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ORBIS SENSUALIUM PICTUS - Databook.cz

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Comenius’ Orbissensualium pictusSprachlehrbuchDa zu Comenius’ Zeiten Latein internationaleBildungssprache und Mittel zu höherer Bildungwar, suchte Comenius eine Möglichkeit, wie manes schneller und leichter lernen kann, damit mehrZeit für die Sachausbildung bleibt. Seine eigene Erfahrungals Lehrer, Kenntnis der damaligen Lehrbücherund ihre kritische Beurteilung brachtenihn zu der Schlussfolgerung, dass ein nützlichesSprachlehrbuch dem Schüler nicht nur Sprachkenntnissevermitteln sollte, sondern auch Belehrungüber die reale Welt. Deshalb wählte er 7 300der wichtigsten Wörter aus und bildete mit ihnentausend Sätze, die er nach dem Sachprinzip zu hundertLektionen zusammenstellte. So entstand dasLehrbuch „Janua linguarum reserata“, das 1631in Lešno (Lissa) ursprünglich nur mit dem lateinischenText erschien. Comenius plante jedoch, dassdie Vermittlungssprache dazu die Muttersprachesein wird. Bald wurde eine Übersetzung ins Polnischeerstellt und Comenius arbeitete selbst dietschechische Version aus mit dem Titel „Die geöffneteSprachenpforte“.Auch wenn Janua weltweit einen bedeutendenErfolg hatte, war sie für Anfänger sehr anspruchsvollund daher schwierig. Deshalb arbeitete Comeniusein wesentlich leichteres Lehrbuch ausund nannte es sprichwörtlich „Januae linguarumreserate Vestibulum“ (Vorraum der geöffnetenSprachenpforte).Den Höhepunkt der Arbeit an Sprachlehrbüchernstellt Comenius’ Werk „Orbis sensualiumpictus“ dar. Dieses erfolgreichste und berühmtesteLehrbuch entstand durch die Kürzung undVereinfachung des Textes von Janua und sollte alsVorbereitung für die Durchnahme von Vestibulumund Janua dienen.Der häufig verwendete Titel dieses berühmtenWerkes „Orbis pictus“ ist ein verkürzter Titel,der vom Standpunkt der Absicht des Autors dierichtige Präzisierung vermisst, dass es sich umeine Welt von Dingen und Erscheinungen handelt,die sinnlich begriffen und wahrgenommenwerden. Comenius selbst hat seine Absicht imVorwort zum Werk klar und deutlich ausgedrückt:„Das Wichtigste dabei ist, den Sinnen zuerst sinnlichwahrnehmbare Dinge vorzulegen, damit sie begriffenwerden können … Denn wir können weder handelnnoch klug reden, bevor wir nicht alles richtigverstanden haben, was wir tun und wovon wir redensollen. Was nicht zuerst in den Sinnen war, ist dannim Verstand nicht enthalten. Die Sinne im richtigenBegreifen der Unterschiede zwischen den Dingen fleißigüben bedeutet, Grundlagen aller Weisheit, allerweisen Beredsamkeit und aller weisen Handlungenim Leben zu legen.“ Comenius war also bemüht,dass jeder Ausdruck, den man sich durch Lernenaneignet, mit dem Erkennen und Verstehen desGegenstandes oder der durch den gegebenen Ausdruckbezeichneten Erscheinung verbunden ist.Deshalb betonte er den Anteil von Hör-, Seh-, Geschmack-und Tastsinn beim Sprachunterricht undverlangte, dass der Schüler das, was er benennt,auf dem Bild und in der Wirklichkeit zeigen sowiezeichnen kann.„Orbis sensualium pictus“ stellt also die konsequentesteAnwendung didaktischer Ansichten vonComenius über den Sprachunterricht dar. Die Originalitätvon Orbis besteht darin, das jedes Kapitelzunächst ein Bild zum behandelten Thema enthältund die Texte mit den Illustrationen der einzelnenGegenstände und Erscheinungen durch numerischeHinweise verbunden sind.Bei Orbis ist eine bemerkenswerte Beziehungzur Muttersprache zu beobachten. Wie Comeniusselbst im Vorwort schrieb, konnte Orbis beimÜbersetzen in eine lebendige Sprache auch zurAneignung der Muttersprache führen, und zwarvom anfänglichen Lesen bis zum Sachlernen. Umden Schülern die Leseanfänge zu erleichtern, führter am Anfang das sog. lebendige Alphabet an. Ererklärte auch selbst, wie man vorgehen muss, umdas Lernen von „beschwerlicher Geistesquälerei“zu befreien. Er überlegte auch, am Ende eine kurzeGrammatik der Muttersprache hinzuzufügen.Die Übersetzung von Orbis in die Muttersprachesollte so nicht nur einer anschaulichen Erkenntnis,sondern auch einer leichteren Aneignung von Orbisim Vorschulalter, und zwar als ein Bilderbuchzum Anschauen und somit zu einer Bekanntmachungmit der Welt dienen.Orbis als Widerspiegelung philosophischerAnsichten von Comenius„Orbis sensualium pictus“ ist nicht nur ein Höhepunktder didaktischen Bemühungen des Autors,sondern er stellt zugleich auch ein wichtigesGlied seiner pansophischen Bestrebungen dar. Erist also auch eine Widerspiegelung seiner philosophischenAnsichten. Comenius hat sich stets umeine volle und ganzheitliche Bildung bemüht. Deshalbkonzipierte er auch dieses Sprachlehrbuchals eine den Sinnen zugängliche Enzyklopädieund erwägte anfänglich sogar sie Encyklopaediesensualium oder auch Lucidarium zu nennen. DerTitel „Orbis sensualium pictus“ entstand also erstnachträglich und ist mit seiner Bildhaftigkeit denKindern auch verständlicher.Dazu ist allerdings hinzuzufügen, dass derBegriff Enzyklopädie für Comenius eine etwasandere Bedeutung hatte, als wir ihn heute verstehen,wo man der Schule oft sog. unerwünschtenEnzyklopädismus vorwirft. Darunter versteht manÜberlastung mit faktographischem Wissen, dasder entsprechenden Bildungsstufe nicht adäquatist, bzw. einen mechanisch gesteuerten Komplexvon Kenntnissen ohne Bewusstsein der Zusammenhängezwischen ihnen. Comenius verstandunter Enzyklopädie und enzyklopädisch ein Bildungssystemim geschlossenen Kreis, in dem dieErscheinungen miteinander zu einem organischenGanzen verbunden sind. Es ging ihm also um einesystemhafte Bildung.Wie diese Verknüpfung von Dingen und Erscheinungenaussieht, zeigt uns am besten dieReihenfolge der einzelnen Kapitel des Orbis. InÜbereinstimmung mit seiner philosophischenAnschauung widmete Comenius das erste KapitelGott, seinem Wesen und seinen Eigenschaften. AmEnde des Kapitels stellt er Gott als Schöpfer, Herrscherund Erhalter der Welt dar. In den weiterensechs Kapiteln beschreibt er die Welt als Ganzes:Himmel, Elemente, Wolken und Erde. Es folgt derAbschnitt über die „Erdfrüchte“, zu denen Bergeund Steine als nichtlebendige Natur, Pflanzen undTiere auf der Erde und im Wasser als lebendigeNatur gehören; dieser Abschnitt schließt mit einemKapitel über den Menschen als das höchsteGeschöpf der lebendigen Natur. Im Abschnittüber den Menschen zeigt dann Comenius denMenschen in seinen sieben Entwicklungsstufen.Er beschreibt den menschlichen Körper und dieKörperorgane. Ein besonderes Kapitel widmet erden äußeren und inneren Sinnen. Die fünf äußerenSinne sind abgebildet durch Auge, Ohr, Nase,Zunge und Hände. Als innere nicht abbildbareSinne sind der Sinn für Gemeinschaft, Nachdenkenund Gedächtnis angeführt. Der Abschnittüber den Menschen als Individuum und zugleichdie vollkommenste Schöpfung Gottes schließt mitder Behandlung über die Seele ab. Sicher nicht zufälligist auch das Kapitel enthalten, in dem auchdeformierte Menschen gezeigt werden, mit mar-14 15

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