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1920 : Versorgungsbauten für Groß-Berlin 2233004 ... - Laufwerk B

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<strong>1920</strong> : <strong>Versorgungsbauten</strong> <strong>für</strong> <strong>Groß</strong>-<strong>Berlin</strong><br />

<strong>2233004</strong><br />

Seidel / Dame<br />

AEG - Bauten<br />

C i r a L ó p e z M i r ó<br />

G l a d y s G r i f f a u l t<br />

E r i c S o m m e r l a t t e<br />

C h r i s t o p h B i c k e n b a c h


AEG<br />

Als Emil Rathenau 1881 die<br />

Pariser Weltausstellung<br />

besuchte, faszinierte ihn dort<br />

die von Thomas Alva Edison<br />

entwickelte Glühlamp. Er<br />

erwarb 1881 die Lizenz auf<br />

die Edison-Patente und grün-<br />

dete 1883 die Deutsche<br />

Edison-Gesellschaft <strong>für</strong> ange-<br />

wandte Electricität, aus der<br />

1887 die Allgemeine<br />

Elektricitäts-Gesellschaft<br />

(AEG) hervorging. Die DEG<br />

produzierte Glühlampen und<br />

stellte Dynamomaschinen<br />

auf. 1885 installierte sie in<br />

der <strong>Berlin</strong>er<br />

Markgrafenstraße das erste<br />

öffentliche Kraftwerk<br />

Deutschlands. Außerdem<br />

gründete sie als<br />

Beteiligungsgesellschaft die <strong>Berlin</strong>er<br />

Electricitätswerke (BEW), aus denen die spä-<br />

tere <strong>Berlin</strong>er Bewag hervorging. Mit dem<br />

neuen Namen wurde darauf hingewiesen,<br />

dass man sich nun auf alle Bereiche der<br />

Elektroindustrie ausbreitete.<br />

Am Anfang war die AEG von den<br />

Branchenprimus Siemens abhängig.Verträge<br />

zwischen beiden Elektrounternehmen regel-<br />

ten die Betätigungsbereiche. So durfte die<br />

DEG zwar Glühlampen produzieren (weil<br />

Siemens auf diesem Gebiet mit seiner<br />

Eigenentwicklung nicht vorankam), musste<br />

aber Dynamomaschinen, Bogenlampen,<br />

Motoren, Kabel und Drähte bei Siemens kau-<br />

fen. Und auch die AEG unterlag anfangs sol-<br />

chen Beschränkungen. Erst 1896 fielen die<br />

letzten Beschränkungen.<br />

Später, als sich die AEG emanzipiert und<br />

Siemens überflügelt hatte, fanden sich die<br />

Rivalen immer wieder zusammen, um<br />

Konkurrenten auszuschalten oder neue<br />

Marktsegmente zu erschließen: Gemeinsam


gründete man 1892 die Akkumulatorenfabrik<br />

Hagen, 1903 Telefunken <strong>für</strong> die neue Technik<br />

des Funks und 1919 Osram <strong>für</strong> die<br />

Produktion von Glühlampen.<br />

Während dem ersten Weltkrieg produzierte<br />

die AEG jede Menge Munition und sogar<br />

Flugzeuge. Zuvor hatte sie ihre Vielseitigkeit<br />

bereits durch den Einstieg in die<br />

Bahntechnik, den Automobilbau oder die<br />

Schreibmaschinenproduktion unter Beweis<br />

gestellt.<br />

Mit dem ersten Weltkrieg endete der kome-<br />

tengleiche Aufstieg der AEG. Die Inflation zu<br />

Anfang der zwanziger Jahre beutelte sie<br />

erheblich mehr als ihren Konkurrenten. Die<br />

Folgen der Weltwirtschaftskrise konnten erst<br />

1936 durch einen Kapitalschnitt überwunden<br />

werden. 1939 verbuchte Siemens den doppel-<br />

ten Umsatz wie die AEG.<br />

Hier dürfte die Stärke wie die Schwäche der<br />

AEG gelegen haben: Im Unterschied zu ihrem<br />

Konkurrenten, war sie immer stark von<br />

Aktionären, Banken und anderen Geldgebern<br />

abhängig. In den prosperierenden Jahren vor<br />

dem ersten Weltkrieg, als die Elektrotechnik<br />

einen stürmischen Aufschwung nahm, kam ihr<br />

das zugute. Zugleich musste aber eine Krise<br />

wie der erste Weltkrieg mit seinen verhee-<br />

renden Folgen sie umso empfindlicher tref-<br />

fen.<br />

Nach Ende des zweiten Weltkriegs litt die<br />

AEG in besonderem Maße unter Demontagen<br />

und Enteignungen im östlichen Deutschland.<br />

Siemens hatte sich im Vergleich hierauf schon<br />

1944 Vorbereitet. Unter diesen Umständen<br />

war es eine beachtliche Leistung, wenn die<br />

AEG bis Ende der sechziger Jahre wieder<br />

achtzig Prozent des Umsatzes von Siemens<br />

erreichte und das Einholen des Konkurrenten<br />

nur noch eine Frage der Zeit zu sein schein.<br />

Wahrscheinlich war aber gerade diese<br />

Aufholjagd mit der Fixierung auf Siemens ein<br />

großer Fehler. Die Erträge hielten mit den<br />

Umsätzen bei weitem nicht Schritt. Die<br />

Fremdverschuldung ließ dem Unternehmen<br />

kaum noch einen Spielraum. Schließlich<br />

rutschte die AEG in die roten Zahlen.Von<br />

einem Einholen des Konkurrenten konnte<br />

keine Rede mehr sein.<br />

1996 endete nach 113 Jahren die Geschichte<br />

der AEG mit ihrer Verschmelzung auf die<br />

Daimler-Benz AG. Zahlreiche<br />

Sanierungsversuche seit den frühen 1970er<br />

Jahren hatten den schleichenden Niedergang<br />

des einst zur Weltspitze der elektrotechni-<br />

schen Industrie zählenden Konzerns nicht<br />

stoppen können. Heute verwaltet die EHG<br />

Elektroholding GmbH in Frankfurt am Main<br />

das Restvermögen der AEG.<br />

Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft "AEG", <strong>Berlin</strong><br />

(Bestellnummer : 449) © 2004 reichsbank-aktienshop.de<br />

€ 20,-


AEG Standorte 1880 - 1930<br />

1884 Fabrik Schlegelstraße, <strong>Berlin</strong>-Mitte (Glühlampen, Installationsmaterial),<br />

1887 Fabriken Ackerstraße, <strong>Berlin</strong> Wedding (Dampfmaschinen, Dynamomaschinen, Elektromotoren)<br />

1895 -96 AEG - erstes Drehstromkraftwerk Deutschlands<br />

1896 Fabriken Brunnenstraße, <strong>Berlin</strong> Wedding (Generatoren, <strong>Groß</strong>maschinen, Bahntechnik)<br />

1897 Kabelwerk Oberspree, Ober Schöneweide (Telefonkabel)<br />

1904 Turbinenfabrik Huttenstraße, <strong>Berlin</strong>-Moabit<br />

1905 Fabrik Sickingenstraße, <strong>Berlin</strong>-Moabit (Glühlampen, später Röhrenwerk)<br />

1909 Fabriken Hennigsdorf (Isolierstoffe, Bahntechnik, Flugzeugwerft, technisches Porzellan, Hausgeräte)<br />

1915 -17 AEG-eigene Nationale Automobil Gesellschaft<br />

(NAG)<br />

1918 Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf<br />

Automobilfabrik<br />

1919 Fabrik Mülheim/Ruhr (Reparaturwerk)<br />

<strong>1920</strong> Fabrik Scheibenberg, Erzgebirge (Installationsmaterial)<br />

1921 Transformatorenwerk <strong>Berlin</strong>-Oberschöneweide<br />

1921 Fabrik Crottendorf, Erzgebirge (Installationsmaterial)<br />

1922 Fabrik <strong>für</strong> Elektrobeheizung, Nürnberg (Hausgeräte)<br />

1926 Fabrik Annaberg, Erzgebirge (Installationsmaterial)<br />

1926 Apparatefabrik, <strong>Berlin</strong>-Treptow (Schaltgeräte, Gleichrichter, Rundfunkgeräte)<br />

1929 Fabrik Stuttgart-Bad-Cannstadt (Instandsetzung von Transformatoren, Elektrowerkzeuge)


AEG Standorte in <strong>Berlin</strong> 1880 - <strong>1920</strong><br />

1905 Fabrik Sickingenstraße (Glühlampen, später Röhrenwerk) •<br />

1904 Turbinenfabrik Huttenstraße •<br />

•1909 Fabriken Hennigsdorf (Isolierstoffe, Bahntechnik, Flugzeugwerft, technisches Porzellan, Hausgeräte)<br />

•1918 Stahl- und Walzwerk Hennigsdorf<br />

•1896 Fabriken Brunnenstraße (Generatoren, <strong>Groß</strong>maschinen, Bahntechnik)<br />

•1887 Fabriken Ackerstraße (Dampfmaschinen, Dynamomaschinen, Elektromotoren)<br />

•1884 Fabrik Schlegelstraße (Glühlampen, Installationsmaterial)<br />

•1887 Kabelwerk Oberspree (Telefonkabel)<br />

•1916 AEG Nationale Automobil Gesellschaft


AEG am Humboldthain<br />

AEG am Humboldthain, Brunnenstraße 111,<br />

Wedding<br />

1896-97 von Franz Schwechten;<br />

Alte Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial<br />

1906-07 von Johannes Kraaz<br />

Umbau 1911 von Peter Behrens;<br />

Hochspannungsfabrik, Kleinmotorenfabrik,<br />

Montagehalle <strong>für</strong> <strong>Groß</strong>maschinen, Neue Fabrik <strong>für</strong><br />

Bahnmaterial und Tor 4, 1909-12 von Peter<br />

Behrens und Karl Bernhard<br />

Erweiterung Montagehalle, 1928, von Ernst Ziesel<br />

Die AEG errichtete ab 1895 innerhalb weniger<br />

Jahre auf dem riesigen Areal an der Brunnenstraße<br />

ein <strong>für</strong> damalige Maßstäbe gewaltiges<br />

Produktionspotential.An die älteren, inzwischen<br />

abgebrochenen Werksanlagen<br />

erinnert noch das von Franz Schwechten 1896 in<br />

gotisierenden Formen entworfene Beamtentor. In<br />

den ab 1907 errichteten Industriebauten ist<br />

bereits die Handschrift von Peter Behrens spürbar,<br />

der ab 1907 als künstlerischen Beirat <strong>für</strong> die AEG<br />

eine moderne Architektur und Produktdesign ent<br />

wickelte. Die nach seinen Entwürfen in den folgenden<br />

Jahren <strong>für</strong> die AEG errichteten Werksbauten<br />

haben als bahnbrechende Vorbilder die<br />

Entwicklung der modernen Industriearchitektur<br />

maßgeblich beeinflusst.<br />

Historische Ansicht der <strong>Groß</strong>maschinenfabrik auf<br />

dem ehemaligen AEG-Gelände mit Fuhrpark im Jahr<br />

1913<br />

Nach seinen Plänen entstand 1909-10 auf demwestlichen<br />

Werksgelände die in Stahlskelettbauweise<br />

errichtete Hochspannungsfabrik. Bestehend<br />

aus einer zweischiffigen Halle und zwei flankierenden,<br />

durch einen Büroflügel miteinander verklammerten<br />

Geschossbauten, zeigt die kompakte<br />

Fabrikanlage eine schmucklose Backsteinarchitektur<br />

aus durchgehenden Pfeilern und großflächigen<br />

Fenstern, akzentuiert durch mächtige<br />

Treppentürme.Von monumentaler Würde ist die<br />

zur Tempelfront stilisierte Südwestansicht der von<br />

Treppentürmen flankierten Hallenfront. Der langgestreckte<br />

Baukörper der Kleinmotorenfabrik<br />

(1910-12) beherrscht mit seiner langen, von kräftigen<br />

Halbrundpfeilern gegliederten Fassadenfront<br />

die Voltastraße. Die in der <strong>Berlin</strong>er Architektur<br />

dieser Zeit häufig verwendete Pfeilerfassade wird<br />

hier von Behrens ins monumentale gesteigert. Bei<br />

der 1911-12 errichteten, westlich anschließenden<br />

Neue Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial verzichtet Behrens<br />

auf eine, zwischen einfacher gegliederter Hof- und<br />

monumentalisierender Straßenfront differenzierenden<br />

Architektur, Hof- und Straßenfront sind gleichermaßen<br />

durch flache, die großflächigen Fenster<br />

rahmende Pfeiler gegliedert. Dieser weitgehende<br />

Verzicht auf kräftige Gliederungselemente charakterisiert<br />

auch die 1911-12 als Dreigelenkbinder-<br />

Konstruktion (Karl Bernhard) erbaute Montagehalle<br />

<strong>für</strong> <strong>Groß</strong>maschinen an der Hussitenstraße.<br />

Durch die nahezu bündige Anordnung der Ziegel-,<br />

Glas- und Stirnflächen der Stahlstützen leitete<br />

Behrens eine Entwicklung ein, die erst von der<br />

stereometrischen Architektur der Neuen<br />

Sachlichkeit in den <strong>1920</strong>er Jahren aufgenommen<br />

wurde.<br />

Innenansicht der damaligen Produktionshalle mit<br />

Glasdachkonstruktion, ebenfalls aus dem Jahr 1913


Ein Industriekomplex entsteht<br />

Die Gründung und der Aufstieg der AEG sind vor<br />

allem das Werk des <strong>Berlin</strong>er Ingenieurs und<br />

Unternehmers Emil Rathenau. Seine ersten<br />

Erfahrungen im Maschinenbau sammelte er nach<br />

dem Studium in England, danach übernahm er<br />

zusammen mit einem Freund eine Maschinenfabrik<br />

in <strong>Berlin</strong>. Rund um die Chausseestraße entstanden<br />

viele Maschinenbaufirmen wie die von Borsig,<br />

Wöhlert, Egells oder Schwartzkopff, und auch<br />

Rathenaus erstes eigenes Projekt, »die<br />

Maschinenfabrik M. Webers« befand sich dort. Sie<br />

produzierten dort »so ziemlich alles, was sich aus<br />

Eisen herstellen ließ«. Als er sich 1875 auszahlen<br />

ließ, hatte er nach eigenen Angaben »die erste<br />

Phase geschäftlicher Tätigkeit abgeschlossen« - und<br />

war um eine 3/4 Million reicher.<br />

Rathenau erkannte bald, dass zukünftige Renditen<br />

eher in der aufkeimenden Elektrobranche als im<br />

Maschinenbau zu erzielen seien.Vor allem die<br />

Erfindung der Glühlampe machte deutlich, dass es<br />

sich bei der Elektroindustrie um einen Bereich handelt,<br />

mit dem in Zukunft Geld zu verdienen sei. So<br />

begann Rathenau 1884 mit der Produktion von<br />

Glühlampen, zuerst noch in der Schlegelstraße, also<br />

gleich um die Ecke der Chausseestraße. Seine Firma,<br />

die Deutsche Edison-Gesellschaft, war jedoch nur<br />

ein Übergang, schon drei Jahre später sollten weitere<br />

Produktionszweige dazukommen.<br />

Am 23. Mai 1887 wurde der Betrieb in<br />

»Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft« umbenannt.<br />

Mit dem neuen Namen wurde darauf hingewiesen,<br />

dass man sich nun auf alle Bereiche der<br />

Elektroindustrie ausbreitete. Noch im selben Jahr<br />

übernahm die AEG zudem die Verwaltung der<br />

<strong>Berlin</strong>er Elektricitätswerke (BEW).<br />

Durch die Ausweitung der Produktpalette reichte<br />

das Gebäude in der Schlegelstraße nicht mehr aus.<br />

Seit 1888 entstand deshalb auf dem aufgekauften<br />

Grundstück der »Maschinenbau-Anstalt W.<br />

Wedding« in der Ackerstraße 76 ein komplett<br />

neues Werk. Der gesamte Block zwischen Acker-,<br />

Feld-, Hussiten- und Hermsdorfer Straße (heute<br />

Max-Urich-Straße) wurde abgerissen und nach<br />

Plänen von Paul Tropp und Franz Schwechten neu<br />

errichtet. In der Hochzeit der AEG arbeiteten in<br />

diesem Werk später in mehreren Schichten bis zu<br />

9.200 Menschen!<br />

Neben Glühlampen wurden hier vor allem<br />

Elektromotoren hergestellt, ein Schwerpunkt waren<br />

Motoren <strong>für</strong> die neu entstehenden elektrischen<br />

Straßenbahnen. Später wurde es die Apparatefabrik.<br />

Trotz der Größe wurde das Werk Ackerstraße <strong>für</strong><br />

die AEG schnell zu klein. Rathenau suchte ein<br />

Erweiterungsgelände und fand es direkt angrenzend<br />

zwischen der Hussiten- und der Brunnenstraße. Auf<br />

dem ehemaligen Schlachthof-Gelände war neben<br />

einem Busdepot die »<strong>Berlin</strong>er Lagerhof AG« untergebracht,<br />

die auch den noch vorhandenen<br />

Gleisanschluss nutzte. Er ist übrigens bis heute noch<br />

vorhanden, wenn auch nicht mehr in Betrieb.<br />

Ausgehend vom Bahnhof Gesundbrunnen zog sich<br />

ein Schienenstrang auf das Gelände, und die<br />

Lagerhof AG errichtete dort einen eigenen kleinen<br />

Güterbahnhof namens »Lagerhof bei<br />

Gesundbrunnen«. Damit war das Grundstück an<br />

das Fernbahnnetz angeschlossen.<br />

Die AEG kaufte fast das gesamte Gelände zwischen<br />

der Hussiten- und Brunnenstraße. Nur an der Voltaund<br />

der Hussitenstraße blieben (vorerst) einige neu<br />

gebaute Wohnhäuser in fremdem Besitz.<br />

Hier sollten nun große Hallen und der <strong>Groß</strong>teil der<br />

Produktionsstätten entstehen. Die gerade erst wenige<br />

Jahre alte Bebauung wurde nach und nach abgerissen,<br />

die neu geschaffenen Blöcke wieder zusammengelegt,<br />

und so entstand das Gelände erneut in<br />

der ursprünglichen Größe.<br />

Die AEG-Fabriken Brunnenstraße wurden anfangs<br />

unter der Leitung von Tropp und Schwechten<br />

errichtet. Hier wuchs eine wahre Fabrikstadt, die <strong>für</strong>


Komplex der AEG Maschinenfabrik Brunnenstraße, aus der Vogelperspektive von Süden, Stirnfront der Montagehalle <strong>für</strong> <strong>Groß</strong>maschinen, neue Fabrik <strong>für</strong><br />

Bahnmaterial, alte Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial, Gebäude der <strong>Berlin</strong>er Elektricitäts Werke, Erweiterungsplanung Kleinmotorenfabrik


Außenstehende unübersichtlich und einschüchternd<br />

wirkte. Innerhalb weniger Jahre entstanden: die<br />

<strong>Groß</strong>maschinenfabrik, (Alte) Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial,<br />

Fabrik <strong>für</strong> Hochspannungsmaterial,<br />

Kleinmotorenfabrik, Neue Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial<br />

und die Montagehalle <strong>für</strong> <strong>Groß</strong>maschinen. Die AEG<br />

konnte damit die gesamte Produktpalette - vom<br />

kleinsten Schalter bis zum riesigen Dynamo - im<br />

Wedding produzieren.<br />

1895 wurde eine unterirdische Verbindung zwischen<br />

den beiden Werken angelegt. Der Tunnel machte es<br />

möglich, mittels einer elektrisch betriebenen Bahn<br />

Materialien und Arbeiter von einer Fabrik zur anderen<br />

zu transportieren. Diese Bahn hatte<br />

Modellcharakter und gilt als erste U-Bahn <strong>Berlin</strong>s.<br />

Eine AEG-Zeitung notierte: »Diese Bahn hat sich in<br />

der Folge vorzüglich bewährt. Der Tunnel in einer<br />

Länge von 270 Metern hat elliptischen Querschnitt<br />

von 2,6 Metern Breite und 3,15 Metern Höhe. Die<br />

Tunnelsohle liegt 6,5 Meter unter der Straße. Zur<br />

Beförderung von Personen und Lasten dient eine<br />

elektrische Lokomotive.«Mit angehängten<br />

Güterloren <strong>für</strong> den Materialtransport erreichte die<br />

Bahn immerhin eine Geschwindigkeit von 30 km/h.<br />

Später wurde der Verkehr eingestellt, und gegen<br />

Ende des Zweiten Weltkriegs fungierte der Tunnel<br />

als Lager <strong>für</strong> Konstruktionsunterlagen. In den 50er<br />

und 60er-Jahren wurde er dann noch mal als<br />

Bahntunnel von kleinen Elektrokarren auf<br />

Gummireifen genutzt. Heute ist er zwar noch vorhanden,<br />

aber nicht mehr zugänglich.Ein Jahr später<br />

entstand an der Brunnenstraße das »Beamtentor«<br />

als repräsentativer Eingang zum Werkgelände. Die<br />

Mehrzahl der Beschäftigen - die Arbeiter - durften<br />

es jedoch nicht benutzen, sie mussten das Werk von<br />

der Gustav-Meyer-Allee und der Voltastraße aus<br />

betreten. Das Tor wurde von Franz Schwechten entworfen,<br />

darauf ist auch das alte Firmensignet angebracht:<br />

Auf goldenem Grund ein Fries aus<br />

Glühbirnen. Um 1900 wurde »Elektra«, die »Göttin<br />

des Lichts«, zum AEG-Firmensignet. Heute ist dieser<br />

Eingang das Letzte, was von der Brunnenstraße aus<br />

gesehen noch an die AEG erinnert.<br />

Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch das<br />

neue Gelände zu klein, nachdem 1896 in der<br />

Voltastraße der Bau von Lokomotiven begonnen<br />

hatte, einer mittlerweile eher untypischen<br />

Produktsparte, die später auch wieder aufgegeben<br />

wurde. Aufgrund der Platzprobleme verlegte die<br />

AEG einen Teil der Fertigung an die Spree nach<br />

Oberschöneweide. Durch den gestiegenen Bedarf<br />

an Elektroleitungen musste auch dieser<br />

Produktionszweig ausgebaut werden, und so entstand<br />

das Kabelwerk Oberspree. Auf der<br />

Weltausstellung 1900 in Paris präsentierte der<br />

Konzern seine Weddinger Fabrikanlagen in zahlreichen<br />

Fotografien, und selbst die englische<br />

Konkurrenz sprach bei den Fabrikationsstätten der<br />

AEG von dem »größten, besteingerichteten und<br />

wissenschaftlich am vorzüglichsten organisierten<br />

Werke«.Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch viele<br />

der heute stehenden Gebäude noch gar nicht<br />

errichtet, der Komplex wurde noch Jahrzehnte lang<br />

erweitert. Im Mai 1908 begann der zweite<br />

Bauabschnitt der (Alten) Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial, in<br />

dem westlichen Mittelflügel wurden ab 1909<br />

Motoren <strong>für</strong> Lokomotiven, Aufzüge, Kräne usw. hergestellt,<br />

sowie allerlei weitere <strong>für</strong> den Bahnbetrieb<br />

erforderliche Metall- und Elektroprodukte.<br />

Man muss sich das AEG-Gelände zu diesem<br />

Zeitpunkt wie einen Flickenteppich vorstellen: Die<br />

<strong>Groß</strong>maschinenhalle begrenzte es nach Norden hin,<br />

auch einige kleinere Gebäude standen dort an der<br />

Grünfläche. An der Ecke zur Brunnenstraße stand<br />

ein Werkgebäude, daran schloss sich das<br />

Beamtentor an.Von dort bis zur Ecke Voltastraße<br />

und auch in der Voltastraße selbst standen noch die<br />

Wohnhäuser aus den 1880er-Jahren. An manchen<br />

Stellen waren sie bereits abgebrochen worden,<br />

dorthin baute die AEG einzelne Abteilungen wie<br />

das Kleinmotorenwerk. Etwa auf der Hälfte der<br />

Voltastraße war der Zugang zum Güterbahnhof<br />

»Lagerhof am Gesundbrunnen«, der sich ja noch<br />

mitten auf dem Gelände befand. An diesen Eingang<br />

schlossen sich die Metallgießerei und die Stanzerei<br />

an. Dann kamen wieder Wohnhäuser, die sich um<br />

die Ecke in der Hussitenstraße fortsetzten, fast bis<br />

zur Gustav-Meyer-Allee hin. In der Zeit zwischen<br />

1908 und dem Beginn des Ersten Weltkriegs verän-


derte sich das Gesicht des Werkgeländes auffällig.<br />

Wurden in der Anfangsphase nur die gerade benötigten<br />

Teile des Areals genutzt, ist zur<br />

Jahrhundertwende jeder Quadratmeter verplant<br />

gewesen. Da das aber nicht reichte, wurden niedrige<br />

Gebäude aufgestockt oder durch vier- bis sechsstökkige<br />

Fabrikgebäude ersetzt.<br />

Der nördlich gelegene Teil des Geländes war durch<br />

einen breiten Grünstreifen von der Gustav-Meyer-<br />

Allee und dem Humboldthain getrennt. Um mehr<br />

Platz <strong>für</strong> das Fabrikgelände zu erhalten, verengte<br />

man die Straße, der Grünstreifen wurde dem AEG-<br />

Komplex geopfert. Das an der Ecke zur<br />

Brunnenstraße gelegene Grundstück gehörte dem<br />

städtischen Gartenbauamt, das es an die AEG vermietete.<br />

Dort wurde eine große Halle errichtet,<br />

ursprünglich als Lagerhalle geplant, dann aber als<br />

Versammlungsraum <strong>für</strong> die Belegschaft genutzt (später,<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg, war dort noch<br />

jahrelang eine Markthalle untergebracht).<br />

Auch an der Hussitenstraße machte man aufgrund<br />

des erhöhten Platzbedarfs nun kurzen Prozess: Acht<br />

Wohnhäuser mit insgesamt elf Seitenflügeln wurden<br />

geräumt und abgerissen. Statt dessen entstand dort<br />

ab 1912 die 180 Meter lange Montagehalle <strong>für</strong><br />

<strong>Groß</strong>maschinen von Peter Behrens. Zum ersten Mal<br />

wurde im <strong>Berlin</strong>er Industriebau eine Eisenfachwerk-<br />

Konstruktion mit einem durchgehenden Glasdach<br />

ausgeführt. Der Bau bestimmt bis heute die gesamte<br />

Front an der Hussitenstraße.<br />

Entlang der Voltastraße wurde die ebenfalls von<br />

Behrens entworfene Kleinmotorenfabrik mit einer<br />

190 Meter langen Straßenfront errichtet. Die<br />

Fassade, mit ihrer senkrechten Gliederung mit<br />

Halbsäulen und den in großen Abständen gezoge-<br />

nen Pfeilern, entsprach dem Selbstverständnis der<br />

neuen Industriemanager. Anders als noch beim<br />

Werk in der Ackerstraße wurde hier nicht mehr<br />

Herrschaftsstruktur kopiert, sondern der Stolz auf<br />

die neue Technik drückte sich jetzt auch in den<br />

repräsentativen Gebäuden aus. Zudem erfüllte diese<br />

riesige Halle Forderungen an eine völlig neue<br />

Produktionstechnik und Fabrikorganisation.<br />

Fabrikhof 1906 - Zu Beginn der Mittagspause<br />

Fassade der alten Fabrik <strong>für</strong> Bahnmaterial<br />

nach dem Entwurf von Johann Kraatz<br />

Mai 1907<br />

Die Fassade nach der Umgestaltung<br />

durch Peter Behrens<br />

August 1911


Fabrik <strong>für</strong> Hochspannungsmaterial, Grundriß vom ersten Stockwerk in der<br />

Planung von 1909; Querschnitt<br />

Ansicht der Hochspannungsfabrik oben: Ostseite - Aquarell von 1909<br />

unten: Westseite


Wohnen und Arbeiten in der Voltastraße um 1906


Entwürfe <strong>für</strong> die AEG-Schnellbahn<br />

Gesundbrunnen-Neuköln<br />

Die Schnellbahn der AEG, die im wesentlichen als<br />

Untergrundbahn geplant war, sollte auf Übergangsstrecken<br />

auch als Hochbahn geführt werden.<br />

Für einen solchen Streckenabschnitt entwarf<br />

Behrens ein Eisenviadukt auf Einzelstutzen, bezeichnet<br />

als “Entwurf zu einem einstieligen Standbahn-<br />

Viadukt” , sowie eine langgestreckte Hochbahn-<br />

Station mit einem überdeckten breiten Aufgang zum<br />

Mittelbahnsteig, überliefert durch die Fotografie<br />

einer Skizze, auf der oben links zusätzlich die Eingangssituation<br />

en face skizzenhaft angedeutet ist und<br />

einer von ihr abhängigen, leicht veränderten<br />

Umzeichnung. Datierung Um 1912; der Bau der<br />

AEG-Schnellbahn wurde nach dem Kriege aus wirtschaftlichen<br />

Gründen eingestellt, die Entwürfe nicht<br />

ausgeführt.


AEG am Humboldthain<br />

Peter-Behrens-Halle auf dem TIB-Gelände als riesige<br />

moderne Versuchsfläche ausgebaut<br />

(Fertgstellung 2. Juli 2003)<br />

Am 6. Juni 1983 - prüften die TU-Bauabteilung und<br />

die Architektengemeinschaft Fehr + Partner die<br />

Gebäude der AEG Brunnenstraße auf ihre<br />

Tauglichkeit zur Ansiedlung von Instituten der TU<br />

<strong>Berlin</strong>. Der bereits seit 1978 mit großem Erfolg realisierte<br />

Umbau der ehemaligen AEG-Fabrik<br />

Ackerstraße <strong>für</strong> Institute der TU <strong>Berlin</strong> hatte die<br />

optimale und kostengünstige Nutzbarmachung der<br />

historischen Bausubstanz <strong>für</strong> die universitären<br />

Institute bereits bewiesen.<br />

Auf dem 143 368 Quadratmeter großen AEG-<br />

Grundstück befanden sich viele Produktionsgebäude<br />

aus den Jahren 1905 bis 1982. Als TIB-Gelände blie<br />

ben schließlich 60 514 Quadratmeter erhalten, auf<br />

dem die von Peter Behrens zwischen 1905 und<br />

1925 errichteten Gebäude standen. Der Rest, außer<br />

dem Beamtentor an der Brunnenstraße, wurde<br />

abgerissen <strong>für</strong> Neubauten der Firma Nixdorf.<br />

Neue Nutzer und Bauherren wurden am 30. 12.<br />

1984 die Gewerbesiedlungsgesellschaft <strong>Berlin</strong> sowie<br />

die TU <strong>Berlin</strong>, die alsbald das Konzept des<br />

Peter-Behrens-Halle auf dem TIB-Gelände 2004<br />

Technologie und Innovationsparks <strong>Berlin</strong> vorstellten:<br />

Es sollten sich innovative Firmen oder<br />

Neugründungen ansiedeln (Gründerzentrum BIG)<br />

sowie Forschung und Lehre, vor allem durch TU-<br />

Institute.<br />

Für folgende Fachgebiete wurden unter anderem<br />

Flächen ausgebaut:<br />

• Verkehrsplanung und Verkehrswegebau<br />

• Mikrobiologie<br />

• Lebensmittelchemie<br />

• Radio-Nuklid-Verschleiß-Prüfstand<br />

• Aufbau- und Verbindungstechnik (mit<br />

Reinraumhalle)<br />

• Institut <strong>für</strong> Fahrzeugtechnik<br />

(Motorenprüfstelle usw.)<br />

• Fachgebiet Kraftfahrzeuge (PKW-Crash-<br />

Anlage)<br />

• Fachgebiet Strangpressen.<br />

Hauptnutzer mit rund 19 000 Quadratmetern sind<br />

die Fachgebiete Bauingenieurwesen und<br />

Angewandte Geowissenschaften. In den Gebäuden<br />

13 b, 15, 20, 21 und 25 wurden Hörsäle,<br />

Seminarräume, Büro- und Laborräume, Werkstätten<br />

sowie viele Prüf- und Versuchsanlagen realisiert. Als<br />

letzter fertiggestellter Bauabschnitt im gesamten TIB-<br />

Gelände wurde jetzt die Peter-Behrens-Halle mit<br />

einer Gesamtfläche von 5 500 Quadratmetern als<br />

Versuchshalle <strong>für</strong> <strong>Groß</strong>versuche fertig gestellt.<br />

Bereits im September 1988 war <strong>für</strong> das Fachgebiet<br />

Konstruktiver Ingenieurbau als vorgezogene<br />

Baumaßnahme das Aufspannfeld baulich fertig<br />

gestellt worden. Die Peter-Behrens-Halle, nun ausgebaut<br />

als moderne Versuchsfläche, ist als universitäre<br />

Einrichtung europaweit einmalig.


AEG - Turbinenfabrik<br />

Turbinenhalle, Huttenstraße 12-16,Tiergarten;<br />

1908-09 von Peter Behrens und Karl Bernhard,<br />

Erweiterung 1939-40 von Jacob Schallenberger und<br />

P. Schmidt<br />

Die Turbinenhalle gilt als der Beginn der modernen<br />

Industriearchitektur in Deutschland. Der<br />

Gründer der AEG Emil Rathenau ließ sie ab 1908<br />

<strong>für</strong> die Produktion modernster Dampfturbinen<br />

errichten. Die AEG war in wenigen Jahren von den<br />

ersten Anfängen der Elektrizitätsversorgung zu<br />

einem Weltkonzern aufgestiegen und stand neben<br />

wenigen anderen Firmen an der Spitze der technischen<br />

Entwicklung. Das sollte sich auch in ihrer<br />

gesamten äußeren Erscheinung ausdrücken.<br />

Rathenau wandte erstmals modernste Vermarktungsstrategien<br />

an. Er beauftragte den Maler und<br />

Architekturautodidakten Peter Behrens mit der<br />

Formgestaltung aller elektrischen Produkte der<br />

Firma wie Flammenbogenlampen,Ventilatoren,<br />

elektrische Wasserkessel und seit der Turbinenhalle<br />

auch mit der Architektur der Fabriken.<br />

Turbinenhalle - Generatorenbau in der AEG-<br />

<strong>Groß</strong>maschinenfabrik 1899<br />

Die Turbinenhalle ist vollständig aus Stahl, Glas und<br />

Beton, den modernen Materialien des<br />

Industriebaus hergestellt. Die Hülle sollte nicht<br />

mehr wie früher die fortschrittliche Technik und<br />

neuartigen Fertigungsmethoden im ihrem Inneren<br />

verstecken, sondern im Gegenteil aus ihnen<br />

erwachsen und sie zum Ausdruck bringen. Daher<br />

die straffen, klaren Linien und der Verzicht auf<br />

allen aufgesetzten Zierrat. Behrens gab ihr aber<br />

auch etwas monumental-tempelartiges um der<br />

<strong>Groß</strong>artigkeit der Produktion Ausdruck zu geben.<br />

Er setzte die einfachen Materialien in eine gediegene<br />

und kraftvolle Gestalt um. Knickgiebel und die<br />

Seitenpylone der Frontfassade bestehen zwar nur<br />

aus wenige Zentimeter dünnen Beton vor einem<br />

Eisenfachwerk, sie wirken aber zusammen mit der<br />

Verglasung als veredelte Schaufassade. Die langgestreckte<br />

Straßenfront ist dagegen zwischen den<br />

Stützen vollständig verglast. Die leichte Neigung<br />

der Eckpylone und der seitlichen Verglasung nach<br />

innen verleiht dem Bau eine Dynamik, der durch<br />

den Überstand des Daches und der klaren Abfolge<br />

der Seitenstützen ein Rahmen gegeben wird.<br />

Fassadendetail der Halle mit den Stahlstützen


AEG Oberschöneweide<br />

AEG Oberschöneweide, Wilhelminenhofstraße 76-<br />

78, Köpenick<br />

Kraftwerk und Kabelwerk Oberspree, ab 1897<br />

von Paul Tropp u.a.Wilhelminenhofstraße 83-85,<br />

Köpenick;<br />

Deutsche Niles-Werkzeugmaschinen-Fabrik (AEG-<br />

TRO), 1899 von Paul Tropp, um 1915, 1928 von<br />

Ernst Ziesel und um 1940, Ostendstraße 1-4,<br />

Köpenick;<br />

Nationale Automobil-Gesellschaft, Industrieanlage,<br />

Hochbauten und Doppelhalle, 1913-17 von Peter<br />

Behrens<br />

Bereits ab 1895 begann die AEG weit außerhalb<br />

der Stadt im Südosten <strong>Berlin</strong>s zwischen der<br />

Oberspree und der heutigen Wilhelminenhofstraße<br />

ein langgestrecktes Band von Werksanlagen<br />

zu errichten, die noch immer mit ihren gelben<br />

Ziegelfassaden den Köpenicker Ortsteil prägen.<br />

1895-96 ließ die AEG das erste Drehstromkraftwerk<br />

Deutschlands errichten. Bis 1910 mehrfach<br />

erweitert und modernisiert, wurden in diesem<br />

inzwischen stillgelegten Kraftwerk wichtige<br />

Etappen energietechnischer Innovationen eingeleitet.<br />

1897-1900 entstand der aus einem fünfschiffigen<br />

Hallenblock und mehreren Geschossbauten bestehende<br />

ältere Teil des Kabelwerkes Oberspree an<br />

der Wilhelminenhofstraße. Zwischen 1903 und<br />

1905 werden <strong>für</strong> die Automobilherstellung eine<br />

weitere Fabrik erbaut. Mit den zwischen 1915 bis<br />

1930 errichteten Hallen und Geschossbauten wird<br />

das bisherige Prinzip, eigenständige, abgeschlossene<br />

Fabrikanlagen aneinander zu reihen, aufgegeben<br />

und eine bandartige Produktionslinie aufgebaut.An<br />

den, von namhaften AEG-Architekten wie Paul<br />

Tropp, Johannes Kraatz, Klemm, Peter Behrens und<br />

Ernst Ziesel errichteten Bauten des Kabelwerkes,<br />

spiegeln sich in eindrucksvoller Dichte 3<br />

Jahrzehnte Industriearchitektur. Besonders deutlich<br />

wird dies an der 1899-1900 von Klemm erbauten<br />

dreischiffigen Werkstatthalle, die 1928 von Ernst<br />

Ziesel und Gerhard Mensch um 2 neue<br />

Hallenschiffe <strong>für</strong> das Kupferwalzwerk erweitert<br />

wurde.<br />

Die ab 1899 noch <strong>für</strong> die Deutsche-Niles-<br />

Werkzeug-Maschinen-Fabrik an der<br />

Wilhelminenhofstraße erbauten Werksanlage wird<br />

in der Straßenfront von der 1915-16 errichteten<br />

<strong>Groß</strong>montagehalle geprägt. In der Ausformung des<br />

Baukörpers und der Fassadengliederung ist das<br />

Vorbild von Peter Behrens spürbar. 1928 errichtete<br />

Ernst Ziesel <strong>für</strong> die AEG, die bereits <strong>1920</strong> das<br />

Werk übernommen hatte, den Kubus der<br />

<strong>Groß</strong>transformatorenhalle als stählerne<br />

Dreigelenk-Rahmenkonstruktion an der<br />

Edisonstraße.<br />

An der Ostendstraße erhebt sich der imposante<br />

Baublock der von Peter Behrens 1915-17 <strong>für</strong> die<br />

AEG-eigene Nationale Automobil Gesellschaft<br />

(NAG) erbauten Automobilfabrik. Fünfgeschossige<br />

Büro- und Fabrikflügel, an der Ecke zur<br />

Wilhelminenhofstraße von einem markanten<br />

hohen Turm überragt, legen sich hufeisenförmig<br />

um eine zweischiffige Montagehalle.<br />

Ansicht Süd-Ost, Wilhelminenhofstraße 76/ 77,<br />

12459 <strong>Berlin</strong>-Oberscho?neweide, <strong>Berlin</strong>


AEG Oberschöneweide<br />

Umzeichnung um 1915


AEG Oberschöneweide<br />

AEG-Siedlung Oberschöneweide<br />

Hauseingänge im heutigen Zustand in der<br />

Zeppelinstraße,<br />

Grundrißrekonstruktion eines<br />

Einfamilienreihenhauses Zeppelinstraße<br />

Ansicht der Straßenfront, Wuhlheide


AEG Oberschöneweide<br />

Instandsetzung, Modernisierung und Umbau einer<br />

ehemaligen AEG Fabrik<br />

Architekt: Frank Augustin<br />

Bauherr: BLEG - <strong>Berlin</strong>er Landesentwicklungsgesellschaft<br />

mbH & Co.<br />

Grundstücks-KG<br />

Baukosten: 27.040.000 DM<br />

EU-Anteil: 14.919.000 DM<br />

EU-Fonds: EFRE<br />

Nach der Sanierung 2003<br />

Die Stockwerksfabrik entstand 1904 als<br />

Hauptmagazin der AEG, wurde 1909 erweitert<br />

und bis 1993 als Kabelfabrik genutzt. Das<br />

Baudenkmal wurde ab1998 instand gesetzt, umgebaut<br />

und modernisiert (Gewerbe- und<br />

Dienstleistungszentrums Wilhelminenhof). Die<br />

gelungene Integration der technischen Anlagen in<br />

die Gebäudehülle erhielt den Preis <strong>für</strong><br />

"Architektur und Solarthermie 2000".<br />

Campus Oberschöneweide<br />

Noch ist die FHTW <strong>Berlin</strong> auf fünf<br />

Hochschulstandorte zersplittert. Doch das soll<br />

sich ändern.Auf dem Industrieareal in<br />

Oberschöneweide, wo einst die AEG und später<br />

die Kabelwerke Oberspree Starkstromkabel und<br />

anderes produzierten, wird von 2006 bis 2008 ein<br />

zweiter großer Campus der FHTW entstehen. Für<br />

das <strong>Groß</strong>projekt gab der <strong>Berlin</strong>er Senat im März<br />

2004 grünes Licht.<br />

Mehr als 5500 der insgesamt 9200 FHTW-<br />

Studierenden sollen einmal in Oberschöneweide<br />

studieren. Sie werden in den sanierten Gebäuden<br />

der zu Beginn des 20. Jahrhundert gewachsenen<br />

Industriearchitektur und in Erweiterungsbauten,<br />

die noch entstehen, modernste Labore, Hörsäle,<br />

Projekträume, Bibliothek, Mensa und<br />

Präsentationsräume vorfinden. Die ansprechende<br />

Architektur, die Lage an der Spree und die urbane<br />

Nachbarschaft aus Gewerbe und Wohngebiet bieten<br />

gute Rahmenbedingungen <strong>für</strong> einen lebendigen<br />

Campus.


Nach 1945<br />

In der Nachkriegszeit verlegte die AEG wie viele<br />

andere Firmen ihren Hauptsitz nach<br />

Westdeutschland, <strong>Berlin</strong> war aufgrund der politischen<br />

Situation ein zu unsicheres Pflaster geworden.<br />

Trotzdem ging die Produktion in den Weddinger<br />

Werken vorerst noch weiter, es wurde sogar angebaut.<br />

So errichtete die AEG von 1964 bis 1966 eine<br />

sogenannte Größtmaschinenhalle, damals die größte<br />

ihrer Art in ganz Europa. Sie maß 175 mal 45 Meter<br />

und war 26 Meter hoch. Dort wurden in der<br />

Folgezeit Anlagen gebaut (selbst amerikanische<br />

Atomkraftwerke zählten zu den Kunden), sowie z.B.<br />

ein Dieselgenerator <strong>für</strong> die Stromversorgung der<br />

Stadt Gent mit einem Außendurchmesser von zehn<br />

Metern und einem Gewicht von 400 Tonnen.<br />

Doch 1978 kam das erste Aus: Die Fabrik in der<br />

Ackerstraße wurde aufgegeben, nachdem die<br />

Belegschaft zuvor schon von 4.000 Beschäftigten auf<br />

die Hälfte reduziert worden war. Im Zuge der<br />

Betriebsstilllegung wurde die Größtmaschinenhalle<br />

an der Brunnenstraße wieder abgerissen, und gleichzeitig<br />

wurden die verbliebenen 3.000 Arbeiter auf<br />

die Straße gesetzt. Das Kapitel AEG in der<br />

Brunnenstraße war damit nach mehr als 90 Jahren<br />

abgeschlossen.<br />

Nun teilte man das riesige Grundstück wieder auf.<br />

Der Computer-Hersteller Nixdorf übernahm 1984<br />

den vorderen Teil und errichtete einen riesigen<br />

Neubau <strong>für</strong> seine <strong>Berlin</strong>er Produktion. In den hinteren<br />

Teil zog die Technische Universität, die dort ein<br />

»Silicon Wedding« aufbauen wollte. Jungen<br />

Technologiefirmen wurden Räume zur Verfügung<br />

gestellt, das BIG (»<strong>Berlin</strong>er Innovations- und<br />

Gründerzentrum «) sowie der TIP (»Technologieund<br />

Innovationspark «) wurden gegründet. So manche<br />

der angesiedelten Firmen ist in der<br />

Zwischenzeit wieder pleite gegangen, allen voran<br />

Nixdorf mit dem protzigen gläsernen Neubau.<br />

Nachdem Siemens die Firma übernommen hatte,<br />

wurde das Gebäude an der Brunnenstraße überflüssig.<br />

So übernahm es 1994 die » Bankgesellschaft<br />

<strong>Berlin</strong> «, ein Zusammenschluss der <strong>Berlin</strong>er Bank,<br />

der Landesbank <strong>Berlin</strong> sowie der <strong>Berlin</strong>er Sparkasse.<br />

Sie eröffnete hier ihr Dienstleistungszentrum und<br />

beschäftigt dort etwa 2.000 Mitarbeiter. Für 250<br />

Millionen Mark bebaute sie außerdem noch die freien<br />

Flächen an der Brunnen- und der Voltastraße mit<br />

Wohnhäusern, von denen die Hälfte Wohneigentum<br />

ist.<br />

Unterdessen sind in ein paar Gebäude an der<br />

Voltastraße Rundfunksender eingezogen. Der<br />

»Offene Kanal« und die Radiosender »Kiss FM« und<br />

»94,3 r.s.2« sowie die <strong>Berlin</strong>er Studios der<br />

»Deutschen Welle« haben sich hier angesiedelt.<br />

Technologiepark, Computerfirmen, Bankgesellschaft,<br />

Radiosender - das ehemalige Gelände der AEG,<br />

einst ein Zentrum des <strong>Berlin</strong>er Industrieproletariats,<br />

hat sich bis zur Unkenntlichkeit gewandelt.Von der<br />

hier einst angesiedelten Arbeitertradition ist nichts<br />

mehr übrig geblieben.<br />

Anders die Architektur: Zwar wurde ein großer Teil<br />

der ursprünglichen Bebauung abgerissen, vieles steht<br />

aber noch. Die Kleinmotorenfabrik und die Fabrik<br />

<strong>für</strong> Bahnmaterialien an der Voltastraße ebenso wie<br />

die unter Denkmalschutz stehende Montagehalle <strong>für</strong><br />

<strong>Groß</strong>maschinen an der Hussitenstraße oder die<br />

Transformatorenfabrik im Blockinneren. Auch die<br />

Eisenbahnschienen sind auf der westlichen Hälfte<br />

des Geländes größtenteils noch vorhanden.Vom<br />

Ostteil ist außer der Kleinmotorenfabrik leider<br />

nichts mehr übrig.<br />

<strong>Berlin</strong> - Notiz<br />

AEG - Unternehmen wird mit Daimler-Benz verschmolzen<br />

Nach 113 Jahren geht die eigenständige Geschichte<br />

der AEG zu Ende: Rückwirkend zum 1. Januar 1996<br />

soll das Unternehmen mit der Daimler-Benz AG<br />

verschmolzen werden. Die Geschäfte werden neu<br />

geordnet.<br />

Gestern legte der AEG-Vorstand in Abstimmung mit<br />

dem Daimler-Vorstand dem AEG-Aufsichtsrat in<br />

Frankfurt/Main die Pläne zur Neuordnung des<br />

Unternehmens vor. Danach will die AEG die<br />

Bereiche Energietechnik, Anlagen-und<br />

Automatisierungstechnik sowie weitere Felder ausgründen.<br />

Gegen die Ausgliederung der AEG-<br />

Kernbereiche mit annähernd 15 000 Beschäftigten<br />

und ihre Veräußerung an den französischen Konzern<br />

Alcatel Alsthom bzw. dessen Töchter stimmten die<br />

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat geschlossen<br />

mit "Nein". Der Aufsichtsratsvorsitzende und<br />

Daimler-Chef Jürgen Schrempp mußte deshalb von<br />

seinem Doppelstimmrecht Gebrauch machen, um<br />

die Vorschläge des Vorstandes durchzusetzen.<br />

Die AEG-Bereiche Mikroelektronik, Bahnsysteme,<br />

Postautomatisierung und Dieselantriebe verbleiben<br />

im Konzern und werden direkt von Daimler-Benz<br />

bzw. von Mercedes-Benz geführt. Die Zentrale der<br />

AEG in Frankfurt/Main wird im Verlauf dieses Jahres<br />

aufgelöst.


Peter Behrens - Architekt, Maler und Designer<br />

1868-1940<br />

1868<br />

14.April: Peter Behrens wird in Hamburg-Borgfelde als Sohn des Gutsbesitzers Peter Behrens und dessen<br />

Frau Luise (geb. Burmeister) geboren.<br />

1886-1889<br />

Studium der Malerei an der Karlsruher Kunstschule und bei verschiedenen Malern.<br />

1893<br />

Mitbegründer der Münchner Sezession.<br />

1897<br />

Behrens beschäftigt sich mit Fragen der industriellen Formgebung. Seine kunstgewerblichen Entwürfe<br />

sind ganz vom Jugendstil geprägt.<br />

1899<br />

Vom <strong>Groß</strong>herzog Ernst Ludwig II. von Hessen wird er an die Darmstädter Künstlerkolonie berufen, die<br />

1901 mit einer Ausstellung eröffnet wird.Auf dieser erregt sein erster architektonischer Entwurf, sein<br />

programmatisches Wohnhaus, großes Aufsehen.<br />

1903<br />

Er wird Direktor der Düsseldorfer Kunstgewerbeschule, die er in den folgenden Jahren grundlegend<br />

reformiert. Gleichzeitig setzt er sich aktiv <strong>für</strong> die Erneuerung der architektonischen Gartengestaltung<br />

ein.<br />

1905-1908<br />

Entwurf und Bau erster privater Wohnhäuser.<br />

1907<br />

Mitbegründer des Deutschen Werkbunds.<br />

Wohnhaus in Darmstadt<br />

Villa CUNO


1907-1914<br />

Von Emil Rathenau in den künstlerischen Beirat der Allgemeinen Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) berufen.<br />

Er gestaltet Produkte der Industriekultur, wie Signets,Ventilatoren, Lampen, Kessel, Uhren u.a.m.,<br />

und schafft so erstmals ein einheitliches Design zur Schaffung einer "corporate identity". Er versucht<br />

eine Zusammenführung von Kunst und Technik, da er die gesellschaftliche Bedeutung der Industrie<br />

erkannt hat.<br />

Ebenso entwirft er Gebäude <strong>für</strong> die AEG.<br />

1908<br />

Behrens gestaltet die Giebelinschrift am Reichstagsgebäude in <strong>Berlin</strong> ("Dem deutschen Volke"), die 1916<br />

angebracht wird.<br />

1910-1912<br />

Entwürfe klassizistisch inspirierter Villen.<br />

In seinem Büro arbeiten u.a. Ludwig Mies van der Rohe,Walter Gropius und Le Corbusier.<br />

1911/12<br />

Seine Gestaltung der deutschen Botschaft in St. Petersburg, die er im Innern mit Produkten deutscher<br />

Industriekultur ausstattet, ist umstritten.<br />

1912/13<br />

Behrens baut das Verwaltungsgebäude der<br />

Mannesmann-Röhrenwerke in Düsseldorf und die<br />

Continental-Gummiwerke in Hannover. Gleichzeitig<br />

gestaltet er Gläser, Stoffe, Linoleum, Bucheinbände<br />

und Schrifttypen.<br />

1918<br />

Die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg stürzt ihn in eine tiefe Krise, obwohl er der Weimarer<br />

Republik positiv gegenübersteht.<br />

<strong>1920</strong>-1924<br />

Behrens realisiert das Verwaltungsgebäude der Hoechst AG, das in seiner Anlage als Gesamtkunstwerk<br />

als Beispiel <strong>für</strong> expressionistische Architektur gilt.


1922<br />

Als Leiter der Meisterklasse <strong>für</strong> Architektur an der Wiener Akademie gestaltet er Siedlungsbauten.<br />

1923-1925<br />

Das von ihm entworfene Wohnhaus "New Ways" in Northampton (England) gilt als frühes Beispiel des<br />

International Style.<br />

Mitbegründer des sogenannten Zehner-Rings, der die Bündelung aller modernen architektonischen<br />

Richtungen sowie gemeinsame Ausstellungen und Veröffentlichungen verfolgt.<br />

1932<br />

Behrens baut die Geschäftshäuser "Berolina" und "Alexander" am Alexanderplatz in <strong>Berlin</strong>.<br />

1933<br />

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ist er zunächst Diffamierungen als<br />

"Baubolschewist" ausgesetzt. Er weigert sich jedoch, einen Zusammenhang zwischen Kunst,Architektur<br />

und Politik zu sehen und arbeitet ab 1934 mit Adolf Hitlers Hauptarchitekten Albert Speer zusammen.<br />

1936<br />

Behrens übernimmt die Leitung des Meisterateliers an der Preußischen Akademie der Künste.<br />

1938<br />

Durch persönliche Kontakte zur AEG wird Behrens mit der Planung einer neuen Firmenzentrale an der<br />

<strong>Berlin</strong>er "Nord-Süd-Achse" betraut.<br />

1940<br />

27. Februar: Peter Behrens stirbt in <strong>Berlin</strong>.<br />

Verwaltungsgebäude der Hoechst AG<br />

Wohnhaus "New Ways" in Northampton (England)

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