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JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg

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Gebsattel-Grabmal in St.Michael, Bamberg), doch fällt es auf, daß unter der<br />

Menge der weltlichen Adoranten an Grabmälern des 16. u. 17.Jhd. die Verbindung<br />

von Kniefigur und Muschelnische anscheinend fehlt, während Standfiguren<br />

sehr wohl in Muschelnischen stehen können. Ausnahmen bilden einige<br />

neapolitanische Grabmäler um 1600, vgl. Bruhns "Ewige Anbetung" (Anm.343)<br />

Abb.212, 213. Ob die Muschelnische als Unterscheidungsmerkmal gelten kann,<br />

steht dahin, denn die Grabmäler des weltlichen Adels sind in den seltensten<br />

Fällen einem Einzelnen, meist der ganzen Familie gewidmet, wozu sich aus<br />

formalen Gründen eine Nische nicht anbietet. Mit Tradition wäre also die<br />

mehr oder weniger auf <strong>Würzburg</strong> beschränkte, durch Loy Hering importierte<br />

Ausprägung der Kniefigur vor der Muschelnische gemeint.<br />

424. Siehe auch weiter unten und in Anm.431. Diese Herauswendung der Bischofsfigur<br />

aus der Ebene kann natürlich nicht allein so materiell durch die im Wege<br />

stehende Säule erklärt werden, da sich hier auch ein barocker Drang nach<br />

aktiver Bewegung manifestiert, weshalb man annehmen darf, daß der Bischof<br />

auch bei freierer Aufstellung sich mit demonstrativer Gebärde dem Hochaltar<br />

hinwenden würde. Auch die Bamberger Rieneck-Statue wendete an ihrem ursprünglichen<br />

Standort den Blick zum Hochchor. Die Stromberg-Büste blickt<br />

zwar nicht zum Hochaltar, aber doch geradeaus zum gestifteten Marienaltar.<br />

Über das Motiv der Ewigen Anbetung mit und ohne Kruzifix siehe das Kapitel<br />

Grabmäler.<br />

425. Eine Golgatha-Landschaft zeigt schon Loy Herings Erstlingswerk in <strong>Würzburg</strong>, 119b<br />

das Thüngen-Grabmal, obwohl er dort eigentümlicherweise nicht in der Felsenlandschaft,<br />

sondern auf einer eigenen Plinthe kniet. Am nachfolgenden Bibra­<br />

Grabmal verdeckt der Bischofsmantel die Situation. Unklar bleibt auch, worauf<br />

der nächste Bischof Zobel v. Giebelstadt kniet. Die Hauptszene schildert zwar<br />

seine Ermordung, doch im Vordergrund ist neben dem Kreuz der Golgatha-<br />

Felsen angedeutet, von dem unter den Knien des Bischofs aber nichts zu sehen<br />

ist. Auf unzähligen anderen, meist weltlichen Grabmälern ist die Situation<br />

eindeutig erkennbar, Bruhns 1923, Abb.15, 24, 30, 34, oder am Grabmal Anna<br />

Ursula v. Braunschweig-Lüneburg in Crailsheim (1603, von Melchior Schmid<br />

1605 bez.; H.J.König, Die Crailsheimer Johanneskirche = Große Baudenkmäler<br />

228, 1969, Abb.S.15). Man hat ihr allerdings noch ein Kissen untergelegt, anders<br />

als dem Ehepaar Ludwig Casimir v. Hohenlohe in ihrem Grabmal in der<br />

Öhringer Stiftskirche (1570 und "1696 IAP" bezeictwet; von Joh.v.Trarbach.<br />

K.Schumm, Die Stiftskirche Öhringen, Öhringen o.J. ,16; ders., J.v.Trarbachs<br />

Grabmal d. Grafen Ludwig Casimir in der Stiftskirche Öhringen, Heilbronn<br />

1957; C.Gräter, Hohenlohe. Bilder eines alten Landes, Stuttgart 1984, Abb.29,<br />

rechts). Etwas verallgemeinernd kann man für alle übrigen Fälle, wo der Golgatha<br />

-Felsen fehlt, sagen, daß die Beter dann auf einem Kissen oder Schemel<br />

knien und das Kreuz entweder kleinformatig auf einem Pult plaziert ist, oder<br />

von einem Engel gehalten wird, siehe die Grabmäler N.v.Thüngen und Joh.K. 121a<br />

Kottwitz v.Aulenbach im Querhaus des <strong>Würzburg</strong>er Doms, Bruhns 1923, Abb.<br />

67, 98 u. 113. Natürlich können Kissen, Betpult und Engel auch fehlen, wichtig<br />

ist, daß es die Verbindung von Felsen und Betpult nicht zu geben scheint.<br />

Mithin wird man die felsenartige Kuppe unter dem Ehrenberg nicht als Golgatha<br />

ansprechen dürfen, auch dann nicht, wenn man die ursprüngliche Planung<br />

ohne Kreuz berücksichtigt.<br />

426. Es bleibt aber der zu interpretierende Tatbestand, daß der Bischof nicht auf<br />

einem Kissen oder einer Bank kniet, sondern auf einem st:ilisierten Felsen, der 35a<br />

nicht einfach als felsige Plinthe abgetan werden kann, wie man sie bei Statuen<br />

des öfteren findet. Wenn schon Golgatha aus Gründen ikonographischer<br />

Überlieferung nicht gemeint sein kann, so möchte man sich fast an Dantes<br />

Monte Purgatorio erinnert fühlen, und da an dessen oberste Kuppe, das irdische<br />

Paradies, von dem aus die Seele in das himmlische gelangt. Vergleiche<br />

463

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