JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

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05.12.2012 Aufrufe

im geschilderten Sinne interpretiert. Zu dem Motiv des Betens vor dem Kruzifix vgl. Rensing a.O. 64, der diesen Typus vom Votivbild ableitet und auf den Rollentausch zwischen Beter und Kruzifix hinweist, indem am Ende der Entwicklung der Beter dominierend die Mitte einnimmt. Seine schematische Darstellung hat freilich vielfältige Ursachen, siehe Anm.424, 425, 426 und das Kapitel Grabmäler. 430. Wurzburg, Martin-v.Wagner-Museum, Kupferstichslg. DK 169, 3978. 431. Die bei den frUhen Bronnbacher Porträts (K 2. K 4) sind da noch weit natura- 4 listischer gestaltet, indem sie die individuellen Eigenheiten betonen, Stirn-und Augenfalten, Ausdruck und Blick. Auch die gebohrten Pupillen gehören dazu, die dem in dieser Hinsicht idealisierten Ehrenberg mit glatten Augen fehlen. 432. Zu dieser Belebung, die nicht von innen kommt, sondern aufgesetzt ist, tragen namentlich die wehenden Haare und die weit geöffneten Augen bei. M.Kerns Aschhausen-Porträt sprengt dagegen die von der Natur gezogenen Grenzen an keiner Stelle. Nüchtern, aber mit viel Sinn für die Details hat Kern diesen Kopf gestaltet. 433. Eine solche gepickte Grundfläche haben die Pluvialen seiner Vorgänger nicht aufzuweisen, soweit da ein sicheres Urteil bei dem zum Teil hohen Anbringungsort möglich ist. Das großformatige florale Muster haben alle gemeinsam, nur daß es Preuß weniger ornamental vielteilig auffaßt, vielmehr auf ein-zwei große Pflanzen beschränkt, die von unten nach oben wachsend die pyramidale Aufwärtsbewegung unterstreichen. Nach den Kriegszerstörungen hat der Mantel einige Ergänzungen erhalten, die im Vergleich zu dem alten Gundermann­ Photo nicht immer originalgetreu sind, z.B. das Rückenstück unter der Kapuze samt der Troddel oder die Hände, deren ergänzte Fingerspitzen der Tatsache nicht mehr gerecht werden, daß der Bischof Handschuhe trägt. Die Mantelschließe fehlt jetzt. Oberhalb der Kniebeuge ist ein größeres, ungemustertes Faltenstück samt dem BlätterbUschel unmittelbar rechts daneben recht grob eingestUckt worden. 434. Diese materialgerechte Genauigkeit im Detail erinnert an M.Kerns Prachtrüstungen auf seinen weltlichen Grabmälern in Öhringen, Wertheim, Erbach, Langenburg und Würzburg, die er mit liebevoller Präzision aus dem Alabaster herausschnitt, als wären sie wirklich aus Metall. Demgegenüber wirken die Gesichter der Betreffenden meist puppenhaft schematisch, obwohl man Kern den Kopf nachgewiesenermaßen gelege{ltlich zuerst nur in Ton modellieren ließ, um dann an Ort und Stelle die endgtiltige Fassung unter korrigierender Aufsicht auszufUhren, Gradmann 1917, 169, 177: wo man von Kern ausdrücklich verlangt, daß er den Kürass so zieren solle, als ob er getrieben wäre. Ein ähnlicher Realismus wird Preuß bei seinem Ehrenberg geleitet haben, wie- wohl er sonst nirgends mehr so stark zu spüren ist. Die Schönborn-Grabplatte 38 (K 31) weist nur noch partiell den Versuch auf, Wolle durch Pickung genauer zu kennzeichnen. Am bronzenen Rieneck (K 33) schließlich fehlt solche mikro- 41 skopische Detailsucht völlig, obwohl sie doch gerade auf diesem Mantel mittels Ziselierung um so wirkungsvoller erreichbar gewesen wäre, wie dies ja einige ältere um 1600 entstandene, wohl Nürnberger Bronzegrabplatten in der WUrzburger Domsepultur in extenso vorführen. Die Pracht und Fülle der bischöflichen Gewandung ist seit alters her auch als Zeichen der Würde auf gefaßt worden (Ausstellungskatalog "Kunst um 1400 am Mittelrhein", Frankfurt 1975, 45) und es ist bezeichnend, daß Preuß diesen Aspekt an seinem ersten großen Werk mit solcher Gewissenhaftigkeit beachtete. Daß Nah-und Fernsicht für Preuß keine unbekannten Kriterien waren, wird in seinem Werk oftmals 465 32; 35a

im geschilderten Sinne interpretiert. Zu dem Motiv des Betens vor dem Kruzifix<br />

vgl. Rensing a.O. 64, der diesen Typus vom Votivbild ableitet und auf<br />

den Rollentausch zwischen Beter und Kruzifix hinweist, indem am Ende der<br />

Entwicklung der Beter dominierend die Mitte einnimmt. Seine schematische<br />

Darstellung hat freilich vielfältige Ursachen, siehe Anm.424, 425, 426 und<br />

das Kapitel Grabmäler.<br />

430. Wurzburg, Martin-v.Wagner-Museum, Kupferstichslg. DK 169, 3978.<br />

431. Die bei den frUhen Bronnbacher Porträts (K 2. K 4) sind da noch weit natura- 4<br />

listischer gestaltet, indem sie die individuellen Eigenheiten betonen, Stirn-und<br />

Augenfalten, Ausdruck und Blick. Auch die gebohrten Pupillen gehören dazu,<br />

die dem in dieser Hinsicht idealisierten Ehrenberg mit glatten Augen fehlen.<br />

432. Zu dieser Belebung, die nicht von innen kommt, sondern aufgesetzt ist, tragen<br />

namentlich die wehenden Haare und die weit geöffneten Augen bei. M.Kerns<br />

Aschhausen-Porträt sprengt dagegen die von der Natur gezogenen Grenzen<br />

an keiner Stelle. Nüchtern, aber mit viel Sinn für die Details hat Kern diesen<br />

Kopf gestaltet.<br />

433. Eine solche gepickte Grundfläche haben die Pluvialen seiner Vorgänger nicht<br />

aufzuweisen, soweit da ein sicheres Urteil bei dem zum Teil hohen Anbringungsort<br />

möglich ist. Das großformatige florale Muster haben alle gemeinsam,<br />

nur daß es Preuß weniger ornamental vielteilig auffaßt, vielmehr auf ein-zwei<br />

große Pflanzen beschränkt, die von unten nach oben wachsend die pyramidale<br />

Aufwärtsbewegung unterstreichen. Nach den Kriegszerstörungen hat der Mantel<br />

einige Ergänzungen erhalten, die im Vergleich zu dem alten Gundermann­<br />

Photo nicht immer originalgetreu sind, z.B. das Rückenstück unter der Kapuze<br />

samt der Troddel oder die Hände, deren ergänzte Fingerspitzen der Tatsache<br />

nicht mehr gerecht werden, daß der Bischof Handschuhe trägt. Die Mantelschließe<br />

fehlt jetzt. Oberhalb der Kniebeuge ist ein größeres, ungemustertes<br />

Faltenstück samt dem BlätterbUschel unmittelbar rechts daneben recht<br />

grob eingestUckt worden.<br />

434. Diese materialgerechte Genauigkeit im Detail erinnert an M.Kerns Prachtrüstungen<br />

auf seinen weltlichen Grabmälern in Öhringen, Wertheim, Erbach, Langenburg<br />

und <strong>Würzburg</strong>, die er mit liebevoller Präzision aus dem Alabaster<br />

herausschnitt, als wären sie wirklich aus Metall. Demgegenüber wirken die<br />

Gesichter der Betreffenden meist puppenhaft schematisch, obwohl man Kern<br />

den Kopf nachgewiesenermaßen gelege{ltlich zuerst nur in Ton modellieren<br />

ließ, um dann an Ort und Stelle die endgtiltige Fassung unter korrigierender<br />

Aufsicht auszufUhren, Gradmann 1917, 169, 177: wo man von Kern ausdrücklich<br />

verlangt, daß er den Kürass so zieren solle, als ob er getrieben wäre.<br />

Ein ähnlicher Realismus wird Preuß bei seinem Ehrenberg geleitet haben, wie-<br />

wohl er sonst nirgends mehr so stark zu spüren ist. Die Schönborn-Grabplatte 38<br />

(K 31) weist nur noch partiell den Versuch auf, Wolle durch Pickung genauer<br />

zu kennzeichnen. Am bronzenen Rieneck (K 33) schließlich fehlt solche mikro- 41<br />

skopische Detailsucht völlig, obwohl sie doch gerade auf diesem Mantel mittels<br />

Ziselierung um so wirkungsvoller erreichbar gewesen wäre, wie dies ja<br />

einige ältere um 1600 entstandene, wohl Nürnberger Bronzegrabplatten in der<br />

WUrzburger Domsepultur in extenso vorführen. Die Pracht und Fülle der bischöflichen<br />

Gewandung ist seit alters her auch als Zeichen der Würde auf gefaßt<br />

worden (Ausstellungskatalog "Kunst um 1400 am Mittelrhein", Frankfurt<br />

1975, 45) und es ist bezeichnend, daß Preuß diesen Aspekt an seinem ersten<br />

großen Werk mit solcher Gewissenhaftigkeit beachtete. Daß Nah-und Fernsicht<br />

für Preuß keine unbekannten Kriterien waren, wird in seinem Werk oftmals<br />

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