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JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

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184. Die Emporhebung des Andachtbildes oder Elevation, um einen Begriff des<br />

römischen Barock zu gebrauchen, impliziert neben der rein materiell praktischen<br />

Unterstützung auch den unwirklichen Aspekt det Vision Bernhards: Der<br />

Felsen unter ihm gibt zwar den historischen Ort Golgatha an, doch der Sokkel<br />

schmälert diese Wirklichkeit zum Teil wieder, da auch das Kreuz auf<br />

keinem Felsen steht. Die Bamberger Amplexusgruppe von 1723 (Anm.183)<br />

geht da einen wichtigen Schritt weiter, indem sie die ganze Gruppe in eine<br />

Wolkengloriole einbettet, die den visionären Charakter ähnlich unterstreicht,<br />

wie es Bernini mit seiner hl.Therese vorgeführt hatte.<br />

185. Freilich wäre es auch möglich gewesen, den oft dargestellten Typus des Amplexus<br />

zu verwenden, bei dem Bernhard weit unter dem sich herabbeugenden<br />

Christus ihm die Arme entgegenstreckt, wie dies z.B. V.Dümpel an seinem<br />

Ebracher Bernhard-Altar getan hatte (Anm.183). Dies führt in freiplasti- 83b<br />

scher Ausführung zu unschönen Verzerrungen oder unsinnig kurzen Kreuzen.<br />

Die Frage bleibt, warum Preuß hier nicht wie Kern in Schöntal (Anm.183) 83a<br />

auch die bildmäßige Darstellung im Flachrelief wählte. Daß er im Relief arbeiten<br />

kann, zeigen die beiden Bronnbacher Grabplatten K 2, K 4. Der Grurrl<br />

dürfte, wie die Grabplatten und das ursprüngliche Aussehen des Retabels<br />

schon andeuten, in dem Willen liegen, Wesentliches konzentriert und wirkungsvoll<br />

darzustellen. Im Flachrelief ist dies nur im begrenzten Ausmaß möglich.<br />

186. Selbst auf den Magdalenen-Altar trifft dies zu, da dort die zu Verfügung 5b<br />

stehende Höhe der Hauptgruppe eine deutliche Dominanz über die Nebenfiguren<br />

ermöglicht hätte. Jene sind jedoch, anders als die des Bernhard-Altars,<br />

ebenso groß wie der Kruzifix, erhalten also durch ihre volumigen Gewänder<br />

eine gewichtige Eigenbedeutung. Es ist eine Eigenart Kernscher Kunst, die<br />

auch Leonhard einschließt, daß sie ihr Augenmerk auf die Einzelfigur, nicht<br />

auf das Ganze richtet, sofern man nicht eine Stichvorlage verwandte.<br />

187. Vgl. Anm.183.<br />

188. E.Hubala, Reclamführer Oberitalien Ost, 1965, 805: Altar im oberen Saal<br />

der Scuola Grande di San Marco, Venedig: "Die rundbogige heute leere Rahmung<br />

des Altarbildes greift derart in die Bekrönung ein, daß die übliche Teilung<br />

in Säulenzone, Gebälk und Giebel fehlt. Das ist ein sehr bemerkenswerter,<br />

neuer Typus der venezianischen Altararchitektur, den man mit Veronese<br />

(Orgel flügel in S.Sebastiano, dort auch Hochaltar (1559/62), später Hochaltar<br />

in S.Giustina in Padua) verbinden möchte." Er wendet sich gegen eine Zuschreibung<br />

an Jacopo Sansovino und plädiert fUr eine Spät datierung weit<br />

nach der bisher angenommenen Entstehungszeit zwischen 1533/46. Auf Gemälden<br />

Veroneses findet man denn auch dieses Motiv einigem ale: Salomon<br />

und die Königin von Saba, Turin, Galleria Sabauda (Portalarchitektur); Verkündigung,<br />

Venedig, Gall. dell'Accademia (Portal architektur); Susanna und die<br />

beiden Alten, Wien, Kunsthist. Museum (Fensterarchitektur) und das Martyrium<br />

des Johannes d.T., Pfarrkirche Dossena (Portalverkleidung), vgl. G.Piovene/R.Marini,<br />

L'opera completa dei Veronese. Classici deli 'arte Rizzoli 20<br />

(1968) Abb.246, 245, 228, 179. Auch Tizians letztes Gemälde, die Pieta in<br />

der Accademia, Venedig, fUhrt diesen Ädikulatypus in einer bemerkenswert<br />

retabelähnlichen Auffassung vor, indem die Hauptgruppe die mittlere Nische<br />

besetzt und die beiden Assistenzfiguren Moses und Sibylle seitlich auf Postamenten<br />

feststehen wie in Bronnbach. Unter den venezianischen Grabmälern<br />

und Retabeln seien noch, von den segmentgiebelförmigen Typen einmal abgesehen,<br />

folgende Beispiele genannt: In der Carmini-Kirche das mittlere Hauptteil<br />

im Obergeschoß des Grabmals J ac.Foscarini (gest. 1602), der Hochaltar<br />

von S.Giuseppe di Castello, der Altar in der rechten Chorkapelle von S.Se-<br />

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