Vortrag von Prof. Dr. M. Böck über das - Institut für Klinische ...
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Aller guten Dinge sind 4: Die Blutgruppen und ihr Entdecker<br />
09.01.2007<br />
krieges (zum Vergleich: heute transfundieren wir jährlich <strong>über</strong> 4 Millionen Erythrozytenkonzentrate<br />
alleine in Deutschland).<br />
Aber auch nach dem ersten Weltkrieg ist man <strong>über</strong>rascht <strong>über</strong> die Vorbehalte, die viele<br />
Ärzte der Bluttransfusion entgegenbrachten. Den meisten Ärzten war auch 20 Jahre danach<br />
nichts <strong>über</strong> die Entdeckung Landsteiners bekannt. Kaum einer wusste, <strong>das</strong>s durch<br />
eine einfache Bestimmung der ABO-Blutgruppen der Transfusion ein Großteil ihrer Gefährlichkeit<br />
hätte genommen werden können. Solche Pannen in der wissenschaftlichen<br />
Rezeption <strong>von</strong> Forschungsergebnissen in Europa waren es, die dazu führten, <strong>das</strong>s sich<br />
in den 20iger und 30iger Jahren des vorigen Jahrhunderts der Schwerpunkt der transfusionsmedizinischen<br />
Entwicklung zunehmend in die USA verlagerte und insbesondere<br />
Deutschland immer mehr ins Hintertreffen geriet.<br />
Mitte der 20iger, Anfang der 30iger Jahre – vor allem mit der Verleihung des Nobelpreises<br />
an Karl Landsteiner – begann sich seine Entdeckung dann jedoch in der medizinischen<br />
Fachwelt langsam durchzusetzen. Die ersten echten „Blutbanken“ in des Wortes<br />
heutiger Bedeutung entstanden 1937 in den USA am Cook County Hospital und etwas<br />
früher noch in Moskau am „Forschungsinstitut <strong>für</strong> Hämatologie und Bluttransfusionswesen“,<br />
<strong>das</strong> im Europa der 30iger Jahren auf diesem Gebiet als führend galt. An Deutschland<br />
ging die einsetzende Entwicklung der Transfusionsmedizin zunächst jedoch trotz<br />
des Nobelpreises weitgehend vorbei. Während sich in den dreißiger Jahren <strong>über</strong>all um<br />
uns herum ein blühendes Transfusionswesen etablierte, blieb in Deutschland diesbezüglich<br />
die Zeit einfach stehen. So kennen wir beispielsweise aus Spanien einen Bericht<br />
aus dem Jahre 1936, nach dem im Rahmen des Bürgerkrieges im Raum Madrid 4000<br />
und im Raum Barcelona 3000 Konserven transfundiert worden waren, während in<br />
Deutschland die Bluttransfusion noch immer eine Rarität darstellt. Volkmar Sachs, einer<br />
der Pioniere der Transfusionsmedizin zu Beginn der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts<br />
kommentierte diese Entwicklung mit folgenden Worten: „Warum ausgerechnet<br />
Deutschland, <strong>das</strong> Land, in dem ……besonders seit 1933 jede Tätigkeit organisiert wurde,<br />
die Organisation <strong>von</strong> Transfusionsdiensten unterlassen hat, wird ein unlösbares<br />
Rätsel bleiben. Offenbar war die Bedeutung nicht erkannt worden“.<br />
Erst der zweite Weltkrieg zwang Deutschland, langsam umzudenken. Bluttransfusionen<br />
waren dringend erforderlich geworden, sowohl an der Front wie auch zu Hause. Allerdings<br />
gab es kaum Blutspender. Die Soldaten waren im Feld, die Frauen zu Hause<br />
durch Bombenangriffe verletzt, umgekommen oder durch Arbeitseinsätze kaum verfügbar.<br />
So sollte es bis nach dem zweiten Weltkrieg dauern, bis Landsteiners Erkenntnis<br />
nicht nur im übrigen Europa und der Welt, sondern auch in Deutschland ihre volle Wirksamkeit<br />
zum Wohle der Patienten entfalten konnte.<br />
Und wie ist die Situation heute, im Jahre 2007?<br />
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