05.12.2012 Aufrufe

JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

(523) verwandt. Dennoch ist dieses Steinl nur zugeschriebene und nicht genau datierbare<br />

Retabel in seiner Wirkung auf den Beschauer mit Bildhausen verglei::hbar,<br />

zumal auch in der betont selbständigen Behandlung des Altarblattes Übereinstimmung<br />

besteht. Die Versuchung ist groß, beide Retabel unter ein und<br />

demselben Typ zu rubrizieren, doch wie Gold und Gelb aus verschiedenen Töpfen<br />

stammen, darf man das im Grundriß spezifisch anders geartete Kolonnadenmotiv<br />

in Bildhausen nicht mit der Steinl'schen Retabelwand verwechseln,<br />

wenn man nach der Genese fragt. Der Hinweis auf die offenen Triumphbogenretabel<br />

Vittorias bleibt bestehen, doch liegt nunmehr die Frage nahe, ob das<br />

Preuß-Retabel in Bildhausen als eine Synthese zwischen Venedig und SteinI!<br />

Lepautre aufgefaßt werden kann. Voraussetzung dafür wäre allerdings, daß<br />

Preuß von den Leubuser Altären Kenntnis hatte, oder zumindest von den Stichen<br />

Lepautres. Beides ist wenig wahrscheinlich. Zwar könnten zwischen Bildhausen<br />

und Leubus Informationen ausgetauscht worden sein, da beide dem Zisterzienserorden<br />

angehörten, und die Aliarentwürfe seit ca. 1676 vorgelegen<br />

haben müssen, doch weist gerade der Leubuser Hochaltar, der nach Pühringer­<br />

Zwanowetz keine Invention des Steinl ist, die allerwenigsten Gemeinsamkeiten<br />

mit Bildhausen auf (das bis auf den hl.Robert identische ikonographische Programm<br />

ist dabei kein Gegenargument). Über die Altarinventionen Lepautres<br />

allein - die in Stichen verbreitet waren - ist die Bildhausener Konfiguration<br />

noch schwieriger zu erklären, denn Lepautre stellt zwar Statuen vor (Doppel)<br />

Säulen, z.T. auch unmittelbar neben das Altarbild, doch kennt er weder die<br />

Freisäule noch die an romanische Portalgewände erinnernde Staffelung der<br />

Säulen von außen nach innen. Auch bevorzugt er das gerade, alles überziehende<br />

Gebälk, das Preuß wenn möglich vermied oder durch Verkröpfungen auflokkerte.<br />

Das Fazit dieses prüfenden Versuches, Bildhausen von Retabeln mit<br />

Rückwand ableiten zu wollen, ist unbefriedigend, da neue Probleme aufgetaucht<br />

sind. Das Leubuser Frühwerk des damals schon dreißigjährigen Stein I<br />

enthält einige für Bildhausen wichtige Elemente, die so in Venedig nicht vorgebildet<br />

sind, doch läßt sich der unmittelbare historische Zusammenhang nur<br />

schwer plausibel machen. Immerhin beweisen diese Parallelerscheinungen, daß<br />

Preuß mit seinem Retabel auf der Höhe der Zeit ist, ob aus eigenem Antrieb,<br />

482<br />

das sollte vorsichtigerweise nicht als sicher hingestellt werden.<br />

Zum Schluß sollte eine Gattung nicht unerwähnt bleiben, die das besonders<br />

von Tizian und Veronese oft verwandte Motiv der Figur vor der Säule ebenfalls<br />

kennt, das Grabmal. Hier ist vor allem auf das von dem Bildhauer Heinrich<br />

Papen geschaffene Grabmal (1674) für den Grafen josias von Waldeck<br />

(gest.1669) in der Stadtkirche Bad Wildungen hinzuweisen, vgl. "Barockplastik<br />

in Norddeutschland", Ausstellungskatalog Hamburg, Mus.f.Kunst u.Gewerbe,<br />

1977, Abb.163. Aufbau und Gliederung dieses Grabmals gleichen einem Retabel.<br />

Um das Hauptrelief gruppieren sich vier Statuen und vier Spiralsäulen,<br />

die einen Pfeilerkern umstellen. Innerhalb des mittleren, vorgezogenen Säulenpaare&<br />

(ni unmittelbar neben dem aufgebahrten Leichnam. Die bei den anderen<br />

stehen analog auf den Außenseiten der Säulen nurmehr vor einer angedeuteten<br />

Muschelnische anstelle einer Säule. Um die kreuzförmige Anlage der<br />

Architektur auch im Grundriß der Substruktionen sichtbar werden lassen, stehen<br />

die Statuen nicht auf gleicher Höhe zu den vorgezogenen Säulen, sondern<br />

etwas zurückversetzt neben dem Pfeilerkern. Als mutmaßliches Vorbild für<br />

den Mittelteil dienten wohl eine bestimmte Gruppe flämischer Grabmäler, darunter<br />

das des Bischofs Antoine Triest von jerome Duquesnoy in Gent, des<br />

Bischofs Andreas Creusen von Lucas Faydherbe in Mecheln und des Bischofs<br />

Eugenio Albertus D'Allamont von jean Delcour in Gent (S.Durian-Ress, Das<br />

barocke Grabmal in den südl. Niederlanden, Aachener Kunstblätter 45(1974)<br />

Abb.2,6,13, alle zwischen 1650 und 1670 entstanden), die sich alle durch eine<br />

dreiteilige Gliederung auszeichnen, deren Seiten durch vorgezogene Säulen abgeschlossen<br />

sind. Die Statuen befinden sich z.T. noch in den beiden äußeren

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!