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sp ortu nterric h t - Hofmann Verlag

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Sportwissenschaft und Schul<strong>sp</strong>ort:<br />

Trends und Orientierungen (3)<br />

Trainingswissenschaft<br />

Andreas Hohmann<br />

Zum Spannungsverhältnis<br />

zwischen Trainingswissenschaft<br />

und Schul<strong>sp</strong>ort<br />

Im Unterschied zu anderen <strong>sp</strong>ortwissenschaftlichen<br />

Teildisziplinen<br />

blickt die Trainingswissenschaft –<br />

zumindest seit den grundlegenden<br />

Standortbestimmungen von Schindler,<br />

Schnabel und Trogsch (1970)<br />

auf der ostdeutschen sowie Ballreich<br />

und Kuhlow (1975) auf der<br />

westdeutschen Seite – aus einer<br />

ganzheitlichen und angewandten<br />

Per<strong>sp</strong>ektive auf die verschiedenen<br />

Handlungsfelder <strong>sp</strong>ortlichen Trainings.<br />

Auch wenn die Trainingswissenschaft<br />

ihr Augenmerk anfänglich<br />

vor allem auf den für den Systemvergleich<br />

Ost-West instrumentalisierten<br />

Leistungs<strong>sp</strong>ort richtete, so<br />

<strong>sp</strong>ielte bis zu den 1990er-Jahren die<br />

Zusammenarbeit von Trainingswissenschaft<br />

und Schul<strong>sp</strong>ort dennoch<br />

eine weit größere Rolle als in den<br />

vergangenen Jahren. Nach dem Eindruck<br />

von Kurz und Lames (2002)<br />

ist die Trainingswissenschaft für<br />

den Schul<strong>sp</strong>ort mittlerweile sogar<br />

zu einer „nachrangigen Wissenschaft“<br />

geworden.<br />

Die Gründe für den Rückzug der<br />

Trainingswissenschaft aus dem<br />

Schul<strong>sp</strong>ort sind für Kurz und Lames<br />

(2002) vielschichtig: Komplizierter<br />

Zugang zu den Probanden, geringe<br />

Aussicht auf Forschungsförderung,<br />

politische Gemengelage bei Interessen<br />

und Entscheidungen, eingeschränkte<br />

interne Validität von Studien<br />

unter den Feldbedingungen<br />

von Schule usw. Hinzu kommt aber<br />

auch, dass sowohl die Trainingswissenschaft<br />

als auch die Sportdidaktik<br />

in den 1980er- und 1990er-Jahren<br />

mehr mit sich selbst, d. h. mit der<br />

Klärung ihres Selbstverständnisses<br />

beschäftigt waren. Während in der<br />

Sportdidaktik die Frage der Instrumentalisierung<br />

des Sp<strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>hts<br />

für außer<strong>sp</strong>ortliche Bildungsziele<br />

und Methodenfragen bei der<br />

Schul<strong>sp</strong>ortforschung im Mittelpunkt<br />

standen, zielte der Diskurs in<br />

der Trainingswissenschaft insbesondere<br />

auf die Überwindung des<br />

Theorie-Praxis-Grabens und die<br />

Öffnung des Trainingsbegriffs für<br />

andere Felder als den herkömmlichen<br />

Leistungs<strong>sp</strong>ort. In einer ganzen<br />

Serie von Symposien und<br />

Workshops (1) vergewisserte sich<br />

die Trainingswissenschaft ihrer Gegenstände<br />

(Leistungsfähigkeit, Training,<br />

Wettkampf), Anwendungsfelder<br />

und Vorgehensweisen bei der<br />

Theoriebildung und Praxisunterstützung.<br />

Im Zuge der Diskussion<br />

zur Praxisorientierung konnte Konsens<br />

zum differenzierten Einsatz<br />

der Forschungsstrategien Grundlagen-,<br />

Anwendungs- und Evaluationsforschung<br />

ebenso hergestellt<br />

werden wie zum offenen Trainingsbegriff.<br />

Seitdem reklamiert die Trainingswissenschaft<br />

auf der Basis der<br />

durch die Systematik der Ansteuerung<br />

und die Nachhaltigkeit der<br />

Wirkungen gründenden Trainingsdefinition<br />

ihre Zuständigkeit auch<br />

für die Verfolgung nicht-körperlicher<br />

und sogar außer<strong>sp</strong>ortlicher<br />

Ziele, wie z. B. Ent<strong>sp</strong>annung, Gewichtsreduktion<br />

oder Teamfähigkeit<br />

(Hohmann, Lames & Letzelter,<br />

2007).<br />

Wendet man dieses offene Trainingsverständnis<br />

auf den Schul<strong>sp</strong>ort<br />

an, so ist erkennbar, dass es<br />

sich hier ebenfalls um ein „reguläres“<br />

Anwendungsfeld der Trainings-<br />

wissenschaft handelt. Insbesondere<br />

im Sp<strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht werden planmäßig<br />

und systematisch Inhalte realisiert,<br />

um Ziele im oder durch Sport<br />

zu erreichen. Im Unterschied zum<br />

Fitness-, Gesundheits- oder Alters<strong>sp</strong>ort<br />

handelt es sich beim Schul<strong>sp</strong>ort<br />

allerdings um einen gesellschaftlichen<br />

Bereich, der in hohem<br />

Maße ausdifferenziert ist, dessen<br />

Auftrag durch das staatliche Erziehungssystem<br />

festgelegt ist und mit<br />

dessen zeitgemäßer Umsetzung<br />

sich eigene Wissenschaftsdisziplinen<br />

beschäftigen: Sportpädagogik<br />

und Sportdidaktik. Dies bedeutet<br />

für die Trainingswissenschaft, dass<br />

hier eine andere Art der Beitragsfähigkeit<br />

vorliegt, die eine im Vergleich<br />

zu den weiteren Anwendungsfeldern<br />

abgeänderte Arbeitsweise<br />

erfordert: Die Ziele des Sp<strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>hts<br />

werden nicht von der<br />

Trainingswissenschaft formuliert,<br />

wie dies bei<strong>sp</strong>ielsweise im Leistungs<strong>sp</strong>ort<br />

der Fall ist. Vielmehr<br />

sind diese Ziele aufzufassen als<br />

Interpretationen der gesellschaftlichen<br />

Einrichtung Schule, ihres Auftrages<br />

und der Beitragsmöglichkeiten<br />

des Sports zu diesem Auftrag.<br />

Aus der pädagogisch-didaktisch motivierten<br />

Sicht des Schul<strong>sp</strong>orts las-<br />

Der <strong>sp</strong><strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht informiert zurzeit<br />

in einer Beitragsreihe über<br />

schul<strong>sp</strong>ortrelevante Erkenntnisse<br />

und Arbeitsfelder der einzelnen<br />

<strong>sp</strong>ortwissenschaftlichen Disziplinen.<br />

Die Reihe startete mit einem Beitrag<br />

zur Sportgeschichte (8/06).<br />

Nach Ausführungen zur Sportdidaktik<br />

(10/06) folgt nunmehr der<br />

Beitrag zur Trainingswissenschaft.<br />

<strong>sp</strong><strong>ortu</strong><strong>nterric</strong>ht, Schorndorf, 56 (2007), Heft 1 3

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