20.07.2015 Aufrufe

Kinder - Dr. Doering-Striening & Schwerdtfeger

Kinder - Dr. Doering-Striening & Schwerdtfeger

Kinder - Dr. Doering-Striening & Schwerdtfeger

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Opferentschädigung – eine Option für FASD – <strong>Kinder</strong> ?<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>Fachanwältin für Sozial- und FamilienrechtEssen – www.rue94.de


<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>Fachanwältin für Sozial- und Familienrecht= „ von der der Wiege bis zur Bahre“45130 EssenRüttenscheider Str. 94-98Tel. 0201/8621212www.rue94.deanwaeltinnen@rue94.de


Stellvertretende Vorsitzendefast 1000 Fachanwälte bundesweit, die im Sozialrecht spezialisiertarbeiten<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>1987 Promotion im Opferentschädigungsrechtseit 1989 selbständige Rechtsanwältin mitOpferanwaltsschwerpunkt45130 EssenRüttenscheider Str. 94-98Tel. 0201/8621212www.rue94.deanwaeltinnen@rue94.de


Opferanwalt<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Wo gehört das OEG hin?<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Wo gehört das Opferentschädigungsgesetz hin?<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Warum gibt es Opferentschädigung?- § 5 SGB I -Derjenige, der• einen Gesundheitsschadenerleidet• für dessen Folgen• die Gemeinschaft einsteht• in Abgeltung einesbesonderen Opfers oder ausanderen Gründenhat nach versorgungsrechtlichen Grundsätzeneinen Anspruch• auf notwendige Maßnahmenfür seine Gesundheit undLeistungsfähigkeit• und angemessenewirtschaftliche Versorgung


Die besondere Verantwortung imOEG?weil die staatlichen Organe,die das Strafverfolgungs-StrafundStrafvollstreckungsmonopol habenversagt haben


Wo sind die Grenzen einer staatlichenEinstandspflicht ?Sinn und Zweck des OEG gebieten nicht eine Ausdehnung derstaatlichen Leistungen auf den Ausgleich wirtschaftlicher Folgenjedweder Art, die aus strafbaren Handlungen herrühren.Der Gesetzgeber hat, um etwaige Entschädigungslasten in Grenzenzu halten, die staatlichen Leistungen für Opfer von strafbarenHandlungen an strenge tatbestandliche Voraussetzungen geknüpftund auch den Leistungsumfang begrenzt.Eine solche Leistungsbegrenzung ist auch verfassungsrechtlichunbedenklich. Auf dem Gebiet der sozialen Entschädigung steht demGesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. So wenig erverfassungsrechtlich gezwungen ist, für die Opfer von Straftatenstaatliche Versorgungsleistungen vorzusehen, so wenig ist ergehindert, seine Leistungsverpflichtung mit Rücksicht auf die nurbegrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel zu beschränkenund auf den aus seiner Sicht dringlichsten Regelungsbedarf zukonzentrieren.BSG vom 18.10.1985 – Az.: 9 RVg 7/93


§ 1 I OEG Anspruch auf Versorgung• Wer im Geltungsbereich dieses Gesetzes oder• auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug• infolge eines• vorsätzlichen, rechtswidrigen tä tlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person• oder durch dessen rechtmäßige Abwehr• eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat,• erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen• auf Antrag• Versorgung in entsprechender Anwendung• der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes.


§ 9 BVGLeistungskatalog:1. Heilbehandlung, Versehrtenleibesübungen undKrankenbehandlung (§§ 10 bis 24a),2. Leistungen der Kriegsopferfürsorge (§§ 25 bis 27j),3. Beschädigtenrente (§§ 29 bis 34) und Pflegezulage (§35),4. Bestattungsgeld (§ 36) und Sterbegeld (§ 37),5. Hinterbliebenenrente (§§ 38 bis 52),6. Bestattungsgeld beim Tode von Hinterbliebenen (§53)


Rentenleistungen §§ 30 ff. BVG• GrundrenteGrad der Schädigungsfolgen um mindestens25 v. H. für die Dauer v. mindestens 6Monateneinkommensunabhängig118 € alte Bundesländer bei 25 v. H.621 € alte Bundesländer bei 100 v. H.‣ Grad der Schädigungsfolgen kann erhöhtwerden durch besonderes beruflichesBetroffensein § 30 II BVG – Erhöhung in derRegel um 10vH‣ Berufsschadensausgleich beiEinkommensminderung durchSchädigungsfolgen – siehe BSA-VO• Ausgleichsrenteab einem Grad der Schädigungsfolgen von 50v. H. einkommensabhängig


abhängig vom Grad der Schädigungsfolgen• Maß für die körperlichen,geistigen, seelischen undsozialen Auswirkungen einerFunktionsbeeinträchtigungaufgrund einesGesundheitsschadens• Grundsätzlich unabhängig vomausgeübten Beruf• Erwerbsminderung/Dienstunfähigkeiterlauben keinenRückschluss auf den Grad derSchädigungsfolgen


estimmt durch die VersorgungsmedizinischenGrundsätze(„ Knochentaxe“)Ordnung nach Funktionssystemenpsychische Störungen gehören zumFunktionssystem „ Gehirneinschließlich Psyche“normähnlicher Charaktergeben den gegenwärtigenherrschenden Kenntnisstand in derWissensstand wiederantizipierteSachverständigengutachtendie generelle Richtigkeit der Vmedz.Grdstz. kann durchEinzelfallgutachten nicht widerlegtwerdenabweichen nur unter sehr engenVoraussetzungen möglich


•VorsätzlicherOEG• rechtswidriger• tätlicher Angriff• gegen seine oder eine anderePerson = ein lebender Mensch• gesundheitliche Schädigung• Gesundheitsstörung• verbunden durch KausalitätHürden auf dem Weg zur Entschädigung


•VorsätzlicherOEG• rechtswidriger• tätlicher Angriff• gegen seine oder eine anderePerson = ein lebender Mensch• gesundheitliche Schädigung• Gesundheitsstörung• verbunden durch KausalitätDas ungeborenen Kind – eine Regelungslücke?


Allgemeine GrundlagenEin jeder Mensch hat das Recht darauf, dass nicht vonMenschenhand das organische Wachstum gestört oderbeeinträchtigt wird.Jede Entziehung oder Störung, die von einem Menschenherrührt und das natürliche Wachstum und die natürlicheEntfaltung behindert oder beeinträchtigt, ist eine Verletzungdieser Rechtsgüter.Durchaus zutreffend ist danach als Verletzung der Gesundheit„ die Verursachung der Störung der inneren Lebensvorgänge“bezeichnet worden.Die Rechtsordnung ist in dieser Hinsicht an das Phänomen derNatur gebunden. Sie kann und darf nicht an dieserNaturgegebenheit vorbeigehen. Was danach eine Verletzung oderBeeinträchtigung der Gesundheit ist, kann nicht mit logischenBegriffen der Rechtstechnik bestimmt werden, sondern ist, wiedas Lebensgut der Gesundheit selbst, von Schöpfung und Naturvorausgegeben und muss von der Rechtsordnung, wenn siedaran Rechtsfolgen knüpft, als eine natürliche Wirksamkeitanerkannt werdenBundesgerichtshof Bd. 8, 243ff


Bundessozialgericht vom 16.04.2002 – Az.: B 9 VG 1/01 RInzestentscheidungNach § 1 Abs 1 OEG kann die gesundheitliche Schädigung auch beieiner anderen als der angegriffenen Person eintreten.Im Recht der Gewaltopferentschädigung wird (wie im sozialenEntschädigungsrecht überhaupt) grundsätzlich nur die auf Grundunmittelbarer Schädigung, nicht aber die nur auf Grund mittelbarerSchädigung eingetretene Schadensfolge entschädigt.Allerdings wird der Begriff der "unmittelbaren Schädigung" weitverstanden und richtet sich letztlich nach dem Schutzzweck desGesetzes.Bei der engen vorgeburtlichen Verbundenheit zwischen Mutter undKind und der typischen Bedeutung von Schädigungen der Mutterauch für die Gesundheit eines zukünftigen Kindes, erscheint es dahervertretbar, von der Möglichkeit einer unmittelbaren Schädigung aucheines noch nicht gezeugten Kindes auszugehen.So hat der Senat schon in einer früheren Entscheidung (vgl den"Lues-Fall" in BSGE 20, 41 = SozR Nr 68 zu § 1 BVG) denEntschädigungsanspruch eines luetischen Kindes anerkannt, dessenMutter mindestens sechs Jahre vor seiner Geburt bei einerVergewaltigung durch einen russischen Soldaten mit Lues infiziertworden war.


Bundessozialgericht vom 16.04.2002 – Az.: B 9 VG1/01 RInzestentscheidungDer Wortlaut des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG ("Wer. … infolge eines. …Angriffs gegen seine oder eine andere Person") setzt offensichtlichvoraus, dass der Geschädigte im Zeitpunkt des Angriffs bereits gelebthat. Diese Voraussetzung wird weder im Falle der Leibesfrucht(nasciturus) noch im Falle des gleichzeitig mit der Gewalttatgezeugten Kindes erfüllt.Insofern besteht eine RegelungslückeDer Senat ist aber befugt, die Lücke im Wege der Rechtsfortbildungzu schließen.Der Richter ist zur Ausfüllung einer Gesetzeslücke allerdings nurberufen, wo das Gesetz mit Absicht schweigt, weil es die Regelungder Rechtsprechung überlassen wollte oder das Schweigen auf einemVersehen oder darauf beruht, dass sich der nicht geregelteTatbestand erst nach Erlass des Gesetzes durch eine Veränderungder Lebensverhältnisse ergeben hat


Bundessozialgericht vom 16.04.2002 – Az.: B 9 VG1/01 RInzestentscheidungHier handelt es sich um eine planwidrige Gesetzeslücke. DerGesetzgeber hat die Möglichkeit nicht erkannt, dass auch eingleichzeitig mit oder nach der Gewalttat gezeugtes Kind geschädigtwerden kann. Für diese Annahme sprechen die Gesetzesmaterialien(vgl BT-<strong>Dr</strong>ucks 7/ 2506 S 7 ff). Dort wird weder die Leibesfrucht(nasciturus) noch das noch nicht gezeugte Kind (nondum conceptus)erwähnt.Das Ziel des Gesetzes, Opfer von Gewalttaten, die der Staat nichtverhindern konnte oder verhindert hat, zu entschädigen (vgl dazuBSGE 49, 104, 105 = SozR 3800 § 2 Nr 1 S 2), richtet sich auch aufPersonen, die zum Zeitpunkt der Gewalttat noch nicht geboren sind,aber unter den gesundheitlichen Folgen der Gewalttat zu leidenhaben. Es spricht nichts dafür, dass der Gesetzgeber, wenn er andiese Betroffenen (Geschädigten) gedacht hätte, sie bewusst von derEntschädigungsregelung ausgenommen hätte.Vgl. auch BSG vom 24.10.1962- Az.: 10 RV 583/59; BSG vom15.10.1963 – Az.: 11 RV 129/61


Bundessozialgericht –InzestentscheidungSomit geht der Senat, wenn er einem Kind,dessen anlagebedingte Gesundheitsstörung aufein vorwerfbares Verhalten eines <strong>Dr</strong>ittenzurückgeht, grundsätzlich einen Anspruch aufEntschädigung einräumt, insoweit über dieRechtsprechung des BGH zum bürgerlichrechtlichenSchadensersatzanspruch hinaus.Es bleibt aber die große und ungeklärte Frage:hier geht es nicht um eine Schädigung, die erstdie Mutter und in der Folge das Kind trifft,sondern um die Einwirkung der Mutter auf dasnoch nicht gezeugte/ungeborene Kind ???


•VorsätzlicherOEG• rechtswidriger• tätlicher Angriff• gegen seine oder eine anderePerson = ein lebender Mensch• gesundheitliche Schädigung• Gesundheitsstörung• verbunden durch Kausalität


Vorsätzlicher rechtswidriger, tätlicher AngriffTätlicher Angriff =in feindseligerWillenrichtung auf denKörper eines anderenEinwirkenBundessozialgericht:Nicht der aggressive Aktim Sinne einerKraftentfaltung oderBerührung infeindseligerWillensrichtung istentscheidend, sonderndie Rechtsfeindlichkeitder Handlung


Beispiele:Tätlicher AngriffAussetzung, FluchtBloße Gewaltanwendunggegen Sachen (-)HIV-infektionKindesentziehung durch List (-)BedrohungSex. MissbrauchAlkoholtrinken - ein tätlicher Angriff?= Einwirken in feindseligerWillenrichtung auf das Kind?oder zumindest rechtsfeindlichesHandeln?


Kann man die Antwort aus der Rechtsprechungableiten?z.B.:Zur Vernachlässigung von <strong>Kinder</strong>nLSG Bayern vom 26.04.2007 – Az.: L 15 VG 15/06


LSG Bayern vom 26.04.2007 –Az.: L 15 VG 15/06 Nicht jede gewaltlose, risikobehaftete feindselige Handlung imErziehungsbereich, die zu einer Verletzung der körperlichenIntegrität führt, ist nach dem OEG zu entschädigen. Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des BSG zurEntschädigung von <strong>Kinder</strong>n nach sexuellem Missbrauch hat derBegriff "tätlicher Angriff" bereits eine erweiternde Auslegungerfahren. Eine nochmalige Erweiterung auf Fälle der Vernachlässigungund des Erziehungsversagens ist nicht mehr von der Zielsetzungdes Gesetzgebers gedeckt, Personen Entschädigungsleistungendafür zukommen zu lassen, die wegen des Versagensgesellschaftlicher Schutzmechanismen Opfer eines vorsätzlichen,rechtswidrigen tätlichen Angriffs geworden sind.“


Vorliegend ist keine Misshandlung von Schutzbefohlenen im Sinnevon § 225 Abs.1 StGB gegeben.Die Tatmodalität "Quälen" ist ebenso wenig erfüllt wie ein "rohesMisshandeln" oder eine "böswillige Vernachlässigung derFürsorgepflicht". Vielmehr besteht bei der beteiligten Mutter derKläger eine gravierende Erziehungsunfähigkeit, die letztendlich ausder Überforderung der Mutter mit ihren insgesamt elf <strong>Kinder</strong>n beiteilweise ungeklärten Vaterschaftsverhältnissen resultiert.Mittelbar wird dies auch dadurch bestätigt, dass die beteiligte Mutterbislang strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen worden ist.Entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts liegt einegravierende Erziehungsunfähigkeit der beteiligten Mutter vor undentscheidungserheblich ist, ob diese sich einer Misshandlung vonSchutzbefohlenen im Sinne von § 225 Abs.1 StGB strafbargemacht hat oder nicht.


Schlussfolgerung:Im Trinken von Alkohol ( vergleichbar auch bei <strong>Dr</strong>ogenund Nikotin) durch die Kindesmutter kann nur dann eintätlicher Angriff gesehen werden, wenn sie in feinseligerWillensrichtung auf das Ungeborene einwirken willHandlungsvorsatz, nicht Erfolgsvorsatz = Angriff muss nichtauf gesundheitliche Schädigung gerichtet seinKein Unterscheid ob bedingter oder direkter VorsatzEs reicht also auch der Eventualvorsatz, aber imRegelfall wird der Nachweis (derzeit!! ) nicht zu führenseinAuch Alkoholtrinken als rechtsfeindliches Verhalten nachderzeitiger Lage kaum juristisch durchsetzbar<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


OEGAlternative:Einem tätlichen Angriff imSinne des Absatzes 1 stehengleich 1. die vorsätzlicheBeibringung von Gift, 2. die wenigstensfahrlässige Herbeiführungeiner Gefahr für Leib undLeben eines anderen durchein mit gemeingefährlichenMitteln begangenesVerbrechen.


Gift? Gift ist jeder (organische oderanorganische) Stoff, der unterbestimmten Bedingungen (Einatmen,Verschlucken, Aufnahme auf der Haut)durch klinische oder chemischphysikalischeWirkung nach seiner Artund der vom Täter eingesetzten Mengegeeignet ist, ernsthaftegesundheitliche Schäden zuverursachenFür eine vorsätzliche Beibringung vonGift im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 OEGist die vorsätzliche rechtswidrigeVerwirklichung des Tatbestands des §224 Abs. 1 Nr. 1 StGB (gefährlicheKörperverletzung durch Beibringungvon Gift oder anderengesundheitsschädlichen Stoffen)erforderlich,


Beispiel: Medikamentenfall:Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen L 10 VG 22/04 15.12.2004 -Es ist nicht festzustellen, dass die dem Kläger nach seinen Angabenverabreichten Medikamente geeignet waren, seine Gesundheit zuzerstören.Die Frage, ob ein Gift oder anderer Stoff geeignet ist, die Gesundheit zuzerstören, ist nicht nach der abstrakten Möglichkeit, sondern nach denbesonderen Umständen des Einzelfalls im Hinblick auf die Quantitätund Qualität des beigebrachten Stoffes, der körperlichenBeschaffenheit des Opfers sowie der Art der Anwendung zu beurteilen. So können z.B. auch unschädliche Stoffe wie Zucker beiZuckerkranken oder - wie hier - Heilmittel in falscher Dosierung Giftsein, denn "Alle Dinge sind Gift, allein die Dosis macht , das ein Dingkein Gift ist" (Paracelsus, 1538).Davon ausgehend ergibt sich vorliegend jedoch kein Ansatz dafür,dass dem Kläger die von ihm genannten im Rahmen einer ärztlichenBehandlung verschriebenen Medikamente als Gift, nämlich alsHeilmittel in vorsätzlich falscher Dosierung beigebracht worden sind.


Aus dem Bescheid einesVersorgungsamtes………„...räumt Ihre Mutter ein, Ihnen eigene verschreibungspflichtigeMedikamente verabreicht zu haben. Sie sei der Meinunggewesen, dass dies zu Ihrem Wohle geschehen ist.Aus dieser Schilderung ist zu entnehmen, dass einvorsätzlicher, rechtswidriger, tätlicher Angriff nicht vorliegt. DerGesetzgeber fordert bei einem tätlichen Angriff eine unmittelbarauf die körperliche Integrität eines anderen zielende feindlichAktion. Weiter fehlt eine feindliche Willensrichtung und auchvon einem vorsätzlichen Handeln Ihrer Mutter kann bei denvon Ihnen gemachten Angaben nicht ausgegangen werden.Nachdem ein entschädigungsfähiger Tatbestand im Sinne des§1 OEG nicht vorliegt, muss Ihrem Antrag ein Erfolg versagtbleiben.“Versorgungsamt Stuttgart, Bescheid vom 9. April 2008


Beispiel: DieVogelzuchtentscheidungDer für einen vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriff imSinne des § 1 Abs. 1 OEG erforderliche Tatbestand eines infeindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper der Klägeringerichteten Handelns ist nicht gegeben.Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Eheleute K. ihreVogelzuchtanlage mit einer unmittelbaren (feindlichen) Ausrichtungauf andere Menschen betrieben haben. Um Fallgestaltungen dieserArt („mittelbarer Angriff“) gleichwohl in den Schutzbereich des OEGeinzubeziehen, bedurfte es eines eigenständigen gesetzlichenTatbestands. Einen solchen enthält § 1 Abs. 2 Nr. 2 OEG: Wenndanach die Herbeiführung bestimmter Gefahrenlagen einem tätlichenAngriff gleichgestellt wird, so bedeutet dies zugleich, dass dieseTatbestände der Sache nach nicht mit unmi ttelbaren tätlichenAngriffen identisch sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. Dezember 2003, Az.B 9 VG 3/02 R, Juris Rdnr. 14)


Besispiel: VogelzuchtanlageSelbst der spätere anwaltliche Hinweis an die Eheleute K. vom 27.Juni 1990 auf im Zusammenhang mit der Vogelzuchtanlagebestehende Gesundheitsgefahren lässt noch nicht den Schluss zu,dass die Nachbarn durch den Weiterbetrieb der Anlage derKlägerin Gift oder gesundheitsschädliche Stoffe beibringen wolltenoder dies billigend in Kauf genommen haben.Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie Opfereines mit gemeingefährlichen Mitteln begangenen Verbrechensgemäß § 1 Abs. 2 Nr. 2 OEG geworden ist.Selbst wenn jedoch für die Zeit ab April 1998 eine fortbestehendeFreisetzung von Allergenen durch die Vogelzuchtanlage und damitverbundene Verursachung der Gefahr einer schwerenGesundheitsschädigung der Klägerin unterstellt würde, müsstedavon ausgegangen werden, dass jedenfalls der subjektiveTatbestand nicht erfüllt ist. Es liegen keine Anhaltspunkte dafürvor, dass das Ehepaar K. durch fortbestehende Freisetzung vonAllergenen durch die Vogelzuchtanlage die Gefahr einer schwerenGesundheitsschädigung der Klägerin zumindest billigend in Kaufgenommen hat.<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Beispiel: Die Xylamon-entscheidungBSG, Urteil vom 28. 4. 1999 - B 9 VG 7/ 98 RIm März 1992 beantragte die Klägerin die Gewährung vonLeistungen nach dem OEG. Sie trug vor, ihre Behinderung seidarauf zurückzuführen, dass ihre Mutter während derSchwangerschaft innerhalb der Wohnung die HolzschutzmittelXylamon-Bläuesperrgrund und Xyladecor der Fa. D. verarbeitethabe.„ Da der insgesamt zu beurteilende Sachverhalt aus der Sichtder Strafgerichtsbarkeit mangels Vorliegens der entsprechendensubjektiven Tatbestandsmerkmale keine Hinweise für einegezielte Schädigung der Klägerin durch die Angeklagten durchBeibringung von Gift iS von § 229 StGB aF enthält und auchkeine (bedingt) vorsätzliche Giftfreisetzung vorgelegen hat, isteine gezielte Schädigung der Klägerin iS des § 1 Abs 1 oder Abs2 Nr 1 OEG mangels Vorsatzes iS des § 1 Abs 1 und Abs 2 Nr 1OEG, ebenfalls ausgeschlossen.


SchlussfolgerungAlkohol ist kann Gift im Sinne des §224 Nr. 1 StGB seinProblem 1: § 224 Nr.1 StGB setztstrafrechtlich eine existenten MenschenvorausProblem 2: § 224 Nr.1 StGB verlangt dievorsätzliche Beibringung von Gift<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Problem 1:Rückblick: § 1 Diskussionsentwurf eines Gesetzes zumSchutz von Embryonen vom 29.04.1986 :„ Wer durch Einwirkung auf einen Embryo oder Foetus eineGesundheitsschädigung des aus ihm hervorgegangenen Menschenherbeiführt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mitGeldstrafe bestraft „Ziel: umfassender Schutz der Leibesfrucht vor solchenEinwirkungen, die sich später nachteilig auf das Leben desgeborenen Menschen auswirken könnenAber: nicht in Kraft getreten !!!!!!Mutter als taugliche Täterin bleibt außen vor.Schlussfolgerung: Pränatale Schädigungen können zwar zuzivilrechtlichen Schadensersatzverfahren führen, bleiben aberim Strafrecht, soweit nicht ausdrücklich besondereSchutzgesetze verletzt sind, ohne Sanktion:Taugliches Objekt des Körperverletzungstatbestandes ist nurder geborene Mensch; es genügt nicht, dass ein im pränatalenStadium erfolgter Angriff sich postmortal als Schädigungserfolgauswirkt.


SchlussfolgerungEs ist schon fraglich, ob man sich über die damaligeEntscheidung gegen eine Schutznorm im Sinne desDiskussionsentwurfs mit der heutigen Rechtsprechung desBSG zur Einbeziehung des ungeborenen Kindes in denSchutzbereich des OEG hinwegsetzen kann – aber denkbarDie meisten Fälle würden aber mutmaßlich daranscheitern, dass der Vorsatz nicht nachgewiesen ( Problem2) werden kannUm wenigstens Eventualvorsatz zu begründen, müsstevielmehr Aufklärung betrieben werdenWas tun?<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Der Gesetzgeber……FASD -<strong>Kinder</strong><strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


Ansatzpunkt:Bundesverfassungsgericht1 BvL 20/99 - 1 BvR 933/01- Urteile vom 29.01.2003Der Gesetzgeber ist er verpflichtet, dietatsächliche Entwicklung zu beobachten undzu prüfen, ob seine Prämissen auch vor derWirklichkeit Bestand haben.Stellt sich dabei heraus, dass dies nicht derFall ist, wird der Gesetzgeber mit einerKorrektur der Regelung dafür sorgen müssen,dass der verfassungsrechtliche Schutz desIndividuums gewährleistet wird


Beispielfür Entschädigungaus humanitären Gründen?Gesetz über die humanitäre Hilfe für durch BlutprodukteHIV-infizierte Personen (HIV-Hilfegesetz - HIVHG) vom24.07.1995§ 1 Zweck des GesetzesZweck des Gesetzes ist es, aus humanitären undsozialen Gründen und unabhängig von bisher erbrachtenEntschädigungs- und sozialen Leistungen an Personen,die durch Blutprodukte unmittelbar oder mittelbar mitdem Human Immundeficiency Virus (HIV) oder infolgedavon an AIDS erkrankt sind, und an derenunterhaltsberechtigte Angehörige finanzielle Hilfe zuleisten.Aber Entschädigung für HCV infizierte Bluter gerade„ abgeschmettert“( vgl. BT-<strong>Dr</strong>s. 16/11685 und 16/10879)


Beispiel :Entschädigung aus humanitären Gründensogar OEG daneben möglichDopingopferhilfegesetz, 2002 BGBl. I, 3410§ 1Beim Bundesverwaltungsamt wird aus humanitären und sozialenGründen ein Fonds in Höhe von 2 Millionen Euro eingerichtet, ausdem nach Maßgabe der folgenden Vorschriften finanzielle Hilfe anDoping-Opfer der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republikgewährt wird.§ 2Anspruch auf finanzielle Hilfe nach diesem Gesetz haben Personen,die erhebliche Gesundheitsschäden erlitten haben, weil1. ihnen als Hochleistungssportlern oder -nachwuchssportlern derehemaligen Deutschen Demokratischen Republik ohne ihr Wissenoder gegen ihren Willen Dopingsubstanzen verabreicht worden sind,2. ihrer Mutter während der Schwangerschaft unter denBedingungen der Nummer 1 Dopingsubstanzen verabreicht wordensind.


Was sonst noch?<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong>0201/862 12 12


„Denn niemand liebt den Boten schlimmerWorte.“( Sophokles in Antigone)


Beklage nicht, was nicht zu ändern ist,sondern ändere, was zu beklagen ist!( Shakespeare)


Zeit zu fragen<strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong><strong>Dr</strong>. Gudrun <strong>Doering</strong>-<strong>Striening</strong> – 45130 0201/862 Essen 12 – Rüttenscheider 12Str. 94-98 – www.rue94.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!