JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg
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tonischer bevorzugt ornamentale Strukturen anwenden.<br />
1016. R.jürgens, Römische Barockaltäre a.O.(Anm.982) 228f. Sie betrachtet die<br />
Wandretabel als Vorläufer der "Bildrahmenretabel". Sie haben grundsätzlich<br />
keine Predella (S.230). Borrominis Altäre in S.Carlino sind danach Wandretabei.<br />
1017. Unter den Hochaltären im deutschsprachigen Raum scheint mir der Hochaltar<br />
in der Münchner Theatinerkirche der erste zu sein, der vollkommen<br />
an die Apsiswand gerückt, auch in architektonischer Hinsicht den Versuch<br />
unternimmt, mit der Raumgliederung zu korrespondieren, indern die gedrehten<br />
Säulen z.B. den Maßen der anderen folgen oder der Auszug das Lünettenfenster<br />
im Gewölbe umrahmend mit einbezieht. Freilich ist die gesamte<br />
Retabelarchitektur etwas über die übrige Gliederung emporgehoben, ist also<br />
defakto kein Teil derselben, nimmt aber an diesem Ort eine Funktion ein,<br />
die sonst die Halbsäulen der Innenraumgliederung hätten übernehmen müssen,<br />
ob nun in der Einzahl oder als Doppelsäulen, die im Altar trotz ihrer<br />
Stellung im Winkel angedeutet sind, vgl. auch Anm.521. Zeitlich frühere<br />
Hochaltäre im Salzburger oder dem Gurker Dorn stehen zwar auch unmittelbar<br />
an der Wand, korrespondieren jedoch nicht mit deren Gliederung, sofern<br />
vorhanden.<br />
1018. Bildhandbuch Bremen-Niedersachsen (Deutsche Kunstdenkmäler. Hrsg. R.<br />
Hootz) 1963, Abb.211, S.386.<br />
1019. U.Middeldorf, Eine Zeichnung Andrea Sansovinos in München, Münchner jb.<br />
f.bildende Kunst NF 10(1933) 139-146, bes. 142, Abb.3. Als verwandte venezianische<br />
Beispiele wären hinzuzufügen ein Steinaltar in der zweiten rechten<br />
Kapelle von S.Maria Domini oder der Altar von Guglielmo dei Grigi<br />
(1540/50) in der zweiten linken Kapelle von S.Salvatore (Hubala, Reclamführer<br />
Oberitalien Ort, 1965, 935). Unter den deutschen Beispielen sei nur auf<br />
Loy Herings Epitaph für Herzog Erich I. von Braunschweig (gest. 1540) in<br />
Hannoversch Münden hingewiesen, Bildhandbuch Bremen-Niedersachsen (Anm.<br />
1018) 379, Abb.169. Wie sehr deutsche Innenraumdarstellungen entsprechend<br />
den venezianischen Casamento-Bildern Bellinis von anfänglicher korrekter<br />
Übernahme sich bald in mißverständliche Derivate davon entwickeln, besser<br />
degenerieren konnten, kann anhand zweier Bronzeepitaphien aus der Nürnberger<br />
Vischer-Werkstatt in St.Lorenz gezeigt werden. Das in vollendeter<br />
Klarheit und Frische von Peter Vischer d.J. für Anton Kress (gest.1513)<br />
geschaffene Epitaph zeigt den Verstorbenen in einer tonnenüberwölbten Kapelle<br />
vor seinem Betpult kniend. Der Einblick in die1ffl perspektivisch knapp<br />
und sicher verkürzten Innenraum läßt die vier Eckpfeiler des Raumes deutlich<br />
sichtbar werden. - Das zwei Generationen später entstandene gleich<br />
große Epitaph für Hektor Pömer (gest. 154 J) von Hans Vischer scheint auf<br />
den ersten Blick die gleiche Situation des betenden Verstorbenen im gleichen<br />
Innenraum wiederzugeben. Doch trotz der gleichartigen perspektivischen<br />
Verkürzung ist anstelle der Raumdarstellung etwas anderes getreten, ein<br />
Relief, ein Rahmen. Das liegt vor allem an der fehlenden Korrelation zwischen<br />
Wänden und Gewölbe. Waren im älteren Epitaph die Raumpfeiler im<br />
Gewölbe deutlich als Gurte sichtbar geworden, so fehlen sie hier, entweder<br />
die vorderen Pfeiler oder die hinteren Gurtbögen. Dieser "Raum" ist nicht<br />
mehr prägnant durchdacht, weshalb die perspektivischen Wandfluchten eher<br />
als Rahmung, denn als Raum aufgefaßt werden, als ein perspektivisches Etwas.<br />
Diese Metamorphose vermag vielleicht die Schwierigkeiten, die der<br />
Schöpfer des Peter-und Paulsaltars mit der Perspektive bzw. mit der Raumdarstellung<br />
hatte, begreiflich zu machen. Das einstmals Klare war längst<br />
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