Mehrfachbelastungen durch Pestizide auf Mensch und Umwelt

Mehrfachbelastungen durch Pestizide auf Mensch und Umwelt Mehrfachbelastungen durch Pestizide auf Mensch und Umwelt

05.12.2012 Aufrufe

eine 70-90%ige Erhöhung des relativen Parkinson-Risikos mit sich brachte. Einen deutlichen Zusammenhang zwischen Parkinson und mindestens 10 Jahre langem Konsum von Brunnenwas- ser in ländlichen Regionen fanden auch Cho et al. (2008) in Südkorea. Ältere Ratten waren in einer Untersuchung zur Erforschung toxischer Ursachen von Parkinson ge- genüber einer Kombination von Paraquat und Maneb empfindlicher als junge Ratten (Degeneration von Nervenzellen in der grauen Substanz des Gehrins; Saint-Pierre 2006). Andere neurotoxische Effekte Es wurde eine Mischung aus fünf Organophosphaten (Chlorpyrifos, Diazinon, Dimethoat, Acephat, Malathion) auf das Verhalten von Ratten getestet und signifikante, synergistische Wirkungen auf alle Verhaltensendpunkte festgestellt (Moser 2006). Einen signifikanten Zusammenhang zwischen Autismus und Chlororganika (Dicofol und Endosul- fan) haben erstmals Roberts et al. (2007) gefunden: Kinder, deren Mütter während einer bestimm- ten Zeit der Schwangerschaft, der Entstehung des Zentralnervensystems im Embryo, in einer Nähe von bis zu 500 Metern durch landwirtschaftliche Applikation mit Chlororganika-Pestiziden belastet waren, entwickelten eine statistisch signifikant höhere Rate an Autismus-Syndrom-Erkrankungen (ASD) als nicht belastete. Diese Rate stieg mit der aufgenommenen Dosis und sank mit der Entfer- nung von den Feldern. Es wird erstmalig berichtet, dass eine Mischung von 11 Pyrethroiden eine signifikante, kumulative Reduzierung der Bewegungsfähigkeit von Ratten verursachte. Es zeigte sich eine additive Wir- kung, die der mit Dosis-Addition berechneten entsprach (Wolansky 2009). In einer Übersichtsarbeit zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Pestizidexposition vor der Geburt und während der Kindheit mit der Entwicklungs-Neurotoxizität kommen Jurewicz und Hanke (2008) nach der Analyse von 18 epidemiologischen Studien zu folgenden Ergebnissen be- züglich Organophosphaten: Alle Studien zeigten, dass solchermaßen exponierte Kinder Störungen in der Entwicklung des Nervensystem haben, angezeigt durch signifikant schlechtere Ergebnisse in einem Fingertipp- und Gedächtnistest. Mit Chlorpyrifos und Methylparathion hatten Kinder mehr Schwierigkeiten beim Kurzzeitgedächtnis und der Aufmerksamkeit. Andere Studien zeigten vermin- derte geistige Entwicklung, längere Reaktionszeiten, mehr abnormale Reflexe bei Neugeborenen und geistige und emotionale Probleme im Jugendalter. Vier von sieben Studien zu Organochlorver- bindungen zeigten ebenfalls Störungen bei der Entwicklung des Nervensystems. Als Fazit ihrer Ana- lysen schreiben die Autoren: Bezüglich der Exposition gegenüber Pestiziden und der Beeinträchti- gung der neurologischen Entwicklung sollte das Prinzip der Vorsicht zur Regel werden. Jurewicz und Hanke verwiesen in ihrer Studie auch auf eine Untersuchung an mexikanischen Kin- dern, die systematisch den Zusammenhang zwischen Pestizidexposition und neuromotorischen Fähigkeiten untersucht haben. Es wurden zwei Gruppen mexikanischer Schulkinder verglichen, die sehr ähnliche Test-Vorbedingungen aufwiesen (genetischer Hintergrund, Ernährung, Wassermine- ralgehalt, kulturelle Muster, Sozialverhalten), sich aber durch die Exposition gegenüber Pestiziden 24

unterschieden: Schulkinder aus dem Yaqui-Tal, in dem seit den vierziger Jahren Pestizide in der Landwirtschaft eingesetzt werden (bis zu 45 Anwendungen von der Saat bis zur Ernte; überwiegend Anwendung von Organophosphaten, Chlororganika und Pyrethroiden) gegenüber Kindern aus der Vorgebirgsregion, wo Pestizide vermieden werden. Die exponierten Kinder zeigten eine Verminde- rung in der Ausdauer, der Grob- und Feinmotorik der Augen-Hand-Koordination, des 30-Minuten- Gedächtnisses und der Fähigkeit, eine Person zu zeichnen, siehe hierzu . Einige „Tal-Eltern“ beton- ten ihren Frust bei den Versuchen, ihren Kindern das Zeichnen beizubringen. Die Kinder aus dem Tal zeigten sich weniger kreativ beim Spielverhalten, bewegten sich ziellos im Raum und zeigten geringere Gruppeninteraktion. Einige dieser Kinder wurden beobachtet, wie sie ihre Geschwister schlugen, wenn diese sich näherten und dass sie leicht aufgeregt oder wütend wurden (Guillette 1998). Abb. 4 Vergleich der Versuche von pestizidexponierten (Valley) und nicht pestizidexponierten (Foothills), 4,5-6 Jahre alten, mexikanischen Kindern, einen Menschen zu zeichnen (Guillette 1998) 119 von 1139 Kindern zeigten bei jüngsten Untersuchungen in den USA Symptome des Aufmerk- samkeitsdefizit/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS). Der Urin dieser Kinder wurde auf Metabolite 25

eine 70-90%ige Erhöhung des relativen Parkinson-Risikos mit sich brachte. Einen deutlichen<br />

Zusammenhang zwischen Parkinson <strong>und</strong> mindestens 10 Jahre langem Konsum von Brunnenwas-<br />

ser in ländlichen Regionen fanden auch Cho et al. (2008) in Südkorea.<br />

Ältere Ratten waren in einer Untersuchung zur Erforschung toxischer Ursachen von Parkinson ge-<br />

genüber einer Kombination von Paraquat <strong>und</strong> Maneb empfindlicher als junge Ratten (Degeneration<br />

von Nervenzellen in der grauen Substanz des Gehrins; Saint-Pierre 2006).<br />

Andere neurotoxische Effekte<br />

Es wurde eine Mischung aus fünf Organophosphaten (Chlorpyrifos, Diazinon, Dimethoat, Acephat,<br />

Malathion) <strong>auf</strong> das Verhalten von Ratten getestet <strong>und</strong> signifikante, synergistische Wirkungen <strong>auf</strong><br />

alle Verhaltensendpunkte festgestellt (Moser 2006).<br />

Einen signifikanten Zusammenhang zwischen Autismus <strong>und</strong> Chlororganika (Dicofol <strong>und</strong> Endosul-<br />

fan) haben erstmals Roberts et al. (2007) gef<strong>und</strong>en: Kinder, deren Mütter während einer bestimm-<br />

ten Zeit der Schwangerschaft, der Entstehung des Zentralnervensystems im Embryo, in einer Nähe<br />

von bis zu 500 Metern <strong>durch</strong> landwirtschaftliche Applikation mit Chlororganika-<strong>Pestizide</strong>n belastet<br />

waren, entwickelten eine statistisch signifikant höhere Rate an Autismus-Syndrom-Erkrankungen<br />

(ASD) als nicht belastete. Diese Rate stieg mit der <strong>auf</strong>genommenen Dosis <strong>und</strong> sank mit der Entfer-<br />

nung von den Feldern.<br />

Es wird erstmalig berichtet, dass eine Mischung von 11 Pyrethroiden eine signifikante, kumulative<br />

Reduzierung der Bewegungsfähigkeit von Ratten verursachte. Es zeigte sich eine additive Wir-<br />

kung, die der mit Dosis-Addition berechneten entsprach (Wolansky 2009).<br />

In einer Übersichtsarbeit zur Untersuchung der Zusammenhänge zwischen <strong>Pestizide</strong>xposition vor<br />

der Geburt <strong>und</strong> während der Kindheit mit der Entwicklungs-Neurotoxizität kommen Jurewicz <strong>und</strong><br />

Hanke (2008) nach der Analyse von 18 epidemiologischen Studien zu folgenden Ergebnissen be-<br />

züglich Organophosphaten: Alle Studien zeigten, dass solchermaßen exponierte Kinder Störungen<br />

in der Entwicklung des Nervensystem haben, angezeigt <strong>durch</strong> signifikant schlechtere Ergebnisse in<br />

einem Fingertipp- <strong>und</strong> Gedächtnistest. Mit Chlorpyrifos <strong>und</strong> Methylparathion hatten Kinder mehr<br />

Schwierigkeiten beim Kurzzeitgedächtnis <strong>und</strong> der Aufmerksamkeit. Andere Studien zeigten vermin-<br />

derte geistige Entwicklung, längere Reaktionszeiten, mehr abnormale Reflexe bei Neugeborenen<br />

<strong>und</strong> geistige <strong>und</strong> emotionale Probleme im Jugendalter. Vier von sieben Studien zu Organochlorver-<br />

bindungen zeigten ebenfalls Störungen bei der Entwicklung des Nervensystems. Als Fazit ihrer Ana-<br />

lysen schreiben die Autoren: Bezüglich der Exposition gegenüber <strong>Pestizide</strong>n <strong>und</strong> der Beeinträchti-<br />

gung der neurologischen Entwicklung sollte das Prinzip der Vorsicht zur Regel werden.<br />

Jurewicz <strong>und</strong> Hanke verwiesen in ihrer Studie auch <strong>auf</strong> eine Untersuchung an mexikanischen Kin-<br />

dern, die systematisch den Zusammenhang zwischen <strong>Pestizide</strong>xposition <strong>und</strong> neuromotorischen<br />

Fähigkeiten untersucht haben. Es wurden zwei Gruppen mexikanischer Schulkinder verglichen, die<br />

sehr ähnliche Test-Vorbedingungen <strong>auf</strong>wiesen (genetischer Hintergr<strong>und</strong>, Ernährung, Wassermine-<br />

ralgehalt, kulturelle Muster, Sozialverhalten), sich aber <strong>durch</strong> die Exposition gegenüber <strong>Pestizide</strong>n<br />

24

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!