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JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

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Vier-Säulen-Stellung und separierte Statuen erreicht er eine starke Verräumlichung<br />

der Architektur. In seiner "Regellosigkeit der Säulenstellung geht dieser<br />

Altar weit über die Systematik des strengen Barocks in Mautern und Weiß­<br />

'kirchen hinaus und leitet zu den epochemachenden Werken Steindis und Fischers<br />

gegen 1700 über." R.Kohlbach, Die gotischen Kirchen von Graz, Graz<br />

1950, 164, Abb.64, Taf.66: "nach 1680".<br />

Das Münchner Retabel steht so unmittelbar vor der Apsiswand, daß die äusseren<br />

Säulen im rechten Winkel vorspringen, aber durch ein gemeinsames,<br />

winkeiförmiges Gebälk verbunden bleiben. Diese Doppelsäulen stehen isoliert<br />

von dem zurückgesetztem Hauptbild, dem eine eigene, kleinere Ordnung beigegeben<br />

ist. Die Säulen besitzen zwar die Höhe der Raumgliederung, sind aber<br />

kein Teil von jener, da sie um ein bedeutendes StOck darüberhinaus gehoben<br />

sind, und das nicht etwa deshalb, um das Oberlicht im- Gewölbe besser in das<br />

Retabel mit einbeziehen zu können. Diese Höhe ist gesucht. Dadurch unterscheidet<br />

sich dieses Werk von seinen mutmaßlichen Vorbildern, Palladios Apsidenretabeln<br />

in den Querarmen von S.Giorgio Maggiore in Venedig (J .Ackerman,<br />

Palladio (1966)31972, Abb.S.15I), die der kleinen Ordnung eingegliedert<br />

sind. Es sind reguläre Ädikulen mit freigestellten Doppelsäulen, deren Gebälk<br />

noch mit der Apsidenwand verbunden ist. Wie dieses kann auch das Münchner<br />

Retabel nur mit der Apsidenwand existieren, nicht aber frei im Raum stehen.<br />

Das Grazer Retabel weist pro Seite 4 Säulen auf, von denen I so vorspringt,<br />

daß I außen und 2 innen zu stehen kommen. Das Gebälk verläuft von der<br />

vorgezogenen Säule schräg zu der innersten, so daß die 2 HauptstOtzen nicht<br />

im rechten Winkel, sondern schräg aufgestellt sind, falls sie nicht außen stehen,<br />

worüber die wenigen Detailabbildungen des Altars kein Urteil erlauben.<br />

Eine Verbindung zu Bildhausen besteht nicht.<br />

522. P.Angelo M.Caccin, Die Basilika St.Johannes und Paul in Venedig, 1969 5 ,Abb.<br />

S.5, 7, 13. E.Hubala, Reclam Kunstfiihrer Oberitalien Ost, 1965, 789: "Bemerkenswert,<br />

auch für die barocke Altarbaukunst Süddeutschlands und Österreichs,<br />

ist die kreuzförmige Stellung der freisäulen um einen Pfeilerkern, auf dem<br />

Bögen und Giebelaufbau ruhen. Das Retabel ist also als "offenes" Triumphtor<br />

über dem kleinen Reliquientempel gebildet. Die Komposition, besonders des<br />

oberen Aufbaues, ist von Altären Vittorias vor 1600 direkt abgeleitet und nod!<br />

für A.Pozzos "Theatrum Sacrum" vorbildlich geblieben. Es bestätigt sich so<br />

die entwicklungsgeschichtliche Bedeutung der Vittoria-Architektur. Den Entwurf<br />

soll 1619 Baldassare Longhena geliefert haben;" Da die "kreuzförmige<br />

Stellung" der Säulen leicht mißverständlich klingt, sei kurz erläutert, daß je<br />

5 Säulen um den erwähnten Pfeilerkern so gruppiert sind, daß den innerhalb<br />

des Bogens gestellten Doppelsäulen außen asymmetrisch nur eine entspricht,<br />

die zudem in größerem Abstanil postiert ist. Das bewirkt eine Verdichtung<br />

und Betonung der Mitte, die den beiden anderen Altären in S.Maria formosa<br />

und S.francesco della Vigna wegen ihres regelmäßigen, quadratischen Grundrisses,<br />

über dem je 4 Säulen stehen, fehlt. Der erstere wurde 1592 von dem<br />

Architekten Smeralda, gen. il Fraca, errichtet, der zweite erst" 1939, wobei<br />

die Säulenstellung noch auf das 16.Jhd. zurückgeht, ihre Anordnung als "Serliana"<br />

auf B.Longhena 1649, Hubala a.0.902, 866.<br />

523. Ob die Bildhäuser Konfiguration auch von einfachen Wandretabein ableitbar<br />

ist, soll kurz angesprochen werden, da die Rückwandlosigkeit ja nicht apriori<br />

das Hauptkriterium sein muß. Die Regel sind viersäulige Retabel, wobei je<br />

zwei gekoppelt sein können (eng oder weit mit figuren dazwischen) oder die<br />

beiden mittleren Säulen vorspringen. Im letzteren fall stehen die Statuen dann<br />

entweder seitlich auf Auslegern oder ganz selten vor den äußeren Säulen, wie<br />

z.B. am freisinger Domhochaltar (1623/25 v. Philipp Dirr; S.Benkert, Ph.Dirr<br />

und die Entstehung des Barock in Baiern = Beitr.z.altbayr.Kirchengeschichte<br />

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