<br />

bleibt meist nur <strong>der</strong> so genannte „Off-label-use“, das heißt <strong>der</strong> Einsatz<br />

ohne Zulassung. Während er <strong>bei</strong> von Kin<strong>der</strong>ärzten ambulant<br />

verschriebenen Arzneimitteln rund 13% ausmacht (22), liegt <strong>der</strong><br />

Anteil im stationären Bereich <strong>bei</strong> zwei Dritteln (23). Auf Neugeborenen-Intensivstationen<br />

erhalten etwa 90% <strong>der</strong> Babys eine für ihre<br />

Therapie nicht zugelassene Medikation (24) (Tabelle 3). Hier<strong>bei</strong><br />

obliegt es dem Arzt, meist auf Grundlage mehr o<strong>der</strong> weniger spärlicher<br />

Erfahrungswerte das richtige Dosierungsschema zu finden.<br />

Dies bedeutet eine dramatische Erhöhung zum einen <strong>der</strong> Gefahr von<br />

Intoxikationen durch Überdosierung, zum an<strong>der</strong>en <strong>der</strong> Gefahr von<br />

wirkungslos verlaufenden Behandlungen im subtherapeutischen<br />

Bereich, durch welche unter Umständen kostbare Therapiezeit verloren<br />

geht, o<strong>der</strong>, wie im oben genannten Beispiel <strong>der</strong> Antibiotika,<br />

auch das Risiko <strong>der</strong> Resistenzentwicklung erhöht wird.<br />

Kategorie Alter<br />

Frühgeborene < 36 SSW, 0 – 27 Tage<br />

Neugeborene 0 – 27 Tage<br />

Säuglinge/Kleinkin<strong>der</strong> 28 Tage – 23 Monate<br />

Kin<strong>der</strong> 2 – 11 Jahre<br />

Jugendliche 12 – 17 Jahre<br />

Tabelle 2: Altersklassifikation nach <strong>der</strong><br />

International Conference on Harmonisation (ICH)<br />

Die Erfahrungen, die <strong>der</strong> therapierende Arzt im Off-label-use sammelt,<br />

verbleiben meist <strong>bei</strong> ihm o<strong>der</strong> <strong>der</strong> entsprechenden Krankenhausstation<br />

und können somit we<strong>der</strong> zentral gesammelt noch systematisch<br />

ausgewertet werden. Auf diese Weise können vorhandene<br />

Wissensbruchstücke nicht zusammengefügt und zum Nutzen an<strong>der</strong>er<br />

Patienten veröffentlicht werden. Es kommt dazu, dass an verschiedenen<br />

Orten die gleichen Ansätze immer wie<strong>der</strong> „neu ausprobiert“<br />

werden – mit allen genannten potentiellen Gefahren.<br />

Neue gesetzliche Bedingungen<br />

Die Sensibilität für diese Problematik hat in den letzten Jahren in<br />

Fachkreisen und Öffentlichkeit stark zugenommen. Dem haben die<br />

<strong>bei</strong>den führenden Arzneimittelzulassungsbehörden, zuerst die Food<br />

and Drug Administration (FDA) <strong>der</strong> USA und dann die European<br />

Agency for the Evaluation of Medicinal Products (EMEA) Rechnung<br />

getragen, indem sie einen Richtungswechsel in <strong>der</strong> Gesetzgebung<br />

eingeschlagen haben. Dieser führt die Arzneimitteltherapie für Kin<strong>der</strong><br />

aus <strong>der</strong> oben skizzierten Grauzone des Off-label-use, indem<br />

Anreize geschaffen werden, Arzneimittelstudien im Kindesalter im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Gesetzgebung durchzuführen. So können durch die<br />

Neuerungen seit Inkrafttreten <strong>der</strong> 12. Novelle des Arzneimittelgesetzes<br />

Studien an pädiatrischen Patienten erstmals auch dann durchgeführt<br />

werden, wenn kein direkter Nutzen für den individuellen<br />

Rotterdam, NL<br />

Arzneimittel Anteil Off-label [%]<br />

Heparin 100<br />

Pancreatin 100<br />

Spironolacton 100<br />

Furosemid 89<br />

Tobramycin 94<br />

Derby, UK<br />

Arzneimittel Anteil Off-label [%]<br />

Cyclizin 90<br />

Salbutamol 64<br />

Morphin 79<br />

Ipratropium 100<br />

Diazepam 100<br />

Tab. 3: Prozentualer Anteil des Off-Label-Einsatzes an den jeweils fünf häufigsten Verordnungen in drei europäischen Kin<strong>der</strong>kliniken.<br />

Über einen Zeitraum von vier Wochen wurde die Medikation <strong>der</strong> Patienten im Alter von vier Tagen bis 16 Jahren erfasst (23).


Patienten, wohl aber für das Patientenkollektiv erwartet wird (26).<br />

Die eingangs vorgestellte Verordnung <strong>der</strong> Europäischen Kommission<br />

hat bereits die Zustimmung des Europäischen Rates erhalten, so<br />

dass mit ihrem Inkrafttreten 2007 zu rechnen ist. Sie macht die Vorlage<br />

von Daten aus pädiatrischen Studien zur Zulassungsvoraussetzung<br />

(1). Bei Präparaten, die aufgrund ihrer langen Entwicklungszeit<br />

eine Verlängerung des Patentschutzes erhalten haben, kann dieses<br />

Schutzzertifikat als Ausgleich für den Mehraufwand <strong>der</strong> pädiatrischen<br />

Untersuchungen um weitere sechs Monate verlängert werden.<br />

Der beson<strong>der</strong>e finanzielle Reiz besteht darin, dass eine solche Verlängerung<br />

nicht nur für die neue, son<strong>der</strong>n für alle Indikationen des<br />

betreffenden Arzneimittels gilt und auch gewährt wird, falls die<br />

Zulassungserweiterung auf Grund negativer Studienergebnisse nicht<br />

zustande kommt. Im Fall <strong>der</strong> Generika fällt die Erteilung einer neuen<br />

Kin<strong>der</strong>zulassung unter die Regelung <strong>der</strong> Paediatric Use Marketing<br />

Authorisation (PUMA). Hier verhin<strong>der</strong>t ein zehnjähriger „Unterlagenschutz“,<br />

dass Mitbewerber die Studienergebnisse verwenden und<br />

eine identische Zulassung beantragen können. Bei Wirkstoffen<br />

gegen extrem seltene Erkrankungen, so genannten „Orphan drugs“,<br />

ist sogar eine Marktexklusivität von zehn Jahren möglich (1,2).<br />

Wie erfolgversprechend dieses Konzept tatsächlich ist, zeigen Erfahrungen<br />

aus den USA. Mit dem Food and Drug Administration Mo<strong>der</strong>nization<br />

Act wurde dort 1997 ein Gesetz verabschiedet, das gemeinsam<br />

mit dem Best Pharmaceuticals for Children Act aus dem Jahr<br />

2002 ein Belohnungssystem für die Durchführung spezieller pädiatrischer<br />

Untersuchungen festlegt. Die Folge war ein sprunghafter<br />

Anstieg <strong>der</strong> Zahl an Kin<strong>der</strong>studien: Während in den sieben Jahren<br />

vor <strong>der</strong> Gesetzesän<strong>der</strong>ung nur elf solcher Studien durchgeführt worden<br />

waren, erhöhte sich die Zahl in den darauffolgenden Jahren auf<br />

über 250. Interessanterweise führten die Untersuchungen in etwa<br />

40% <strong>der</strong> Fälle zu einer Verweigerung <strong>der</strong> Zulassung (25). Lag dies<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

in einem Teil <strong>der</strong> Fälle an einem Mangel an aussagekräftigen Daten,<br />

so zeigte <strong>der</strong> Teil, <strong>der</strong> mit ausreichenden Daten unterfüttert war,<br />

dass die Unterschiede <strong>der</strong> Arzneimittelwirkungen zwischen Kin<strong>der</strong>n<br />

und Erwachsenen noch um einiges größer waren als erwartet. So<br />

konnte für einige Präparate, obwohl sie zum Teil seit langer Zeit „offlabel“<br />

eingesetzt wurden, die Wirksamkeit für bestimmte Altersgruppen<br />

nicht nachgewiesen werden, o<strong>der</strong> es überwog <strong>der</strong> Anteil<br />

unerwünschter Arzneimittelwirkungen. Für an<strong>der</strong>e Präparate wurde<br />

belegt, dass je nach Alter unter Umständen enorme Abweichungen<br />

von <strong>der</strong> körpergewichtsadaptierten Dosierung nötig sind (25).<br />

Ein Beispiel, in dem die Durchführung einer solchen Studie in den<br />

USA zur Rücknahme einer bestehenden Zulassung führte, bildet<br />

Betamethason. Es wurden mehrere Formulierungen zur topischen<br />

Anwendung für unterschiedliche Indikationen untersucht. Je nach<br />

Präparat entwickelten 23 bis 73% aller pädiatrischen Patienten eine<br />

Nebennierenrindenatrophie, weshalb die Zulassung für Kin<strong>der</strong> unter<br />

zwölf Jahren nicht erteilt bzw. sogar eine bestehende Zulassung eingeschränkt<br />

wurde und nun nur noch die Anwendung <strong>bei</strong> Erwachsenen<br />

umfasst (25). Wie oben beschrieben, ist die perkutane Absorption<br />

während <strong>der</strong> Kindheit relativ erhöht, so dass ein beson<strong>der</strong>es<br />

Risiko unerwünschter Wirkungen durch unerwartet hohe Exposition<br />

besteht.<br />

Parallel zu dieser Entwicklung im Bereich <strong>der</strong> gesetzlichen Neuerungen<br />

sind in den letzten Jahren in den klinisch-pharmakologischen<br />

Forschungsgebieten neue Techniken wie pharmakokinetisch-pharmakodynamisches<br />

Modelling, Populationspharmakokinetik und klinische<br />

Studiensimulation entwickelt worden. Diese Techniken eröffnen<br />

die Möglichkeit, den Informationsgewinn einer klinischen Studie<br />

zu steigern. Sie tragen, neben den traditionellen Konzepten <strong>der</strong><br />

Arzneimittelentwicklung, dazu <strong>bei</strong>, schneller effektivere und sicherere<br />

Arzneimitteltherapien zu entwickeln.<br />

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174<br />

PHARMAZEUTISCHE WISSENSCHAFT<br />

Ausblick<br />

Vor diesem Hintergrund <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Studienkonzepte und <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten<br />

Gesetzeslage wird es zukünftig verstärkte Bemühungen um<br />

Zulassungen für Kin<strong>der</strong> geben. Der dazu nötige Bewußtseinswandel<br />

auf diesem Gebiet hat bereits stattgefunden, und mit Hilfe <strong>der</strong> finanziellen<br />

Anreize, die die neue EU-Verordnung festlegt, wird es in<br />

absehbarer Zeit eine deutliche Verbesserung <strong>der</strong> bis jetzt rückständigen<br />

Arzneimittelversorgung von Kin<strong>der</strong>n geben. Klinische Studien<br />

in <strong>der</strong> Pädiatrie werden da<strong>bei</strong> auf dem Weg zu dem Ziel, die mo<strong>der</strong>ne<br />

<strong>Pharmakotherapie</strong> auch für Kin<strong>der</strong> verfügbar zu machen, weiter<br />

an Bedeutung gewinnen.<br />

Literatur<br />

(1) Europäische Kommission, „Original Proposal COM(2004) 599“,<br />

http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/site/de/com/2004/com2004_ 0599de01.pdf.<br />

(2) Europäische Kommission, „Modified Proposal COM(2005) 577“, http://europa.eu.int/eur-lex/lex/LexUriServ/site/de/com/2005/com2005_<br />

0577de01.pdf.<br />

(3) Leitlinie <strong>der</strong> Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie: „Chronische<br />

Herzinsuffizienz im Kindesalter“, AWMF-Leitlinien-Re-gister 023/006 (2005).<br />

(4) Hoppe, U. C., Deutsche Gesellschaft für Kardiologie, „Leitlinien zur Therapie <strong>der</strong><br />

chronischen Herzinsuffizienz“ (2004).<br />

(5) Fachinformation Captopril STADA, Dezember 2004.<br />

(6) Buchhorn R., Hulpke-Wette M., Hilgers R., Bartmus D., Wessel A. und Bursch J.,<br />

„Propranolol treatment of congestive heart failure in infants with congenital heart<br />

disease: The CHF-PRO-INFANT Trial. Congestive heart failure in infants treated with<br />

propanol.“, International Journal of Cardiology 79 (2001), 167-173.<br />

(7) Fachinformation Lasix ® Liquidum, März 2005.<br />

(8) Fachinformation Lenoxin ® Liquidum, September 2005.<br />

(9) Rote Liste ® , Editio Cantor Verlag für Medizin und Naturwissenschaften GmbH<br />

(2005), Aulendorf.<br />

(10) Scholz H. und Vogel F., „Rationaler Einsatz oraler Antibiotika <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen, Empfehlungen einer Expertenkommission <strong>der</strong> Paul-Ehrlich-Gesellschaft<br />

für Chemotherapie e.V.“, Chemotherapie Journal 11 (2002), 59-70.<br />

(11) Scholz H., „Parenterale Antibiotika <strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, Empfehlungen<br />

einer Expertenkommission <strong>der</strong> Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie<br />

e.V.“, Chemotherapie Journal 13 (2004), 115-133.<br />

(12) Bundesministerium für Gesundheit, „Statistisches Taschenbuch, Gesundheit<br />

2005“, Referat Öffentlichkeitsar<strong>bei</strong>t, 11055 Berlin (2005), 20, 85.<br />

(13) Sutherland, J. M., „Fatal cardiovascular collapse of infants receiving large<br />

amounts of chloramphenicol“, A.M.A. Journal of Diseases of Children 97 (1959),<br />

761-767.<br />

(14) Burns, L. E., Hodgman, J. E. und Cass, A. B., „Fatal circulatory collapse in premature<br />

infants receiving chloramphenicol“, New England Journal of Medicine 261<br />

(1959), 1318-1321.<br />

(15) Weiss, C. F., Glatzko, A. J. und Weston, J. K., „Chloramphenicol in the newborn<br />

infant. A physiologic explanation of its toxicity when given in excessive doses“,<br />

New England Journal of Medicine 262 (1960), 787-794.<br />

(16) Kearns, G. L., Abdel-Rahman, S. M., Alan<strong>der</strong>, S. W., Blowey, D. L., et al. „Developmental<br />

Pharmacology - Drug Disposition, Action and Therapy in Infants and Children“,<br />

The New England Journal of Medicine 349 (2003), 1157-1167.<br />

(17) Oldham, H. G., Clark, S. E., „In vitro identification of the human cytochrome<br />

P450 enzymes involved in the metabolism of R(+)- and S(-)-carvedilol“, Drug Metabolism<br />

and Disposition 25 (1997), 970-977.<br />

(18) Läer, S., Mir, T. S., Behn, F., Eiselt, M., Scholz, H., Venzke, A., Meibohm, B. und<br />

Weil, J., „Carvedilol therapy in pediatric patients with congestive heart failure: a<br />

study investigating clinical and pharmacokinetic parameters“, American Heart Journal<br />

143 (2002), 916-922.<br />

(19) Läer, S., Elshoff, J.-P., Meibohm, B., Weil, J., Mir, T. S., Zhang, W., Hulpke-Wette,<br />

M., „Development of a safe and effective pediatric dosing regimen for sotalol<br />

based on population pharmacokinetics and pharmacodynamics in children with<br />

supraventricular tachycardia“, Journal of the American College of Cardiology 46<br />

(2005), 1322-1330.<br />

(20) Läer, S., Wauer, I., Behn, F., Scholz, H., Mir, T. S., Weil, J., Meibohm, B. und<br />

Hulpke-Wette, M., „Pharmacokinetics of sotalol in different age groups of children<br />

with tachycardia“, Journal of Pediatric Pharmacology and Therapeutics 6 (2001),<br />

50-59.<br />

(21) Saul, J. P., Ross, B., Schaffer, M. S., Beermann, L., Melikian, A. P., Shi, J., Williams,<br />

J., Barbey, J. T., Jin, J., Hin<strong>der</strong>ling, P. H. und die Pediatric Sotalol Investigators.<br />

„Pharmacokinetics and pharmacodynamics of sotalol in a pediatric population<br />

with supraventricular and ventricular tachyarrhythmia“, Clinical Pharmacology<br />

and Therapeutics 69 (2001), 145-157.<br />

(22) Bücheler R., Schwab M., Mörike K., Kalchthaler B., Mohr H., Schrö<strong>der</strong> H.,<br />

Schwoerer P., Gleiter C. H., „Off label prescribing to children in primary care in Germany:<br />

retrospective cohort study“, British Medical Journal 324 (2002), 1311-1312.<br />

(23) Conroy, S., Choonara, I., Impicciatore, P., Mohn, A., Arnell, H., Rane, A., Knoeppel,<br />

C., Seyberth, H., Pandolfini, C., Raffaelli, M. P., Rocchi, F., Bonati, M.,und J. van<br />

den Anker, „Survey of unlicensed and off label drug use in paediatric wards in European<br />

countries. European Network for Drug Investigation in Children“, British Medical<br />

Journal 320 (2000), 79-82.<br />

(24) Conroy S., McIntyre J., Choonara I., „Unlicensed and off label drug use in neonates“,<br />

Archives of Disease in Childhood, Fetal and Neonatal Edition 80 (1999),<br />

142-145.<br />

(25) U.S. Food and Drug Administration, „CDA Joins Children’s Health Groups to<br />

Mark Historic Milestone for Pediatric Use“, FDA News (2005), 5-105,<br />

www.fda.gov/bbs/topics/NEWS/2005/NEW01280.html.<br />

(26) Bundesgesetzblatt I, „12. Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Arzneimittelgesetzes vom<br />

30.Juli 2004“, BGBl I, 2031.<br />

Korrespondenz<br />

Prof. Dr. med. Stephanie Läer<br />

Klinische Pharmazie und <strong>Pharmakotherapie</strong>,<br />

Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf, Universitätsstraße 1,<br />

40225 Düsseldorf, Tel. 0211 81 13664, FAX 0211 81 10741,<br />

E-Mail: stephanie.laeer@uni-duesseldorf.de<br />

Die Autorinnen<br />

Anne-Kristina Frobel<br />

wurde 1980 in Cambridge geboren. Nach ihrem Schulabschluss<br />

im Jahr 2000 in Wuppertal begann sie in Düsseldorf ihr Pharmaziestudium,<br />

das sie 2004 abschloß. Das Praktische Jahr<br />

absolvierte sie in Leicester (UK) an <strong>der</strong> Universität und in einer<br />

öffentlichen Apotheke. Seit Januar 2006 ar<strong>bei</strong>tet sie an <strong>der</strong> Universität<br />

Düsseldorf unter <strong>der</strong> Leitung von Frau Prof. Dr. med S.<br />

Läer an ihrer Dissertation im Fach Klinische Pharmazie und<br />

<strong>Pharmakotherapie</strong>.<br />

Univ.-Prof. Dr. med.<br />

Stephanie Läer<br />

Stephanie Läer studierte Pharmazie und Medizin an den Universitäten<br />

Braunschweig und Göttingen (1983 bis 1992). Sie<br />

erhielt die Approbation als Apothekerin 1988 und die als Ärztin<br />

1994. Im gleichen Jahr promovierte sie an <strong>der</strong> Universität<br />

Göttingen. Als wissenschaftliche Mitar<strong>bei</strong>terin im Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf erwarb sie 2000 den Facharzt für<br />

Experimentelle Pharmakologie und Toxikologie und 2002 den<br />

Facharzt für Klinische Pharmakologie. Im Jahr 2001 habilitierte<br />

sie mit dem Thema: Untersuchungen zur Therapie von Herzrhythmusstörungen<br />

und Herzinsuffizienz mit Betarezeptorblockern<br />

<strong>bei</strong> Kin<strong>der</strong>n. Nach einem Auslandsaufenthalt im Rahmen<br />

ihres Heisenberg-Stipendiums 2003 und 2004 in den USA<br />

erhielt sie einen Ruf an die Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf<br />

für das Fach Klinische Pharmazie. Zu ihren Aufgaben gehören<br />

<strong>der</strong> Aufbau dieses Lehrgebietes und die Ausgestaltung des<br />

Prüfungsfaches an <strong>der</strong> Heinrich-Heine-Universität. Ihre Forschungstätigkeit<br />

besteht u.a. in <strong>der</strong> Optimierung <strong>der</strong> Arzneimitteltherapie<br />

für Kin<strong>der</strong>. Sie untersucht da<strong>bei</strong> den Verlauf <strong>der</strong><br />

Arzneimittelwirkung, die Arzneimittelkonzentration sowie die<br />

genetische Disposition für den Arzneimittelstoffwechsel und<br />

nutzt diese Untersuchungen für Simulationen von klinischen<br />

Studien. Für ihre Forschungsar<strong>bei</strong>ten wurde sie u.a. mit dem<br />

Preis <strong>der</strong> Dr. Martini Stiftung und dem Preis des Bundesverbandes<br />

Herzkranke Kin<strong>der</strong> ausgezeichnet. Ihre bisherigen Forschungstätigkeiten<br />

wurden u. a. von <strong>der</strong> Deutschen Herzstiftung,<br />

<strong>der</strong> Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem<br />

Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft unterstützt.


02 08 / 6 20 57 41<br />

Zertifizierte Fortbildung<br />

Fortbildungs-Fragebogen 7-8/2006<br />

Hier finden Sie 8 Fortbildungsfragen zum Hauptartikel. Bei Beantwortung und Faxantwort erhalten Sie einen Fortbildungspunkt auf dem Postweg.<br />

Sie erhalten den Fortbildungspunkt für die Kategorie „Bear<strong>bei</strong>ten von Lektionen“ (rezertifiziert durch die Bundesapothekerkammer, Veranstaltungs-<br />

Nr.: BAK 2006/36). Es ist pro Aufgabe nur eine Antwort richtig. Die Lösungen werden Ihnen zusammen mit dem Fortbildungspunkt mitgeteilt.<br />

Bitte tragen Sie unbedingt Ihre Postanschrift und Ihre Telefon-Nummer (für evtl. Rückfragen) in das Faxformblatt ein!<br />

Die Faxnummer lautet: 02 08 / 6 20 57 41.<br />

1. Die Pharmakokinetik beschreibt<br />

A)� den Verlauf von Laborparametern über die Zeit.<br />

B)� den Verlauf von erwünschten Arzneimittelwirkungen über die Zeit.<br />

C) � den Verlauf von Arzneistoffkonzentrationen über die Zeit.<br />

D)� den Verlauf von unerwünschten Arzneimittelwirkungen<br />

über die Zeit.<br />

2. Die Pharmakodynamik beschreibt<br />

A)� die Wirkung eines Arzneistoffs in Abhängigkeit von seiner<br />

Konzentration.<br />

B)� die Konzentration eines Wirkstoffs in Abhängigkeit von <strong>der</strong> Zeit.<br />

C) � die Energie eines Arzneistoffs in seiner Arzneiform.<br />

D)� die Energie eines Arzneistoffs nach seiner Auflösung.<br />

3. Die Nierenfunktion eines Organismus<br />

A)� bleibt während des gesamten Lebens unverän<strong>der</strong>t.<br />

B)� wird nur durch Erkrankungen beeinflusst.<br />

C) � entwickelt sich auch noch nach <strong>der</strong> Geburt.<br />

D)� zeigt nur <strong>bei</strong>m alten Menschen eine Einschränkung.<br />

4. Arzneistoffe, die rein renal ausgeschieden werden,<br />

sollten für Neugeborene<br />

A)� in <strong>der</strong> Dosis nicht angepasst werden.<br />

B)� in <strong>der</strong> Dosis entsprechend <strong>der</strong> Nierenfunktion angepasst werden.<br />

C) � gar nicht eingesetzt werden.<br />

D)� nur nach Rücksprache mit einem Spezialisten für<br />

pädiatrische <strong>Pharmakotherapie</strong> eingesetzt werden.<br />

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5. Die Leber<br />

A)� zeigt unmittelbar nach Geburt mit all ihren Enzymsystemen<br />

ihre volle Funktion.<br />

B)� zeigt 1 Monat nach <strong>der</strong> Geburt mit all ihren Enzymsystemen<br />

ihre volle Funktion.<br />

C) � zeigt 2 Monate nach <strong>der</strong> Geburt mit all ihren Enzymsystemen<br />

ihre volle Funktion.<br />

D)� zeigt keine gleichzeitige Entwicklung aller ihrer Enzymsysteme<br />

nach <strong>der</strong> Geburt.<br />

6. Die Körpergewichtsbezogene Dosierung <strong>bei</strong> Säuglingen<br />

A)� ist immer kleiner als <strong>bei</strong> Jugendlichen.<br />

B)� kann auch größer sein als <strong>bei</strong> Jugendlichen.<br />

C) � ist immer gleich hoch im Vergleich zu Jugendlichen.<br />

D)� ist immer kleiner als <strong>bei</strong> Neugeborenen.<br />

7. Das Cytochrom P450 3A7 Isoenzym<br />

A)� ist das wichtigste Arzneimittel abbauende Enzym im<br />

erwachsenen Organismus.<br />

B)� kommt vorwiegend in <strong>der</strong> Leber des Fötus vor.<br />

C) � gehört zum Phase-II-Stoffwechsel des Organismus.<br />

D)� hat im Menschen keine Bedeutung.<br />

8. Die Pharmakodynamik eines Arzneistoffs<br />

A)� ist von den Entwicklungsvorgängen des Organismus<br />

nicht beeinflusst.<br />

B)� unterliegt ebenso wie die Pharmakokinetik altersabhängigen<br />

Entwicklungsprozessen.<br />

C) � ist vielfach schon in <strong>der</strong> Literatur beschrieben.<br />

D)� bezieht sich nur auf unwichtige Arzneistoffwirkungen.<br />

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