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Albmagazin - Ausgabe Heidengraben 2/2015

Regionales Albmagazin auf der Schwäbischen Alb für die Region Heidengraben, Grabenstetten, Hülben, Erkenbrechtsweiler, Hochwang und Böhringen

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Burgruine Sperberseck<br />

Alb-Magazin <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2015</strong><br />

Die Ruine Sperberseck, ihre Bewohner und ihr Brunnen<br />

Als führe er geradewegs in den blauen Himmel hinein, so sieht aus der Ferne der kleine Teerweg aus, der von Böhringen her,<br />

vorbei an saftigen Wiesen und Pferdekoppeln, in Richtung der Ruine Sperberseck führt. Violette Lichtnelken, sattgelbe Löwenzahnblüten,<br />

Wiesenschaumkraut und Schafgarbe begleiten im Frühsommer den Spaziergänger auf seinem leicht bergauf<br />

führenden Weg waldwärts und geben der Seele Nahrung mit auf den Weg. Nach gut 15 Minuten Gehzeit trifft er am Waldrand<br />

auf ein Schild mit der Aufschrift „Burgbrunnen“, das ihn rechts vom Weg abzweigen heißt. Folgt er den Weisungen des<br />

Schilds, so steht er nach wenigen Schritten schon an einem Platz, wie er verwunschener und romantischer kaum sein könnte.<br />

Die Ruine Sperberseck mit Ihrer hohen Schildmauer<br />

Glasklar steht da das Wasser in der in Form<br />

eines Kellergewölbes aus Quadersteinen<br />

gemauerten Brunnenstube, von wo aus es<br />

in ein gemauertes Becken und später in einer<br />

moosbewachsenen steinernen Rinne in<br />

den Wald fließt, ehe sich schließlich seine<br />

Spur zwischen den bodendeckenden Pflanzen<br />

und Brennnesseln verliert. Eine kleine<br />

Sitzgruppe aus grob behauenen Baumstämmen<br />

– moosüberzogen auch sie – lädt zum<br />

Verweilen und Träumen ein. Fast sehen sie<br />

aus, als stammten sie selbst noch aus der<br />

Zeit der Burgherren, die aus diesem Brunnen<br />

im Hochmittelalter in regenarmen Zeiten ihr<br />

Wasser gewannen. Nichts außer dem unaufdringlichen,<br />

luftig klingenden Zwitschern und<br />

Tirillieren der Vögel ist hier an Werktagen zu<br />

hören. Und von oben geben die Bäume wohltuenden<br />

Schatten.<br />

Eine Burgruine und ihre Bewohner<br />

Dieser Brunnen am Waldrand – schlicht<br />

Burgbrunnen genannt – dürfte die Lebensgrundlage<br />

gewesen sein, die es den Herren<br />

von Sperberseck im 11. Jahrhundert nach<br />

Christus ermöglichte, unweit von hier Fuß zu<br />

fassen. Deren Burg befand sich in einigen<br />

hundert Metern Entfernung auf einem tiefer<br />

liegenden Bergsporn über dem Donntal.<br />

Zwar besaß die Burg, so erklärt Geschichtsforscher<br />

Ernst Strähle, der immer wieder im<br />

Auftrag des Schopflocher Naturschutzzentrums<br />

auf Sperberseck Führungen abhält,<br />

bereits Ziegeldächer und Dachrinnen, doch<br />

in regenärmeren Zeiten waren die Herren<br />

von Sperberseck dennoch auf das Wasser<br />

des Burgbrunnens angewiesen. Wie so oft<br />

auf der Schwäbischen Alb ist auch diese Wasserquelle<br />

einem vulkanischen Untergrund zu<br />

verdanken. Denn nur „wasserdichtes“ Vulkangestein<br />

ist in der Lage, auf der Alb das<br />

Wasser an der Erdoberfläche zu halten.<br />

Schafft man es, sich von diesem friedvollen<br />

Plätzchen wieder zu lösen und begibt man sich<br />

zurück auf den ursprünglich eingeschlagenen<br />

Weg, der nun durch den Wald bergab führt, so<br />

stößt man nach weiteren etwa fünf bis sieben<br />

Minuten Gehzeit auf eine kleine Lichtung.<br />

Von dort aus sind es auf einem schmalen<br />

Waldweg nur noch wenige Minuten, ehe man<br />

– fast unerwartet plötzlich und nur getrennt<br />

durch einen vorgelagerten Graben – vor der<br />

fast sechseinhalb Meter hohen Schildmauer<br />

der Ruine Sperberseck steht. Diese Mauer<br />

schützte die dahinter liegende Burg von der<br />

Feldseite her vor möglichen Feinden. Sie war<br />

ursprünglich 23 Meter lang, ist heute noch<br />

beeindruckende drei Meter dick und ging<br />

früher einmal in eine Umfassungsmauer<br />

über, die die Kernburg von allen Seiten her<br />

umgab. Sie ist – abgesehen von ein paar<br />

Fundamentresten – das Einzige, was von<br />

der Burg bis heute übrig geblieben ist. Ein<br />

Schild auf der Rückseite der Mauer macht<br />

den Besucher mit den einstigen Herren der<br />

Burg bekannt. „Die Burg war mindestens seit<br />

1140 Sitz der Herren von Sperberseck. Der<br />

erste dieses Geschlechts, Berthold, wird im<br />

angehenden 11. Jahrhundert herzoglicher<br />

Fahnenträger und starb als Mönch in<br />

Zwiefalten. Seine Nachfahren taten sich in<br />

zähringischen, teckischen und schließlich<br />

württembergischen Diensten hervor. Die<br />

Burg ist anfangs des 15. Jahrhunderts<br />

zerfallen. Die Familie erlosch 1718“, heißt es<br />

da. Inzwischen weiß man aber, so Burgführer<br />

Ernst Strähle, dass diese Jahreszahl deutlich<br />

an der Realität vorbeiging, denn es gibt<br />

Urkunden, die belegen, dass die Burg<br />

1092 bereits bestanden haben muss. Der<br />

genannte Berthold, der Gründer der Burg,<br />

stammte ursprünglich aus Sulmentingen,<br />

einem Ort in der Nähe von Laupheim. Sein<br />

Sohn, Mangold von Sulmentingen, ließ in der<br />

Zeit zwischen 1100 und 1120 n. Chr. in nur<br />

15 Kilometern Entfernung (Luftlinie) die Burg<br />

Hohenneuffen erbauen. Weitere Besitzungen<br />

derer von Sperberseck lagen in Schlattstall,<br />

Brucken, Owen, Nürtingen, Gutenberg und<br />

Talheim.<br />

Uwe Nowak<br />

Das Ende der Herrschaft<br />

Dem alten Heimatbuch der Gemeinde Böhringen<br />

aus dem Jahr 1912 ist zu entnehmen,<br />

dass die landesherrlichen Rechte der Gemeinde<br />

noch 1383, als viele Orte des Amts<br />

Urach bereits an Württemberg gegangen waren,<br />

den Herren von Sperberseck und einem<br />

mit ihnen verschwägerten Geschlecht von<br />

Schilling zustanden. Dazu gehörte neben dem<br />

Einzug des Zehnten und Forderungen von<br />

Fronarbeit auch die Gerichtsbarkeit. Dabei<br />

bestanden die Abgaben fast durchweg in Naturalien,<br />

indessen die Beträge der Geldabgaben<br />

wohl eher zu vernachlässigen waren. Allerdings<br />

muss damals die Burg selbst bereits<br />

unbewohnt gewesen sein, diese nämlich, so<br />

Ernst Strähle, wurde bereits zwischen 1360<br />

und 1370 aufgegeben. Fundstücke aus der<br />

Zeit danach wurden um die Burg herum nicht<br />

mehr gefunden. Als zu Beginn des 15. Jahrhunderts<br />

die Rechte sämtlicher Adelsherren<br />

durch Kauf an die Grafen von Württemberg<br />

übergingen und Böhringen zusammen mit<br />

Zainingen, Donnstetten und Strohweiler ein<br />

eigenes Unteramt bildete, nahm denn auch<br />

die Herrschaft derer von Sperberseck über<br />

die Ortschaft Böhringen ein Ende. Der letzte<br />

Angehörige des Geschlechts war Johann Philipp<br />

von Sperberseck. Er starb 1718. Gerd<br />

Güttler vom Verein „Freundeskreis der Burg<br />

Hohenneuffen“, der vor seinem Tod im Jahr<br />

2014 der Burg eine ausführliche Erläuterung<br />

widmete und diese auf der Homepage des<br />

Vereins dankenswerterweise der Öffentlichkeit<br />

zugänglich machte, beschreibt die ursprüngliche<br />

Burg als eine aus Vorburg und<br />

Hauptburg bestehende Schildmauerburg,<br />

wobei die beiden Einzelburgen durch den<br />

Halsgraben voneinander getrennt gewesen<br />

seien. Nur einige wenige Mauerreste hinter<br />

der Schildmauer, so Güttlers Beschreibung,<br />

deuteten noch an, wo einst die Küche und<br />

das Burgtor gewesen sein könnte. Im Donntal<br />

befand sich der dazugehörige Wirtschaftshof.<br />

Viehtränke mit Schattenspendern<br />

Heute gehört das Donntal samt dem Bergsporn,<br />

auf dem die Ruine Sperberseck liegt,<br />

Uwe Nowak<br />

Ein glasklares, ungetrübtes Wässerchen<br />

zur Kernzone des Biosphärengebiets Schwäbische<br />

Alb, was bedeutet, dass in diesem Gebiet<br />

keine Waldbewirtschaftung mehr stattfindet.<br />

Die Wege, die zur Burg führen, sollen<br />

jedoch weiterhin freigehalten werden und<br />

zugänglich bleiben.<br />

Anders als die Burg selbst, die nach 1370<br />

sich selbst überlassen blieb, diente jedoch<br />

der oberhalb davon liegende Burgbrunnen<br />

noch jahrhundertelang den Bauern der Gemeinde<br />

Böhringen als hoch willkommene<br />

Viehtränke auf der sonst so trockenen Albhochfläche.<br />

Es ist eine sehr stille Quelle –<br />

kein Sprudeln, kein Plätschern, nicht einmal<br />

die kleinste Strömung kräuselt das klare<br />

Wasser in der gemauerten Brunnenfassung.<br />

Steimerstraße 27 | 72587 Römerstein-Donnstetten<br />

Telefon 0 73 82/71 82 | Telefax 0 73 82/71 83<br />

Steimerstraße 27 | 72587 Römerstein-Donnstetten<br />

Telefon 0 73 82/71 82 | Telefax 0 73 82/71 83<br />

info@alb-eloxal.de<br />

www.alb-eloxal.de<br />

Und trotzdem – auch wenn die manchmal<br />

hundertköpfigen Viehherden der Böhringer<br />

Kuhhirten den Brunnen immer wieder bis auf<br />

den letzten Rest leertranken – wie von Zauberhand<br />

präsentierte sich die Brunnenstube<br />

wenige Tage später wieder frisch gefüllt mit<br />

klarem, kühlem Nass. Sollte es womöglich so<br />

gewesen sein, dass man in früheren Zeiten<br />

mit solchen Plätzen sorgsamer umging als<br />

heute? Nun, wenn man liest, dass zum<br />

Schutz des Viehs vor Regen und Hitze im 18.<br />

Jahrhundert an die Brunnen sogar Linden gepflanzt<br />

wurden, um deren Wohlergehen man<br />

sich dann jahrelang kümmerte, könnte man<br />

schon ein wenig nachdenklich werden in Bezug<br />

auf das Verhältnis zwischen Mensch und<br />

Natur in solchen „guten alten Zeiten“: „Im<br />

Frühjahr haben auf schultheißenamtlichen<br />

Befehl jung Jerg Claß und Christian Ahorn,<br />

auch Friedrich Schenk miteinander vier Stück<br />

junge Weißlinden zum Burgbrunnen in die<br />

Kühstelle gesetzt, welche sie in Sperberseck<br />

bei dem alten Schlößle auf dene Felsen gegraben<br />

haben und haben versprochen, gut<br />

davor zu sein und wann eine nicht geraten<br />

würde, sogleich eine andere hinzusetzen und<br />

ist ihnen bezahlt worden für jedes Stück 1<br />

fl.“ wird im Heimatbuch eine nicht näher bezeichnete<br />

Quelle aus dem Jahre 1791 zitiert.<br />

Fast will es einem scheinen, als hielten diese<br />

Linden ihre segensreichen „Kronenhände“<br />

noch heute über dem zauberhaften Plätzchen<br />

auf – so still und so frisch, so wohl wird<br />

einem da ums Herz.<br />

Text: Petra Zwerenz<br />

Uwe Nowak<br />

Steimerstraße 27 | 72587 Römerstein-Donns<br />

Telefon 0 73 82/71 82 | Telefax 0 73 82/71 83<br />

info@alb-eloxal.de<br />

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