JOHANN PHILIPP PREUSS - OPUS - Universität Würzburg
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Dreiviertelsäulen so weit überschnitten werden. Bei einem weiter herausgezogenen<br />
Kreismittelpunkt müßten die Statuen zur Gänze sichtbar sein. Überdies<br />
muß man berücksichtigen, daß Altarstufen und Mensa innerhalb des Apsidenhalbkreises<br />
untergebracht werden müssen. Eine Besonderheit des Grundrisses<br />
scheint es zu sein, daß Teile der Architektur die Krümmung nicht mitmachen,<br />
so vor allem die Innenseiten der außenstehenden Pfeiler und die Piedestalen<br />
und Gebälke der Säulen.<br />
334. Mag man für das vordere Paar wegen der Rechtwinkligkeit den Begriff Pfeiler<br />
akzeptieren, wird es für das innere Paar schwieriger. Hier ist auf dem<br />
Photo gerade ebenso, aber deutlich genug zu sehen, daß, in Aufriß und Kapitellbildung<br />
einem äußeren Pfeiler vergleichbar, zwei Pilaster in stumpfem Winkel<br />
so auf Ecke stehen, wie es der Einschnitt in den Kreisbogen an dieser<br />
Stelle erfordert. Der überbrückende Bogen ist aber nur den sich frontal gegenüberstehenden<br />
Pilastern zugeordnet. Dieser Bogen ist die Schwachstelle<br />
der Konstruktion, da er mit seiner Rechtwinkligkeit einen geschmeidigen Übergang<br />
zum Gewölbe verhindert. Der vordere Bogen mildert diesen Effekt durch<br />
seine abgeschrägte und stark profilierte Laibung.<br />
335. Diese Konstruktion wurde dem alten Gundermann-Photo mit einIger Sicherheit 20<br />
abgemessen, wobei der Hinweis genügen muß, daß die Verzerrungen im oberen<br />
Bildbereich wegen der gleichbleibenden Breite der Konchenöffnung (auf dem<br />
Photo) negiert werden können. Da Photometrie aber eine Wissenschaft für<br />
sich ist, bleibt eine gewisse Unsicherheit bestehen. Immerhin ist mir keine<br />
zweite Bogenkonstruktion dieser Art in Franken aufgefallen. Die Emporenbögen<br />
Michael Kaudts in Eibelstadt sind gängige Korbbogenkonstruktionen mit<br />
zwei unterschiedlich großen Kreisbögen. Die Sache entzieht sich damit vorläufig<br />
einer Beurteilung.<br />
336. Verzierte Stirnseiten dieser Art sind keine Erfindung des Preuß, sondern schon<br />
lange in Gebrauch, so z.B. an der Domkanzel M.Kerns.<br />
337. E.Panofsky, Die Scala Regia im Vatikan und die Kunstanschauungen Berninis,<br />
Jb.d.Preußischen Kunstslgn. 40(1919), 241-278.<br />
338. Damit sind die Worte der Jesuiten sicher überinterpretiert, denn jene fühlten<br />
sich wohl schlicht an Innenraumdarstellungen im Relief oder in der Malerei<br />
erinnert.<br />
339. Plinthe und Basis in gleicher Höhe versetzt Figur und Säule in ein unmittelbar<br />
anschauliches Verhältnis, was zumindest den Eigenwert der Architektur<br />
steigert. Dies wird besonders in den späten Hochaltären des Preuß deutlich.<br />
Er überwindet damit jenes manieristische oder gotisch, deutsches Gestaltungsprinzip,<br />
Figuren und Architektur nach dem Gesetz der optimalen Flächennutzung<br />
zu dimensionieren, ohne Rücksicht auf struktive Prioritäten, vgl. Heinrich<br />
Schickards Urteil über Hubert Gerhards Augustusbrunnen 1598, Gradmann,<br />
M.Kern, 1917, 75. Dazu tritt eine angemessene Proportionierung zwischen Figur<br />
und Säule. Am Marienaltar sind zwar die Säulen nicht sehr viel höher<br />
als die Figuren, doch wird dies einmal durch den verhältnismäßig großen Abstand<br />
der Säulen voneinander, zum anderen durch ihre ausladend und pretentiös<br />
gedrehten, kannelierten Spiralsäulen ausgeglichen. Die vorgeschriebene<br />
Höhe und Breite zwang zu solchen Maßnahmen. Es gibt nur wenige Vorläufer,<br />
die eine solche Korrelation und Proportionierung zwischen Säule und Figur<br />
beobachten, darunter der bedeutende Hochaltar des Freisinger Doms von Philipp<br />
Dirr und Rubens (1623/25). In Franken könnte man den alten Ebracher<br />
Hochaltar von Junker und Lenkhart nennen (1613, vgl. Anm.212), doch sind 95<br />
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